Oberlandesgericht Düsseldorf:
Urteil vom 19. Juni 2013
Aktenzeichen: V-4 Kart 2/13 (OWi)

(OLG Düsseldorf: Urteil v. 19.06.2013, Az.: V-4 Kart 2/13 (OWi))

Tenor

I. Gegen die Nebenbetroffene NB 2

wird wegen einer vorsätzlichen Kartellordnungswidrigkeit gemäß § 81 Abs. 1 Nr. 1 GWB in Verbindung mit § 1 GWB i.d. F. vom 20.02.1990 und § 38 Abs. 1 Nr. 1 GWB in Verbindung mit § 1 GWB i.d. F. vom 26.08.1998, begangen durch vertretungsberechtigte Organe und Leitungspersonen,

eine Geldbuße in Höhe von

15.000.000 Euro,

festgesetzt,

zahlbar in Raten von:

5 Mio. Euro sofort,

5 Mio. Euro am 31.12.2013,

5 Mio. Euro am 31.12.2014.

II. Die Nebenbetroffene hat die Kosten des Verfahrens und ihre notwendigen Auslagen zu tragen.

Angewandte Vorschriften:

§ 38 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 4 und § 1 GWB i.d. F. v. 20.02.1990, §§ 81 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 und § 1 GWB i.d. F. v. 26.08.1998, §§ 9 Abs. 2 Nr. 1, 30 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 4 i.d. F. v. 27.06.1994 und i.d. F. v. 13.08.1997 und 30 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 5 OWiG i.d. F. v. 22.08.2002.

Gründe

A.

Allgemeines

I. Vorspann

Das seit dem 7.6.2010 vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf anhängige und am 15.4.2013 durch Senatsbeschluss zur gesonderten Verhandlung abgetrennte gerichtliche Bußgeldverfahren gegen die NB 2, die in die Verfahrensstellung der mit Wirkung vom 31.1.2013 erloschenen T1 GmbH & Co. KG (vormals T1 GmbH & Co. KG a.A., seit Januar 2009 firmierend unter T1 GmbH) eintrat, ist durch das Folgende gekennzeichnet:

Das nebenbetroffene Versorgungsunternehmen T1 GmbH und die am 15.4.2013 verurteilten NB 6, NB 5, NB 3 GmbH, NB 1 und NB 4 gehörten zu den führenden Anbietern von Flüssiggas für Heiz- und Kochzwecke für private und gewerbliche (einschließlich Landwirtschaft) Endverbraucher in Deutschland. Sie waren Mitglieder im Deutschen Verband für Flüssiggas e.V. (nachfolgend: DVFG), dem größten Interessenverband deutscher Flüssiggasunternehmen. Die NB 7 war und ist ein Gemeinschaftstransportunternehmen der Versorgungsunternehmen.

Das hiesige Verfahren gegen die NB 2 wurde am 15.4.2013 zur gesonderten Weiterverhandlung abgetrennt. Die gesondert verfolgten NB 6, NB 5, NB 3, NB 1, NB 4 wurden in dem Verfahren VI-4 Kart 2-6/10 (OWi) am 15.4.2013 zur Zahlung von Geldbußen in Höhe von 65 Mio. Euro (NB 6), 100 Mio. Euro (NB 5), 43 Mio. Euro (NB 1), 35 Mio. Euro und 1 Mio. Euro (NB 4) verurteilt. Betr. 1 wurde zur Zahlung einer Geldbuße in Höhe von 120.000 Euro und Betr. 5 zur Zahlung einer Geldbuße in Höhe von 30.000 Euro verurteilt.

Die inzwischen verurteilten Betroffenen, Betr. 1 und Betr. 5, waren und sind die (faktischen) Geschäftsführer der NB 1 und der NB 7.

Der vom Bundeskartellamt erhobene Tatvorwurf erstreckte sich darauf, dass insbesondere die Leitungspersonen der Versorgungsunternehmen vom 1.7.1997 bis 1.5.2005 dem Kartellverbot dadurch zuwidergehandelt haben sollen, indem sie absprachegemäß in Bezug auf sogenannte Bestandskunden, die Lieferungen von Flüssiggas in Tanks zur Wärmeerzeugung in Heizsystemen benötigten, aktiven Wettbewerb unterließen. Bestandskunden waren dabei nach dem Verständnis der Leitungspersonen der Flüssiggasversorgungsunternehmen solche Endverbraucher, die bereits irgendwann einmal von einem Gesellschafter oder Kooperationspartner der Ausfuhrgesellschaften beliefert worden waren. Gleiches galt für Endverbraucher, die von den Gesellschaftern oder Kooperationspartnern im Wege von Unternehmensakquisitionen und -expansionen hinzuerworben worden waren.

In den 1950er Jahren wurde Flüssiggas in Gaszylindern (in Flaschen) überwiegend zu Kochzwecken und von Handwerksbetrieben (z.B. von Dachdeckern) eingesetzt. Seit Beginn der 1960er Jahre erfolgte eine Nutzung von Flüssiggas auch in Tanks und Tankanlagen zu Heizzwecken. Flüssiggas für Heizzwecke ist ein homogenes Gut. Die Qualität des aus zu 95% aus Propan- und zu 5% aus Propen(Butan)gas bestehenden Flüssiggasgemisches wird in Deutschland durch die DIN-Norm Nr. 51622 geregelt. Der Wettbewerb wird nahezu ausschließlich durch den Flüssiggas-Preis bestimmt. Die Nachfrage- und Verbrauchsmenge der Endverbraucher (private Haushalte und gewerbliche Gewerbekunden einschließlich der sogenannten Landwirtschaftskunden) an Flüssiggas ist zudem witterungsabhängig.

In Deutschland wurden zur Tatzeit über 80% der Flüssiggastanks an die privaten Endverbraucher und Gewerbekunden von den Versorgungsunternehmen vermietet oder zur kostenpflichtigen Nutzung bereit gestellt. Nur ein geringer Teil der Tanks stand im Eigentum der Kunden.

Die in Deutschland führenden Versorgungsunternehmen schlossen sich schon ab Beginn der 1960er Jahre zu regionalen Transportgemeinschaften in wechselnder Beteiligung zusammen, um steigende Transportkosten für die Ausfuhr von Flüssiggas zu senken. Dabei bildete sich eine bundesweite Infrastruktur von Auslieferungslagern heraus.

Zu einem nicht mehr genau bestimmbaren Zeitpunkt in den Jahren 1996 und 1997 befürchteten die damals tätigen Leitungspersonen der Gründungsgesellschaften von drei Ausfuhrkooperationen (NB 7 und F1 sowie F1 (Ost)) einen Preisverfall angesichts in den alten und neuen Bundesländern - insbesondere durch das Aufkommen von Erdgas - eintretender Mengenrückgänge bei Tankgas und hoher Ausfuhrkosten. Sie beschlossen jedenfalls zumindest stillschweigend die den Gegenstand dieses Verfahrens bildende, bundesweit wirkende Grundabsprache, während ihrer Zusammenarbeit in den Ausfuhrgesellschaften nicht aktiv Bestandskunden der anderen Gesellschafter und Kooperationspartner abzuwerben (Nichtangriffspakt).

Der Beitritt zu den Ausfuhrkooperationen war gleichbedeutend mit dem stillschweigenden Abschluss eines kartellrechtswidrigen gegenseitigen Kundenschutzes. Diese Grundabsprache bildete gleichsam die "Geschäftsgrundlage" für die Zusammenarbeit in den Kooperationen. Den Leitungspersonen war nicht nur bewusst, dass die Absprache geeignet war, den (Preis-)Wettbewerb um Bestandskunden zu verhindern, sondern es kam ihnen gerade auch auf diesen Effekt an. Als Folge der Absprache verblieb nur ein Restwettbewerb um Bestandskunden zwischen den Versorgungsunternehmen und im Verhältnis zu den freien Wettbewerbern.

Die Absprache erstreckte sich nicht auf die sogenannten Neukunden. Funktionierender Wettbewerb fand namentlich um solche Endverbraucher statt, die erstmals eine Entscheidung für ein bestimmtes Heizsystem mit dem Bau eines Hauses oder im Zuge einer Neuinstallation treffen mussten.

Angesichts der Vielzahl der Indizien und Zeugenaussagen, die auf die Absprache hinwiesen, hat der Senat keinen vernünftigen Zweifel an der Existenz der Absprache. Ob es darüber hinaus zwischen allen DVFG-Mitgliedsunternehmen einen vereinbarten einvernehmlichen Verzicht auf Wettbewerb um Bestandskunden gab, musste im vorliegenden Verfahren wegen der ohnehin schon langen Verfahrensdauer und der Erforderlichkeit weiterer Ermittlungen offen bleiben.

Der inzwischen verurteilte Betr. 1 (NB 1/NB 4), die Leitungspersonen Dr. WP (NB 1), WDS (NB 4), der verurteilte Betr. 5 (NB 7) sowie die - nach Einspruchsrücknahme bzw. Verfahrenseinstellung - ehemals Betroffenen EBetr. 3 (NB 3) und EBetr. 2 sowie die Leitungsperson FR (beide T1 und NB 3), der ehemals Betroffene EBetr. 4 und die Leitungspersonen HDW, DS und KB (alle vier Leitungspersonen der NB 6) sowie der ehemals Betroffene JD (P1),

sowie - nach dem Ergebnis dieser Hauptverhandlung - der gesondert verfolgte Betroffene HW (D1, nachfolgend auch D1), der inzwischen verstorbene Betroffene KOW (W 1) und die Leitungspersonen der gesondert verfolgten P2 GmbH & Co. KG

setzten sich zur Verwirklichung der geschlossenen Vereinbarung in der Zeit ab dem 1.7.1997 dauerhaft über die Unwirksamkeit der Kartellabsprache hinweg und handelten in der Zeit vom 1.1.1999 bis zum 1.5.2005 dem Verbot des § 1 GWB zuwider.

Konkret erfolgte das Hinwegsetzen dadurch, dass die (ehemals) Betroffenen und weiteren Leitungspersonen in Kenntnis der Existenz der verbotenen Bestandskundenabsprache die - teils von ihren Vorgängern übernommene - Vertriebspolitik ihrer Unternehmen weiterhin dahin ausrichteten und betrieben, - spiegelbildlich zum Verzicht auf den Bestandskundenwettbewerb - ausschließlich Neukunden anzuwerben.

Ferner hielten sie über ihre Mitgeschäftsführer und leitenden Angestellten insbesondere die Mitarbeiter der Call-Center dazu an, anfragenden Kunden anderer DVFG-Mitgliedsunternehmen keine oder überhöhte Flüssiggaspreise zu nennen. Ferner ließen sie ihre Außendienstmitarbeiter nur potentielle Neukunden aufsuchen und verzichteten darauf, Bestandskunden anderer Anbieter zu bewerben, sei es durch Anzeigen in Werbeblättern, Zeitungen und Zeitschriften, sei es durch Hand- und Werbezettel.

Alle diese Vorgaben der Geschäftsleitungen wurden von den Leitungspersonen der Nebenbetroffenen unternehmensintern mit der Aussage gerechtfertigt, ein wirksamer Wettbewerb lohne sich betriebswirtschaftlich für das Unternehmen nicht. Er führe nur zu ruinösem Preiswettbewerb und in der Folge zu sinkenden Flüssiggaspreisen.

Um der Absprache zu ihrer bundesweiten Wirksamkeit zu verhelfen, war es erforderlich, dass die Leitungspersonen der Gesellschafter der F1 und der NB 7 sowie deren Kooperationspartner sich wechselseitig (stillschweigend) zusicherten, es zu unterlassen, sich "über Kreuz" die Bestandskunden abzuwerben, was auch geschah.

Die Absprache und die Hinwegsetzenshandlungen waren auch ursächlich für die unterlassene aktive Bewerbung von Bestandskunden.

Die Kundenschutzabsprache und ihre konkrete Umsetzung waren objektiv geeignet, den Wettbewerb der Unternehmen untereinander zu beschränken, und sie beschränkten diesen auch. Potentielle (auch ausländische) Flüssiggasanbieter wurden durch die Kartellabsprache im Zusammenwirken mit den auch im Übrigen bestehenden hohen Marktzutrittshürden, insbesondere durch das Eigentum der organisierten Anbieter an den Flüssiggastanks, die Wechselkosten und die Gesamtbezugsverpflichtungen, im Auftreten auf dem deutschen Markt behindert.

Ein wirksamer Wettbewerb um Bestandskunden, die einen Anteil von über 80% aller Kunden ausmachten, fand in Folge der Kartellabsprache unter den Kartellmitgliedern nicht mehr statt. Die Bestandkundenschutzabsprache schützte zum einen innerhalb der Ausfuhrkooperationen den jeweiligen, in die NB 7 und - nach dem Ergebnis der Hauptverhandlung - in die (beiden) F1-Gesellschaft(en) eingebrachten Alt-Kundenstamm eines Gesellschafters vor dem Zugriff eines anderen Gesellschafters. Zum anderen schützte die Kartellabsprache eine nebenbetroffene Gesellschafterin nach dem Zukauf von Unternehmensteilen (Flüssiggasgeschäften) oder Flüssiggasunternehmen vor einer Abwerbung der erworbenen (Neu-) Kundenstämme durch die übrigen Gesellschafter der NB 7. Unter anderem in der kritischen Phase der Vertragsumstellung vom bisherigen Flüssiggasunternehmen auf den neuen Versorger war der Schutz durch die Kartellabsprache für die Expansionspolitik von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung. Diesen Effekt der Kundenschutzabsprache nutzten insbesondere die P1, NB 6, NB 3 und NB 1 sowie die T1 zu ihren Gunsten. In den Jahren 1995 bis 2005 erwarben sie - jeweils nach Freigabe der Zusammenschlüsse durch das Bundeskartellamt - wiederholt Unternehmen und Unternehmensteile, um den rückläufigen Mengenabsätzen auf den Flüssiggasmarkt Rechnung zu tragen. Ursächlich für sinkende Flüssiggasabsätze (Tankgas) waren ab Mitte der 1990er Jahre vor allem die Erschließung des Gebiets der neuen Bundesländer durch Erdgasleitungen in Ballungsgebieten und insbesondere in den alten Bundesländern die finanziellen Anreize des Staates zur Durchführung von Energieeinsparungs- und Wärmedämmungsmaßnahmen für Hauseigentümer. Den Mengenrückgängen traten die Unternehmen mit einer verstärkten Expansionspolitik entgegen. Die Expansionspolitik und die von der Bildung eines Kartells geprägte Vertriebspolitik der Versorgungsunternehmen ergänzten und bedingten sich gegenseitig. Sie waren Ausdruck einer einheitlichen wettbewerbshemmenden Geschäftspolitik in einem ohnehin schon wettbewerblich gedämpften Markt.

Ab Mitte/Ende der 1990er Jahren ging ein wirksamer Preiswettbewerb nur noch von den am Markt auftretenden neuen, überwiegend inländischen und einigen alteingesessenen Anbietern (ca. 180 sogenannte freie Anbieter, die nicht im DVFG organisiert waren) aus, die dem Kartell nicht angehörten und die ihr Preissetzungsverhalten und folglich ihre Preise nicht an dem Kartellpreisniveau orientierten. Obwohl hohe Marktzutrittshürden bestanden, etwa weil Investitionen in Tanks, Fahrzeuge, Läger oder Kesselwagenfüllstationen erforderlich waren, sahen diese Wettbewerber den Wettbewerb um Tankkunden bei niedrigeren Preisen und Margen als lohnend und attraktiv an.

Die Beschränkung des Wettbewerbs war auf dem räumlichen bundesweiten Markt für Flüssiggas zu Heizzwecken auch spürbar. Der Wettbewerb auf dem deutschen Flüssiggas-Markt für Tankgas war bis zum Jahre 2005 zwar insbesondere aufgrund der Wechselträgheit der ca. 420.000 Flüssiggaskunden sowie weiterer rechtlicher und struktureller Rahmenbedingungen, der gemeinsamen Ausfuhrsätze in den Kooperationen und gemeinsamen Beschaffungen - etwa über Einkaufsgesellschaften wie der N1 Terminal oder ihre Muttergesellschaften - ohnedies schon stark gedämpft. Durch die Absprache kam der Bestandskundenwettbewerb aber zwischen den (verurteilten) Versorgungsunternehmen, den gesondert verfolgten Versorgungsunternehmen und den assoziierten Flüssiggasanbietern nahezu vollständig zum Erliegen. Lediglich solche Bestandskunden, die ihren Liefervertrag aus Unzufriedenheit mit dem bisherigen Versorgungsunternehmen von sich aus (aktiv) gekündigt hatten, wechselten noch den Anbieter. All dies verschaffte den (verurteilten) nebenbetroffenen Versorgungsunternehmen und den kooperierenden Flüssiggasanbietern den notwendigen Preissetzungsspielraum und die finanziellen Verhaltensfreiräume zur Expansion durch Zukauf von Kundenstämmen und Unternehmen oder Teilbetrieben in einem Markt mit sinkendem Flüssiggasabsatz.

Die Leitungspersonen der verurteilten Nebenbetroffenen und der T1 (vormals T... GmbH & Co. KG a.A.) handelten vorsätzlich. Sie kannten die Kartellabsprache, auch soweit sie sie nicht selbst geschlossen hatten, und auch die tatsächlichen Umstände, die zur Unwirksamkeit der Kartellabsprache führten. Sie wussten auch, dass ihr Verhalten dazu beitrug, deren wettbewerbsbeschränkende Wirkung durchzusetzen. Die spürbare Beschränkung des Wettbewerbs nahmen die inzwischen verurteilten Betr. 1 und Betr. 5 und die übrigen Leitungspersonen der (verurteilten) Versorgungsunternehmen nicht nur billigend in Kauf, sondern es kam ihnen darauf an, diese Beschränkungen auch durchzusetzen. Nur so konnten sie die sich ihnen bietenden Preissetzungsspielräume effektiv auch zur Expansion ihrer Unternehmen nutzen. Als erfahrene Kaufleute wussten sie zudem, dass der Abschluss einer Kundenschutzabsprache und ihre Umsetzung gegen das Kartellgesetz verstießen.

Das ordnungswidrige Verhalten (Anknüpfungstaten) ihrer Geschäftsführer und Leitungspersonen ihrer Komplementärgesellschaften ist den verurteilten Nebenbetroffenen und der NB 2 nach § 30 OWiG zuzurechnen.

Der Senat ist davon überzeugt (§ 261 StPO), dass bei jedem Versorgungsunternehmen ein kartellbedingter Mehrerlös entstanden war. Dafür spricht der wirtschaftliche Grundsatz, dass die Gründung eines Kartells grundsätzlich der Steigerung des Mehrerlöses der am Kartell beteiligten Unternehmen dient. Das Kartell wurde über einen Zeitraum von mindestens siebeneinhalb Jahren aufrechterhalten. Anhand der vom Bundeskartellamt erhobenen Preisdaten der freien Anbieter hat der Senat einen solchen kartellbedingten Mehrerlös zudem berechnen (Preisdifferenz) und schätzen können, was ebenfalls für die Entstehung des Mehrerlöses spricht.

Die verurteilten Betroffenen und Nebenbetroffenen wurden wegen vorsätzlichen, rechtswidrigen und schuldhaften Hinwegsetzens gegen das Kartellverbot nach §§ 1, 9 GWB i.V.m. § 38 Abs.1 Nr. 1 GWB 1990 und durch ihre über den 31.12.1998 hinausgehende Mitwirkung an der Fortführung des Kartells wegen Zuwiderhandelns nach §§ 1, 9 GWB i.V.m. § 81 Abs. 1 Nr. 1 GWB 1999 am 15.4.2013 verurteilt.

Die NB 2 haftet als Rechtsnachfolgerin der erloschenen T1. Die von der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufgestellten beiden Hauptvoraussetzungen, nämlich eine Gesamtrechtsnachfolge und eine wirtschaftliche Vermögensidentität, die eine Haftung der in die Verfahrensstellung der T1 eingerückten NB 2 begründen, liegen vor.

Der Senat schätzt, dass im Tatzeitraum individuell für jedes einzelne Versorgungsunternehmen kartellbedingte Mehrerlöse in folgender Höhe entstanden:

Die verurteilte NB 6: etwa 68 Mio. Euro.

Die verurteilte NB 5 (P1): etwa 57 Mio. Euro.

Die verurteilte NB 1: etwa 23 Mio. Euro.

Die verurteilte NB 3: etwa 18 Mio. Euro.

Die verurteilte NB 4: etwa 10 Mio. Euro.

Die Nebenbetroffene NB 2 (T1): etwa 7,6 Mio. Euro.

Für die Berechnung und Schätzung der hypothetischen Wettbewerbspreise hat der Senat die Preise von Kartellaußenseitern, den sogenannten freien Anbietern, erhoben und zu Grunde gelegt. Das war möglich, weil jene Preise nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht durch das Kartell der Versorgungsunternehmen beeinflusst waren. Ein sogenannter Schirmpreiseffekt konnte nach dem Ergebnis der Hauptverhandlung nicht festgestellt werden.

Es wurden gegen die schon verurteilten NB 5, NB 3 GmbH, NB 1 und NB 4 in dem Parallelverfahren VI- 4 Kart 2-6/10 (OWi) sowie gegen die Nebenbetroffene NB 2 im vorliegenden Verfahren sogenannte Ahndungsgeldbußen gemäß § 30 Abs. 1 OWiG aufgrund eines konkreten Günstigkeitsvergleichs gemäß § 4 Abs. 3 OWiG nach dem für sie günstigeren Bußgeldrahmen des § 81 Abs. 2 GWB 1999 verhängt.

Die gegen die am 15.4.2013 verurteilte NB 6 verhängte Ahndungs- und Abschöpfungsgeldbuße wurde nach einem konkreten Günstigkeitsvergleich (§ 4 Abs. 3 OWiG) dem günstigeren Bußgeldrahmen des § 81 Abs. 4 Satz 2 GWB 2007 entnommen.

Hinsichtlich der verurteilten Betr. 1 und Betr. 5 wurden die Bußen gemäß § 4 Abs. 3 OWiG dem für sie günstigeren Regelbußgeldrahmen des § 38 Abs. 4 Satz 1 GWB 1990 entnommen, wobei der Tat des verurteilten Betr. 5 das Gewicht einer Beihilfe zukam.

Für die ebenfalls verurteilte NB 7 hat der Senat keinen kartellbedingten Mehrerlös festgestellt, weshalb lediglich die Verhängung einer Buße nach dem für sie günstigeren Regelbußgeldrahmen des § 38 Abs. 4 Satz 1 GWB 1990 in Betracht kam.

Gegen die weiteren Leitungspersonen, die ehemals Betroffenen EBetr. 4 und EBetr. 2, wurde das Verfahren jeweils eingestellt (§ 47 Abs. 2 OWiG), nachdem diese erkrankten bzw. entlassen wurden. Der ehemals Betroffene EBetr. 3 nahm seinen Einspruch zurück. Hinsichtlich der verurteilten Betroffenen und Nebenbetroffenen sowie der Nebenbetroffenen NB 2 wurden die Verfahren im Übrigen gemäß § 46 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 154 Abs. 2 StPO eingestellt, soweit mit den Bußgeldbescheiden des Bundeskartellamts ein Kartellvorwurf auch für den Vertrieb von Flaschengaszylinder erhoben worden war.

II. Die verurteilten Betroffenen und Nebenbetroffenen sowie die Nebenbetroffene NB 2:

1. Die verurteilte NB 6:

a) Unternehmensgeschichte, Leitungspersonen und Beirat:

Die am 15.4.2013 verurteilte NB 6 (nachfolgend: NB 6) ist ein Versorgungsunternehmen mit Sitz in Dortmund. Sie wurde als GmbH im Jahr 1949 gegründet und entstand in ihrer heutigen Rechtsform durch Umwandlung im Jahr 1965. Gegenstand des Unternehmens ist der Vertrieb von Flüssiggas und verwandten Kohlenwasserstoffen, "in Sonderheit" durch Aufstellung von vermieteten Koch- und Heizgeräten für Haushalt, Behörden und Gewerbe sowie alle hiermit in Zusammenhang stehenden Geschäfte, insbesondere auch die Beteiligung an ähnlichen und verwandten Unternehmungen.

Die NB 6 gehörte zur Q1-/A-Gruppe mit der Q1 Verwaltungsgesellschaft mbH (nachfolgend: Q1 Verwaltungsgesellschaft) und der Q1A Verwaltungsgesellschaft mbH (nachfolgend Q1A Verwaltungsgesellschaft) als Holdinggesellschaften an der Spitze. Nachgeordnet waren die Zwischenholdinggesellschaften Q1 Handelsgesellschaft mbH (nachfolgend: Q1 Handelsgesellschaft) und darunter angeordnet die Q1 Beteiligungsgesellschaft (nachfolgend: Q1 Beteiligungsgesellschaft).

Kommanditistin der NB 6 war die Q1 Beteiligungsgesellschaft, die seit dem Jahr 1994 sämtliche Kapitalanteile hielt. Nach dem Gesellschaftsvertrag vom 16.6.1965 durfte die Kommanditistin durch Beschluss Rechtsgeschäfte nach ihrer Wahl von ihrer vorherigen Zustimmung abhängig machen. Die Gesellschaft durfte Bankkredite und Darlehen nur mit ihrer Zustimmung aufnehmen. Komplementärin der NB 6 war und ist die NB 6 GmbH.

Die NB 6 verfügte jedenfalls seit dem 1.7.1997 (Beginn des Tatzeitraums) über einen Beirat. Er tagte mehrmals im Jahr.

Im Beirat waren in den Jahren 2006 und 2011/12 die Geschäftsführer der Thyssen€sche Handelsgesellschaft und der Q1 Beteiligungsgesellschaft, AB (geb. ...) und JH (geb. ...), vertreten. Sie sind es auch heute noch. In den Sitzungen des Beirats wurde insbesondere die allgemeine Geschäftspolitik einschließlich der Vertriebspolitik der NB 6 festgelegt. An den Sitzungen des Beirats nahmen ferner die Leitungspersonen der NB 6, insbesondere EBetr. 4 (auch nach seinem altersbedingten Ausscheiden aus der Geschäftsführung im Jahr 2008), KB, zumindest seit dem Jahr 2000 AR und DS teil.

EBetr. 4 war ab dem Jahr 1982 (Datum der Eintragung im Handelsregister: 12.7.1982) Gesamtprokurist der NB 6 GmbH und ein Jahr später stellvertretender Geschäftsführer (Datum der Eintragung: 6.12.1983). Von 1986 (Datum der Eintragung: 28.10.1986) bis zu seinem altersbedingten Ausscheiden am 30.6.2008 (Datum der Löschung: 24.9.2008) war er ordentlicher Geschäftsführer der NB 6 GmbH und damit zugleich faktische Leitungsperson der NB 6 mit der Zuständigkeit u.a. für Finanz- und Rechnungswesen, Technik, Datenverarbeitung, Organisation und Personal, ferner war er Sprecher der Geschäftsführung. KB wurde im Jahr 1991 zur weiteren Leitungsperson mit der Zuständigkeit für das Personal in den Verkaufsbüros bestellt. Er war vom 22.4.1991 bis zum 29.4.1996 als Geschäftsführer im Handelsregister eingetragen.

Seit Ende des Jahres 1999 (Datum der Eintragung: 2.12.1999) waren AR, seit Februar 2000 auch DS (seit 1987 Gesamtprokurist, Datum der Eintragung als stellvertretender Geschäftsführer: 11.2.1994, als ordentlicher Geschäftsführer: 28.2.2000) sowie MF (Datum der Eintragung: 11.3.2008) zu Geschäftsführern der NB 6 GmbH berufen. Nach dem Ausscheiden von KB im Februar 2002 übernahm DS das Ressort "Verkauf alte Bundesländer". Prokurist der NB 6 GmbH war in den Jahren 2006 bis 2012 UU.

Der Vorgänger von EBetr. 4, der ehemalige Geschäftsführer HDW (Datum der Eintragung als stellvertretender Geschäftsführer: 19.2.1968, zuvor Prokurist seit Dezember 1966), war nach seinem Ausscheiden im März 1994 im Beirat der NB 6 tätig. Er nahm im Jahr 1997 für die NB 6 an den Verhandlungen mit dem Bundeskartellamt zur Freigabe der Gründung der NB 7 teil. HDW, versehen mit einer entsprechenden Vollmacht, und EBetr. 4 vertraten die NB 6 bei der Unterzeichnung des NB 7-Gesellschaftsvertrags.

HDW war zudem von März 1997 bis Juli 1999 für die NB 6 entsandtes Mitglied im Beirat der NB 7. Im Jahr 1997 war er Vorsitzender des Beirats.

EBetr. 4 war ebenfalls Beiratsvorsitzender im Beirat der NB 7 vom 19.1.1998 bis zum Jahr 2000. Als Mitglied schied er am 10.5.2002 aus dem Beirat der NB 7 aus. An seine Stelle als Beiratsmitglied trat AR. AR wurde am 20.4.2004 an Stelle von EBetr. 2, u.a. Geschäftsführer der NB 3 GmbH, zum Vorsitzenden des Beirats der NB 7 gewählt.

EBetr. 4 vertrat die NB 6 im Vorstand des DVFG. Spätestens seit dem 20.5.1998 war er dessen stellvertretender Vorsitzender, im Jahr 1999 war er ordentliches Vorstandsmitglied und im Jahr 2000 zweiter stellvertretender Vorstandsvorsitzender.

b) Übernahmen und Marktanteile:

In der zweiten Hälfte des Jahres 1998 wurden die P3 Flüssiggas GmbH, Ende des Jahres 2000 die NB 6 GmbH in Nauen, und mit Eintragung im Handelsregister am 6.3.2001 die W2 mbH, Ludwigshafen, eine NB 7-Kooperationspartnerin, auf die sie aufnehmende NB 6 verschmolzen.

Nach einem Vertrag vom 4.11.1999 erwarb die NB 6 das Flüssiggasgeschäft der M1 & Co. GmbH und der S1 GmbH, Kassel. Die neu erworbenen "S1- und M1-Mengen" fuhr die NB 6 als assoziierte Kooperationspartnerin nach den Auslieferungsstatistiken der F1 für die Jahre 2000-2004 in der Folgezeit (ab 2000 bis 2005) weiterhin über die F1 aus.

Der Marktanteil der NB 6 in Deutschland lag im Flüssiggas-Endverbrauchergeschäft (Tank- und Flaschengas) nach der Schätzung anderer Flüssiggasanbieter wie der P1 und der T1 GmbH & Co. KG a.A. in den Jahren 1996 bei 11,7%, 2001 bei 14%, in den Jahren 2005/2006 bei ca. 13%. Im Durchschnitt lag er im Tatzeitraum bei ca. 13%; nur im Tankgas lag er 2004 bei ca. 13,26%.

2. Die verurteilte NB 5 als Gesamtrechtsnachfolgerin der P1:

a) Gründung der NB 5 (nachfolgend: NB 5):

Die am 15.4.2013 verurteilte NB 5 ist ein Gemeinschaftsversorgungsunternehmen der A2-Gruppe und des S2-Konzerns. Die NB 5 war in den Jahren 2011 und 2012 eine 100prozentige Tochtergesellschaft der P1 (nachfolgend: P1). Mit Vertrag vom 15.10.2012 verschmolz sich die P1 auf die sie aufnehmende NB 5. Die Verschmelzung wurde am 22.10.2012 in das Handelsregister eingetragen.

Ziel der Verschmelzung war im Wesentlichen die Vermeidung eines hohen Bußgelds im bereits abgeschlossenen Verfahren.

Die W3 GmbH (W3) hatte die NB 5 im Jahr 2005 gegründet. Am 14.12.2006 hatte die P1 einen Anteilskauf- und -Übertragungsvertrag sowie einen Konsortialvertrag mit der W3 geschlossen, nach denen sie zunächst 74,9% der Gesellschaftsanteile erworben hatte. Zum 9.6.2011 hatte sie die restlichen Anteile erworben. Der Unternehmensgegenstand der NB 5 bestand im Handel mit Flüssiggas in einem Umkreis von bis zu 100 km ihres Sitzes. Das operative Geschäft der NB 5 setzte sich ursprünglich zusammen aus den Geschäftsbereichen Flaschen- und Tankgas.

Geschäftsführer der NB 5 neben DE war seit dem Jahr 2007 WK, dessen Eintragung in das Handelsregister Mitte August 2007 erfolgte. Seit dem 5.2.2010 (Datum der Eintragung im Handelsregister) war er Alleingeschäftsführer der NB 5.

b) Unternehmensgeschichte und Leitungspersonen der P1:

Die P1 war ein Flüssiggas-Versorgungsunternehmen mit Sitz in Krefeld. Sie hatten die technischen Kaufleute FA und HA (Sohn) im Jahr 1950 unter der Firma "P4 Gesellschaft mit beschränkter Haftung" gegründet. Ihr Geschäftszweck war nach dem Handelsregisterauszug der Grossvertrieb von Flüssiggas und von hierzu erforderlichen Geräten und Apparaten sowie die Beteiligung an Unternehmen gleicher oder verwandter Art. Nach dem Tod seines Vaters wurde HA im Jahr 1957 alleiniger Geschäftsführer.

Im Jahr 1963 hatte sich der niederländische S2-Konzern an dem mittelständischen Unternehmen über seine französische Tochtergesellschaft, die C1 (nachfolgend: C1), und über eine weitere französische Gesellschaft, die L1, Paris, im Wege einer Kapitalerhöhung zu 50% beteiligt.

Der alleinvertretungsberechtigte Präsident und Generaldirektor der C1 wurde nach der Satzung vom 27.5.1963 neben HA zum Mit-Geschäftsführer bestellt. Seitdem verfügte die P1 über einen Beirat.

Die C1 war jedenfalls bis zum Jahr 2006 eine Tochtergesellschaft im 100prozentigen unmittelbaren oder mittelbaren Anteilsbesitz der S2 Holdings N.V mit Sitz in Philippsburg, Sint Maarten/niederländische Antillen und Hauptbüro in Utrecht/Niederlande. Diese Gesellschaft war und ist die Konzern-Holdinggesellschaft des S2-Konzerns. Bei dieser handelt es sich um einen diversifizierten Mischkonzern mit unterschiedlichen Geschäftsbereichen und zahlreichen unmittelbaren und mittelbaren ausländischen Tochtergesellschaften weltweit.

Im Jahr 1964 erfolgte nach dem Handelsregisterauszug die Änderung der Firma in "P1 Gesellschaft mit beschränkter Haftung". Im Jahr 1974 übernahm die C1 die Anteile in Höhe von 25% der L1. In den folgenden Jahrzehnten wurde die P1 als paritätisches Gemeinschaftsunternehmen weiter geführt. Am 31.12.1983 hielten HA und die C1 jeweils 50% der Stammanteile.

Am 30.6.1993 schieden HA im Alter von 72 Jahren und der Vertreter der C1 aus der Geschäftsführung aus.

Zu einer Erhöhung der Stammanteile der C1 kam es im Jahr 1995. Es erfolgte eine Verschmelzung der "B1" Gesellschaft für Projektentwicklung und Baubetreuung mbH, Duisburg, und der P1, Düsseldorf, (zuvor firmierend unter "I1 Gesellschaft für Beteiligungen") auf die sie aufnehmende P1, Krefeld. Die B1 stand vor der Verschmelzung zu 100% im Anteilsbesitz der C1 und hielt sämtliche Anteile an der P5 GmbH, Düsseldorf. Die P1, Düsseldorf, war vor ihrer Verschmelzung auf die P1, Krefeld, gleichfalls ein Gemeinschaftsunternehmen der Eheleute A... und der C1. Ebenfalls im Jahr 1995 erfolgte eine Verschmelzung der 100prozentigen Tochtergesellschaften P5 GmbH und P1, Kassel, auf die sie aufnehmende Gesellschaft P1, Krefeld. Beide Gesellschaften hatten ihr Flüssiggasgeschäft in die P1 eingebracht.

Im Zuge der Verschmelzung Mitte 1995 stockte die C1 nach einer Erhöhung der Stammeinlage auf 18 Mio. DM ihren Kapitalanteil auf 72,74 % auf. Die P1 war seither ein Gemeinschaftsunternehmen des S2-Konzerns und der sogenannten A2-Gruppe, bestehend aus den Eheleuten HA und EA sowie ab dem Jahr 2009 der EA GmbH. HA hielt bis zu seinem Tod im Februar 2009 24,07% der Kapitalanteile, seine Ehefrau 3,19%.

Geschäftsführer der P1 waren Dr. HW2 (vom 10.10.1990 stellvertretender, ab 20.6.1995 ordentlicher Geschäftsführer bis 23.11. 1999), GG (von August 1996 bis November 1999) und KK (ab August 1992 stellvertretender Geschäftsführer, ab Juni 1995 ordentlicher Geschäftsführer). RB war ab Juni 1996 bis zu seinem Tod (28.1.2010) Prokurist.

Im Jahr 1997 war Dr. HW2 Vorstandsmitglied des DVFG. Er unterzeichnete den Gesellschaftsvertrag zur Gründung der NB 7 im Februar 1997 für die P1. Von März 1997 bis Juli 1999 war er Mitglied im Beirat der Nebenbetroffenen NB 7. Am 16.1.1998 wurde er bis zu seinem Ausscheiden bei der P1 zum stellvertretenden Beiratsvorsitzenden gewählt. Sein Nachfolger im Beirat der NB 7 war der Mitgeschäftsführer KK bis zum Eintreten des neuen Geschäftsführers JD in den Beirat der NB 7 Ende Dezember 1999. KK legte im Januar 2000 die Geschäftsführung nieder.

Der ehemals Betroffene JD wurde nach einem Gesellschafterbeschluss mit Wirkung vom 23.7.1999 zum Geschäftsführer der P1 bestellt. Die Eintragung im Handelsregister erfolgte am 23.11.1999. Er ersetzte den vom Beirat abberufenen Geschäftsführer Dr. HW2.

JD war als erster Geschäftsführer für den Vertrieb und das Marketing zuständig. Im Dezember 1999 wurde er zum Beiratsmitglied der U1 Verwaltungs GmbH bestellt. Am 21.12.1999 nahm er das erste Mal an einer Beiratssitzung der NB 7 an Stelle seines unmittelbaren Vorgängers KK teil. Er war auch im DVFG aktiv, in den Jahren 2003 und 2005 als Mitglied des Schiedsgerichts und im Jahr 2011 als Vorstandsmitglied.

Dr. MB war von Dezember (Datum der Eintragung: 19.12.2000) bis Januar 2002 (Datum der Löschung: 23.1.2002) zum weiteren Geschäftsführer der P1 bestellt. Seit dem 1.9.2002 trug WK als kaufmännischer Geschäftsführer (Datum der Eintragung: 25.9.2002) die Verantwortung für das Personal-, Rechnungs- und Finanzwesen.

c) Übernahmen, Veräußerungen und Marktanteile der P1:

Am 29.8.2006 erwarb die P1, das Flüssiggasgeschäft der A3GmbH (vormals ...), Düsseldorf. Sie veräußerte im Jahr 2009 den Geschäftsbereich "Flaschengas" an die NB 3 GmbH.

Der Marktanteil der P1 im Endverbrauchergeschäft (Tank- und Flaschengas) ging im Jahr 1996 auf ca. 12,9 % zurück. In den folgenden Jahren erhöhte er sich nach ihren eigenen Angaben leicht auf etwa bis 13,5% (März 2004). Der Marktanteil Tankgas lag im 2004 bei 12,23%. Im Jahr 2004 zählte das Unternehmen etwa 80.000 Kunden im Tankgasgeschäft (ohne Flaschenhändlervertriebstellen). Die P1 war mit ca. 70.000 privaten Flüssiggaskunden - neben der NB 6 mit ca. 80.000 Flüssiggaskunden und einem Marktanteil von ca. 13,26% - das zweitgrößte Flüssiggasunternehmen in Deutschland.

3. Die verurteilte NB 3 GmbH:

a) Unternehmensgeschichte der NB 3 GmbH (nachfolgend: NB 3):

Die am 15.4.2013 verurteilte NB 3 firmierte bis zum 1.9.2002 (Datum der Eintragung im Handelsregister: 12.12.2002) unter der Bezeichnung "T... Flüssiggas GmbH". Die Gesellschaft führte ursprünglich die Unternehmensbezeichnung "E1 GmbH" und hatte ihren Sitz in Trier. Sie hatte ein operatives contracting-Geschäft betrieben. Danach hatte sie als Mantelgesellschaft fortbestanden.

Mit-Gesellschafter der T... Flüssiggas GmbH waren eine natürliche Person und die T1 GmbH & Co. KG a.A., die bis zum 24.1.2006 als T... GmbH & Co. KG a.A. firmierte und aus der die T1 GmbH im Januar 2009 im Wege der Umwandlung (Datum der Eintragung im Handelsregister: 23.1.2009) und aus dieser die T1 GmbH & Co. KG im Wege der Umwandlung im Januar 2013 hervorgingen. Die T... GmbH & Co. KG a.A. erwarb nach dem notariellem Vertrag vom 1.3.2001 zu den bereits gehaltenen Anteilen die restlichen 37% der Anteile an der Gesellschaft von dem Mitgesellschafter.

Die Gesellschaft änderte am selben Tag (1.3.2001) ihre Firma in "T... Flüssiggas GmbH" und den Geschäftszweck u.a. in "Abfüllung und Vertrieb von Flüssiggas". Ferner verlegte sie den Sitz nach Geretsried und bestellte den ehemals Betroffenen EBetr. 2 zum Geschäftsführer (Datum der Eintragung im Handelsregister: 15.5.2001). Mit Beschluss vom 28.3.2001 berief die Gesellschafterversammlung zum weiteren Geschäftsführer FR sowie zu Prokuristen NF, WH und IL. Ab dem 1.5.2001 war auch der ehemals Betroffene EBetr. 3 als Geschäftsführer für die NB 3 tätig.

Im Jahr 2002 beschlossen die T... GmbH & Co. KG a.A. und die U2 Deutschland GmbH (später firmierend unter U3) ihre klassischen Flüssiggasgeschäfte (ohne Streckengeschäfte) in den neuen und alten Bundesländern im Wege der Gründung eines sogenannten "Joint-Ventures", der T... Flüssiggas (später NB 3), zu bündeln. Ziel der Gründung des Gemeinschaftsunternehmens NB 3 im Jahr 2002 war es, das Flüssiggasgeschäft (Neue Bundesländer) der bereits in dem Joint-Venture "T2" zusammenarbeitenden U3 und der T... GmbH & Co. KG a.A., zusammenzufassen und auszuweiten.

Hintergrund dieser Überlegungen war, dass die T...-Gruppe und die U2 Deutschland GmbH schon im Jahr 1993 ein paritätisches Gemeinschaftsunternehmen unter der Bezeichnung "T2 GmbH" gegründet und seitdem gemeinsam geleitet hatten.

Die NB 3 mit Sitz in Geretsried ist seit dem Jahr 2002 ein paritätisches Gemeinschaftsunternehmen ihrer beiden unmittelbaren Muttergesellschaften, der U3 (vormals U2 Deutschland GmbH) - einer 100prozentigen Tochtergesellschaft der U4 GmbH -, einerseits und der T1 GmbH (vormals T... GmbH & Co. KG a.A.), einem 100prozentigem Tochterunternehmen der T...-Verwaltungs GmbH, andererseits.

Der notarielle Konsortialvertrag vom 26.8.2002 sah vor, dass die NB 3 über einen paritätisch besetzten Beirat verfügte, der die Geschäftsführer im gegenseitigen Einvernehmen ernannte. Die Satzungen vom 30.8.2002 und 15.4.2003 sowie die Geschäftsordnung für den Beirat vom 27.11.2002 regelten die Befugnisse des Beirats und die Pflichten der Geschäftsführung.

Die Kapitalanteile an der NB 3 wurden - nach konzerninternen Umstrukturierungen innerhalb der T...-Gruppe zum Jahreswechsel 2012/2013 - von der T... Beteiligung Holding GmbH & Co. KG und der U3 je zur Hälfte unmittelbar gehalten. Die ursprüngliche unmittelbare Muttergesellschaft T1 GmbH wurde auf die sie aufnehmende NB 2 verschmolzen. Die Eintragung im Handelsregister erfolgte am 31.1.2013.

b) Die T2 GmbH (nachfolgend auch T2):

aa) Unternehmensgeschichte, Leitungspersonen und Beirat:

Nach der Satzung vom 17.7.1990 der T2 GmbH hatten die T... GmbH & Co. und die ostdeutsche M2 AG, entstanden aus dem V1, die T2 GmbH mit Sitz in Leipzig gegründet. Gegenstand des Unternehmens waren u.a. die Herstellung, die Beschaffung, der Umschlag und die Abfüllung sowie der Vertrieb von Flüssiggasen sowie die Errichtung von gastechnischen Anlagen.

Im Zuge der Privatisierung der DDR-Wirtschaft übertrug die Treuhandanstalt die Geschäftsanteile an der M2 AG mit der Raffinerie Leunawerke im Jahr 1992 auf die E2 (98%), die Rechtsvorgängerin der U2 Deutschland GmbH (von 27.12.1995 bis 29.8.2000 firmierend unter E3 GmbH, Berlin, seit dem 22.5.2003 unter U3), und auf die Q... Handels Union AG (2 %). Im Jahr 1993 beschlossen die E2 und die T... GmbH & Co., die T2 GmbH gemeinsam fortzuführen.

Geschäftsführer der T2 GmbH waren KPB ab Juli 1994 und AR ab März 2001. KPB war von der T... GmbH & Co. KG a.A. in die Geschäftsführung entsandt worden. Vorsitzender des Beirats der T2 GmbH war ab dem Jahr 1997 EBetr. 2 bis zur Verschmelzung der T2 auf die T... Flüssiggas im Mai 2003. Der Beirat bestimmte auch die Geschäftspolitik der T2 GmbH.

bb) Gesellschaftsvertragliche Strukturen:

Im November 1990 hatten die ostdeutsche M2 AG (nachfolgend auch M2) und die T... GmbH & Co. einen Zusammenarbeitsvertrag vom 8.11.1990 über die Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens unter der Bezeichnung "T2" mit Schwerpunkt Flüssiggasgeschäft mit Tank- und Flaschengas sowie des Vertriebs von Tankanlagen vorzugsweise auf Basis von Miet- und Nutzungsverträgen geschlossen. Nach der Präambel des Zusammenarbeitsvertrages hatte die M2 die Absicht, im Zuge der Einführung der freien Marktwirtschaft die bestehende Flüssiggasversorgung in Flaschen neu zu ordnen. Die T... GmbH & Co. verfolgte das Ziel, die Flüssiggasversorgung auch im Gebiet der neuen Bundesländer sowohl im Flaschen- als auch im Tankgasbereich neu aufzubauen. Dies sollte auch wegen der mittel- und langfristigen Planung Synergieeffekte freisetzen und deshalb mit einem schon im Markt eingeführten Unternehmen realisiert werden. Das Flüssiggashandelsgeschäfts mit Großabnehmern von mehr als 1.000 t Propan und mit Butan-Verbrauchern blieb hiervon ausgenommen. Die gemeinsame Geschäftstätigkeit sollte rückwirkend zum 1.8.1990 beginnen.

Nach § 1 Ziffern 2.1 des Vertrags erstreckte sich der Flüssiggasvertrieb einschließlich des Vertriebs von Flüssiggas-Geräten und -Zubehör auf das Gebiet der Bezirke Cottbus, Dresden, Leipzig, Halle, Chemnitz und Teile des Bezirks Gera, die östlich der Autobahn Hof- Berlin (A9) liegen, sowie auf das gesamte Versorgungsgebiet der Behälter-Vertriebsstelle Treuenbrietzen. Es handelte sich hierbei um das fest definierte Vertriebsgebiet der T2 GmbH in Sachsen und (teilweise) Sachsen-Anhalt.

Nach § 2 Ziffern 2.3 des Zusammenarbeitsvertrags vom 17.07.1990 und § 1 des Gesellschaftsvertrags sollte ein Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag zwischen der Vereinigung der Gesellschafter der T2 (einer GbR) und der T2 GmbH geschlossen werden. Nach dem Handelsregisterauszug kam es zur Eintragung eines solchen Vertrags mit Datum 15.5./23.5.2000 in das Handelsregister am 11.9.2000. Die T... GmbH & Co. KG a.A. und die E3 GmbH hielten je 50% der Anteile an der T2 bis zu deren Verschmelzung auf die sie aufnehmende NB 3 im Jahr 2003.

cc) Unternehmenszukäufe:

In den Jahren 2000/2001 brachten die T... GmbH & Co. KG a.A. und die E3 GmbH, Berlin - jeweils nach Freigabe der Zusammenschlüsse durch das Bundeskartellamt - auch ihre restlichen Teilgeschäftsbetriebe Flüssiggas, die die T... GmbH & Co. KG a.A. und die E3 GmbH in den neuen Bundesländern bisher getrennt führten, in die T2 ein. Im Einzelnen handelte es sich um folgende Geschäftsbetriebe:

(1) Zum 1.4.2000 erwarb die T2 von der X4 im Wege der Einzelrechtsnachfolge deren Flüssiggasgeschäft mit einem Absatzvolumen von ca. 3.624 Tonnen Flüssiggas. Das Vertriebsgebiet der X4 erstreckte sich auf das Bundesland Thüringen (Postleitzahlengebiete 06, 07, 36, 37, 96, 98, 99). Die Gebiete 36, 37 und 96 wurden ab 1.4.2000, da sie in den alten Bundesländern lagen, von der T... GmbH & Co. KG a.A. bearbeitet. Der Gesamtumsatz der X4 betrug im Jahr 1998 ca. 8,509 Mio. DM.

(2) Zum 1.4.2000 gliederte die T2 von der T... Thüringen übernommene klassische Flüssiggasaktivitäten mit einem Absatzvolumen von 3.758 Tonnen Flüssiggas im Jahr 1999 ein, deren Vertriebsgebiet sich von Januar 1999 bis März 2000 auf die zweistelligen Postleitzahlgebiete 06-07, 36-37, 96 und 98-99 erstreckte.

(3) Die T2 erwarb ferner zum 1.7.2000 von der P6 GmbH, einem Gemeinschaftsunternehmen der Nebenbetroffenen NB 6 und der E3 GmbH mit Sitz in Nauen, im Wege der Einzelrechtsnachfolge das Flüssiggasgeschäft neue Bundesländer mit einem Absatzvolumen von ca. 11.686 Tonnen Flüssiggas, während die NB 6 das hälftige Absatzvolumen der P6 in Höhe von ungefähr 12.000 Tonnen in den alten Bundesländern übernahm. Das Vertriebsgebiet der P6 erstreckte sich von Januar 1999 bis Juni 2000 auf die Bundesländer Mecklenburg-Vorpommern, (teilweise) Sachsen-Anhalt, Brandenburg und Berlin. Der Gesamtumsatz der P6 betrug im Jahr 1998 ungefähr 43,801 Mio. DM, der ausschließlich durch Flüssiggasverkäufe erzielt wurde.

(4) Ebenfalls zum 1.7.2000 gliederte die T2 die klassischen Flüssiggasaktivitäten der T... Oranienburg mit einem Absatzvolumen von ca. 8.019 Tonnen ein, deren Vertriebsgebiet sich von Januar 1999 bis Juni 2000 auf die Postleitzahlgebiete 01-04, 08-09, 10-19, 23, 29, 38 und 39 erstreckte und die T2 GmbH nur die in den neuen Bundesländern liegenden Postleitzahlengebiete bearbeitete.

(5) Ferner erwarb die T2 zum 1.10.2000 im Wege der Einzelrechtsnachfolge den Teilgeschäftsbetrieb "Flüssiggas in den neuen Bundesländern" der S3 GmbH, einer 100%igen Tochtergesellschaft der U5 GmbH, Düsseldorf, mit einer Absatzmenge von 8.371 Tonnen im Geschäftsjahr 1999. Die S3 GmbH (S3) erzielte im Jahr 1999 einen Gesamtumsatz von ungefähr 44,704 Mio. DM. Auf den Teilgeschäftsbetrieb Flüssiggasverkäufe an Endverbraucher und Wiederverkäufer entfielen ca. 11,203 Mio. DM.

(6) Von der A4 GmbH erhielt die T2 im Wege der Einzelrechtsnachfolge zum 1.5.2001 die klassischen Flüssiggasaktivitäten in den neuen Bundesländern einschließlich Berlin. Die A5 GmbH und die Flüssiggas GmbH hatten einen Vertrag über die Ausgliederung des Teilbetriebs Flüssiggas geschlossen. Im Zuge dessen wurden alle Vermögensgegenstände und Rechtsstellungen auf die A4 übertragen. Den Teilbetrieb Flüssiggas verkaufte und übertrug sie an die T... GmbH & Co. KG a.A. mit Vertrag vom 13.2.2001. Das West-Flüssiggasgeschäft erwarb die T... Flüssiggas GmbH, die T2 übernahm das Ostgeschäft jeweils mit Wirkung zum 1.5.2001. Die A... erzielte im Jahr 2001 ein Absatzvolumen ca. 13.396 Tonnen Tank- und Flaschengas und ihr Vertriebsgebiet erstreckte sich in den neuen Bundesländern und Berlin auf die zweistelligen PLZ-Gebiete 01-09, 10-19, 23, 29, 36-39 sowie 98 und 99.

Das Absatzgebiet der T2 dehnte sich bis Juni 2001 auf die Bundesländer Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt (teilweise), Brandenburg und Berlin aus. Nur in Einzelfällen (z.B. bei Umzügen) folgte die T2 einem Kunden in die Vertriebsgebiete (alte Bundesländer) der T... GmbH & Co. KG a.A. bzw. der T... Flüssiggas.

c) Die NB 3 als ein Gemeinschaftsunternehmen der T...-Gruppe und des U...-Konzerns:

Nachdem im Jahr 2002 die Vertreter der T... GmbH & Co. KG a.A. und der U2 Deutschland GmbH beschlossen hatten, ihre Zusammenarbeit in den neuen und alten Bundesländern zusammenzulegen, wurde die Umstrukturierungsmaßnahme in mehreren Teilschritten vollzogen:

(1.) Nach dem notariell beurkundeten Konsortialvertrag vom 26.8.2002 zwischen der T... GmbH & Co. KG a.A. und der U2 Deutschland GmbH (nachfolgend: U2) strebten die beiden Gesellschafter an, ihre bisher noch getrennten klassischen Flüssiggasaktivitäten in den alten Bundesländern (ohne Streckengeschäft) künftig zusammen zu legen. U2 beabsichtigte, den Geschäftsbetrieb der S3 mbH, Sigmaringen, mit Wirkung zum 1.1.2002 durch Verschmelzung auf die sie aufnehmende NB 3 einzubringen. Nach der ebenfalls notariell beurkundeten Beteiligungsvereinbarung vom 27.8.2002 verkaufte und übertrug die T... GmbH & Co. KG a.A. einen Geschäftsanteil an der T... Flüssiggas GmbH (NB 3) mit einem Nennbetrag von 1,55 Mio. Euro auf die U2 Deutschland GmbH (später firmierend unter U3), so dass diese seither 50% der Anteile an der T... Flüssiggas (NB 3) hielt.

(2.) Im August 2002 beschloss die Gesellschafterversammlung der S3 mbH, Sigmaringen, (nachfolgend S3) - eine Tochtergesellschaft der U2 Deutschland GmbH - die S3 auf die T... Flüssiggas GmbH als übernehmende Gesellschaft rückwirkend zum 1.1.2002 zu verschmelzen. Die Eintragung der Verschmelzung im Handelsregister erfolgte am 12.12.2002. Zuvor schied die T... GmbH & Co. KG a.A. aus der S3 unter Übertragung ihrer Anteile auf die U2 Deutschland GmbH aus.

Die S3 war Kommanditistin der F1 GmbH & Co. KG. An ihre Stelle als Kommanditistin trat ab August 2002 die T... Flüssiggas (...) GmbH. In Bezug auf den Verschmelzungsstichtag enthielt der notarielle Verschmelzungsvertrag vom 27.8.2002 die folgende Regelung in Abschnitt I., Nr.1.1:

"3. Verschmelzungsstichtag

Die Übernahme des Vermögens der S3 (Verschmelzungsstichtag) erfolgt im Innenverhältnis mit Wirkung zum Ablauf des 31.12.2001. Vom 01.01.2002 an bis zum Zeitpunkt des Erlöschens der S3 gemäß § 20 Absatz 1 Nr. 2 UmwG gelten alle Handlungen und Geschäfte der S3 als für Rechnung der TFG getätigt."

Die S3 setzte im Jahr 2002 die folgenden Mengen Brenngas ab (ohne Flaschengas, ohne Treibgas und ohne Zählerkunden) bezogen auf die gesamte Bundesrepublik Deutschland ("BRD") und bezogen auf die alten Bundesländer ("ABL"):

Tabelle: Von der S3 im Jahr 2002 in der gesamten Bundesrepublik Deutschland ("BRD") und in den alten Bundesländern ("ABL") abgesetzte Brenngas-Menge (ohne Flaschengas, ohne Treibgas und ohne Zählerkunden) in Tonnen

- Tabelle zwecks Schwärzung entfernt -

(3.) Im Jahr 2003 wurde die T2 GmbH aufgrund eines notariell beurkundeten Verschmelzungsvertrags vom 15.4.2003 auf die NB 3 rückwirkend zum 1.1.2003 verschmolzen. Die Eintragung im Handelsregister erfolgte nach dem Handelsregisterauszug am 22.5.2003. Im Zuge der Verschmelzung der T2 auf die T... Flüssiggas wurde der Geschäftsführer der T2, KPB, als Vertriebsdirektor und Prokurist (Datum der Eintragung im Handelsregister: 20.8.2003 bis 16.12.2003) von der T... Flüssiggas übernommen.

Die NB 3 ließ die früheren S3- und die T2-Mengen in der Folgezeit (S3: 1.1.2002 bis 31.12.2002 und T2: 1.12.2001 bis 31.5. 2003) weiterhin über die F1 ausfahren. Das nachfolgend abgebildete Diagramm vom 14.2.2003 der NB 3 verdeutlicht die wesentlichen Erwerbs- und Verschmelzungsvorgänge wie folgt:

- Bild zwecks Schwärzung entfernt -d) Beteiligungs- und wirtschaftliche Verhältnisse der NB 3, der T...-Gruppe und des U...-Konzerns:

Die NB 3 war sowohl im Jahre 2006 als auch im Jahre 2011 an folgenden Gesellschaften beteiligt:

Gesellschaft

Anteilsbesitz in %

... GmbH, Lippstadt

17,2

... GmbH, Freiburg

25

F1 GmbH & Co. KG, Hürth

7,6

F1 Verwaltungs-GmbH, Hürth

7,6

... GmbH, Stuttgart

50

... mbH, Dresden

50

...GmbH, Geretsried

33,3

... GmbH & Co. KG, Geretsried

33,3

... GmbH & Co. KG, Norderstedt

8,1

U1 Verwaltungs-GmbH, Dortmund

24,5

NB 7, Dortmund

24,5

Die NB 3 war als paritätisches Gemeinschaftsunternehmen im Konzernabschluss der T...-Gruppe und des U...-Konzerns enthalten. Der Konzernabschluss wurde von der T... Verwaltungs GmbH (nachfolgend T... Verwaltung) aufgestellt. Der Konzernabschluss der deutschen U...-Gruppe wurde von der U4 aufgestellt.

