Bundespatentgericht:
Beschluss vom 11. Juli 2007
Aktenzeichen: 26 W (pat) 70/05

(BPatG: Beschluss v. 11.07.2007, Az.: 26 W (pat) 70/05)

Tenor

1. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

2. Dem Markeninhaber werden die der Widersprechenden entstandenen Kosten des Widerspruchsverfahrens vor dem Deutschen Patent- und Markenamt und des Beschwerdeverfahrens auferlegt.

Gründe

I Gegen die Eintragung der Marke 300 15 208 Getränke Powerfür die Waren

"Biere; bierhaltige Getränke; Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke; Fruchtgetränke und Fruchtsäfte, insbesondere alkoholfreie Getränke zur Stärkung der körperlichen Leistungsfähigkeit und Befindlichkeit; alkoholische Getränke, soweit in Klasse 33 enthalten, insbesondere Fruchtweine und Fruchtliköre;

alkoholische Präparate für die Zubereitung von Getränken; alkoholische Milchmischgetränke; Cocktails und Aperitifs auf Spirituosen- oder Weingrundlage; weinhaltige Getränke, insbesondere alkoholische Getränke zur Stärkung der körperlichen Leistungsfähigkeit und Befindlichkeit"

ist u. a. Widerspruch erhoben worden aus der prioritätsälteren Marke 399 70 260 Getränke Powerdie für die Waren und Dienstleistungen

"Biere; Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke; Fruchtgetränke und Fruchtsäfte; Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken; alkoholische Getränke (ausgenommen Biere); Verpflegungsdienstleistungen; Beherbergung von Gästen; wissenschaftliche und industrielle Forschung auf dem Gebiet des Getränkewesens; Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung"

eingetragen ist.

Die Markenstelle hat wegen des Widerspruchs die Löschung der angegriffenen Marke beschlossen, jedoch den Antrag der Widersprechenden, dem Markeninhaber die ihr entstandenen Kosten des Widerspruchsverfahrens aufzuerlegen, zurückgewiesen. Die dagegen eingelegten Erinnerung des Markeninhabers ist erfolglos geblieben.

Zur Begründung hat die Markenstelle ausgeführt, zwischen der angegriffenen Marke und der Widerspruchsmarke bestehe Verwechslungsgefahr, weil zwischen den beiderseitigen Waren Identität bzw. hochgradige Ähnlichkeit bestehe und auch die angegriffene Marke mit der Widerspruchsmarke, bei der mangels entgegenstehender Anhaltspunkte von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft auszugehen sei, identisch sei. Für eine Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen gebe die Sach- und Rechtslage jedoch keine Veranlassung.

Hiergegen wendet sich der Markeninhaber mit seiner Beschwerde, die er trotz entsprechender Ankündigung nicht begründet hat. Auch zu dem ihm zugestellten Kostenantrag der Widersprechenden hat er sich nicht geäußert. Er beantragt sinngemäß, die angegriffenen Beschlüsse insoweit aufzuheben, als wegen des Widerspruchs die Löschung der angegriffenen Marke beschlossen worden ist, und den Widerspruch zurückzuweisen.

Die Widersprechende hat sich auf ihr Vorbringen im Verfahren vor der Markenstelle bezogen und beantragt, die Beschwerde des Markeninhabers zurückzuweisen und ihm die Kosten des Widerspruchsverfahrens und des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen.

II Die zulässige Beschwerde des Markeninhabers ist unbegründet. Die Markenstelle hat zu Recht wegen des Widerspruchs die Löschung der angegriffenen Marke beschlossen.

Die angegriffene Marke weist mit der Widerspruchsmarke nicht nur Ähnlichkeit auf, sondern ist mit dieser identisch. Auch die Waren "Biere; Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke; Fruchtgetränke und Fruchtsäfte; alkoholische Getränke", für die die angegriffenen Marke eingetragen worden ist, sind im Warenverzeichnis der Widerspruchsmarke identisch enthalten. Die weiteren Waren der angegriffenen Marke "alkoholische Milchmischgetränke; Cocktails und Aperitifs auf Spirituosen- oder Weingrundlage; weinhaltige Getränke, insbesondere alkoholische Getränke zur Steigerung der körperlichen Leistungsfähigkeit und Befindlichkeit" sind durchweg alkoholhaltig und fallen damit unter den im Warenverzeichnis der Widerspruchsmarke enthaltenen Oberbegriff "alkoholische Getränke (ausgenommen Biere)", so dass auch insoweit markenrechtlich von einer Identität der Waren auszugehen ist. Die weiterhin im Warenverzeichnis der angegriffenen Marke enthaltene Ware "alkoholische Präparate für die Zubereitung von Getränken" wird von dem im Verzeichnis der Widerspruchsmarke aufgeführten Begriff "andere Präparate für die Zubereitung von Getränken" umfasst, da die letztgenannte Ware nicht auf nichtalkoholische Präparate beschränkt ist. Insoweit besteht folglich ebenfalls markenrechtlich Warenidentität. Bei dieser Sachlage ist die angegriffene Marke für alle vorstehend aufgeführten Waren wegen der Identität der Waren und der Identität der Marken bereits gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 1 MarkenG zu löschen. Auf die Feststellung einer Verwechslungsgefahr kommt es in einem solchen Fall nicht an, weil diese bei bestehender Waren- und Markenidentität unwiderleglich vermutet wird (Art. 16 Abs. 1 S. 2 TRIPsÜbereinkommen; EuGH GRUR 2003, 422, 425, Nr. 52 - Arthur/Arthur et Felicie).

