Verwaltungsgericht Arnsberg:
Beschluss vom 16. April 2009
Aktenzeichen: 9 L 45/09

(VG Arnsberg: Beschluss v. 16.04.2009, Az.: 9 L 45/09)

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Der am 26. September 1938 geborene Antragsteller ist Richter am Amtsgericht a.D. und als Rechtsanwalt tätig.

Am 27. September 2005 schlossen der Antragsteller einerseits und die D. - Universität in C. sowie deren Juristische Fakultät andererseits einen €Vertrag über die Sicherung des Rigorosums und der Verteidigung der Doktordissertation". In diesem Vertrag wurde das Verfahren zur Erlangung des akademischen Grades €doctor pràv" durch den Antragsteller geregelt. Als Beitrag zur Deckung der Kosten verpflichtete der Antragsteller sich zur Zahlung von 4500,00 EUR zuzüglich weiterer 500 $.

Nach Anfertigung einer Schrift mit dem Titel €E. u... C. ... M. ..." und der Ablegung einer €rigorosen Prüfung" wurde dem Antragsteller am 3. November 2005 von der D. -Universität in C. der Grad des €doctor pràv" verliehen. In der Verleihungsurkunde heißt es wörtlich:

€Gemäß § 53 Abs. 8 Buchstabe d) Gesetz über die Hochschulen und zur Abänderung und Ergänzung einiger Gesetze Gb. Nr. 131/2002 in der geltenden Fassung wird ihm [dem Antragsteller] der akademische Grad €doctor pràv" (Abkürzung €JUDr.") verliehen."

Mit Email vom 19. und 20. Januar 2006 erteilte der Antragsgegner auf ebenfalls per Email eingegangene Anfragen von anderen Inhabern des Grades €doctor pràv" die Auskunft, dass der von der D. -Universität verliehene Grad €JUDr." in der Abkürzung €Dr." geführt werden könne.

Mit Schreiben vom 29. Mai 2006 bat der Antragsteller für einen Mandanten um die Bestätigung, dass dieser den an der D. -Universität erworbenen Grad des €doctor pràv" in der Bundesrepublik als €Dr." führen dürfe. Der Antragsgegner erklärte daraufhin mit Schreiben vom 13.06.2006 gegenüber dem Antragsteller, dass ein in der Slowakischen Republik erlangter Titel eines €JUDr." in Nordrhein-Westfalen nicht in der Abkürzung €Dr." geführt werden dürfe.

Dieselbe Auskunft gab der Antragsgegner mit Schreiben vom 15. August 2006 auch der Rechtsanwaltskammer für den Oberlandesgerichtsbezirk I. , die sich mit Schreiben vom 27. Juli 2006 an den Antragsgegner gewandt und um Klärung der Frage gebeten hatte, ob der Antragsteller die Abkürzung €Dr." führen dürfe.

Gegen dieses Schreiben wandte der Antragsteller sich mit Schreiben vom 15. September 2006 und bat unter Übersendung zahlreicher Unterlagen um Bestätigung, dass er berechtigt sei, den Grad des €doctor pràv" in der Abkürzung €Dr." zu führen. Anderenfalls bitte er um einen rechtsmittelfähigen Bescheid.

Unter dem 9. Oktober 2006 bestätigte der Antragsgegner den Erhalt des Schreibens vom 15. September und bat hinsichtlich einer Antwort noch um etwas Geduld.

Mit Schreiben vom 30. Juni 2008 bat der Antragsteller um Beantwortung seines Schreibens vom 15. September 2006. Der Briefkopf des Schreibens enthielt u.a. die Angaben € Dr. D1. -B. W. €.

Unter dem 15. August 2008 teilte der Antragsgegner dem Antragsteller mit, dass der Grad des €doctor pràv" in Nordrhein-Westfalen nicht in der Abkürzung €Dr." geführt werden dürfe. Ferner teilte der Antragsgegner dem Antragsteller mit, dass er beabsichtige, ihm die Führung der Abkürzung €Dr." zu untersagen und die sofortige Vollziehung der Untersagungsverfügung anzuordnen. Zudem erstattete er mit gleicher Post Strafanzeige.

Mit Schreiben vom 19. August und 27. September 2008 nahm der Antragsteller zu der angekündigten Untersagungsverfügung Stellung und verwies u.a. darauf, dass er den Grad des €doctor pràv" in einem wissenschaftlichen Verfahren erworben habe; zudem sei dieser Grad der dritten Stufe der Bologna-Klassifikation zuzuordnen. Dabei übersandte er u.a. einem Auszug aus dem Bildungsbericht der Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) aus dem Jahr 2005.

Mit Bescheid vom 6. Januar 2009 untersagte der Antragsgegner dem Antragsteller die Führung der Bezeichnung €Dr." und ordnete die sofortige Vollziehung an. Zur Begründung verwies er auf den vorhergegangenen Schriftwechsel und führte weiter aus: Das vom Gesetzgeber eingeräumte Ermessen sei bei unbefugter Gradführung regelmäßig dahin auszuüben, dass diese zu untersagen sei. Denn es handle sich zugleich um eine Straftat nach § 132a des Strafgesetzbuchs (StGB). Gründe, davon ausnahmsweise abzusehen, seien nicht ersichtlich. Die sofortige Vollziehung sei anzuordnen, weil die Gefahr bestehe, dass der Antragsteller sich durch die Vortäuschung einer materiellen Promotion weiterhin Vorteile in der Konkurrenz zu korrekt handelnden Rechtsanwälten verschaffe und auch Mandanten getäuscht würden, für die die Promotion ihres Anwalts ein Auswahlkriterium sei.

Der Antragsteller hat am 3. Februar 2009 Klage erhoben und um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht. Zur Begründung trägt er vor, dass er aus zwei Gründen zur Führung der Abkürzung €Dr." befugt sei: Die Befugnis ergebe sich zum einen aufgrund einer Allgemeingenehmigung, d.h. einer Allgemeinverfügung im Sinne des § 35 Satz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG). Diese Allgemeingenehmigung folge aus der im November 2005 bestehenden Rechtslage, die sich aus § 119 Abs. 5 des Gesetzes über die Hochschulen des Landes Nordrhein-Westfalen (HG) in der Fassung vom 01. Januar 2005 (im folgenden: HG a.F.) in Verbindung mit dem Beschluss der Kultusministerkonferenz in der Fassung vom 21. September 2001 (im folgenden: KMK-Beschluss vom 21. September 2001) ergebe. Der KMK-Beschluss vom 21. September 2001 habe über § 119 Abs. 5 HG a.F. Gesetzeskraft erlangt. Nach dieser Rechtslage dürfe der Inhaber eines Doktorgrades, der in einem wissenschaftlichen Promotionsverfahren bei einer staatlich anerkannten Universität in der Europäischen Union erworben worden sei, die Abkürzung €Dr." ohne fachlichen Zusatz führen. Diese Voraussetzungen seien in seinem Fall erfüllt, insbesondere werde der €doctor pràv" aufgrund eines wissenschaftlichen Promotionsverfahrens erworben. Hierzu verweist der Antragsteller u.a. auf eine Bescheinigung des Prodekans der juristischen Fakultät der D. -Universität vom 1. Juni 2006, nach der das Verfahren zur Erlangung des €doctor pràv" eine eigenständige wissenschaftliche Arbeit nebst mündlicher Verteidigung verlange. Die Bewertung durch slowakische Stellen, dass es sich bei der Verleihung des €doctor pràv" um ein wissenschaftliches Verfahren handle, sei für deutsche Stellen verbindlich, denn diese seien aufgrund des europäischen Gemeinschaftsrechts nicht zu einer materiellen Prüfung berechtigt. Der dargestellten Rechtslage entspreche im übrigen auch die Verordnung über das Führen ausländischer Doktorgrade vom 9. Dezember 2005.