(1) Gesamtumsatz im Jahr vor der Behördenentscheidung (2006):

Der Netto-Gesamtumsatz der T...-Gruppe/U...-Konzern betrug im Jahr 2006 insgesamt (gerundet) 10,523 Mrd. Euro. Er setzte sich aus folgenden Beträgen zusammen: Der Umsatz des deutschen U...-Konzerns in Höhe von ca. 15,144 Mrd. Euro, in denen Energiesteuern in Höhe von rund 4,815 Mrd. Euro enthalten waren, den Umsatzerlösen der T...-Gruppe von ca. 114 Mio. Euro sowie den Umsatzerlösen der NB 3 in Höhe von ungefähr 194 Mio. Euro. Davon in Abzug gebracht wurden die handelsrechtlichen Innenumsätze in Höhe von ungefähr 84,258 Mio. Euro und die wirtschaftlichen Innenumsätze zwischen der NB 3 und den beiden Transportgesellschaften F1 und NB 7 in Höhe von rund 29,813 Mio. Euro. Bei den handelsrechtlichen Innenumsätzen war berücksichtigt, dass die NB 3 nach dem Konsortialvertrag vom 26.8.2002 von beiden Muttergesellschaften Flüssiggas zu gleichen Teilen erwarb. Nach dem Ausdruck einer Saldenanzeige aus dem Buchhaltungssystem beliefen sich die Umsätze der T1 mit der NB 3 im Jahr 2006 auf ca. 42,129 Mio. Euro.

Der Gesamtumsatz im Jahr 2006 berechnete sich danach wie folgt:

(1)

Netto-Umsatz U...-Konzern 2006

15.143,855 Mio. €

(2)

In (1) enthaltene Energiesteuern

-4.815,000 Mio. €

(3)

Netto-Umsatz T...-Gruppe

+114,330 Mio. €

(4)

Netto-Umsatz NB 3

+193,758 Mio. €

(5)

handelsrechtliche Innenumsätze zwischen NB 3 und ihren beiden Müttern, der einfache Innenumsatz betrug im Jahr 2006 42,129 Mio. €

-84,258 Mio. €

(6)

wirtschaftliche Umsätze mit Transportgesellschaften

-29,813 Mio.€

Summe:

10.522,872 Mio. €, gerundet: 10,523 Mrd. €

In den Umsätzen der T...-Gruppe und der Nebenbetroffenen NB 3 waren keine Energiesteuern enthalten.

(2) Gesamtumsatz im Jahr vor der gerichtlichen Entscheidung:

Im Jahr 2011 stiegen die Umsätze der T...-Gruppe auf 173,704 Mio. Euro und der NB 3 auf 248,699 Mio. Euro. Auch unter Abzug der Innenumsätze mit ihren Müttern in Höhe von 124,072 Mio. Euro und unter Abzug des wirtschaftlichen Innenumsatzes mit den Transportgesellschaften in Höhe von 51,057 Mio. Euro belief sich das rechnerische Zwischenergebnis der Positionen (3) bis (6) in der nachstehenden Tabelle auf 247,274 Mio. Euro. Das rechnerische Zwischenergebnis in der vorstehenden Tabelle für das Geschäftsjahr 2006 betrug nach den Postionen (3) bis (6) demgegenüber 194,017 Mio. Euro.

Die Konzernabschlüsse des U...-Konzerns 2012 und 2011 lagen im Zeitpunkt der Entscheidung des Senats am 15.4.2013 noch nicht vor. Im Geschäftsjahr 2010 waren folgende Umsätze festzustellen:

(1)

Netto-Umsatz U...-Konzern 2010

15,484 Mrd. €

(2)

In (1) enthaltene Energiesteuern, wie 2006

-4.815,000 Mio. €

(3)

Netto-Umsatz T...-Gruppe 2011

173,704 Mio. €

(4)

Netto-Umsatz NB 3 2011

248,699 Mio. €

(5)

handelsrechtliche Innenumsätze zwischen NB 3 und ihren beiden Müttern, der einfache Innenumsatz betrug im Jahr 2011 62,036 Mio. €

-124,072 Mio. €

(6)

wirtschaftliche Umsätze mit Transportgesellschaften in 2011

-51,057 Mio. €

Summe:

10,935 Mrd. €

Der bundesweite Marktanteil (Tankgas) der NB 3 lag im Jahr 2004 bei 11,41 %, die Marktanteile bei Tank- und Flaschengas bei insgesamt 13,0 % im Jahr 2004.

e) Die Leitungspersonen der NB 3:

aa) Der ehemals Betroffene EBetr. 2 und FR:

Zumindest vom 1.4.2001 (Datum der Eintragung im Handelsregister: 15.5.2001) bis zum März 2010 (Datum der Löschung: 27.4.2010) war EBetr. 2 zum Geschäftsführer der NB 3 GmbH bzw. T... Flüssiggas durch Gesellschafterbeschluss bestellt. Geschäftsführer der NB 3 war seither der Prokurist ME.

Als Vorsitzender der Geschäftsführung der T... Flüssiggas GmbH war EBetr. 2 seit Mai 2001 zuständig für Strategie, Innovation, Öffentlichkeitsarbeit, Vertrieb und Verwaltung.

Vom 19.7.2000 bis zum 30.4.2001 war er in seiner Eigenschaft als Vorsitzender Geschäftsführer der T... GmbH, Icking, und als (faktischer) Geschäftsführer der T... GmbH & Co. KG a.A. (mittelbar) für das Flüssiggasgeschäft zuständig. Im selben Zeitraum befasste er sich - nach seiner eigenen Einlassung: "nahezu ausschließlich" -, aber nicht nur mit der Übernahme und Integration des Flüssiggasgeschäfts (Großhandel- und Endverbrauchergeschäft der A4 GmbH) in die T... GmbH & Co. KG a.A., T... Flüssiggas GmbH und T2 GmbH. Zeitgleich dazu war er - nach seiner unwiderlegt gebliebenen Einlassung - mit weiteren Verhandlungen zur Gründung des späteren Gemeinschaftsunternehmens NB 3 befasst. Für das Tagesgeschäft war der am 1. August 2001 ebenfalls in die T... GmbH & Co. KG a.A. eingetretene Prokurist und Vertriebsleiter WH unmittelbar zuständig.

Am 19.3.1997 (der ersten Sitzung des Beirats) und am 10.6.1997 (Verabschiedung der Organisationsrichtlinie Nr. L 10.1 als TOP 9) nahm EBetr. 2 als Beiratsmitglied für die T... GmbH & Co. KG a.A. an den Beiratssitzungen der NB 7 GmbH & Co. KG teil. Er war in der Beiratssitzung am 10.12.1997 zeitweise anwesend und am 21.12.1999 nahm er als Gast teil. Seit dem 28.9.2000 nahm EBetr. 2 regelmäßig als von der T... GmbH & Co. KG a.A. entsandtes ordentliches Beiratsmitglied und ab dem 24.4.2001 bis zum 8.12.2004 als von der der T... (Flüssiggas) Totalgaz entsandtes Beiratsmitglied an den Beiratssitzungen der NB 7 teil.

Am 17.4.2002 in München wurde EBetr. 2 zum Vorsitzenden des Beirats der NB 7 (und Betr. 1 erneut zum Stellvertreter) für die Dauer von zwei Jahren gewählt. Am 11.9.2002 leitete er erstmals eine Beiratssitzung als Vorsitzender. Sein Vorsitz endete mit der Beiratssitzung am 20.4.2004 in Leipzig.

Gegen EBetr. 2 (geboren am 14.2.1957) wurde das Verfahren mit Senatsbeschluss vom 7.7.2011 eingestellt.

FR war Leitungsperson zahlreicher Töchter der T... GmbH & Co. KG a.A. Er war als Mitgeschäftsführer ab dem 1.4.2001 für die Geschäftsbereiche Technik, Handel, Logistik und Immobilien verantwortlich (bis zu seinem Ausscheiden im Oktober 2003). Er unterzeichnete neben WK 2 für die T... GmbH & Co. KG a.A. im Februar 1997 den notariellen Vertrag zur Gründung der NB 7.

An die Stelle von FR trat ab dem 1.7.2003 nach dem Konsortialvertrag vom 26.8.2002 BPL (U3). Er sollte bis zum 30.6.2003 mit der Zuständigkeit für die Bereiche Technik/Logistik/Immobilien, ab dem 1.7.2003 mit der Zuständigkeit für den Bereich "Vertrieb" betraut werden. Dies wurde jedoch in der Praxis anders gehabt. EBetr. 3 behielt seine Zuständigkeit für den Vertrieb bis zu seinem altersbedingten Ausscheiden aus dem Unternehmen am 30.6.2007.

bb) Der ehemals Betroffene EBetr. 3:

Der am 21.10.1946 in München geborene EBetr. 3 absolvierte in den Jahren 1965 bis 1968 eine Ausbildung zum Industriekaufmann bei der D2 mit Sitz in Hamburg. Von August 1968 bis September 1974 war er für dieses Unternehmen in München in den Sparten leichtes und schweres Heizöl, Schmierstoffe und Händlergeschäft tätig. Als Referent für Raffinerieprodukte war er von Oktober 1974 bis Dezember 1974 bei der C2 AG in München beschäftigt. Von Januar 1976 bis Dezember 1986 leitete er die Niederlassung München als Prokurist der NB 1, Stuttgart. Im Januar 1987 begann er seine 13-jährige berufliche Laufbahn im C.. Konzern (damals ... AG). Von Januar 1987 bis September 1993 war er Prokurist und Vertriebsleiter bei der ... GmbH in München, später firmierend unter R1 Flüssiggas GmbH, dann Vertriebsdirektor und später stellvertretender Geschäftsführer. Von Oktober 1993 an war er stellvertretender Geschäftsführer der V2 GmbH (vormals R1 Flüssiggas) mit Sitz in München.

Von 1993 bis Februar 1996 war er - u.a. gemeinsam mit dem Mitgeschäftsführer Dr. EUF (ab dem Dezember 1992) sowie dem Prokuristen PJ (ab dem Jahr 1995) - Geschäftsführer des Flüssiggastransportunternehmens F2 GmbH mit Sitz in Berlin, einer Vorgängerin der NB 7.

Im Januar 1996 kehrte EBetr. 3 als Geschäftsführer der V2 GmbH nach München zurück. Er war von September 1997 bis September 2000 Geschäftsführer der V2 Wärmeservice GmbH, Gelsenkirchen, nachfolgend firmierend unter A5 GmbH, und von Oktober 2000 bis April 2001 Geschäftsführer der A4 GmbH, München.

Am 5.2.1997 unterzeichnete er den Gründungsvertrag der NB 7 in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der V3 GmbH, Gelsenkirchen, für deren Vertrieb von Flüssiggas er auch als Leiter der Flüssiggasabteilung zuständig war.

EBetr. 3 wurde zum 1.5.2001 Geschäftsführer der T... Flüssiggas GmbH. Dort betreute er bis zu seinem Ausscheiden am 30.6.2007 den Vertrieb von Flüssiggas. Er war unmittelbarer Vorgesetzter des Prokuristen und Verkaufsleiters WH und des Verkaufsleiters PS.

EBetr. 3 war auch im und für den DVFG aktiv. Von 1996 bis 1999 war er Mitglied des Beirats für die Region Bayern. Von 1998 bis 2000 war er Mitglied des PR-Ausschusses. Ab dem Jahr 1999 war er erster stellvertretender DVFG-Vorstandsvorsitzender und in den Jahren 2001 bis 2010 Vorstandsvorsitzender des DVFG. Daneben übernahm er weitere Funktionen in diversen Ausschüssen und Delegationen des DVFG.

4. Die verurteilte NB 1:

a) Unternehmensgeschichte und Leitungspersonen:

Die am 15.4.2013 verurteilte NB 1 ist ein Versorgungsunternehmen mit Sitz in Stuttgart. Sie wurde im Jahr 1920 zunächst als offene Handelsgesellschaft (OHG) gegründet. Bis Mitte des Jahres 2008 unterhielt sie Zweigniederlassungen unter der Firma H1 in Böblingen und München. Gegenstand des Unternehmens ist u.a. der Groß- und Einzelhandel sowie der Import und Export von Heizöl, Kohle, Flüssiggas, Kraftstoffen, Strom, Erdgas, Bitumen, Schmierstoffen und Chemieprodukten. Im Mai 1996 vollzog die F... oHG einen Rechtsformwechsel zur Kommanditgesellschaft. Komplementäre und Geschäftsführer waren seither OS (seit 16.7.1954 bis Januar 1997), Dr. WP (seit 8.5.1980, zuvor Prokurist) und der verurteilte Betroffene Betr. 1 (seit 14.5.1996 als Komplementär eingetragen). Kommanditisten waren Dr. SP, GHS (geborene ...), HLS (geborene ...) und HOS. HLS schied als Kommanditistin im Februar 2009 aus. Als weitere persönlich haftende Gesellschafterin trat am 4.12.2012 die F...Verwaltungs-GmbH ein. Am 18.1.2013 schied Dr. WP als Komplementär aus und trat gleichzeitig als Kommanditist ein.

Als Geschäftsführer der Komplementär-GmbH eingetragen waren und sind die Prokuristen der NB 1, SM, MK und MS. Gesellschafter der Komplementär-GmbH waren der verurteilte Betroffene Betr. 1 zu 24,138 %, GS zu 34,483 %, HOS zu 14,942 %, Dr. WP zu 11,495 % und Dr. SP zu 14,942 %. Dies entsprach auch der Verteilung der Kommanditanteile an der NB 1.

Die NB 1 war die Obergesellschaft der F...-Gruppe, zu der weitere Tochtergesellschaften zählten. Sie hielt ferner paritätisch mit der J1 GmbH, Hamburg (vormals C4 GmbH), eine Beteiligung an dem Gemeinschaftunternehmen G1 GmbH (nachfolgend: G1).

Dr. WP unterzeichnete im Februar 1997 für die NB 1 den Gesellschaftsvertrag der NB 7.

b) Marktanteile der NB 1:

Die NB 1 verfügte nach ihrer eigenen Einlassung und nach Einschätzung ihrer Wettbewerber im Jahr 2005 über einen bundesweiten Marktanteil im Tank- und Flaschengasgeschäft von ca. 5 %. Im Tankgasgeschäft lag er 2004 bei 4,71%.

5. Der verurteilte Betroffene Betr. 1:

Der am 15.4.2013 verurteilte, jetzt 47 Jahre alte Diplom-Kaufmann Betr. 1 (hausinterne/s Paraphe/Kürzel: RS) war seit Ende des Jahres 1996 persönlich haftender und geschäftsführender Gesellschafter der Nebenbetroffenen NB 1. Nach dem Studium der Betriebswissenschaften trat er im Jahr 1992 in das mittelständische schwäbische Unternehmen ein. Sein im Januar 1997 verstorbener Vater und der persönlich haftende Mitgesellschafter, nämlich sein Schwager und Jurist Dr. WP, führten die Geschäfte vor seinem Eintritt. Jedenfalls seit Anfang des Jahres 1997 leitete Betr. 1 die geschäftlichen Aktivitäten der Nebenbetroffenen und die zahlreichen verbundenen Unternehmen gemeinsam mit seinem Schwager. Er übernahm von dem ausscheidenden Geschäftsführer HHV, Geschäftsführer (von 1969 bis 1999; hausinternes Kürzel: "VM") im Zeitraum von 2000 bis 2003 auch die Vertriebsleitung für das Flüssiggasgeschäft.

Betr. 1 war seit dem Jahr 2002 im Vorstand des DVFG tätig und seit Mai 2011 dessen Vorstandsvorsitzender. Er war seit Gründung der NB 7 im Jahr 1997 bis heute Mitglied im Beirat der NB 7. Von 2000 bis zum Jahr 2002 war er gemeinsam mit JD (P1 stellte den Vorsitzenden) und von April 2002 bis März 2004 mit EBetr. 2 (T... stellte den Vorsitzenden) und von April 2004 an mit AR (NB 6 stellte den Vorsitzenden) stellvertretender Vorsitzender des Beirats der NB 7. Im Jahr 2005 war er zudem Präsident des europäischen Flüssiggasverbandes (AEGPL) mit Sitz in Brüssel, dem zwanzig nationale Flüssiggasverbände angehörten, und er vertrat den DVFG dort bis in das Jahr 2010 hinein.

6. Die verurteilte NB 4:

a) Unternehmensgeschichte und Leitungspersonen:

Die verurteilte NB 4 (nachfolgend: NB 4) mit Sitz in Nürnberg wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 8.1.1960 gegründet. Geschäftsführer der NB 4 war zunächst RDS, seit November 1993 auch WDS. Unternehmensgegenstand war der Handel von Flüssiggas, Herstellung und Vertrieb von Flüssiggas-Armaturen und Geräten, Planung und Einrichtung von Flüssiggasversorgungsanlagen.

Nach einem notariellen Verschmelzungsvertrag vom 22.8.1996, eingetragen in das Handelsregister Ende November 1996, übernahm die NB 4, Nürnberg, die NB 4, Holzkirchen. Gesellschafterin beider juristischer Personen war zu diesem Zeitpunkt die P7 GmbH & Co. KG, Nürnberg.

Am 3.1.2002 erwarb die NB 1 sämtliche Gesellschaftsanteile an der NB 4. Zugleich wurde der verurteilte Betroffene Betr. 1 zum weiteren Geschäftsführer neben WDS bestellt, während die Geschäftsführerin RDS abberufen wurde. WDS blieb als Geschäftsführer bis zum Dezember 2002 eingetragen.

Nach einem Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag vom 16.4.2002 zwischen der NB 1 und der NB 4 führte die NB 4 ihren jährlichen Reingewinn an die NB 1 ab. Etwaige Geschäftsverluste trug nach diesem Vertrag die NB 1.

Zum 1.1.2005 brachte die NB 4 ihr Flaschengasgeschäft in die NB 1 ein. Gleichzeitig schloss sie mit der NB 1 einen Vertrag über die Verpachtung des Kundenstamms für einen Zeitraum von acht Jahren.

Im Laufe des Jahres 2009 übertrug die NB 4 ihren Flüssiggas-Kundenstamm an die NB 1, die in die Vertragsbeziehungen mit den Flüssiggasendverbrauchern eintrat. Seitdem war die NB 4 nicht mehr operativ tätig.

b) Kooperation mit der NB 7:

Die verurteilte NB 4 war seit deren Gründung eine Kooperationspartnerin der NB 7. Ihr wurden spätestens seit der Übernahme durch die NB 1 NB 7-Gesellschafterkonditionen gewährt.

7. Die verurteilte NB 7 (nachfolgend: NB 7):

Die am 15.4.2013 verurteilte NB 7 und ihre Komplementär-GmbH, die U1-GmbH, beide mit Sitz in Dortmund, entstanden aufgrund einer Zusammenführung der Ausfuhrgesellschaften P8 GmbH & Co. Handels KG (nachfolgend: P8), Dortmund/Krefeld, P9 Flüssiggas Transport & Logistik GmbH & Co. KG (nachfolgend: P9), Dortmund, und P10 ... GmbH & Co. KG (nachfolgend: P10), Geretsried, sowie der F2 GmbH, Berlin (nachfolgend: F2).

Die P9 und ihre Komplementär-GmbH wurden im August 1967 gegründet. Gründungskommanditisten waren ursprünglich die P1, die NB 6 und bis zu ihrer Verschmelzung auf die P1 im Jahr 1995 die P5 Deutschland GmbH. Ihr Gesellschaftszweck war auf den Einkauf, Verkauf einschließlich Transport von Flüssiggas und der damit im Zusammenhang stehenden Geschäfte gerichtet.

Von der P9 wurde der Geschäftsbetrieb der zum 1.11.1996 aufgelösten F2 GmbH übernommen. Hinzu kamen ferner die Geschäftsbetriebe der P8 und der P10. Die P10 erlosch, indem deren Gesellschafter, die NB 6, T..., V3 GmbH und D1 GmbH austraten und die P9 als einzige Komplementärin und Kommanditistin eintrat.

In der ersten Jahreshälfte des Jahres 1997 firmierten die P9 und ihre Komplementär-GmbH in NB 7 sowie in U1 um. Die T... GmbH & Co. KG a.A., die NB 1, die V3 GmbH und die D1 GmbH traten als Kommanditistinnen hinzu. Die Geschäftstätigkeit der NB 7 umfasste im Wesentlichen den Transport und die Lagerung von Flüssiggas, die Durchführung technischer Prüfungen, die Instandhaltung von Kundenbehältern sowie den Betrieb von Lägern, Kesselwagen-Füllstellen und Flaschengasabfüllanlagen.

Kommanditisten waren im Jahr 1997 die nachfolgenden Gesellschaften:

Kommanditisten

Kapital

Anteil

P1

6.000.000 DM

30%

NB 6

6.000.000 DM

30%

T... GmbH & Co. KG a.A.

3.400.000 DM

17%

NB 1

1.800.000 DM

9%

V3 GmbH, Gelsenkirchen, später firmierend unter A4 GmbH

1.800.000 DM

9%

D1 GmbH

1.000.000 DM

5%

Im April 2002 trat die T... Flüssiggas GmbH als Kommanditistin ein und die T... GmbH & Co. KG a.A. schied aus. Die V3 GmbH schied ebenfalls aus. Die Anteile der T... Flüssiggas GmbH, der NB 1 und der D1 GmbH erhöhten sich auf 24,5%, 10% bzw. 5,5%.

Nach Ziffern 3.1 des notariellen Gesellschaftsvertrags der NB 7vom 5.2.1997 war die Tätigkeit der Gesellschaft auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland beschränkt. Die Gesellschafter verpflichteten sich nach Ziffern 3.2 ferner, ihre Tankkunden bis zu einer Behältergröße von 5,6 Tonnen in der Bundesrepublik Deutschland ausschließlich durch die Gesellschaft (NB 7) versorgen zu lassen (Andienungspflicht).

Der Zusammenschluss wurde beim Bundeskartellamt im August 1996 angemeldet und am 20.9.1996 - unter dem Vorbehalt einer Prüfung des Zusammenschlusses nach § 1 GWB - freigegeben. In der Anmeldung des Zusammenschlusses vom 21.8.1996 hieß es auszugsweise wie folgt:

"Neben den Anbietern anderer Energien stehen die beteiligten Unternehmen im Wettbewerb untereinander und mit anderen Flüssiggas-Versorgungsunternehmen. Der Wettbewerb der beteiligten Unternehmen untereinander wird durch das hiermit angemeldete Zusammenschlußvorhaben nicht berührt werden, da sich die Tätigkeit des Gemeinschaftsunternehmens auf die Transportlogistik des Flüssiggases ihrer Gesellschafter beschränken und auf deren wettbewerbsrelevante Aktivitäten - wie dargelegt - nicht erstrecken wird."

Die NB 7 nutzte zur Ausfuhr des Flüssiggases eigene sowie die im Eigentum der Gesellschafter stehenden Lager. Sie unterhielt Dispositionsstellen in Bad Segeberg, Versmold, Barsinghausen, Duisburg, Cunnersdorf, Stuttgart, Mannheim, Marktbreit, Gardelegen, Bendorf, Aschaffenburg, Geretsried, Straubing, Fensterbach, Mehlteuer, Cunnersdorf, Lalendorf und Berlin. Die Dispositionsstellen betreuten zwölf Versorgungsgebiete in den Regionen Nord/West, Ost und Süd.

Im März 2003 sollte eine schuldrechtliche Abänderung der im NB 7 -Gesellschaftsvertrag vorgesehenen Andienungspflicht gemäß Ziffern 3.2. erfolgen. Diese sah vor, dass die NB 3 sich verpflichtete, im Jahr 2003 mindestens 90.000 Tonnen und im Folgejahr mindestens 85.000 Tonnen durch die NB 7 ausfahren zu lassen. In jedem weiteren Jahr sollte sich die Menge um 5% reduzieren. Eine ähnliche Vereinbarung sollte im März 2003 nach dem nicht unterzeichneten Vertragsentwurf zwischen der F1 GmbH & Co. KG, den Gesellschaftern der F1, der NB 3 sowie der T2 GmbH geschlossen werden. Beide Transportgesellschaften fuhren den F1- und NB 7-Ausfuhrstatistiken ab dem Jahr 2002 zufolge für die NB 3 und die T2 GmbH, für diese bis zu deren Verschmelzung im Jahr 2003, tatsächlich Flüssiggasmengen aus.

Die NB 7 wickelte seit ihrer Gründung für ihre Gesellschafter und Kooperationspartner, hier insbesondere für die NB 4, .../Höxter, .../Dortmund, .../Würzburg, .../Hagen, .../Ludwigshafen und .../Stuttgart exklusiv den Transport von Flüssiggas zu allen Endkunden ab, die über einen Tank mit einem maximalen Fassungsvermögen von 5,6 t - begrenzt durch einen Füllstandsbegrenzer auf 2,9 t Fassungsvermögen - verfügten.

Im Beirat der NB 7 waren alle Gesellschafter durch ihre Leitungspersonen bzw. ihre Beiratsmitglieder repräsentiert, insbesondere wie folgt:

Betr. 1 (NB 1), HW (D1),

JD (P1), EBetr. 2 (T1/NB 3), EBetr. 3 (3/A... und NB 3), FR (T1 und NB 3), Dr. HW2 (P1), EBetr. 4, AR und HDW (alle NB 6).

Der Beirat der NB 7 gab sich eine am 19.3.1997 verabschiedete Geschäftsordnung, nach der Beschlüsse mit einfacher Mehrheit gefasst werden sollten. Eine Regelung bezüglich der Dauer der Amtszeit der ordentlichen Mitglieder erfolgte nicht. Dies wurde den Gesellschaftern überlassen. Die Besetzung der Positionen des Beiratsvorsitzenden und des stellvertretenden Beiratsvorsitzenden erfolgte durch Wahl. Hierbei sollten die Vertreter der drei größten NB 7-Gesellschafter besonders berücksichtigt werden. So geschah es auch. In den Jahren 1997 bis 2006 übten die folgenden Personen die Funktionen als Beiratsvorsitzender und Stellvertreter aus:

Von Juli 1997 - Dezember 1998: HDW (NB 6) als Vorsitzender und FR (T...) als Stellvertreter,

Januar 1998 - April 2000: EBetr. 4 (NB 6) als Vorsitzender und Dr. HW2 (P1) als Stellvertreter,

April 2000 - April 2002: JD (P1) als Vorsitzender und Betr. 1 als Stellvertreter,

April 2002 - April 2004: EBetr. 2 (NB 3) als Vorsitzender und Betr. 1 als Stellvertreter und

ab April 2004 bis mindestens Ende Mai 2005: AR (NB 6) als Vorsitzender und Betr. 1 als Stellvertreter.

Der Beirat tagte nach den Beiratsprotokollen in der Zeit vom 1.1.1997 bis 8.12.2004 regelmäßig vier bzw. ab dem Jahr 1999 drei Mal im Jahr.

Ab Juli 2004 fuhr die NB 7 - neben Treibgas - auch Autogas für Tankstellen für ihre Gesellschafter aus. Nach dem Protokoll vom 9.4.2003 waren die Beiratsmitglieder sich einig, dass die NB 7 aufgrund der bis dahin geringen Anzahl von Autogas-Tankstellen keine Belieferung mit Mischgas vornehmen sollte. In der Sitzung vom 20.4.2004 beschloss der Beirat nach dem Beiratsprotokoll, dass "die NB 7 bis zum 1.7.2004 die Versorgung mit den von den Versorgungsunternehmen genannten 231 Kunden mit 6.338 t p.a. realisieren soll".

Die NB 7 erwarb von den Gesellschaftsunternehmen und den Kooperationspartnern das Eigentum an dem von diesen eingekauften Flüssiggas, das in die von der NB 7 verwalteten Läger eingeliefert wurde. Nach Erhalt eines Auftrags lieferte die NB 7 das Flüssiggas an den Endverbraucher aus. Im Moment der Auslieferung übereignete sie das in den Tank eingefüllte Flüssiggas an den jeweiligen Gesellschafter oder Kooperationspartner zurück und stellte diesem das Flüssiggas zu einem Verrechnungspreis nebst den Ausfuhrkosten in Rechnung. Die berechneten Verrechnungspreise wie auch die Transportsätze waren gegenüber allen Gesellschaftern gleich. Lediglich die gegenüber den Kooperationspartnern berechneten Transportsätze wichen hiervon ab. Das Versorgungsunternehmen seinerseits lieferte das Flüssiggas unter Eigentumsvorbehalt in den Flüssiggastank der privaten Endverbraucher und Gewerbekunden ein und stellte diesem das Gas in Rechnung. Die Differenz zwischen dem Verkaufs- und dem Verrechnungspreis verblieb bei dem Gesellschafter bzw. Kooperationspartner.

Die Gesellschaft beschäftigte zuletzt ca. 341 Vollzeitkräfte, darunter 253 Mitarbeiter als Fahrer. Sie war an der F3 mit Sitz in Baunach beteiligt.

8. Der verurteilte Betroffene Betr. 5:

Der am 24.5.1956 geborene Betroffene Betr. 5 war ab Januar 1990 Prokurist, ab Mai/Juni 1992 stellvertretender und ab Mai/Juli 1996 (Datum der Eintragung: 8.7.1996) ordentlicher Geschäftsführer der Komplementär-GmbH der P9 Flüssiggas-Beteiligungsgesellschaft mbH & Co. KG. HH war seit Januar 1990 Geschäftsführer der Gesellschaft bis zu seinem Ausscheiden im November 2001 (Datum der Löschung: 26.11.2001). Seit der Umfirmierung der Komplementärin zur U1 im Mai des Jahres 1997 war der verurteilte Betroffene neben HH, Dr. ER (von Juni/Juli 1997 bis 30.4.1999) und Dr. EUF (von Juli 1996 bis 30.4.1999) eine von vier Leitungspersonen. Betr. 5 war nach einem Organigramm vom 1.10.1997 für die Region "Nord" mit den Abteilungen "Organisation", "Logistik" und "Technik", zuständig. Dr. EUF war bis zu seinem Ausscheiden für die Region "Ost" mit den Abteilungen Logistik und Technik und Dr. ER für die Region "Süd" mit den Abteilungen "Logistik" und "Technik" verantwortlich. HH war für die Zentrale nebst den "Abteilungen für "Technik" und "Verwaltung" sowie ihren jeweiligen Unterabteilungen und für die Ausübung der Sprecherfunktionen zuständig.

Ab dem 1.5.1999 teilten sich HH und Betr. 5 die Geschäftsführung der NB 7. HH verblieb u.a. die Zuständigkeit für die Abteilungen "Verwaltung", "Finanz- und Rechnungswesen" und "Technik". Bis zum 19.4.1999 übte er die Rolle des Sprechers der NB 7 aus. Seit Mitte April 1999 übernahm der verurteilte Betroffene die Rolle des Sprechers der Geschäftsführung der Komplementär-GmbH. Er war nach einem Diagramm vom 3.4.2001 zuständig für die "Organisation/EDV" und die "Logistik". Ab November 2001 war er alleiniger Geschäftsführer. RK war Logistikleiter und Gesamtprokurist der Komplementär-GmbH der NB 7 (Datum der Ein- und Austragung im Handelsregister: 21.11.2001 bis 17.11.2003).

Der Betr. 5 war zudem in den Jahren 1993 bis 1996 stellvertretender Geschäftsführer der P8 Flüssiggas GmbH. Ab Juli 1997 war er ferner als Leitungsperson der N1 GmbH & Co. KG tätig. Diese Tätigkeit wurde ihm vom Beirat der NB 7 genehmigt.

9. Die Nebenbetroffene NB 2 als Nachfolgerin der T1 GmbH & Co. KG:

a) Gründungsgeschichte der NB 2:

Die NB 2 ist infolge Verschmelzung als Gesamtrechtsnachfolgerin der T1 GmbH & Co. KG in deren Verfahrensstellung eingetreten. Die T1 GmbH & Co. KG wurde auf die sie aufnehmende NB 2 mit Eintragung im Handelsregister am 31.1.2013 verschmolzen.

Die T1 GmbH & Co. KG firmierte - vor ihrer Umwandlung in eine Kommanditgesellschaft im Dezember 2012 - ab dem Januar 2009 unter der Bezeichnung "T1 GmbH" und davor unter der Bezeichnung "T... GmbH & Co. KG a. A.". Sie war bis zur Umstrukturierung zum Jahreswechsel 2012/2013 unmittelbare Muttergesellschaft der NB 3 GmbH.

b) Gesellschafts- und Beteiligungsverhältnisse:

aa) Die T1 GmbH & Co. KG:

Komplementärin der wie zuvor beschrieben umgewandelten T1 GmbH & Co. KG, Geretsried, war die T... Management GmbH. Kommanditistin war die T... Verwaltungs GmbH. Unternehmensgegenstand war nach dem Gesellschaftsvertrag vom 11.12.2012 das Erwerben, Halten und Veräußern von Beteiligungen sowie die Verwaltung des eigenen Vermögens.

Die T... GmbH & Co. KG (a. A.) - ab dem Jahr 2009 T1 GmbH - war ab dem Jahr 2001 bis zu ihrer Verschmelzung (Eintragung im Handelsregister am 31.1.2013) auf die NB 2 im Flüssiggas-Großhandel operativ tätig und leitete die Aktivitäten ihrer operativ tätigen Tochter- und Beteiligungsgesellschaften.

bb) Die T1 GmbH:

Die T1 GmbH, die ehemals Nebenbetroffene, entstand durch formwechselnde Umwandlung der T1 GmbH & Co. KG a. A., der ursprünglichen Adressatin des Bußgeldbescheids, im Januar 2009.

Nach dem Handelsregisterauszug war EBetr. 2 ab der Entstehung der T1 GmbH von Januar 2009 (Datum der Eintragung im Handelsregister: 23.1.2009) bis Mai 2001 (Datum der Löschung im Handelsregister: 16.5.2011) einer ihrer Geschäftsführer.

cc) Die T... GmbH & Co. KG a.A.:

Die Gesellschaft wurde im Jahr 1995 unter der Firma "T... GmbH & Co. KG a.A." gegründet und im Januar 1996 in das Handelsregister eingetragen. In der Zeit vom 1.7.1997 bis 29.11.2001 war die T... GmbH & Co. KG a. A. im Endverbraucher-Flüssiggasgeschäft (Tank- und Flaschengas) in den alten Bundesländern und als Flüssiggas-Großhändlerin im sogenannten Streckengeschäft in den neuen und alten Bundesländern tätig. Von Dezember 2001 bis April 2005 trat sie nur noch als Großhändlerin im Streckengeschäft in den alten und neuen Bundesländern auf.

Nach dem Einbringungsvertrag vom 29.11.2001 brachte die T... GmbH & Co. KG a.A. ihr Endverbraucher-Flüssiggasgeschäft "Alte Bundesländer" zum Stichtag 29.11.2001 mit Rückwirkung zum 1.4.2001 in die T... Flüssiggas GmbH (später NB 3 GmbH) ein. Sie übertrug ferner nach dem Vertrag vom 29.11.2001 ihre Kommanditbeteiligung an der NB 7 und den Geschäftsanteil an deren Komplementär-GmbH auf die T... Flüssiggas GmbH mit Wirkung zum 1.4.2001.

Einzelvertretungsberechtigter Geschäftsführer der T... GmbH & Co. KG a.A. war von 1996 bis zu seiner Abberufung am 21.8.1997 der persönlich haftende Gesellschafter Dr. WT. Die Komplementärin und Kommanditistin T... GmbH & Co. KG war von der Vertretung der T... GmbH & Co. KG a.A. ausgeschlossen. Sie schied schon im März 1996 wieder aus. An ihre Stelle trat die als Komplementärin eintretende T... GmbH & Co. Verwaltungs KG. Diese war ab dem 8.10.1997 nicht mehr von der Geschäftsführung ausgeschlossen. Deren Komplementärin war wiederum die (Dr.) T... GmbH. Ihr Geschäftsführer Dr. HT wurde mit Beschluss vom 3.12.1997 von der Gesellschafterversammlung als Geschäftsführer abberufen.

Die Geschäftsführer der (Dr.) T... GmbH, der ehemals Betroffene EBetr. 2 (Datum der Eintragung im Handelsregister: 6.2.1997; ab Januar 1997 bis März 2002) und FR (ab 15.1.1992 bis März 2002) waren auch als faktische Leitungspersonen der T... GmbH & Co. KG a.A. tätig. FR unterzeichnete für die T... GmbH & Co. KG a.A. den Gesellschaftsvertrag der NB 7am 5.2.1997.

Die Geschäftsführer der (Dr.) T... GmbH EBetr. 2 und FR waren als faktische Leitungspersonen der T... GmbH & Co. KG a.A. zugleich Geschäftsführer der NB 3 GmbH, für die sie die verfahrensgegenständlichen Zuwiderhandlungen ihrer Muttergesellschaft T... GmbH & Co. KG a.A. zumindest ab dem 1.4.2001 fortsetzten.

Mit schriftlichem Vertrag vom 13.2.2001 erwarb die T... GmbH & Co. KG a.A. von der A4 GmbH (nachfolgend: A...), München, das operative Endverbraucher-Flüssiggasgeschäft und das Streckengeschäft in den alten und in den neuen Bundesländern im Wege eines sogenannten "asset deals" (Kauf von Unternehmensteilen) zum Übertragungsstichtag 1.5.2001. Der Zusammenschluss wurde vom Bundeskartellamt freigegeben und vollzogen.

Es war in Befolgung eines entsprechenden Beirats- und eines Gesellschafterbeschlusses beabsichtigt, das operative klassische Flüssiggasgeschäft der A... in den alten Bundesländern in die T... Flüssiggas GmbH und das operative klassische Flüssiggasgeschäft der A... in den neuen Bundesländern in die T2 GmbH einzubringen.

Seitdem war die ehemals verfolgte T... GmbH & Co. KG a.A. nur noch im sogenannten Streckengeschäft bundesweit operativ tätig.

Ferner erwarb die T... GmbH & Co. KG a. A. die Kommanditbeteiligungen der ausscheidenden A... (V3 GmbH) an der NB 7 und an deren Komplementärin in Höhe von je 9%, so dass sie seit dem 1.5.2001 insgesamt eine Kapitalbeteiligung in Höhe von 26% an der NB 7 und deren Komplementär-GmbH hielt.

Ab dem 24.1.2006 firmierte die T... GmbH & Co. KG a.A. unter der Bezeichnung "T1 GmbH & Co. KG a.A.".

Die T... GmbH & Co. KG a.A. war nach einem Organigramm an der T... Polska sp.z.o.o. (100%) und der T... Gaz sp.z.o.o. (100%), Kedzirzyn-Kozie, ferner an der X1, Warschau, und der X2, Prag, unmittelbar und mittelbar beteiligt.

dd) Die T...-Gruppe von 1950 bis 2005:

Die T...-Unternehmensgruppe wurde ab dem Jahr 1950 vom Sohn Dr. HT des Gründers GT, dessen Namenskürzel "GT" Bestandteil der Wort-Bildmarke "T...GTT... GmbH" ist, geführt. Der im Jahr 1926 geborene Dr. HT ist mit ST verheiratet und hat drei Kinder. Er trat im Jahr 1950 in das 1947 von seinem Vater gegründete Unternehmen ein. Im Jahr 1958 wurde er dessen alleiniger geschäftsführender Gesellschafter.

(1) Die ... GT KG, später T... GmbH & Co.:

Im Jahr 1959 wurde die ... GT KG gegründet. Sie war beim Amtsgericht München unter HRA 46920 im Handelsregister eingetragen. Persönlich haftender Gesellschafter war zunächst Dr. HT. Er wurde später Kommanditist. Die Firma der ... GT KG wurde am 8.7.1977 in T... GmbH & Co. geändert. Die beiden Kommanditisten Dr. HT und DTK traten unter Übertragung ihrer Beteiligungen auf die T... GmbH & Co. Verwaltungs KG aus und die T... GmbH & Co. Verwaltungs KG mit Sitz in Geretsried trat als Kommanditistin ein. Diese schied unter Übertragung ihrer Beteiligung auf die T... GmbH & Co. KG a. A. wieder aus, während die T... GmbH & Co. KG a. A. als Kommanditistin eintrat. Schließlich trat die Komplementärin T... GmbH im Dezember 1996 aus der T... GmbH & Co. aus. Die Gesellschaft wurde aufgelöst. Die Firma T... GmbH & Co. erlosch.

(2) Die (Dr.) T... GmbH:

Die im Oktober 1972 gegründete (Dr.) T... GmbH trat im März 1973 als persönlich haftende Gesellschafterin in die ...GT KG ein.

Dr. HT war Allein-Gesellschafter der T... GmbH, Icking, seit dem 15.4.2002 firmierend unter Dr. T... GmbH. Sie war und ist heute - neben der H. W. T... Stiftung GmbH - die Konzernholdinggesellschaft der T...-Gruppe. Der Unternehmensgegenstand der T... GmbH bestand u. a. in der Beteiligung an der ... GT KG und an anderen Unternehmen. Der Gesellschaftszweck sah bis zum Jahr 1993 neben dem Halten der Beteiligung an der T... GmbH & Co. mit Sitz in Geretsried u.a. auch die Herstellung und den Vertrieb von Flüssiggas vor. Der Gesellschaftszweck wurde 1993 geändert.

Ihr einzelvertretungsberechtigter Geschäftsführer war - wie bereits erwähnt - Dr. HT bis zum 3.12.1997. Geschäftsführer der T... GmbH waren der ehemals Betroffene EBetr. 2 - seit Anfang 1997 - und FR - ab 15.1.1992 - bis zu ihrem Ausscheiden im März 2002. Seit deren Abberufung (Löschung im Handelsregister: 15.4.2002) führte ST die Geschäfte. Die T... GmbH war seither beteiligt an der T... GmbH & Co. sowie an der am 13. November 1995 gegründeten T... GmbH & Co. Verwaltungs KG als Komplementärin.

Seit Oktober 1997 bestand der Unternehmensgegenstand der (Dr.) T... GmbH nur noch darin, an der T... GmbH & Co. Verwaltungs KG als Komplementärin beteiligt zu sein. Seit dem 15.4.2002 firmierte die T... GmbH unter der Bezeichnung "Dr. T... GmbH".

(3) Die HT. Stiftung GmbH:

Neben der Dr. T... GmbH existierte noch die HT... Stiftung GmbH (T... Stiftung). Sie firmierte bis zum Jahr 2007 unter Dr. HT Stiftung GmbH. Beide Gesellschaften (T... GmbH/T... Stiftung) und ST hielten die Anteile an der T... Verwaltungs GmbH.

(4) Die T... Verwaltungs GmbH (vormals T... GmbH & Co. Verwaltungs KG):

Die Zwischenholdinggesellschaft der T...-Unternehmensgruppe war die T... Verwaltungs GmbH. Sie ist durch Umwandlung der T... GmbH & Co. Verwaltungs KG entstanden. Letztere wurde ihrerseits mit Gesellschafterbeschluss vom 23.11.2001 umgewandelt in die T... Verwaltungs GmbH (Eintragung im Handelsregister: 4.3.2002). Die T... GmbH & Co. Verwaltungs KG wurde im November 1995 in das Handelsregister eingetragen. Ihr Gesellschaftszweck umfasste die geschäftsführende Bestimmung der Aktivitäten solcher Unternehmen, außerdem das Halten von Beteiligungen jeder Art dieser Unternehmensgruppe sowie die Herstellung von und den Handel mit Produkten von Gesellschaften dieser Unternehmensgruppe, insbesondere Flüssiggas, technische Gase und Zwischenprodukte für industrielle Zwecke. Ihre Komplementärin war die T... GmbH, ihre Kommanditisten waren Dr. HT und DTK. Die T... GmbH & Co. Verwaltungs KG bzw. die durch Umwandlung entstandene T... Verwaltungs GmbH war sowohl Komplementärin bis zum 22.1.2009 als auch Kommanditistin der ursprünglichen Adressatin des Bußgeldbescheids, der T... GmbH & Co. KG a.A (ab 23.1.2009: T1 GmbH; davor: T1 GmbH & Co. KG a.A.), aus der sich deren Stellung als (ehemals) Nebenbetroffene ableitete.

c) Die (faktischen) Leitungspersonen der Komplementär-Gesellschaften (Dr.) T... GmbH und T... Verwaltungs GmbH einerseits sowie der T... GmbH & Co. KG a.A. andererseits:

EBetr. 2 war - nach seiner Einlassung - von Januar 1997 (Datum der Eintragung im Handelsregister: 6.2.1997) Geschäftsführer der (Dr.) T... GmbH gemeinsam mit FR (Datum der Eintragung im Handelsregister: 15.1.1992), der Komplementärgesellschaft der T... GmbH & Co. Verwaltungs KG. Im März 2002 (Datum der Löschung im Handelsregister: 15.4.2002) schieden er und FR aus der Geschäftsführung der Dr. T... GmbH aus.

Von März 2002 (Datum der Eintragung: 4.3.2002) bis Mai 2011 (Datum der Löschung: 26.5.2011) war EBetr. 2 zum Geschäftsführer der T... Verwaltungs GmbH, der unmittelbaren Komplementärgesellschaft der T... GmbH & Co. KG a.A., bestellt. Zugleich war er (faktischer) Geschäftsführer der T... GmbH & Co. KG a.A., später T1 GmbH, von Januar 1997 bis zum Mai 2011 (Datum der Löschung: 16.5.2011).

d) Die Umstrukturierung der T...-Gruppe zum Jahreswechsel 2012/2013:

Im Wesentlichen um im vorliegenden Bußgeldverfahren eine Haftung der ehemals Nebenbetroffenen T1 GmbH zu vermeiden, vollzog die T...-Gruppe zum Jahreswechsel 2012/2013 konzerninterne Umstrukturierungsmaßnahmen.

Im Dezember 2012/Januar 2013 wies die T...-Gruppe die folgende Struktur auf:

(1) Die T... Verwaltungs GmbH:

Die T... Verwaltungs GmbH (nachfolgend auch T... Verwaltung) war auch im Dezember 2012/Januar 2013 die Konzernzwischenholdinggesellschaft der T...-Gruppe. Gegenstand des Unternehmens war nach der Satzung vom 19.12.2012 die Beteiligung an anderen Unternehmen und die Verwaltung dieser Beteiligungen, insbesondere der (nahezu) 100prozentigen Beteiligung an der T1 GmbH und an der T... Industriegase GmbH (der späteren NB 2). Neben EBetr. 2 (Löschung am 26.5.2011) waren auch Dr. FG und RB2 seit Februar 2004 zu Geschäftsführern der T... Verwaltung bestellt. Die T... Verwaltung hatte ihr operatives Geschäft in zwei Geschäftsfelder geordnet, die wiederum in Segmente unterteilt waren. Das Geschäftsfeld "Energieversorgung" bestand aus den Segmenten "Flüssiggas Endverbrauchergeschäft", "Flüssiggas Großhandelsgeschäft" und "Energiedienstleistungen". Dem Geschäftsfeld "Industriegase" waren die Segmente "Technische Gase" und "Kohlensäure" zugeordnet.

(2) Die T1 GmbH & Co. KG (vormals T1 GmbH):

Die T1 GmbH & Co. KG entstand aus der Umwandlung der ehemals Nebenbetroffenen T1 GmbH.

Die Gesellschafter Dr. HT und ST schieden am 11.12.2012 unter Abtretung ihrer bisher an der T1 GmbH gehaltenen Gesellschaftsanteile an die T... Verwaltung aus dieser aus.

Die T... Verwaltung war seither Gesellschafterin der T1 GmbH mit einer Kapitaleinlage in Höhe von 8.699.995 Euro. Die T... Management GmbH (zuvor firmierend unter: B2 GmbH) war ebenfalls seit dem 11.12.2012 Gesellschafterin der T1 GmbH mit einer Kapitaleinlage von 5,00 Euro. Die beiden Gesellschafter nahmen mit notariell beurkundetem Gesellschafterbeschluss vom 11.12.2012 die formwechselnde Umwandlung der T1 GmbH in eine Kommanditgesellschaft vor. Die Eintragung der T1 GmbH & Co. KG im Handelsregister erfolgte am 15.1.2013. Sie verschmolz sich mit notariellem Vertrag vom 18.1.2013 auf die sie aufnehmende TTG T... Transport GmbH (nachfolgend: TTG). Die Eintragung in das Handelsregister erfolgte am 31.1.2013. Auf der Passivseite der Schlussbilanz zum 18.1.2013 waren Rückstellungen in Höhe von insgesamt 10,92 Mio. Euro, davon 10,5 Mio. Euro für das hiesige Kartellbußgeldverfahren und in Höhe von 270.000 Euro für Prozesskosten ausgewiesen. Rücklagen waren nicht gebildet worden. Ferner waren Forderungen der T1 GmbH & Co. KG gegen verbundene Unternehmen in Höhe von rund 16,256 Mio. Euro und ein Anteil an der Komplementärgesellschaft in Höhe von 27.000 Euro auf der Aktivseite der Schlussbilanz verzeichnet. Die Bilanzsumme lag bei ungefähr 16,283 Mio. Euro.

Die T1 GmbH war alleinige Gesellschafterin der T... Management GmbH (zuvor firmierend unter B2 GmbH). Sie war zudem die einzige Kommanditistin der T4 GmbH & Co. KG bis zu ihrer Umwandlung in eine Kommanditgesellschaft. Dann schied sie als Kommanditistin aus und die T... Verwaltung trat in die T4 GmbH & Co. KG als Kommanditistin ein. Die T1 hielt u.a. sämtliche Kommanditanteile an der T3 GmbH & Co. KG.

(3) Die T... Management GmbH:

Die T... Management GmbH, Geretsried, firmierte ursprünglich unter der Bezeichnung "B2 GmbH" mit Sitz in München. Mit Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 4.12.2012 änderte sie ihre Firma, verlegte ihren Sitz nach Geretsried und erhöhte das Stammkapital. Dr. FG und RB2 wurden zu Geschäftsführern der T... Management bestellt. Die T... Management GmbH war die einzige Komplementärin der T4 GmbH & Co. KG, der T... Beteiligung Holding GmbH & Co. KG und der T... T&S GmbH & Co. KG.

(4) Die T4 GmbH & Co. KG:

Die T4 GmbH & Co. KG (nachfolgend: T4), Geretsried, ging durch Umfirmierung der B3 GmbH & Co. KG mit Sitz in München am 7.12.2012 hervor. Kommanditistin war die T1 GmbH bis zu ihrer Umwandlung in die T1 GmbH & Co. KG. Dann schied sie aufgrund des Entnahme- und Abtretungsvertrags vom 18.1.2013 als Kommanditistin aus und die T... Verwaltung trat als Kommanditistin ein.

Die T4 war die einzige Kommanditistin der ihr nachgeordneten Gesellschaften T... T&S GmbH & Co. KG und der T... Beteiligung Holding GmbH & Co. KG.

(5) Die T... T&S GmbH & Co. KG:

Die T... T&S GmbH & Co. KG, Geretsried, (nachfolgend: T... T&S) firmierte ursprünglich unter "B4 GmbH & Co. KG", München.

(6) Die T... Beteiligung Holding GmbH & Co. KG:

Die T... Beteiligung Holding GmbH & Co. KG, Geretsried, führte ursprünglich die Bezeichnung "B5 GmbH & Co. KG" und hatte ihren Sitz in München.

(7) Die NB 3, die T6 und die T7:

Die NB 3 war seit Dezember 2012 die einzige Kommanditistin der T6 (vormals firmierend unter B6, München). Sie war zudem die einzige Gesellschafterin der Komplementär-GmbH, der T7, Geretsried, (vormals firmierend unter "B... GmbH" mit Sitz in München). Die T6 hielt 100% der Gesellschaftsanteile an der T... ...Tankstellen GmbH, Geretsried (vormals firmierend unter "B... GmbH" mit Sitz in München).

(8) Die T3 GmbH & Co. KG:

Die T3 GmbH & Co. KG, Geretsried, (nachfolgend: T3) wurde im Jahr 2004 gegründet. Ihre Kommanditistin war bis Dezember 2012 die T1 GmbH. Die Komplementärin der T3 war die T3 Verwaltungs GmbH mit Sitz in Geretsried. Diese befand sich im alleinigen Anteilsbesitz der T3. Die T1 übernahm im Jahr 2004 von der A3 GmbH die Sparte Kohlensäure im Wege der Ausgliederung. Die Eintragung im Handelsregister erfolgte zum 29. Oktober 2004. Die T1 brachte die Sparte Kohlensäure in die neu gegründete T3 ein. Dr. FG, RB2 und Dr. PB waren bis Dezember 2012 gemeinsam Geschäftsführer der T3 Verwaltungs GmbH. Dr. PB schied aus und an seine Stelle trat der bisherige Prokurist AS.

Die T3 zählte seitdem zu den bundesweit führenden Anbietern im Bereich flüssiger Kohlensäure - nach ihrer eigenen Selbsteinschätzung auf ihrer Internetseite vom 15.5.2013 - und zu den drei größten Anbietern von Kohlensäure. Die T...-Gruppe stand an Platz 4 auf dem Geschäftsfeld der Industriegase bestehend aus den Segmenten "Technische Gase" und "flüssige Kohlensäure". Ihr Marktanteil auf dem Markt für flüssige Kohlensäure lag bei 8% bis 10%. Der Marktanteil der L2 betrug ca. 30% und die A3 verfügte über einen Marktanteil von ca. 25%.

Die T3 hatte mit Vertrag vom 30.12.2011 sämtliche Vermögensgegenstände der Kohlensäureproduktion mit ihrem jeweiligen Buchwert zum 31.12.2011 auf die neu gegründete Tochtergesellschaft T3 Werk GmbH & Co. KG in Burgbrohl übertragen. Sie hielt sämtliche Anteile an der Kommanditgesellschaft und ihrer Komplementär-GmbH, der T3 Werk GmbH. Erstere betrieb ein Kohlensäurewerk in Burgbrohl und verkaufte ihre Produkte exklusiv an die T3. Natürliche Kohlensäure (auch Quellkohlensäure genannt) wurde und wird vor allem für die Herstellung von Mineralwässern (sogenanntes Carbonisieren), zum Kühlen und Frosten verwendet sowie in Gärtnereien eingesetzt. Technisch gewonnene (auch genannt künstliche) Kohlensäure dient(e) insbesondere der Abwässerneutralisation und dem CO2-Schneestrahlen von zu reinigenden Oberflächen.

Die Bilanzsummen der T3 betrugen nach der Bilanz zum 31.12.2012 rund 15,952 Mio. Euro, der Bilanz zum 31.12.2011 rund 15,495 Mio. Euro und der Bilanz zum 31.12.2010 ungefähr 15,717 Mio. Euro. Die Verbindlichkeiten valutierten zum 31.12.2012 über ca. 2,792 Mio. Euro, zum 31.12.2011 über ca. 1,775 Mio. Euro und zum 31.12.2010 über ungefähr 1,315 Mio. Euro.

Sie erzielte nach der Gewinn- und Verlustrechnung für die Zeit vom 1.1.2012 bis 31.12.2012 Umsatzerlöse von annähernd 12,091 Mio. Euro und im Vorjahr ungefähr 12,398 Mio. Euro. Nach der Gewinn- und Verlustrechnung für die Zeit vom 1.1. bis 31.12.2012 betrug der Jahresfehlbetrag nach Steuern zum 31.12.2012 - 369.978 Euro. Zum 31.12.2011 lag der Jahresfehlbetrag nach der Gewinn- und Verlustrechnung für die Zeit vom 1.1. bis 31.12.2011 bei - 805 Euro. Der Bilanzgewinn war mit jeweils null Euro ausgewiesen.

(9) Die TTG T... Transport GmbH:

Die TTG T... Transport GmbH (nachfolgend: TTG) wurde im Jahr 1965 gegründet. Dr. HT war seit 26.11.2001 geschäftsführender Gesellschafter. Die TTG vermietete die Kesselwagen europaweit zu ca. 70% für die Dauer von bis zu einem Jahr an Unternehmen der Petrochemie. Sie erzielte mit dem Kesselwagenvermietungsgeschäft jährlich einen Umsatz von rund 1 Mio. Euro. Etwa 30% des Umsatzes wurde mit der Vermietung innerhalb des eigenen Konzerns (u.a. später an die T... T&S) erwirtschaftet. Die Gesellschafterversammlung der T... Verwaltung erhöhte mit notariell beurkundetem Kapitalerhöhungsbeschluss vom 8.12.2012 das Stammkapital um einen neuen Geschäftsanteil Nr. 5 in Höhe von 82.256,00 Euro (2,5%). Dr. HT übernahm diesen Geschäftsanteil mit dem Nennbetrag (Stammeinlage). Er leistete die Einlage durch Sacheinlage. Er brachte zu diesem Zweck seinen Geschäftsanteil an der TTG mit einem Nennbetrag von 300.000 Euro in die T... Verwaltung ein. Seitdem hielt die T... Verwaltung sämtliche Kapitalanteile an der TTG.

Die Konzernumstrukturierung vollzog sich in den nachfolgend beschriebenen sechs Einzelschritten:

1. Die T1 GmbH als alleinige Kommanditistin der T4 GmbH & Co. KG brachte mit notariell beurkundetem Einbringungs- und Einlagevertrag vom 11.12.2012 ihr operatives Vermögen und nahezu ihr gesamtes Beteiligungsvermögen in die T4 GmbH & Co. KG ein (1. Schritt).

Dies erfolgte getrennt nach

- dem operativen Flüssiggas-Großhandelsgeschäft (insbesondere bestehend aus immateriellen Vermögensgegenständen wie Marken, technischen Schutzrechten, "know how" sowie beweglichen Sachen, technischen Anlagen und Maschinen, Vorräten, Wertpapieren, Büchern, Unterlagen, Verbindlichkeiten, Rückstellungen, sämtlichen Rechten aus Verträgen und Vertragsangeboten im Wege der Vertragsübernahmen, Grundstücken) und

- den Beteiligungen, insbesondere an

dem inzwischen verurteilten Gemeinschaftsunternehmen NB 3,

der O1 GmbH,

der X3 GmbH,

der C5 GmbH,

der T5 Gesellschaft mbH,

der T5 Gesellschaft mbH & Co. KG und

der T... Polska Sp. zo.o.

einschließlich des Kommanditanteils mit einem Buchwert in Höhe von 20.000 Euro an der T3 GmbH & Co. KG.