Lediglich im Hinblick auf die im Verzeichnis der angegriffenen Marke enthaltene Ware "bierhaltige Getränke" ist eine Identität mit den Waren der Widerspruchsmarke nicht gegeben. Die vorgenannte Ware weist jedoch wegen der in der Regel gleichen Herstellungs-, Abfüll- und Vertriebsstätten (i. d. R. Brauereibetriebe), der teilweise identischen Ausgangs- und Inhaltsstoffe sowie wegen der unmittelbaren Konkurrenz - Radler bzw. Alsterwasser, die zu den bierhaltigen Getränken zählen und häufig an Stelle von Bier getrunken werden - mit Bier, das im Warenverzeichnis der Widerspruchsmarke enthalten ist, eine hochgradige Warenähnlichkeit auf, die angesichts der Identität der Marken - selbst bei zu Gunsten des Markeninhabers unterstellter geringer Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke - die Gefahr von Verwechslungen der Marken i. S. d. § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG begründet, ohne dass dies ernsthaften Zweifeln begegnen kann. Auch der Markeninhaber hat keinerlei Gesichtspunkte vorgetragen, die geeignet sein könnten, ernsthafte Zweifel an dem Bestehen der Verwechslungsgefahr zwischen den Marken zu wecken.

Bei dieser Sachlage entspricht es der Billigkeit, dem Markeninhaber - wie von der Widersprechenden beantragt - gemäß § 71 Abs. 1 S. 1 MarkenG die Kosten des Widerspruchsverfahrens vor dem Deutschen Patent- und Markenamt sowie die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen.

Der Antrag der Widersprechenden, dem Markeninhaber entgegen den Beschlüssen der Markenstelle die Kosten des gesamten Widerspruchsverfahrens aufzuerlegen, ist als gemäß § 82 Abs. 1 S. 1 MarkenG i. V. m. § 567 Abs. 3 ZPO statthafte und auch im übrigen zulässige unselbständige Anschlussbeschwerde zu werten, mit der die Kostenentscheidung der Markenstelle isoliert angefochten wird, was ebenfalls statthaft ist, weil § 99 Abs. 1 ZPO auf Kostenentscheidungen des Deutschen Patent- und Markenamts nicht anwendbar ist (BPatGE 10, 311, 312; 12, 193, 195).

Der Kostenauferlegungsantrag ist auch in vollem Umfang begründet. Das Verhalten eines Verfahrensbeteiligten gibt Anlass für eine Kostenauferlegung, wenn er in einer nach anerkannten Beurteilungsgesichtspunkten aussichtslosen oder zumindest kaum Aussicht auf Erfolg versprechenden Situation sein Interesse an dem Erhalt des Markenschutzes durchzusetzen versucht (st. Rspr.; vgl. z. B. BPatGE 8, 60, 62; Mitt. 1977, 73, 74). Insbesondere dann, wenn der Markeninhaber rechtzeitig vor Ablauf der Widerspruchsfrist auf eine eindeutig verwechselbare ältere Marke hingewiesen worden ist, gleichwohl aber seine Marke aufrecht erhält und damit Veranlassung für einen erfolgreichen Widerspruch gibt, besteht Veranlassung, ihm die Kosten des gesamten Widerspruchsverfahrens aufzuerlegen (BPatG Mitt. 1977, 214; 1985, 18).

Vorliegend hat der Markeninhaber seine für weitgehend identische und im übrigen hochgradig ähnliche Waren eingetragene, mit der Widerspruchsmarke identische Marke aufrechterhalten, obwohl er nach dem unbestrittenen Vortrag der Widersprechenden von dieser bereits am 27. Dezember 1999 abgemahnt worden ist, und hat seine Marke auch nach Einlegung des Widerspruchs aus der prioritätsälteren, identischen Marke der Widersprechenden aufrechterhalten, obwohl er hätte erkennen können und müssen, dass sein Beharren auf dem Markenschutz angesichts der weitgehenden Identität der Waren keinen Erfolg haben konnte. Angesichts dieser Umstände erscheint es als unbillig, es bei der grundsätzlichen Regelung des § 71 Abs. 1 S. 2 MarkenG zu belassen, nach der jeder Verfahrensbeteiligte die ihm erwachsenen Kosten selbst zu tragen hat.

Über die Beschwerde einer weiteren Widersprechenden wird nach Eintritt der Rechtskraft des vorliegenden Beschlusses zu befinden sein.

Dr. Fuchs-Wissemann Richterin Prietzel-Funk ist zum BGH abgeordnet und daher an der Unterschrift gehindert.

Dr. Fuchs-Wissemann Reker Bb






BPatG:
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Az: 26 W (pat) 70/05


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