An seiner Befugnis zur Führung der Abkürzung €Dr." aufgrund der dargestellten Rechtslage ändere sich auch dadurch nichts, dass nach der Neufassung des Beschlusses der Kultusministerkonferenz vom 5. Juli 2007 (im folgenden: KMK- Beschluss vom 5. Juli 2007) solche Doktorgrade ausgenommen seien, die nicht der dritten Ebene der Bologna-Klassifikation zuzurechnen seien. Es könne dahingestellt bleiben, ob dies europarechtswidrig sei. Nach slowakischem Recht sei der €JUDr." zwar nicht der dritten Stufe zugeordnet. Bedenklich sei dabei aber, dass demnach nur der sogenannte €große Doktortitel", der mit der Lehrbefähigung verbunden sei, materiell-rechtlich auch in Deutschland anerkannt werde. Damit würden aber an den slowakischen Doktorgrad höhere Anforderungen für die Führung als €Dr." gestellt werden als an den deutschen Doktorgrad. Für ihn, den Antragsteller sei aber jedenfalls - da er den €doctor pràv" im November 2005 erlangt habe - die damals geltende Rechtslage maßgeblich. Es gebe im KMK-Beschluss vom 5. Juli 2007 nämlich keine Regelung, nach der die Neufassung rückwirkend gelte. Eine derartige Rückwirkung sei auch bei Beschlussfassung nicht abgesprochen gewesen, was sich auch daraus ergebe, dass die Bundesländer Berlin und Bayern die Neufassung nur €ex nunc" anwendeten. Hierzu legt der Antragsteller ein Merkblatt des Bayerischen Staatsministeriums mit Stand vom Januar 2008 sowie ein Schreiben der Berliner Senatsverwaltung für Bildung, Wissenschaft und Forschung vom 11.10.2007 vor. Zudem sei der Widerruf einer Allgemeingenehmigung im KMK-Beschluss vom 5. Juli 2007 nicht vorgesehen. Im Übrigen sehe auch die Verordnung über die Führung von akademischen Graden vom 31. März 2008 keine Rückwirkung vor. Das Abkommen zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Slowakischen Republik über die gegenseitige Anerkennung der Gleichwertigkeit von Bildungsnachweisen im Hochschulbereich vom 23. November 2001 sei nicht mehr heranzuziehen, weil die Slowakische Republik seit dem 1. Mai 2004 Mitglied der Europäischen Union sei.

Die Befugnis zum Führen der Abkürzung €Dr." ergebe sich außerdem auch aus § 119 Abs. 2 Satz 3 HG a.F., wonach die im Herkunftsland zugelassene oder allgemein übliche Abkürzung in der Bundesrepublik geführt werden dürfe. Die Abkürzung €Dr." sei in der Slowakischen Republik die nachweislich übliche Abkürzung für den Grad des €doctor pràv." Hierzu legt der Antragsteller zwei Schreiben des Prodekans der juristischen Fakultät der D. -Universität vom 01. Juni 2006 und 19. Oktober 2004 vor, wonach der verliehen Grad des €doktor pràv" in der Slowakischen Republik neben der Langform als €JUDr." auch allgemein zugelassen und rechtmäßig in der Kurzform €Dr." geführt werde bzw. die Benutzung des Titels Doktor von Inhabern von Doktortiteln in der täglichen Praxis nicht im Widerspruch zu den Rechtsvorschriften der Slowakischen Republik stehe. Weiterhin legt der Antragsteller ein Schreiben der Botschaft der Slowakischen Republik vom 28. Oktober 2005 vor, nach dem die Benutzung des akademischen Titels PhDR. oder JUDr. als €dr." bzw. €Dr. + Name" in der Slowakei üblich sei und der Inhaber des Titels damit keine Ordnungswidrigkeit begehe. Für die Zulässigkeit des Führens der Abkürzung €Dr." spreche zudem auch die Visitenkarte seines Doktorvaters. Soweit der Antragsgegner annehme, dass die nachweislich übliche Abkürzung nur relevant sei, wenn es keine durch positives Recht normierte Abkürzung gebe, weiche diese Auslegung von Wortlaut und Wortsinn des § 119 Abs. 2 Satz 3 HG ab. Dies verstoße gegen das im Hinblick auf § 132 a StGB zu beachtende Bestimmtheitsgebot des Art. 103 Abs. 2 des Grundgesetzes (GG). Dass es auf die nachweislich übliche Abkürzung ankomme, ergebe sich auch daraus, dass die Staatsanwaltschaft E1. ein Verfahren wegen Titelmissbrauchs nach § 132 a des Strafgesetzbuches mit dieser Begründung eingestellt habe, was die Generalstaatsanwaltschaft E1. mit Entscheidung vom ... bestätigt habe. Auch in anderen Bundesländern seien entsprechende Verfahren eingestellt worden.

Er - der Antragsteller - habe zudem den Eindruck, dass nur gegen ihn ein Untersagungsverfahren eingeleitet worden sei. Ihm seien zumindest zwei Inhaber des Grades €doctor pràv" bekannt, denen die Führung der Abkürzung €Dr." nicht untersagt worden sei.

Eine Täuschung seiner Mandanten durch die Führung der Abkürzung €Dr." finde außerdem nicht statt. Er werde allein aufgrund seiner Fachkompetenz mandatiert. Er habe zudem nur eine kleine Kanzlei mit wenigen Mandaten und nehme aufgrund seines Alters keine neuen Mandate mehr an.

Der Antragsteller beantragt - sinngemäß -

die aufschiebende Wirkung seiner Klage gegen die Untersagungsverfügung des Antragsgegners vom 6. Januar 2009 wiederherzustellen.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Zur Begründung führt er aus, dass die angefochtene Untersagungsverfügung vom 6. Januar 2009 rechtmäßig sei. Der Grad des €doctor pràv" dürfe in Nordrhein- Westfalen nicht in der Abkürzung €Dr." geführt werden. Es handle sich nicht um eine im Herkunftsland zugelassene Abkürzung im Sinne des § 69 Abs. 2 Satz 3 des Gesetzes über die Hochschulen des Landes Nordrhein-Westfalen (HG); zugelassen sei allein die Abkürzung €JUDr." Weiterhin sei die Abkürzung €Dr." auch nicht nachweislich allgemein üblich im Sinne des § 69 Abs. 2 Satz 3 HG. Nach einer Auskunft des Slowakischen Bildungsministeriums an die Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen vom November 2005 könne nach slowakischem Recht der Grad €JUDr." nicht zu €Dr." abgekürzt werden. Überdies sehe das Slowakische Hochschulgesetz nur die Abkürzung €JUDr." vor. Solange es eine Regelung im Slowakischen Hochschulgesetz gebe, sei es unerheblich, ob es in der Slowakischen Republik üblich sei, lediglich den abgekürzten Grad €Dr." zu führen. Aus dem Abkommen zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Slowakischen Republik über die gegenseitige Anerkennung der Gleichwertigkeit von Bildungsnachweisen im Hochschulbereich vom 23. November 2001 ergebe sich keine günstigere Rechtslage.