Als Gegenleistung für die Übertragung der genannten Vermögenswerte gewährte die T4 ihrer Kommanditistin T1 eine Kapitaleinlage von 500 Euro, die der Kapitalrücklage gutgeschrieben wurde.

Die von der T1 gehaltenen Geschäfts- und Kommanditanteile an der T... Management und an der T4 waren von der Einbringung der Beteiligungen in die T4 nicht erfasst.

2. Unmittelbar anschließend brachte die erwerbende T4 als alleinige Kommanditistin der T... Beteiligung Holding GmbH & Co. KG mit demselben notariellen Einbringungs- und Einlagevertrag vom 11.12.2012 den Teilbetrieb "Beteiligungen" in die T... Beteiligung Holding (2. Schritt) im Wege der Einzelrechtsnachfolge ein und trat die Beteiligungen ab. Der dingliche Vollzug des Einbringungs- und Einlagevertrags erfolgte insoweit im Innenverhältnis mit sofortiger Wirkung.

Die Gesellschafter der NB 3 GmbH fassten am 11.12.2012 den schriftlichen Gesellschafterbeschluss zur Abtretung des 50%igen Gesellschaftsanteils der T1 an die T4 und von der T4 an die T... Beteiligung Holding.

Die Gesellschafter der X3 GmbH und der T5 erteilten am 11.12.2012 die Zustimmungserklärungen zur Abtretung von Gesellschaftsanteilen an der X3 GmbH als auch an der C5 GmbH und an der T5 Gesellschaft mbH von der T1 an die T4 und von der T4 an die T... Beteiligung Holding.

Die T4 als alleinige Kommanditistin der T... T&S übertrug mit demselben notariellen Einbringungs- und Einlagevertrag vom 11.12.2012 den Teilbetrieb "operatives Flüssiggasgeschäft" (insbesondere bestehend aus immateriellen Vermögensgegenständen wie Marken, technischen Schutzrechten, "know how" sowie beweglichen Sachen, technischen Anlagen und Maschinen, Vorräten, Wertpapieren, Büchern, Unterlagen, Verbindlichkeiten, Rückstellungen, sämtlichen Rechten aus Verträgen und Vertragsangeboten im Wege der Vertragsübernahmen) - mit Ausnahme der Grundstücke - im Wege der Einzelrechtsnachfolge auf die T... T&S.

Die T4 blieb einzige Kommanditistin der T... T&S und der T... Beteiligung Holding.

Die T4 behielt zunächst den Kommanditanteil der T1 GmbH & Co. KG an der T3 GmbH & Co. KG. Die Eintragung der T4 GmbH & Co. KG im Handelsregister als neue alleinige Kommanditistin der T3 GmbH & Co. KG erfolgte am 17.12.2012.

3. Die T4 übertrug mit privatschriftlichem Entnahme- und Abtretungsvertrag vom 2.1.2013 den Kommanditanteil an der T3 GmbH & Co. KG wieder zurück auf die T1 GmbH & Co. KG mit sofortiger dinglicher Wirkung (3. Schritt). Die Eintragung der T1 GmbH & Co. KG als alleinige Kommanditistin der T3 GmbH & Co. KG im Handelsregister erfolgte am 22.1.2013.

4. Die seit dem 15.1.2013 im Handelsregister eingetragene T1 GmbH & Co. KG verkaufte und trat mit privatschriftlichem Kauf- und Abtretungsvertrag vom 17.1.2013 den Kommanditanteil an der T3 GmbH & Co. KG an die TTG mit sofortiger dinglicher Wirkung ab (4. Schritt).

Der vereinbarte Kaufpreis von 15 Mio. Euro sollte innerhalb von 4 Wochen fällig werden.

5. Die T... Verwaltung entnahm der T1 GmbH & Co. KG mit am 18.1.2013 geschlossenen notariellen Entnahme- und Abtretungsvertrag die Gesellschaftsanteile an der T... Management GmbH und die Kommanditanteile an der T4 GmbH & Co. KG mit dinglicher Wirkung zum 22.1.2013 (5. Schritt). Die T... Management GmbH blieb die einzige Komplementärin der T4 GmbH & Co. KG, während die T... Verwaltung deren einzige Kommanditistin war.

6. Die T1 GmbH & Co. KG verschmolz sich mit notariellem Vertrag vom 18.1.2013 auf die sie aufnehmende TTG. Die Eintragung im Handelsregister erfolgte am 31.1.2013 (6. Schritt).

Zu einer Zahlung des Kaufpreises für den Kommanditanteil an der T3 GmbH & Co. KG von 15 Mio. Euro durch die TTG an die T1 GmbH & Co. KG kam es infolge der Eintragung der Verschmelzung im Handelsregister nicht mehr, was auch beabsichtigt war.

Nach der Satzung der NB 2 vom 18.1.2013 war Gegenstand des Unternehmens die Anschaffung von Transportmitteln, deren Vermietung oder eigene Verwendung. Die Gesellschaft war ferner berechtigt, Beteiligungen an Unternehmen jeder Art, unter anderem auch an der T...-Unternehmensgruppe aufzunehmen. Geschäftsführer der NB 2 waren seither der einzelvertretungsberechtigte Dr. HT. Seit dem 5.2.2012 waren Dr. FG und RB2 sowie seit dem 14.2.2012 ST zu weiteren Geschäftsführern bestellt (jeweils Datum der Eintragung im Handelsregister). Die TTG führte seit dem 5.2.2013 (Datum der Eintragung im Handelsregister) die Bezeichnung "NB 2".

Das Vermögen der NB 2 bestand am 31.1.2013 aus dem 100-prozentigen Kommanditanteil an der T3 GmbH & Co. KG und dem Kesselwagenvermietungsbetrieb der TTG T... Transport GmbH. Die TTG verfügte über kein eigenes Personal. Das operative Betriebsvermögen der TTG umfasste zum 31.1.2013 ca. 148 Eisenbahnkesselwagen unterschiedlichen Alters. Ein Teil der Druckkesselwagen war bis zu 40 Jahre alt, wobei die Abschreibungsfrist 20 Jahre betrug bzw. beträgt. Ca. ein ¾ Jahr vor der Verschmelzung hatte die TTG T... Transport GmbH in neue Kesselwagen investiert. Der Anschaffungspreis für einen fabrikneuen Kesselwagen lag bei ungefähr 130.000 bis 135.000 Euro ohne Umsatzsteuer. Der Verkehrswert des Kesselwagenbestands der NB 2 lag im Zeitpunkt der Eintragung der Verschmelzung bei ca. 8 Mio. Euro. Ferner war die TTG (NB 2) in drei Bezugsverträge der T1 GmbH & Co. KG mit Lieferanten und drei Lieferverträge mit Abnehmern eingetreten.

Die Bilanz der TTG wies nach dem Jahresabschluss zum 30.6.2012 ein Eigenkapital von ca. 1.177.000 Euro aus. In dieser Höhe lag nach Einschätzung einer Werthaltigkeitserklärung zur Sachkapitalerhöhung der Wirtschaftsprüfer vom 11.12.2012 auch der Substanzwert der TTG. Im Bilanzgewinn enthalten war ein Gewinnvortrag in Höhe von ca. 878.683 Euro aus dem Vorjahr. Das Eigenkapital der Gesellschaft betrug zum 11.12.2012 mindestens 85.256 Euro. Es entsprach dem Nennbetrag des neu ausgegebenen Geschäftsanteils und damit dem Wert der von Dr. HT übernommenen Stammeinlage. Die Bilanzsummen der TTG wiesen in den Jahren 2010 ca. 2,4 Mio. Euro, 2011 ca. 2,3 Mio. Euro, 2012 bis ca. 2,31 Mio. Euro nach den Jahresabschlüssen zum 30.6. auf. Die Verbindlichkeiten lagen nach dem Jahresabschluss zum 30.6.2012 bei ca. 993.540 Euro. Rückstellungen für Pensionen waren in Höhe von annähernd 137.143 Euro in der Bilanz zum 30.6.2012 ausgewiesen. Das Guthaben bei Kreditinstituten betrug nach der Bilanz zum 30.6.2012 ca. 330.000 Euro. Die von der TTG erwirtschafteten Umsatzerlöse lagen nach der Gewinn- und Verlustrechnung für das Geschäftsjahr 2011/2012 bei ca. 1,183 Mio. Euro und nach der Gewinn- und Verlustrechnung für das Geschäftsjahr 2010/2011 bei ungefähr 1,148 Mio. Euro. Im Geschäftsjahr 2010/2011 erwirtschaftete sie einen Jahresüberschuss von rund 68.271 Euro und im Geschäftsjahr 2011/2012 einen Fehlbetrag von ungefähr -1.362 Euro jeweils nach Steuern. Die Gewinn- und Verlustrechnung für die Geschäftsjahre 2011/2012 und 2010/2011 wies für das Geschäftsjahr 2011/2012 einen Bilanzgewinn in Höhe von 877.321 Euro und für das Geschäftsjahr 2010/2011 einen Bilanzgewinn in Höhe von 878.683 Euro jeweils nach Gewinnvortrag aus. Letzterer wurde nach einem Beschluss des geschäftsführenden Gesellschafters im November 2011 auf neue Rechnung vorgetragen.

Die Bilanz der NB 2 zum 30.6.2013 wies Rückstellungen für das zu erwartende Bußgeld in Höhe von rund 14,729 Mio. Euro aus. Die Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten valutierten in einer Höhe von ungefähr 1,25 Mio. Euro. Die Verbindlichkeiten gegenüber verbundenen Unternehmen betrugen ca. 1,708 Mio. Euro und aus Lieferungen und Leistungen rund 141.000 Euro. Die sonstigen Verbindlichkeiten lagen bei ungefähr 841.250 Euro. Insgesamt lag die Höhe der Verbindlichkeiten bei annähernd 3,940 Mio. Euro. Nach der Gewinn- und Verlustrechnung vom 1.7.2012 bis 30.6.2013 erzielte die NB 2 Umsatzerlöse in Höhe von ca. 1,208 Mio. Euro. Der Jahresfehlbetrag betrug ungefähr -3,967 Mio. Euro (nach Steuern) und rund -3,940 Mio. Euro (vor Steuern).

III. Der inländische Markt für Flüssiggas in Tanks:

1. Allgemeines

a) Flüssiggas (engl. liquefied petroleum gas) ist ein Gemisch aus Propan und Butan sowie deren Gemische, das bei Raumtemperatur unter vergleichsweise geringem Druck flüssig bleibt. Es handelt sich um einen fossilen Energieträger, der aber schadstoffärmer (weniger Feinstaub und weniger Kohlendioxid) als Erdöl ist. Es fällt als Nebenprodukt bei der Rohölraffinierung (Erdöl) und als Begleitgas bei der Förderung von Erdöl und Erdgas u.a. in der Nordsee an. Von dort aus wird es per Schiff in den Nordseehäfen angelandet. Aufgrund der Entfernung zu den Seehäfen und -terminals bestand im Tatzeitraum ein Süd-Nord- und Ost-West-Preisgefälle bedingt durch die Transportkosten. Nach Deutschland importiert wurde und wird das Flüssiggas über den sogenannten ARA-Raum (Amsterdam, Rotterdam, Antwerpen) oder über die Seehafen-Terminals in Brunsbüttel und Emden. Zur Aufnahme der mit Binnenschiffen aus Belgien und aus den Niederlanden bezogenen Flüssiggasmengen standen Ende 1996 fünf Binnenhafen-Terminals (Duisburg, Krefeld, Mainz, Mannheim und Münster; das Terminal Karlsruhe wurde 1996 geschlossen) an deutschen Schifffahrtstraßen zur Verfügung. Die Binnenhafen-Terminals waren und sind Flüssiggasläger oder Umschlagstellen, die der Versorgung der regionalen Läger und Füllstellen der Flüssiggasversorgungsunternehmen dienen. Von den Raffinerien im ARA-Raum wird seit den 1970er Jahren Flüssiggas in sogenannten Kesseldruckwagen mit der Bahn transportiert. Die Versorgung der regionalen Läger ebenso wie die Belieferung der Großabnehmer in der Industrie und Chemie erfolgt überwiegend durch Bahnkesselwagen. Vereinzelt verfügen auch die kleineren Flüssiggaslieferanten über sogenannte Kesselwagenabfüllstationen. In diesen Fällen erwirbt der Flüssiggaslieferant eine ganze Kesselwagenladung mit Flüssiggas aus dem ARA-Raum von einem Großhändler und lässt den Kesselwagen per Bahn zu seiner Abfüllstation bringen. Dort wird der Inhalt unmittelbar in den Tankwagen umgefüllt.

Ferner wird Flüssiggas überwiegend im Inland in Raffinerien erzeugt. Mindestens 14 Raffineriestandorte waren nach den Jahresberichten des DVFG in den Jahren 2001 bis 2004 über die gesamte Bundesrepublik verteilt, und zwar in Karlsruhe, Hamburg-Harburg, Schwedt (Oder), Köln-Godorf, Wesseling, Gelsenkirchen, Leuna (Inbetriebnahme durch die U... S.A. 1997), Ingolstadt, Hemmingstedt (Heide), Lingen (Ems), Vohburg, Salzbergen, Neustadt, Uetze-Dollbergen.

Zur Belieferung eines Tankbesitzers durch Straßentankwagen wird eine tägliche Tourenplanung erstellt. Transporte in Tanklastwagen auf der Straße müssen über eine Gefahrgutkennzeichnung verfügen. Hierzu bedienten sich die führenden Flüssiggasunternehmen seit den Jahren 1996/1997 der Ausfuhr über die NB 7 und die (beiden) F1-Gesellschaften und davor - regional begrenzt - ihrer Vorgängergesellschaften. In deren Auftrag transportierten neben eigenen Fahrern auch selbständige Flüssiggasspediteure, die das Flüssiggas bei den nächstgelegenen Raffinerien oder aus dem ARA-Raum beschafften.

b) Flüssiggastanks zur Wärmeenergiegewinnung für Ein- und Zweifamilienhäusern waren im Tatzeitraum und sind auch heute vor allem in überwiegend ländlichen Gebieten anzutreffen und überall dort, wo aus immissionsschutzrechtlichen Gründen die Aufstellung von Heizöltanks untersagt war bzw. ist, also z.B. in Wasserschutzgebieten. Insbesondere in Gebieten, in denen eine leitungsgebundene Versorgung mit Erdgas oder Fernwärme nicht wirtschaftlich war, erfolgte eine Versorgung über Flüssiggas. Tankgasbehälter in einer Größenordnung von bis zu 2,9 Tonnen bedurften und bedürfen keiner bundesimmissionsschutzrechtlichen Genehmigung oder einer Baugenehmigung. Tanks mit einem Fassungsvermögen größer als 2,9 Tonnen verfügten und verfügen zur Vermeidung der Genehmigungspflicht in der Regel über sogenannte Füllstandsbegrenzer. Durch diese war und ist das Fassungsvolumen auf ungefähr 6.400 Liter Flüssiggas begrenzt, wobei die Tanks aber nur mit bis zu 5.440 Litern Flüssiggas, also zu ca. 85 %, befüllt wurden. In den ostdeutschen Bundesländern war und ist diese Versorgungsform auch heute noch sehr häufig anzutreffen, zumeist in Form von oberirdischen Tanks. Möglich war und ist aber auch die Versorgung durch im Erdreich eingegrabene, sogenannte unterirdische Tanks. Gebräuchliche Tankgrößen waren und sind Tanks zu 0,9 Tonnen (2.750 Liter), 1,2 Tonnen (4.850 Liter), 2,9 Tonnen (6.400 Liter) und 5,6 Tonnen.

Zu den Abnehmern von Flüssiggas zählten nach dem DVFG-Jahresbericht 2004 ca. 406.000 Tankgas-Endverbraucher und ca. 26.000 Flaschengas-Vertriebsstellen. Im Jahr 1996 waren es noch ungefähr 420.000 Tankgas-Endverbraucher und ca. 30.000 Flaschengas-Vertriebsstellen. Zu den Tankgas-Endverbrauchern zählten Gewerbetreibende (einschließlich industrieller und einfacher Landwirtschaftskunden) ebenso wie private Endverbraucher. Industriekunden wurden im Streckengeschäft von den Großhändlern beliefert.

Neue Kunden wurden und werden den Unternehmen in der Regel durch Architekten und Heizungsbauer - unter Umständen gegen Zahlung einer Provision - vermittelt.

Im Jahr 1996 existierten rund 140 Flüssiggasläger mit einer Lagerkapazität von über 30 Tonnen, die mit Füllstationen für Tankwagen und/oder mit Anlagen zur Flaschenbefüllung ausgerüstet waren. Derzeit besteht ein Netz von ca. 129 Flüssiggaslägern in Deutschland. Diese werden und wurden von der NB 7 und der F1 verwaltet sowie von ihren Gesellschaftern und Kooperationspartnern gemeinsam genutzt. Andere DVFG-Mitglieder und Kooperationspartner konnten die von der F1 und der NB 7 vorgehaltenen Lagerkapazitäten mieten.

2. Die Versorgungsunternehmen:

Die im DVFG-organisierten Anbieter von Flüssiggas waren und sind seit der Nachkriegszeit in Deutschland tätig. Zu ihnen zählen auch die ehemals nebenbetroffenen Versorgungsunternehmen und die T1.

Darüber hinaus kooperierten die (verurteilten) nebenbetroffenen Versorgungsunternehmen und weitere DVFG-Flüssiggas-Versorgungsunternehmen in unterschiedlicher Beteiligung in verschiedenen Gemeinschaftsunternehmen beim Import über die Seehäfen, beim Einkauf von Flüssiggas, bei der Abfüllung, Lagerung und bei der Ausfuhr von Flüssiggas für Tanks und in Flaschengaszylindern sowie beim Autogas und bei der Überwachung von Flüssiggasanlagen.

Die DVFG-Mitglieder unterhalten ferner seit dem Jahr 1987 in den alten und seit 1992 in den neuen Bundesländern einen FSD Flüssiggas-Sicherheitsdienst (nachfolgend: FSD). Bei Unfällen oder drohender Gefahr in den Bereichen Lagerung und Umschlag von Flüssiggas in ortsfesten und ortsbeweglichen Behältern sowie Transport von Flüssiggas in Eisenbahnkesselwagen leistet der FSD auf Anforderung des vor Ort zuständigen Einsatzleiters des öffentlichen Dienstes unter dessen Leitung und Verantwortung Hilfe. Angefordert werden kann der FSD ausschließlich von den Leitstellen und Einsatzzentralen der öffentlichen Dienste. Für die Hilfeleistung ist es ohne Bedeutung, ob der jeweilige Nutzer ein Flüssiggas-Kunde eines DVFG-Mitgliedsunternehmens ist. Der Einsatz von Hilfskräften und -mitteln wird durch die jeweils hilfeleistenden Unternehmen in Rechnung gestellt.

3. Die Tankmodelle, die Vertragslage und die Preisdaten:

Der Flüssiggasmarkt für Tankgas (nachfolgend: Flüssiggasmarkt) war jedenfalls zu Beginn der 1990er Jahre von dem Trachten der (verurteilten) nebenbetroffenen Versorgungsunternehmen gekennzeichnet, durch die Kombination von mehrjährigen oder auf unbestimmte Zeit geschlossenen Kauf- und Sukzessivlieferverträgen mit Ausschließlichkeits- und Gesamtbedarfsdeckungsklauseln die privaten Endverbraucher und Gewerbekunden langfristig an sich zu binden. Die Flüssiggasunternehmen boten aus diesem Grund überwiegend die Lieferung von Flüssiggas im sogenannten Miettank- oder Nutzungstankmodell an.

Dabei bevorzugten sie bis Mitte der 1990er Jahre Vertragslaufzeiten von fünf bis zu zehn Jahren oder länger. Die Kündigung dieser Verträge sollte erst unter Einhaltung einer bis zu dreimonatigen Kündigungsfrist zum Ende der vereinbarten Vertragslaufzeit möglich sein. Die Vereinbarungen enthielten auch Verlängerungsklauseln um jeweils ein Jahr oder länger, wenn der Vertrag nicht schriftlich unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von drei Monaten gekündigt wurde. Die Unternehmen beriefen sich zur Erklärung der langfristigen Bindung der Endverbraucher darauf, dass dadurch ihre Wettbewerbsfähigkeit gegenüber anderen Unternehmen wegen der besseren Vorhersehbarkeit des Bedarfs an Flüssiggas erhalten bliebe oder sie investiert hatten. Tatsächlich wurde der Markt durch das Bündel an gleichartigen langfristigen Verträgen gegenüber Wettbewerbern tendenziell abgeschottet.

Seit etwa Mitte der 1990er/Anfang der 2000er Jahre gingen die Unternehmen und ihre Vorgängerinnen dazu über, insbesondere neue und Kauf- und Sukzessivlieferverträge mit privaten Abnehmern unter Einhaltung einer AGB-rechtlich zulässigen Vertragslaufzeit von zwei Jahren zu schließen.

Anlass für die Änderung des Angebotsverhaltens gab eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf in einem Verfahren gegen die Ende des Jahres 1995 mit der P1 verschmolzene P5 Deutschland GmbH, Düsseldorf, einer Tochtergesellschaft des S2-Konzerns. Nach dem rechtskräftigen Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 12.10.1995, 6 U 217/94, war auch eine handschriftlich in eine vorformulierte Klausel eingetragene Laufzeit von 10 Jahren keine Individualvereinbarung im Sinne des § 1 Abs. 2 AGBG a.F. Altverträge wurden von den Versorgungsunternehmen allerdings oftmals erst dann umgestellt, wenn der Endverbraucher (Haushalts- und Gewerbekunde) - nach Beratung durch die freien Anbieter - diese rechtlich auf unbestimmte Zeit geschlossenen und damit jederzeit kündbaren Verträge zu beenden drohte. Im Osten Deutschlands liefen die langfristigen Versorgungsverträge mit einer AGB-rechtlich unzulässigen Vertragslaufzeit von zehn Jahren erstmals gegen Ende der 1990er Jahre aus. Diesen Umstand nutzten vor allem die ab Ende der 1990er Jahre in den Markt eintretenden sogenannten freien Anbieter, indem sie die Endverbraucher über die Möglichkeiten zur Beendigung der Verträge mit den im DVFG-organisierten Versorgungsunternehmen aufklärten.

Die Preise für Flüssiggas wurden nicht regelmäßig in Zeitungen oder Anzeigenblättern veröffentlicht. Auf ihren Internetseiten veröffentlichten die (verurteilten) nebenbetroffenen Versorgungsunternehmen wie auch die T... GmbH & Co. KG a.A. (T1) ab dem Jahr 2000 keine Flüssiggaspreise, sondern nur ihre Unternehmensprofile und Kontaktdaten.

a) Versorgungsverträge und Miettankmodell:

Unter dem "Miettankmodell" verstanden und verstehen die (verurteilten) nebenbetroffenen Versorgungsunternehmen die Vermietung von in ihrem Eigentum stehenden und verbleibenden unterirdischen oder oberirdischen Tanks aller Größenordnungen zu einer in monatlichen Teilbeträgen oder jährlich zu entrichtenden Miete. Hierfür verwandten sie Formular-Verträge. Zeitgleich und vielfach mit demselben Vertragsformular schlossen sie mit den Endverbrauchern (Haushalts- und Gewerbekunden) langfristige Vereinbarungen über die Belieferung mit Flüssiggas und weitere Vereinbarungen über die 2- und 10-jährige (Sicht- und Dichtheits-)Prüfungen und Wartungen der Tanks.

Die Vertragsvordrucke waren oftmals so gestaltet, dass sie Raum für hand- oder maschinenschriftliche Eintragungen insbesondere der Vertragslaufzeiten und der Verlängerungszeiträume ließen. Die Formularvereinbarungen sahen ferner vor, dass die jeweils aktuellen Nettopreise je 100 Liter Flüssiggas inklusive Mineralölsteuer und zuzüglich Umsatzsteuer von dem das Formular unterzeichnenden Außendienstmitarbeiter hand- oder maschinenschriftlich ergänzt wurden. Wo dies nicht der Fall war, wurden die vorgedruckten Klauseln über Vertragslaufzeiten und Verlängerungszeiträume durch die Außendienstmitarbeiter der (verurteilten) nebenbetroffenen Versorgungsunternehmen auch handschriftlich abgeändert. Die Vertragsvordrucke enthielten darüber hinaus Preisanpassungsklauseln zugunsten der Lieferanten.

Die Versorgungsunternehmen belieferten die Flüssiggastankkunden in der Regel innerhalb von einem bis fünf Werktagen. Die Versorgungsverträge der Nebenbetroffenen enthielten keine Versorgungsgarantie. Höhere Gewalt, schlechte Witterungsverhältnisse oder Streiks befreiten sie von der Lieferpflicht. Zu längeren Lieferzeiten kam es tatsächlich nur bei schlechten Witterungsverhältnissen in strengen Wintern.

Für sogenannte Notbefüllungen (bei einem Füllstand der Tanks von unter 25 bis 30%) rechneten die nebenbetroffenen Unternehmen und auch die freien Anbieter Sonderfahrten zu einem höheren Preis ab, für Flüssiggasmengen unter 1.000 Liter erhoben sie Mindermengenzuschläge.

Darüber hinaus enthielten die Versorgungsverträge Exklusivbezugsverpflichtungen und Gesamtbedarfsdeckungsklauseln.

Die Vertragsformulare sahen vor, dass die Endverbraucher die Kosten für Anlieferung und Aufstellung des Flüssiggasbehälters, jedenfalls aber die Kosten für den Abbau, die Entleerung des Behälters sowie den Rücktransport auf das nächstgelegene Lager trugen. Nur gelegentlich wurden die Kosten für die Anlieferung und Aufstellung der Tanks von den Versorgungsunternehmen getragen.

b) Versorgungsverträge und Nutzungstankmodell:

Das Nutzungstankmodell sah demgegenüber die Zahlung eines einmaligen Entgelts für die gesamte Laufzeit des damit verknüpften Lieferabkommens gegen Gewährung des Rechts, den Flüssiggasbehälter zu nutzen, vor. Das Eigentum am Tank verblieb nach diesem Modell ebenfalls bei den Versorgungsunternehmen. Auch die Nutzungsverträge wurden Anfang bis Mitte der 1990er Jahre über einen Zeitraum von fünf, zehn oder mehr Jahren geschlossen.

Die Verträge der NB 6 beinhalteten in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen zudem eine Klausel, welche besagte, dass bei einer Verlängerung des Gasliefervertrages sich die Nutzung des Flüssiggasbehälters ohne Nachzahlung automatisch um weitere fünf oder mehr Jahre verlängert. Bisweilen nahmen die Endverbraucher deswegen irrtümlich an, dass sie Eigentümer des Tanks seien.

c) Versorgungsverträge und Eigentumstankmodell:

Beim Eigentumstankmodell erwarb der Kunde den Tank vom (verurteilten) nebenbetroffenen Versorgungsunternehmen. Mit den Versorgungsunternehmen, die den Verkauf von Eigentumstanks ebenfalls anboten, schloss der Kunde einen langfristigen Liefervertrag. In dessen Rahmen musste er sich verpflichten, das Flüssiggas ausschließlich bei dem Versorgungsunternehmen zu beziehen. Wenn er mit dem Versorgungsunternehmen keinen Wartungsvertrag schloss, musste er die Wartungen und Sicherheitsprüfungen alle zwei oder zehn Jahre selbst an Dritte in Auftrag geben (sogenannte eigene Tankverantwortung).

d) englische Klauseln:

Insbesondere in Verträgen mit Gewerbekunden, aber auch mit privaten Endverbrauchern, waren in sogenannten Ergänzungs- oder Zusatzvereinbarungen zu den Lieferabkommen sogenannte englische Klauseln vereinbart. Diese hatten zum Beispiel nach den Lieferverträgen der T... GmbH & Co. KG a.A. folgenden Wortlaut:

"Der Kunde hat das Recht, Wettbewerbsangebote einzuholen. Sofern ein preisgünstigeres schriftliches Angebot vorliegt, steht es T... frei, darauf einzusteigen oder der Kunde ist für diese Befüllung durch den Wettbewerb bis zur Klärung freigestellt."

e) Wartungsverträge:

Darüber hinaus boten die Versorgungsunternehmen nach dem Prinzip "Alles aus einer Hand" auch die Wartung und Prüfung der Tankbehälter an. Für die Wartungs- und Prüfungsleistungen entrichteten die Eigentumstankkunden ein gesondertes Entgelt an die Versorgungsunternehmen oder die von ihnen beauftragten oder vermittelten Dienstleister, das monatlich oder jährlich zu zahlen war. Die Versorgungsunternehmen verpflichteten sich zur Überwachung und Ausführung der alle zwei Jahre stattfindenden äußeren (Sicht-)Prüfung der Behälter, zur Vorbereitung und Durchführung der im 10. Jahr anfallenden inneren Prüfung des Behälters einschließlich der TÜV-Sachverständigenprüfung, zur Vorbereitung und Durchführung einer Druck- und Dichtheitsprüfung an der Mitteldruckrohrleitung (Rohrleitungsabschnitt zwischen Behälter und Hausanschlusskasten) sowie zur (einmaligen) Lackierung des Behälters.

f) Preis-Datensätze der T1 GmbH (vormals T... (Energie) GmbH & Co. KG a.A.):

Die von dem Privatgutachter der Versorgungsunternehmen zur Verfügung gestellten und in die Hauptverhandlung eingeführten Preis-Datensätze aller verurteilten Versorgungsunternehmen und der T1 GmbH lagen in aggregierter Form (pro Kunde und Monat) vor. Die Datensätze der T1 GmbH unterschieden nach zwei Tankmodellen sowie nach zwei Kundengruppen (Haushalts- und Gewerbekunden) und nach vierstelligen Postleitzahlregionen für den gesamten Zeitraum.

Die Datensätze aller Versorgungsunternehmen einschließlich der T1 GmbH enthielten auch die über die NB 7 an Neukunden ausgelieferten Absatzmengen, jedoch keine über die F1 an Neukunden ausgelieferten Mengen.

Die Datensätze der T1 GmbH beinhalteten ferner die an Zählerkunden ausgelieferten Mengen. In den Datensätzen der T1 GmbH waren zudem auch Absatzmengen der T2 GmbH für den Zeitraum 1.7.1997 bis November 2001 enthalten.

Die in den Datensätzen enthaltenen, monatsweise pro Kunde aggregierten Mengen waren in Tonnen angegeben. Die T1 GmbH verwandte von der geodätischen Höhe und der Temperatur des Flüssiggases im Inneren des Tankfahrzeuges gemessene, von der Umgebungstemperatur unabhängige Umrechnungsfaktoren. Die nachstehende Tabelle zeigt die im Jahresdurchschnitt sich ergebenden Dichtefaktoren:

Verdichtung auf Jahresmittelwerte (ungewichtet)

Jahr/ Nebenbetroffene

1997

1998

1999

2000

2001

2002

2003

2004

2005

T1

1,9350

1,9250

1,9277

1,9291

1,9313

NB 3

1,8796

1,9299

1,9310

1,9276

1,8984

Verdichtung auf Jahresmittelwerte (ungewichtet)

Jahr/ Nebenbetroffene

1997

1998

1999

2000

2001

2002

2003

2004

2005

P1

1,9347

1,9247

1,9277

1,9290

1,9261

1,9291

1,9405

1,9379

1,9086

NB 6

1,9001

1,9001

1,9001

1,9001

1,9001

1,9001

1,9410

1,9377

1,9073

NB 1

1,9334

1,9248

1,9257

1,9289

1,9259

1,9294

1,9413

1,9366

1,9040

NB 4

1,9306

1,9230

1,9238

1,9262

1,9232

1,9264

1,9385

1,9349

1,8999

4. Die freien Anbieter:

Ab Mitte bis Ende der 1990er Jahre traten auch sogenannte "freie", das heißt nicht im DVFG-organisierte Anbieter auf dem deutschen Flüssiggasmarkt auf. Bis Ende 2004 erreichten ca. 180 freie Unternehmen einen gemeinsamen Marktanteil von ca. 15%.

Zum Teil gründeten ehemalige Beschäftigte der im DVFG-organisierten Versorgungsunternehmen eigene Unternehmen. Zum Teil schlossen sich Landwirte in Einkaufskooperationen zusammen, die aber nicht nur Landwirten offen standen. Wettbewerber aus den Niederlanden suchten insbesondere in Nord- und Westdeutschland nach Absatzmöglichkeiten, auch indem sie beispielsweise als Vorlieferanten auftraten.

Die freien Anbieter bezogen im Tatzeitraum ihr Flüssiggas ebenso wie die Versorgungsunternehmen entweder direkt bei den Raffinerien durch Selbstabholung oder mittels Speditionen oder aber aus dem ARA-Raum über Kesselwagentransporte. Sie erwarben ganze Kesselwagenladungen bei den Großhändlern wie der T1 GmbH (& Co. KG) im Streckengeschäft. Daneben bestand die Möglichkeit, durch sogenannte Spotkäufe Flüssiggas zu niedrigeren Beschaffungspreisen einzukaufen. Die freien Anbieter lieferten ebenso wie die (verurteilten) nebenbetroffenen Versorgungsunternehmen das Flüssiggas für Tanks frei Haus in sogenannten Straßentankwagen. Das ausgelieferte Flüssiggas erfüllte die DIN-Norm 51622. Die Lieferzeit betrug in der Regel ein bis fünf Werktage. Schlechte Witterungsverhältnisse oder der Ausfall von Raffinerien trafen sie gleichermaßen wie die Versorgungsunternehmen.

Zum Teil arbeiteten die freien Anbieter auch mit dem im Jahr 1987 gegründeten Bund der Energieverbraucher zusammen, der Informationen über Flüssiggaspreise und Kontaktdaten an private Endverbraucher und Gewerbekunden gegen Zahlung einer Gebühr vermittelte. Die Flüssiggaspreise wurden für den preisbewußter gewordenen Endverbraucher erst transparenter, als der Bund der Energieverbraucher seit etwa des Jahres 2000 auf seiner Internetseite eine sogenannte "Flüssiggasbörse" mit wöchentlich aktuellen Preisen für Flüssiggas veröffentlichte. Zuvor gab er ca. vierteljährlich eine Zeitschrift mit dem Titel "Energiedepesche" heraus, in der die Flüssiggaspreise der vergangenen Monate veröffentlicht waren.

Die freien Anbieter transportierten das Gas entweder selbst, wie zum Beispiel die Unternehmen H 2 GmbH, F4 GmbH & Co. KG, O2 GmbH & Co. KG, oder schalteten Speditionen ein, wie zum Beispiel die K...-Gesellschaften und die I2 GmbH. Auf diese Weise konnten beispielsweise auch im Norden Deutschlands ansässige Unternehmen - wie die I2 GmbH - größere Entfernungen überwinden und - auf Bestellungen von privaten Endverbrauchern und Gewerbekunden - auch Flüssiggas in Bayern ausliefern.

Die freien Anbieter warben im Tatzeitraum mit Anzeigen in regionalen Zeitungen, in Anzeigenblättern und mit Flyern in Briefkästen.

a) Eigentumstanks:

Viele der freien Anbieter beschafften ihren Kunden Tanks aller Größenordnungen zu Eigentum (sogenannte Eigentumstanks). Sie verzichteten auf langjährige Mietverträge und auf langjährige Lieferverträge mit Gesamtbedarfsdeckungsklauseln.

Die H4 mbH & Co. KG, die F4 GmbH & Co. KG, die G1 GmbH, die H3 Flüssiggas GmbH, die I2 GmbH und die O2 GmbH boten ausschließlich die Beschaffung von Eigentumstanks und keine Tankvermietung an.

Daneben boten die freien Anbieter auch die erforderlichen Wartungsleistungen an. Dies geschah, indem sie entweder selbst die zweijährigen Prüfungen durch ihr entsprechend geschultes Ausfuhrpersonal vornehmen ließen (z.B. K...-Gruppe) oder indem sie für die zweijährige Prüfung Dritte (insbesondere Heizungsinstallateure) und für die zehnjährige Prüfung die Technischen Überwachungsvereine (TÜV) dem diese Leistungen nachfragenden Kunden vermittelten (z.B. I2; K...-Gruppe).

b) Miettanks:

Die freien Anbieter E4, H 2 GmbH, K...-Gruppe, diese bestehend aus mindestens drei rechtlich selbständigen Gesellschaften, und Z1 Flüssiggas boten zudem Miettanks an und belieferten ihre Miettankkunden aufgrund von ein- bis zweijährigen Lieferverträgen.

c) Abzahlungskauf/Kauftanks:

In geringem Umfang finanzierten die freien Anbieter auch den sogenannten Abzahlungskauf eines Eigentumstanks vor. In diesem Fall blieb der Tank bis zur vollständigen Bezahlung des Kaufpreises Eigentum des freien Anbieters. Gleichzeitig verpflichtete sich der Endverbraucher, nur von dem freien Anbieter das Flüssiggas zu beziehen. Diese Verpflichtung endete jedoch mit der Zahlung der letzten Kaufpreisrate.

d) Wechselkosten:

Miettankkunden der (verurteilten) nebenbetroffenen Versorgungsunternehmen, die zu einem freien Anbieter wechseln wollten, der das Miettankmodell nicht anbot, mussten sich einen sogenannten Eigentumstank anschaffen. Dies war ihnen nur möglich, sofern sie bereit waren, die mit Abbau, Ausgrabung und Abtransport des Miettanks und der Anschaffung eines Eigentumstanks verbundenen Kosten zu tragen, es sei denn, der freie Anbieter übernahm einen Teil der Kosten.

Die sogenannten objektiven Wechselkosten (Anschaffung oberirdischer oder unterirdischer Tank, Betonplatte für oberirdischen Tank, Eingrabungskosten, Transportkosten, Aufstellungsprüfung, Anschlussarbeiten, Regler, innere und äußere Prüfung, Finanzierungskosten) konnten je nach Tankgröße und Wahl eines oberirdischen oder unterirdischen Tanks den Betrag von 5.000 Euro bei einem Ein- bis Zweifamilienhaus erreichen. Bei größeren Objekten (Mehrfamilienhäusern) konnten die Kosten für die Tankanschaffung Beträge von mehreren 10.000 Euro erreichen.

In der Regel amortisierten sich die Anschaffungskosten - in Abhängigkeit von günstigeren Flüssiggaspreisen der freien Anbieter - für einen Eigentumstank in einem Zeitraum von mindestens sieben bis zehn Jahren. Die Lebensdauer der Tanks betrug und beträgt mehr als 20 Jahre.

e) Die zur Bestimmung des hypothetischen Wettbewerbspreises herangezogenen freien Anbieter:

(1) B7 mbH & Co. KG (nachfolgend: B7): Die im Januar 1990 in das Handelsregister eingetragene Gesellschaft hat ihren Unternehmenssitz in Hünxe/Nordrhein-Westfalen. Persönlich haftende Gesellschafterin ist die B7 Verwaltungsgesellschaft mbH in Xanten. Geschäftsführer war und ist der Landwirtschaftsmeister GE. Die Gesellschaft wurde Ende der 1980er Jahre gegründet mit dem Ziel, die Verkaufspreise für Schweine zu erhöhen und die Kosten für Futtermittel zu senken. Seit 1993 lieferte sie Flüssiggas insbesondere in die zweistelligen Postleitzahlregionen 32, 33, 35, 40 bis 49, 50 bis 59 und 63 aus, zunächst unter Einschaltung eines niederländischen Flüssiggasunternehmens. Unterschiede in der Preisgestaltung machte sie im Wesentlichen nur mit Blick auf die Transportkosten. Sie belieferte (fremde) Miettank- und Eigentumstankkunden, seit 2003 fast ausschließlich Eigentumstankkunden mit Flüssiggas. Grundlegend für das Geschäftsmodell war es, keine langfristigen, den gesamten Bedarf deckende Lieferverträge mit den Endkunden zu schließen. Das Unternehmen war ungefähr im Umkreis von bis zu 150 km vom Firmensitz tätig. Preisdaten lagen aus dem Zeitraum Januar 2001 bis April 2004 einschließlich vor.

(2) F4 GmbH & Co. KG (nachfolgend: F4): Das Unternehmen hat seinen Sitz in Neuruppin/Brandenburg. Persönlich haftende Gesellschafterin ist die F5. Geschäftsführer war und ist Dr. EUF, einer der ehemaligen Geschäftsführer der Nebenbetroffenen NB 7. Das Unternehmen nahm seine Liefertätigkeit im September 1999 auf. Seit 2003 belieferte es ausschließlich Eigentumstankkunden, davor Eigentumstankkunden und fremde Miettankkunden mit Flüssiggas. Absatzschwerpunkte des Unternehmens waren Nord- und Ostdeutschland, insbesondere die Postleitzahlregionen 1 bis 7, 9, 10 bis 19, 23 und 39, aber auch die Postleitzahlregion 99. Über die eigene Kesselwagenstation in Güstrow bezog es rund 60% seines Flüssiggases. Im Übrigen beschaffte es das Flüssiggas bei den Raffinerien in Hamburg, Bernburg, Schwedt und Leuna. Preisdaten konnten für den Zeitraum Januar 2000 bis April 2005 zur Verfügung gestellt werden.

(3) E4 AG: Die im Handelsregister Pinneberg eingetragene E4 AG (nachfolgend: E4) hat ihren Unternehmenssitz in Quickborn. Sie entstand im Jahr 2003 aus einem Zusammenschluss der S4 AG, Rendsburg, der H5 GmbH, Schwerin, und der H6 GmbH, Hamburg. Sie verfügte über Miet- und Eigentumstankkunden insbesondere in den Postleitzahlregionen 10 bis 14, 16 bis 19 sowie 21 bis 24 und 29. Mit den Miettankkunden schloss sie Versorgungsverträge über eine Vertragslaufzeit von 2 Jahren. Eine Preisanpassung des Arbeitspreises gegenüber dem Endkunden erfolgte grundsätzlich nur einmal im Jahr, um sich vom Wettbewerb abzuheben. Der Grundpreis beinhaltete die Kosten für die Miettanks. Wartungsarbeiten waren nicht im Grundpreis für das Flüssiggas enthalten, sondern mussten gesondert beauftragt und vergütet werden. Darüber hinaus wurde ein Arbeitspreis für das Flüssiggas in Abhängigkeit von der bezogenen Menge berechnet. Der Arbeitspreis für das Flüssiggas orientierte sich am BPAP ("British Petroleum Agreed Price"). Der Anteil der Miettankkunden lag mit Schwankungen bei ca. 74% (2001) bis 88% (2004). Preisdaten lagen vor für den Zeitraum März 2001 bis April 2005.

(4) G1 GmbH: Die im Handelsregister Siegburg eingetragene G1 GmbH (nachfolgend: G1) hat ihren Unternehmenssitz in Bad Honnef. Geschäftsführender Gesellschafter war und ist der Großhandelskaufmann RK2, ein ehemaliger Mitarbeiter von K1 (1991-2001 im Streckengeschäft). Das Unternehmen war seit November 2001 operativ tätig. Es versorgte mit Hilfe von Spediteuren seit dem Jahr 2003 ausschließlich Eigentumstankkunden, zuvor auch fremde Miettankkunden mit Flüssiggas. Das Kernabsatzgebiet lag insbesondere in den Postleitzahlregionen 51 bis 53. Darüber hinaus lieferte das Unternehmen in die Postleitzahlregionen 35, 36, 41 bis 46, 48, 50, 54 bis 59, 61, 66 und 67 sowie 74. Das Unternehmen schloss keine Dauerkauf-/Sukzessivlieferverträge, sondern einzelne Kaufverträge über das Flüssiggas. Preisdaten konnten von Juni 2002 bis April 2005 zur Verfügung gestellt werden.

(5) H3 Flüssiggas GmbH: Die H3 Flüssiggas GmbH (nachfolgend: H3) hat ihren Sitz in Gersthofen-Hirblingen in der Nähe von Augsburg. Sie nahm ihre Geschäftstätigkeit im April 1999 auf. Geschäftsführer waren und sind JH und EH, ein ehemaliger Verkaufsfahrer der NB 1 (1989 bis 1995, Niederlassung Augsburg). Das Unternehmen versorgte seit dem Jahr 2003 ausschließlich Eigentumstankkunden, zuvor auch fremde Miettankkunden und Eigentumstankkunden mit Flüssiggas. Absatzschwerpunkt des Unternehmens war Bayern, insbesondere die Postleitzahlregionen 80 bis 89 und 90 bis 98. Es erfolgten aber auch Lieferungen nach Baden-Württemberg, insbesondere in die Postleitzahlregion 70 bis 76 und 79. Das Unternehmen verfügte seit dem Jahr 2000 über ein eigenes Tanklager mit einer Kapazität von ca. 30 Tonnen. Für die Preisgestaltung war die abgenommene Menge ein wesentliches Kriterium. Preisdaten konnten für den Zeitraum ab April 1999 bis April 2005 einschließlich zur Verfügung gestellt werden.

(6) H 2 G.m.b.H.: Die im Handelsregister von Walsrode eingetragene H 2 G.m.b.H. (nachfolgend: H 2) ist ein Unternehmen der H 2-Unternehmensgruppe. Die Gesellschaft hat ihren Sitz in Visselhövede/Niedersachsen. Geschäftsführer waren und sind der Gesellschafter WH und der Betriebswirt RG (seit 2004). Die Gesellschaft war seit dem Jahr 1978 am Flüssiggasmarkt operativ tätig. Seit 1992 war sie überregional und vor allem in Nord- und Ostdeutschland, insbesondere in den Postleitzahlregionen 1 bis 6, 10 bis 19, 20 bis 29, 30 bis 34, 37 bis 39, 48, 49 und 59 tätig. Sie setzte mehr als 10.000 Tonnen Flüssiggas im Jahr ab und unterhielt im Tatzeitraum eigene Läger. Sie vermietete und verkaufte Tanks an Flüssiggaskunden. Ihre Kunden hatten die Möglichkeit, im Mietvertrag eine Kaufoption für den Tank zu vereinbaren oder über Kaufpreisraten den Tank abzuzahlen (sogenannte Mietkaufabzahlung). Miettankkunden mussten sich verpflichten, den gesamten Bedarf ausschließlich bei der H 2 für die Dauer der Vertragslaufzeit von zwei Jahren mit einer Verlängerungsfrist von einem Jahr zu decken. Eigentumstankkunden konnten auch Lieferverträge mit einer Vertragslaufzeit von zwei Jahren mit einer Verlängerungsfrist von einem Jahr schließen. Die Preisbildung für das Flüssiggas orientierte sich im Wesentlichen an der abgenommenen Menge. Der Kunde konnte einen Wartungsvertrag abschließen. Die Wartungskosten wurden gesondert berechnet. Der Anteil der Miettankkunden lag zwischen 63% (2004) und 68% (1998). Preisdaten lagen von Juli 1997 bis April 2005 vor.

(7) I2 GmbH (nachfolgend: I2): Die Gesellschaft mit Sitz in Damme, Nordrhein-Westfalen, war seit dem Jahr 1989 im Viehhandel und als Flüssiggashändlerin wirtschaftlich tätig. Sie wurde von der I3 e.V. (nachfolgend: I3) gegründet. Vereinsmitglied konnte jedermann werden. Der Mitgliedschaftsbeitrag beläuft sich auf derzeit 40 Euro. Für den Mitgliedschaftsbeitrag erhielt und erhält das Mitglied Informationen des Vereins und auch ein Flüssiggasangebot der I2. Im Jahr 1997 besaß der Verein ca. 8.000 Mitglieder. Geschäftsführer der I2 war der Landwirt FST von 1999 bis Mitte 2009, seit dem 1. 7.2009 war und ist es AS2. Das Unternehmen vermittelte Tankanlagen und verkaufte Flüssiggas exklusiv an die Mitglieder des I3. Mit dem Geschäftsbereich Flüssiggas erwirtschaftete die I2 ca. 20% ihres Gesamtumsatzes. Von 1999 bis 2003 wuchs der Anteil der Haushaltskunden auf ca. 50%. Die Gesellschaft lieferte bundesweit Flüssiggas an Eigentumstankkunden seit dem Jahr 2003 aus. Regionale Vertriebsschwerpunkte lagen in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen. Sie lieferte in die Postleitzahlregionen 1 bis 3, 6, 7, 9, 10 bis 14, 16 bis 19, 20 bis 29, 30 bis 39, 40, 42, 44 bis 49, 51, 53 bis 56, 58, 59, 61, 63 bis 67, 71 bis 74, 78, 79, 82, 83, 87 bis 89, 91, 92, 95 bis 99 Flüssiggas aus. Zu diesem Zweck arbeitete sie mit anderen Flüssiggasunternehmen zusammen. Zu ihren Vorlieferanten zählten Flüssiggasunternehmen wie die H 2, H3 und B7. Diese Vorlieferanten veräußerten ihr Flüssiggas an die I2 und versorgten die Tankkunden der I2 im Namen und für Rechnung der I2 auf deren Abruf mit Flüssiggas. Sie rechneten das von ihnen gelieferte Flüssiggas mit der I2 ab. Diese stellte den Endkunden das Flüssiggas in Rechnung.

Die tatsächlich verlangten und gezahlten Endkundenpreise der I2 waren nach Postleitzahlregionen regional differenziert. Es gab Mengenzu- und -abschläge. Bei größeren Mengen gewährte die I2 zusätzlich ein bis zwei Cent/Liter Mengenrabatt von ihren eigenen Preislisten (Basispreis). Verkäufe unter dem Einstandspreis fanden nicht statt. Im Zeitraum 1997 bis 2002 vertrieb die I2 bis zu sieben Mio. Liter jährlich, im Jahr 2003 kam es zu einem Rückgang auf vier Mio. Liter. Bis zum Jahr 2005 stieg der Absatz wieder auf ca. fünf Mio. Liter. Preisdaten konnten für den Zeitraum Januar 2003 bis April 2005 vorgelegt werden.

(8) K...-Gruppe: Die K...-Gruppe bestand bzw. besteht aus vier rechtlich selbständigen Unternehmen, nämlich der K...-Flüssiggas GmbH & Co. KG, der K... GmbH und der K... Flüssiggasvertriebs GmbH sowie dem unter der Einzelfirma K... tätigen Kaufmann MD mit Sitz in Kollnburg (seit 2007). Die drei erstgenannten Unternehmen verfügten im Tatzeitraum über einen gemeinsamen Internetauftritt und kooperierten zum Teil beim Einkauf von Flüssiggas miteinander. Das Flüssiggas ließen sie über ein Speditionsunternehmen insbesondere in die Postleitzahlregionen 80 bis 86, 89, 90 bis 96 ausfahren. Sie vermieteten Tanks in einem geringen Maße, überwiegend belieferten sie Eigentumstankkunden. Preisdaten konnten für den Zeitraum von September 2000 bis April 2005 vorgelegt werden.

aa) K...-Flüssiggas GmbH & Co. KG und K...-Flüssiggas Verwaltungs GmbH: Geschäftsführer der Verwaltungs GmbH ist JK, der zuvor bei der NB 6 als Außendienstmitarbeiter beschäftigt war. Der Sitz der Kommanditgesellschaft befand sich in Painten westlich von Regensburg. Der Schwerpunkt des Liefergebiets lag im Tatzeitraum in der Postleitzahlen-Region 93, ein geringerer Anteil der Lieferungen erfolgte in die Region 84, 85 und 92. Das Unternehmen versorgte Eigentumstankkunden und zum Teil auch Miettankkunden. Bei der Preisgestaltung wurde nach Abnahmemengen differenziert. Es belieferte überwiegend Haushaltskunden.

bb) K... GmbH: Die Gesellschaft hatte ihren Sitz in Kötzting östlich von Regensburg. Sie ging aus einer im Jahre 1998 gegründeten Unternehmung des Einzelkaufmanns und Heizungsbauers BK hervor. Geschäftsführerin war SK. Die K... GmbH verfügte über ein eigenes Flüssiggaslager, das durch die anderen Unternehmen mitgenutzt wurde. Das Unternehmen vermietete Tanks und versorgte Eigentumstankkunden seit 2003 mit Flüssiggas. Es lieferte in die Postleitzahlregionen 92 bis 94, das heißt im Bayerischen Wald und im Bereich Passau aus.

cc) K... Flüssiggasvertriebs GmbH: Die Gesellschaft ist seit Juli 2002 im Handelsregister eingetragen und hat ihren Unternehmenssitz in Simbach am Inn. Geschäftsführer ist JS, ein ehemaliger Außendienstmitarbeiter der NB 6 GmbH. Hauptliefergebiet war im Tatzeitraum insbesondere die Postleitzahlregion 84, weitere Lieferungen erfolgten in die Postleitzahlregionen 85 und 94. Mitglieder des Bauernverbandes erhielten einen um 1,5 Cent/Liter günstigeren Preis als sonstige Kunden. Das Unternehmen lieferte überwiegend an Eigentumstankkunden.

(9) O2 Flüssiggasvertriebs GmbH (nachfolgend O2): Die O2 Flüssiggasvertriebs GmbH mit Sitz in Süsel ging aus der Fusion der O3 GmbH, die seit August 1999 operativ tätig war, und der O4, die Anfang 2000 gegründet wurde, hervor. Geschäftsführer war und ist unter anderen AG2. Seit dem April 2000 war sie am Markt operativ tätig. Der Absatzschwerpunkt des Unternehmens befand sich im Tatzeitraum in Norddeutschland insbesondere in den Postleitzahlregionen 12, 14, 17 bis 19 sowie 21 bis 29. Es fuhr Flüssiggas mit eigenen Fahrzeugen aus und versorgte seit 2003 nahezu ausschließlich Eigentumstankkunden, zuvor auch fremde Miettank- und Eigentumstankkunden. Kunden konnten Tanks aber auf Mietkaufbasis (Abzahlungskauf unter Eigentumsvorbehalt) erwerben. Auch andere Flüssiggasunternehmen konnten in die Mietkauftanks Flüssiggas einfüllen. Die Einzeltransaktionsdaten der O2 lagen für die Zeiträume von Dezember 1999 bis September 2002 und Juni 2004 bis April 2005 vor.

(10) Z1 Flüssiggas GmbH: Die im Handelsregister Chemnitz eingetragene Z1 Flüssiggas GmbH (nachfolgend: Z1) mit Sitz in Werdau in der Nähe von Zwickau wurde im Jahr 1991 als Einzelfirma gegründet und befasste sich seit dieser Zeit mit dem Verkauf von Flüssiggas in Tankanlagen. Geschäftsführer war und ist WZ. Das Unternehmen fuhr im Tatzeitraum das Flüssiggas mit eigenen Fahrzeugen frei Haus insbesondere in den Postleitzahlregionen 1, 4 bis 9, 95, 98 und 99 aus. Bei der Preisgestaltung differenzierte es nach der Menge des bezogenen Flüssiggases. Das Unternehmen vermietete und verkaufte Tanks. Es verfügte über kein Flüssiggaslager und bezog sein Flüssiggas über Raffinerien. Der Anteil der Miettankkunden betrug um die 60% von 1998 bis 2005. Preisdaten lagen für den Zeitraum von Juli 1997 bis April 2005 und differenziert nach Tankmodell vor.

f) Die Preis-Datensätze der freien Anbieter:

Die Preisdaten der freien Anbieter lagen als Einzeltransaktionsdaten und differenziert nach zweistelligen Postleitzahlregionen vor. Die Mengenangaben erfolgten in Litern. Der Durchschnittspreis für Eigentumstankkunden lag - nahezu - durchgängig unter demjenigen für Miettankkunden.

5. Rechtliche Rahmenbedingungen:

Während des Tatzeitraums (1.7.1997 bis 1.5.2005) ergingen insbesondere die folgenden höchstrichterlichen Entscheidungen, die für das Wettbewerbsverhalten der (verurteilten) nebenbetroffenen Versorgungsunternehmen und freien Anbieter von Bedeutung waren:

Mit Urteil vom 8. November 2001 (I ZR 124/99, GRUR 2002, 548 ff - Kündigungshilfe) entschied der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs, dass der Kaufmann mit einer Kündigung seiner Kunden und dem Wettbewerb seiner Mitbewerber rechnen muss: Das Abwerben gehöre zum Wesen des Wettbewerbs, auch wenn die Kunden noch an einen Mitbewerber gebunden seien. Es sei legitim und gehöre zum Wesen des Wettbewerbs, dass der Kaufmann planmäßig und systematisch vorgehe. Die Leistung von Kündigungshilfe durch bloße Hinweise auf Notwendigkeit, Frist und Form einer Kündigung sei grundsätzlich wettbewerbskonform.

Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshof urteilte im September 2003, dass die auf Veranlassung eines Kunden vorgenommenen Befüllung eines im Eigentum des anderen Lieferanten stehenden Gasbehälters mit Flüssiggas den Tatbestand einer Eigentumsbeeinträchtigung im Sinne von § 1004 Abs. 1 BGB erfülle, wenn der andere Lieferant dem Kunden den Gasbehälter gegen eine Nutzungsentschädigung zur Verfügung gestellt und den Kunden verpflichtet habe, seinen Bedarf an Flüssiggas allein bei ihm zu decken (vgl. BGH, Urteil vom 15.9.2003 - II ZR 367/02, NJW 2003, 3702 - Flüssiggastank I; Urteil vom 9.2.2004 - II ZR 131/02, BGH Report 2004, 972; Urteil vom 10.10.2005 - II ZR 323/03, NJW-RR 2006, 270 - Flüssiggastank II; vgl. Urteil vom 16.3.2006 - I ZR 92/03, GRUR 2006, 879 = NJW-RR 2006, 1378; vgl. hierzu - zustimmend - Grotheer, GRUR 2006, 110 ff., sowie - kritisch - M. Wolf, LMK 2003, 232 ff., und König, NJW 2005, 191 ff.; vgl. BGH, Kartellsenat, Urteil vom 4.3.2008 - KVR 21/87, BGHZ 171,1 - Sodaclub: zu § 20 GWB). In den Entscheidungsgründen hieß es ferner, der Eigentümer sei in einem solchen Fall nicht zur Duldung der Fremdbefüllung verpflichtet, weil sie nach seinem Vertrag mit dem Kunden keine bestimmungsgemäße Nutzung des Gasbehälters darstelle. Die unbefugte Fremdbefüllung verkürze die Sachherrschaft auch dann, wenn ein Tank seiner technischen Bestimmung entsprechend befüllt werde.

Nach Veröffentlichung dieser Entscheidung verpflichteten sich viele freie Anbieter gegenüber den im DVFG-organisierten Flüssiggasunternehmen in strafbewehrten Unterlassungserklärungen, die Befüllung im Eigentum Dritter stehender Tanks zu unterlassen.

