Bundespatentgericht:
Beschluss vom 28. Juni 2000
Aktenzeichen: 32 W (pat) 99/00

(BPatG: Beschluss v. 28.06.2000, Az.: 32 W (pat) 99/00)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Gegen die für

"Ausbildung; Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung; Werbung"

am 3. Mai 1997 angemeldete und am 27. Oktober 1997 eingetragene Wortmarke ComKidsist Widerspruch erhoben worden aus der seit 12. Juni 1996 angemeldeten und unter der Nr. 396 25 970 für Datenverarbeitungsgeräte und -apparate, insbesondere Datenerfassungsgeräte und -apparate sowie auf Datenträgern aufgezeichnete und/oder in Datenspeichern enthaltene Betriebssystem- und Anwendungsprogramme hierfür; Computer sowie hieraus ganz oder im wesentlichen bestehende Anlagen; Computer-Ausgabegeräte, insbesondere Drucker, Schreiber, Plotter, Mikrofilmerstellungsgeräte und -apparate (COM), Stanz- und Prägegeräte, Graviergeräte, Terminals, Bildschirme, sonstige Sicht- und Fühlgeräte; Belegleseapparate und -geräte; Apparate und Geräte für Datenfernübertragung sowie hieraus ganz oder im wesentlichen bestehende Anlagen; Datenspeicher, nämlich Disketten, Magnetfestplatten und Magnetbänder, Magnetblasenspeicher, Festkörperspeicher, Bandlaufwerke, optisch und/oder mechanisch kodierte Speicherplatten und Speicherbandsysteme; Bildschirmtextgeräte und -apparate sowie hieraus ganz oder im wesentlichen bestehende Anlagen, sowie die dazugehörigen, auf Datenträgern aufgezeichneten oder in Datenspeichern abgelegten Datenverarbeitungsprogramme; Rechenmaschinen; elektrotechnische und elektronische Apparate und Geräte (soweit in Klasse 9 enthalten); Teile von Datenverarbeitungsanlagen und -geräten, insbesondere von Datenerfassungs-, Datenverarbeitungs- und Datenausgabeanlagen und -geräten; Geräte und Apparate zur Sprachein- und -ausgabe sowie zur Stimmerkennung; Geräte und Apparate zur Klarschrifterkennung; Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild; Druckereierzeugnisse; Fotografien; Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate) in Form von Druckereierzeugnissen, Spielen, Modellen, Wandtafeln, Zeichen- und Darstellungsgeräten, Tier- und Pflanzenpräparaten, Globen, Wandtafelzeichengeräten; Computerprogramme in gedruckter Form; Papier, Pappe; Waren aus Papier und/oder Pappe, nämlich Verpackungsbehälter, Verpackungstüten; Schreibwaren; Aus- und Fortbildungs- sowie Erziehungsberatung; Fernunterricht; Fernkurse; Organisation und Veranstaltung von Kongressen; Unterricht und Erziehung; Veranstaltung und Durchführung von Seminaren; Veranstaltung und Leitung von Kolloquien; Vermietung von Computern und Softwareseit 16. Mai 1997 eingetragenen Wortmarke KIDSCOM.

Die Markenstelle für Klasse 41 hat den Widerspruch zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, daß selbst bei teilweise identischen Dienstleistungen die Marken nicht so ähnlich seien, daß eine Verwechslungsgefahr bestehe. Es sei zu berücksichtigen, daß beide Marken aus den Bestandteilen "Com" (= Hinweis auf Kommunikation) und "Kids" (Hinweis auf die Zielgruppe der Kinder und Jugendlichen) zusammengesetzt seien, und deshalb nur eine sehr geringe Kennzeichnungskraft aufwiesen. Damit könnten sie keinen Schutz über ihre konkrete Zusammenstellung hinaus erlangen. Es bestünden auch keine Ähnlichkeiten unter dem Gesichtspunkt der Klangrotation. Vielmehr erfasse der Verkehr begrifflich die Einzelbestandteile und tausche diese nach der Lebenserfahrung nicht willkürlich aus. Auch eine begriffliche Ähnlichkeit scheide aus, da bei der angegriffenen Marke die Zielgruppe und bei der Widerspruchsmarke die Kommunikation im Vordergrund stehe.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden.