Die Befugnis, die Abkürzung €Dr." zu führen, ergebe sich auch nicht aus dem KMK-Beschluss vom 21. September 2001. Bei der zum Erwerb des €doctor pràv" führenden Prüfung handle es sich nicht um ein wissenschaftliches Promotionsverfahren. Durch den Begriff des wissenschaftlichen Promotionsverfahrens werde verdeutlicht, dass es nicht auf die Bezeichnung eines Abschlusses ankomme, sondern zu berücksichtigen sei, dass der Doktorgrad im deutschen Hochschulwesen eine Qualifikation sei, die über die €normalen" Hochschulabschlüsse deutlich hinausgehe. Dies sei beim €doctor pràv" nicht der Fall, denn bei diesem müsse nur nachgewiesen werden, was das €normale" Ergebnis eines Hochschulstudiums sei, nämlich die Fähigkeit, sich neue Kenntnisse anzueignen und schöpferisch anzuwenden. Wie in der Datenbank €Anabin", in der die Erkenntnisse der Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen gesammelt würden, erläutert werde, stehe der €doctor pràv" in engem Zusammenhang zum ersten Hochschulgrad und weise insoweit Ähnlichkeit mit den akzessorischen Hochschulgraden nach § 66 HG auf.

Der €doctor pràv" sei auch nicht nach rechtlichen Regelungen des Herkunftslandes der dritten Ebene der Bologna-Klassifikation der Studienabschlüsse zugeordnet. Dies sei allein der Grad des €PhD". Der Grad des €doctor pràv" sei in § 53 Abs. 8 des Slowakischen Hochschulgesetzes geregelt, der Grad €PhD" in § 54 des Slowakischen Hochschulgesetzes. Nach den gesetzlichen Vorschriften seien die Abschlüsse nicht gleichwertig. Für den Erwerb des €doctor pràv" müsse der Prüfling zeigen, dass er auf Basis eines eigenständigen Studiums tiefere Kenntnis in seinem breiteren Fachgebiet erreicht habe und die jüngsten Erkenntnisse von Wissenschaft und Praxis beherrsche und sie kreativ praktisch anwenden könne. Der PhD-Prüfling müsse hingegen zeigen, dass er geeignet und vorbereitet sei zur eigenständigen wissenschaftlichen und kreativen Aktivität im Bereich von Forschung oder Entwicklung oder zu einer eigenständigen theoretischen und kreativen künstlerischen Aktivität. Für den €doctor prav" sei demnach die praktisch-kreative Anwendung der Maßstab, für den €PhD." die Weiterentwicklung der Wissenschaft selbst.

Die Führung der Abkürzung €Dr." könne auch nicht auf die Verordnung über die Führung ausländischer Grade vom 31. März 2008 oder die vorhergehende Verordnung über die Führung ausländischer Doktorgrade vom 9. Dezember 2005 gestützt werden. Voraussetzung sei nämlich auch hiernach der Erwerb des Grades in einem wissenschaftlichen Promotionsverfahren. Damit würden materielle Anforderungen an eine Promotion aufgestellt, die im Fall des €doctor pràv" nicht erfüllt seien. Anderes ergebe sich auch nicht daraus, dass der Antragsgegner im Januar 2006 irrtümlich fehlerhafte Auskünfte erteilt habe, da diese kein neues Recht schaffen könnten.

Ob die Führung der Abkürzung €Dr." in anderen Bundesländern zulässig sei, spiele für die Titelführung in Nordrhein-Westfalen keine Rolle. Die Haltung der zuständigen Landesbehörden in Berlin und Bayern werde sich auf dortige Gegebenheiten stützen; ein allgemeines schutzbedürftiges und schutzwürdiges Vertrauen in die Führbarkeit der Abkürzung €Dr." habe in Nordrhein-Westfalen hingegen nicht entstehen können. Nach dem Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 5. Juli 2007 verträten überdies alle Bundesländer den Standpunkt, dass die sogenannten kleinen Doktorgrade nicht als €Dr." geführt werden dürften.

Weiterhin sei Vertrauensschutz unter dem Aspekt der Rückwirkung nicht zu gewähren, denn den Betroffenen werde nicht für die Vergangenheit das Recht aberkannt, die Abkürzung €Dr." zu führen, sondern lediglich für die Zukunft. Eine echte - verfassungsrechtlich unzulässige - Rückwirkung liege daher nicht vor. Der KMK-Beschluss vom 21. September 2001 sei überdies keine Allgemeinverfügung i.S.d. § 35 Satz 2 VwVfG.

Zudem habe er - der Antragsgegner - zu Recht die sofortige Vollziehung der Untersagungsverfügung angeordnet. Das Führen der Abkürzung €Dr." sei unzulässig und stelle zugleich eine strafbare Handlung im Sinne des § 132 a StGB dar. Dass entsprechende Ermittlungsverfahren eingestellt worden seien, sei dabei vorliegend nicht von entscheidender Bedeutung. So verweise die Generalstaatsanwaltschaft in E1. z.B. darauf, dass der Beschuldigte sich in einem unvermeidbaren Verbotsirrtum befunden habe; dies ändere aber nichts daran, dass die Führung der Abkürzung €Dr." zumindest objektiv eine strafbare Handlung darstelle. Außerdem verschaffe der Antragsteller sich mit der Führung der Abkürzung €Dr." einen Wettbewerbsvorteil, was gegen §§ 1 und 3 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) und gegen das anwaltliche Berufsrecht verstoße. Die Zahl der Mandanten des Antragstellers sei dabei nicht entscheidend. Entscheidend sei allein der hohe Stellenwert des Doktortitels für das breite rechtsuchende Publikum.

Soweit der Antragsteller vortrage, dass ihm Personen bekannt seien, die als Inhaber des Grades €doctor pràv" die Abkürzung €Dr." führten, werde um Mitteilung der Namen gebeten. Er - der Antragsgegner - habe alle ihm bekannten Fälle aufgegriffen.

Für das Vorbringen der Beteiligten im übrigen wird auf den Inhalt der Streitakte, der Gerichtsakte zum Verfahren 9 K 259/09 sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Antragsgegners Bezug genommen.

II.

Das Rubrum wurde von Amts wegen berichtigt, da entsprechend § 78 Abs. 1 Ziffer 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) in Verbindung mit § 5 Abs. 2 Satz 1 des Ausführungsgesetzes zur Verwaltungsgerichtsordnung (AG VwGO) das Ministerium für Innovation, Wissenschaft, Forschung und Technologie zulässiger Antragsgegner ist.

Der gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO statthafte und auch im übrigen zulässige Antrag ist unbegründet.

Gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung eines Widerspruchs oder einer Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt wiederherstellen, den die Ausgangs- oder Widerspruchsbehörde gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO mit der Anordnung der sofortigen Vollziehung versehen hat. Begründet ist der Antrag, wenn die Vollziehungsanordnung dem Begründungserfordernis des § 80 Abs. 3 VwGO nicht genügt oder bei der im Rahmen des § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO gebotenen Interessenabwägung das private Interesse des Antragstellers, von der sofortigen Vollziehung der angefochtenen Verfügung bis zum Abschluss des Hauptverfahrens verschont zu bleiben, gegenüber dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsaktes überwiegt.

Gemessen hieran bleibt der vorliegende Antrag ohne Erfolg. Denn die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Untersagungsverfügung im Bescheid des Antragsgegners vom 6. Januar 2009 erfüllt die gesetzlichen Anforderungen des § 80 Abs. 3 VwGO. Weiterhin fällt die gebotene Interessenabwägung zum Nachteil des Antragstellers aus.