6. Der Deutsche Verband Flüssiggas e.V. (nachfolgend auch: DVFG):

Der Deutsche Verband Flüssiggas e.V. - zunächst mit Sitz in Kronberg a. T., inzwischen mit Sitz in Berlin - wurde im Jahre 1949 gegründet. Er war und ist nach seiner Mitgliederzahl der größte Branchenverband der Flüssiggaswirtschaft in Deutschland. Dem DVFG gehörten im Jahr 1996 ca. 80 Flüssiggasversorgungsunternehmen, im Jahr 2003 ca. 50 Flüssiggasversorgungsunternehmen und im Jahr 2005 ca. 52 Versorgungsunternehmen als ordentliche Mitglieder an. Neben der Vertretung seiner Mitglieder gegenüber Politik und Verwaltung sowie in der Öffentlichkeit bezweckt er, die Versorgung des Marktes mit Flüssiggas durch die Mitarbeit an Gesetzesvorlagen, Verordnungen und Richtlinien sowie Empfehlungen auf nationaler Ebene zu unterstützen. Ordentliches Mitglied konnte nach der Satzung vom 2.5.1963 auf seinen schriftlichen Antrag hin jedes Flüssiggasversorgungsunternehmen werden, das a) in einem über seinen Geschäftssitz hinausgehenden Gebiet mit Fachpersonal gesichertem, nachweisbaren Zugriff auf Lager- und Versorgungseinrichtungen für einen den Vorschriften genügende längerfristige Versorgung ausgestattet war und nachhaltig die Energieversorgung mit Flüssiggas betrieb und b) Satzung, Schiedsgerichtsordnung und Wettbewerbsregeln des Verbandes anerkannte.

Nach den Wettbewerbsregeln vom 13.10.1964 verpflichtete sich jedes Mitglied mit seinem Beitritt zu Folgendem:

"§ 1

Bei der Flüssiggasverteilung sind die Grundsätze eines lauteren Wettbewerbs einzuhalten und Handlungen, die den guten kaufmännischen Sitten widersprechen, zu unterlassen. Für die guten kaufmännischen Sitten in der Flüssiggasverteilung ist die Verkehrsanschauung in Verbindung mit der Berufsauffassung der billig und gerecht denkenden Flüssiggasversorger maßgebend.

Jeder Flüssiggas-Großverteiler hat seine Verkaufspreise unter Beachtung der geltenden Gesetze und Verordnungen und unter voller Berücksichtigung des Wettbewerbs in eigener Verantwortung festzulegen, soweit nicht durch zulässige Bindungen die Freiheit der Preisgestaltung eingeschränkt ist.

Es widerspricht den Grundsätzen des § 1:

1. ...

2. ...

3. Vertriebsstellen oder Endverbraucher unter vorsätzlicher Verleitung zum Vertragsbruch zu beliefern; das gilt für Vertriebsstellen aller Art (Agenturen, Eigenhändler) wie auch für Zwischenverteiler eines Großvertriebes;

4. neue Vertragsabschlüsse mit Familien- oder Betriebsangehörigen eines Vertriebsstelleninhabers, der unter Vertrag bei einem Großverteiler steht, zu tätigen, falls dies der Umgehung bestehender vertraglicher Bindungen dient und die Umgehung dem hinzukommenden Flüssiggas-Großverteiler bekannt ist;

5. Flaschen eines anderen Großverteilers ohne dessen Einverständnis zu füllen, die Versorgung von Verbrauchern damit durchzuführen und die Benachrichtigung des Flascheneigentümers zu unterlassen;

6. Anlagen, deren Belieferung von anderen Großvertrieben abgelehnt wird, weil sicherheitstechnischen Bestimmungen nicht genügt wird, mit Flüssiggas zu beliefern.

Die Wettbewerbsregeln wurden durch das Bundeskartellamt im Bundesanzeiger auf Antrag des Vorgänger-Verbandes, des Flüssiggas-Großvertriebe e.V., mit Bekanntmachungen vom 2.12.1963 und 17.12.1964 im Bundesanzeiger veröffentlicht.

Der DVFG ergänzte durch Beschluss seiner Mitgliederversammlung am 26.5.1976 seine am 2.5.1963 und 13.10.1964 aufgestellten Grundsätze wie folgt:

"Die Wettbewerbsregeln gelten sinngemäß in vollem Umfang für das gesamte Flüssiggasgeschäft, unabhängig davon, ob der Verkauf in Flaschen, über Tankwagen in ortsfeste Tanks oder in anderer Weise erfolgt."

7. Der F2 e.V. (nachfolgend auch: F2 e.V.):

Die B7, die F5, die G1, die H3 und die O2 waren neben der M. und Kollegen Rechtsanwaltsgesellschaft mbH Gründungsmitglieder des Vereins F2 e.V., mit Sitz in Berlin, der als "Gegengewicht" zum DVFG im Mai 2003 gegründet wurde. Voraussetzungen für eine Mitgliedschaft waren nach § 3 Abs. 2 der Satzung vom 16.4.2004 eine mindestens dreijährige wirtschaftliche Tätigkeit als Unternehmen auf den Gebieten des Handels und/oder des Transports von Flüssiggas oder der Unterstützung des Flüssiggasvertriebs, sowie eine ausschließlich legale Gestaltung der Verträge mit Kunden.

IV. Die gesondert verfolgten P2 GmbH & Co. KG, W 1 und D1 GmbH

Zu den gesondert verfolgten Nebenbetroffenen zählen die W 1, Münster, die D1 GmbH, Frankfurt, und die P2 GmbH & Co. KG, Köln-Brühl. Sie waren und sind Kommanditistinnen und Gesellschafterinnen der F1. Die D1 GmbH war und ist auch Kommanditistin der NB 7 und Gesellschafterin ihrer Komplementär-GmbH.

B.

Die Nichtangriffspakte in den Transportgesellschaften seit den 1970er Jahren bis zur Gründung von NB 7 und F1:

I. Bereits in den 1970er Jahren waren die meisten Flüssiggasversorgungsunternehmen der alten Bundesländer Mitglieder im DVFG. Ebenfalls seit den 1970er Jahren betrieben die großen, überregional tätigen Flüssiggasversorgungsunternehmen Ausfuhrkooperationen. Kleinere Anbieter schlossen sich ihnen als assoziierte Kooperationspartner an.

Schon jene Ausfuhrkooperationen gingen mit einem quasi als "Geschäftsgrundlage" ausdrücklich oder konkludent zwischen den Kooperationspartnern vereinbarten Nichtangriffspakt einher, in Bezug auf Bestandskunden Wettbewerb zu unterlassen. Ob es darüber hinaus für Bestandskunden einen DVFG-weiten Verzicht auf Wettbewerb gab, musste im vorliegenden Verfahren offen bleiben. Es gibt Anhaltspunkte dafür, dass tatsächlich eine diesbezügliche jahrzehntelange Abstimmung unter den Mitgliedern des DVFG bestand. Eine dahingehende Überprüfung hätte im vorliegenden Verfahren allerdings weitere umfangreiche Ermittlungen erfordert, von denen der Senat wegen der ohnehin langen Verfahrensdauer abgesehen hat. Er hat aber im Verfahren wiederholt deutlich gemacht, dass der Verdacht einer DVFG-weiten Kartellabsprache nicht ausgeräumt worden sei.

Jedenfalls zwischen den Partnern einer Ausfuhrkooperation (gemeint: Gesellschafter und assoziierte Kooperationspartner) galt somit ab den 1970er Jahren der ausdrücklich oder konkludent versprochene Grundsatz, dass die Kooperationspartner untereinander generell Wettbewerb in Bezug auf ihre Bestandskunden unterließen, also auch insoweit, als lauterer Wettbewerb möglich gewesen wäre. Ganz allgemein herrschte in der Branche wegen der Homogenität des Wirtschaftsgutes "Flüssiggas" eine erhebliche Scheu vor Preiswettbewerb insbesondere um die sogenannten "Bestandskunden", zumal diese in einem wenig prosperierenden und von Nachfragerückgängen gekennzeichneten Markt das weitaus wichtigste Kundensegment darstellten. Innerhalb von Ausfuhrkooperationen, die auch aus dem Motiv heraus, die eigenen Ausfuhrkosten zu senken und das eigene Absatzgebiet zu erweitern, gegründet wurden, wurde diese Furcht besonders virulent, weil die zum Transport "eingebrachten" Kunden dem tatsächlichen Zugriff der Wettbewerber und ihrer provisionsorientierten Vertriebsinnen- und Außendienste deutlich näher rückten. Die hieraus resultierende Gefahr gegenseitiger Abwerbungen musste ausgeräumt werden. Dazu diente die rechtlich unwirksame, aber faktisch verbindliche Zusage der Kooperationspartner, "sich keine Kunden abspenstig zu machen". Diese Nichtangriffspakte insbesondere zwischen den überregional tätigen, mithin größeren Flüssiggasversorgungsunternehmen bewirkten die Niederhaltung eines margendrückenden Preiswettbewerbs, die Sicherung der Kundenstämme und die risikoreduzierte Durchführung geplanter Unternehmenszukäufe und sonstiger Expansionen.

Die am 15.4.2013 verurteilten und beschuldigten Flüssiggasversorgungsunternehmen bzw. ihre Rechtsvorgänger waren bis Mitte der 1990er Jahre an folgenden Ausfuhrkooperationen mit Nichtangriffspakten beteiligt:

a) P9 Flüssiggas Beteiligungs GmbH & Co. KG:

P1 und NB 6 betrieben gemeinsam mit der P5 GmbH als Kommanditistinnen die im Jahre 1967 errichtete P9 Flüssiggas Beteiligungs GmbH & Co. KG mit Sitz in Dortmund (Ausfuhrbereich: alte Bundesländer nördlich der Mainlinie; nachfolgend: P9). Die NB 1 trat als assoziierte Kooperationspartnerin hinzu. Die P9 führte seit dem 15.5.1997 (Eintragung im Handelsregister) die Bezeichnung NB 7.

HDW war Geschäftsführer der Komplementär-GmbH, P9 Flüssiggas Beteiligungs GmbH (Daten der Ein- und Austragung im Handelsregister: 31.8.1967 bis 8.4.1968). Der bereits verurteilte Betroffene Betr. 5 war ab Januar 1990 Prokurist und ab Juni 1992 Mit-Geschäftsführer der Komplementär-Gesellschaft. RK war von Januar 1996 an als Logistikleiter bei der P9 beschäftigt. Mit Gesellschafterbeschluss vom 5.2.1997 (Eintragung im Handelsregister am 30.4.1997) firmierte die Komplementär-Gesellschaft in NB 7 Flüssiggas Transport und Logistik Verwaltungs-GmbH um.

b) P10 Flüssiggas-Transhand GmbH & Co. KG:

NB 6 und die T... GmbH & Co. KG a.A. betrieben gemeinsam mit der G3 GmbH (spätere V3 GmbH, bis 1993 R1 AG, davor: H7 AG) sowie mit der D1 GmbH als Kommanditistinnen die im Jahr 1971 gegründete P10 mit Sitz in Geretsried (Ausfuhrbereich: alte Bundesländer südlich der Mainlinie). P1 und P5 GmbH waren als Kooperationspartner assoziiert, später (ab 1998) auch die NB 1 und NB 4.

Geschäftsführer der P10-Komplementär-GmbH war ab Januar 1992 Dr. ER.

c) "U6":

Die NB 1 und die NB 4 betrieben jedenfalls bis 1998 gemeinsam mit U7 die Ausfuhrkooperation "U6" (Ausfuhrbereich: alte Bundesländer Süd).

II. Nach der Wende 1989/90 öffneten sich für die Flüssiggasversorgungsunternehmen in den neuen Bundesländern neue Absatzmärkte, die sie in neuen Ausfuhrkooperationen mit Nichtangriffspakten erschlossen. Im Einzelnen:

1. F2 GmbH:

Die NB 1 (seit 1996) und T... GmbH & Co. KG a.A. betrieben mit der K2 & Co. AG und der R1 Mineralöl GmbH (ab 1993: V3 GmbH) die im Jahr 1992 gegründete F2 GmbH mit Sitz in Berlin (Ausfuhrbereich neue Bundesländer).

Geschäftsführer waren u. a. Dr. EUF (ab Dezember 1992), EE (zugleich Prokurist der NB 1), FR (September 1992 - Dezember 1993) und EBetr. 3 (1993 bis Februar 1996). Prokurist war PJ (ab 1995). An den Beiratssitzungen des Unternehmens nahmen der verurteilte Betroffene Betr. 1, Dr. WP und Dr. HT teil.

2. P11 GmbH/P12 GmbH und Co. oHG:

NB 6 betrieb zunächst mit der D3 AG ab Ende 1991 die P11 GmbH mit Sitz in Dahlwitz-Hoppegarten. Die P11 GmbH bildete im Zuge des Eintritts der bis dahin selbst ausfahrenden W 1 zusammen mit dieser und der P12 Verwaltungs GmbH ab Mai 1995 die P12 GmbH und Co. oHG.

Mitgeschäftsführer war von 1991 bis Mitte 1996 EBetr. 4.

3. P13/P8 Flüssiggas GmbH & Co. KG:

P1 betrieb mit der P5 GmbH ab März 1992 die P13 Flüssiggas GmbH & Co. KG mit Sitz in Dortmund (später Krefeld). Im Februar 1995 trat die R2 Handel und Transportgesellschaft mbH, Halle (ab Juli 2002: R2 GmbH & Co. KG, Charlottenthal) als Kommanditistin hinzu, was zur Umfirmierung der P13 in die P8 Flüssiggas GmbH & Co. KG führte.

Geschäftsführer der Komplementär-GmbH waren der verurteilte Betroffene Betr. 5 (1993 bis Mitte 1996) und HH sowie der am 28.1.2010 verstorbene P1-Prokurist HRB.

III. Etwa 1995 bis 1997 kam es auf Initiative der großen Flüssiggasanbieter aus wirtschaftlichstrategischen Gründen zur Neuaufstellung und Konsolidierung der inzwischen deutschlandweit verstreut agierenden Ausfuhrkooperationen. Ein bei der P1 aufgefundenes und beschlagnahmtes Strategie-Papier des Prokuristen HRB aus dem Jahr 2001 über einen seinerzeit erwogenen Ausstieg der P1 aus der NB 7 drückt dieses Geschehen wie folgt aus:

"Die Kooperationen hielten bis 1996/97. Auf Grund des Nachfragerückgangs in den alten Bundesländern und dem überschätzten Bedarf in den neuen Bundesländern (zügige Erdgasverrohrung) gerieten die Ausfuhrgesellschaften, wie ihre Gesellschafter, unter starken Kostendruck. Dies führte zu Überlegungen, die Transportgesellschaften in Deutschland auf die Basis einer flächendeckenden Ausfuhr zu stellen. Die führenden Flüssiggas-Anbieter sortierten sich zu jenem Zeitpunkt zu zwei neuen großen bundesweit arbeitenden Ausfuhrgesellschaften, in die NB 7 und die F1."

Die insoweit beschriebene bundesweit flächendeckende Neuaufstellung des Ausfuhrwesens der großen Flüssiggasversorgungsunternehmen wurde im Wesentlichen zeitgleich wie folgt umgesetzt:

1. Gründung der NB 7:

Im Verlauf der Jahre 1995 bis 1997 kam es unter Zusammenführung des Ausfuhrgeschäfts von P13, P9, P10 (Ausfuhrbereich alte Bundesländer) und F2 GmbH (Ausfuhrbereich neue Bundesländer) zur Gründung der deutschlandweit tätigen Nebenbetroffenen NB 7.

Mitgeschäftsführer der NB 7 waren - wie bereits ausgeführt - zunächst der HH, der verurteilte Betroffene Betr. 5, Dr. EUF und Dr. ER. Dr. EUF und Dr. ER wurden zum 30.4.1999 als Geschäftsführer abberufen. Dr. ER verließ die Branche und war fortan als selbständiger Unternehmensberater tätig. Dr. EUF gründete in Mecklenburg-Vorpommern im September 1999 ein eigenes Versorgungsunternehmen, die F4.

2. Gründung der F1

In den Jahren 1995 bis 1997 kam es zur Gründung zweier ebenfalls deutschlandweit agierender Ausfuhrkooperationen mit der Bezeichnung "F1":

a) F1 (alte Bundesländer):

Ab 1996 betrieben die W1, D1 GmbH, ... K1 Rheingas GmbH & Co. KG, S3, die D4 GmbH und die W4 Vertriebs- und Verwaltungs-GmbH sowie die M1 & Co. GmbH die F1 Flüssiggashandel und Transport GmbH & Co. KG mit Sitz in Hürth für den Ausfuhrbereich Alte Bundesländer. Für die S3 trat 2002 als ihre Gesamtrechtsnachfolgerin die NB 3 ein.

b) F1 Ost (neue Bundesländer):

Die P12 GmbH und Co. OHG (s.o. zu B. II. 2.) wurde in die F1 (Ost) Flüssiggas Handel und Transport (Verwaltungs) GmbH & Co. KG mit Sitz in Neuenhagen umgewandelt.

Die F1 (Ost) besaß die folgenden Gründungsgesellschafter, wobei die NB 6 im Jahr 1999 ausschied und hinsichtlich der Ausfuhr übernommener Mengen der Unternehmen Shell und Propan Menke nur noch als Kooperationspartnerin assoziiert war:

NB 6,

... K1 GmbH & Co. KG, Bonn,

B8 & Co. GmbH, Essen,

D3 AG,

D4 GmbH,

W 1,

R2 Handel- und Transportgesellschaft mbH, Dresden,

K2 Energiehandel GmbH.

c) Zusammenführung von F1 und F1 (Ost) zur F1 GmbH & Co. KG:

Gegen Ende des Jahres 1999 waren die Kommanditisten beider F1-Gesellschaften personenidentisch. Im Einzelnen handelte es sich um die folgenden Unternehmen:

D3 AG,

W 1,

... K1 Rheingas GmbH & Co. KG,

D1 GmbH,

S3,

K2 Energiehandel GmbH.

Die beiden F1-Gesellschaften wurden gemäß Eintragung vom 14.8.2000 zur F1 GmbH & Co. KG, Hürth, zusammengeführt.

3. In den Zusammenkünften und Unterredungen, die den bundesweiten Neugründungen von NB 7 und F1 vorausgingen, versprachen die jeweils tätigen Vertreter und Verhandlungsführer der Gründungsgesellschafterinnen einander zumindest stillschweigend die Geltung des tradierten Bestandskundenschutzes auch in den neuen Ausfuhrgesellschaften. Allen war der Nichtangriffspakt und seine grundlegende Bedeutung für die Ausfuhrkooperationen bekannt, niemand stellte ihn ernsthaft in Frage oder distanzierte sich davon.

Die weiteren Flüssiggasversorgungsunternehmen

NB 4,

H6,

M2, Dortmund,

S3,

U7, Würzburg,

W4, Hagen,

W2, Ludwigshafen,

traten der NB 7 als assoziierte Kooperationspartner auf der Basis des ihnen bekannten Bestandskundenschutzes bei. Ebenfalls unter der bekannten Maßgabe des Nichtangriffspaktes trat später (2001) die NB 3 an Stelle der T... GmbH & Co. KG a.A. als neue Kommanditistin der NB 7 sowie im Jahr 2002 als Gesamtrechtsnachfolgerin der S3 als neue Kommanditistin der F1 hinzu.

Der Kundenschutz in NB 7 und F1 hatte, wie schon in den Vorgänger-Kooperationen, einen allgemeinen Verzicht auf Wettbewerb in Bezug auf Bestandskunden zum Gegenstand. "Bestandskunde" war dabei grundsätzlich jeder Endverbraucher von Flüssiggas, der mindestens ein Mal von einem Kooperationspartner beliefert worden war.

Der Kundenschutz galt kraft stillschweigender Vereinbarung auch zwischen den Gesellschaftern der F1 und den Gesellschaftern der NB 7, da diese zum Teil identisch waren und die Gesellschafter der NB 7 von ehemaligen F1-Gesellschaftern erworbene Flüssiggasmengen über die F1 ausfahren ließen. Wie die Gesellschafter der NB 7 sahen sich auch die Gesellschafter der F1 mit Mengenrückgängen in den alten und neuen Bundesländern konfrontiert.

C.

Hinwegsetzens- bzw. Zuwiderhandlungen, Kartelldisziplin und Wirkung des Nichtangriffspaktes

I. Wie schon zu Zeiten der Vorläufer-Kooperationen war es auch im Tatzeitraum vom 1.7.1997 bis 1.5.2005 Sache der jeweiligen Geschäftsführer und der für den Vertrieb verantwortlichen Leitungspersonen der kooperierenden Versorgungsunternehmen, den Kundenschutz durch geeignete Maßnahmen effektiv zur Geltung zu bringen.

II. Von zentraler Bedeutung war hierbei die Unterhaltung einer den Nichtangriffspakt verwirklichenden Vertriebsstrategie in den Flüssiggasversorgungsunternehmen. Diese konnte nur durch die Leitungspersonen festgelegt und mit ihrer Zustimmung und Billigung in den Einzelheiten realisiert werden. Schon die Vorgänger in den Geschäftsführungen der NB 6, P1, T... GmbH & Co. KG a.A., NB 1 und NB 4 hatten hierzu in ihren Unternehmen die verbindliche Richtlinie und Geschäftspolitik ausgegeben, dass der Schwerpunkt des Vertriebs auf das Neukundengeschäft zu legen und nur Neukunden aktiv zu bewerben waren, während sich das Bestandskundengeschäft auf die Kundenpflege zu beschränken hatte.

Den ab 1.7.1997 in den Geschäftsführungen der (verurteilten) Nebenbetroffenen NB 6, P1, NB 1 und NB 4 sowie der T... GmbH & Co. KG a.A., später auch (ab April 2001) der NB 3 tätigen und für die strategische Ausrichtung des Vertriebs verantwortlichen Leitungspersonen, insbesondere

WDS, Geschäftsführer der Nebenbetroffenen NB 4 von 1993 bis Dezember 2002,

dem Betroffenen Betr. 1, persönlich haftender Gesellschafter der NB 1 und ab Januar 2002 auch Geschäftsführer der NB 4, sowie Dr. WP, ebenfalls persönlich haftender Gesellschafter der NB 1,

dem im Jahr 2009 verstorbenen HA und Dr. HW2, Geschäftsführer der P1 von Oktober 1990 bis November 1999,

sowie JD, Geschäftsführer der P1 ab Dezember 1999,

EBetr. 4, seit 1982 Gesamtprokurist, ab 1983 stellvertretender Geschäftsführer und von 1986 bis 2008 ordentlicher Geschäftsführer der NB 6 GmbH,

sowie DS, seit 1987 Gesamtprokurist und seit Anfang 1994 stellvertretender Geschäftsführer sowie ab Februar 2000 Geschäftsführer der NB 6 GmbH, speziell zuständig für den Verkauf von Tankgas in den neuen Bundesländern und ab Februar 2000 auch für das bis zu seinem Ausscheiden von KB betreute Ressort "Verkauf alte Bundesländer",

FR, spätestens seit April 2001 bis Anfang 2003 Geschäftsführer der NB 3 GmbH, zuvor faktische Leitungsperson der T... GmbH & Co. KG a.A.,

EBetr. 2, Geschäftsführer der NB 3 GmbH spätestens seit April 2001 bis 2010, zuvor faktische Leistungsperson der T... GmbH & Co. KG a.A. seit Januar 1997,

und EBetr. 3, Geschäftsführer der NB 3 von Mai 2001 bis Anfang Mai 2005,

waren die langjährige Existenz dieser Vertriebsstrategie in ihren Unternehmen (bzw. in der Branche: EBetr. 3 bei V2/A..., F2 GmbH) und deren Bedeutung als Mittel zur Umsetzung der konkludent geschlossenen Absprache bekannt. Soweit eine solche Kenntnis bei den ehemals Betroffenen JD (P1) und EBetr. 2 (T...) wegen ihres späteren Eintritts in die Unternehmen und Branche zunächst nicht vorhanden war, wurde sie ihnen bei ihrem Eintritt vermittelt und durch die praktische Handhabung offenbart. EBetr. 2 offenbarte sich das Vorliegen der stillschweigend geschlossenen Kartellabsprache insbesondere durch die praktische Handhabung der Wettbewerbsfälle, dies spätestens ab Erlangung der Zuständigkeit für das Flüssiggasgeschäft. Soweit DS (NB 6) zunächst nicht informiert war, wurde ihm die Kenntnis durch die langjährig branchenerfahrenen Leitungspersonen EBetr. 4 und KB in den von dem Zeugen SP2 (NB 6) geschilderten Strategie-Besprechungen vermittelt und im Übrigen ebenfalls durch die praktische Handhabung des Umgangs mit den Bestandskunden offenbart.

EBetr. 3 und FR wussten von dem stillschweigend geschlossenen Nichtangriffspakt und der daraus folgenden Vertriebsstrategie aufgrund ihrer langjährigen Kenntnis der Flüssiggasbranche in Vertrieb und Ausfuhr.

III. Alle genannten Leitungspersonen, namentlich auch der verurteilte Betroffene Betr. 1 und die ehemals Betroffenen EBetr. 4, EBetr. 3 und EBetr. 2 hielten an jener Vertriebsausrichtung fest und unterhielten sie im gesamten Tatzeitraum, wobei es ihnen darauf ankam, dass diese unternehmensin- und extern effektiv umgesetzt wurde. Dabei wussten sie, dass die zugrunde liegende Kundenschutzvereinbarung rechtlich unwirksam und nur faktisch bindend war. Sie erachteten diese jedoch als wirtschaftlich vernünftig und für ihre Unternehmen profitabel. Eine Distanzierung oder gar Abkehr davon zogen sie weder ernstlich in Betracht noch sprachen sie eine solche jemals aus. Zur Umsetzung der Vertriebsstrategie mussten sie im Tatzeitraum ausdrückliche Weisungen an ihre Vertriebsmitarbeiter nur noch gelegentlich erteilen, da entweder sie selbst oder ihre Amtsvorgänger die Vertriebsausrichtung mit Blick auf den langjährigen Kundenschutz innerhalb der Vorläuferkooperationen längst zum "Firmen-Usus" gemacht hatten. Sie selbst ergriffen über die Stützung und Billigung der im Bestandskundensegment passiven Vertriebsausrichtung hinaus im Tatzeitraum noch folgende weitere flankierende Maßnahmen bzw. sie hielten an diesen fest und billigten sie:

Wie schon ihre Vorgänger stigmatisierten sie und die übrigen Leitungspersonen firmenintern die Gewinnung fremder Bestandskunden und dämmten diesbezügliche Bemühungen des Vertriebsinnen- und -außendienstes ein, indem sie die Abwerbung mit rational erscheinenden rechtlichen und wirtschaftlichen Argumenten für unattraktiv erklärten bzw. von ihren Verkaufsleitern für unattraktiv erklären ließen. Dies geschah unabhängig davon, ob die Bestandskunden vertraglich oder aus sonstigen Rechtsgründen "gebundene" Flüssiggaskunden waren (Kunden mit gemietetem Tank, Eigentumstankkunde mit Bezugsbindungen). Die Stigmatisierung des Bestandskundenwettbewerbs erfolgte durch - teils auch untereinander gepflegte - formelhafte Redensarten, "Vertriebsweisheiten" und apodiktische Feststellungen wie etwa:

"Das Absehen von Bestandskundenwettbewerb war schon immer Usus !",

"Die Konzentrierung auf das Neukundengeschäft schafft ein Auskommen für alle !",

"Das Abwerben von Kunden ruft nur aggressive Gegenmaßnahmen hervor !",

"Bestandskundenwettbewerb ist zu aufwändig und lohnt sich nicht !,"

"Es bringt nichts, wenn wir uns in Nachbars Garten betätigen!",

"Das "Schlägst Du meinen Bauern, schlag ich Deinen" ist vergebene Mühe. Heraus kommt nur ein Tank-Tourismus!",

"Wer Wind sät, kann unter Umständen Sturm ernten!",

"Wir wollen doch keine Verhältnisse wie beim Heizöl!",

"Wenn wir Bestandskunden nicht bewerben, so entspricht dies lauterem Geschäftsgebaren nach den vom Bundeskartellamt gebilligten DVFG-Wettbewerbsregeln !",

"Unsere hohen Investitionen müssen sich amortisieren, Verträge von DVFG-Mitgliedern sind daher zu respektieren!".

Solche und ähnliche Redensarten, die sich nur scheinbar auf betriebswirtschaftliche Grundlagen und achtenswerte Traditionen stützten, enthielten bewusste Verzerrungen. Den kompletten einvernehmlichen Verzicht auf Bestandskundenwettbewerb hatte das Bundeskartellamt nie gebilligt. Ein unverfälschter Bestandskundenwettbewerb war zudem wirtschaftlich möglich. Die von der NB 3 hervorgehobene Marketingschulung bei der T2 GmbH vom 20.3.2002 bestätigt dies. Sie zeigt, dass der Außendienst der T2 GmbH der zutreffenden Ansicht war, dass die Bewerbung fremder Bestandskunden gerade mit Zielrichtung auf die Neukundenakquisition sowohl für das Unternehmen als auch für den Außendienst lohnend war. Insoweit ist davon auszugehen, dass bei der T2 GmbH in der Tat - wie der Zeuge KPB bekundet hat - fremde Bestandskunden "auf Wiedervorlage" kamen.

Die genannten Leitungspersonen, namentlich der verurteilte Betroffene Betr. 1 und die ehemals Betroffenen EBetr. 4, EBetr. 3, JD und EBetr. 2 besetzten maßgebende Ämter im DVFG. Auf Tagungen und in den Gremien des DVFG vertraten, pflegten, bekräftigten oder billigten sie die gleichen oder ähnliche der soeben genannten Schlagworte und Redensarten. Auch hier distanzierte sich niemand von ihnen davon. All dies förderte ein entsprechendes Vertriebsverständnis bei und in allen DVFG-Mitgliedsunternehmen, auch soweit sie keiner Ausfuhrkooperation angehörten. Von letzteren übernahmen viele - wie der Geschäftsführer der L3 GmbH & Co. KG und der L4 GmbH, Riesa, HHDR bekundet hat - die passive Vertriebsausrichtung auch deshalb, weil sie sich auf diese Weise durch Wohlverhalten vor aggressivem Wettbewerb insbesondere der führenden Anbieter sicherer wähnten, die nicht zuletzt durch ihre bundesweite logistische Präsenz, das vereinte Auftreten im DVFG sowie durch Zukäufe fremder Kundenstämme imponierten.

Kritischen Nachfragen ihrer Mitgliedsunternehmen begegneten die genannten Leitungspersonen im Rahmen ihrer Verbandstätigkeit im Falle von sogenannten Wettbewerbsberührungen mit einem Hinweis auf die DVFG-Wettbewerbsregeln. Im Zusammenhang mit einer sogenannten Ring- bzw. Netzversorgung der Gemeinde Pepelow schrieb der JD am 17.6.2002 - nach Abstimmung des Inhalts des Schreibens mit EBetr. 3 - an den Geschäftsführer der P14, Hamburg, UWKB, der zuvor in einem Schreiben moniert hatte, dass zwischen ihm und dem beworbenen Kunden ein Liefervertrag bestehe, folgendes (Unterstreichung durch den Senat):

"Die Wettbewerbsregeln des Verbandes formulieren in § 2 Ziff.3, dass es den Grundsätzen des lauteren Wettbewerbs widerspricht, wenn die im DVFG zusammengeschlossenen Wettbewerber untereinander Endverbraucher "unter vorsätzlicher Verleitung zum Vertragsbruch" beliefern.

Die Wettbewerbsregeln des DVFG beschränken selbstverständlich nicht - denn das würde gegen das Deutsche und Europäische Kartellrecht verstoßen - die Freiheit des Kunden, sich einen anderen Lieferanten zu suchen bzw. den Lieferanten zu wechseln.

Grundsätzlich hält sich die P1 selbstverständlich an die Wettbewerbsregeln des DVFG. Diese beinhaltet beispielsweise die eindeutige Direktive an die gesamte Außendienstmannschaft, in Fällen anderweitiger Versorgung, keine aktive Ansprache der Kunden vorzunehmen. So ist es auch im vorliegenden Fall von uns praktiziert worden.

Wenn allerdings der Kunde im Rahmen einer Vorstellung unseres Projekts in einer öffentlichen Versammlung nach den Anschlussbedingungen und Kosten fragt, so werden wir ihm hierüber natürlich Auskunft geben müssen. Wir werden ihn - und auch das sind Übereinstimmungen mit der geltenden Rechtslage - nicht rechtlich beraten, ob und unter welchen Bedingungen er seinen bisherigen Liefervertrag kündigen bzw. auflösen kann. Wir werden einem solchen Interessenten aber anbieten, dass er dann, wenn er vertraglich nicht mehr an einen anderen Lieferanten gebunden ist, von uns versorgt wird bzw. mit uns einen Liefervertrag abschließen kann. Eine andere Position ist auf Grund der klaren Gesetzeslage - die sich meines Erachtens auch aus den DVG-Verbandsrichtlinien ergibt - nicht vertretbar."

Eine allgemeine Direktive, "in Fällen anderweitiger Versorgung keine aktive Ansprache der Kunden vorzunehmen", enthielten die DVFG-Wettbewerbsregeln indes nicht. Dies war den Verfassern des Schreibens, dem Geschäftsführer JD und EBetr. 3 aufgrund ihrer mehrjährigen Tätigkeit in der Flüssigkeitsbranche bekannt.

So erreichte man eine wenn nicht vereinbarungs-, abstimmungs- oder beschlussbedingte, so aber doch faktisch ähnliche, nahezu DVFG-weite Ausdehnung der wettbewerbsbeschränkenden Wirkungen des Kartells. Als kartellflankierender Nebeneffekt drangen damit auch über den Verband oder durch Mitarbeiterfluktuationen weithin keine störenden, kundenschutzkritischen Überlegungen zu den eigenen Vertriebsmitarbeitern herein.

Alle genannten Leitungspersonen billigten und förderten, veranlassten und unterhielten in ihren Vertriebsinnendiensten die Praxis, anfragenden Flüssiggaskunden anderer Kooperationspartner oder DVFG-Mitgliedsunternehmen keine oder allenfalls unattraktiv hohe Flüssiggaspreise zu nennen, mit dem Ziel, wechselwillige Kunden von einem Anbieterwechsel zu sich selbst abzuhalten.

Die genannten Leitungspersonen verzichteten ferner bewusst auf Werbemaßnahmen gegenüber Kunden, die schon über einen (eigenen) Flüssiggastank verfügten, um bei diesen keinen Wechselwillen zu wecken, oder sie billigten den diesbezüglichen Verzicht der Marketingabteilungen gemäß der bestehenden Übung. Verzichtet wurde z. B. auf den Einsatz von Wurfsendungen und auf persönliche Kontaktaufnahmen in jeder Form durch Außendienstmitarbeiter. Letztere Kontaktaufnahmen wurden als "nicht lohnend" schlecht geredet.

Zur Optimierung und Sicherung des Bestandskundenschutzes veranlassten und/oder billigten die genannten Leitungspersonen in Abstimmung mit der Geschäftsführung von NB 7und F1 ein Meldewesen zur frühzeitigen Aufdeckung von Durchbrechungen des Kundenschutzes - z. B. aufgrund abwerbenden Verhaltens oder Versehens von Vertriebsmitarbeitern oder aufgrund von Ausbruchsversuchen als "fest reserviert" betrachteter Bestandskunden. Ziel war es, jede Abweichung vom kundenschutzgetreuen Prioritätsprinzip des "Wer zuerst kommt, mahlt zuerst" abzufangen und zumindest einer Überprüfung anhand der Maximen des Kundenschutzes zuzuführen.

Die in den Datenbanksystemen der NB 7 und der F1 erfassten Bestandskunden waren einem bestimmten Versorgungsunternehmen, dem Erstlieferanten, zugeordnet. Wurde der Bestandskunde von einem anderen NB 7- oder F1-Kooperationspartner als neuer Kunde gemeldet, erfolgte durch die NB 7 bzw. die F1 eine Benachrichtigung der "gelisteten" Versorgungsunternehmen (sogenannte "Wettbewerbsmeldung"), wodurch der "Wettbewerbsfall" im Lichte des stillschweigend vereinbarten Kundenschutzes von den Kooperationsunternehmen geprüft und einer einvernehmlichen Regelung zugeführt werden konnte.

In der NB 7 wurde der Meldeablauf in eine Organisationsrichtlinie eingebunden. Am 10.6.1997 verabschiedeten der verurteilte Betroffene Betr. 1 (NB1) und Dr. HW2 (P1), EBetr. 4, HDW (beide NB 6), FR (T... GmbH & Co KGaA), EBetr. 3 (seinerzeit für die V3) und HW (D1) die NB 7-Organisationsrichtlinie Nr. L 10.1 sowie ihre "kurzfristige Umsetzung" per 16.6.1997. EBetr. 2 nahm nach dem Protokoll als "Gast" an der Beiratssitzung teil. Um ihr besonderes Gewicht zu verleihen, wurde in der Richtlinie eigens angeordnet, dass die Informationen der Versorgungsunternehmen über "Wettbewerbsfälle" nicht nur direkt an die zuständigen Niederlassungen, sondern auch unter Kopiegabe an die Zentralen bzw. Geschäftsführungen erfolgen sollten. Der ursprüngliche Entwurf enthielt diesen Zusatz nicht. Vorbild für die Organisationsrichtlinie war eine entsprechende Richtlinie der P10. Diese sah allerdings noch vor, dass allein das akquirierende Flüssiggasunternehmen von dem "Wettbewerbsfall", also der Registrierung des Kunden oder seines Behälters für ein anderes Flüssiggasunternehmen, zu unterrichten war, nicht aber beide Unternehmen.

Der Logistikleiter und Prokurist RK - dieser auf Aufforderung durch den Betroffenen Betr. 5, der nach dem Organigramm vom 1.10.1997 für die Region Nord/West mit den Abteilungen "Logistik" und "Organisation" und Technik zuständig war, hatte - gemeinsam mit dem Geschäftsführer HH, der in der Zentrale für die Abteilungen "Technik" und "Verwaltung" zuständig war - die Richtlinie nach vorheriger Abstimmung mit den NB 7-Gesellschafterinnen entworfen. Der verurteilte Betroffene Betr.5 kannte die dahinter stehende Kundenschutzvereinbarung der Kooperationspartner zumindest in ihren Grundzügen und wusste, dass diese rechtlich unwirksam war. In dieser Kenntnis war ihm auch die Bedeutung der Richtlinie für den Kundenschutz bekannt. Bei ihrer Verabschiedung im Beirat am 10.6.1997 war er zugegen. Später sorgte er als Geschäftsführer der NB 7 für ihre Beachtung und Umsetzung, auch in Bezug auf die Teile der Richtlinie, die den Nichtangriffspakt stützen sollten.

Das Wettbewerbsmeldewesen in der NB 7 und der F1 schuf eine gegenseitige, potentielle und praktizierte Kontrolle der Kartellteilnehmer. Dadurch erhielt das Kartell, wie beabsichtigt, über die faktische Verbindlichkeit der Absprache hinaus eine zusätzliche innere Stabilität und Festigkeit.

Mit Anlage zum Schreiben vom 13.6.1997 übersandte der verurteilte Betroffene Betr.5 u.a. an die NB 4 die Organisationsrichtlinie mit Gültigkeit ab 16.6.1997. Gegenüber dem Vorentwurf wies diese im Verteiler auch die Kooperationspartner der NB 7 Flüssiggas auf, nämlich die

H6,

M2, Dortmund,

NB 4, Nürnberg,

S3, Sigmaringen,

U7, Würzburg,

W4, Hagen, und die W2, Ludwigshafen.

In der Organisationsrichtlinie auf Seite 2 wurden fünf verschiedene Fälle unterschieden, von denen insbesondere der Fall zwei relevant war. Nachstehend ist die Seite 2 der Organisationsrichtlinie abgebildet:

- Abbildung zwecks Schwärzung entfernt -

"Wettbewerbsfälle" waren dabei insbesondere auch die Fälle des Wechsels des Anbieters durch den Bestandskunden. In diesen Fällen sollte die Rechnungsstellung an den sogenannten Erstmelder erfolgen, nicht aber an den Zweitmelder, der den Kunden neu akquiriert hatte, wenn eine bilaterale Einigung nicht binnen der genannten Frist von acht Werktagen erfolgte.

Die in den Datenbanksystemen der NB 7 (und F1) erfassten Flüssiggaskunden waren unter einer bestimmten Schlüsselnummer einem bestimmten Versorgungsunternehmen zugeordnet. Ein und dieselbe Behälternummer konnte nur einmal vergeben werden. Die Behälternummer bzw. der Behälterschlüssel setzte sich dabei zusammen aus der externen Behälternummer, dem Herstellercode - einem Zahlencode -, plus Baujahr und Monat des Behälters. Wurden die Behälternummer, der Name oder die Anschrift des Kunden oder aber nur eine sogenannte Doublette, das heißt eine sehr ähnliche Anschrift vom Sachbearbeiter der NB 7 in die Datenbank eingegeben, so generierte die Datenbank eine Fehlermeldung mit dem Hinweis "Behälter vorhanden". Die Fehlermeldung setzte sich im Übrigen zusammen aus der Nummer des Versorgungsunternehmens, der Kundennummer, dem Standort und dem Behälterschlüssel.

Es erfolgte dann eine Benachrichtigung beider Kooperationspartner mittels einer sogenannten Wettbewerbsmeldung, die von den Mitarbeitern mit einem Standardformular generiert wurde. Nachstehend ist beispielhaft eine Wettbewerbsmeldung abgebildet:

- Abbildung zwecks Schwärzung entfernt -

Mit der Wettbewerbsmeldung sollte eine Einigung der Gesellschafter über die weitere Zuordnung des Kunden ermöglicht werden. Entsprechendes lässt sich aus der Organisationsrichtlinie Vertragsfreier Behälter Nr. 10/6.97/2 vom 10.12.2002 unter "5. Beschreibung der Vorgehensweise" der F1 entnehmen. Erfolgte keine Rückantwort der beiden jeweils beteiligten Unternehmen, also entweder eine sogenannte Freigabe zur (einmaligen) Befüllung durch den Erstmelder oder aber Stornierung des Auftrags durch den Zweitmelder, so erfolgte die Abrechnung der Lieferung für den sogenannten Erstmelder. Da die Mitarbeiter der NB 7 die zugrunde liegenden Vertragsverhältnisse der Kunden nicht kannten, wies die Wettbewerbsmeldung außer den Kundendaten (Anschrift und Name) und dem Namen des Lieferanten keine Einzelheiten auf. Um die Aktualität der sogenannten Stammdaten zu wahren, erfolgte jedes Wochenende ein Stammdatenabgleich zwischen den Versorgungsunternehmen und der NB 7. Mindestens seit 1998/1999 existierte zu diesem Zweck eine Datenübertragungsverbindung mit der NB 7. Zuvor gab es einen solchen Standardabgleich auch schon mit der Transportgesellschaft F2 GmbH, deren Gesellschafter u.a. die NB 1 und T... GmbH & Co. KG a.A. waren.

Auch die Fälle, in denen ein zweiter Behälter von einem anderen Versorgungsunternehmen - unter Verstoß gegen eine vertragliche Gesamtbezugsverpflichtung des Endverbrauchers - neben einem ersten Behälter eines anderen Versorgungsunternehmens beim Endverbraucher aufgestellt wurde, konnten auf diese Weise aufgedeckt werden.

Schon der Umstand, dass eine Wettbewerbsmeldung von der Transportgesellschaft an den Erstversorger generiert werden konnte, war geeignet, den Außendienstmitarbeiter eines Zweitversorgers allgemein davon abzuhalten, den fremden Bestandskunden aktiv abzuwerben.

Der verurteilte Betroffene Betr. 5 überwachte die Einhaltung der Organisationsrichtlinie durch die Dispositionsstellen und sorgte für deren Beachtung. In einem Telefaxschreiben an den Geschäftsführer FR vom 24.2.2000 heißt es hierzu:

Zur Vermeidung weiterer Wettbewerbsfälle werden wir kurzfristig alle Dispositionsstellen erneut zur strikten Einhaltung der mit den Gesellschaftern abgestimmten Organisations-Richtlinie Nr. L 10.1 "Verhalten bei Wettbewerbsfällen" anhalten."

Nach dem Beiratsprotokoll der NB 7 vom 6.12.2000 übergab der verurteilte Betroffene Betr. 5 den Gesellschaftern zudem eine Liste mit 350 Wettbewerbsfällen, nachdem die NB 7 unter Einsatz eines neuen Oracle Tools (Ermittlung von Anschriftendoubletten) den gesamten Datenbestand bezogen auf Wettbewerbsfälle abgeglichen hatte. Das Protokoll der Beiratssitzung vom 24.4.2001 enthielt hierzu unter "TOP 1 Beiratsprotokoll vom 6.12.2000" die Ankündigung, dass die NB 7 "zur weiteren Bearbeitung von Wettbewerbsfällen erneut eine Aufteilung erstellen und den Versorgungsunternehmen zur weiteren Bearbeitung übergeben" werde.

Der verurteilte Betroffene Betr.5 erstellte ferner eine Datei mit festgestellten Wettbewerbsfällen, die er unter dem 1.8.2001 an die Geschäftsführer der NB 7-Gesellschafterinnen übermittelte. Das Protokoll der NB 7-Beiratssitzung vom 13.9.2001 enthält hierzu ferner die Ankündigung, dass die NB 7 einen Datenabgleich zu den am 1.8.2001 mitgeteilten Wettbewerbsfällen per 31.12.2001 vornehmen werde, um festzustellen, wie viele Fälle noch nicht geklärt werden konnten.

IV. Die Kundenschutzabsprache und deren Umsetzung waren geeignet, die Marktverhältnisse durch Beschränkung des Wettbewerbs spürbar zu beeinflussen. Die Beschränkung des Wettbewerbs wurde auch bewirkt.

Aufgrund der Kundenschutzabrede fand ein wirksamer Preiswettbewerb in Bezug auf Bestandskunden, die einen Anteil von über 80 % aller potentieller Kunden ausmachten, weithin nicht mehr statt. Insbesondere ab Ende der 1990er Jahre ging fast nur noch von den verstärkt auftretenden sogenannten freien Anbietern, die dem Kartell nicht angehörten und ihre Preissetzung auch nicht an dem Kartellpreisniveau orientierten, ein restlicher Wettbewerb aus. Zudem schuf die Kundenschutzabrede unter den kooperierenden, überregional orientierten Flüssiggasunternehmen, wie angestrebt, einen erhöhten, nicht markt- und wettbewerbskonformen Verhaltensspielraum im Falle von Expansionen durch Zukauf von Kundenstämmen und Unternehmen.

Auch die Verwendung sogenannter englischer Klauseln in den Verträgen mit Flüssiggaskunden löste keinen funktionierenden Bestandskundenwettbewerb aus. Nach einer englischen Klausel - wie sie die Versorgungsunternehmen verwandten - konnte ein Kunde verlangen, zu einem niedrigeren Preis beliefert zu werden, sofern er ein günstigeres Wettbewerbsangebot vorlegte und sein Versorgungsunternehmen auf diese Konditionen einstieg. Stieg das Versorgungsunternehmen nicht ein, konnte der Kunde verlangen, für eine einmalige Belieferung freigegeben zu werden. Zu Kundenwechseln unter Verlust von deutlichen Marktanteilen, was für die Annahme von echtem (Preis-)Wettbewerb erforderlich wäre, führte eine englische Klausel indes regelmäßig nicht. Günstigere Preise waren von der Seite der Kooperationspartner, im Übrigen aber auch von den meisten anderen DVFG-Unternehmen nicht in nennenswertem Umfange zu erhalten, sondern allenfalls von den freien Anbietern; nur mit diesen existierte ein restlicher Preiswettbewerb um Bestandskunden.

V. Die Kartelldisziplin, das heißt die Einhaltung des Nichtangriffspakts bzw. die Kundenschutzabrede durch die Kooperationspartner, war hoch. Die Wettbewerbsfälle wurden im Beirat der NB 7behandelt. Insbesondere in den Sitzungen vom 23.9.1997 (TOP 1 - Protokoll der Beiratssitzung vom 10.6.1997), 28.9.2000 (TOP 10 -"Verschiedenes"), 6.12.2000 (TOP 10 -"Wettbewerbsregeln") sowie am 24.4.2001 (TOP 1- Protokoll der Beiratssitzung vom 6.12.2000), und am 13.9.2001 (TOP 1 - Protokoll der Beiratssitzung vom 24.4.2001), ab 28.9.2000 jeweils unter dem Vorsitz von JD sowie im Beisein der beiden Geschäftsführer der NB 7, Betr.5 und HH, des verurteilten Betroffenen Betr. 1 sowie von EBetr. 2, EBetr. 4 und EBetr. 3 wurde das Thema "Wettbewerbsfälle" bzw. "Wettbewerbsregeln" erörtert. Bereits auf der zweiten Beiratssitzung nach Verabschiedung der Organisationsrichtlinie spielten die Wettbewerbsfälle eine Rolle. Das Beiratsprotokoll vom 23.9.1997 hielt insoweit fest, dass "die Wettbewerbsfälle zur Zeit noch manuell geprüft werden" und "über das Ergebnis ... die Gesellschaften durch die jeweilige Dispositionsstelle informiert" werden.

VI. Die T... GmbH & Co. KG a.A. (später T1 GmbH) erzielte von Juli 1997 bis November 2001 - wie die anderen inzwischen verurteilten Versorgungsunternehmen in ihren Tatzeiträumen - einen kartellbedingten Mehrerlös.

D. Beweiswürdigung

Die Feststellungen zum Tatvorwurf, zur Rechtsnachfolge der NB 2 und zu den Bußzumessungstatsachen beruhen auf dem Inbegriff der Hauptverhandlung, namentlich auf den Einlassungen der Betroffenen und Nebenbetroffenen, soweit ihnen gefolgt werden konnte, ferner auf den Zeugenaussagen und gerichtlichen Augenscheinnahmen sowie auf den Urkunden, die der Senat in die Hauptverhandlung eingeführt hat.

D.AA. Beweiswürdigung Tatvorwurf:

I. Einlassungen zum Tatvorwurf und zu den Bußzumessungstatsachen:

Alle verurteilten Betroffenen und (verurteilen) Nebenbetroffenen sowie die T1 stellen die Beteiligung an einer Kartellabsprache in Abrede.

Darüber hinaus haben sich die einzelnen (ehemals) Betroffenen und (verurteilten) Nebenbetroffenen und die T1 sowie ihre (Gesamt-)Rechtsnachfolgerin NB 2 ergänzend wie folgt eingelassen:

1. Der verurteilte Betroffene Betr. 1 äußerte sich wie folgt: Er sei seit dem Jahr 1992 im Unternehmen. Von 2000 bis 2003 habe er persönlich die Verantwortung für das Flüssiggasgeschäft von HHV übernommen. An einer Absprache habe er nicht mitgewirkt und auch die DVFG-Wettbewerbsregeln nicht als Kundenschutzabsprache ausgelegt. Es existierten mehrere Gründe, warum Bestandskunden nicht wechselten oder auch nicht massiv abgeworben worden seien. Ein Unternehmen - wie seines - habe wegen der hohen Anfangsinvestitionen ein vitales Interesse daran, einen einmal gewonnen Kunden zu halten. Dies sei branchenweit bekannt. Er habe sich für die NB 1 autonom und unabhängig von irgendwelchen Absprachen selbst die Politik auferlegt, Bestandskunden anderer Anbieter nur unter außergewöhnlich günstigen Umständen abzuwerben. Rechtliche Gründe seien dafür ausschlaggebend gewesen, bei der Abwerbung von Bestandskunden generell zurückhaltend zu sein. Entscheidend aber seien wirtschaftliche Überlegungen gewesen. Mit einem Marktanteil von tendenziell weniger als 5% schlüge der Wettbewerb massiv zurück, wenn die NB 1 anfinge, Kunden massiv abzuwerben. Ihm liege mehr an langfristigen Kundenbeziehungen, einer einträglichen Marge und an entsprechenden Gewinnen. Dafür nehme er in Kauf, auch einmal ein Geschäft weniger abzuschließen. Bei ihm sei in jedem Fall von einem Tatbestandsirrtum, zumindest aber von einem unvermeidbaren Verbotsirrtum auszugehen.

2. Der verurteilte Betroffene Betr. 5 hat sich für sich selbst dahin eingelassen, er sei zu keinem Zeitpunkt an der Erstellung und/oder Umsetzung der DVFG-Wettbewerbsregeln beteiligt gewesen. Der Vorwurf, die NB 7 sei ein Kontrollinstrument für die Wirksamkeit des Kundenschutzkartells gewesen, sei unrichtig. Alleiniger Grund für die Weiterleitung der Bestelldaten sei gewesen, die Versorgungs- und technische Sicherheit der Tankanlagen der Endkunden sicherzustellen sowie verlässliche Abrechnungsdaten zu generieren. Er habe aus der ihm zur Last gelegten Ordnungswidrigkeit keinen wirtschaftlichen Vorteil gezogen.

Die verurteilte NB 7 hat sich seiner Äußerung angeschlossen.

3. EBetr. 4 - gegen den das Verfahren eingestellt wurde - ließ sich ergänzend wie folgt ein: Auf DVFG-Ebene habe es unter seiner Beteiligung keine Absprache über eine extensive Interpretation der DVFG-Wettbewerbsregeln gegeben. Vielmehr seien die DVFG-Wettbewerbsregeln die Leitlinie seines Verständnisses im Verhalten gegenüber Wettbewerbern (DVFG-Mitgliedern und Mitgesellschaftern der NB 7 und der Flaschenpools) gewesen. Ausgangspunkt seines Wettbewerbsverständnisses sei das Geschäftsmodell der NB 6 gewesen. Es sei von dem Abschluss eines Liefervertrags für den gesamten Flüssiggasbedarf des Kunden, der Überlassung von in ihrem Eigentum stehenden Tanks sowie einer umfassenden sicherheitstechnischen Betreuung gekennzeichnet gewesen. Die überwiegende Mehrheit der Tankgaskunden habe die Miete oder die Nutzung des im Eigentum der NB 6 stehenden Tanks bzw. der Flaschen bevorzugt. Ein aktives Abwerben von Miet- bzw. Nutzungstankkunden von Wettbewerbern sei nur mit einem hohen Personalaufwand und erheblichen Zugeständnissen bei den Konditionen möglich gewesen. Wegen der nicht ausreichenden Rentabilität sei diese Akquisitionsmöglichkeit nur von geringem Interesse für NB 6 gewesen. Neben der Pflege und Betreuung des Kundenstammes habe die Akquisition von Neukunden Priorität gehabt.

Das Meldeverfahren der NB 7-Organisationsrichtlinie sei wegen der steigenden Anzahl von Doubletten (Doppelmeldungen eines Kunden für zwei Gesellschaften), die zu erheblichen Belieferungs- und Abrechnungsproblemen geführt hätten, erforderlich gewesen. Die NB 7 habe über keine Informationen über die Vertragsbeziehungen der Gesellschafter zu ihren jeweiligen Kunden verfügt. Das Meldeverfahren habe auch dazu gedient, drohende Wettbewerbs- und Eigentumsverstöße, insbesondere das wettbewerbswidrige Ausnutzen fremden Vertragsbruchs, ein Verleiten zum Vertragsbruch sowie Eigentumsverletzungen zu vermeiden. Er habe in der Vorstellung gehandelt, lediglich unlauteres Verhalten zu unterlassen oder zu unterbinden. Er sei sich nicht bewusst gewesen, sich tatsächlich rechtswidrig verhalten zu haben.

4. EBetr. 2, gegen den das Verfahren eingestellt wurde, äußerte sich für sich selbst zur Sache folgendermaßen: Er habe die DVFG-Wettbewerbsregeln weder bewusst rechtsmißbräuchlich ausgelegt noch die Regeln als ein Mittel zur Praktizierung einer kartellrechtswidrigen Kundenschutzabsprache benutzt. Die im Bußgeldbescheid behauptete Kundenschutzabsprache sei ihm nicht bekannt gewesen, als er ab September 2000 in den Beirat der NB 7 entsandt worden sei. Er habe die DVFG-Wettbewerbsregeln erst nach der Durchsuchung des Bundeskartellamts zur Kenntnis genommen. Diese seien nicht als ein Mittel zur Praktizierung einer Kartellabsprache verwendet worden. Das Meldesystem der NB 7 habe keinen Kundenschutz sichern sollen, sondern lediglich die korrekte Zuordnung des Gaslieferscheins, der Transport- und Lagerumschlagskosten sowie der Prüfkosten bezweckt. Nur vom 19.7.2000 bis zum 1.5.2001 sei er Vorsitzender der Geschäftsführung gewesen und habe formal die Leitung der Vertriebsabteilungen im Flüssiggasendverbrauchergeschäft inne gehabt. Das operative Tank- und Flüssiggasgeschäft sei größtenteils von anderen Mitarbeitern betreut worden.

Es habe nur geringen Wettbewerb um Bestandskunden unter den Mitgliedsunternehmen des DVFG gegeben. Diese Tatsache sei jedoch nicht das Ergebnis einer Kundenschutzabsprache, sondern der betriebswirtschaftlichen Vernunft geschuldet gewesen. Er selbst habe den Außendienst weder instruiert, keinen Wettbewerb zu betreiben, noch habe er Kenntnis von einer solchen Anweisung gehabt. Er habe jedenfalls nicht vorsätzlich gehandelt.

5. Der frühere Betroffene EBetr. 3, der seinen Einspruch gegen den Bußgeldbescheid zurückgenommen hat, äußerte sich zu den Vorwürfen wie folgt:

Er habe sich in keiner seiner Funktionen als Geschäftsführer der V2 GmbH, der V2 Wärmeservice GmbH, der A4 GmbH, der T... Flüssiggas GmbH und der NB 3 GmbH je an einer Absprache der im DVFG organisierten Flüssiggasanbieter beteiligt. In den Wettbewerbsfällen sei es aus rein betriebswirtschaftlicher Sicht geboten gewesen, eine Lösung zur Vermeidung kostenintensiver Rechtsstreitigkeiten im Wege schlichter Kooperation zu suchen.

Es habe aus seiner Sicht keinen Sinn gemacht, den Vertrieb eines Flüssiggasunternehmens mit der aktiven Abwerbung von Bestandskunden zu belasten. Ausgangspunkt für alle seine vertriebsrelevanten Überlegungen sei gewesen, dass es sich bei Flüssiggas um einen Markt gehandelt habe, bei dem es keine natürliche Nachfrage gegeben habe und Flüssiggas durch den Wechsel zu anderen Energieformen habe ersetzt werden können. Aus diesem Grund habe ein Vertrieb in erster Linie Neukunden gewinnen müssen. Wäre es nicht gelungen, die marktimmanenten Schrumpfungstendenzen durch aufwändige Akquisitionsbemühungen zu kompensieren, wäre das bestehende Flüssiggas-Marktvolumen nicht zu halten gewesen.