Sie ist der Auffassung, daß sowohl die angegriffene als auch die Widerspruchsmarke aus identischen Silben bestünden und allein deren Vertauschung eine Verwechslung nicht ausschließe.

Der Markeninhaber hat sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert.

II.

Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet.

Nach §§ 9 Abs 1 Nr 2, 42 Abs 2 Nr 1 MarkenG ist die Eintragung einer Marke im Falle eines Widerspruchs dann zu löschen, wenn wegen ihrer Ähnlichkeit mit einer eingetragenen Marke mit älterem Zeitrang und der Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfaßten Waren- oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht einschließlich der Gefahr, daß die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden. Die Frage der Verwechslungsgefahr ist dabei unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen (EuGH, WRP 1998, 39, 41 - Sabèl/Puma). Die Dienstleistungen sind zum Teil identisch und richten sich an breiteste Verkehrskreise. Wie bereits von der Markenstelle festgestellt und auch von der Widersprechenden nicht in Frage gestellt ist die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke deutlich unterdurchschnittlich, da sie im Hinblick auf die beanspruchten (Waren und) Dienstleistungen deutlich beschreibenden Anklänge in Richtung auf "Com" (= Hinweis auf Kommunikation) und "Kids" (= Hinweis auf die Zielgruppe) in einfacher und üblicher Weise zusammengesetzt ist. Somit sind nur durchschnittliche Anforderungen an den Markenabstand zu stellen, den die jüngere Marke einhält.

Bei der Beurteilung der Markenähnlichkeit ist grundsätzlich auf den Gesamteindruck abzustellen, wobei auch zwischen den Beteiligten außer Streit steht, daß die Marken sowohl schriftbildlich als auch klanglich als Ganzes deutliche Unterschiede aufweisen. Die unterschiedliche Anordnung der Wortbestandteile gibt keinen Anlaß zum Verhören oder zum Verschreiben. Es liegt auch kein Fall der anagrammatischen Klangrotation (vgl hierzu Althammer/Ströbele MarkenG, 5. Aufl, § 9 Rdnr 86) vor, bei der die Gefahr von Verwechslungen in Einzelfällen bei Umstellung einzelner Markenteile nicht auszuschließen ist. Voraussetzung hierfür wäre, daß sich die begriffliche Aussage beider Marken nicht wesentlich verändert. Dabei ist vorliegend die Besonderheit zu beachten, daß die bloße Übereinstimmung in den Wortbestandteilen "Com" und "Kids" für sich genommen schon aus Rechtsgründen nicht zu einer Verwechslungsgefahr führen kann, da aus beschreibenden Angaben keine Rechte hergeleitet werden können. Im übrigen weist die Markenstelle zu Recht daraufhin, daß sich die Gesamtaussage deutlich unterscheidet; bei der angegriffenen Marke liegt die Betonung auf dem angesprochenen Kundenkreis (= Kids), wogegen bei der Widerspruchsmarke der Schwerpunkt auf "Com" (= Kommunikation) liegt.

Es besteht auch keine Gefahr, daß die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden. Bei dieser Variante handelt es sich nicht etwa um eine Alternative zum Begriff der Verwechslungsgefahr; vielmehr sollen nur deren Umfang genauer bestimmt werden (vgl EuGH, aaO), wobei die von der Rechtsprechung zum alten Warenzeichenrecht entwickelten Grundsätze zur mittelbaren Verwechslungsgefahr und zur Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne herangezogen werden können. Eine mittelbare Verwechslungsgefahr ist schon deshalb zu verneinen, weil kein Bestandteil der Widerspruchsmarke - da jeweils, wie dargestellt, beschreibend - geeignet ist, als hinweisender Stammbestandteil hervorzutreten. Für die Voraussetzungen einer Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne ist nichts vorgetragen oder ersichtlich.

Im Ergebnis kann daher die Gefahr von Verwechslungen unter allen tatsächlichen und markenregisterrechtlichen Gesichtspunkten ausgeschlossen werden, so daß die Beschwerde als unbegründet zurückzuweisen war.

Der Senat sieht keinen Grund, einem der Beteiligten gemäß § 71 Abs 1 MarkenG Kosten aufzuerlegen.

Dr. Fuchs-Wissemann Klante Sekretaruk Ko






BPatG:
Beschluss v. 28.06.2000
Az: 32 W (pat) 99/00


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