Die Anordnung der sofortigen Vollziehung durch den Antragsgegner im Bescheid vom 6. Januar 2009 begegnet im Hinblick auf das Erfordernis einer Begründung gemäß § 80 Abs. 3 VwGO keinen rechtlichen Bedenken. Die Vollziehungsanordnung ist mit einer Begründung versehen, die das besondere Vollziehungsinteresse darlegt, und genügt damit den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Die Begründung lässt erkennen, dass der Antragsgegner sich des Ausnahmecharakters der sofortigen Vollziehung bewusst ist und insoweit eine einzelfallbezogene Entscheidung getroffen hat.

Weiterhin überwiegt das private Interesse des Antragstellers an der Aussetzung der Vollziehung der angefochtenen Untersagungsverfügung nicht das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der Verfügung. Bei der im Rahmen des § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmenden Interessenabwägung sind die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen. Erweist sich der angefochtene Bescheid bei der gebotenen summarischen Prüfung als offensichtlich rechtswidrig, besteht kein öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung. Ergibt die summarische Prüfung hingegen, dass der angefochtene Bescheid offensichtlich rechtmäßig ist, tritt das Interesse des Antragstellers regelmäßig zurück, falls nicht besondere Umstände des Einzelfalls dennoch einen Vorrang des Aussetzungsinteresses des Antragstellers begründen.

Vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschluss vom 4. Juni 2007 - 7 B 573/07 -, JURIS.

Bei der gebotenen summarischen Prüfung erweist sich die angefochtene Untersagungsverfügung vom 6. Januar 2009 als offensichtlich rechtmäßig.

Ermächtigungsgrundlage für die Untersagungsverfügung ist § 69 Abs. 7 Satz 3 des Gesetzes über die Hochschulen des Landes Nordrhein-Westfalen (Hochschulgesetz - HG) vom 31. Oktober 2006. Nach dieser Bestimmung kann das Ministerium oder eine von ihm beauftragte Behörde eine von § 69 Abs. 2 bis 6 HG abweichende Grad- oder Titelführung untersagen.

Die formellen Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen liegen vor. Der Antragsgegner ist als die gemäß § 69 Abs. 7 Satz 3 HG in Verbindung mit § 82 Abs. 2 HG zuständige Behörde tätig geworden und hat den Antragsteller vor Erlass der Untersagungsverfügung gemäß § 28 Abs. 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (VwVfG NRW) angehört.

Auch die materiellen Voraussetzungen des § 69 Abs. 7 Satz 3 HG liegen vor. Die Führung der Abkürzung €Dr." durch den Antragsteller weicht von der in § 69 Abs. 2 bis 6 HG vorgesehenen Grad- und Titelführung ab.

Die Führung der Abkürzung €Dr." durch den Antragsteller entspricht nicht § 69 Abs. 2 Satz 1 HG. Gemäß dieser Bestimmung können im Geltungsbereich des Hochschulgesetzes die von einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule in Deutschland oder in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union einschließlich der Europäischen Hochschulen in Florenz und Brügge sowie der Päpstlichen Hochschulen in Rom verliehenen Hochschulgrade sowie entsprechende staatliche Grade in der verliehenen Form geführt werden. Dem Antragsteller ist ausweislich der Diplomurkunde der D. -Universität in C. vom 3. November 2005 aber gerade nicht der Grad €Dr." verliehen worden, sondern €der akademische Grad €doctor pràv" (Abkürzung €JUDr.")".

Die Führung der Abkürzung €Dr." entspricht auch nicht § 69 Abs. 2 Satz 3 HG. Gemäß § 69 Abs. 2 Satz 3 HG kann die verliehene Form des Grades bei fremden Schriftarten in die lateinische Schrift übertragen werden; ferner kann die im Herkunftsland zugelassene oder dort nachweislich allgemein übliche Abkürzung geführt sowie eine wörtliche Übersetzung in Klammern hinzugefügt werden. Die Abkürzung €Dr." ist jedoch keine im Herkunftsland zugelassene Abkürzung für den Grad des €doctor pràv." Aus Section 53 Absatz 8 lit d) des Slowakischen Hochschulgesetzes vom 21. Februar 2002 ergibt sich vielmehr, dass die zugelassene Abkürzung für den Grad des €doctor pràv" €JUDr." lautet. Dies entspricht auch der dem Antragsteller verliehenen Diplomurkunde der D. -Universität in C. vom 3. November 2005.

Soweit der Antragsteller darüber hinaus vorträgt, dass in der slowakischen Republik auch die Führung der Abkürzung €Dr." statt €JUDr." nachweislich allgemein üblich im Sinne des § 69 Abs. 2 Satz 3 HG sei, kommt es hierauf nicht an. Aus Sinn und Zweck des § 69 Abs. 2 Satz 3 HG ergibt sich nämlich, dass es auf die allgemein übliche Abkürzung nur dann ankommen kann, wenn es keine €zugelassene" Abkürzung gibt, d.h. die Frage der Abkürzung nicht rechtlich geregelt ist. Anderenfalls würde eine zwar verbreitete, aber von den zugelassenen Abkürzungen abweichende und damit im Ergebnis rechtswidrige Führung einer Abkürzung - unabhängig davon, ob eine derartige Abweichung sanktioniert wird - dazu führen, dass diese nicht rechtmäßige Abkürzung in der Bundesrepublik rechtmäßig geführt werden könnte. Da in der Slowakischen Republik - wie dargestellt - rechtlich geregelt ist, dass als Abkürzung für den Grad des €doctor pràv" die Abkürzung €JUDr." zu führen ist, kommt es demnach auf die Frage der Üblichkeit nicht an. Diese Auslegung steht entgegen der Auffassung des Antragstellers auch nicht im Widerspruch zum Bestimmtheitsgebot des Artikel 103 Abs. 2 GG. Aus Artikel 103 Abs. 2 GG folgt, dass Strafnormen nicht in einem Umfang angewandt werden dürfen, der sich nicht mehr durch Auslegung erschließt. Dabei ist der Wortsinn die Grenze der Auslegung.

Vgl. Degenhart in: Sachs, Grundgesetz, 4. Auflage, München 2007, Art. 103, Rn. 69.

Gemessen hieran scheidet ein Verstoß gegen Artikel 103 Abs. 2 GG bereits deshalb aus, weil die obige Auslegung vom Wortsinn des § 69 Abs. 2 Satz 3 HG gedeckt ist. Der Wortlaut des § 69 Abs. 2 Satz 3 HG selbst trifft nämlich keine eindeutige Aussage zum Verhältnis der €zugelassenen" Abkürzung und der €nachweislich allgemein üblichen" Abkürzung. Das Wort €oder", das die beiden Varianten verbindet, lässt sowohl eine Deutung zu, nach der beide Varianten nebeneinander stehen als auch eine Deutung, nach der beide Varianten sich gegenseitig ausschließen. Die Bestimmung der Reichweite der jeweiligen Variante ist daher durch Auslegung auch unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck der Norm zu bestimmen, die auch nach Artikel 103 Abs. 2 GG zulässig ist.

Vgl. Degenhart in: Sachs, Grundgesetz, 4. Auflage, München 2007, Art. 103, Rn. 67 f.

Die Führung der Abkürzung €Dr." entspricht auch nicht der in § 69 Abs. 5 HG vorgesehenen Grad- und Titelführung. In dieser Vorschrift ist bestimmt, dass, soweit Vereinbarungen und Abkommen der Bundesrepublik Deutschland mit anderen Staaten über Gleichwertigkeiten im Hochschulbereich und Vereinbarungen der Länder der Bundesrepublik Deutschland die Betroffenen gegenüber den Absätzen 2 bis 4 des § 69 HG begünstigen, diese Regelungen vorgehen. Derartige begünstigende Regelungen zugunsten des Antragstellers finden sich aber weder in Beschlüssen der Kultusministerkonferenz noch in Abkommen der Bundesrepublik Deutschland mit der Slowakischen Republik.