6. Der ehemals Betroffene JD, der seinen Einspruch zurückgenommen hat, hat sich für die P1 folgendermaßen zur Sache eingelassen:

Ein bundesweites Kundenschutzkartell und flankierende Preisabsprachen habe es nicht gegeben. Allenfalls habe es sich um eine fahrlässige Rechtsverletzung gehandelt. Die sogenannte Organisationsrichtlinie der NB 7 sei "auch" ein Instrument gewesen, jedenfalls im Innenverhältnis eine illegale Befüllung auszuschließen.

7. Die verurteilte NB 6 hat in ihrer Einlassung die Unterschiede zwischen ihren Eigentums-, Nutzungs- und Miettankmodellen und dem Geschäftsmodell der "Discounter" (gemeint: die freien Anbieter) hervorgehoben:

Das Geschäftsmodell der "Discounter" habe sich grundlegend unterschieden. Diese hätten keine Dauerlieferverträge geschlossen, sondern die Endverbraucher auf Basis telefonischer Bestellungen beliefert. Es sei kein Mehrerlös entstanden.

8. Die erloschene P1 hat sich wie folgt eingelassen:

Sie sei kein Konzernunternehmen des S2-Konzerns. Sie sei von der S2 Holdings N.V. nicht beherrscht worden, sie sei in Fremdorganschaft operativ selbständig von ihren Geschäftsführern geführt worden. Der Beirat habe nicht das operative Tagesgeschäft bestimmt. Ihre Geschäftsführung sei beiden Gesellschaftergruppen gleichermaßen und lediglich zur finanziellen Berichterstattung und Rechenschaft verpflichtet gewesen. Sie habe operativ auf allen Stufen der werbenden Tätigkeit weisungsfrei und autonom gehandelt. Eine wirtschaftliche Einheit mit der S2 Holdings N.V. habe nicht bestanden. Erst recht hätten die S2 Holdings N.V. und sie nicht als wirtschaftliche Einheit operiert.

9. Die verurteilte NB 3 hat eine Beteiligung an einer umfassenden bundesweiten Kundenschutzabsprache und an flankierenden Preisabsprachen in Abrede gestellt. Die NB 7 sei kein kartellstützendes Kontroll- und Sanktionsinstrument. Im Regelfall des Wechsels von dem einen zu dem anderen NB 7-Versorgungsunternehmen seien gerade keine Wettbewerbsmeldungen ausgelöst worden. Auch Umsetzungsmaßnahmen für die Kundenschutzabsprache hätten nicht vorgelegen. Im eigenen wohlverstandenen Provisionsinteresse habe der Außendienst sein Augenmerk auf die Neukundenakquisition gelegt.

In den Fällen, in denen ein Kunde nach einer Kündigung habe wechseln wollen, sei bei ihr nur in einem einzigen Fall eine Wettbewerbsmeldung erfolgt. Eine Wettbewerbsmeldung sei lediglich dann ausgelöst worden, wenn ein Kunde zum Zeitpunkt der Zweitmeldung noch einem anderen Versorgungsunternehmen zugeordnet gewesen sei, sei es, weil der Tank trotz erfolgter Kündigung noch nicht zurückgeholt worden sei, oder sei es, weil der Kunde mit der Bezahlung von Rechnungen im Rückstand gewesen sei. In diesem Fall sei jedoch keine Einigung der NB 7-Unternehmen nötig gewesen und erfolgt, weil die Vertragslage klar gewesen sei. Der einzige Fall, bei dem eine Einigung über die Zuordnung des Kunden erfolgt sei, sei der gewesen, dass der Zweitmelder in einen noch bestehenden Liefervertrag habe hinein liefern wollen, weil der Kunden vorgespiegelt habe, er sei vertragsfrei.

10. Die verurteilte NB 1 und die verurteilte NB 4 haben sich im Wesentlichen wie folgt ergänzend zur Sache geäußert:

Das Verbot der Fremdbefüllung, das sich aus den DVFG-Wettbewerbsregeln ergebe, habe ca. 75% der Kunden getroffen, nämlich die sogenannten Miettankkunden. Flüssiggas sei eine Nischenenergie und müsse deshalb aktiv beworben werden. Um Anreize zu schaffen, sich für Flüssiggas zu entscheiden, habe der Kunde seine Liquidität schonen können, indem er den Tank gemietet und die Tankverantwortung auf das Versorgungsunternehmen übertragen habe. Es habe im Interesse des Versorgungsunternehmens gelegen, den Kunden möglichst lange zu behalten. Dafür habe man seinen Service sowie Verträge mit zweijähriger Laufzeit und einer Verlängerungsklausel angeboten. Da für den Kunden die Wechselkosten maßgeblich gewesen seien, sei es unattraktiv für das Versorgungsunternehmen gewesen, das Angebot des Vertragsinhabers zu unterbieten. Vorteilhafter sei es gewesen, den eigenen Kundenbestand zu pflegen und insgesamt an der langen Vertragsdauer zu profitieren. Auf der Seite der Endverbraucher seien eine gewisse Wechselunwilligkeit, Gewöhnung und Vertrauen zum Lieferanten hinzugekommen. Das Kundenverhalten habe den Wettbewerb maßgeblich geprägt.

11. Die erloschene T1 hat sich zum Tatvorwurf wie nachstehend wiedergegeben eingelassen:

Das vorliegende Verfahren sei durch zahlreiche Umstände gekennzeichnet, die es von den üblichen Kartellfällen unterscheide: Zum einen hebe es sich dadurch hervor, dass die Beweislage hinsichtlich des Kernvorwurfs schwach sei. Zum anderen dadurch, dass es an einem Bonusantrag und einem Kronzeugen fehle. Zudem sei das Verfahren in zwei Gruppen von Betroffenen und Nebenbetroffenen aufgespalten. Die Marktverhältnisse auf dem Flüssiggasendverbrauchermarkt seien komplex. Die mehrfache Novellierung der anwendbaren Bußgeldvorschriften sei verbunden mit Rechtssetzungsfehlern des Gesetzgebers. Ein Nachweis der wirtschaftlichen Auswirkungen fehle und die vom Bundeskartellamt verhängten Geldbußen seien extrem hoch. Es fehle insbesondere an einem direkten Beweis für die vom Bundeskartellamt behauptete verbandsweite Grundabsprache über die kartellrechtswidrige Auslegung der DVFG-Wettbewerbsregeln im Sinne eines absoluten Bestandskundenschutzes. Zudem sei sie, die T1, ausschließlich von 1997 bis 2001 im verfahrensbetroffenen Flüssiggasendverbrauchergeschäft unternehmerisch tätig gewesen und in diesem Zeitraum an keiner verbandsübergreifenden, bundesweiten Kundenschutzabsprache beteiligt gewesen. Sie hafte zudem nicht für das Fehlverhalten anderer T...-Gesellschaften und der Vorgängergesellschaften aus dem A...- und V2-Konzern.

12. Zur Umstrukturierung haben sich die Geschäftsführer Dr. FG und RB2 für die NB 2 folgendermaßen geäußert:

Die T1 habe zwei Geschäftsbereiche besessen, die Holding und das Handelsgeschäft. Die Holding habe sich mit dem Controlling, Rechnungs- und IT-Wesen befasst und über einen hohen Kostenapparat verfügt. Der Umstrukturierung der T...-Gruppe habe ein von den Wirtschaftsprüfern und Rechtsanwälten entworfenes umfangreiches Umstrukturierungsmodell zu Grunde gelegen. Ziel der Konzernumstrukturierung sei es einerseits gewesen, eine Haftungstrennung insbesondere bei sogenannten Havarien im Streckengeschäft - wie dem Tanklastzugunglück in Herborn im Jahr 1987 - vorzunehmen. Andererseits sollte es durch die Umstrukturierung steuerrechtlich ermöglicht werden, die durch die Holding-Aufgaben wie Controlling, Rechnungswesen und IT-Betreuung entstehenden Kosten auf der Ebene der T... Verwaltungs GmbH zusammenzuführen und mit den erwirtschafteten Gewinnen zu verrechnen bzw. gegenüberzustellen. Letzteres, so die Einlassung der Geschäftsführer RB2 und Dr. FG, sei im Rahmen der bisherigen Konzernstruktur nicht möglich gewesen. Dies habe eine rechtliche Verselbständigung der beiden ursprünglichen Teilbetriebe vorausgesetzt. Da die T1 GmbH & Co. KG keine Funktion mehr zu erfüllen habe, sei es geboten gewesen, zur Vermeidung anfallender Verwaltungskosten und zur Optimierung der steuerlichen Situation, diese auf eine andere Gesellschaft zu verschmelzen.

Schließlich sei es für das Rating des Unternehmens bei den Banken von Bedeutung gewesen, das Handelsgeschäft von der Holding zu trennen. Entscheidend für die Ausgestaltung der Umstrukturierung seien möglichst wenige Steuern gewesen. Das Bußgeldverfahren habe die Umstrukturierung der T...-Gruppe beschleunigt. Der Beirat habe schon im Jahr 2011 über eine Umstrukturierung gesprochen. Mitte des Jahres 2012 sei der Auftrag zur Umstrukturierung an die Steuerberater erteilt worden.

Nach dem Modell der Steuerberater habe es durch die Verschmelzung nicht zu einer Kaufpreiszahlung kommen sollen. Zur Finanzierung des Kaufpreises seien auch keine Bemühungen unternommen worden.

Die TTG wäre zu einer Zahlung des Kaufpreises an die T1 GmbH & Co. KG für den Kommanditanteil an der T3 GmbH & Co. KG weder aus eigenen Mitteln noch im Wege der Fremdmittelbeschaffung kurzfristig in der Lage gewesen.

13. Die NB 2 hat wie nachstehend wiedergegeben zum Übergang der Vertragsbeziehungen zu Lieferanten und zu Kunden Stellung genommen:

Die T1 habe ihren Gesamtjahresbedarf an Flüssiggas im Geschäftszweig "Großhandelsgeschäft" im Jahr 2012 zu ca. 70% auf vertraglicher Basis bei insgesamt zwölf Lieferanten, die verbleibenden 30% auf nichtvertraglicher Basis im sogenannten Spot- oder Optionsgeschäft gedeckt. Das vertraglich abgesicherte Volumen habe sich auf ca. 131 kt (Kilotonnen) belaufen und sei von zwölf Lieferanten bezogen worden.

Sämtliche Vertragsverhältnisse mit den vorbenannten Flüssiggaslieferanten seien nach Ziffern I.2.3 des Einbringungs- und Einlagevertrags vom 11.12.2012 mit sofortiger Wirkung zum 11.12.2012, 17.37 Uhr zunächst auf die T4 GmbH & Co. KG übertragen und anschließend von dieser nach Ziffern II.2.1.3. des Einbringungs- und Einlagevertrags vom 11.12.2012 (einschließlich Anlage 21) mit sofortiger Wirkung zum 11.12.2012, 17.38 Uhr auf die T... T&S weiterübertragen worden.

Neun der zwölf Flüssiggaslieferanten hätten bis zum Verschmelzungszeitpunkt, dem 31.1.2013, schriftlich ihre Zustimmungserklärung zum Übergang der Lieferverträge auf die T4 und anschließend auf die T... T&S erklärt. Diese übergegangenen Vertragsverhältnisse hätten ein Volumen in Höhe von ungefähr 99 kt betroffen. Damit seien 76% des vertraglich abgesicherten Gesamtbedarfs mit Zustimmung der neun Lieferanten auf die T... T&S übertragen worden. Drei Verträge mit Lieferanten seien im Vermögen der T1 GmbH verblieben.

Die T1 GmbH (& Co. KG) habe im Geschäftsjahr 2012 durch ihren Teilgeschäftsbetrieb Handelsgeschäft insgesamt 22 Kunden auf vertraglicher Basis mit Flüssiggas beliefert. Dies habe ein Absatzvolumen von 117 kt von insgesamt 120 kt Flüssiggas betroffen. Ihrer Belieferung habe kein dauerhaftes Vertragsverhältnis zu Grunde gelegen. Die Belieferung der Kunden sei auf Tagesbasis und nach freier Vereinbarung erfolgt.

Sämtliche Vertragsverhältnisse mit den vorbenannten Flüssiggaskunden seien gemäß Ziffern I.2.3. des Einbringungs- und Einlagevertrags vom 11.12.2012 mit sofortiger Wirkung vom 11.12.2012, 17.37 Uhr zunächst auf die T4 und anschließend von dieser gemäß Ziffern II.2.1.3 des Einbringungs- und Einlagevertrags vom 11.12.2012 (einschließlich Anlage 21) auf die T... T&S GmbH & Co. KG weiterübertragen worden.

Neunzehn von den insgesamt zweiundzwanzig Flüssiggaskunden hätten zum 31.1.2013 schriftlich ihre Zustimmung zum Vertragsübergang auf die T4 und anschließend auf die T... T&S erklärt. Etwa 97% des im Jahre 2012 auf einzelvertraglicher Basis abgesetzten Flüssiggases seien mit Zustimmung der Kunden auf die T... T&S übertragen worden. Drei Verträge mit Abnehmern seien im Vermögen der T1 GmbH & Co. KG verblieben.

Alle Arbeitnehmer der vormaligen T1 GmbH (& Co. KG) hätten dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf die T4 und anschließend auf die T... T&S und auf die T... Beteiligung Holding zum 31.1.2013 schriftlich zugestimmt.

II. Beweiswürdigung zum Tatvorwurf:

1. Vereinbarung von Kundenschutz im Rahmen der deutschlandweiten Neuorganisation von NB 7und F1:

Die Überzeugung des Senats, dass eine stillschweigend geschlossene Kundenschutzabsprache "condicio sine qua non" (nicht hinwegzudenkende Bedingung) für die Zusammenarbeit in den Transportgesellschaften war, beruht auf,

den das Fehlen von Wettbewerb um Bestandskunden bestätigenden Einlassungen der verurteilten Betroffenen und (verurteilten) Nebenbetroffenen,

den glaubhaften Aussagen der Zeugen Dr. ER, PJ, Dr. EUF, HJG, WH, EE, JK, JS und TS, die das Vorliegen einer Kundenschutzabsprache, so wie festgestellt, in der Hauptverhandlung im Wesentlichen übereinstimmend geschildert haben,

sowie auf den eingeführten Urkunden.

a) Die Tatsache, dass die Leitungspersonen von NB 6, P1, NB 1, T... GmbH & Co. KG (bis November 2002, danach Leitungspersonen der NB 3) sowie die weiteren NB 7-Gründungsgesellschafterinnen V2 Oel und D1 GmbH in der Zeit vor dem 1.7.1997 zumindest stillschweigend vereinbarten, sich als Bedingung für die bundesweite Ausfuhrgesellschaft NB 7 keinen aktiven Bestandskundenwettbewerb zu machen,

ergibt sich im Ausgangspunkt zunächst aus der Tatsache, dass im folgenden Tatzeitraum ab 1.7.1997 zwischen den NB 7-Gesellschafterinnen und assoziierten Kooperationsunternehmen kein nennenswerter (aktiver) Wettbewerb um Bestandskunden (sowohl Miettank-, Nutzungstank- als auch Eigentumstankkunden) herrschte, obwohl dieses Kundensegment mit über 80 % den weitaus größten Anteil der potentiellen Nachfrage ausmachte und der Außendienst der Versorgungsunternehmen an der erfolgreichen Abwerbung ein hohes Provisionsinteresse haben musste.

Einzelne gegenteilige Aussagen von Unternehmensmitarbeitern vor dem Senat, wonach unverfälschter Bestandskundenwettbewerb geherrscht haben soll, widersprechen diametral den Angaben der insoweit maßgebenden Leitungspersonen, und überzeugen daher schon im Ansatz nicht. Die Leitungspersonen haben sich nämlich insoweit zum Tatvorwurf wie folgt eingelassen:

Der verurteilte Betroffene Betr. 1 hat angegeben, die NB 1 habe sich die Politik auferlegt, Bestandskunden fremder Anbieter nur unter außergewöhnlich günstigen Umständen abzuwerben.

Der ehemals Betroffene EBetr. 2 hat eingeräumt, es sei sicherlich zutreffend, dass es nur einen geringen Wettbewerb um Bestandskunden gegeben habe.

Der ehemals Betroffene EBetr. 3 hat angegeben, es habe keinen Sinn gemacht, den Vertrieb eines Flüssiggasunternehmens mit der aktiven Abwerbung von Bestandskunden zu belasten.

Der ehemals Betroffene EBetr. 4 hat angegeben, ein aktives Abwerben von Miet- bzw. Nutzungstankkunden von Wettbewerbern sei wegen einer nicht ausreichenden Rentabilität nur von geringem Interesse für NB 6 gewesen.

Dass die Leitungspersonen in dieser Frage durchgreifend bestimmend waren, folgt schon aus der grundlegenden Wichtigkeit der Vertriebsstrategie für das Gesamtunternehmen. Es ist nach Überzeugung des Senats geradezu auszuschließen, dass die Ebenen der Verkaufsleiter und Vertriebsmitarbeiter sich insoweit mit einer gegenläufigen Vertriebspraxis offen oder still gegenüber ihren Unternehmensführungen positionierend durchgesetzt hätten.

Zudem hat der Zeuge Dr. ER die Existenz einer Kundenschutzabsprache unter den Gesellschaftern der Ausfuhrkooperationen bestätigt. Gestützt werden seine Angaben durch die glaubhaften Angaben weiterer Zeugen. Im Einzelnen:

(1) Der Zeuge Dr. ER:

Dr. ER, ehemals Geschäftsführer der P10 und Mitgeschäftsführer der im Rahmen des bundesweiten Ausfuhrkonzepts neu gegründeten NB 7 bis 1999, hat ausgesagt, dass das Eingehen von Ausfuhrkooperationen schlechthin Kundenschutz unter den Kooperationspartnern bedingt habe. Auf den umfassenden Kundenschutz hätten alle Kooperationsinteressenten besonderen Wert gelegt. Ihnen gegenüber sei der Kundenschutz als ein Hauptwerbeargument für die Kooperation genannt worden. Es sei die "Spielregel" aufgestellt worden, dass ein Abwerben von Bestandskunden unter den NB 7-Gesellschaftern zu unterbleiben habe. Diese strikte Spielregel (Konzentration auf die Akquirierung von Neukunden, kein Abwerben von Bestandskunden) habe schon bei seinem Eintritt im Jahr 1991 in der Vorläufergesellschaft P10 gegolten, an der NB 6, T..., G3 (ein Unternehmen des V2-Konzerns) und D1 als Gesellschafter beteiligt gewesen seien. Sie sei so unverändert bei der NB 7 fortgeführt worden.

Der Senat ist davon überzeugt, dass die Angaben des Zeugen Dr. ER der Wahrheit entsprechen. Der Zeuge hat detailreich, konkret und in sich stimmig ausgesagt. Seine Aussage fügt sich widerspruchsfrei in das Gesamtgeschehen um die Transportgesellschaften ein. Konkret konnte der Zeuge sich auch an die Versorgungsunternehmen T8 und L4 erinnern, denen eine Offerte mit Schutz vor Wettbewerb bei Bestandskunden als Werbeargument unterbreitet worden sei. Beide Unternehmen hätten sich dann jedoch gegen einen Beitritt zur NB 7 entschieden. Demgegenüber habe man die NB 1 und NB 4 auf diese Weise zum Beitritt bewegen können. Ein Motiv für eine Falschbelastung der verurteilten Betroffenen und (verurteilten) Nebenbetroffenen hat der Zeuge nicht. Er ist nicht mehr in der Flüssiggasbranche tätig. Überdies hegt er keine unmittelbaren oder mittelbaren wirtschaftlichen Interessen am Ausgang des Verfahrens. Überzeugend war schließlich auch die Konstanz seines Aussageverhaltens bei kritischen Nachfragen der Verfahrensbeteiligten.

(2) Der Zeuge PJ:

Bestätigt wird die Aussage des Zeugen Dr. ER durch die Angaben des Zeugen PJ. Der Zeuge war von 1991 bis 1992 als Leiter Logistik und Spedition bei der T2 GmbH, von 1992 bis 30.12.1996 Prokurist bei der F2 GmbH, von 1996 bis 1999 Niederlassungsleiter bei der W4, einer Kooperationspartnerin der NB 7, und von 1999 bis 2007 Leitungsperson bei der F4 GmbH & Co. KG sowie anschließend Geschäftsführer der F4-Tochter F6 GmbH. Der einschlägig branchenerfahrene Zeuge stellte den garantierten Bestandskundenschutz als entscheidendes Kriterium für den Beitritt seiner späteren Arbeitgeberin W4 zur NB 7 als Kooperationspartnerin heraus.

Seine Aussage beansprucht Gültigkeit auch für die NB 7, weil er bis zum Jahr 1999 bei der W4, einem assoziierten Vertriebsunternehmen, tätig war und ihm dort die Kartellabsprache als Grund für den Mangel an Wettbewerb um Bestandskunden von den Geschäftsführern der W4 offenbart wurde. Der Zeuge hat den diesbezüglichen Inhalt eines Gesprächs mit den Geschäftsführern der Kooperationspartnerin W4, HB und KB, nach seinem Eintritt in das Unternehmen glaubhaft geschildert.

Die Bekundungen des Zeugen waren in sich schlüssig und fügten sich in das Gesamtgeschehen ein. Seine Angaben wiesen bei Nachfragen der Verfahrensbeteiligten eine gute Aussagekonstanz auf, was für eine Erlebnisfundiertheit seiner Angaben spricht.

Der Zeuge zeigte insgesamt keine Belastungstendenz. Er hat spontan ebenso wie auf Nachfrage seine geschilderten Wahrnehmungen bekräftigt. Er hat offen eingeräumt, enttäuscht zu sein, in der Flüssiggasbranche keine Anstellung mehr zu finden, und die Vermutung geäußert, nach seiner Aussage dort auch keine mehr finden zu können. Doch hat er überzeugend jeden Verdacht von sich gewiesen, durch seine Aussage Vergeltung an den Nebenbetroffenen üben zu wollen.

Der Umstand, dass der Zeuge PJ sich nicht mehr daran zu erinnern vermochte, dass ein Telefonat mit dem Mitarbeiter KHG des Bundeskartellamts am 20.5.2008 stattgefunden hat, mindert seine Glaubwürdigkeit nicht. Es handelt sich bei dem Telefonat nur um ein Randgeschehen, das mit dem Tatvorwurf selbst in keinem Zusammenhang steht. Der Zeuge hat für das Fehlen seiner Erinnerung an das Gespräch eine gut nachvollziehbare Begründung genannt, nämlich dass er mit der Flüssiggasbranche abgeschlossen habe. Hinzu kommt der Zeitablauf.

(3) Der Zeuge HJG:

In Übereinstimmung zum Vorstehenden hat der Zeuge und Großhandelskaufmann HJG, ehemals Verkaufsleiter der NB 4 Nürnberg bis 2002 (heute NB 1), bezogen auf die jedenfalls seit Mitte der 1980er Jahre betriebene AusfuhrkooperationNB 1/NB 4/U7 (U6) bekundet, dass die Kooperation vermutlich gescheitert wäre, wenn Kunden aktiv abgeworben worden wären. Denn dies, so der Zeuge, hätte sich keiner der Kooperationspartner gefallen lassen können. Der Tankwagenfahrer sollte keine fremden Kunden übernehmen. Dies sei eine "Selbstverständlichkeit" gewesen und habe dem "Kooperationsgedanken" entsprochen.

Der Einschätzung des Zeugen, es habe nach Gründung der P10 keine Veranlassung mehr für einen wechselseitig versprochenen Bestandskundenschutz gegeben, weil die P10 die Vertraulichkeit der Kundendaten zugesichert habe, vermag der Senat nicht zu folgen: Die vereinbarte Neutralität der NB 7 reichte nicht aus, um ein Abwerben von Bestandskunden wirksam zu verhindern. Der Außendienst der Versorgungsunternehmen hatte ein lebhaftes Provisionsinteresse auch und gerade an der Akquirierung von Bestandskunden, die leicht und ohne viel Aufwand zu gewinnen waren. Dies haben die Zeugen Dr. ER, EE, HHDR und TS ausdrücklich und übereinstimmend bestätigt. Auch die Tankwagenfahrer der NB 7 gaben nach dem Beiratsprotokoll der NB 7 vom 17.4./10.5.2002 (TOP 1: "Neutralität der Fahrer") offenbar Anlass, sie an ihr "absolut neutrales Verhalten" zu erinnern.

(4) Der Zeuge WH:

Der Zeuge WH (Vertriebsleiter Ressort Vertrieb und Marketing Flüssiggas vom 1.8.2000 bis 1.4.2001 bei der T... GmbH & Co. KG a.A.; Prokurist seit 14.12.2000; anschließend Prokurist der NB 3 vom 1.4.2001 bis 31.12.2003) hat die Bekundungen der Zeugen Dr. ER und PJ zum Kerngeschehen im Wesentlichen ebenfalls bestätigt. Er hat bekundet, dass kein nennenswerter Wettbewerb um Bestandskunden innerhalb der Transportkooperationen herrschte und zwar, so seine Schlussfolgerung, aufgrund einer stillschweigenden Absprache.

Die Aussage des Zeugen WH, der nach einer betriebsbedingten Änderungskündigung vom 29.12.2003, einer Freistellungsphase vom 4.7.2003 bis zum 31.12.2003 (Ende des Arbeitsverhältnisses) und nach einem am 29.6.2004 geschlossenen Vergleich die NB 3 verlassen hat, ist in ihren Kernaussagen überzeugend und glaubhaft.

Dass der Zeuge WH aus Verärgerung über den Verlust seines Arbeitsplatzes wahrheitswidrig ausgesagt hätte, ist nicht anzunehmen. Nach einem Schreiben der NB 3 vom 29.12.2003 wurde ihm zwar nur eine Position als Bezirksleiter im Außendienst zu einem Grundgehalt von 2.409,00 Euro brutto zuzüglich Prämien nach der jeweils gültigen Prämienordnung angeboten. Eine derartige Position konnte dem Zeugen, der als Prokurist mit Verantwortung für den Vertrieb bei der Nebenbetroffenen tätig gewesen war, nicht genügt haben. Indes war der Zeuge, wie er gut nachvollziehbar dargelegt hat, auf eine Weiterbeschäftigung zu diesen Konditionen nicht angewiesen. Er hatte schon im Dezember 2002 beschlossen, von einem Verwandten in Hamburg ein Unternehmen, das sich mit der Verarbeitung und dem Handel mit Kunststofffolien und Kartonage befasste, zu erwerben. Aus diesem Grund hätte er das Arbeitsverhältnis mit der NB 3 zum 30.6.2003 von sich aus gekündigt.

Entgegen der Auffassung der Verteidigung besteht bei dem Zeugen WH kein Motiv(-bündel) für eine wahrheitswidrige Aussage darin,

dass ein aus seiner Sicht zunächst zu niedriges Abfindungsangebot in Höhe von 30.000 Euro unterbreitet wurde,

dass er über die abweichende Vorstellung seines damaligen Vorgesetzten EBetr. 3 von der Ausrichtung des Flüssiggasvertriebs und Querelen in der Kündigungsphase verärgert war und

dass Erkenntnisse aus Gesprächen mit seinem juristischen, arbeitsgerichtlich vertretenden Rechtsbeistand und seiner Familie ihn zu einer Anzeige veranlassten.

Die von der Verteidigung behauptete Motivlage für seine Anzeige beim Bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft, Verkehr und Technologie (Landeskartellbehörde) im August 2004 verschwieg oder beschönigte der Zeuge bei seiner Einvernahme vor dem Senat nicht. Was das Abfindungsangebot angeht, schilderte er überzeugend und glaubhaft, dass er schließlich eine unerwartet hohe Abfindung von 150.000 Euro erhalten habe, womit er zufrieden gewesen sei.

Der Inhalt des an die Personalleiterin gerichteten E-Mail-Schreibens vom 31.12.2003 des Zeugen WH lässt nicht den mit dem Beweisantrag des ehemals Betroffenen EBetr. 3 vom 5.7.2010 gewünschten Schluss (Beweisziel) zu, dass der Zeuge WH, "weil er mit beruflichen Ambitionen gescheitert sei und persönliche Verletzungen erlebt habe, die Absicht gehegt haben soll, mit fragwürdigen Unterlagen der Nebenbetroffenen und ihren Geschäftsführern zu schaden". Das Schreiben war nicht unsachlich und wirft auch sonst kein negatives Licht auf die Glaubwürdigkeit des Zeugen. Der Zeuge schlug sachliche Ergänzungen seines Zwischenzeugnisses vom 30.6.2003 vor und unterbreitete für sein Abschlusszeugnis vom 31.12.2003 übliche Formulierungen für die Bewertung seiner Leistungen.

Dass der Zeuge WH nach dem Personalgespräch am 3.7.2003 "Belastungsmaterial" (insbesondere Preislisten, DVFG-Betriebsvergleiche, Statistiken, E-Mails u.ä.) sammelte, datierte Vermerke verfasste und diese den Kartellbehörden übergab, ist angesichts der Gefahr, als Leitungsperson einmal selbst wegen der Kartellverstöße zur Verantwortung gezogen zu werden, verständlich. Der Zeuge trat selbstkritisch auf. Auf Nachfrage des Senats räumte er einen Fehler bei der Datierung eines Gesprächs (18.09.2002 oder 18.01.2002) in einer von ihm verfassten handschriftlichen Notiz vom 30.1.2002 unumwunden ein. Er zeigte sich von dem Schreibfehler spontan betroffen. Aus seiner Sicht unzutreffende schriftliche Formulierungen in einer anderen von ihm verfassten Notiz vom 28.1.2002 korrigierte er im Verlauf seiner Aussage. Auf Nachfrage der Verfahrensbeteiligten räumte er ferner freimütig ein, er habe nur vermutet, dass der Teilnehmerkreis bei den DVFG-Wettbewerbstagungen auf die Geschäftsführer beschränkt gewesen sei. Auf den Vorhalt der Verteidiger, dass an den Herbsttagungen des DVFG über 200 Personen teilnahmen und die Frage, ob dies der Aussage des Zeugen dann nicht widerspräche, hat der Zeuge WH das Letztere bejaht und seine nur vage Kenntnis von der tatsächlichen Teilnehmerzahl ausdrücklich eingeräumt. Erklärt hat er sie nachvollziehbar damit, dass er selbst nie an einer solchen Tagung teilgenommen habe.

Die Aussage des Zeugen war in sich schlüssig, vollständig und konsistent. Insbesondere hat der Zeuge stets deutlich gemacht, welche Angaben aus eigenem Erleben stammten, welche Angaben er vom "Hörensagen" wiedergab und ob es sich um Schlussfolgerungen oder Wertungen seinerseits handelte. Ungefragt sagte er aus, er sei über das Vorliegen einer Bestandskundenschutzabsprache nicht aufgeklärt, insbesondere nicht in ein "Hinterzimmer" gebeten worden, sondern er habe sich selbst seine Gedanken über die Einschränkungen des Wettbewerbs um Bestandskunden gemacht. Er schilderte auch die Begleitumstände von Gesprächen mit EBetr. 2 und EBetr. 3 über die Höhe seiner Abfindung im Vorfeld seines Arbeitsgerichtsprozesses nachvollziehbar und anschaulich. Besonders anschaulich schilderte er den Inhalt eines Gesprächs mit einem Geschäftsführer eines Versorgungsunternehmens über die hohe Bedeutung einer Wettbewerbsmeldung auch bezüglich eines einzelnen Flüssiggaskunden mit geringer Abnahmemenge für das Tagesgeschäft.

(5) Die Zeugen EE, JK, JS und TS :

Der Zeuge EE (Prokurist der NB 1 von 1986 bis 2001 und seit 1989 zuständig für den Aufbau des Ost-Geschäftes in den Neuen Bundesländern) hat allgemein für Ausfuhrkooperationen und bezogen auf die Ausfuhrkooperation NB 1/NB 4/U7 (U6) bekundet, dass das Eingehen von Ausfuhrkooperationen grundsätzliche Konsequenzen für das Konkurrenzverhalten gehabt habe. Voraussetzung für eine Teilnahme an einer Ausfuhrkooperation sei gewesen, dass Kunden der Kooperationspartner ganz allgemein nicht abgeworben wurden. In einem Vermerk über ein Gespräch der Kooperation NB 1/NB 4/U7 vom 30.6.1994, das nach dem Verteiler auch Betr. 1 und HHV zur Kenntnisnahme vorgelegt werden sollte, notierte er entsprechend:

- eingescannte Kopie zwecks Schwärzung entfernt -

Soweit die Verteidigung dem Vermerk zu unterlegen versucht, der Zeuge EE habe mit dem "Tanktabu" nur unlautere Abwerbungen im Sinne des Wettbewerbsrechts gemeint, ist dem angesichts des klaren und unbeschränkten Wortlauts ("Es versteht sich von selbst, dass die Kunden innerhalb dieser Kooperation nicht gegenseitig abgeworben werden dürfen. Dies würde dem Kooperationsgedanken widersprechen. Im Markt sind alle drei Partner harte Wettbewerber, nach Aufnahme eines Kunden durch den jeweiligen Kooperationspartner gilt dann aber das Tanktabu.") und mit Blick auf die übrigen genannten Aussagen nicht zu folgen.

Der Vermerk steht auch im Einklang mit seiner Aussage. Der Zeuge hat den Begriff "keine unlauteren Abwerbungen" im Vermerk erläutert, es sei damit gemeint gewesen, dass man sich nicht den Preis von einem Disponenten eines Konkurrenten nennen lasse und diesen dann unterbiete. Ferner hat er bekundet, man schütze "seinen Altkundenbestand" gegen einen "Tanktourismus". Auch hat er erläutert, dass der Begriff "Mengenausgleich" im Vermerk dahin zu verstehen gewesen sei, dass in diesem Fall der "Wettbewerber eine Abwerbung von unserer Seite hinnehmen musste." Es sei, so der Zeuge, nicht um echten Schadensersatz gegangen. Schließlich hat er bekundet, dass der Außendienst im Osten Deutschlands ein lebhaftes Interesse (wörtlich äußerte er: "gierig auf Aufträge") an der Abwerbung von Bestandskunden gehabt habe.

Indem der Zeuge in seinem Vermerk niedergelegt hat, "Es versteht sich von selbst, dass die Kunden innerhalb dieser Kooperation nicht gegenseitig abgeworben werden dürfen", hat er die Aussage des Zeugen WH vom 30.6.2010 bestätigt, dass es in der Ausfuhrkooperation "Usus" (Brauch/Selbstverständnis) gewesen sei, sich um Bestandskunden keinen Wettbewerb zu machen.

Die Angaben des Zeugen EE sind glaubhaft, dies umso mehr, als sein Aussageverhalten ansonsten eher von dem Bemühen gekennzeichnet war, den Betroffenen Betr. 1 als Empfänger dieser Notiz (Kürzel: "RS") zu entlasten, indem er beispielsweise hervorhob, der verurteilte Betroffene sei erst im Jahr 1994 in das väterliche Unternehmen eingetreten, also zu einem Zeitpunkt, als die Kooperation "Uni-Propan" schon bestanden habe. Dies stimmt schon mit der eigenen Einlassung des Betroffenen nicht überein, der das Jahr 1992 nannte.

Die Angaben der Zeugen Dr. ER, PJ, WH und EE werden schließlich auch durch die Angaben der Zeugen JK, JS und TS bestätigt.

Der Zeuge JK (Außendienstmitarbeiter der NB 6 von 1996 bis Januar 2001) hat bekundet, dass man als Außendienstmitarbeiter bei der Anwerbung von Bestandskunden immer "gescheitert sei". Es sei dem Außendienstmitarbeiter regelmäßig mitgeteilt worden, dass es sich um einen Kunden eines anderen Unternehmens mit einem unkündbaren Vertragsverhältnis handele, ohne dass dies für ihn nachprüfbar gewesen sei. Der Zeuge JS (ebenfalls ehemaliger Außendienstmitarbeiter der NB 6 bis 1999, später Geschäftsführer der K...) hat ausgesagt, dass ihm schon bei der Einarbeitung bedeutet worden sei, dass man Bestandskunden eines anderen NB 7-Gesellschafters nicht aktiv abwerbe.

Die Angaben der beiden Zeugen JS und JK sind glaubhaft. Als selbständige Flüssiggasunternehmer stehen sie zwar im Wettbewerb zu den im DVFG-organisierten Unternehmen und könnten deshalb ein wirtschaftliches Eigeninteresse an einer Verurteilung haben. Der Senat schließt jedoch aus, dass die Zeugen unwahre Angaben zum Tatgeschehen gemacht haben. Sie zeigten keinerlei Belastungstendenzen. Freimütig räumten sie ein, in ihrer Anfangszeit als Unternehmer jeden Kunden ungeachtet der Frage, ob ein Verstoß gegen das Fremdbefüllungsverbot vorliegen könnte, mit Flüssiggas beliefert zu haben.

Ihre Angaben stimmen überein mit der Aussage des Zeugen TS. Der Zeuge, ein ehemaliger Verkaufsleiter von P1 in den Jahren 1996 bis 2001 und NB 6 in den Jahren 2001 bis 2005, hat für beide Unternehmen die Existenz von Anweisungen an den Außendienst, Bestandskunden nicht aktiv abzuwerben, bestätigt.

Damit korrespondierend wurden bei der NB 1 nach den Bekundungen des Zeugen EE die Außendienstmitarbeiter von der Geschäftsführung, insbesondere dem Betroffenen Betr. 1 und Dr. WP - gleichsam "spiegelbildlich" - instruiert, nur Neukunden abzuwerben. Auch diese Anweisung war geeignet, der Kundenschutzabsprache Geltung zu verschaffen. Sie implizierte im Umkehrschluss die Vorgabe, dass Bestandskunden nicht aktiv abgeworben werden sollten.

Bei der NB 3 und der T1 GmbH & Co. KG a.A. bedurfte es nach der Einschätzung des Zeugen WH einer derartigen Anweisung nicht, weil das Unterlassen einer aktiven Abwerbung von Bestandskunden fester "Usus" war, das heißt "selbstverständlich". Von der "Selbstverständlichkeit, dass Kooperationspartner einander nicht die Bestandskunden abwerben", sprachen im Übrigen auch die Zeugen EE (NB 1) und der Zeuge Dr. ER (zur NB 7: es sei bei den Fahrern und Dispositionsstellen in "Fleisch und Blut übergegangen, dass man Wettbewerbsfälle selbst erkannt, gemeldet und unterbunden habe") .

b) Es fügt sich ein und bestätigt das Beweisergebnis einer Kundenschutzabsprache als Grundlage der Ausfuhrkooperationen, dass der verstorbene Verkaufsleiter und Prokurist der P1, HRB, in einem für die P1 erarbeiteten Strategiepapier im Oktober/November 2001 als nachteilige Folge eines möglichen Austritts der P1 aus der NB 7 unmissverständlich und eindeutig konstatierte:

"Der Schutz vor Wettbewerb durch die NB 7-Gesellschafter geht durch den Austritt verloren."

sowie umgekehrt einen Vorteil beim Verbleib der P1 in der NB 7 wie folgt eindeutig beschrieb:

"Schutz vor Wettbewerb zwischen den NB 7-Gesellschaftern."

Seine Einschätzung unterstreicht die Existenz und die wettbewerbliche Bedeutung des Nichtangriffspakts. Sie zeigt, dass die großen überregional tätigen Unternehmen über die Ausfuhrkooperation einer wechselseitigen Kontrolle und wettbewerblichen Lähmung unterlagen, was sie einem unverfälschten Preiswettbewerb aber bei weitem vorzogen. Nachstehend wird das Strategiepapier "Projekt NB 7" in Auszügen wiedergegeben (Unterstreichungen durch den Senat):

- eingescannte Kopie zwecks Schwärzung entfernt -

Der Wortlaut der Sätze "Der Schutz vor Wettbewerb durch die NB 7-Gesellschafter geht durch den Austritt verloren" und "Schutz vor Wettbewerb zwischen NB 7-Gesellschaftern" ist eindeutig. Er besagt ohne jeden vernünftigen Zweifel, dass die NB 7-Gesellschafter sich einvernehmlich von normalem Wettbewerb verschonten, solange sie in der NB 7 blieben.

Es ist auszuschließen, dass die von dem inzwischen verstorbenen Prokuristen HRB verfasste Studie nur dessen einseitige Sichtweise widerspiegelt. Zum einen ist die Studie von HRB - wie eine Inaugenscheinnahme durch den Senat in der Hauptverhandlung am 5.12.2011 gezeigt hat - wie folgt unterzeichnet:

"Krefeld, den 02.10.2001

Für das Projektteam:

HRB". (Unterschrift)

Das erlaubt nicht nur eine Datierung der Studie auf Anfang November 2001, sondern rechtfertigt den Schluss, dass nicht nur der verstorbene Prokurist HRB, sondern das genannte "Projektteam" des "Projekts NB 7" hinter dem Inhalt der Studie stand.

Den Inhalt der "B.-Studie" hat sich ferner auch der Geschäftsführer der P1 JD vollinhaltlich zu Eigen gemacht und damit auch die darin enthaltenen Einschätzungen zu den Konsequenzen im Falle des Ausstiegs aus der NB 7 ("Der Schutz vor Wettbewerb durch die NB 7 Gesellschafter geht verloren") bzw. im Falle des Verbleibs ("Schutz vor Wettbewerb zwischen NB 7-Gesellschaften"). In einer von ihm verfassten internen Mitteilung vom 15.11.2001 u.a. an HRB, den Geschäftsführer Dr. MB, den Prokuristen SMF, den Justitiar TK und den "Change Manager" FV - unter Verweis auf ein von ihm ebenfalls selbst verfasstes Ergänzungspapier mit der Bezeichnung "NB 7 Studie - Ergänzungen zu Stand alone und Folgeszenarien November 2001" - nahm er ausdrücklich Bezug auf "unsere Studie" mit der Bezeichnung "Projekt NB 7 vom 2.11.2001" (wörtlich: "Sehr geehrte Herren, anbei Kopie einer von mir erfassten Ergänzung zu unserer Studie "Projekt NB 7" - Unterstreichungen durch den Senat). Abänderungen hielt er offenbar nicht für geboten.

Einen weiteren Beleg für die Richtigkeit des oben angegebenen Verständnisses vom Inhalt der B.-Studie bildet der Umstand, dass der verstorbene HRB ausweislich des nachstehend wiedergegebenen Schriftverkehrs einen Mitarbeiter der KPMG Consulting, TB, schon im Jahr 2000 gedrängt hatte, ein von diesem verfasstes englischsprachiges Protokoll zu einem Workshop vom 8.6.2000 im Sinne der zeitlich später entstandenen "B. Studie" vom November 2001 richtig zu stellen und abzuändern. Ursprünglich lautete das von TB verfasste Workshop-Protokoll in deutscher Übersetzung, deren Richtig- und Vollständigkeit der Senat geprüft hat, wie folgt:

1.2. Wettbewerb

Es besteht ein vom Deutschen Verband Flüssiggas (DVFG) autorisiertes "Gentlemen Agreement", dass Kunden mit einem gültigen Vertrag nicht von einem Wettbewerber, der Gesellschafter von NB 7 ist, beliefert werden, aber kleine Firmen (intern als "Cowboys" bezeichnet) entwickeln sich wegen der niedrigen Preise (-30% bis -50% gegenüber den Tarifen von P1) zu immer ernsthafteren Wettbewerbern..."

Ausweislich des nachstehend wiedergegebenen Inhalts des Schreibens vom 12.9.2000 war der Verfasser, TB, von HRB aufgefordert worden, eine inhaltliche Richtigstellung des Workshop-Protokolls im Sinne der später entstandenen "B.-Studie" ("nach ihren Vorgaben") vorzunehmen:

"Betreff: Änderungen Protokoll Workshop

...

Sehr geehrter Herr B.,

Als Anlage finden Sie das nach ihren Vorgaben geänderte Workshop-Protokoll. Falls Sie die Datei benötigen sollten, würde ich mich über eine kurze Nachricht freuen."

Die nach den Vorgaben von HRB verfasste neue Version des mit dem obigen Begleitschreiben übersandten englischsprachigen Protokolls lautete in deutscher Übersetzung, deren Vollständigkeit und Richtigkeit der Senat ebenfalls überprüft und kraft eigener Sachkunde geändert hat, wie folgt:

"2.2 Wettbewerb

Es besteht ein "Gentlemen Agreement", dass vorhandene Kunden (Anmerkung des Senats: "existing customers") nicht von einem Wettbewerber, der Gesellschafter von NB 7 ist, beliefert werden, aber kleine Firmen (intern als "Cowboys" bezeichnet) entwickeln sich wegen der niedrigen Preise (-30% bis -50% gegenüber den Tarifen von P1) zu immer ernsthafteren Wettbewerbern..."

Auch die eindeutige Formulierung dieses Satzes aus dem Protokoll stützt und fügt sich ein zu der später in der B.-Studie enthaltenen Aussage, dass die NB 7-Gesellschafter sich einvernehmlich von Wettbewerb um Bestandskunden verschonten. Sowohl die zitierten Passagen aus dem geänderten Workshop-Protokoll als auch die "B.-Studie" gehen übereinstimmend von einem einvernehmlichen Schutz vor Wettbewerb zwischen den NB 7-Gesellschafter aus.

c) Dass der jedenfalls kraft stillschweigender Vereinbarung integrierte Kundenschutz auch für die assoziierten Kooperationspartner der NB 7 galt und von diesen zu Beginn einer Kooperation zumindest konkludent bestätigt wurde und bestätigt werden musste, folgt daraus, dass die Gewährung des Kundenschutzes nach dem zuvor Ausgeführten zwingende Bedingung ("Spielregel", Grundlage/Voraussetzung) für eine Teilnahme an der Ausfuhrkooperation war.

Ein individueller Vorbehalt (zwar bei der Ausfuhr kooperieren, aber dann attackieren) wäre auf ein durchgreifendes Misstrauen bei den Gesellschaftern gestoßen. Umgekehrt legten auch die assoziierten Kooperationspartner, wie bereits ausgeführt, von sich aus großen Wert auf die Gewährung des Kundenschutzes, um sich für die Kooperation entschließen zu können.

d) Der Umstand, dass NB 6 (zunächst als Gesellschafterin, dann als Kooperationspartnerin) und NB 3 sowie D1 (als Kommanditistinnen) auch mit den F1-Gesellschaftern eine zumindest stillschweigende Kundenschutzabrede schlossen bzw. die F1- Gesellschafter in die Kundenschutzabrede einbezogen waren,

folgt daraus, dass die Gewährung von Kundenschutz eine bei diesen Unternehmen und in der Flüssiggasbranche vorbekannte und zwingende Kooperationsbedingung war und ohnehin schon zwischen den genannten Unternehmen galt.

e) Der Umstand, dass der Kundenschutz auch "über Kreuz" zwischen den Gesellschaftern und Kooperationspartnern der NB 7 und der F1 galt,

folgt daraus, dass den beiden neuen Ausfuhrgesellschaften ein gemeinsam und zeitgleich von allen NB 7- und F1-Gesellschaftern abgestimmtes, auf gleichen Prämissen und Erfahrungen beruhendes deutschlandweites Konzept zugrunde lag, in welchem die Aufgabe des langjährig in den Vorläuferkooperationen integrierten Kundenschutzes keinen Platz hatte, weil dies das von allen Kooperationspartnern angestrebte, wettbewerblich ungestörte bundesweite Agieren und Expandieren - in Anbetracht sinkender Absatzmengen - konterkariert hätte.

Bestätigung findet dies

in einem Schreiben vom 16.5.2005 des ehemals betroffenen Geschäftsführers JD für die P1, die als Kommanditistin über die NB 7 ausfuhr, an den verstorbenen KOW als Prokuristen der W 1, die als Kommanditistin der F1 über diese ausfuhr, in welchem er um Rücksprache wegen einer "Wettbewerbsberührung" bat.

Die Umstände, dass der Bestandskundenschutz wechselseitig zwischen den Gesellschaftern der F1 und denen der NB 7 gewährt wurde und auch auf Leitungsebene zwischen der W 1 und der P1 über Wettbewerbsfälle gesprochen wurde, entnimmt der Senat ferner einem Schreiben von SMF (Prokurist P1) an den Geschäftsführer JD vom 25.2.2002 aus Anlass einer Beschwerde der W 1. Dem Schreiben ist zu entnehmen, dass der P1-Gebietsleiter AH, ein ehemaliger W1-Mitarbeiter, ihm bekannte W1-Kunden durch Preisunterbietungen zur Kündigung ihrer Verträge mit W 1veranlasst hatte.

f) Soweit die (verurteilten) Versorgungsunternehmen eingewandt haben, insbesondere nachfolgende Zeugen hätten die Existenz einer Kundenschutzabsprache oder eine sonstige Kartellabsprache ausdrücklich in Abrede gestellt, so die Zeugen RG2 (Abteilungsleiter Flüssiggas der NB 1 bis Mitte August 2005), SP2 (Bereichsleiter Verkauf und Vertrieb Flüssiggas und Tankgas NB 6), SI (Verkaufskoordinator Innendienst, Logistik und Vertrieb -Tank und Flasche- von 1989; Verkaufs- und Niederlassungsleitung Holzkirchen und Südbayern früher NB 4, heute NB 1), TS2 (u.a. Verkaufsleiter/Bereichsleiter der NB 3 von 1997 bis 2005 in Franken), FR und MG (P1 Center Süd Würzburg von Januar 2002 bis Ende August 2002), bleibt dies ohne Erfolg.

Entgegen der Ansicht der Verteidigung verwundert es keineswegs, dass nachgeordnete Mitarbeiter unterhalb der Geschäftsführungsebene bzw. Vertriebsspitze so aussagten und dass nirgends eine Papierspur mit der ausdrücklich formulierten Kartellabrede gefunden wurde. Kartellrechtswidrige Vereinbarungen und abgestimmte Verhaltensweisen - insbesondere auf Vorstands- und Leitungsebene - sind gerade von der Heimlichkeit geprägt. Dokumentationen jeder Art werden tunlichst vermieden. Eine Einweihung der nachgeordneten Mitarbeiter - so etwa auch der Zeugen TS (P1/NB 6), JK und BK (beide NB 6-Außendienst), KPB (Geschäftsführer T2/Vertriebsdirektor und Prokurist der NB 3 ab Juni 2003), WH (Prokurist der T... GmbH & Co. KG a.A./Vertriebsdirektor und Prokurist der NB 3) - in die Absprache selbst war schon wegen der damit verbundenen Mitwisserschaft aus der Sicht der Kartellanten auf Leitungsebene riskant und für die Umsetzung der Absprache in den Versorgungsunternehmen letztlich auch nicht notwendig. Gleiches gilt in Bezug auf die Geschäftsführer der NB 7 mit Ausnahme des Betroffenen Betr.5. Soweit der Zeuge Dr. EUF nicht bestätigen konnte, dass es in seiner Gegenwart Absprachen gegeben habe, überrascht dies somit nicht. Das gilt ebenso für den Zeugen PJ als früheren Prokuristen der F2, einer Vorläuferin der NB 7 in den neuen Bundesländern. Personen wie Dr. EUF (Geschäftsführer der NB 7) und PJ (Prokurist der NB 7) wie auch WH (Prokurist der NB 3) gehörten nicht zum inneren Kartellzirkel. Sie blieben darauf verwiesen, aufgrund von Beobachtungen ihre eigenen Schlüsse zu ziehen. So hat beispielsweise der Zeuge Dr. EUF am Rande von Beiratssitzungen der NB 7 wahrgenommen, wie sich die Unternehmensvertreter vorwarfen, dass Bestandskunden abgeworben worden waren und daraus seine Schlussfolgerungen gezogen.

Den Angaben der Zeugen RK, UWKB (Geschäftsführer der P14, Hamburg), ULB (ehemaliger Geschäftsführer der rechtskräftig bebußten ehemals Nebenbetroffenen T8) und HT2 (Eigentümer der NB 6 und Verkaufsleiter) war zwar gemeinsam, dass sie eine einvernehmliche Absprache leugneten sowie aktiven Wettbewerb um Bestandskunden behaupteten. Ihre Aussagen waren indes von dem erkennbaren Bemühen gekennzeichnet, den erhobenen Vorwurf eines "Nichtangriffspaktes" abzuschwächen. Auch hier fiel auf, dass es einen funktionierenden Wettbewerb um Bestandskunden schon nach den insoweit glaubhaften Einlassungen der Betroffenen und Nebenbetroffenen nicht gegeben haben konnte.

g) Die Verteidigung der erloschenen T1 hat gerügt, die Beweislage hinsichtlich des Kernvorwurfes sei äußerst schwach, weil kein einziges Kartelltreffen, bei dem man sich über eine bestimmte Auslegung der DVFG-Wettbewerbsregeln verständigt hätte, auch nur behauptet oder gar festgestellt worden sei und es zudem an einem Bonusantrag und einem Kronzeugen fehle.

Indes ist dieser Gesichtspunkt nicht von Wichtigkeit, da er nur eine von vielen möglichen und zu ahndenden Hinwegsetzens- und Zuwiderhandlungen der in Bewertungseinheit stehenden Dauertat ausmachen würde, und es zudem für die Ahndungsfähigkeit nicht darauf ankommt, ob über diese auch eine Verständigung mit den anderen Kartellanten getroffen wurde.

h) Der Umstand, dass die Prämienordnungen der (verurteilten) nebenbetroffenen Flüssiggasversorgungsunternehmen die Anwerbung von Bestandskunden nicht sanktionierten, spricht entgegen der Ansicht der Verteidigung nicht gegen die Annahme einer Kundenschutzabsprache, sondern fügt sich zwanglos ein: Der langjährig bei den Vertriebsmitarbeitern verinnerlichte Verzicht auf Bestandskundenwettbewerb machte eine prämienbezogene Sanktionierung schon per se entbehrlich. Zudem hätten sanktionierende Prämienordnungen in komplizierter und merkwürdig anmutender Weise zwischen Kunden von DVFG-Mitgliedern/Kooperationspartnern und freien Anbietern (die man in jeder nur denkbaren Form angriff) unterscheiden müssen. Und schließlich hätte eine offizielle Sanktionierung in Prämienordnungen die geheim zu haltende Kundenschutzabrede offenbart.

2. Die Einlassung der verurteilten Betroffenen und (verurteilten) Versorgungsunternehmen, die Zurückhaltung beim Bestandskundenwettbewerb sei autonom von den Leitungspersonen der jeweiligen Unternehmen entschieden worden, ist zur Überzeugung des Senats widerlegt.

a) Dass die Entscheidung für den Kundenschutz von den Transport-Gesellschafterinnen und Kooperationspartnern nicht autonom getroffen wurde, haben u.a. die Aussagen der Zeugen Dr. ER ("Spielregel", "Kooperation bedingte Kundenschutz") und EE ("Kundenschutz war Voraussetzung für die Kooperation") gezeigt. Die Gewährung des Kundenschutzes war danach nicht in das freie Belieben gestellt, wenn und solange man an der Ausfuhrkooperation teilhaben wollte. Ausbrüche aus der Kartelldisziplin "hätte man sich nicht gefallen lassen können" und "hätten das Ende der Kooperation bedeutet" (so der Zeuge HJG/Bereichsleiter Verkauf Nord Nürnberg NB 4).

In der Flüssiggasbranche galt das geflügelte Wort, dass man "keine Verhältnisse wie beim Heizöl" haben wollte, wo es einen lebhaften Preiswettbewerb gab. Erst recht wollte man solche Verhältnisse nicht unter den Partnern einer Ausfuhrkooperation, die, ungeachtet einer neutral ausgerichteten und mit internem Datenschutz versehenen Organisation, ihre Kundenstämme allein schon durch den Gemeinschaftstransport deutlich näher rückten als dies bei einem Eigentransport der Fall war. An den fremden Kundenstämmen hatten die jeweiligen Außendienste ein natürliches Provisionsinteresse. Der Zeuge KPB veranschaulichte dies mit seiner Aussage, (Zitat:) "dass einem in anderen Branchen die Kunden ständig weggeschossen wurden". Nicht so in der Flüssiggasbranche. Allerdings musste hierfür der Vertrieb wirksam "an die Leine genommen werden", was wiederum den einzelnen Kooperationspartnern nicht einfach in ihr Belieben gestellt werden konnte. Auch sonst war durchaus Misstrauen gegenüber den Kooperationspartnern angezeigt und vorhanden, wie die Abwägung u. a. des wegfallenden Schutzes vor Wettbewerb gegenüber den Ausstiegsvorteilen im NB 7-Strategiepapier 2001 der P1 verdeutlicht. Auch danach war der Verzicht auf Bestandswettbewerb keineswegs "geboren alternativlos" und die einzig zwingende Handlungsvariante, wie von der Verteidigung dargestellt. Ein Kooperationsunternehmen, das sich eine autonome Entscheidungskompetenz in der Frage des Kundenschutzes vorbehalten hätte, hätte bei den anderen Kooperationspartnern höchstes Misstrauen ausgelöst. Mehr noch: der Senat ist überzeugt, dass ein solcher Vorbehalt zum Ausschluss aus der Kooperation geführt hätte - wie auch das NB 7-Strategie-Papier (die "B.-Studie") belegt - oder die Aufnahme wäre erst gar nicht erfolgt.

Sobald und solange ein Versorgungsunternehmen somit Kooperationsmitglied war, bot es und hatte es Kundenschutz zu bieten, wiewohl es umgekehrt erwarten konnte und erwartete, dass seine Kundenstämme unangetastet blieben, was auch geschah.

Untermauert wird das Fehlen diesbezüglicher Autonomie durch das nach den Bekundungen des Zeugen Dr. ER schon innerhalb der P10 mindestens Ende der 1980er Jahre eingeführte Kontrollelement der Wettbewerbsmeldungen, die - ohne EDV-Unterstützung - teilweise auch von den Tankwagenfahrern vor Ort abgesetzt wurden.

b) Die Verteidigung führt dessen ungeachtet an, dass der zu "beobachtende gedämpfte Bestandskundenwettbewerb" autonom entschieden worden sei. Denn dafür habe es durchgreifende betriebswirtschaftliche und rechtliche Gründe gegeben.

Der Senat folgt dem nicht. Wie dargelegt, ist der Senat überzeugt, dass der Kundenschutz als nicht zur Disposition stehende "Grundlage"/"Spielregel"/"Voraussetzung" der Ausfuhrkooperationen gegenseitig versprochen worden war. Vor diesem Hintergrund erweisen sich die von der Verteidigung als vermeintliche Belege für eine autonome Selbstbeschränkung vorgetragenen betriebswirtschaftlichen Argumente, nämlich

- Abwerbungen seien durch Wechselkosten durchgreifend erschwert,

- personelle Ressourcen des Außendienstes seien nur begrenzt vorhanden und aus diesem Grunde auf die vermeintlich erfolgversprechendsten Geschäftssegmente, hier: das Neukundengeschäft, ausgerichtet worden,

- auch finanzielle Ressourcen seien auf das lukrativere Neukundengeschäft, das mit weniger Anfangsinvestitionen verbunden sei, konzentriert worden,

- das Abwerben eines fremden Kunden berge eine erhöhte Gefahr gezielter Reaktionsmaßnahmen in Form von Vergeltungswettbewerb (Reaktionsverbundenheit), die die kurzfristigen Vorteile der Abwerbung kompensiert oder gar überstiegen hätten,

- der einem Bestandskunden gewährte günstige Preis hätte sich bei anderen Bestandskunden herumsprechen können und diese hätten sodann entsprechend günstige Preise verlangt,

- die Volatilität des Gas-Einkaufspreises auf der Beschaffungsseite habe keine Konkurrenzangebote während der Vertragslaufzeit erlaubt,

- die gemeinsamen Transportkosten würden zu einer Dämpfung des Wettbewerbs führen,

allesamt als nicht stichhaltig. Sie sprechen nicht durchgreifend gegen die Existenz eines Nichtangriffspakts. Im Gegenteil: sie offenbaren teils veritable Beweggründe für das Kartell.

Entgegen der Auffassung der verurteilten Nebenbetroffenen und der NB 2 war auch kein einheitliches (autonomes) Verhalten der Wettbewerber zu erwarten, weil zwischen den beteiligten Unternehmen eine enge Reaktionsverbundenheit (implizite Kollusion) im Hinblick auf den Preiswettbewerb bestand. Maßgebende Voraussetzungen für die Annahme implizit kollusiven Verhaltens sind eine hohe Markttransparenz der Preise für die Wettbewerber und wirksame Abschreckungs- und Sanktionsmittel der Unternehmen gegen Wettbewerbsvorstöße eines von ihnen. Zwar verringert es den Anreiz von einem erkannten einheitlichen Verhalten der Mitbewerber abzuweichen, wenn ein auf Vergrößerung des eigenen Marktanteils gerichteter Wettbewerbsverstoß erfolglos bliebe, weil er gleiche Maßnahmen der anderen Unternehmen auslösen würde. Indes waren die Flüssiggasmärkte - wie dargelegt - nicht durch eine solche Markttransparenz gekennzeichnet, die es den Wettbewerbern ermöglicht hätte, auf jede Abwerbung eines Bestandskunden mittels eines niedrigen Flüssiggaspreises mit Sanktions- und Abschreckungsmechanismen, also mit Preissenkungen ("Gegenwettbewerb") zu reagieren. Allenfalls soweit die Versorgungsunternehmen ausnahmsweise sogenannte englische Klauseln in den Verträgen mit den Endkunden vereinbart hatten, war ihnen im konkreten Einzelfall eine Reaktion auf ein niedriges Angebot eines freien Anbieters möglich. In diesen Fällen pflegten sie auf den Preis des Wettbewerbers einzusteigen, um den Kunden zu halten, jedoch nicht ihn zu unterbieten, ohne dass dies jedoch zu Wettbewerb (zu einem Wechsel von Kunden unter Marktanteilsverlusten) geführt hätte. Aus diesem Grund waren die freien Anbieter oftmals nicht bereit, den Kunden der DVFG-Anbieter schriftliche Preisangebote zu unterbreiten, wie der Zeuge Prof. Dr. JG aus eigenem Erleben heraus anschaulich und überzeugend beschrieben hat.

Hier ist zusätzlich von Bedeutung, dass keine der (verurteilten) Nebenbetroffenen im Internet auf ihrer Homepage oder in anderen Medien wie Tageszeitungen, Regionalblättern oder Wurfsendungen ihre Flüssiggaspreise regelmäßig veröffentlichte.

Die von der Verteidigung NB 1 stellvertretend für alle (verurteilten) Nebenbetroffenen ferner behaupteten rechtlichen Beweggründe, der (proaktive) Bestandskundenwettbewerb sei autonom gemieden worden,

- weil man sich mit Blick auf die von der Rechtsprechung gebildeten Fallgruppen des Verleitens zum Vertragsbruch und Ausnutzens fremden Vertragsbruchs an der Grenze zur Unlauterkeit bewegt habe,

- weil Verstöße gegen das sogenannte Fremdbefüllungsverbot befürchtet worden seien,

- und weil man insoweit Rechtsstreitigkeiten aus dem Weg habe gehen wollen,

überzeugen ebenso wenig. Die angebliche Sorge der Unternehmen erscheint schon angesichts des eröffneten Absatzpotentials - das Bestandskundensegment betrug im Tatzeitraum über 80 % des Absatzes - überzogen. Juristische Vorsorgen der behaupteten Art waren innerhalb von NB 7 und F1 zudem nicht ernstlich veranlasst. Innerhalb der Ausfuhrkooperationen konnten sich die Partner vor Unlauterkeiten und Fremdbefüllungen weithin sicher sein, weil sie das Tankeigentum anderer Lieferanten prinzipiell achteten und zu den Verhaltensweisen des Verleitens zum Vertragsbruch und des Ausnutzens fremden Vertragsbruchs eine übereinstimmend ablehnende Grundhaltung hatten. Überdies: Vertraglich gebundene Bestandskunden gibt es in zahlreichen Branchen. Das lautere Be- und Abwerben von Bestandskunden ist dort wie hier als Regelverhalten möglich. Unlautere und rechtswidrige Verhaltensweisen mögen dort ebenfalls verbreitet auftreten, bilden jedoch im Rahmen einer erlaubten Geschäftstätigkeit den Ausnahmefall. So liegt es auch hier, und zwar auch unter Berücksichtigung der Besonderheiten der Flüssiggasbranche. Die Verteidigung versucht also, mit dem Beschwören von Ausnahmeszenarien - rechtswidriger Wettbewerb - das Unterlassen eines möglichen Regelverhaltens - nämlich den rechtmäßigen Bestandskundenwettbewerb - plausibel zu machen. Das kann schon grundsätzlich nicht überzeugen. Vorliegend kommt die kaufmännische Perspektive hinzu: Den Zugriff auf über 80 % des Absatzpotentials wird ein Kaufmann nicht deswegen fallengelassen haben, weil es dabei ausnahmsweise zu Rechtsübertretungen seiner Mitarbeiter kommen könnte. Mögliche Rechtsübertretungen seiner Mitarbeiter wird er vielmehr durch geeignete Schulungen und Belehrungen zu vermeiden wissen. Erneut ist hier an die Unterlage zur Marketingschulung der T2 GmbH zu erinnern, die den Zugriff auf Fremdkunden als mögliche Neukundenressource ausdrücklich empfahl.

Für den Verzicht auf Bestandskundenwettbewerb unter den Nebenbetroffenen Flüssiggasunternehmen gab es sonach andere Motive. Jene Motive hat u. a. der verurteilte Betroffene Betr.1 schon in seiner Einlassung mitgeteilt:

"...Es gab also rechtliche Gründe für uns, bei der Abwerbung von Bestandskunden, auch bei Kunden mit eigenen Tanks, zurückhaltend zu sein. Entscheidend aber waren wirtschaftliche Überlegungen:... wenn wir anfangen würden, Kunden massiv abzuwerben, würde der Wettbewerb natürlich zurückschlagen. Wir haben uns im Beschuldigungszeitraum, und dies gilt auch heute, einfach nicht so stark gefühlt, dass wir es mit der ganzen Branche aufnehmen und einen letztlich ruinösen Preiswettbewerb einleiten hätten können..."

Entscheidendes Motiv für den einvernehmlichen Verzicht auf Bestandskundenwettbewerb war danach die allseits geteilte Furcht vor wettbewerblichen Reaktionen und die Scheu vor ("ruinösem") Preiswettbewerb im Bestandskundensegment. Juristische Vorsorgen spielten eine zu vernachlässigende kleine Rolle.

Insoweit fügt sich auch die Aussage des Zeugen SP2 (von Februar 1998 bis März 2002 Disponent bei der NB 7-Niederlassung Berlin /Brandenburg) ein, der bekundet hat, dass Fälle einer Eigentumsverletzung (oder des Verleitens zum Vertragsbruch) ihm aus seiner Praxis bei der NB 7 nicht bekannt seien. Im ungünstigsten Falle hätte bei einer Eigentumsverletzung nur das fremdbefüllte Gas wieder abgesaugt werden müssen.

Diese bei allen Kooperationspartnern vorliegende wettbewerbliche Motivlage bedeutete allerdings - wie dargelegt - nicht zugleich einen autonomen Verzicht auf Bestandskundenwettbewerb.

Der Senat ist davon überzeugt, dass die Absprache nie allein zum Inhalt hatte, Wettbewerbsfälle des Verleitens zum Vertragsbruch, Ausnutzen fremden Vertragsbruchs und Eigentumsverletzungen zu vermeiden, sondern sich die Kartellabsprache gezielt auf die Fälle bezogen hat, in denen den Versorgungsunternehmen ein aktiver Wettbewerb um Bestandskunden möglich gewesen wäre. Der diesbezügliche Einwand der Verteidigung ist nach Auffassung des Senats widerlegt. Dies hat auch der Zeuge SP2 bestätigt, der im Zusammenhang mit der Anwendung der Organisationsrichtlinie ausgeführt hat, dass die Vertragsverhältnisse zwischen den Kooperationspartnern nie eine Rolle gespielt hätten.

3. Der Umstand, dass bei den (verurteilten) Nebenbetroffenen NB 6, NB 1, NB 4, NB 3 und P1 sowie der T... GmbH & Co. KG a.A. (bis ca. 1.4.2002) zwecks Umsetzung der Kundenschutzabrede im gesamten Tatzeitraum die von den Leitungspersonen ausgegebene Vertriebsrichtlinie galt, Bestandskunden nicht abzuwerben bzw. - spiegelbildlich - nur Neukunden aktiv zu bewerben, und diese Richtlinie auch von den Vertriebsmitarbeitern im Innen- und Außendienst umgesetzt wurde,

haben die Einlassungen des Betroffenen Betr.1 und der ehemaligen Betroffenen EBetr. 2, EBetr. 3 und EBetr. 4 ergeben, soweit ihnen gefolgt werden konnte,

sowie u. a. die Aussagen der Zeugen

RG2 (im Tatzeitraum Abteilungsleiter Flüssiggas der NB 1), der bekundet hat, die Abwerbung von Bestandskunden passte nicht in die Geschäftsstrategie, nur Neukunden zu werben, die Zielvorgabe für den Außendienst habe nur die Gewinnung von Neukunden betroffen,

EE (im Tatzeitraum Prokurist der NB 1), der - wie bereits ausgeführt - den Schutz des Altkundenbestandes gegen Tanktourismus als spezifische "Spielregel" der Flüssiggasbranche bezeichnet hat,

TS (Verkaufsleiter der P1 in Südbayern von 1996 - 2001 und Verkaufsleiter der NB 6 in Südbayern von 2001 - 2005),

HB (Leiter des Regionalzentrums Frankfurt a.M. der NB 6 bis 31.12.2005), dieser unter Hinweis auf eine Vorgabe des ehemals Betroffenen EBetr. 4, und der bemerkt hat, dass anderes aus wirtschaftlichen Gründen keinen Sinn gemacht hätte, weil dies einen Preisverfall nach sich gezogen hätte, und der eingeräumt hat, dass an Bestandskunden nicht offensiv herangegangen worden sei,

SP2, Bereichsleiter Verkauf und Vertrieb der NB 6, der ebenfalls bekundet hat, dass Bestandskunden nicht offensiv beworben worden seien,

JK (Außendienstmitarbeiter der NB 6 von 1996 bis Januar 2001),

JS (ehemaliger Außendienstmitarbeiter der NB 6),

WH (von August 2000 bis Juli 2003 Verkaufsleiter in der T...-Gruppe, zuletzt bei der T... Flüssiggas GmbH/NB 3 GmbH), der von seinen Vorgesetzten EBetr. 3 und EBetr. 2 wie auch von Mitarbeitern -wie bereits ausgeführt - erfahren hatte, dass es eine jahrzehntelange Unternehmenskultur gegeben habe, wonach man sich gegenseitig keine Kunden abspenstig gemacht habe, und "Spielregel" gewesen sei, dass der Vertrieb nicht an Kunden herangehe, die von anderen Flüssiggasunternehmen beliefert worden seien,

FR (als Leitungsperson in diversen T...-Gesellschaften), der bekundet hat, man habe die Orientierung auf das Neukundengeschäft gelegt, jedes Unternehmen habe "gut daran getan, sich zu sagen, keinen Wettbewerb im Bestandskundengeschäft zu entfachen",

Dr. ER, der - wie bereits ausgeführt - bekundet hat, die Gesellschafter hätten bei Gründung und Einbringung ihrer Kundenstämme in die NB 7 die "Spielregel" aufgestellt, sich auf das Neukundengeschäft zu konzentrieren und keine Bestandskunden abzuwerben,

Dr. EUF, der - wie bereits ausgeführt - geschildert hat (als damalige Leitungsperson von NB 7), er habe am Rande von Beiratssitzungen mitgehört, wie sich die Gesellschafter Vorhalte wegen Wettbewerbsfällen machten.

Soweit die Verteidigung der NB 1 stellvertretend einwendet, der Zeuge WH hätte keine Anweisung erhalten, Bestandskundenwettbewerb zu unterlassen, und hätte selbst auch keine Anweisung erteilt, steht dies nicht entgegen. Denn der Zeuge WH hat - wie bereits dargelegt - eine einleuchtende Erklärung dafür geliefert: Dies sei "Usus" gewesen. Was schon "Usus" war, musste nicht explizit eingeführt werden.

Soweit die Verteidigung der NB 3 auf eine Schulungsunterlage verwiesen hat, der zufolge die Neukundengewinnung als essentiell für das Überleben des Unternehmens herausgestellt worden sei und es bei der Verfolgung des Zieles keine Einschränkungen gegeben hatte, stellt dies ebenfalls keinen Widerspruch zum dargestellten Beweisergebnis dar, vor allem wenn man einbezieht, dass der Bestandskundenwettbewerb stigmatisiert war. Auch die Folie über das Außendiensttreffen vom 20.3.2002, in der Flüssiggaskunden mit auslaufenden Verträgen als potentielle Neukunden genannt wurden, steht dem nicht entgegen. Die Folie stammte von der in Ostdeutschland tätig gewesenen T2 GmbH. Nach dem Ergebnis der Hauptverhandlung versuchte die T2 GmbH, eine eigene Vertriebsstrategie zu verfolgen. Dazu fügt sich ein, dass Flüssiggaskunden mit ab Mitte der 1990er Jahre auslaufenden Verträgen in Ostdeutschland aus Sicht der T2 gerade nicht völlig tabu waren, wie auch der Zeuge KPB (Geschäftsführer der T2, später NB 3 als Nachfolger des Zeugen WH) bestätigt hat.

4. Der Umstand, dass die Abwerbung von Flüssiggaskunden, die bereits über einen Flüssiggastank verfügten, in Form von Wurfsendungen oder durch persönliche Ansprache in der Nachbarschaft oder sonst unterwegs bewusst unterlassen wurde, steht nach dem Ergebnis der Hauptverhandlung ebenfalls fest. Solche Maßnahmen gab es im Beschuldigungszeitraum in keinem nennenswerten Umfang.

Die werbende aktive Ansprache fremder Bestandskunden wurde, wie dargelegt, gezielt schlecht geredet und als ruinös dargestellt. Einer Weisung bedurfte es diesbezüglich im Tatzeitraum nicht mehr, weil das passive Wettbewerbsverhalten in den Vorläufer-Ausfuhrkooperationen bereits ständige Praxis war. Der bewusste Verzicht auf Bestandskundenbesuche bestätigt sich in einer internen Mitteilung des Zeugen SI vom 15.3.2002 an vier Außendienstmitarbeiter, worin er bittet,

"wöchentlich 5 Kundenadressen von Mitbewerbertanks ins Haus zu geben, um bei Bedarf darauf zugreifen zu können", also erst bei Bedarf, vorher nicht, insbesondere nicht sofort.

5. Den Umstand, dass der Wettbewerb bei Flüssiggas nur über den Preis erfolgte und dass echter (Preis-)Wettbewerb zwischen den Gesellschaftern der NB 7 nur bei Neukunden, das heißt bei solchen Kunden, die erstmals auf Flüssiggas ab- bzw. umstellten, existierte,

haben zahlreiche Zeugen bestätigt, so der Zeuge Dr. ER, der Zeuge TS und der Zeuge PJ ("Wettbewerb bis aufs Messer, bis der Vertrag geschlossen war, dann nicht mehr").

6. Den Umstand, dass ergänzend die vorbezeichneten Führungspersonen eine Praxis etablierten, wonach die Vertriebsmitarbeiter anfragenden Flüssiggaskunden anderer DVFG-Mitgliedsunternehmen allenfalls einen unattraktiv hohen Flüssiggaspreis oder gar keinen Preis nannten, oder Außendienstmitarbeiter bei Angeboten von Wettbewerbern, die Kunden ihnen vorlegten, nur auf den fremden Preis einsteigen, ihn aber nicht unterbieten durften,

haben die Endverbraucher HS und Prof. Dr. JG übereinstimmend bekundet.

Ferner hat der Zeuge WH ausgesagt, dass Kunden von Wettbewerbern ein hoher Preis zu nennen gewesen sei, um sie nicht zu einem Wechsel zu veranlassen.

Soweit der Zeuge WH weder selbst eine dahingehende Weisung gab noch eine solche vernommen oder sonst wahrgenommen hatte noch wusste, woher die Praxis rührte und ob die Praxis Gegenstand offizieller Schulungen gewesen war, bedeutet dies nicht, dass es die Praxis nicht gab, zumal es in einem Marktbericht der NB 1 vom 8.4.1998 unter anderem - bestätigend heißt:

"2. Wettbewerbsverhalten ..Die Disziplin hier muss wieder besser werden. Bei telefonischen Preisanfragen von Nichtkunden dürfen lediglich Listenpreise genannt werden. Testanrufe bei verschiedenen Anbietern haben gezeigt, dass dies nicht immer der Fall ist...Die Außendienstmitarbeiter dürfen bei vorliegenden Wettbewerbsangeboten lediglich auf den Wettbewerbspreis einsteigen, ihn aber nicht unterbieten."

sowie eine interne Mitteilung des SI, NB 4, vom 21.09.2001 den Hinweis enthielt,

"PS: nur noch mal zur Erinnerung: Anfragen von Kunden unserer Mitbewerber sind grundsätzlich mit Abgabe des Listenpreises gemäß Preisliste zu beantworten."

und schließlich der Zeuge MG (leitender Vertriebsmitarbeiter der P1), der in einem Emailschreiben an den Prokuristen SMF (P1) vom 28.5.2002 zur Erläuterung seiner Geschäftspraxis ausführte,

"dass grundsätzlich keine Preise an Kunden genannt werden, die nicht bei uns gelistet bzw. vertraglich gebunden sind ... Wenn dies dennoch geschieht, wenn z.B. Kunden von an der NB 7 beteiligten Unternehmen anfragen, wird im Ausnahmefall unser Listenpreise genannt und dieser ist ja bekanntlich in hohen Preislagen."

7. Der Umstand, dass die Leitungspersonen der (verurteilten) Nebenbetroffenen innerhalb der NB 7 und F1 zumindest auch zur Absicherung des Kundenschutzes und dessen Kontrolle eine Meldepflicht von sogenannten "Wettbewerbsfällen" etablierten,

steht zur Überzeugung des Senats als Ergebnis der Hauptverhandlung ebenfalls fest.

Die in den Datenbanksystemen der NB 7 und der F1 erfassten Flüssiggaskunden waren einem bestimmten Versorgungsunternehmen, dem sogenannten Erstlieferanten, zugeordnet. Wurde der Flüssiggaskunde bzw. der Behälter von einem anderen Kooperationsmitglied als neuer Kunde gemeldet, erfolgte durch die NB 7 bzw. die F1 - wie schon in den Vorläufergesellschaften - eine Benachrichtigung, wodurch eine etwaige Nichteinhaltung des Kundenschutzes einer Einigung der betroffenen Kooperationspartner zugeführt werden konnte. "Wettbewerbsfälle" meinten hierbei Vorgänge aller Art, die nicht im Einklang standen mit dem von dem Zeugen Schatz in seiner Email vom 3.9.2003 an den Zeugen HJG (Bereichsleiter Verkauf Nord Nürnberg/NB 4 ab Juli 1998 bis heute) treffend umschriebenen Kundenschutzprinzip des

"Wer zuerst kommt, mahlt zuerst".

Die Handhabung der Wettbewerbsfälle war bei der NB 7 definiert in einer internen Mitteilung vom 14.7.1999, die sich ausdrücklich mit der Bearbeitung der Wettbewerbsfälle befasste und in der es hieß:

"Stellt die Dispo bei Eingabe einer Neukundenmeldung in die EDV aufgrund gleicher Adresse (Ort, Straße, Hausnummer) einen Wettbewerb mit einem anderen Gesellschafter fest, muss das VB des Zweitmelders unverzüglich per Fax (s. Anlage) mit Nennung des Erstmelders von diesem Umstand benachrichtigt werden..."

Aufgabe der NB 7 im Rahmen des Kartells war es, schon den Verdachtsfall eines Kartellverstoßes zu melden und ein Prozedere festzulegen, wie die NB 7 bis zur Klärung des Verdachtsfalls gegenüber dem Kunden agieren sollte. Auch ging von dem Meldewesen der Organisations-Richtlinie Nr. L 10.1 gegenüber den Vertriebsinnen- und -außendiensten ein gewisses Aufdeckungs- und damit Disziplinierungspotential aus, die für den provisionsinteressierten Außendienst geradezu unnatürlichpassive Vertriebsrichtlinie einzuhalten.

Soweit es nach der Darstellung der Verteidigung bei der Organisations-Richtlinie Nr. L 10.1 um die Klärung der Abrechnungen und Sicherheitsinteressen gegangen sein soll, steht dies dem vorstehenden Verständnis nicht entgegen, sondern korrespondiert damit. Soweit es bei den konkreten Wettbewerbsfällen um die Einhaltung des Kundenschutzes ging, konnten gerade auch dort regelungsbedürftige Abrechnungsfragen auftreten.

Hingegen ist der Senat davon überzeugt, dass die vorgeblichen Sicherheitsinteressen für die Organisations-Richtlinie Nr. L 10.1 keine nennenswerte Rolle spielten. Diesbezügliche Anklänge finden sich in der Bezeichnung "Wettbewerbsfall" ebenso wenig wie in dem oben genannten Untertitel der Organisations-Richtlinie, und im Übrigen nur im Fall 4 der Organisations-Richtlinie Nr. L 10.1 am Rande bei der Abwicklung eines Vorgangs, der ansonsten gerade wiederum dem Fall eines Kundenschutzes im Sinne des festgestellten Kartells entsprach.

Die wechselseitige Respektierung der Bestandskundenstämme und der neu erworbenen Kundenstämme war, wie dargelegt, für die Kooperationspartner von höchster Wichtigkeit. Dies erklärt, weshalb in der Organisations-Richtlinie L 10.1 die Kopiegabe der Wettbewerbsmeldungen an die Geschäftsleitungen vorgesehen war. Dass die Kopiegabe, wie die NB 3 geltend macht, später kaum realisiert wurde, bedeutet keinen Widerspruch, sondern hat seine einfache Erklärung darin, dass die ständige Hinzuziehung der Geschäftsführungen in jedem einzelnen Wettbewerbsfall sich nicht als unbedingt notwendig erwies und es überdies praktischer erschien, die Wettbewerbsfälle gesammelt vorzulegen, wie es sich auch aus der Aussage des Zeugen WH ergeben hat.

Im Übrigen sprechen die Bezeichnungen "Wettbewerbsmeldung" und "Wettbewerbsfall" sowie der Titel der Organisations-Richtlinie L 10.1 "Verhalten der NB 7 bei Wettbewerbsfällen zwischen den Gesellschaftern" für sich. Durchaus geschickt umschrieben wurden damit alle Durchbrechungen des Prioritätsprinzips "Wer zuerst kommt, mahlt zuerst", wozu die kartellrechtsneutrale Durchsetzung bestehender Vertragsbindungen ebenso gehörte wie die kartellrechtswidrige Reservierung freier oder frei gewordener Kunden. Die Ansicht der Verteidigung der NB 3, der Begriff "Wettbewerbsfälle" sei "in der Tat eine unglückliche Bezeichnung", teilt der Senat somit nicht. Die Bezeichnung erscheint im Sinne des Kartells durchaus gelungen, denn sie traf den Kartellkern ohne den kartellrechtswidrigen Aspekt zu verraten.

8. Soweit die verurteilten Nebenbetroffenen und die NB 2 meinen, der Umstand, dass auch Fälle des Verleitens zum Vertragsbruch, Ausnutzen fremden Vertragsbruchs und der Eigentumsverletzung von der Organisationsrichtlinie erfasst wurden, spräche gegen die Annahme, dass die Organisationsrichtlinie ausschließlich ein Instrument zur Überwachung der Bestandskundenabrede war - es handelte sich vielmehr nur um ein versehentliches überschießendes Moment, das allenfalls einen Fahrlässigkeitsvorwurf zu begründen vermöge - folgt der Senat dieser Darstellung nicht. Die Organisationsrichtlinie war geeignet, den Außendienst in Fällen des Kunden- und Anbieterwechsels zu überwachen. Dies hat auch der Zeuge SP2 bekundet. Die im Außendienst der Versorgungsunternehmen tätig gewesenen Zeugen BK und JK haben zudem übereinstimmend bestätigt, dass die Organisationsrichtlinie Nr. L 10.1 allein aufgrund ihrer Existenz Abschreckungswirkung besaß. Die übrigen Fälle waren unter den Gesellschaftern kein wirkliches Problem, weil sie hierzu eine übereinstimmende Grundhaltung vertraten.

9. Der Umstand, dass die Vereinbarung im Tatzeitraum geeignet war, die Marktverhältnisse für den Verkehr mit Flüssiggas durch Beschränkung des Wettbewerbs zu beeinflussen und dass sie eine Einschränkung des Wettbewerbs bewirkte, ergibt sich zur Überzeugung des Senats daraus, dass ein Wettbewerb um Bestandskunden nicht festgestellt werden konnte.

Soweit die (verurteilten) Nebenbetroffenen behaupten, die Zeugen hätten das Vorliegen von intensivem Bestandskundenwettbewerb bestätigt, teilt der Senat diese Würdigung nicht. Die Aussagen waren teils ausweichend, teils pauschal, teils relativierend und teils ersichtlich um wohlwollende Begünstigung der Nebenbetroffenen bemüht. Wirksamen und unbeschränkten Preiswettbewerb gab es - wie bereits dargelegt - im Kartellzeitraum nur in Bezug auf das Neukundengeschäft und einen Restwettbewerb um Bestandskunden, die gekündigt hatten. Bemerkenswert ist, dass der verurteilte Betroffene Betr. 1 und die ehemals Betroffenen EBetr. 2, EBetr. 3 und EBetr. 4 in ihren Einlassungen die Einschränkung des Wettbewerbs - teils formuliert als Zurückhaltung oder als wenig Wettbewerb - in Bezug auf Bestandskunden sogar bestätigt haben.

10. Dass die verurteilten Betroffenen und die Leitungspersonen auch im Tatzeitraum die stillschweigend geschlossene Bestandskundenabrede unter den NB 7-Gesellschaftern kannten,

schließt der Senat zu seiner Überzeugung aus dem Umstand, dass die ehemals bzw. verurteilten Betroffenen EBetr. 3, Betr. 1, EBetr. 4 und Betr. 5 nach den vorliegenden Handelsregisterauszügen in leitenden Positionen der Versorgungsunternehmen sowie in den (Vorgänger-) Transportgesellschaften z.B. im Beirat der F2 (Betr.1) und der P10 oder der P15 tätig waren, sie die dort jeweils geschlossenen Bestandskundenabsprachen kannten und ihnen auch die Strategien, nur Neukunden und keine Bestandskunden abzuwerben, bekannt waren. Für alle weiteren als Anknüpfungstäter in Betracht kommenden Leitungspersonen der Nebenbetroffenen wie Dr. HT, Dr. WP (NB 1), OS (NB 1), HDW (NB 6), KB (NB 6), Dr. HW2 (P1), KK (P1), WDS (NB 4) gilt, dass sie am Abschluss der Bestandskundenschutzabsprachen in den jeweiligen Kooperationen F2, P15, etc. beteiligt waren.

Die Feststellungen zur subjektiven Tatseite gelten für die Betroffenen und alle Leitungspersonen gleichermaßen. Der Senat ist davon überzeugt, dass die Leitungspersonen wissentlich und gemeinsam willentlich handelten. Sie waren allesamt langjährig in der Flüssiggasbranche tätig und kannten - auch wenn ihnen wie EBetr. 2 und JD die Kartellabsprache erst durch die praktische Handhabung offenbart wurde - die Umstände, die den Tatvorwurf begründeten.

11. Die Tatsache, dass die verurteilten Betroffenen und die sonstigen Geschäftsführer, persönlich haftende Gesellschafter und Prokuristen der (verurteilten) Nebenbetroffenen im Tatzeitraum bzw. bezüglich der T... GmbH & Co. KG a.A. (T1) seit Juli 1997 und der NB 3 seit zumindest April 2001 die oben im einzelnen beschriebenen Geschäftsstrategien in ihren Unternehmen bewusst umsetzten und fortführten und sie wussten, dass die Kartellabrede geeignet war, den Wettbewerb zwischen Unternehmen einzuschränken, und dass es ihnen auf die Wettbewerbsbeschränkung auch ankam, schließt der Senat aus den Einlassungen und dem Umstand, dass die strategische Grundentscheidung nur von den Geschäftsführern getroffen und fortgeführt werden konnte sowie aus dem Umstand, dass die Leitungspersonen der Nebenbetroffenen im Tatzeitraum und zuvor zahlreiche Unternehmen und Unternehmensteile akquirierten, um so den Schutz der Kundenschutzabsprache auszunutzen. Es kam ihnen auch darauf an, die Wettbewerbsbeschränkungen durchzusetzen. Nur so konnten sie die Margen aufrechterhalten und die sich ihnen bietenden Preissetzungsspielräume zur Expansion ihrer Unternehmen nutzen. Als erfahrene Kaufleute wussten sie auch, dass der Abschluss einer Kundenschutzabsprache und die Zuwiderhandlung durch die Vorgabe einer bestimmten Vertriebsstrategie gegen das Kartellgesetz verstießen.

12. Bei Würdigung dieser Gesamtumstände, insbesondere aber des aussagekräftigsten Umstandes, dass es - entgegen jeder wirtschaftlichen Vernunft eines Kaufmanns, sich ein Kundenpotenzial zu erschließen und nicht brach liegen zu lassen - einen funktionierenden Wettbewerb um Bestandskunden nicht gab, sowie bei Abwägung der behaupteten anderen Geschehensabläufe und Erklärungen ist der Senat davon überzeugt (§ 261 StPO; vgl. BGH, Urteil v. 22.8.2013, 1 StR 378/13, Tz. 7), dass der fehlende Wettbewerb um Bestandskunden ursächlich auf eine Kartellabsprache zurückzuführen war.

Das einvernehmliche Absehen vom Wettbewerb um Bestandskunden kann nicht unter Hinweis darauf als widerlegt angesehen werden, dass - wie die Verteidigung der NB 3 für alle Versorgungsunternehmen einwendet - eine Bestandskundenabrede schon deshalb nicht notwendig gewesen sei, weil die Versorgungsunternehmen sich Kundenstämme zugekauft hätten statt sich gegenseitig Wettbewerb zu liefern und es deshalb einer Absprache nicht bedurft hätte. Im Gegenteil: Die Kartellabsprache sollte nach dem übereinstimmenden Willen der Versorgungsunternehmen insbesondere den Schutz der durch Unternehmens- und Betriebszukäufe erworbenen Kundenstämme, aber auch der Altkundenstämme, bezwecken und bewirken.

Für die Anwendung der Entscheidungsregel "in dubio pro reo" ist kein Raum, da der Senat keinerlei vernünftigen Zweifel an der Existenz einer Bestandskundenabsprache hegt. Von der Richtigkeit der Behauptung, dass autonom getroffene Entscheidungen der Versorgungsunternehmen ursächlich für das Unterlassen von Wettbewerb um Bestandskunden gewesen waren, vermochte sich der Senat - wie dargelegt - nach dem Ergebnis der Hauptverhandlung nicht zu überzeugen. Diese Einlassung der Betroffenen und Versorgungsunternehmen ist nach Überzeugung des Senats durch die Zeugenaussagen und die angeführten Urkunden in jeder Hinsicht widerlegt. Dem Senat ist dabei bewusst, dass kein unmittelbares Beweismittel die Existenz einer Kartellabsprache bestätigt hat. Indes ist nach einer Gesamtwürdigung der Vielzahl von Umständen und der Lebenserfahrung davon auszugehen, dass eine solche Absprache zwischen den NB 7- und F1-Kooperationspartnern vorlag. Eine überzeugendere und nachvollziehbarere Erklärung für das passive Wettbewerbsverhalten der Versorgungsunternehmen als eine Absprache ist nicht ersichtlich. Die Lebenserfahrung spricht vielmehr dafür, dass in einer solchen Marktsituation wie der vorliegenden der Wettbewerb besonders funktionieren würde, weil die Unternehmen gehalten sind, zumindest ihre Marktstellungen zu verteidigen (vgl. BGHZ 88, 284, 290 Rn. 25 - Gemeinschaftsunternehmen für Mineralölprodukte; BGH, Beschluss vom 11.11.2008, KVR 60/07, BGHZ 178, 285-307, Rn. 17 - E.ON/Stadtwerke Eschwege; BGH, Beschluss vom 22.6.1981, KVR 5/80, WuW/E BGH 1824, 1827 - Tonolli Blei- und Silberhütte Braubach).

Es existiert auch kein zugunsten der Nebenbetroffenen sprechender wirtschaftlicher Erfahrungssatz, dass in einem von Mengenrückgängen gezeichneten Markt der Wettbewerb stets zum Erliegen kommt. Beim Vertrieb von Flüssiggas als einem homogenen Massengut ist ein Produkt- und Qualitätswettbewerb weithin ausgeschlossen (vgl. BGHZ 88, 284, 290 - Gemeinschaftsunternehmen für Mineralölprodukte; BGH, Beschluss vom 11.11.2008, KVR 60/07, BGHZ 178, 285-307, Rn. 17 - E.ON/Stadtwerke Eschwege; BGH, Beschluss vom 22.6.1981, KVR 5/80, WuW/E BGH 1824, 1827 - Tonolli Blei- und Silberhütte Braubach). Ein Preiswettbewerb ist jedoch möglich. Schon zur Aufrechterhaltung der eigenen Marktposition wäre - ohne eine Kartellabsprache - angesichts rückläufiger Mengen Wettbewerb - auch um Bestandskunden und nicht nur um Neukunden - notwendig und zu erwarten gewesen. Die Annahme, dass in einem von schrumpfender Nachfrage und Mengenrückgängen gekennzeichneten Markt der Wettbewerb stets seine Funktion verlieren müsse, widerspricht kaufmännisch vernünftigem Verhalten, weil die Unternehmen in einer solchen Lage gerade nicht von kompetitiven Maßnahmen absehen werden (vgl. BGH, Beschluss vom 22.6.1981, KVR 5/80, WuW/E BGH 1824, 1827 - Tonolli Blei- und Silberhütte Braubach). Fehlt in einer solchen Situation dennoch der zu erwartende Wettbewerb, spricht dies für das Vorliegen einer Kartellabsprache. So liegt es auch hier.

Das nicht vorhandene kompetitive Verhalten der Unternehmen wird nicht durch ihre Zugehörigkeit als Kommanditisten der NB 7 erklärt. Die NB 7 war keine Vertriebsgesellschaft, mit deren Hilfe der preiskonforme Absatz von Flüssiggas erfolgen sollte. Sie war vielmehr - nach dem Ergebnis der Hauptverhandlung und ihrer Fusionsanmeldung - ein kartellrechtsneutrales konzentratives Gemeinschaftsunternehmen, das sämtliche Funktionen eines selbständigen Unternehmens wahrnahm, marktbezogene (Transport-)Leistungen erbrachte und nicht ausschließlich oder überwiegend auf demselben Markt wie die Mutterunternehmen tätig war (vgl. BGH, Urteil vom 23.6.2009 - KZR 58/07, WuW/E DE-R 2742- 2747 - Gratiszeitung Hallo; BGH, BGHZ 96, 69, 79 - Mischwerke; BGH, BGHZ 147, 325, 336 - Ost-Fleisch; BGH, WuW/E DE-R 2361, Rn. 14 - Nord-KS/Xella; BGH, BGHZ 65, 30, 40, Rn. 30 - ZVN zu § 1 GWB). Ihre Gründung und Aufrechterhaltung verstieß nicht gegen § 1 GWB. Dass eine Dämpfung des Wettbewerbs infolge vergemeinschafteter Transportkosten zwischen den Gesellschaftern der einzelnen Transportunternehmen eintreten konnte, aber wegen der unterschiedlichen Beteiligung der nebenbetroffenen Flüssiggasunternehmen an den beiden Transportgesellschaften F1 und NB 7 tatsächlich nicht eintreten würde, hatte das Bundeskartellamt bei Freigabe der Zusammenschlüsse der NB 7 und der F1 sehr wohl gesehen, da es eine Prüfung des F1-Zusammenschlusses nach § 1 GWB nach einem Gesprächsvermerk vom 5.7.2000 zugesagt und nach einem Schreiben vom 7.9.2000 vorgenommen hatte. Die 8. Beschlussabteilung des Bundeskartellamts untersagte die Gründung von F1 und NB 7 nicht. Nach dem Ergebnis der Hauptverhandlung ging das Bundeskartellamt davon aus, dass es zwischen den Gesellschaftern von NB 7 und F1 Preis-Wettbewerb nicht nur um Neukunden, sondern gerade auch um Bestandskunden geben würde.

D.BB. Beweiswürdigung Marktverhältnisse und

Tankmodelle, Rechtsnachfolge der NB 2

I. Marktverhältnisse und Tankmodelle:

Die festgestellten Marktverhältnisse und die Feststellungen zu den Tankmodellen und Vertriebsarten der Nebenbetroffenen beruhen auf den Einlassungen der verurteilten Betroffenen und (verurteilten) Nebenbetroffenen, auf den eingeführten DVFG-Jahresberichten sowie Vertragsurkunden, den vernommenen Unternehmenszeugen sowie auf den Aussagen der hierzu vernommenen Endverbraucher.

Dass das Flüssiggasgeschäft mit Tanks von nicht kartellbedingten Mengenrückgängen gekennzeichnet war, beruht auf den Einlassungen der verurteilten Betroffenen und (verurteilten) Nebenbetroffenen, soweit diesen gefolgt werden konnte, den Aussagen von Unternehmenszeugen sowie auf den eingeführten Jahresberichten und Urkunden, insbesondere der "B.-Studie", die sich auch hierzu verhält.

II. Rechtsnachfolge der NB 2:

Die Feststellungen zur Verschmelzung der T1 GmbH & Co. KG auf die TTG T... Transport GmbH/NB 2 gründen sich insbesondere auf den in die Hauptverhandlung eingeführten notariellen Verschmelzungsvertrag vom 18.1.2013, die sonstigen Vertragsurkunden und die Handelsregisterauszüge.

D.CC. Beweiswürdigung Bußzumessungstatsachen: Entstehung des Mehrerlöses und Anknüpfungstatsachen zur Berechnung des Mehrerlöses, insbesondere Datensätze der T1 und der freien Anbieter

I. Entstehung des kartellbedingten Mehrerlöses:

1. Grundsätze:

Der Senat ist überzeugt, dass die Kartellabsprache und ihre Umsetzung im Tatzeitraum zur Entstehung von individuellen kartellbedingten Mehrerlösen bei den verurteilten Nebenbetroffenen NB 6, P1, NB 3, NB 1 und NB 4 sowie der T1 als Rechtsvorgängerin der Nebenbetroffenen geführt hat.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gilt der beweisrechtliche wirtschaftliche Grundsatz, dass die Gründung eines Kartells grundsätzlich der Steigerung des Mehrerlöses ("Kartellrendite") der am Kartell beteiligten Unternehmen dient (vgl. BGH, Beschluss vom 28.6.2005 - KRB 2/05, WuW/E DE-R 1567, 1569 - Berliner Transportbeton; BGH, Beschluss vom 19.6.2007 - KRB 12/07, BGHSt 52, 1 Rn. 19 f. - Papiergroßhandel; BGH, Beschluss vom 26.2.2013 - KRB 20/12, Rn. 77, WuW/E DE-R 3861-3879 - Grauzement). Deshalb spricht eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür, dass das Kartell gebildet und erhalten wird, weil es höhere als am Markt erzielbare Preise erbringt. Je länger, nachhaltiger und flächendeckender ein Kartell praktiziert wird, desto höher sind die Anforderungen, um ausnahmsweise einen wirtschaftlichen Vorteil aus der Kartellabsprache verneinen zu können.

Diesem beweisrechtlichen Grundsatz unterliegt auch das vorliegende Kundenschutzkartell. Entgegen der Ansicht der Verteidigung erfasst der wirtschaftliche Erfahrungssatz nicht nur Preis- und Quoten- oder Submissionsabsprachen. Der wechselseitig versprochene Kundenschutz bewirkt - ebenso wie eine Quotenabsprache - eine Aufteilung und ausschließliche (exklusive) Zuweisung der vorhandenen und neu erworbenen Kundenstämme. Er eröffnet daher - wie jede andere Kartellabsprache - den Kartellbeteiligten Preissetzungsspielräume. Der Umstand, dass der Bundesgerichtshof noch keine Gelegenheit hatte, die Anwendung des beweisrechtlichen Grundsatzes auch für Kundenschutzabsprachen festzustellen, steht der Anwendung des beweisrechtlichen Grundsatzes im Streitfall nicht entgegen.

Dieser Erfahrungssatz wird durch die über siebenjährige Dauer des Kartells bestätigt, zumal es aus Furcht vor einem Preisverfall angesichts zurückgehender Mengen gegründet wurde. Zudem hätten es die Ermittlungen zur Höhe des Mehrerlöses aufgedeckt, wenn tatsächlich kein Mehrerlös entstanden oder dies jedenfalls nicht ausschließbar gewesen wäre (vgl. BGH aaO Rn. 77 - Grauzement).

Aus dem Umstand, dass für die Entstehung eines Mehrerlöses Überzeugung, mindestens aber Gewissheit erforderlich ist, während die Höhe des Mehrerlöses geschätzt werden darf, folgt nicht, dass der Senat sich diese volle Überzeugung verschaffen muss, bevor er die Höhe des Mehrerlöses ermittelt (vgl. BGH aaO Rn. 77 - Grauzement). Die Überzeugung, dass ein Mehrerlös entstanden ist, hat der Senat auch aufgrund des Umstandes erlangt, dass bei jeder der (verurteilten) Nebenbetroffenen individuell ein Mehrerlös berechnet und geschätzt werden konnte.

Der Senat ist überzeugt, dass die festgestellte Praktizierung der Bestandskundenabsprache zur Entstehung von individuellen Mehrerlösen bei den nebenbetroffenen Flüssiggasunternehmen geführt hat. Es ist nicht anzunehmen, dass das Kartell über einen derartig langen Zeitraum aufrechterhalten worden wäre, wenn nicht eine Rendite in - irgendeiner - Höhe herausgekommen wäre.

Die nach der Rechtsprechung gebotene Überprüfung des beweisrechtlichen Grundsatzes im konkreten Fall hat ergeben, dass keine mehrerlösausschließende Ausnahmelage - wie etwa ein Nachfrageüberhang (vgl. BGH, Beschluss vom 28.6.2005 - KRB 2/05, WuW/E DE-R 1567, 1569, Rn. 25 - Berliner Transportbeton) - vorgelegen hat, die die üblicherweise zu erwartende Entstehung eines Mehrerlöses verhindert hätte. Im Gegenteil: Es lag im Kartellzeitraum - nach den insoweit glaubhaften Einlassungen der verurteilten Betroffenen und (verurteilten) Nebenbetroffenen, den Jahresberichten des DVFG sowie der NB 7-Studie des P1 Prokuristen HRB - ein nicht kartellbedingter Nachfragerückgang in den alten und den neuen Bundesländern vor. Ein Nachfragerückgang führt, wenn auch mit zeitlicher Verzögerung, zu einem Rückgang der Preise. Sinkende Nachfrage bedingt einen schärferen Wettbewerb, der über die angebotenen Preise ausgetragen wird. Umgekehrt indiziert ein nur geringer Preisrückgang bei sinkender Nachfrage, dass die wettbewerblichen Strukturen - wie etwa bei Vorliegen eines Kartells - nicht intakt sind (vgl. BGH, Beschluss vom 28.6.2005 - KRB 2/05, WuW/E DE-R 1567-1571, Rn. 25 - Berliner Transportbeton). Das Kartell war trotz des Nachfragerückgangs preiserhöhend wirksam. So ist zwar ab Mitte des Jahres 1998 für ca. sechs Monate ein Preisrückgang bei den Nebenbetroffenen und den freien Anbietern festzustellen. Dieser ist aber nach dem Jahresbericht des DVFG für das Jahr 1998 darauf zurückzuführen, dass die Witterung zu Beginn des Jahres 1998 ungewöhnlich warm war, der Flüssiggasabsatz zurückging und in der Folge Preiskorrekturen erfolgten. Im Anschluss daran stiegen die Preise wieder und zwar über das Ausgangsniveau hinaus. Die Erhöhung des Preisniveaus war nach den Jahresberichten des DVFG auf gestiegene Beschaffungspreise zurückzuführen. In Anbetracht des mindestens bis zum Jahr 2005 anhaltenden Nachfragerückgangs bei Tankgas wäre jedoch ein deutliches Sinken der Preise zu erwarten gewesen. In dieser Situation - auch wegen des Zusammenrückens der Unternehmen in der NB 7 - wurden die Marktmechanismen flächendeckend deutschlandweit und jahrelang außer Kraft gesetzt; die Kartellvereinbarung umfasste sämtliche führenden Flüssiggasunternehmen und eine noch größere Zahl von Kooperationspartnern. Das Kartell folgte einer in der Branche langjährig vorhandenen Tradition, bei Ausfuhrkooperationen Kundenschutz zu gewähren. Das Modell der Ausfuhrkooperationen mit Kundenschutz wurde schon seit den 1970er Jahren mit Erfolg betrieben, um den gefürchteten Preiswettbewerb zu vereiteln und die Margen zu sichern.

Durchgreifende Anhaltspunkte, die die wirtschaftliche Wirksamkeit der Kundenschutzabsprache im Tatzeitraum ausschließen könnten, hat die Beweisaufnahme nicht ergeben. Insbesondere waren solche Anhaltspunkte nicht aus dem Phänomen der Wechselkosten oder mit Blick auf die Kundenpräferenzen abzuleiten; Unterschiede hinsichtlich denjenigen Leistungen, die über den reinen Transport und die Lieferung von Flüssiggas hinausgingen, waren beim Leistungsangebot der Nebenbetroffenen gegenüber demjenigen der freien Anbieter nicht festzustellen.

Das Kartell wäre von den Beteiligten nicht über viele Jahre aufrechterhalten worden, wenn es wirkungslos geblieben wäre und zu keinem Mehrerlös geführt hätte. Der verurteilte Betroffene Betr. 1 hat abgesehen davon bezeichnenderweise in seiner Einlassung dargelegt, dass entscheidend für die Zurückhaltung im Wettbewerb um Bestandskunden gewesen sei, einen (ruinösen) Preiswettbewerb angesichts rückgängiger Mengen zu verhindern. Die Furcht vor Preiswettbewerb angesichts rückgängiger Mengen hat auch die Einlassung von EBetr. 3 bestätigt. Gerade ein Preiswettbewerb zur Aufrechterhaltung der eigenen Marktpositionen hätte die Margen und Gewinne gedrückt. Der Kundenschutz war von ausschlaggebender Bedeutung zumindest für die Beibehaltung der Erlössituation der Kartellanten und wurde deshalb mit dem erstrebten Erfolg betrieben.

2. Einwände der (verurteilten) Nebenbetroffenen

Die von der Verteidigung der verurteilten Nebenbetroffenen NB 6 auch für die anderen (verurteilten) Nebenbetroffenen vorgetragenen Einwände gegen das Entstehen irgendeines kartellbedingten Mehrerlöses greifen nicht durch.

a) Preisheterogenitäten:

Soweit die Verteidigung der verurteilten NB 6 behauptet hat, die Preisunterschiede (Preisheterogenitäten) zwischen den Preisen der Versorgungsunternehmen und das Bestehen von Preissetzungsspielräumen ließen nicht den Schluss zu, dass eine Kundenschutzabsprache bestehe, überzeugt dies nicht. Gerade heterogene Preise können durch ein Kundenschutzkartell verursacht werden. Kundenschutzkartelle verschaffen den Unternehmen aufgrund der Aufteilung der Kunden Preissetzungsspielräume, die von den Unternehmen in unterschiedlichem Maße genutzt werden können.

Die Verteidigung der verurteilten NB 6 hat ferner behauptet, das Bestehen von Preissetzungsspielräumen bei den (verurteilten) Nebenbetroffenen sei keinesfalls durch ein Kundenschutzkartell verursacht. Für die heterogene Preissetzung der (verurteilten) Nebenbetroffenen seien unterschiedliche Abnahmemengen, unterschiedliche Kundengruppen (keine Landwirtschaftskunden aber Gewerbe- und Haushaltskunden), unterschiedliche Mietpreisstrategien, englische Klauseln in Bezugsverträgen, individuell verschiedene Wechselkosten sowie der sogenannte Wasserbetteffekt (Heterogenität zwischen Neukunden- und Bestandskundenpreisen) oder die Trägheit der Kunden (alternativ) kausal. Die Entstehung eines Mehrerlöses könne somit nicht durch Verweis auf bestehende Preisheterogenitäten bei den (verurteilten) Nebenbetroffenen begründet werden.

Es mag zutreffen, dass einzelne der genannten Aspekte eine heterogene Preissetzung bei den (verurteilten) Nebenbetroffenen rein theoretisch vollständig erklären könnten. Dies gilt im konkreten Entscheidungsfall aber nur dann, wenn man mit der Verteidigung das Vorliegen einer isolierten Kundenschutzabsprache leugnet. Von einem alternativen Geschehensablauf kann - entgegen der Auffassung der Verteidigung - indes nicht ausgegangen werden. Ursächlich ist nämlich jede Bedingung, die nicht hinweg gedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele. Dies gilt auch hier, wobei Mitursächlichkeit genügt (vgl. BGH NStZ 1981, 218; 85, 26; StrVert 86, 59). Ist - in Übereinstimmung mit der Überzeugung des Senats - von einer flächendeckenden deutschlandweiten Kundenschutzabsprache auszugehen, dann fügt sich die heterogene Preissetzung bei den (verurteilten) Nebenbetroffenen zur Existenz eines kartellbedingten Mehrerlöses in irgendeiner Höhe ein. Die von der Verteidigung genannten anderen, von den Versorgungsunternehmen selbst gesetzten kartellrechtsneutralen Faktoren (wie u.a. Wechselkosten und langfristige Lieferverträge) mögen ihren Preissetzungsspielraum zumindest mitbeeinflusst und so zur Preisheterogenität beigetragen haben. Dann aber hat die Kundenschutzabsprache zu den festgestellten Preisheterogenitäten und der Entstehung irgendeines Mehrerlöses zumindest ebenfalls mitursächlich beigetragen. Sie hatte das Ziel und erreichte dieses auch, den gefürchteten Preiswettbewerb zu vermeiden und so die Preissetzungsspielräume der (verurteilten) Nebenbetroffenen durch die wechselseitig versprochene Unantastbarkeit der Bestandskundenstämme zu erhöhen, indem diese dem Wettbewerb entzogen wurden.

Inwieweit andere kartellrechtsneutrale Faktoren, die von Dritten aufgrund freier Entschließung gesetzt wurden, insbesondere die Wechselträgheit der Kunden oder unterschiedliches Verhandlungsgeschick und -interesse der Kunden mit zur Erhöhung der Preissetzungsspielräume der (verurteilten) Nebenbetroffenen beigetragen haben, kann hier offen bleiben. Diese Umstände und Faktoren sind nicht geeignet, den Ursachenzusammenhang zu unterbrechen. Denn die früher gesetzte Bedingung - die Kartellabsprache - wirkte bis zum Eintritt des Erfolgs fort (vgl. auch BGH, Urteil vom 28.6.2011, KZR 75/10, Rn. 48 - ORWI: zur Adäquanztheorie, vgl. OGH, Vorlagebeschluss vom 17.10.2012, WuW/E KRInt 446, 447 - Umbrella Pricing I).

b) Kundenpräferenzen und sogenannter Stammkundeneffekt:

Soweit die Verteidigung der (verurteilten) Versorgungsunternehmen gegen die Entstehung des Mehrerlöses eingewandt hat, die Preissetzungsspielräume und Preisunterschiede zu den freien Anbietern ließen sich ursächlich durch unterschiedliche Kundenpräferenzen erklären, ist dem zu entgegnen:

Es sind nach Überzeugung des Senats keine Unterschiede in den geforderten Preisen der (verurteilten) Versorgungsunternehmen für die Lieferung von Flüssiggas frei Haus einerseits sowie in denen der Vergleichsunternehmen andererseits festzustellen, die ursächlich auf eine unterschiedliche Befriedigung von Kundenpräferenzen zurückzuführen wären. Ein nicht kartellbedingter, sondern ein von Kundenpräferenzen bedingter Preisunterschied wäre dann denkbar, wenn 1. bestimmte Flüssiggasendkunden für ein bestimmtes Angebotsmerkmal eine gewisse Zahlungsbereitschaft aufwiesen und wenn 2. die Nachfrage nach diesem Angebotsmerkmal nur von den Versorgungsunternehmen, nicht aber von den Vergleichsunternehmen bedient würde. Jedenfalls an der zweiten Voraussetzung fehlt es nach dem Ergebnis der Hauptverhandlung.

Dies gilt zunächst für objektive Unterschiede in den angebotenen Leistungen. Objektive Unterschiede in den angebotenen Leistungen sind prinzipiell in der Lage, unterschiedliche Zahlungsbereitschaften auf Seiten der Nachfrage hervorzurufen. So wird ein Nachfrager für ein qualitativ höherwertiges Produkt in der Regel bereit sein, einen höheren Preis zu zahlen. Für das Bestehen objektiver Leistungsunterschiede bei der Belieferung des Endverbrauchers mit Flüssiggas, die eine Preisdifferenz zwischen (verurteilten) Versorgungsunternehmen und Vergleichsunternehmen erklären würden, hat die Hauptverhandlung allerdings keine Anhaltspunkte erbracht. Zunächst boten sowohl die (verurteilten) Versorgungsunternehmen als auch die Vergleichsunternehmen Flüssiggas nach der DIN-Norm 51622 und damit das gleiche homogene Gut in identischer Qualität frei Haus an. Auch in Bezug auf die Liefersicherheit, also die Fähigkeit, die von den Kunden nachgefragten Mengen tatsächlich liefern zu können, bestehen keine Anhaltspunkte für Unterschiede zwischen den (verurteilten) Versorgungsunternehmen und den freien Anbietern. Mitarbeiter aller in den Preisvergleich einbezogenen freien Anbieter haben bekundet, dass die freien Anbieter während des Tatzeitraums keine Lieferschwierigkeiten hatten. Die Zeugen haben lediglich von witterungsbedingten Lieferengpässen, beispielsweise wegen Glatteis oder Raffinerieausfällen im Winter berichtet, also von Situationen, in denen generell kein (verurteiltes) Versorgungsunternehmen in der Lage war, mit einem Tanklastwagen Flüssiggas auszuliefern. Die Belieferung mit Flüssiggas frei Haus erfolgte bei den freien Anbietern in der Regel innerhalb von einem bis zu drei Werktagen, bei den nebenbetroffenen Anbietern innerhalb von einem bis zu fünf Werktagen. Aus der Sicht des die Leistung Flüssiggas nachfragenden Endverbrauchers war aber ab der zweiten Lieferung nur der Preis für das frei Haus gelieferte Flüssiggas von Interesse, da er für diese Leistung zahlte. Im Rahmen des Preisvergleichs zur Bestimmung des hypothetischen Wettbewerbspreises und des kartellbedingten Mehrerlöses werden zudem nur die geforderten und tatsächlich gezahlten Preise für das Flüssiggas verglichen und nicht die (Bündel-)Leistungsangebote der Anbieter.

Schließlich rechtfertigt der sogenannte Stammkundeneffekt weder die Vornahme eines Sicherheitsabschlags noch spricht er gegen die Höhe oder die Entstehung eines Mehrerlöses. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass rein subjektiv vom Endkunden empfundene Präferenzen nur von den sechs (verurteilten) nebenbetroffenen Unternehmen, nicht aber von den Vergleichsunternehmen bedient würden. Insbesondere ergab die Hauptverhandlung, dass eine rein subjektiv empfundene Bindung eines Kunden an ein (verurteiltes) Versorgungsunternehmen auch bei freien Anbietern anzutreffen war. Die Tatsache, dass auch Vergleichsunternehmen über Stammkunden, die am bewährten Versorgungsunternehmen festhalten, verfügten, haben die Bekundungen der als Zeugen vernommenen Mitarbeiter vieler Vergleichsunternehmen ergeben. So hat insbesondere der Zeuge RK2 (Geschäftsführer der G2 Energie-Service GmbH) am 7.9.2011 auf die Befragung der Verteidigung anschaulich geschildert, dass auch auf der Seite der freien Anbieter die Belieferung von Stammkunden eine große Rolle gespielt habe. Das Geschäft habe auf Stammkunden basiert. Es habe Stammkunden gegeben, die zufrieden gewesen und immer wieder zurückgekommen seien. Die Existenz von Stammkunden im Tatzeitraum haben auch die Zeugen AG2 und JH bestätigt. Abgesehen davon war die längere Kundenbeziehungsdauer - der sogenannte Stammkundeneffekt - bei den (verurteilten) Versorgungsunternehmen auch eine unmittelbare Folge des Kartells.