Eine den Antragsteller begünstigende Regelung in diesem Sinne findet sich nicht im Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 5. Juli 2007 (€Vereinbarung der Länder in der Bundesrepublik Deutschland über begünstigende Regelungen gemäß Ziffer 4 der ´Grundsätze für die Regelung der Führung ausländischer Hochschulgrade im Sinne einer gesetzlichen Allgemeingenehmigung durch einheitliche gesetzliche Bestimmungen vom 14.04.2000´ (Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 21.09.2001 i.d.F. vom 05.07.2007)"; im folgenden: KMK-Beschluss vom 5. Juli 2007). Gemäß Ziffer 2 des KMK-Beschlusses vom 5. Juli 2007 können Inhaber von in einem wissenschaftlichen Promotionsverfahren erworbenen Doktorgraden, die in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) oder des Europäischen Wirtschaftsraumes (EWR) sowie am Europäischen Hochschulinstitut Florenz und den Päpstlichen Hochschulen erworben wurden, anstelle der im Herkunftsland zugelassenen oder nachweislich allgemein üblichen Abkürzung wahlweise die Abkürzung €Dr." ohne fachlichen Zusatz und ohne Herkunftsbezeichnung führen. Dies gilt nicht für Doktorgrade, die ohne Promotionsstudien und -verfahren vergeben werden (so genannte Berufsdoktorate) und für Doktorgrade, die nach den rechtlichen Regelungen des Herkunftslandes nicht der dritten Ebene der Bologna-Klassifikation der Studienabschlüsse zugeordnet sind. Diese Regelung berechtigt den Antragsteller nicht zur Führung der Abkürzung €Dr.", denn der Grad des €doctor pràv" ist - wie im übrigen auch zwischen den Beteiligten unstreitig sein dürfte - nach den rechtlichen Regelungen der Slowakischen Republik nicht der dritten Stufe der Bologna-Klassifikation zugeordnet. Als €Bologna- Klassifikation" wird dabei die Einteilung der Studienabschlüsse bezeichnet, die im Qualifikationsrahmen für den Europäischen Hochschulraum (€Framework of Qualifications for the European Higher Education Area") enthalten ist. Dieser Qualifikationsrahmen ist anlässlich der Bologna-Nachfolgekonferenz in Bergen im Mai 2005 von den für die Hochschulen zuständigen europäischen Ministerinnen und Minister angenommen worden. Die sogenannte dritte Stufe umfasst dabei Abschlüsse, die Studierende erhalten,

€who have demonstrated a systematic understanding of a field of study and mastery of skills and methods of research associated with that field; have demonstrated the ability to conceive, design, implement and adapt a substantial process of research with scholarly integrity; have made a contribution through original research that extends the frontier of knowledge by developing a substantial body of work, some of which merits national or international refereed publication; €".

Dieser Stufe entspricht das zum Erwerb des €doctor pràv" führende Studium nach dem Slowakischen Hochschulgesetz nicht. Das Slowakische Hochschulgesetz teilt die Hochschulbildung - offenbar entsprechend der Bologna-Klassifikation - in drei Stufen ein (vgl. § 2 Absatz 5 des Slowakischen Hochschulgesetzes). Dabei wird der Erwerb des €doctor pràv" in § 53 des Slowakischen Hochschulgesetzes im Rahmen der zweiten Stufe behandelt. Lediglich der Grad eines €PhD" wird in § 54 des Slowakischen Hochschulgesetzes der dritten Stufe zugeordnet. Ziel des Studiums, das zum Erwerb des €doctor pràv" führt, ist demgemäss nach § 53 Absatz 9 des Slowakischen Hochschulgesetzes Folgendes:

€The examina rigorosa and the defence of a thesis are to demonstrate that on the basis of independent study the applicant has achieved deeper knowledge in its broader scope and is able to master the recent knowledge of science and practice, and use it in creative way in practice."

Der Schwerpunkt des Erwerbs des €doctor pràv" liegt damit im Bereich der Wissensaneignung und -anwendung, nicht, wie in der dritten Stufe der Bologna- Klassifikation vorausgesetzt, im Bereich der eigenständigen Forschung und des eigenständigen wissenschaftlichen Beitrags. Die Voraussetzungen des Erwerbs des €doctor pràv" entsprechen damit eher den Voraussetzungen für die Abschlüsse der zweiten Stufe der Bologna-Klassifikation, die voraussetzt, dass die jeweiligen Studierenden

€have demonstrated knowledge and understanding that is founded upon and extends and/or enhances that typically associated with the first cycle, and that provides a basis or opportunity for originality in developing and/or applying ideas, often within a research context; can apply their knowledge and understanding, and problem solving abilities in new or unfamiliar environments within broader (or multidisciplinary) contexts related to their field of study;...".

Diese Bewertung wird bestätigt durch das Deutsch-Slowakische Abkommen vom 23.11.2001. Dabei kann offen bleiben, inwieweit dieses Abkommen nach dem Beitritt der Slowakischen Republik zur Europäischen Union noch Anwendung findet; jedenfalls kann ihm entnommen werden, dass auch die Slowakische Republik nicht von einer Gleichwertigkeit des €doctor pràv" mit dem - der dritten Stufe der Bologna- Klassifikation zuzuordnenden - deutschen Doktorgrad ausgeht. In dem in Artikel 7 des Abkommens enthaltenen Anerkennungsschema werden nämlich als gleichwertig zum deutschen Doktorgrad nur die Grade des €philosophiae doctor (PhD) und des €artis doctor" (ArtD) aufgeführt. Zudem berechtigt nach Artikel 4 des Abkommens der Grad des €JUDr." zur Promotion in der Bundesrepublik Deutschland, ist also Zugangsvoraussetzung zur Promotion und nicht dieser gleichzusetzen.

Gegen diese Bewertung spricht auch nicht der vom Antragsteller im vorgerichtlichen Schriftwechsel mit dem Antragsgegner übersandte Auszug aus dem Bildungsbericht der Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) aus dem Jahr 2005. Die OECD geht nämlich in ihrem aktuellen Bildungsbericht von 2008 (€Education at a Glance - OECD Indicators 2008", im Internet verfügbar unter http://www.oecd.org/dataoecd/8/25/41271819.pdf") ebenfalls davon aus, dass der Grad des €JUDr." nicht derselben Ebene wie die deutsche Promotion und der Grad eines PhD - ISCED 6 (€advanced research programmes") -, sondern derselben Ebene - ISCED 5 - wie z.B. der Masterabschluss zuzuordnen ist.

Gegen eine Zuordnung des €doctor pràv." zur zweiten Stufe der Bologna- Klassifikation spricht im übrigen nicht, dass dann nur der eine Lehrbefähigung enthaltene Grad des €PhD" zur dritten Stufe der Bologna-Klassifikation zu zählen ist. Dass nach slowakischem Recht auf der dritten Stufe der Bologna-Klassifikation über die im Qualifikationsrahmen niedergelegten Anforderungen hinaus weitere Voraussetzungen zu erfüllen sind, kann nicht dazu führen, dass Grade - wie der €doctor pràv" -, die unter dieser dritten Stufe anzusiedeln sind, gewissermaßen automatisch aufgewertet werden müssten.

Im übrigen steht der in Ziffer 2 des KMK-Beschlusses vom 5. Juli 2007 getroffenen Regelung auch nicht das europäische Gemeinschaftsrecht entgegen. Der Ausschluss des Führens der Abkürzung €Dr." für Grade, die nicht der dritten Stufe der Bologna-Kriterien zugeordnet sind, verstößt nicht gegen Gemeinschaftsrecht, insbesondere nicht gegen die Personenverkehrsfreiheiten der Artikel 39 und 43 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EGV) und die Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. September 2005 über die Anerkennung von Berufsqualifikationen (RL 2005/36/EG).

Die in den Artikeln 39 und 43 EGV garantierte Freizügigkeit für Arbeitnehmer und selbständig Tätige ist allerdings grundsätzlich auch auf Gemeinschaftsangehörige - wie den Antragsteller - anwendbar, die in einem anderen Mitgliedstaat einen akademischen Grad erworben haben, wenn es um die Frage des Führens im Heimatstaat geht. Die in diesen Artikeln niedergelegten Freiheiten stehen dabei jeder nationalen Regelung über die Voraussetzungen für die Führung eines in einem anderen Mitgliedstaat erworbenen akademischen Grades entgegen, die geeignet ist, die Ausübung der durch das Gemeinschaftsrecht garantierten grundlegenden Freiheiten durch die Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten zu behindern oder weniger attraktiv zu machen.

Vgl. Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH), Urteil vom 31.03.1993 - Rs C-19/92 (Dieter Kraus/Land Baden-Württemberg) -, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht 1993, 661 (662).

Hieraus folgt, dass in einem - grundsätzlich zulässigen - Verfahren zur Genehmigung der Führung eines in einem anderen Mitgliedstaat erworbenen akademischen Grades nur überprüft werden darf, ob der aufgrund eines Postgraduiertenstudiums erworbene akademische Grad ordnungsgemäß verliehen worden ist.

Vgl. EuGH, aaO., S. 663.

Daher verstößt es gegen Gemeinschaftsrecht, wenn für eine Genehmigung auch materielle Kriterien wie die Vergleichbarkeit der verleihenden ausländischen Hochschule mit einer deutschen staatlichen Hochschule und die Vergleichbarkeit der der Verleihung des ausländischen Grades zugrundeliegenden Studien- und Prüfungsleistungen aufgestellt werden.

Vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 12.11.1997 - 6 C 12/96 -, Sammlung der Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwGE) 105, 336 (346).

Abgesehen davon, dass die Grad- und Titelführung nach § 69 HG gerade nicht von einer vorherigen Genehmigung abhängig ist, stellt der KMK-Beschluss vom 5. Juli 2007 auch keine materiellen Kriterien für die Führung eines in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union (EU) verliehenen Grades auf. Die Befugnis, den verliehenen Grad zu führen, ergibt sich vielmehr bereits aus § 69 Abs. 2 Satz 1 HG, die Befugnis, die verliehene Abkürzung zu führen, folgt aus § 69 Abs. 2 Satz 3 HG. Bei den in Ziffer 2 des KMK-Beschlusses vom 5. Juli 2007 geregelten Kriterien geht es vielmehr um die Frage, ob die Verleihung eines bestimmten Grades - wie hier des €doctor pràv" - die Befugnis verleiht, eine gerade nicht verliehene Abkürzung, nämlich die Abkürzung €Dr." zu führen. Dem stehen die Bestimmungen des EGV jedoch nicht entgegen.

Der Ausschluss des Führens der Abkürzung €Dr." für Grade, die nicht der dritten Stufe der Bologna-Klassifikation entsprechen, verstößt auch nicht gegen die Richtlinie RL 2005/36/EG. Nach Artikel 53 dieser Richtlinie trägt ein Mitgliedstaat dafür Sorge, dass Personen zum Führen von akademischen Titeln ihres Herkunftsmitgliedstaats und gegebenenfalls der entsprechenden Abkürzung in der Sprache des Herkunftsmitgliedstaats berechtigt sind. Der Mitgliedstaat kann vorschreiben, dass neben dieser Bezeichnung Name und Ort der Lehranstalt oder des Prüfungsausschusses aufgeführt werden, die bzw. der diesen akademischen Titel verliehen hat. Auch hieraus ergibt sich lediglich das Recht, einen erworbenen Titel in der erworbenen Form bzw. Abkürzung zu führen (hier: €doctor pràv." bzw. €JUDr."), nicht aber die Befugnis, eine nicht erworbene Abkürzung (hier: €Dr.") zu führen.

Die Führung der Abkürzung €Dr." ist auch nicht durch § 69 Abs. 5 HG in Verbindung mit dem Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 21. September 2001 (€Vereinbarung der Länder in der Bundesrepublik Deutschland über begünstigende Regelungen gemäß Ziffer 4 der ´Grundsätze für die Regelung der Führung ausländischer Hochschulgrade im Sinne einer gesetzlichen Allgemeingenehmigung durch einheitliche gesetzliche Bestimmungen´ vom 14.04.2000"; im folgenden: KMK-Beschluss vom 21. September 2001) gedeckt. Der KMK-Beschluss vom 21. September 2001 sah vor, dass Inhaber von in einem wissenschaftlichen Promotionsverfahren erworbenen Doktorgraden, die in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraums oder am Europäischen Hochschulinstitut Florenz oder an den Päpstlichen Hochschulen erworben wurden, anstelle der im Herkunftsland zugelassenen oder nachweislich allgemein üblichen Abkürzung wahlweise die Abkürzung €Dr." ohne fachlichen Zusatz und ohne Herkunftsbezeichnung führen durften. Eine Einschränkung für Doktorgrade, die nicht der dritten Stufe der Bologna-Klassifikation zuzuordnen waren, enthielt der KMK-Beschluss vom 21. September 2001 nicht.

Dieser KMK-Beschluss vom 21. September 2001 ist jedoch im Rahmen des § 69 Abs. 5 HG nicht mehr heranzuziehen; maßgeblich ist vielmehr der KMK-Beschluss vom 5. Juli 2007. Dabei kann offen bleiben, ob der KMK-Beschluss vom 5. Juli 2007 lediglich eine Klarstellung des Inhalts des KMK-Beschlusses vom 21. September 2001 oder aber eine materielle Änderung darstellt. Ebenso kann offen bleiben, ob auf der Grundlage des KMK-Beschlusses vom 21. September 2001 der Antragsteller berechtigt gewesen wäre, die Abkürzung €Dr." zu führen. Selbst wenn angenommen wird, dass der KMK-Beschluss vom 5. Juli 2007 erstmals eine Beschränkung für die Inhaber von nicht der dritten Stufe der Bologna-Klassifikation zugeordneten Doktorgraden enthielt, ist die dadurch geschaffenen Rechtslage auch für den Antragsteller maßgeblich. Soweit der Antragsteller im Gegensatz hierzu geltend macht, dass aufgrund des Erwerbs des Grades des €doctor pràv" am 11. November 2005 für ihn allein der KMK-Beschluss vom 21. September 2001 maßgeblich sei, kann ihm nicht gefolgt werden. Der KMK-Beschluss vom 5. Juli 2007 ist nämlich zum einen nach seinem Wortlaut auf den Antragsteller anwendbar, zum anderen verstößt diese Anwendung nicht gegen das Rückwirkungsverbot und den Grundsatz des Vertrauensschutzes.

Eine Einschränkung des Anwendungsbereichs des KMK-Beschlusses vom 5. Juli 2007 auf Doktorgrade, die nach dem Beschluss erworben werden würden, kann dem Wortlaut des Beschlusses nicht entnommen werden. Ebenso ist keine Übergangsregelung enthalten. Daher ist der KMK-Beschluss so auszulegen, dass die Frage der zukünftigen Titelführung für alle Inhaber der betreffenden Grade - unabhängig vom Zeitpunkt des Erwerbs des Grades - geregelt wird.