Der Senat hat nach fast dreijähriger Hauptverhandlung und der Vernehmung von Endverbrauchern wie insbesondere den Zeugen Prof. Dr. JG, ML und HS - alle Kunden der im DVFG-organisierten Anbieter - sowie den Mitarbeitern der freien sowie nebenbetroffenen Anbieter über ausreichende Sachkunde verfügt, um etwaige (tatsächlich aber nicht vorhandene) Leistungsunterschiede bei der Flüssiggaslieferung zwischen den freien Anbietern und den Versorgungsunternehmen sowie die (subjektiven) Präferenzen der Endverbraucher selbst beurteilen zu können. Die erforderlichen Feststellungen kann der Senat auch aufgrund eigener Lebenserfahrung treffen, zumal seine Mitglieder über eine jeweils mehr als zehnjährige berufliche Erfahrung auf dem Gebiet des Kartellrechts verfügen (vgl. BGH, Beschluss vom 22.9.1987 - KVR 5/86, WuW/E 2433, 2437 - Gruner & Jahr/Die Zeit I; BGH, Urteil vom 3.3.2009 - KZR 82/07, Rn. 20-22 - Reisestellenkarte; BGH, Beschluss vom 16.1.2007 - KVR 12/06, WuW/E DE-R 1925-1930, Tz 15 - National Geographic).

Es hat zudem für den Senat auch nach dem Grundsatz der bedeutungsabhängigen Aufklärungsintensität kein Anlass bestanden, zur Widerlegung des bereits gefundenen Beweisergebnisses - der Senat hat zahlreiche Mitarbeiter der freien Anbieter zu den vermeintlichen Angebotsunterschieden beim reinen Flüssiggasbezug sowie Kunden der Versorgungsunternehmen zu ihren Präferenzen vernommen - die Privatgutachter der Nebenbetroffenen als Zeugen oder Sachverständige zu vernehmen oder ein empirisches oder ökonomisches Gerichtsgutachten in Auftrag zu geben (§ 77 Abs. 1 Satz 2 OWiG; vgl. BGH aaO - nicht verlesener Handelsregisterauszug).

c) Wechselkosten

Die Verteidigung wendet gegen die Entstehung eines kartellbedingten Mehrerlöses ein, das Phänomen der Wechselkosten habe für sich allein zu einer Reaktionsverbundenheit unter den (verurteilten) Nebenbetroffenen und damit zu nicht kartellbedingten Preissetzungsspielräumen/Mehrerlösen geführt. Der Senat folgt dem nicht.

Die Wechselkosten sind für die Endkunden nicht prohibitiv hoch. Zudem zeigt schon das Beispiel der freien Anbieter, die gemeinsam über einen Marktanteil von ca. 15 % verfügen, dass trotz bestehender Marktzutrittshürden nicht angenommen werden kann, dass Mitbewerber im Flüssiggasmarkt wegen der Wechselkosten und zu erwartenden Reaktionen des Erstanbieters davon absahen, einen Abwerbungsversuch zu unternehmen. Auch die T2 GmbH als "Insel im Osten" belegt dies. Wie der Zeuge KPB insoweit überzeugend bestätigt hat, war die T2 im Osten "relativ autark", was zu Beschwerden der Mitbewerber bei der Muttergesellschaft der T2 GmbH führte.

d) Soweit die Verteidigung ferner gegen die Entstehung des Mehrerlöses einwendet, dass das von den (verurteilten) Versorgungsunternehmen angebotene Miettankmodell schon für sich gesehen größere Preissetzungsspielräume eröffne, weil beim Miettankmodell die Scheu interessierter Endverbraucher vor einer Vorfinanzierung wie beim Eigentumstankmodell sowie vor einer Übernahme der Tankverantwortung entfielen, ist dem zu entgegnen, dass jene Kriterien in erster Linie die dem Flüssiggasbezug vorgelagerte Systementscheidung betreffen und schon deshalb den Preissetzungsspielraum bei der Bereitstellung des Flüssiggases nicht maßgeblich beeinflussen können.

II. Anknüpfungstatsachen zur Berechnung des Mehrerlöses, insbesondere Datensätze der T1 und der freien Anbieter:

Die Feststellungen zur Zusammensetzung der Preis-Datensätze der T1 beruhen insbesondere auf den Angaben der Zeugen TS3 (Betriebswirt und Dipl. Kaufmann/NB 3) und DA (Mitarbeiter der Auswertungsabteilung/NB 3) sowie den in die Hauptverhandlung eingeführten Daten.

Der Umstand, dass die Rohregressionsrohdaten der T1 aus dem Zeitraum Juli 1997 bis November 2001 von einer Migrationsproblematik behaftet waren und Tankgasmengen der T2 enthielten, beruht auf den glaubhaften Angaben der Zeugen KPB und TS3.

Der Einholung eines Sachverständigengutachtens zu den "Schätzgrundlagen eines etwaigen Preisvergleichs sowie zur Belastbarkeit der ihm zugrundeliegenden Rohdaten" und zu den "Auswirkungen des Liefergebiets der T2 sowie der Migration von Absatz- und Umsatzdaten auf die Regressionsrohdaten der Nebenbetroffenen T1" sowie zum Thema "Etwaiger Preisvergleich mit den als Vergleichsunternehmen herangezogenen freien Anbieter" - wie von der Nebenbetroffenen T1 mit den Beweisanträgen vom 17.12.2012 beantragt -, bedurfte es gemäß § 77 Abs. 2 Nr. 1 OWiG nicht. Eine Beweisaufnahme hatte stattgefunden. Der Senat hatte Rohdaten von zehn Vergleichsunternehmen erhoben und in die Hauptverhandlung eingeführt. Der Sachverhalt war nach Überzeugung des Senats geklärt. Der Vollerhebung und Einführung von Rohdaten anderer auf dem Tankgasmarkt tätiger Unternehmen durch einen Sachverständigen bedurfte es zur Gewährleistung der Repräsentativität der Stichprobe für die Schätzung des Mehrerlöses nicht.

Die Zeugen KPB und TS3 waren ferner zum Umfang des Liefergebiets der T2 und zur Migrationsproblematik vernommen worden. Zur Einschätzung der Auswirkungen dieser genannten beiden Umstände auf die Mehrerlösschätzung bedurfte es der Einholung eines Sachverständigengutachtens ebenfalls nicht, da der Senat insoweit über eigene Sachkunde verfügte. Er hat durch eine Bereinigung des Rohdatensatzes diesen beiden Umständen in vollem Umfang Rechnung getragen. Hinsichtlich der Einzelheiten hierzu wird auf die Ausführungen im Zusammenhang mit der Mehrerlösschätzung auf Seite 217 ff. des Urteils verwiesen.

Der Umstand, dass insbesondere die T1 der Umrechnung von Flüssiggas in Litern zu Tonnen temperaturabhängige Dichtefaktoren in Abhängigkeit von der geodätischen Höhe zu Grunde legte, beruht auf der glaubhaften Aussage des Zeugen DA. Die zur Bestimmung des jeweiligen Umrechnungsfaktors je Monat und einstelliger Postleitzahlregion notwendigen Gradtagszahlen folgen aus den schriftlich eingeholten Auskünften des Deutschen Wetterdienstes in Offenbach a.M.

Insbesondere die Feststellungen zu den freien Anbietern, ihren Geschäftsmodellen und Vertragsarten, zum Inhalt ihrer Kauftank-, Miettank- und Einzellieferverträge, den von ihnen belieferten Postleitzahlregionen, ihrem Preissetzungsverhalten und den Margen sowie zur Erhebung und Zusammensetzung ihrer Datensätze beruhen auf den Angaben der Zeugen Dr. EUF, JH (H3), AG3 und AG2 (O2), RK2 (G2), FST (I2), AS2 (I2), BE, AN (beide B7), SO, AB2, MW, FW, CO (E4), RG, JD2 (beide H 2), WZ sowie BK, JK, JS (K...-Gruppe), CB und GBJ (beide Bundeskartellamt) sowie den eingeführten Preisdaten.

Der Umstand, dass subjektive und objektive Wechselkosten entstehen und deren Höhe, folgt insbesondere den Aussagen der Zeugen Prof. Dr. JG, Dr. EUF, AG2, JH, RG und RK2 sowie den hierzu eingeführten Urkunden.

Dass es sich bei dem I2-Preis um einen mengenrabattabhängigen faktischen Orientierungspreis handelte, hat die Beweisaufnahme, insbesondere die Vernehmung der Zeugen HT2 (NB 6) und RK3 (P1), aber auch die Vernehmung des Zeugen AS2 (I2) sowie des Zeugen GE (B7) zur Überzeugung des Senats ergeben. Insbesondere der Zeuge RK3 hat dargelegt, welche hohe Bedeutung der rein nach Abnahmemengen gestaffelte I2-Preis als Orientierung für die Nebenbetroffenen hatte.

D.DD. Beweiswürdigung Bußzumessungstatsachen:

Die Überzeugung des Senats, dass hinsichtlich der T...-Gruppe aufgrund wirtschaftlicher, personeller und rechtlicher Bindungen die rechtliche und tatsächliche Möglichkeit zur einheitlichen Leitung bestand und sie, die T...-Gruppe, jedenfalls unter einheitlicher Leitung (Beherrschung) durch die Leitungspersonen der mittelbaren Zwischenholding T... Verwaltung in den Jahren 2006 und 2012 stand, gründet sich auf die nachfolgend unter 1.a) getroffenen Feststellungen und die unter 1.b) gewürdigten Beweismittel.

Zudem ist der Senat überzeugt, dass der Gesellschafter und Unternehmensträger Dr. HT unmittelbar und mittelbar über die Konzernholdinggesellschaft Dr. T... GmbH sowie jedenfalls über die Zwischenholdinggesellschaft T... Verwaltungs GmbH eine einheitliche Leitung (Beherrschung) der nachgeordneten Tochtergesellschaft ausüben konnte und diese tatsächlich in den Jahren 2006 und 2012 leitete bzw. beherrschte (dazu unter 1.b)).

Der Senat ist ferner überzeugt, dass die unmittelbaren Muttergesellschaften T1 GmbH, deren Rechtsnachfolgerin die Nebenbetroffene NB 2 ist, und die U3 die Möglichkeiten besaßen, das Gemeinschaftsunternehmen NB 3 in den Jahren 2006 und 2012 einheitlich zu leiten (beherrschen) und sie dieses auch tatsächlichen leiteten bzw. beherrschten.

1. Die T...-Gruppe:

Die Überzeugung des Senats, dass hinsichtlich der NB 3 und der T1 GmbH (& Co. KG a. A.) sowie deren nachgeordneten Tochtergesellschaften aufgrund wirtschaftlicher, personeller und rechtlicher Bindungen die rechtliche und tatsächliche Möglichkeit zur einheitlichen Leitung bestand und sie unter einheitlicher Leitung jedenfalls der Leitungspersonen der mittelbaren Zwischenholding T... Verwaltung aber auch von Dr. HT in den Jahren 2006 und 2012 standen, gründet sich auf die nachfolgend unter a) getroffenen Feststellungen und die unter b) gewürdigten Beweismittel.

a) Konzernstruktur der T...-Gruppe:

aa) Geschäftsjahr vor der Behördenentscheidung (2006):

(1) Beteiligungsverhältnisse:

Gesellschafter der T... Verwaltung, die die Jahresabschlüsse der T...-Gruppe seit wenigstens dem Jahr 2006 erstellte, waren im Jahr 2006

die T... Verwaltung selbst, die 4% ihrer eigenen Geschäftsanteile hielt;

die Dr. T... GmbH, die zunächst einen Anteil von 1%, später ab 11.01.2006 von 73% hielt; Dr. HT war der alleinige Gesellschafter der Dr. T... GmbH;

Dr. HT, der zunächst einen Anteil von 72% hielt, den er spätestens am 11.10.2006 auf die in seinem Eigentum stehende Dr. T... GmbH übertrug;

die (damalige, seit 2007 als HT. Stiftung GmbH firmierende) Dr. HT. Stiftung GmbH mit einem Geschäftsanteil von 5%; auch deren alleiniger Gesellschafter war und ist Dr. HT;

ST mit einem Geschäftsanteil von 12% und

DTK mit einem Geschäftsanteil von 6%.

Die T... Verwaltung war die einzige Komplementärin der damaligen T1 GmbH (& Co. KG a.A.) und hielt einen Anteil am Grundkapital der T1 in Höhe von 99,9%. Die verbleibenden fünf Aktien mit einem Nominalwert von insgesamt 25 Euro wurden entweder von Frau ST allein gehalten oder verteilten sich auf die Eheleute T...

Die T1 GmbH (& Co. KG a.A.) hielt unmittelbar oder mittelbar sämtliche Kommanditanteile an der T3 GmbH & Co. KG und sämtliche Geschäftsanteile an der Komplementärin T3 Verwaltungs GmbH.

Ferner hielt sie nach dem Firmenbuch des Landgerichts Innsbruck 82% der Anteile an der T5-Gesellschaft m.b.H. & Co. KG mit Sitz in Thaur; deren weitere Kommanditisten waren Dr. HT zu 15% sowie deren Komplementärin, die T5 Gesellschaft m.b.H. mit Sitz in Kitzbühel/Österreich zu 3%. An der Komplementärin waren die T1 zu 23,2 %, Dr. HT zu 29,1 % und ST zu 47,6% beteiligt.

Schließlich hielten die T1 GmbH & Co. KG a.A. und die U3 im Jahr 2006 jeweils 50% der Kapitalanteile an dem Gemeinschaftsunternehmen NB 3 GmbH.

Nach den Jahresabschlüssen 2006 (und 2010) wurden die folgenden Gesellschaften jeweils im Konzernabschluss der T... Verwaltung voll konsolidiert:

T1 GmbH (& Co. KG a.A.),

NB 3 GmbH,

T3 GmbH & Co. KG,

T3 Werk GmbH & Co. KG (ab 2010),

sowie die T5 GmbH & Co. KG (Österreich/Kitzbühel), welche 2006 und 2010 einen Umsatz von ca. 18 bzw. 20 Mio. Euro erwirtschaftete (2006 und 2010 jeweils ohne ihre Komplementär-Gesellschaft).

(2) Satzungen der T... Verwaltung und der T1 GmbH & Co. KG a. A.:

(a) Satzung der T... Verwaltung vom 18.9.2002:

Die Satzung der T... Verwaltung vom 18.9.2002 sah nach § 8 Ziffer 2 vor, dass Gesellschafterbeschlüsse mit einfacher Stimmenmehrheit gefasst wurden. Nach § 8 Ziffer 1 der Satzung beschloss die Gesellschafterversammlung über die sich aus Gesetz und Satzung ergebenden Gegenstände, soweit diese nicht dem Beirat zugeordnet waren. § 13 der Satzung legte die Aufgaben des Beirats fest. Zu seinen Aufgaben gehörte unter anderem die Bestellung und Beratung der Geschäftsführung sowie die Entscheidung über Meinungsverschiedenheiten innerhalb der Geschäftsführung. Geschäftsführungsmaßnahmen, die der Zustimmung des Beirats bedurften, waren in § 6 der Satzung geregelt. Die Mitglieder des Beirats wurden nach § 11 Ziffern 2 und 3 der Satzung von der Gesellschafterversammlung berufen und abberufen; eine Abberufung war jederzeit und ohne Angabe von Gründen möglich. Hierfür war keine qualifizierte Mehrheit gefordert. Der Beirat bestand nach § 11 Ziffer 1 der Satzung mindestens aus drei, höchstens aus sieben Personen. Er entschied nach § 12 Ziffer 4 mit einfacher Mehrheit.

Die Gesellschaft besaß mit dem nach der Satzung vorgesehenen Ältestenrat noch ein weiteres (viertes) Organ. Seine Aufgabe bestand darin, bei Meinungsverschiedenheiten zwischen der Gesellschafterversammlung und dem Beirat zu vermitteln. Der Rat verfügte über drei bis fünf Mitglieder. Ständiges Mitglied ("auf Lebenszeit") war Dr. HT, der zugleich Vorsitzender des Ältestenrats war. Alle anderen Mitglieder waren von der Dr. T... GmbH zu benennen, deren alleiniger Gesellschafter und Unternehmensträger Dr. HT... war. Geschäftsführerin war ST.

Nach der Satzung vom 18.9.2002 waren zugunsten von Dr. HT mehrere Sonderrechte vorgesehen. Nach § 12 der Satzung bestand zugunsten von Dr. HT das Recht, jederzeit die Einberufung des Beirats verlangen zu können, verbunden mit dem Recht, an den Sitzungen des Beirats teilzunehmen. Ferner stand nach § 14 der Satzung ihm das Recht zu, von der Geschäftsführung Auskunft über wesentliche Daten der Geschäftstätigkeit zu verlangen, z.B. zur Auftragslage, Umsatz- und Kostenentwicklung.

Nach § 13 Ziffer 2 war die Hauptversammlung beschlussfähig, wenn mehr als die Hälfte des Grundkapitals vorhanden war; Beschlüsse wurden nach § 13 Ziffer 3 mit einfacher Mehrheit gefällt.

(b) Satzungen der T1 GmbH & Co. KG a.A. vom 18.9.2002 und 10.1.2006:

Nach § 5 Abs. 2 der Satzungen der T1 GmbH & Co. KG a.A. vom 18.9.2002 und vom 10.1.2006 war bestimmt, dass die Geschäftsführung vom persönlich haftenden Gesellschafter wahrgenommen wurde. Dieser war befugt, auch Handlungen vorzunehmen, die über den gewöhnlichen Geschäftsbetrieb hinausgingen. Nach den Satzungen stand den Kommanditaktionären ein Widerspruchsrecht nach § 164 HGB nicht zu.

Die Hauptversammlung war nach § 13 Ziffer 2 der Satzungen beschlussfähig, wenn mehr als die Hälfte des Grundkapitals anwesend war; deren Beschlüsse wurden mit einfacher Mehrheit gefällt.

Nach § 9 der Satzungen vom 18.9.2002/10.1.2006 bedurfte sie für außergewöhnliche Geschäftsführungsmaßnahmen keiner Zustimmung der Hauptversammlung. Nach § 13 Abs. 2 und 3 der Satzungen war die Hauptversammlung in Abwesenheit der T... Verwaltung beschlussunfähig und bei deren Teilnahme deren Willen unterworfen. Der Inhaber der Aktie 1 entsandte ein Drittel aller Aufsichtsratsmitglieder in den Aufsichtsrat. Der Aufsichtsrat beschränkte sich auf die Funktion der Überwachung der Geschäftsführung. Er konnte weder die Geschäftsführung der T... Verwaltung bestellen noch abberufen noch war es ihm möglich, die Autonomie der Geschäftsführung durch Zustimmungsvorbehalte nach § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG zu beschränken.

Die Satzungen sahen keine Bestimmungen vor, die einem oder zwei Kommanditaktionären mit einer Beteiligung von insgesamt 25 Euro Rechte eingeräumt hätten.

(3) Personelle Verflechtungen:

Dr. HT war im Jahr 2006 neben seiner Stellung als Eigentümer und Alleingesellschafter der Dr. T... GmbH auch Gesellschafter der T... Verwaltung (bis 11.10.2006) und Gesellschafter der T5 GmbH & Co. KG sowie zugleich Vorsitzender des Ältestenrats der T... Verwaltung und Geschäftsführer der Komplementärin der T5 GmbH & Co. KG.

ST war ausweislich des Jahresabschlusses 2006 Geschäftsführerin der Dr. T... GmbH und Beiratsmitglied der T... Verwaltung/T1.

FG war im Jahr 2006 Geschäftsführer der T... Verwaltung/T1, Geschäftsführer der Komplementärin der T3 KG und Geschäftsführer der Komplementärin der T5 KG.

RB2 war im Jahr 2006 Prokurist der T... Verwaltung/T1 und Geschäftsführer der Komplementärin der T3 GmbH & Co. KG.

Mit der NB 3 und der T1 sowie der T... Verwaltung bestanden im Jahr vor der behördlichen Entscheidung folgende personelle Verflechtungen:

DP und RS waren im Jahr 2006

Beiratsmitglieder der T... Verwaltung und Beiratsmitglieder der Nebenbetroffenen NB 3.

EBetr. 2 war im Jahr 2006

Geschäftsführer der T... Verwaltung/T1 und Geschäftsführer der NB 3.

bb) Geschäftsjahr vor der gerichtlichen Entscheidung (2012):

(1) Beteiligungsverhältnisse:

Gegenüber dem Jahr 2006 ergaben sich bis zum Jahr vor der gerichtlichen Entscheidung (2012) Veränderungen in der Beteiligungsstruktur.

An der T... Verwaltung hielten die Gesellschafter Geschäftsanteile in folgender Höhe:

Die T... Verwaltung hielt 10% des Stammkapitals,

die Dr. T... GmbH hielt 73% des Stammkapitals,

die HT Stiftung GmbH - bis ins Jahr 2007 firmierend unter Dr. HT Stiftung - hielt 12%,

ST hielt 5%.

Die ursprüngliche Mitgesellschafterin DTK hielt keinen Geschäftsanteil mehr.

Im Wege formwechselnder Umwandlung ging aus der T1 GmbH & Co. KG a.A. die T1 GmbH mit Wirkung zum 23.1.2009 hervor. Die Beteiligungsverhältnisse wie auch die Höhe des Gesellschaftskapitals blieben durch die Umwandlung (im Wesentlichen) unverändert. Die fünf Geschäftsanteile im Wert von 25 Euro verteilten sich so, dass Dr. HT drei Geschäftsanteile im Wert von je 5 Euro und seine Ehefrau ST zwei Geschäftsanteile im Wert von je 5 Euro übernahmen. Dies war die einzige Änderung an den Beteiligungsverhältnissen gegenüber dem Jahr 2006.

Ende des Jahre 2011 wurde die T3 Werk GmbH & Co. KG gegründet. Ihre einzige Kommanditistin war die T3 GmbH & Co. KG; als Komplementärin trat die T3 Verwaltungs GmbH ein, die zugleich auch Komplementärin der T3 GmbH & Co. KG war.

(2) Satzung der T... Verwaltung vom 8.12.2008:

Die Satzung der T... Verwaltung wurde am 8.12.2008 neu gefasst. Die Neufassung beinhaltet keine wesentlichen Änderungen gegenüber der Vorgängerfassung. Unangetastet blieb insbesondere, dass

nach § 8 Ziffer 2 Satz 1 für Gesellschafterbeschlüsse die einfache Mehrheit erforderlich war,

nach § 6 der Beirat für die Berufung, Abberufung und Beratung der Geschäftsführung zuständig war,

der Katalog von Geschäftsführungsmaßnahmen weitgehend unverändert enthalten war,

die Geschäftsführung nach § 5 Ziffer 4 der Satzung verpflichtet war, die Beiratsbeschlüsse zu beachten,

nach § 11 Ziffer 2 Satz 1 und Ziffer 4 Satz 1 Beiratsmitglieder von der Gesellschafterversammlung ohne qualifizierte Mehrheit berufen und abberufen werden sowie dass die Abberufung jederzeit und ohne Angabe von Gründen möglich war,

nach § 9 der Satzung neben dem Beirat ein weiteres mandatorisches Gesellschaftsorgan existierte, das Gesellschafterausschuss statt Ältestenrat genannt wurde, aber dessen Mitglieder weiterhin von Dr. HT bestimmt wurden und dessen Aufgaben unverändert blieben.

Die Sonderrechte des Gesellschafters Dr. HT wurden weitestgehend auf ST erstreckt, sei es sofort oder mit Inkrafttreten der Satzung.

(3) Satzung der T1 GmbH vom 8.12.2008:

In der Satzung der T1 GmbH vom 8.12.2008, die mit dem Umwandlungsbeschluss zum Formwechsel der T1 GmbH & Co. KG a.A. zur T1 GmbH aufgestellt wurde, waren insbesondere folgende Regelungen enthalten:

- Nach § 5 Ziffer 2 der Satzung vertraten zwei Geschäftsführer die Gesellschaft gemeinschaftlich oder gemeinsam mit einem Prokuristen; abweichend hiervon war Dr. HT einzeln vertretungsberechtigt und von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit, sollte er zum Geschäftsführer bestellt sein.

- Nach § 5 Ziffer 3 hatten deren Geschäftsführer die Satzung, die Geschäftsordnung der Geschäftsführung sowie die Beschlüsse der Gesellschafterversammlung und des Beirats der T... Verwaltung sowie die Gesellschaftsverträge der Konzerngesellschaften, insbesondere der T... Verwaltung zu beachten.

- Nach § 7 Ziffer 5 der Satzung wurde auf das Weisungsrecht der Gesellschafterversammlung gegenüber der Geschäftsführung ausdrücklich hingewiesen.

- Qualifizierte Mehrheiten waren nach § 7 Ziffer 3 für Änderungen der Satzung und nach § 9 Ziffer 1 für die Abtretung des Stammkapitals (Zustimmungsbeschluss mit 100% des Stammkapitals) vorgesehen.

Ein Aufsichtsrat/Beirat oder sonstiges weiteres Gesellschaftsorgan war nicht vorgesehen.

(4) Personelle Verflechtungen:

Dr. HT war in seiner Eigenschaft als Gesellschafter und Unternehmensträger im Jahr vor der gerichtlichen Entscheidung (2012) zudem Vorsitzender des Ältestenrats bzw. Gesellschafterausschusses und Geschäftsführer der Komplementärin der T5 GmbH & Co. KG.

ST war - ebenso wie im Jahr 2006 - Geschäftsführerin der Dr. T... GmbH und Beiratsmitglied der T... Verwaltung.

FG war im Jahr vor der gerichtlichen Entscheidung

Geschäftsführer der T... Verwaltung und der T1 GmbH

und Geschäftsführer der Komplementärin der T3 GmbH & Co. KG sowie der T5 GmbH & Co. KG.

RB2 war seit Mitte 2007 Leitungsperson

der T... Verwaltung und der T1 GmbH,

bereits seit dem Jahr 2004 Geschäftsführer der Komplementärin der T3 GmbH & Go. KG und

seit dem Spätsommer 2011 ist er zudem Geschäftsführer der Komplementärin der T5 GmbH & Co. KG.

PB war im Jahr vor der gerichtlichen Entscheidung

Prokurist der T1 und Geschäftsführer der Komplementärin der T3.

Zwischen der NB 3 und der T... Verwaltung sowie der T1 bestanden im Jahr vor der gerichtlichen Entscheidung danach folgende personelle Verflechtungen:

Dr. WM war Beiratsmitglied der T... Verwaltung und der NB 3. FG war neben seiner Stellung als Geschäftsführer diverser T...- Gesellschaften ebenfalls Beiratsmitglied der NB 3.

ME war Prokurist der T1 und Geschäftsführer der NB 3.

cc) Tatsächliche Einflussnahme der T... Verwaltung in den Jahren vor der behördlichen (2006) und der gerichtlichen (2012) Entscheidung:

Die T... Verwaltung hatte mittels der aufgezeigten satzungsrechtlichen Bestimmungen und personellen Identitäten in den Jahren vor der behördlichen und der gerichtlichen Entscheidung tatsächlichen Einfluss insbesondere auf die Geschäftspolitiken der T1 GmbH, der NB 3, der T5 GmbH & Co. KG sowie auf die T3 und deren Komplementärin sowie im Jahr vor der gerichtlichen Entscheidung auf die neu gegründete T3 Werk GmbH & Co. KG genommen. Diese Unternehmen waren zudem im konsolidierten Geschäftsabschluss der T... Verwaltung enthalten.

Ferner hat auch der Gesellschafter und Eigentümer der T...-Gruppe, Dr. HT, mittelbar durch die Bestellung der Geschäftsführer FG (ab 2004) und RB2 (ab Spätsommer 2011) insbesondere auch auf die Geschäftspolitik der T5 GmbH & Co. KG Einfluss genommen.

Zu den Zielen und strategischen Interessen der T... GmbH & Co. KG a.A. und der U3 bei Gründung des Gemeinschaftsunternehmens NB 3 wird auf die Ausführungen zur Unternehmensgeschichte unter A. Allgemeines, II. Die Betroffenen und Nebenbetroffenen, 3. c) Die NB 3 als ein Gemeinschaftsunternehmen der T...-Gruppe und des U...-Konzerns unter (1.), Seite 26 f. des Urteils verwiesen. Der Konsortialvertrag vom 26.8.2002 enthielt nach § 10 Ziffern 10.1 ein Wettbewerbsverbot und nach § 11 des Konsortialvertrags eine Verpflichtung zwischen den Gesellschaftern zur Belieferung des Gemeinschaftsunternehmens mit Flüssiggas zu einem festgelegten Bezugspreis. Zum Inhalt des Konsortialvertrags und zur Annahme einer einheitlichen gemeinsamen Leitung des Gemeinschaftsunternehmens durch die beiden unmittelbaren Muttergesellschaften wird auf die Ausführungen auf Seite 265 ff. des Urteils verwiesen.

b) Beweiswürdigung T...-Gruppe:

Die Überzeugung des Senats von der Möglichkeit zu einer einheitlichen Leitung beruht darauf, dass Dr. HT, jedenfalls aber die T... Verwaltung unmittelbar oder - über die T1 GmbH - mittelbar 100% der Beteiligungen an den nachgeordneten operativ tätigen Gesellschaften mit Ausnahme der NB 3 (Beteiligung von 50%) hält. Dies folgt aus den in die Hauptverhandlung eingeführten Handelsregisterauszügen und Satzungen, aus dem Konsortialvertrag und den Geschäftsordnungen für den Beirat.

Die Annahme zur Möglichkeit einheitlicher Leitung stützt sich ferner darauf, dass die T... Verwaltung an der T1 GmbH (im Jahr 2006 noch firmierend als GmbH & Co. KG a.A; im Jahr 2011: GmbH) mit einem Kapitalanteil von 99,99% im Jahr 2006 beteiligt war. Das folgt aus den Protokollen der Gesellschafterversammlungen vom 10.1.2006 und 8.12.2008. Auf diesen Versammlungen beschlossen die Gesellschafter den Rechtsformwechsel der T1 GmbH & Co. KG a.A. in T1 GmbH. Auf Grund dessen wurde das vertretene Grundkapital beurkundet. Bestätigt wird dies auch durch die inhaltlich übereinstimmende Angabe im Konzernabschluss 2006 der T... Verwaltung.

Der Umstand, dass die verbleibenden fünf Aktien zu je fünf Euro entweder ST allein gehörten oder sich auf sie und Dr. HT verteilten, resultiert aus der nicht eindeutigen Anlage 1 zum Protokoll der Hauptversammlung der T1 vom 10.1.2006. In der Anlage 1 findet sich die Angabe, dass ST Aktien mit einem Nominalbetrag von 25 Euro vertrat. Darin enthalten ist jedoch keine Angabe dazu, ob sie im eigenen Namen oder in Vertretung handelte. In der Anlage 1 zum Protokoll der Hauptversammlung vom 8.12.2008 wurde dagegen die Teilnahme von ST mit nur zwei Aktien und von Dr. HT mit drei Aktien festgestellt. Ob und wann es zu einer Übertragung von drei Aktien von ST an Dr. HT gekommen ist, konnte jedoch offen bleiben (§ 77 Abs. 1 Satz 2 OWiG). Entscheidend für die Annahme einer einheitlichen Leitung durch die T... Verwaltung ist, dass beide Eheleute nur geringe Anteile hielten.

Im Hinblick auf die Beteiligung an der Komplementärin T3 Verwaltungs GmbH (HRB ...) widersprechen sich die Gesellschafterliste vom 31.8.2004 und der Gesellschafterbeschluss vom 8.1.2007. Nach der Gesellschafterliste hielt die T3 GmbH & Co. KG (eingetragen unter HRA 8...) sämtliche Geschäftsanteile an der Komplementärin. Nach dem Gesellschafterbeschluss war die T1 GmbH alleinige Gesellschafterin der Komplementärin. Dies ist für die Frage, ob die T1 GmbH unmittelbar oder mittelbar durch die T3 GmbH & Co. KG alleinige Gesellschafterin der Komplementärin war, aber nicht relevant.

Der Umstand der Möglichkeit zu einer einheitlichen Leitung aufgrund kapitalmäßiger Beteiligung stützt sich darauf, dass die T1 GmbH (im Jahr 2006 noch firmierend als GmbH & Co. KG a.A; im Jahr 2011: GmbH) zu 82% und Dr. HT zu 15% an der T5 sowie die T5 GmbH zu 3% an der T5 - Gesellschaft mbH & Co. KG beteiligt waren. Das ergibt sich aus dem Firmenbuch (dem österreichischen Äquivalent zum Handelsregister), aus den Jahresabschlüssen ihrer Komplementärin sowie aus dem Jahresabschluss der T1 für 2006.

Im Firmenbuch ist die absolute Höhe der Kommanditeinlagen mit 12,71 Mio. Euro für T1 und mit 2,325 Mio. Euro für Dr. HT beziffert. Nach dem Jahresabschluss 2006 der T1 ist ferner die prozentuale Höhe der Beteiligung der T1 GmbH an der Kommanditgesellschaft mit dem Prozentbetrag von 82% genannt. In den Jahresabschlüssen der Komplementärin ist die Höhe der Beteiligung an der Kommanditgesellschaft mit 3% angegeben (3%=465.000 Euro). Das Gesamtkapital betrug demzufolge 15,5 Mio. Euro.

Der Umstand, dass die T... Verwaltung, die T1, die T5 Gesellschaft m.b.H & Co. KG, die T3 GmbH & Co. KG und die T3 Verwaltungs GmbH in den Konzernabschlüssen der T... Verwaltung für 2006 und 2011 voll konsolidiert wurden, spricht für die tatsächliche Ausübung einer einheitlichen Leitung.

Der Umstand, dass der Gesellschafter und Unternehmensträger Dr. HT nicht nur in rechtlicher Hinsicht über die Möglichkeit zur einheitlichen Leitung verfügte, sondern tatsächlich auch nach seinem Ausscheiden aus der Geschäftsführung der Dr. T... GmbH und der T... Verwaltung die T...-Gruppe leitete, ist einem Artikel der IHK für München und Oberbayern aus der Reihe Tischgespräche mit dem Titel "Ein Leben voller Energie" sowie der Darstellung seiner Rolle bei der Präsentation des Nachhaltigkeitsberichts am 1.3.2011 in einem Artikel von KO vom 3.3.2011 zu entnehmen. Nach den Inhalten dieser Artikel arbeitete er häufig von 9 bis 19 Uhr in den Unternehmen der T...-Gruppe in seinem ihm zur Verfügung gestellten Büro bei der T1. Er nahm auf die Geschäftsführung Einfluss, etwa bei der Entwicklung neuer Gesellschaften. Ferner beteiligte er sich an einer Erklärung der Geschäftsführung, nach der das Unternehmen verstärkt auf regenerative Energien und Produkte im Bereich Energieeffizienz und Energiedienstleistungen setzte. Er gestaltete insoweit die Öffentlichkeitsarbeit. Die in den Artikeln enthaltene Darstellung der Rolle von Dr. HT korrespondierte mit seinen in den Satzungen der T... Verwaltung und T1 GmbH enthaltenen Rechten.

Dr. HT beeinflusste auch während des Kartellzeitraums das operative Geschäft der Gesellschaften häufig. Nach einem Schreiben vom 13.3.2004 an die Leitungspersonen der NB 3, EBetr. 2 und EBetr. 3 forderte er, dass die NB 7 und die F1 zukünftig wenigstens einmal jährlich und rückwirkend bis 2002 Statistiken zu den Kundenbeständen übermitteln sollten. Er hob ferner hervor, dass es sich bei den Kundenbeständen um eine sehr wichtige marktstrategische Bestandsziffer handele und dass sich aus den vorhandenen Statistiken eine negative Entwicklung im Vergleich zu anderen Gesellschaften ergebe. Zudem bat er die Adressaten um Stellungnahme. In einem Memorandum vom 22.3.2004 erhob Dr. HT die Forderung, dass "nach Ansicht der Geschäftsführung der NB 3 die Kundenverluste der NB 3 geringer sein sollten". Er bat die "Geschäftsführung, bestehend aus EBetr. 2 und Dr. FG", um eine Stellungnahme. Dies zeigt, dass er sich selbst immer noch zur Geschäftsführung zählte.

Der Wille von Dr. HT, die T... Verwaltung und die T5 einheitlich zu leiten, kam in der Doppelfunktion von EBetr. 2 als Leitungsperson der T5 GmbH & Co. KG und der Dr. T... GmbH im Zeitraum von Anfang 1997 bis Frühjahr 2002 zum Ausdruck. Im relevanten Zeitraum 2006 und 2012 waren Dr. FG und RB2 zu Leitungspersonen der T... Verwaltung und der T5 GmbH & Co. KG bestellt.

Die Annahme einer gemeinsamen einheitlichen Leitung der NB 3 durch die Leitungspersonen ihrer unmittelbaren beiden Muttergesellschaften folgt zum einen daraus, dass es der T1 und der U3 mit der Gründung der NB 3 um die Bündelung des Flüssiggasgeschäfts der beiden Gesellschaften in der NB 3 ging und sie folglich ein wirtschaftliches, über das Halten einer Kapitalbeteiligung hinausgehendes Interesse am operativen Geschäft hegten. Dies gründet sich auf den Inhalt des zwischen den Muttergesellschaften geschlossenen Konsortialvertrages vom 26.8.2002, insbesondere zu den mit dem Gemeinschaftsunternehmen verfolgten Zielen und zu den zwischen den Muttergesellschaften vereinbarten Grundlagen der Zusammenarbeit einschließlich des Wettbewerbsverbots (§ 10) und der wechselseitigen Lieferverpflichtungen zwischen den Gesellschaftern gegenüber dem Gemeinschaftsunternehmen (§ 11). Insoweit wird ergänzend auf die Ausführungen unter F.BB. Bußgeldrahmen für die Nebenbetroffene NB 2 unter 6. b) cc) auf Seite 265 ff. des Urteils verwiesen.

c) Gesamtwürdigung:

Bei einer Würdigung all dieser Gesamtumstände ist der Senat davon überzeugt, dass die rechtliche und tatsächliche Möglichkeit zur Ausübung einer gemeinsamen einheitlichen Leitung bestanden hat und diese einheitliche Leitung in tatsächlicher Hinsicht auf Grund der wirtschaftlichen, rechtlichen und organisatorischen Bindungen auch ausgeübt wurde. Es ist nach den Umständen und der Lebenserfahrung auszuschließen, dass dies nur im Tatzeitraum der Fall gewesen sein soll. Es spricht vielmehr mit hoher Wahrscheinlichkeit alles dafür, dass danach Kontinuität bei der Ausübung der einheitlichen Leitung bestand. Die Gesellschafter besaßen insbesondere die rechtliche und tatsächliche Möglichkeit, auf die allgemeine Geschäftspolitik und das Marktverhalten Einfluss zu nehmen und nahmen diese Möglichkeit in dem festgestellten Umfang tatsächlich wahr.

2. Gesamtumsatz der T...-Gruppe einschließlich der NB 3:

(1) Geschäftsjahr 2006:

Der Befund, dass die T...-Gruppe im Jahr 2006 Umsatzerlöse in Höhe von 114 Mio. Euro und die NB 3 in Höhe von rund 194 Mio. Euro erwirtschaftete, stützt sich auf den Konzernabschluss der T... Verwaltung für das Geschäftsjahr 2006 und den Jahresabschluss der NB 3 aus dem Jahr 2006.

Dass die NB 3 mit ihrer unmittelbaren Muttergesellschaft T1 Innenumsätze von ca. 42,129 Mio. Euro (ohne U...-Konzern) erzielte und mit den Transportgesellschaften in Höhe von ungefähr 29,813 Mio. Euro, beruht auf dem Jahresabschluss der NB 3 aus dem Jahr 2006.

In den Umsätzen des T...-Konzerns und der Nebenbetroffenen NB 3 waren Energiesteuern nach den Konzern- und Jahresabschlüssen nicht enthalten.

(2) Geschäftsjahr 2011:

Dass die Umsätze der T...-Gruppe auf rund 173,704 Mio. Euro und die der NB 3 auf annähernd 248,699 Mio. Euro gestiegen waren, ergibt sich aus dem Konzernabschluss der T... Verwaltung für das Jahr 2011 und dem Jahresabschluss der NB 3 für das Jahr 2011.

Der Umstand, dass der Innenumsatz mit der Muttergesellschaft T1 ungefähr 62.036 Mio. Euro (ohne U...-Konzern) und der Innenumsatz mit den Transportgesellschaften ca. 51,057 Mio. Euro betrug, folgt dem Jahresabschluss 2011 der NB 3.

D. FF. Beweiswürdigung: Wirtschaftliche Verhältnisse der Nebenbetroffenen NB 2

Die Feststellungen zu den wirtschaftlichen Verhältnissen der Nebenbetroffenen NB 2 beruhen insbesondere auf den in die Hauptverhandlung eingeführten Jahresabschlüssen der TTG zum 30.6.2012 und zum 30.6.2011 sowie der Gewinn- und Verlustrechnung für die Jahre 2011/2012 und 2010/2011. Die Feststellungen zu den in der Schlussbilanz ausgewiesenen Rückstellungen der T1 GmbH & Co. KG stützen sich auf die Schlussbilanz zum 18.1.2013. Die Feststellungen zu den in der Schlussbilanz ausgewiesenen Rückstellungen der NB 2 für das Bußgeldverfahren beruhen auf der Schlussbilanz zum 30.6.2013.

E.

Rechtliche Würdigung:

Hinsichtlich der Nebenbetroffenen NB 2 ist der Zurechnungstatbestand des § 30 Abs. 1 Nr. 1, 3 und 5 OWiG erfüllt. Das führt nach der genannten Vorschrift auch zur Festsetzung einer Geldbuße gegen die NB 2 als Rechtsnachfolgerin der T1 GmbH (& Co. KG) bzw. zuvor T... GmbH & Co. KG a.A. Für die T... GmbH & Co. KG a.A./T1 GmbH (& Co. KG) haben im Tatzeitraum der ehemals Betroffene EBetr. 2 und FR gehandelt.

I. Der ehemals Betroffene EBetr. 2 und FR

1. Der Zurechnungstatbestand des § 30 Abs. 1 Nr. 4 OWiG i.d.F. v. 27.6.1994 und vom 13.8.1997 und des § 30 Abs. 1 Nr. 5 OWiG i.d.F. v. 22.8.2002 ist zunächst erfüllt in Bezug auf ihre Rechtsvorgängerin, die T1 GmbH & Co. KG (zuvor firmierend unter T... GmbH & Co. KG a.A., ab Januar 2009 umgewandelt in T1 GmbH). Für sie begingen EBetr. 2 und FR (beide zugleich Organvertreter der Komplementärin (Dr.) T... GmbH bis März 2002, ab März 2002 beide Geschäftsführer der Komplementärin T... Verwaltungs GmbH, zeitgleich zumindest ab April 2001 beide Geschäftsführer der NB 3) als jeweils (faktische) Geschäftsführer der T1 und als "Doppel"mandatsträger von Beginn des Tatzeitraums (1.7.1997) - FR bis zu seinem altersbedingten Ausscheiden im Oktober 2003, EBetr. 2 bis zur Durchsuchung am 3.5.2005 - die Anknüpfungstaten, durch die Pflichten, welche die T1 trafen, verletzt wurden. Der ehemals betroffene EBetr. 2 und FR setzten sich im Zeitraum 1.7.1997 bis 31.12.1998 dadurch, dass sie als faktische Geschäftsführer die vor dem 1.7.1997 getroffene Kartellabsprache umgesetzt haben, im Sinne von § 38 Abs. 1 Nr. 1 GWB i.d.F. d. Bek. v. 20.2.1990 vorsätzlich über die Unwirksamkeit einer nach § 1 GWB i.d.F. d. Bek. v. 20.2.1990 rechtsungültigen wettbewerbsbeschränkenden Absprache hinweg.

2. Die von den Vorgänger-Organvertretern des ehemals Betroffenen EBetr. 2, FR und Dr. HT, stillschweigend geschlossene Kundenschutzabsprache stellt als Kernabsprache eine den Wettbewerb beschränkende Vereinbarung zwischen miteinander im Wettbewerb stehenden Unternehmen dar. Sie führte zu einer Aufteilung und Wahrung der Kundenstämme unter den an der Absprache beteiligten Unternehmen.

3. Der ehemals Betroffene EBetr. 2 und FR setzten sich durch ihr Verhalten in der Zeit vom 1.7.1997 bis 31.12.1998 über die Ungültigkeit der zwischen den Leitungspersonen der (verurteilten) Nebenbetroffenen getroffenen Absprache hinweg. Nicht schon der Abschluss eines nach § 1 GWB 1990/1999 unwirksamen Vertrags stellt eine Ordnungswidrigkeit im Sinne des § 38 Abs.1 Nr. 1 GWB 1990 dar, sondern erst das Hinwegsetzen über dessen Unwirksamkeit. Das aus § 1 GWB folgende Verbot ist dann als verletzt anzusehen, wenn ein unwirksamer Kartellvertrag als gültig angesehen und behandelt sowie dieser Vertrag - ungeachtet dessen, dass ihm das Gesetz die Wirksamkeit abspricht - durchgeführt und vollzogen wird. Nicht Voraussetzung ist indes, dass der Betroffene an der Absprache als Partei selbst beteiligt war (vgl. BGH WuW/E BGH 495, 498). Es genügt, dass er sich in Kenntnis einer für seinen Auftraggeber geschlossenen Vereinbarung über deren Unwirksamkeit hinwegsetzte. Unter den Begriff des Hinwegsetzens fällt alles, was der Durchführung einer wirksamen Absprache dient, also jede Tätigkeit, die darauf abzielt, dem kraft Gesetzes unwirksamen Vertrag gleichwohl Geltung zu verschaffen (vgl. BGH, WuW/E BGH 2661, 2662; BGH, wistra 1996, 180, 181; BGH, WuW/E BGH 352, 353 - "Nullpreis II"). Vereinbart war hier, jeglichen aktiven Wettbewerb um Bestandskunden zu unterlassen. Der ehemals Betroffene EBetr. 2 und FR verwirklichten diese Vereinbarung dadurch, dass sie die vorbezeichnete wettbewerbsbeschränkende, von ihren Vorgängern etablierte Vertriebsstrategie nicht durch von ihnen selbst an den Innen- und Außendienst gerichtete Weisungen unterbrachen, sondern aufrechterhielten und diese - durch ihre leitenden Angestellten und kaufmännischen Mitarbeiter sowie Außendienstmitarbeiter - teils durch positives Tun, teils durch Unterlassen umsetzen ließen. Sie hielten an der Ausrichtung des Vertriebs, fremde Bestandskunden nicht abzuwerben fest. Hierzu konzentrierten sie die Akquise auf das Neukundengeschäft. Konkrete, ihnen zuzurechnende Umsetzungshandlungen waren danach das Nennen von unattraktiven Preisen durch die Vertriebsmitarbeiter, das Unterlassen von Werbung, das Unterlassen von Besuchen der Flüssiggasbestandskunden durch die Außendienstmitarbeiter sowie die Behandlung von Wettbewerbsfällen auf den Beiratssitzungen der NB 7 durch EBetr. 2 und FR selbst.

4. EBetr. 2 und FR erfüllten durch die über den 31.12.1998 hinausgehende Umsetzung der Kartellabsprache in dem Unternehmen ab dem 1.1.1999 den Tatbestand der §§ 81 Abs. 1 Nr. 1, § 1 GWB i.d.F. d. Bek. v. 26.8.1998. Durch ihr Verhalten handelten sie dem Verbot wettbewerbsbeschränkender Absprachen zwischen miteinander im Wettbewerb stehenden Unternehmen zuwider. § 81 Abs. 1 Nr. 1 GWB i.d.F. v. 10.11.2001 i.V.m. § 1 GWB erfasst mit dem Begriff der Zuwiderhandlung sowohl den Abschluss einer wettbewerbsbeschränkenden Vereinbarung als auch deren Praktizierung.

Indem der ehemals Betroffene EBetr. 2 und FR die Vertriebsstrategie, Bestandskunden nicht abzuwerben, nicht änderten, handelten sie dem Kartellverbot - als (Einheits-)Mittäter - zuwider.

Es distanzierte sich keiner der Beteiligten - auch der ehemals Betroffene EBetr. 2 und FR - nicht von der stillschweigend getroffenen und gebilligten Kartellabsprache offen und/oder zeigte sie aus Anlass der Anmeldung des NB 7-Zusammenschlusses beim Bundeskartellamt an. Dies wäre aber erforderlich gewesen, denn schon die stillschweigende Billigung begünstigt die Fortsetzung der Zuwiderhandlung und verhindert die Entdeckung (vgl. EuGH, Urteil vom 6.12.2012, Rs.C-441/11 P - WuW/E EU-R 2600, Tz. 73 -Kommission/Verhuizingen Copens NV).

5. Zwischen der Kartellabsprache, die zum Inhalt hatte, aktiven Wettbewerb um Bestandskunden zu unterlassen, und den Hinwegsetzenshandlungen des ehemals Betroffenen EBetr. 2 und FR bestand nach der Lebenserfahrung auch der erforderliche Ursachenzusammenhang, da die Abrede auf das beanstandete Verhalten (Unterlassen von Wettbewerb) gerichtet war und die festgestellten Hinwegsetzenshandlungen mit der Abrede in einem unmittelbaren Zusammenhang standen (vgl. BGH, Urteil vom 25.1.1983 - KZR 12/81, BGHZ 86, 324, 328, 329 -Familienzeitschrift).

6. Die Kundenschutzabrede, zumal aufgrund ihrer Eigenschaft als Horizontalvereinbarung unter den großen Wettbewerbern der Branche, war objektiv geeignet, die Markt- und Wettbewerbsverhältnisse auf dem deutschen Markt der Lieferung von Flüssiggas in Tanks an Endverbraucher spürbar zu beeinträchtigen und bewirkte dies auch. Durch die bundesweit organisierte Beschränkung des freien Wettbewerbs sollte den "newcomern" der Markzutritt durch die Reservierung von Kundenstämmen unmöglich gemacht (vgl. BGH, Urteil vom 25.1.1983 - KZR 12/81, BGHZ 86, 324, 330 - Familienzeitschrift).

Die Kartellabsprache führte zu einer Aufteilung der Kundenstämme. Das kartellbeteiligte Unternehmen, für das der ehemals Betroffene EBetr. 2 und FR handelten, musste sich keinem (vorstoßendem) (Preis-)Wettbewerb von NB 7 und F1-Gesellschaftern und deren Kooperationspartnern sowie neu am Markt auftretenden Wettbewerbern stellen. Der Anteil der Neukunden unter den Nachfragern nach Flüssiggas war gering, insbesondere erschwert durch den Ausbau von Erdgasnetzen. Der Anteil schon akquirierter Kunden an der Nachfrage im Tatzeitraum betrug über 80 %.

Die Kartellabsprache diente auch - mit Erfolg - der Abwehr potenzieller, dem Kartell nicht angehörender Wettbewerber, die jedenfalls seit Ende der 1990er Jahre auf die deutschen Flüssiggasmärkte drängten. Sie ergänzte die ohnehin schon auf den deutschen Flüssiggasmärkten bestehenden hohen Marktzutrittshürden, wie insbesondere die hohen Tankanschaffungs- und Lagererrichtungs- sowie Fahrzeuganschaffungskosten.

7. Die isolierte Kundenschutzabsprache war als Horizontalabsprache zwischen Wettbewerbern nicht aufgrund sogenannter tatbestandsimmanenter Schranken vom Kartellverbot des § 1 GWB ausgenommen. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu Nebenabreden, insbesondere zu Wettbewerbsverboten und Bestandskundenschutzklauseln, die im Rahmen eines kartellrechtsneutralen Austauschvertrages (Vertikalvereinbarung) zwischen (potenziellen) Wettbewerbern geschlossen werden und mit der Durchführung eines nicht den Wettbewerb beschränkenden Austauschvertrages unmittelbar verbunden und für diese notwendig sind bzw. an denen ein anerkennenswertes Interesse besteht (vgl. BGH, Urteil vom 10.12.2008 - KZR 54/08, WuW/E DE-R 2554-2558 - Subunternehmerverträge II; BGH, Urteil vom 12.5.1998 - KZR 18/97, WuW/E DE-R 131, 133 - Subunternehmerverträge I; BGH, Urteil vom 14.1.1997 - KZR 35/95, WuW/E BGH 3121, 3125 - Bedside Testkarten; Urteil vom 14.1.1997 - KZR 41/95, WuW/E BGH 3115, 3118 - Druckgussteile; Urteil vom 6.5.1997 - KZR 43/95, WuW/E BGH 3137, 3138 - Solelieferung), findet auf die vorliegende Kartellabsprache keine Anwendung. Bei ihr handelt es sich schon nicht um eine Nebenabrede in einem Austauschvertrag im Vertikalverhältnis. Auch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu einer unselbständigen Wettbewerbsverbotsklausel in einem sonst kartellrechtsneutralen Gesellschaftsvertrag ist nicht einschlägig (vgl. BGH, Urteil vom 23.6.2009 - KZR 58/07, NJW-RR 2010, 615, 616 f. - Gratiszeitung Hallo; BGH, Urteil vom 16.4.2002 - KZR 5/01, WuW/E DE-R 909 ff - Wettbewerbsverbot in Realteilungsvertrag). Denn hier handelte es sich nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme um eine selbständige, stillschweigend geschlossene Hauptabsprache zwischen Wettbewerbern, die "aus Anlass" des Beitritts zur NB 7 geschlossen wurde, aber nicht Bestandteil des Gesellschaftsvertrags war.

8. Hinsichtlich der Kartellabsprache war keine Freistellung vom Kartellverbot des § 1 GWB nach § 5 GWB 1990/1999 von dem ehemals Betroffenen EBetr. 2 oder FR beantragt geschweige denn ausdrücklich oder stillschweigend bewilligt worden.

9. EBetr. 2 und FR setzten sich vorsätzlich und schuldhaft über die Ungültigkeit der getroffenen Kartellabsprache hinweg und handelten dem Verbot wettbewerbsbeschränkender Absprachen zwischen miteinander in Wettbewerb stehenden Unternehmen zuwider.

FR kannte die tatsächlichen Umstände, die zur Unwirksamkeit der Kartellabsprache führten, und wusste, dass sein Verhalten dazu beitrug, deren wettbewerbsbeschränkende Wirkungen durchzusetzen. Als erfahrener Kaufmann in wichtiger Führungsposition erkannte er auch, dass der Abschluss einer Kundenschutzabsprache und damit einer Vereinbarung, insoweit keinen Preiswettbewerb aufzunehmen, gegen das Kartellgesetz verstieß. Er kannte die stillschweigend geschlossene Bestandskundenabrede zwischen den Gesellschaftern, weil er als geschäftsführender Gesellschafter in leitender Position tätig war, er zudem im Beirat der F2GmbH tätig war, er die dort geschlossenen Kundenschutzabsprachen kannte und ihm auch die Strategie bekannt war, nur Neukunden und keine Bestandskunden abzuwerben. Es kam ihm - ebenso wie EBetr. 2 - auch darauf an, die Wettbewerbsbeschränkungen durchzusetzen, um die Margen aufrechtzuerhalten und die sich ihnen bietenden Preissetzungsspielräume zur Expansion ihrer Unternehmen zu nutzen. EBetr. 2 wurde die Kartellabsprache erst durch die praktische Handhabung offenbart.

Die interne Zuständigkeitsverteilung zwischen den Geschäftsführern steht wegen des Grundsatzes der Allzuständigkeit der Geschäftsführung einer Haftung der Nebenbetroffenen nicht entgegen.

10. Es sind auch keine Rechtfertigungs- und Schuldausschließungsgründe gegeben.

a) Rechtfertigungsgründe liegen nicht vor. Es bestehen nach dem Ergebnis der Hauptverhandlung insbesondere keine Hinweise auf ein kartellrechtswidriges oder sonst wettbewerbswidriges Verhalten der neu auf dem Markt auftretenden freien Anbieter.

b) Die Hauptverhandlung erbrachte bei dem ehemals Betroffenen EBetr. 2 und FR keine Hinweise auf das Vorliegen eines Tatbestands- oder Verbotsirrtums.

aa) Der Einwand von EBetr. 2, er habe trotz Kenntnis der tatsächlichen Umstände deren Bedeutung für die ihm obliegenden Pflichten nicht erkannt, hat keinen Erfolg. Ein Tatbestandsirrtum scheidet schon deshalb aus, weil keine konkreten Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass dem ehemals Betroffenen EBetr. 2 als im Geschäftsleben erfahrenen verantwortlichen Vertreter seines Unternehmens die Bedeutung von tatsächlichen und wirtschaftlichen Gegebenheiten, bei denen § 1 GWB zur Anwendung kommt, fehlte.

bb) Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Verbotsirrtums bei dem ehemals Betroffenen EBetr. 2 und FR im Sinne des § 11 Abs. 2 OWiG sind aufgrund der Hauptverhandlung ebenfalls nicht ersichtlich. Es deutet nichts darauf hin, dass EBetr. 2 und FR als erfahrene Kaufleute ihr Verhalten für kartellrechtlich erlaubt hielten.

11. EBetr. 2 und FR haften als Geschäftsführer der Komplementärin gemäß § 9 Abs. 2 Nr. 1 OWiG wie die T1, da sie beauftragt waren, die T1 zu leiten.

II. Die NB 2

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs haftet der Rechtsnachfolger bußgeldrechtlich unter zwei Voraussetzungen (vgl. BGH, Beschluss vom 26.2.2013 - KRB 20/12, Rn. 82 WuW/E DE-R 3861-3979 - Grauzement; Beschluss vom 10.8.2011 - KRB 55/10 u. KRB 2/10, Rn. 12, WuW/E-DE-R 3455 ff= NJW 2012, 164 ff - Versicherungsfusion m.w.N.; Beschluss vom 11.3.1986 - KRB 8/85, WuW/E 2265 - Bußgeldhaftung; Beschluss vom 23.11.2004 - KRB 23/04, NJW 2005, 1381, 1383 - nicht verlesener Handelsregisterauszug; Beschluss vom 4.10.2007 - KRB 59/07, BGHSt 52, 58, Rn. 7 - Akteneinsichtsgesuch): Der Rechtsnachfolger muss im Wege der Gesamtrechtsnachfolge an die Stelle des Verbands, dessen Organ die Tat begangen hat, getreten sein. Ferner muss zwischen der früheren und der neuen Vermögensverbindung nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise nahezu Identität bestehen. Letztere ergänzt die Gesamtrechtsnachfolge, die ihrem Wesen nach auf den Eintritt in sämtliche Rechtspositionen angelegt ist, zu einer den effektiven Rechtsgüterschutz stärkenden bußgeldrechtlichen Nachfolgehaftung. Danach kann der Gesamtrechtsnachfolger der ursprünglich nach § 30 OWiG haftenden juristischen Person mit einer Geldbuße belegt werden, wenn bei wirtschaftlicher Betrachtung das von der ursprünglich haftenden juristischen Person stammende (Teil-)Vermögen im Gesamtvermögen des Gesamtrechtsnachfolgers qualitativ und/oder quantitativ einen wesentlichen Teil ausmacht und in gleicher oder ähnlicher Weise wie bisher eingesetzt wird.

a) Nach diesen Maßstäben liegen die Voraussetzungen für eine Haftung der Nebenbetroffenen NB 2 für die von den Leitungspersonen der erloschenen T1 begangenen Ordnungswidrigkeiten vor.

aa) Gegen die NB 2 ist die Verhängung eines Bußgeldes deshalb möglich, weil sie als aufnehmende Gesellschaft im Wege der Verschmelzung (§ 20 Nr. 1, 2 UmwG) Gesamtrechtsnachfolgerin der T1 GmbH & Co. KG geworden ist, deren (faktische) Geschäftsführer die Anknüpfungstat begangen haben.

bb) Die weitere Voraussetzung, wonach bei wirtschaftlicher Betrachtung zwischen der früheren und der neuen Vermögensverbindung nahezu Identität bestehen muss, ist ebenfalls erfüllt. Bei wirtschaftlicher Betrachtung macht das von der ursprünglich haftenden juristischen Person stammende (Teil-)Vermögen im Gesamtvermögen des Gesamtrechtsnachfolgers qualitativ und/oder quantitativ einen wesentlichen Teil aus und wird in gleicher Weise wie zuvor eingesetzt.