Vgl. VG München, Urteil vom 18. Februar 2008 - M 25 K 07.2387 - .

Die Anwendung des so verstandenen KMK-Beschlusses vom 5. Juli 2007 auf den Antragsteller ist auch weder durch das Rückwirkungsverbot noch aufgrund des allgemeinen Vertrauensschutzgrundsatzes ausgeschlossen.

Das aus dem Rechtsstaatsprinzip des Artikel 20 Abs. 3 GG fließende Rückwirkungsverbot schützt das Vertrauen des Bürgers in die Beständigkeit der geltenden Rechtsordnung. Dabei sind jedoch rückwirkende Normen nicht in jedem Fall verfassungsrechtlich unzulässig. Vielmehr ist zwischen echter und unechter Rückwirkung zu unterscheiden: Greift eine Norm nachträglich ändernd in abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Tatbestände ein, so liegt ein Fall der echten Rückwirkung vor, der grundsätzlich verfassungsrechtlich unzulässig ist.

Vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Entscheidung vom 23.03.1971 - 2 BvL 2/66, 2 BvR 168/66, 2 BvR 196/66, 2 BvR 197/66, 2 BvR 210/66, 2 BvR 472/66 -, Sammlung der Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE) 30, 367 (386); Beschluss vom 15. Oktober 1996 - 1 BvL 44/92, 1 BvL 48/92 -, BVerfGE 95, 64 (86).

Diese - auch als Rückbewirkung von Rechtsfolgen bezeichnete - Rückwirkung liegt vor, wenn der Beginn des zeitlichen Anwendungsbereichs einer Norm auf einen Zeitpunkt festgelegt ist, der vor dem Zeitpunkt liegt, zu dem die Norm gültig geworden ist.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 3. Dezember 1997 - 2 BvR 882/97 -, BVerfGE 97, 67 (78 f.).

Unechte Rückwirkung liegt hingegen vor, wenn eine Norm auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte und Rechtsbeziehungen für die Zukunft einwirkt und damit zugleich die betroffene Rechtsposition nachträglich entwertet.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 15. Oktober 1996 - 1 BvL 44/92, 1 BvL 48/92 -, BVerfGE 95, 64 (86).

Durch diese - auch tatbestandliche Rückanknüpfung genannte - unechte Rückwirkung ist nicht der zeitliche, sondern der sachliche Anwendungsbereich einer Norm betroffen: Die Rechtsfolgen eines Gesetzes treten erst nach Verkündung der Norm ein, deren Tatbestand erfasst aber Sachverhalte, die bereits vor Verkündung "ins Werk gesetzt" worden sind.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 3. Dezember 1997, aaO. sowie Beschluss vom 5. Februar 2002 - 2 BvR 305/93, 2 BvR 348/93 -, BVerfGE 105, 17 (37).

Eine derartige unechte Rückwirkung ist grundsätzlich zulässig. Die Grenzen ergeben sich dabei aus einer Abwägung zwischen dem Gewicht der berührten Vertrauensschutzbelange und der Bedeutung des gesetzgeberischen Anliegens für das Gemeinwohl.

Vgl. BVerfG, Urteil vom 5. Februar 2004 - 2 BvR 2029/01 - BVerfGE 109, 96 (122).

Im Hinblick auf Ziffer 2 des KMK-Beschlusses vom 5. Juli 2007 liegt ein Fall der unechten Rückwirkung vor. Der KMK-Beschluss vom 5. Juli 2007 regelt einen noch nicht abgeschlossenen Lebenssachverhalt, nämlich das Führen der Abkürzung €Dr." durch Inhaber bestimmter akademischer Grade für die Zukunft. Der geregelte Sachverhalt - das Führen einer bestimmten Abkürzung - hat zwar bei Personen, die bereits in der Zeit vor dem KMK-Beschluss vom 5. Juli 2007 den betreffenden akademischen Grad erworben haben, bereits vor dem KMK-Beschluss begonnen, ist aber für die Zukunft noch nicht abgeschlossen. Dass durch den KMK-Beschluss vom 5. Juli 2007 demgegenüber das Führen der Abkürzung €Dr." auch für bereits abgeschlossene Zeiträume vor dem Beschluss geregelt werden soll, kann dem Beschluss nicht entnommen werden.

Die demnach in diesem Fall unechter Rückwirkung vorzunehmende Interessenabwägung zwischen den Belangen der Allgemeinheit und dem schutzwürdigen Interesse der Betroffenen fällt zu Lasten der Betroffenen aus. Auf Seiten der Allgemeinheit besteht das erhebliche Interesse, zum Schutz des Rechtsverkehrs und zum Schutz von beruflichen Wettbewerbern Verwechslungen zwischen den betroffenen Graden und der deutschen Promotion, zu verhindern, weil nach den obigen Darlegungen die an die Erwerber gestellten Anforderungen nicht gleichwertig sind. Dem steht auf Seiten der Inhaber der entsprechenden akademischen Grade lediglich eine als gering zu betrachtende Beschwer entgegen. Sie haben weiterhin die Möglichkeit, den erworbenen Grad in der verliehenen Form und in der verliehenen Abkürzung zu führen und damit auf ihre Zusatzqualifikation aufmerksam zu machen. Lediglich die Möglichkeit, statt der verliehenen Abkürzung eine andere Abkürzung - €Dr." - zu führen, wird ausgeschlossen.

Die Anwendung des KMK-Beschlusses vom 5. Juli 2007 auf den Antragsteller verstößt auch nicht gegen den allgemeinen Vertrauensschutzgrundsatz. Soweit der Antragsteller geltend macht, dass der Antragsgegner im Januar 2006 auf Anfragen erklärt habe, dass der Grad des €doctor pràv" in der Bundesrepublik als €Dr." abgekürzt werden könne, konnten diese nicht an den Antragsteller selbst gerichteten Mitteilungen in der Person des Antragstellers kein schutzwürdiges Vertrauen begründen. Zudem bezogen sich diese Auskünfte auf die Rechtslage vor dem hier maßgeblichen KMK-Beschluss vom 5. Juli 2007. Eine Erklärung des Inhalts, dass diese Rechtslage sich - zumindest auf absehbare Zeit - nicht ändern würde, enthielten diese Auskünfte nicht. Überdies wurden diese Auskünfte nach dem Erwerb des Grades durch den Antragsteller am 3. November 2005 erteilt, so dass nicht ersichtlich ist, auf welche Weise der Antragsteller zu diesem Zeitpunkt ein etwaiges Vertrauen noch in schützenswerter Weise betätigt haben sollte. Auf seine eigene Anfrage vom 29. Mai 2006 hat der Antragsteller im übrigen die Antwort erhalten, dass eine Führung des €doctor pràv" als €Dr." nicht möglich sei.

Der Anwendung des KMK-Beschlusses vom 5. Juli 2007 auf den Antragsteller steht auch nicht die vom Antragsteller angeführte Wirkung einer Allgemeingenehmigung im KMK-Beschluss vom 21. September 2001 entgegen. Insbesondere war keine Aufhebung - Rücknahme oder Widerruf - dieses Beschlusses nach den Regelungen in §§ 48 ff. VwVfG NRW über die Aufhebung von Verwaltungsakten erforderlich. Bei der im Beschluss vom 21. September 2001 getroffenen Regelung hinsichtlich der Führung von Doktorgraden handelte es sich nämlich nicht um einen Verwaltungsakt. Ein Verwaltungsakt ist gemäß § 35 VwVfG NRW jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Eine Allgemeinverfügung ist dabei ein Verwaltungsakt, der sich an einen nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis richtet oder die öffentlich-rechtliche Eigenschaft einer Sache oder ihre Benutzung durch die Allgemeinheit betrifft. Der KMK-Beschluss vom 21. September 2001 ist bereits deshalb kein Verwaltungsakt in diesem Sinne, weil die Kultusministerkonferenz keine Behörde im Sinne des § 35 in Verbindung mit § 1 Abs. 2 VwVfG NRW ist. Sie hat zudem mit dem KMK-Beschluss vom 21. September 2001 auch keine Regelung getroffen, die unmittelbar auf Rechtswirkung nach außen gerichtet war; vielmehr ist der Beschluss erst aufgrund der gesetzgeberischen Entscheidung in § 69 Abs. 5 HG in Nordrhein-Westfalen anwendbar.

Die Anwendung des KMK-Beschlusses vom 5. Juli 2007 auf den Antragsteller verstößt auch nicht gegen den Gleichheitssatz des Artikel 3 Abs. 1 GG. Soweit der Antragsteller vorträgt, dass in anderen Bundesländern - insbesondere Berlin und Bayern - der KMK-Beschluss vom 5. Juli 2007 auf die Inhaber von vor diesem Beschluss erworbenen Graden nicht angewandt werde, vermag dies keinen Verstoß gegen den Gleichheitssatz zu begründen. Der Gleichheitssatz verlangt nämlich lediglich die Gleichbehandlung durch ein- und denselben Hoheitsträger, nicht aber die Gleichbehandlung durch mehrere, voneinander unabhängige Hoheitsträger.

Vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Beschluss vom 15.12.1999 - 6 B 42/99 -, JURIS, Rn. 8.

Eine begünstigende Regelung i.S.d. § 69 Abs. 5 HG findet sich schließlich auch nicht im Abkommen zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Slowakischen Republik über die gegenseitige Anerkennung der Gleichwertigkeit von Bildungsnachweisen im Hochschulbereich vom 23. November 2001 (Bundesgesetzblatt II 2004, 489). Dabei kann offen bleiben, welchen Anwendungsbereich dieses Abkommen nach dem Beitritt der Slowakischen Republik zur Europäischen Union am 1. Mai 2004 noch hat. Jedenfalls ist der Antragsteller aufgrund dieses Abkommens nicht befugt, die Abkürzung €Dr." zu führen. Das Übereinkommen sieht nämlich in Artikel 6 Abs. 1 vor, dass der Grad des €doctor pràv" in der Bundesrepublik in der Form geführt werden darf, in der er verliehen wurde; als Abkürzung ist hierbei €JUDr." angegeben.

Die Führung der Abkürzung €Dr." durch den Antragsteller entspricht auch nicht § 69 Abs. 6 Satz 1 HG. Nach dieser Vorschrift kann das Ministerium in begründeten Fällen durch Rechtsverordnung für bestimmte Grade, Institutionen und Personengruppen Ausnahmen regeln, die Betroffene gegenüber § 69 Abs. 2 bis 5 HG begünstigen. Eine den Antragsteller in diesem Sinne begünstigende Regelung findet sich nicht in der Verordnung über die Führung von akademischen Graden vom 31. März 2008. Nach § 1 Abs. 2 dieser Verordnung können die Inhaber von Graden, die die Bezeichnung €Doktor" enthalten, aber die nach den rechtlichen Regelungen des Herkunftslandes nicht der dritten Ebene der Bologna-Klassifikation der Studienabschlüsse zugeordnet sind, nicht anstelle der im Herkunftsland verliehenen Bezeichnung die Bezeichnung €Dr." ohne fachlichen Zusatz und ohne Herkunftsbezeichnung führen. Da der Grad des €doctor pràv" - wie dargestellt - nicht der dritten Ebene der Bologna-Klassifikation zuzuordnen ist, ergibt sich aus dieser Verordnung kein Recht des Antragstellers, die Abkürzung €Dr." zu führen. Ein solches Recht ergibt sich auch nicht aus der Verordnung über die Führung ausländischer Doktorgrade vom 09. Dezember 2005, die das Kriterium der Bologna- Klassifikation nicht enthielt. Maßgeblich ist nämlich allein die Verordnung vom 31. März 2008. Insoweit gelten die obigen Ausführungen zur Rückwirkungsverbot und zum Vertrauensschutz auch hier.

War somit die Führung der Abkürzung €Dr." durch den Antragsteller nicht durch § 69 Abs. 2 bis 6 HG gedeckt, lagen die Voraussetzungen für die Untersagung der Führung der Abkürzung vor. Die Untersagung stand dabei nicht im Ermessen des Antragsgegners. Obwohl gemäß § 69 Abs. 7 Satz 3 HG das Ministerium eine von den Absätzen 2 bis 6 abweichende Grad- oder Titelführung untersagen €kann", wird mit dieser Formulierung kein Ermessen eingeräumt. Zwar ist dies in der Regel bei "Kann-Vorschriften" der Fall; in bestimmten Rechtsvorschriften bedeutet "kann" allerdings nur die Ermächtigung der Behörde, eine im Gesetz vorgesehene bestimmte Entscheidung zu treffen, zu der sie dann, wenn die Voraussetzungen dafür erfüllt sind, zugleich verpflichtet ist.

Vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 10. Auflage, München 2008, § 40 Rn. 43.

Zu diesen Vorschriften zählt § 69 Abs. 7 Satz 3 HG. Es würde nämlich dem in § 69 Abs. 7 Satz 1 HG angeordneten Verbot, von den Absätzen 2 bis 6 abweichende Grade und Titel sowie durch Titelkauf erworbene Grade zu führen, sowie der Ahndung von Verstößen dagegen als Ordnungswidrigkeiten nach § 69 Abs. 7 Sätze 4 bis 7 widersprechen, wenn es im Ermessen der Behörde stünde, eine solche Titelführung nicht zu untersagen. Eventuell würde sie damit sogar Beihilfe zu einer Straftat nach § 132 a StGB leisten.

Vgl. VG Minden, Urteil vom 25.08.2008 - 2 K 2145/07 -, JURIS, Rn. 26 ff.

Ohne Erfolg macht der Antragsteller geltend, dass der Antragsgegner lediglich gegen ihn und nicht auch gegen andere Inhaber des Grades €doctor pràv", die die Abkürzung €Dr." führten, vorgehe. Der Antragsgegner hat - vom Antragsteller unwidersprochen - hierzu vorgetragen, dass er gegen alle ihm bekannten Betroffenen vorgegangen sei; weiterhin hat er um Mitteilung der Namen der anderen Betroffenen gebeten, auf die der Antragsteller verwiesen hat. Dieses Vorgehen ist nicht zu beanstanden.

Andere Gesichtspunkte, die angesichts der offensichtlichen Rechtmäßigkeit der Untersagungsverfügung ein ausnahmsweises Überwiegen der Interessen des Antragstellers begründen würden, sind von diesem nicht vorgetragen und auch sonst nicht ersichtlich.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 3 Nr. 1, 63 Abs. 2 Satz 1 des Gerichtskostengesetzes (GKG). Dabei hält das Gericht eine Halbierung des Auffangstreitwerts von 5.000,00 EUR in dem vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes für angemessen (vgl. auch Ziffer 1.5. des Streitwertkatalogs 2004).






VG Arnsberg:
Beschluss v. 16.04.2009
Az: 9 L 45/09


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/25f16e80ffab/VG-Arnsberg_Beschluss_vom_16-April-2009_Az_9-L-45-09




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share