(1) Zu dem in die neue Vermögensverbindung eingebrachten Vermögen gehört der Kommanditanteil an der T3 GmbH & Co. KG. Dieser Anteil wurde als von der T1 GmbH & Co. KG stammendes Vermögen von der NB 2 übernommen. Er wurde und wird auch - wie zuvor - von der aufnehmenden Gesellschaft gehalten. Zum relevanten eingebrachten Vermögen zählen neben beweglichen und unbeweglichen Sachen oder Gesamtheiten von Gegenständen auch Forderungen, Rechte und Kapitalbeteiligungen (vgl. BGH aaO Rdn. 15 - nicht verlesener Handelsregisterauszug). Wie sich der Übergang des Vermögens auf den Gesamtrechtsnachfolger im Einzelnen konkret - also etwa durch vorausgehende Singularsukzession in Kombination mit der Universalsukzession oder ausschließlich durch die Universalsukzession - vollzieht, ist unbeachtlich. Entscheidend ist auch hier die wirtschaftliche Betrachtung, mithin der wirtschaftliche Zusammenhang der Sukzessionen und ihr wirtschaftliches Endergebnis.

(2) Der 100prozentige Kommanditanteil an der T3 GmbH & Co. KG bildete mit Eintritt der Gesamtrechtsnachfolge einen - hier sogar den wesentlichen - Teil des Vermögens der NB 2.

Das Vermögen der ursprünglich haftenden juristischen Person, nämlich der Kommanditanteil, machte sowohl in qualitativer als auch in quantitativer Hinsicht einen wesentlichen Teil des Gesamtvermögens der neuen juristischen Person aus.

In qualitativer Hinsicht trat die NB 2 als Gesamtrechtsnachfolgerin mittelbar in die Marktstellungen der T3 GmbH & Co. KG auf den sachlichen Märkten für Kohlensäure und Technische Gase (Industriegase) ein. Die T3 GmbH & Co. KG verfügte insoweit in Deutschland über einen Marktanteil von ca. 10% bzw. stand an dritter Stelle auf dem sachlichen Markt für Kohlensäure und an vierter Stelle auf dem sachlichen Markt für Technische Gase (Industriegase).

Auch in quantitativer Hinsicht machte der Kommanditanteil einen wesentlichen Teil des Gesamtvermögens der neuen juristischen Person aus. Der Senat ist insoweit zu einer Schätzung des Ertrags- und Verkehrswerts (= Ertrags- und Zeitwerts) des Kommanditanteils an der T3 GmbH & Co. KG befugt. Entsprechend heißt es in der Beschlussempfehlung und dem Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Technologie zu dem Entwurf eines 8. Gesetzes zur Änderung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (vgl. BT-Drs. 17/11053 vom 17.10.2012, S. 29) zu § 30 OWiG i.d.F. der Bekanntmachung vom 30.6.2013:

"Für die Ermittlung des Werts des übernommenen Vermögens können insbesondere die regelmäßig für die gesellschaftsrechtlichen Umstrukturierungen erforderlichen Unternehmensbewertungen die notwendigen Anhaltspunkte liefern."

Der Umstand, dass für die Ermittlung des Werts des übernommenen Vermögens lediglich "Anhaltspunkte" aus der jeweiligen Umstrukturierung genügen sollen, bestätigt, dass dem Gericht die Befugnis zur Schätzung zustehen soll, insbesondere auch anhand der Angaben in den Verschmelzungsverträgen und der ihm aufgrund der betrieblichen Finanzbuchhaltung vorliegenden Werte.

Der Senat schätzt anhand des im Kaufvertrag vom 18.1.2013 vereinbarten Kaufpreises, dass der von der Gesamtrechtsnachfolgerin NB 2 gehaltene Kommanditanteil an der T3 GmbH & Co. KG im Zeitpunkt der Verschmelzung mindestens einen Ertrags- und Verkehrswert (=Zeitwert) von 15 Mio. Euro aufwies.

Der Verkehrswert des Kommanditanteils betrug ein ungefähr Zweifaches vom Ertrags- und Verkehrswert des Betriebsvermögens "Kesselwagenvermietung" der TTG von 8 Mio. Euro (Kesselwagenbestand). Das bilanzielle Eigenkapital (Bilanzgewinn) der aufnehmenden Gesellschaft TTG lag nach dem Jahresabschluss per 30.6.2012 bei nur ca. 1.777.000 Euro. Ein bestätigendes Indiz für die überwiegende Bedeutung des Geschäftsbereichs "Halten von Beteiligungen an der T3 GmbH & Co. KG (Industriegase)" gegenüber dem Kesselwagenvermietungsbetrieb für das Unternehmen bildet bei der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise auch der Umstand, dass das Unternehmen seit Januar 2013 unter der Bezeichnung "NB 2" firmiert und der ursprünglich prägende Unternehmensgegenstand des Transportes aus der Firma eliminiert wurde.

cc) Entgegen der Rechtsauffassung der Nebenbetroffenen ist es nicht erforderlich, dass es sich bei dem von der Rechtsvorgängerin stammenden Vermögen um das "ursprünglich haftende Vermögen" handelte. Der Bundesgerichtshof hat den Begriff des "haftenden Vermögens" zuletzt als Synonym für das "Vermögen der ursprünglich haftenden Gesellschaft" (vgl. BGH aaO Rn 82 - Grauzement) verwandt. Damit ist geklärt, dass es für die Nachfolgehaftung nicht auf die Übernahme gerade des operativen Betriebsvermögens ankommt oder gar des Vermögens, das im Kartellzeitraum operativ eingesetzt wurde. Vielmehr genügt es, wenn überhaupt Vermögen der Rechtsvorgängerin (hier die Kapitalbeteiligung an der T3 GmbH & Co. KG) übernommen und im Vermögen des Gesamtrechtsnachfolgers bei wirtschaftlicher Betrachtung einen wesentlichen Teil ausmacht. Letzteres ist nach dem oben Ausgeführten der Fall.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs genügt schon die Übernahme von Teilen des Vermögens der erloschenen juristischen Person für die Auslösung der Bußgeldhaftung des Gesamtrechtsnachfolgers (vgl. BGH aaO Rn 24 - Versicherungsfusion).

F.

Bußgeldbemessung

F.AA. Mehrerlösschätzung:

I. Die nähere Bestimmung des einschlägigen Bußgeldrahmens nach § 4 Abs. 3 OWiG erforderte im Hinblick auf § 38 Abs. 4 GWB i.d.F. vom 20.2.1990 bzw. § 81 Abs. 2 GWB i.d.F. der Bekanntmachung vom 26.8.1998 neben der Feststellung, dass ein kartellbedingter Mehrerlös entstanden war, die Schätzung, in welcher Höhe dies individuell der Fall war.

Der Senat ist - wie bereits in der Beweiswürdigung unter D.CC. Beweiswürdigung Bußzumessungstatsachen unter I. Entstehung des Mehrerlöses (Seite 153 bis 161 des Urteils) ausgeführt - davon überzeugt, dass die Kartellabsprache im Tatzeitraum zur Entstehung von individuellen Mehrerlösen in irgendeiner Höhe bei der T1 sowie den bereits verurteilten NB 6, P1, NB 3, NB 1 und NB 4 führte. Weitergehend schätzt der Senat, dass die T1 in der Zeit vom 1.7.1997 bis November 2001 einen Mehrerlös in Höhe von 7.597.490 Euro erzielte. Unter Berücksichtigung eines Sicherheitsabschlags von 10% lag der relevante individuelle Mehrerlös bei rund 6,838 Mio. Euro.

II. Berechnung bzw. Schätzung des Mehrerlöses:

Der Mehrerlös ist der Differenzbetrag, der zwischen den tatsächlichen Einnahmen, die aufgrund des Kartellverstoßes erzielt wurden, und denjenigen Einnahmen besteht, die das durch die Kartellverletzung bevorzugte Unternehmen im gleichen Zeitraum ohne den Wettbewerbsverstoß erzielt hätte (vgl. BGH, Beschluss vom 24.4.1991 - KRB 5/90, WuW/E BGH 2718, 2719 - Bußgeldbemessung; Beschluss vom 25.4.2005 - KRB 22/04 - steuerfreier Mehrerlös; Beschluss vom 28.6.2005, KRB 2/04, WuW/E DE-R 1567, 1569 - Berliner Transportbeton; BGH, Beschluss vom 19.6.2007 - KRB 12/07, Rn. 10 - Papiergroßhandel).

1. Methodenwahl:

Die Schätzung des Mehrerlöses hat der Senat anhand eines Vergleichs der relevanten Daten der Nebenbetroffenen mit den kartellfreien Preisen der freien Flüssiggasanbieter aus demselben Markt vorgenommen. Der Vergleich mit Preisen von Unternehmen, die in demselben sachlichen, zeitlichen und räumlichen Markt tätig waren, ist hier die vorzugswürdige Methode, weil er der Realität am nächsten kommt. Seine Ergebnisse sind wirtschaftlich vernünftig und möglich (vgl. BGH aaO Rn. 12, 13 - Papiergroßhandel). Die Anwendung der Vergleichspreisbetrachtung war möglich, weil die Preise der freien Anbieter nicht durch das Kartell betroffen und beeinflusst waren. Eines Rückgriffs auf die übrigen nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs anerkannten, hier indes tat- und sachferneren Methoden der sachlichen, räumlichen und zeitlichen Vergleichsmarktanalyse oder gar der gesamtwirtschaftlichen Analyse bedurfte es daher schon im Ansatz nicht. Die Mitglieder des Senats konnten nach fast dreijähriger Hauptverhandlung die konkrete Eignung einer zeitlichen Vergleichsmarktanalyse zur Widerlegung der Entstehung eines Mehrerlöses in eigener Sachkunde beurteilen (§ 244 Abs. 4 Satz 1 StPO). Jedes Mitglied des Senats ist zudem seit mehr als zehn Jahren mit Kartellsachen befasst.

Die räumliche Vergleichsmarktbetrachtung schied auch deshalb aus, weil es Anhaltpunkte dafür gibt, dass die in Betracht kommenden räumlichen Vergleichsmärkte im In- und Ausland nicht kartellfrei waren. Zudem waren die Nebenbetroffenen und/oder ihre Konzernholdinggesellschaften über eine Vielzahl von Tochterunternehmen in zahlreichen Ländern im benachbarten Ausland tätig bzw. waren es im Kartellzeitraum (z.B. die NB 6, die P1, die NB 3), teilweise auch in Form von gemeinschaftlichen Transportkooperationen. So schieden insbesondere die unmittelbaren Nachbarländer Italien, Österreich, Frankreich, Großbritannien, die Niederlande, Tschechien (NB 3, P1) und Polen (T... GmbH & Co. KG a.A.) aber auch die osteuropäischen Länder wie Bulgarien, Rumänien (NB 6) pp. aus. In den Niederlanden (gegen W5 N.V.), Frankreich (gegen S2) und Italien wurden Kartellverfahren auf dem Flüssiggassektor durchgeführt, wie sich den Jahresberichten der S2 entnehmen ließ. Zudem war der deutsche Flüssiggasmarkt von rechtlichen Besonderheiten wie insbesondere dem Fremdbefüllungsverbot gekennzeichnet.

Entgegen der Auffassung der Verteidigung schied die Heranziehung von Preisen aus demselben zeitlichen, sachlichen und räumlich relevanten Markt nicht aus Rechtsgründen aus. Zwar hat sich der Bundesgerichtshof bisher nur mit der Heranziehung von Vergleichspreisen von anderen sachlichen, zeitlichen oder räumlichen Vergleichsmärkten befasst (vgl. BGH, Beschluss vom 25.4.2005 - KRB 22/04, WuW/E DE-R 1487 ff. - steuerfreier Mehrerlös; BGH WuW/E DE-R 1567 ff. - Berliner Transportbeton I; so auch BGH aaO Rn. 13 - Papiergroßhandel) und dies gebilligt. Daraus folgt aber nicht, dass die Heranziehung von Vergleichspreisen aus demselben Markt stets unzulässig wäre. Das formale Argument der Verteidigung übergeht, dass die Vergleichsmarktbetrachtung - anders als die gesamtwirtschaftliche Analyse - so wenig auf theoretischabstrakte Überlegungen zur Übertragbarkeit von Vergleichspreisen bzw. Marktstrukturen angewiesen ist wie ein Vergleich mit Preisen von Anbietern aus demselben Markt, soweit die Vergleichspreise, wie hier diejenigen der freien Anbieter, durch das Kartell nicht verzerrend beeinflusst worden sind und von daher zu einem Vergleich taugen. Bei der Ermittlung des fiktiven Marktpreises ist die Vergleichsmarktbetrachtung die überlegene Schätzungsmethode, weil sie der Realität am nächsten kommt. Erst recht gilt dies aber für die Preise von Kartellaußenseitern, die auf denselben räumlichen, sachlichen und zeitlichen Märkten tätig sind. Denn gerade von solchen Anbietern, die am Markt als Preisunterbieter - auch wenn sie nicht die Kapazitäten haben, alle Aufträge auszuführen (vgl. BGH, Beschluss vom 25.4.2005 - KRB 22/04, WuW/E DE-R 1487, Rn. 18 - steuerfreier Mehrerlös) - auftreten, geht ein Preisdruck aus, an dem sich auch die übrigen Anbieter, um keine Marktanteile zu verlieren, orientieren müssen.

Zwar kann auch nach Ansicht der Verteidigung der sachlichräumliche Vergleichsmarkt derselbe sein, wenn er vorher oder nachher kartellfrei funktioniert hat (zeitliche Vergleichsmarktanalyse). Wie ausgeführt, unterlagen hier jedoch bereits seit den 1980er Jahren die Transportkooperationen dem wechselseitigen Versprechen, sich um Bestandskunden keinen Wettbewerb zu machen. Für den Zeitraum nach der Durchsuchung (ab 3.5.2005) bis heute bestehen ferner schon nach den Einlassungen der verurteilten Betroffenen und (verurteilten) Nebenbetroffenen sowie nach den Aussagen zahlreicher hierzu vernommener Zeugen wie insbesondere den Zeugen UWKB sowie HHDR erhebliche Zweifel daran, dass der Markt inzwischen kartellfrei oder ohne abgestimmte Verhaltensweisen funktioniert hat. Die Zeugen haben im Wesentlichen bestätigt, dass zwischen den nebenbetroffenen (verurteilten) Anbietern echter Wettbewerb um Bestandskunden nicht existierte.

Nachdem die Hauptverhandlung zu einem eindeutigen Ergebnis hinsichtlich der Entstehung der individuellen Mehrerlöse und deren Höhe geführt hat, hat der Senat keinen Anlass, einen vom Gericht zu bestellenden Sachverständigen mit der Erstellung von Zeitreihenanalysen zu beauftragen oder insbesondere die von den Privatgutachtern im Auftrag der (verurteilten) Versorgungsunternehmen erstellten Regressionsanalysen, empirischen Untersuchungen oder ökonomischen Gutachten von Amts wegen in die Hauptverhandlung einzuführen. Den Regressionsgutachten liegen zwar Rohdaten der (verurteilten) Nebenbetroffenen für den Zeitraum 1997 bis 2009 zugrunde. Die darin enthaltenen Daten ab Mai 2005 eignen sich aber schon deshalb nicht für einen zeitlichen Preisvergleich, weil mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit nicht ausgeschlossen werden kann, dass das Kundenschutzkartell über den Zeitpunkt April/Mai 2005 hinauswirkte, möglicherweise sogar in Verhaltensabstimmungen neu aufgenommen wurde. Eine Distanzierung von der Absprache nach Aufdeckung des Kartells durch das Bundeskartellamt ist durch die (verurteilten) Nebenbetroffenen nie erfolgt, insbesondere auch nicht durch die Änderung der NB 7-Organisationsrichtlinie. Möglicher Bestandskundenwettbewerb wurde nicht angestoßen - dies nicht einmal mit einfachsten Mitteln, z.B. der Werbung. Den Einlassungen der verurteilten und ehemals Betroffenen zufolge wurde das rundum passive Wettbewerbsverhalten um Bestandskunden bis zum Beginn der Hauptverhandlung am 7.6.2010 fortgeführt und mit Furcht vor vermeintlich ruinösem Preiswettbewerb gerechtfertigt.

2. Preisdaten der freien Anbieter und der T1 als Rechtsvorgängerin der NB 2:

Für die Berechnung bzw. Schätzung des Mehrerlöses lagen - wie bereits festgestellt - die folgenden Anknüpfungstatsachen (Ausgangsdatenlage) vor:

a) Differenzierung der Daten:

Die einzelnen Datensätze der freien Anbieter bezogen sich nach den Angaben der oben genannten Unternehmenszeugen fast ausnahmslos auf jeweils eine Lieferung an einzelne Kunden zu einem bestimmten Zeitpunkt; sie lagen durchgängig nach zweistelligen Postleitzahlen-Regionen (PLZ-Region) vor und enthielten eine Differenzierung nach Tankmodell. Sechs der freien Anbieter belieferten ausschließlich Eigentumstanks (B7, F4, G2, H3, I2 und O2). Die übrigen Anbieter belieferten auch Miettanks. Bei fünf freien Anbietern lagen keine nach Kundengruppen differenzierten Datensätze vor. Die Datensätze der G2 betrafen ausschließlich die Kundengruppen Haushalt und Gewerbe. Die Datensätze von H3, H 2, O2 und Z1 differenzierten nach den drei Kundengruppen Landwirtschaft, Gewerbe sowie Haushalt. Bei den übrigen fünf Anbietern erfolgte die Differenzierung nach Zeugeneinvernahme.

Demgegenüber lagen die Preisdaten der T1 nach den Angaben des Zeugen DA auf Monatsbasis aggregiert vor.

b) Zeitliche Abdeckung:

Für den in Rede stehenden Tatzeitraum vom 1.7.1997 bis 1.5.2005 (94 Monate) lagen für zwei der freien Anbieter, die Unternehmen H 2 und Z1 Flüssiggas, Einzeltransaktionsdaten vor. Die zum Preisvergleich herangezogene Datenbasis der freien Anbieter wurde gegen Ende des Tatzeitraums zunehmend breiter. Gründe hierfür sind, dass die Daten einer zunehmenden Anzahl von freien Anbietern vorlagen und die Anzahl der Lieferungen und das Absatzvolumen stiegen. Insgesamt sind gut 137.363 Lieferungen über knapp 318 Mio. Liter Flüssiggas in den Datenpool eingegangen.

Die Transaktionsdaten der freien Anbieter wiesen nach dem Ergebnis der Hauptverhandlung die nachfolgende zeitliche Struktur auf:

Tabelle: Übersicht über die von den Daten umfassten Zeiträume

Freier Anbieter

Zeitraum (Monate)

Anzahl Monate (von 94)

B7

1/2001 bis 4/2005

52

F4

1/2000 bis 4/2005

64

E...

3/2001 bis 4/2005

50

G2

6/2002 bis 4/2005

35

H3

4/1999 bis 4/2005

73

H 2

7/1997 bis 4/2005

94

I2

1/2003 bis 4/2005

28

K...-Gruppe

9/2000 bis 4/2005

56

O2

12/1999 bis 9/2002 u.6/2004 bis 4/2005

45

Z1

7/1997 bis 4/2005

94

Die Preisdaten der T1 lagen für den Zeitraum Juli 1997 bis November 2001 vor.

c) regionale Abdeckung:

Mit Ausnahme des Anbieters I2 waren nach den Angaben der vom Senat vernommenen Zeugen die Absatzgebiete aller freien Anbieter regional begrenzt. Die (vom Bundeskartellamt bereinigten) Transaktionsdaten lagen nach zweistelligen Postleitzahlregionen differenziert vor. Die verschiedenen freien Anbieter waren überwiegend in räumlich benachbarten PLZ-Regionen - mit Ausnahme von F4, I2, O2, H 2 und E... - tätig. Überschneidungen bestanden auch zwischen den Liefergebieten der G2 und der B7. Die Liefergebiete aller freien Anbieter waren unterschiedlich groß. Das Vergleichsunternehmen F4 belieferte ungefähr das gesamte Gebiet der neuen Bundesländer. Das Liefergebiet der K...-Gruppe erstreckte sich im Wesentlichen auf den Großteil des Bundeslandes Bayern. Überregional tätig war ferner der Anbieter H 2. Er belieferte den gesamten norddeutschen Raum und die neuen Bundesländer (Mitteldeutschland). Die I2 versorgte bundesweit. Die nachstehende Übersicht gibt einen Überblick über die zweistelligen Postleitzahlregionen, in die die freien Anbieter nach ihren in den Preisvergleich eingegangenen Transaktionsdaten im Tatzeitraum (1.7.1997-30.4.2005) Flüssiggas lieferten.

Tabelle: Übersicht über die Liefergebiete der freien Anbieter

Freier Anbieter

Liefergebiet lt. bereinigten Transaktionsdaten(2-stellige PLZ-Regionen)

01-09

10-19

20-29

30-39

40-49

50-59

60-69

70-79

80-89

90-99

B7

32, 33, 35

40-49

50-59

63

F4

1-7, 9

10-19

23

39

99

E...

10-14, 16-19

21-24, 29

G2

35, 36

41-46, 48

50-59

61, 66, 67

74

H3

70-76, 79

80-89

90-98

H 2

1-6

10-19

20-29

30-34, 37-39

48, 49

59

99

I2

1-3, 6, 7, 9

10-14, 16-19

20-29

30-39

40, 42, 44-49,

51, 53-56, 58, 59

61, 63-67

71-74, 78, 79

82, 83,87-89

91, 92, 95-99

K...-Gruppe

80-86, 89

90-96

O2

12, 14, 17-19

21-29

Z1

1, 4-9

95, 98, 99

Bem.: PLZ 05, 43, 62 nicht vergeben

d) Absatzstruktur nach Tankmodellen:

Die Absatzdaten der vier freien Anbieter E..., H 2, K...-Gruppe und Z1 unterschieden nach Tankmodellen.

Die Preisdaten der T1 waren nach zwei Tankmodellen (Eigentumstankkunden und Miettankkunden) sowie nach zwei Kundengruppen (Haushalt- und Gewerbekunden) für den gesamten Zeitraum und nach vierstelligen Postleitzahlregionen gegliedert.

e) Absatzstruktur nach Kundengruppen:

Die Einzeltransaktionsdaten der freien Anbieter G2, H 2, H3, O2 und Z1 unterschieden nach Kundengruppen. Soweit das nicht der Fall war, beruhen die nachfolgenden Feststellungen zur Absatzverteilung nach Kundengruppen auf den glaubhaften Aussagen der Unternehmenszeugen der freien Anbieter. Die daraus resultierenden Werte bezogen sich in der Regel auf den gesamten Absatz und den gesamten relevanten Tat- bzw. Erhebungszeitraum.

Die Haushaltskunden wiesen im Tatzeitraum (1.7.1997-30.4.2005) bei fast allen Anbietern den größten Absatzanteil auf und zwar zwischen knapp 30% (I2), 45% (H 2), 65,8% (Z1), ca. 70% (B7/O2), ca. 74,5% (H3/K...-Gruppe), 89,4% (G2) und 90% (F4 und E...). Den größten Anteil an Gewerbekunden wies der Anbieter Z1 mit gut 30% auf.

3. Darstellung des Vorgehens zur Ermittlung des Preisabstands:

a) Schilderung des Vorgehens in Einzelschritten:

Die Daten der freien Anbieter wurden - nach einer Bereinigung der Datensätze - in einem Datenpool zusammengefasst, so als wären alle den Datensätzen zu Grunde liegenden erhobenen Einzeltransaktionen der freien Anbieter von einem einzigen bundesweit tätigen und nicht am Kartell beteiligten virtuellen Unternehmen tatsächlich durchgeführt worden. Hierdurch entstand ein einziges virtuelles Vergleichsunternehmen (virtuelles Vergleichsunternehmen der 1. Stufe). Die Daten für dieses virtuelle Vergleichsunternehmen (1. Stufe) lagen differenziert nach zahlreichen Strukturmerkmalen vor (z.B. Monat, Region, Tankmodell, Kundengruppen).

Dieses virtuelle Vergleichsunternehmen wurde unter Berücksichtigung der Vertriebsregionen und (soweit Differenzierungen nach Modellen vorhanden waren, also bei NB 1 und T...) der Tankmodelle der Nebenbetroffenen individuell für die jeweilige (verurteilte) Nebenbetroffene angeglichen (virtuelles Vergleichsunternehmen der 2. Stufe). Für jedes Versorgungsunternehmen wurden zum Vergleich jeweils die bundesweiten monatlichen hypothetischen (mengengewichteten) Vergleichspreise eines eigenen virtuellen Vergleichsunternehmens berechnet, das hinsichtlich der nachfolgenden Strukturmerkmale dem jeweiligen Versorgungsunternehmen so weit wie möglich entsprach:

- War ein Versorgungsunternehmen nur in bestimmten Regionen tätig, so wurde der Vergleichspreis des virtuellen Vergleichsunternehmens auch nur aus den Daten gebildet, die in seinem Datenpool für diese entsprechenden Regionen vorhanden waren.

- War ein Versorgungsunternehmen bundesweit, aber mit erkennbaren Absatzschwerpunkten tätig, so wurde diese regionale Absatzstruktur auch bei der Bestimmung des Vergleichspreises des virtuellen Vergleichsunternehmens zugrunde gelegt.

- Hatte ein Versorgungsunternehmen Miet- und Eigentumstankkunden, so wurden den entsprechenden Preisen auch jeweils nur die Preise von Transaktionen des virtuellen Vergleichsunternehmens mit Miet- und Eigentumstankkunden gegenübergestellt.

- Um die normalen Preisschwankungen im Zeitablauf möglichst genau abzubilden, wurde, da auf der Seite der Versorgungsunternehmen der Monat die kleinste Zeiteinheit war, der Preisvergleich auf der Basis von Monatswerten durchgeführt.

- Die Berechnung des Vergleichspreises wurde unter Einbeziehung aller Kundengruppen der freien Anbieter vorgenommen (sogenanntes Modell 2). Die Transaktionen mit Landwirtschaftskunden gingen mit demjenigen Anteil in die Ermittlung der bundesweiten Vergleichspreise ein, den sie tatsächlich am Absatz der freien Anbieter hatten.

Um zu verhindern, dass regionale Preisunterschiede bei der Vergleichsbetrachtung als kartellbedingt ausgewiesen wurden, wurden die Preisvergleiche auf regional differenzierter Basis vorgenommen. Die Daten der freien Anbieter mussten bei der T1 nicht auf bundesweite Werte aggregiert werden, da die Preisdaten der T...-Gruppe differenziert (vierstellige Postleitzahlen-Regionen) vorlagen.

Da nach dem Ergebnis der Hauptverhandlung die Preise für Miettankkunden regelmäßig ein höheres Niveau aufwiesen als die Preise für Lieferungen in Eigentumstanks, und dies seinen Grund in dem erweiterten Preissetzungsspielraum hatte, der durch die längere Vertragsbindung und die bei einem Anbieterwechsel anfallenden Wechselkosten bedingt war, wurden die Preisberechnungen nach Anpassung der Datensätze der freien Anbieter getrennt für Miet- und Eigentumstankkunden durchgeführt.

Um die bestehenden regionalen Preisdifferenzen zu berücksichtigen und um die Daten regional zu verdichten, wurde die Verdichtung der Daten auf zweistellige Postleitzahlregionen gewählt (sogenannte Variante 1= zweistellige Postleitzahlen). Nach dem Ergebnis der Hauptverhandlung gab es ein Preisgefälle vor allem von Süd nach Nord und von Ost nach West (auch genannt "Nord-Süd und West-Ost-Gefälle"). Auch kalkulierten die (nebenbetroffenen) Unternehmen, wie etwa die T1, nach Großregionen. Die Regionalisierung bis auf zweistellige Postleitzahlen erschien daher auch in Anbetracht geringerer statistischer Validität ausreichend. Damit ging zwar die Zahl der sogenannten "Matches" (Treffer) zurück, da die Vergleichsdaten der freien Anbieter einer größeren Zahl von PLZ-Monatskombinationen zugeordnet werden mussten. Die geringere Validität der Daten war aus Sicht des Senats aber (zugunsten der Versorgungsunternehmen) hinnehmbar, da eine Regionalisierung bis auf einstellige Postleitzahlen bei allen Versorgungsunternehmen - auch bei der T1, wie eine vom Senat durchgeführte Vergleichsrechnung ergab - zu höheren Preisabständen führte.

b) Daten der K...-Gruppe:

Die Daten der K...-Gruppe wurden einbezogen. Gegen die Einbeziehung der K...-Daten sprechen nicht die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs vom 19.6.2007 (KRB 12/07, WuW/E-DE-R 2225, Rn. 14, 19 - Papiergroßhandel) und vom 28.6.2005 (KRB 2/04, NJW 2006, 163, 164 - Berliner Transportbeton). Beide Entscheidungen enthalten kein absolutes rechtliches Erfordernis ("positives Postulat") der Kartellfreiheit von Vergleichsmärkten, -unternehmen und -daten. So hat der Bundesgerichtshof es nach dem gesetzlichen Leitbild des § 19 Abs. 4 Nr. 2 GWB und 3 GWB auch für zulässig erachtet, dass im Rahmen des Vergleichsmarktansatzes die (höheren) Preise eines Monopolunternehmens - mit Sicherheitsabschlägen - zur Entgeltkontrolle herangezogen wurden (vgl. BGH, Beschluss vom 15.5.2012 - KVR 66/08, Rn. 14, WuW/E DE-R 3632-3638 - Wasserpreise Calw; Beschluss vom 2.12.2010 - KVR 51/11, Rn. 26, WuW/E-DE-R 2841 - Wasserpreise Wetzlar; Beschluss vom 28.6.2010, KVR 17/04, BGHZ 163, 282, 291 f. - Stadtwerke Mainz). Gleichfalls können daher im Einzelfall Preise von Wettbewerbern herangezogen werden, die dem in Rede stehenden Kartell nicht angehörten, sich aber in sonstiger Weise nicht völlig wettbewerbskonform verhielten. Auch hier kann dann ein Ausgleich mittels Sicherheitsabschlägen erfolgen.

Danach waren im Entscheidungsfall die Daten der K...-Gruppe geeignet, in die Berechnung des hypothetischen Vergleichspreises einzufließen. Die in den Daten enthaltenen Preise wurden frei und kartellrechtskonform gebildet. Die drei zur K...-Gruppe gehörenden Unternehmen standen jeweils im unmittelbaren Wettbewerb zu den in ihren Absatzgebieten tätigen (verurteilten) Versorgungsunternehmen. Ihre Preise orientierten sich nicht an den durch das Kartell beeinflussten Preisen der Versorgungsunternehmen. Insoweit war dem Erfordernis Genüge getan, dass die Unterbietungspreise "Ausdruck eines marktkonformen Wechselspiels von Angebot und Nachfrage" sind (vgl. BGH aaO Rn. 16 - Papiergroßhandel). Keines der Vergleichsunternehmen der K...-Gruppe war nach dem Ergebnis der Hauptverhandlung in die Kundenschutzabsprache der Versorgungsunternehmen einbezogen. Die Berücksichtigung der K...-Daten führte - wie noch darzulegen sein wird - im Ergebnis dazu, dass sich die für die (verurteilten) Versorgungsunternehmen berechneten Preisüberhöhungsbeträge weiter vergrößerten. Sie boten im Vergleich zu den Versorgungsunternehmen und den anderen freien Anbietern besonders preisgünstig an. Ihre Einbeziehung führte daher zu einer weiteren Senkung des Durchschnittspreises der freien Anbieter. Von ihren niedrigen Preisen ging tatsächlich auch ein Wettbewerbsdruck aus. Vor diesem Hintergrund konnte dahinstehen, ob zwischen den bei der Belieferung von Tankgaskunden arbeitsteilig zusammenarbeitenden Unternehmen der K...-Gruppe untereinander im Tatzeitraum ein spürbares Gebietskartell nach § 1 GWB bestanden hat und/oder ob dieses nach §§ 2 bis 7 GWB 1999 freistellungsfähig war. Ohnedies ist offensichtlich, dass die durch eine etwaige Gebietsabsprache oder abgestimmte Verhaltensweise möglicherweise gewährten Preissetzungsspielräume von den Leitungspersonen der K...-Gesellschaften nicht zu einer Überhöhung der Flüssiggaspreise genutzt wurden. Sie kalkulierten die Flüssiggaspreise mit einer Marge von nicht mehr als drei bis fünf Cent pro Liter.

c) Auch soweit zwischen den freien Anbietern bei der Belieferung von Flüssiggasendverbrauchern zwischen I2 und H 2 sowie zwischen I2 und B7 Kooperationsabsprachen mit Kundenschutzklauseln, nämlich während der gesamten arbeitsteiligen Zusammenarbeit Bestandskunden der I2 im relevanten Zeitraum nicht abzuwerben, im Tatzeitraum existierten, waren die Daten der I2, H 2 und B7 ebenfalls nicht ungeeignet, zum Preisvergleich herangezogen zu werden. Für derartige Klauseln in vertikalen Austauschverträgen besteht nach der Immanenztheorie des Bundesgerichtshofs regelmäßig ein anzuerkennendes Interesse im Sinne des § 1 GWB 1990 bzw. seit dem Inkrafttreten der 7. GWB-Novelle eine durch den Vertragszweck gebotene Notwendigkeit im Sinne des § 1 GWB 2007 (vgl. BGH, Urteil vom 10.12.2008 - KZR 54/08, WuW/E DE-R 2554-2558 - Subunternehmerverträge II: zu § 1 GWB 2005; BGH, Urteil vom 12.5.1998, KZR 18/97 - WuW/E DE-R 131,133 - Subunternehmervertrag I: zu § 1 GWB 1990). Entscheidend ist, ob der Kundenschutz sachlich erforderlich und zeitlich, räumlich sowie gegenständlich darauf beschränkt ist, den mit dem Austauschvertrag - hier dem Flüssiggasliefervertrag - verfolgten Zweck zu erreichen. Letzteres ist zu bejahen.

Eine anderweitige Kartellbefangenheit der Daten der freien Anbieter lag nicht vor. Die B7 und die H 2 waren zwar als Vorlieferanten und Subunternehmer der I2 in deren Namen und für deren Rechnung bei der Belieferung von Flüssiggasendverbrauchern mit Tankgas aufgetreten. Nach dem schriftlichen Rahmenabkommen zwischen der H 2 und der I2 vom Juni 1993 existierte indes keine Kundenschutzklausel als Nebenabrede. Eine ergänzende mündliche Abrede fehlte ebenfalls. Dies hat nach dem Ergebnis der Hauptverhandlung auch der Zeuge RG überzeugend bestätigt. Lediglich zwischen der B7 und der I2 bestand - nach den übereinstimmenden Angaben der Zeugin GT (I2) und des Zeugen GE (B7) - eine das abgeschlossene Rahmenabkommen oder den jeweiligen Liefervertrag ergänzende und mit ihm unmittelbar verbundene (mündliche) Vereinbarung mit dem Inhalt, dass Bestandskunden der I2 im relevanten Zeitraum während der gesamten arbeitsteiligen Zusammenarbeit nicht abgeworben werden dürfen. Die Vereinbarung zwischen I2 und B7 hielt sich indes im Rahmen des kartellrechtlich Erlaubten. Der zwischen den freien I2 und B7 vereinbarte Kundenschutz war gegenständlich, räumlich und zeitlich für die Erreichung der Hauptzwecke des Vertrags erforderlich bzw. es bestand ein anzuerkennendes Interesse. Er war zeitlich auf die Dauer der Zusammenarbeit zwischen I2 und B7, in gegenständlicher Hinsicht auf die I2 Kunden und räumlich auf die Liefergebiete der I2 beschränkt. Der Zweck des von den Parteien jeweils geschlossenen Rahmenabkommens oder jeweiligen Liefervertrags bestand in der arbeitsteiligen Belieferung von Kunden mit Flüssiggas, indem die I2 die Kunden akquirierte, das Flüssiggas von B7 erwarb und die Durchführung der Belieferung der B7 überließ. Ausdrücklich oder stillschweigend getroffene wettbewerbsbeschränkende Nebenabreden (sogenannte "Kundenschutzklauseln") - wie sie hier zwischen der I2 und ihren Vorlieferanten in Ergänzung der Liefervereinbarungen getroffen wurden und mit diesen Liefervereinbarungen unmittelbar verbunden waren - sind in einem derartigen Subunternehmervertrag als für den Hauptzweck des Vertrages notwendig bzw. anerkennenswert einzuordnen.

4. Preisabstandsberechnung:

Nach dem vom Senat verfolgten Grundansatz sollte die kartellbedingte Preisüberhöhung anhand eines individualisierten Vergleichs der tatsächlich geforderten und gezahlten Preise der Versorgungsunternehmen mit den tatsächlich geforderten und gezahlten Preisen der freien Anbieter im selben sachlichen und räumlichen zeitlichen Markt bestimmt werden. Hierzu hat der Senat auf das sogenannte Modell 2, Variante 1 (mit Daten der K...-Gruppe) zurückgegriffen.

Auf der Seite der freien Anbieter wurden insgesamt 137.363 Einzeltransaktionen (Anknüpfungstatsachen) vom Senat zur Berechnung des hypothetischen Vergleichspreises und des Preisabstandes herangezogen. Als Einzeltransaktionen lagen sie auf der denkbar höchsten Differenzierungsstufe vor. Diese Einzeltransaktionen aller freien Anbieter wurden in einen einheitlichen Datenpool überführt, so als wären sie von einem einzigen bundesweit tätigen, nicht am Kartell beteiligten Unternehmen getätigt worden (dem virtuellen Vergleichsunternehmen). Stellte man nun pauschal die monatlichen Durchschnittspreise aus der Summe dieser Transaktionen ohne jede weitere Differenzierung den Durchschnittspreisen der einzelnen Versorgungsunternehmen gegenüber, so ergäben sich die folgenden Preisabstände:

Abbildung: Monatliche Durchschnittspreise der Versorgungsunternehmen und sämtlicher einbezogenen freier Anbieter; 7/1997 bis 4/2005 (P1 ab 1/1998); in ct./l

- Abbildung zwecks Schwärzung entfernt -

Die obige Abbildung weist für die NB 4 speziell im Monat 12/1999 einen auffällig niedrigen Wert von 21,42 ct/l auf (verglichen mit 30,03 ct/l bzw. 33,58 ct/l in den Monaten davor bzw. danach). Aus den übermittelten Rohdaten ergibt sich dafür keine Erklärung. Dieser Ausreißer wurde mangels Informationen nicht bereinigt und wirkt sich in den späteren Preisvergleichsrechnungen zugunsten des Versorgungsunternehmens aus.

Eine solche pauschale Berechnung würde jedoch den Umstand vernachlässigen, dass sich nach dem Ergebnis der Hauptverhandlung, aber auch anhand der erhobenen Daten gewisse Strukturmerkmale feststellen lassen, die Einfluss auf die Preisabstände haben können (vgl. BGH, Beschluss vom 25.4.2005 - KRB 22/04, WuW/E-DE-R 1487, 1488 f. - steuerfreie Mehrerlösabschöpfung). Diese Strukturmerkmale beruhten aber nicht oder nicht direkt auf der vorgefundenen Kundenschutzabsprache. Eine Durchschnittsberechnung führte somit automatisch zu einer Nivellierung der angesprochenen strukturellen Bedingungen, die auf einzelnen Märkten bestanden haben mögen.

Eine grundsätzliche Preisrelevanz kam nach dem Ergebnis der Hauptverhandlung insofern für folgende Strukturmerkmale in Betracht:

Preisschwankungen im Zeitablauf,

regionale Preisunterschiede,

Preisunterschiede nach Tankmodellen,

Wechselkosten.

Indem der Vergleich diese Einflüsse neutralisierte, wurde er tendenziell aussagekräftiger als eine rein pauschale Berechnung der Durchschnittswerte. Im Ergebnis führte die Neutralisierung der Strukturunterschiede durch die verschiedenen Stationen des Rechenweges dazu, dass jedem (verurteilten) Versorgungsunternehmen ein individuelles virtuelles Vergleichsunternehmen gegenübergestellt wurde, das die konkreten Strukturmerkmale des jeweiligen Versorgungsunternehmens aufwies, das aber hinsichtlich der Preishöhe einem nicht am Kartell beteiligten freien Anbieter entsprach.

Da die vom Bundeskartellamt im Zuge der vom Senat angeordneten Nachermittlung erhobenen Transaktionsdaten der freien Anbieter auch bezüglich der Strukturmerkmale in sehr differenzierter Form vorlagen, ließen sich die Einzeltransaktionen in zeitlicher und räumlicher Hinsicht sowie bezüglich des Tankmodells getrennt erkennen, zusammenfassen und auswerten.

Die für die (verurteilten) Versorgungsunternehmen vorliegenden Preisdaten lagen dagegen nur in sehr viel gröberer Form vor: In zeitlicher Hinsicht waren sie durchgängig auf Monatswerte aggregiert, was für einen Vergleich allerdings ausreichend war. Im Übrigen aber unterschieden sie sich untereinander in ihrer Struktur: Strukturähnlich bezüglich des Grades und der Art der Detaillierung waren nur die Daten innerhalb der drei Untergruppen der (verurteilten) Versorgungsunternehmen, nämlich P1/NB 6, NB 1/NB 4 und der T...-Gruppe.

Sähe man ungeachtet dieser Unterschiede in der Datenstruktur für alle Versorgungsunternehmen dieselbe Reihenfolge der Rechenschritte vor, so gingen dadurch die unterschiedlichen Differenzierungen in den Daten der (verurteilten) Versorgungsunternehmen teilweise verloren. Zum möglichst weitgehenden Erhalt der unterschiedlichen Differenzierung in den Daten wurde daher jeweils ein spezifischer Rechenweg bei der Bestimmung der Vergleichspreise gewählt. Zudem waren punktuell auch individuelle Aggregationsvorgänge bei einzelnen (verurteilten) Versorgungsunternehmen erforderlich.

Nicht festzustellen und daher auch nicht zu berücksichtigen waren Preisunterschiede infolge unterschiedlicher Kundenpräferenzen und Preisunterschiede nach Kundengruppen (insbesondere Landwirtschaftskunden).

a) Zeitliche Preisunterschiede:

Die Preisvergleiche erfolgten immer für identische Zeiträume, um dem Umstand, dass das Preisniveau für die Belieferung von Endkunden mit Flüssiggas zu Heizzwecken sich im Zeitverlauf veränderte, Rechnung zu tragen. Der Durchschnittspreis eines einzelnen Monats war z.B. mit dem Durchschnittspreis eines Jahres nur schlecht zu vergleichen, da unterjährige Schwankungen auf der einen Seite des Vergleichs (Monatspreis) nicht berücksichtigt würden. Um die festzustellenden natürlichen Preisschwankungen im Zeitablauf möglichst genau zu berücksichtigen, war die kleinste Zeiteinheit zu wählen, für die auf beiden Seiten - Versorgungsunternehmen wie freie Anbieter - Daten vorlagen. Im Falle der Versorgungsunternehmen war die kleinste Zeiteinheit, für die Daten verfügbar waren, der Monat, da ihre Daten auf Monatsbasis aggregiert waren. Demgegenüber lagen die Daten für die freien Anbieter als Einzeltransaktionen sogar taggenau vor. Dies führte indes zu keiner weiteren Differenzierungsmöglichkeit. Denn der Vergleich von Tageswerten der freien Anbieter mit Monatswerten der Versorgungsunternehmen wäre weniger aussagekräftig als der Vergleich von Monatswerten auf beiden Seiten.

Die Vergleichsrechnungen folgten daher dem Grundsatz,

dass jeweils der geringere Differenzierungsgrad der Daten der Versorgungsunternehmen den Ausschlag für den Vergleich gab und daher die stärker differenzierten Daten der freien Anbieter für den Vergleich auf das gröbere Niveau zu aggregieren waren.

b) Regionale Preisunterschiede:

Die Differenzberechnungen wurden auf regional differenzierter Basis (zweistelligen Postleitzahlregionen) bei den (verurteilten) Nebenbetroffenen vorgenommen. Dadurch wurde verhindert, dass regionale Preisunterschiede fälschlicherweise als kartellbedingt identifiziert wurden. Der Umstand, dass das Preisniveau für die Belieferung von Endkunden mit Flüssiggas regionale Unterschiede aufwies, folgte zwanglos insbesondere aus der Nähe zu den Gasbezugsquellen oder aus verschiedenen Nachfrageschwerpunkten (z.B. Ballungsgebiete).

Auf der Seite der freien Anbieter lagen differenzierte Preise in Form von Einzeltransaktionen vor, die im Rahmen der Berechnung regional jeweils für die Bereiche zweistelliger Postleitzahlen zusammengefasst wurden. Diese Aggregation auf zweistellige Postleitzahlregionen ermöglichte hinreichend regional differenzierte Preisvergleiche.

Beim Preisvergleich für die Nebenbetroffene NB 2 als Gesamtrechtsnachfolgerin der T1 GmbH & Co. KG und für die inzwischen verurteilte NB 3 wurden keine bundesweiten (monatlichen) Durchschnittspreise gebildet, sondern die Differenzbildung erfolgte auf zweistelliger (monatlicher) Postleitzahlebene.

Durch dieses Vorgehen wurden Ungenauigkeiten bzw. Unschärfen des Vergleichsansatzes vermieden, die zum Beispiel daraus resultieren konnten, dass die freien Anbieter unter Umständen einen größeren Anteil ihres Absatzes in tendenziell preislich günstigen Regionen erzielten.

c) Preisunterschiede nach Tankmodellen und Wechselkostenproblematik:

Bei den Berechnungen wurde berücksichtigt, dass das Tankmodell einen Einfluss auf das jeweilige durchschnittliche Preisniveau haben konnte.

Nach dem Ergebnis der Hauptverhandlung - mit vereinzelten Ausnahmen bei der inzwischen verurteilten NB 1 - war davon auszugehen, dass die Preise für Miettankkunden regelmäßig ein höheres Niveau aufwiesen als die Preise für Lieferung in Eigentumstanks. Wesentlicher Grund für das höhere Preisniveau bei Miettankkunden war ein Preissetzungsspielraum der Flüssiggasunternehmen, der u.a. auf die langfristige Vertragsbindung und die mit einem Anbieterwechsel verbundenen Wechselkosten zurückzuführen war.

Auf der Seite der freien Anbieter konnten aufgrund der entsprechenden Differenziertheit der vorliegenden Daten getrennte Durchschnittspreisberechnungen für Miet- und Eigentumstankkunden durchgeführt werden.

Dies war auch für die T1 ebenso wie für die verurteilte NB 3 durchgängig möglich, da deren Geschäftsdaten ebenfalls nach Tankmodellen differenziert vorlagen. Hier bedurfte es daher auf keiner Seite einer Aggregation, um die Vergleichbarkeit der Daten herzustellen.

5. Individuelle Berechnung des Preisabstandes:

a) regionale Verdichtung:

Bei der Erfassung regionaler Preisunterschiede hat der Senat sich bei den (verurteilten) Versorgungsunternehmen für eine feinere regionale Differenzierung als die der Variante 2 (einstellige Postleitzahlregionen) entschieden: Bei Variante 1 wurden die Daten auf die Ebene zweistelliger Postleitzahlregionen verdichtet, ehe aus ihnen der bundesweite (monatliche) Durchschnittspreis berechnet wurde. Dies bedeutete, dass die Einzeltransaktionen der freien Anbieter zunächst jeweils für jedes der 96 zweistelligen Postleitzahlregionen in Deutschland zusammengefasst wurden. Im nächsten Schritt wurden die kumulierten Werte für alle Gebiete dann jeweils gewichtet mit dem Absatzanteil, der für das Versorgungsunternehmen auf Lieferungen in diese zweistelligen Postleitzahlregion nach den Auslieferungsstatistiken der NB 7 entfiel. Mit dieser Variante 1 der Berechnung des Vergleichspreises im ersten Schritt auf Basis zweistelliger Postleitzahlregionen wurde die vollständige Nutzung der vorhandenen regionalen Differenzierung auf der Seite der Vergleichsunternehmen gewährleistet. Dies entsprach der feingliedrigsten Möglichkeit der Berücksichtigung von regionalen Differenzierungen der Daten der Versorgungsunternehmen nach den Auslieferungsstatistiken der NB 7 (sowie den für die Gesellschaften der T...-Gruppe vorliegenden Preisdaten). Durch die Wahl zweistelliger Postleitzahlregionen an Stelle von vierstelligen Postleitzahlregionen wurden - wie bereits zuvor ausgeführt - Unschärfen beim Preisvergleich vermieden, die daraus resultieren, dass die freien Anbieter unter Umständen einen größeren Anteil ihres Absatzes in tendenziell günstigen Regionen erzielten.

Der Vorteil dieser Variante bestand darin, dass durch die starke Regionalisierung auf Basis von zweistelligen Postleitzahlregionen der Einfluss regionaler Preisunterschiede besonders gut ausgeschlossen werden konnte. Denn da keine abschließenden Erkenntnisse darüber vorlagen, wo genau die Grenzen zwischen verschiedenen Preiszonen verliefen, wurde diesem Umstand mit einer besonders starken Regionalisierung Rechnung getragen.

Das hatte indessen zur Folge, dass für die Variante 1 Treffer bzw. sogenannte "Matches" weniger häufig zu erzielen waren. Denn die vorhandenen Daten der freien Anbieter wurden auf insgesamt 9.024 Töpfe (94 Monate x 99 zweistellige PLZ-Gebiete) je Tankmodell verteilt. Töpfe in diesem Sinne waren die bis zu 9.024 möglichen Monatspostleitzahlenkombinationen (effektiv 95 zweistellige Postleitzahlen-Gebiete multipliziert mit 94 Monaten des Tatzeitraums= 8.930 x 2 Tankmodelle = 17.860). Für jeden dieser Töpfe wurden jeweils alle Transaktionen aller freien Anbieter aufsummiert, welche der jeweiligen Postleitzahlenkombinationen entsprachen, d.h. die im Bereich dieser zweistelligen Postleitzahl in dem betreffenden Monat getätigt wurden.

Ein weiterer Nachteil der Variante 1 besteht darin, dass in Einzelfällen Transaktionen mit außergewöhnlich hohen oder niedrigen Preisen theoretisch ein stärkeres Gewicht erhalten könnten, als dies bei einer höheren Verdichtung der Berechnung nach der Variante 2 der Fall gewesen sein könnte. Aufgrund der sehr hohen Zahl der Daten ist eine systematische Verzerrung jedoch ausgeschlossen, weshalb der Senat sie zu Grunde gelegt hat.

b) Ergebnisse der individuellen Berechnung:

Der Senat hat die Berechnung des Vergleichspreises der Versorgungsunternehmen über alle Kundengruppen der freien Anbieter hinweg vorgenommen. Dies entsprach dem vom Bundeskartellamt so bezeichneten Modell 2, Variante 1 mit K...-Gruppe. Das heißt, dass auf der Seite der freien Anbieter in den Vergleich auch Transaktionen mit sonstigen Kunden einbezogen wurden. Die Transaktionen mit Landwirtschaftskunden gingen mit demjenigen Anteil (Gewicht) in die Berechnung des bundesweiten Vergleichspreises ein, den sie tatsächlich am Absatz der freien Anbieter hatten und nicht mit dem Anteil, den sie am Absatz der jeweiligen Versorgungsunternehmen hatten. Das Modell 2 beruhte auf der Erwägung, dass die Heranziehung von nicht kartellierten Außenseiterpreisen im ansonsten kartellierten Markt zumindest dazu nötigte, als hypothetischen Wettbewerbspreis das Preisverhalten der freien Anbieter insgesamt heranzuziehen, d.h. einschließlich der besonders günstig belieferten Landwirtschaftskunden, und zwar mit dem tatsächlichen Gewicht, das die Lieferungen an diese Kundengruppe bei den freien Anbietern ausgemacht hatten.

Die Berechnungen warfen als Ergebnis für jede (verurteilte) Nebenbetroffene bezogen auf jeden der 94 Monate des Vorwurfszeitraums eine individuelle kartellbedingte Preisüberhöhung in Cent pro Liter aus. Soweit möglich, wurde zusätzlich zwischen Lieferungen in Miettanks einerseits und Eigentumstanks andererseits unterschieden.

Die Berechnung des Preisabstands folgte bei der Nebenbetroffenen NB 2 einer anderen Vorgehensweise als bei den übrigen (verurteilten) Versorgungsunternehmen. In den Regressionsdaten des Parteigutachters waren - wie der Zeuge DA (kaufmännischer Angestellter der NB 3) bekundet hat - Absatz- und Umsatzdaten verschiedener Gesellschaften enthalten, insbesondere der T1, der T2 sowie der NB 3. Da die Daten räumlich bis auf vierstellige PLZ-Regionen und zeitlich differenziert (auf Monatsbasis) vorlagen, konnten sie den einzelnen Gesellschaften der T...-Gruppe zugeordnet werden. Da jede der Gesellschaften (T1 von 7/1997 bis November 2001 alte Bundesländer; T2 von Juli 1997 bis Mai 2003 neue Bundesländer bzw. PLZ-Regionen 01, 02, 03, 04, 07, 08, 09; NB 3 von Dezember 2001 bis April 2005 bundesweit) nur während eines bestimmten Zeitraums in einer bestimmten Region Flüssiggas vertrieb, mussten die dieser Region und diesen Zeitraum betreffenden Rohdaten dieser Gesellschaft zugeordnet werden, da die Daten nicht für eine bestimmte Gesellschaft in dem vom Privatgutachter übermittelten Datensatz ausgewiesen waren. Der Rechtsvorgängerin der NB 2, der T1, konnten die Regressionsdaten für den Zeitraum Juli 1997 bis November 2001 und der am 15.4.2013 verurteilten NB 3 für den Zeitraum Dezember 2001 bis einschließlich April 2005 zugeordnet werden.

Für die Grenzziehung zwischen den Liefergebieten der NB 3, die ab Dezember 2001 anders als die T1 (nur alte Bundesländer) bundesweit im Endverbrauchertankgasgeschäft tätig war, und der T2 ergaben sich für den Zeitraum von Mai 2001 bis April 2005 keine Änderungen, wie sie den nachstehend abgebildeten Tabellen zu entnehmen und hier nur der Vollständigkeit halber wiedergegeben sind. Von der noch darzustellenden Migrationsproblematik waren die eigenen Daten der T2 nicht betroffen, wie die Tabelle auf Seite 225 des Urteils zeigt, sondern nur die Daten der dort erwähnten übernommenen Unternehmen(-steile).

Die anschließend wiedergegebenen Tabellen geben einen Überblick über die vorläufige Zuordnung der Rohdaten zu den T...-Gesellschaften für den Zeitraum von Mai 2001 bis April 2005 für die Zwecke der Preisabstands- und Mengenberechnung, die jedoch nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme für die T1 für den Zeitraum Juli 1997 bzw. Mai 2001 bis November 2001 nicht abschließend war, wie noch darzustellen ist:

Tabelle: Zuordnung der Rohdaten zu den T...-Gesellschaften ab 5/2001 bis 4/2005

- Tabelle zwecks Schwärzung entfernt -

Tabelle : Zuordnung der Rohdaten zu den T...-Gesellschaften

M-Berechnung = Mengenberechnung P-Berechnung = Preisabstandsberechnung

- Tabelle zwecks Schwärzung entfernt -

Die nach dem Monatsabsatz eines Einzelkunden aggregierten Daten lagen für den gesamten Tatzeitraum von 94 Monaten differenziert nach Tankmodellen (Miet- und Eigentumstank) und zwei Kundengruppen (Haushalt und Gewerbe) sowie vierstelligen Postleitzahlen vor.

Aufgrund der bei den T...-Gesellschaften relativ differenzierten Daten erfolgte eine entsprechend differenzierte Vergleichsrechnung. Die Berechnung der Preisdifferenzen folgte nicht im gleichen Umfang der Logik der Konstruktion eines virtuellen Vergleichsunternehmens. Im Unterschied zu den anderen Unternehmen mussten nicht zunächst die Durchschnittspreise der freien Anbieter zu einem bundesweiten Vergleichspreis aggregiert werden, sondern es konnten unmittelbar regional differenzierte Preise berechnet werden. Die Differenziertheit ermöglichte einen unmittelbaren Preisvergleich auf der Ebene von zweistelligen Postleitzahl-Regionen.

Ein Preisvergleich für die T1 konnte immer dann vorgenommen werden, wenn die preisrelevanten Merkmale Zeit (Monat), Absatzort (zweistellige PLZ und Tankmodell auf beiden Seiten jeweils übereinstimmten (Treffer oder Match). Damit waren die genannten Merkmale als Ursache für die berechnete Preisdifferenz ausgeschlossen und es wurde ein Rückschluss auf die kartellbedingte Preisdifferenz möglich. Der Preisvergleich konnte damit vor einer etwaigen Verdichtung gerechnet werden, weil regional differenzierte Preise auf der Basis zweistelliger Postleitzahlen sowohl auf der Seite der Versorgungsunternehmen als auch auf der Seite der freien Anbieter vorlagen.

Da nicht für jede denkbare Kombination von Zeit (Monat), Absatzort (zweistellige PLZ) und Tankmodell (Miet-/Eigentumstank) auf beiden Seiten des Vergleichs Daten vorlagen ("Match"), wurden die berechneten Preisdifferenzen in einem weiteren Schritt zeitlich und räumlich verdichtet. Dabei erfolgte logisch eine Übertragung der in den unmittelbaren Vergleichen ("Matches") berechneten Differenzen auf diejenigen Kombinationen von Zeit, Absatzort und Tankmodell, für die auf einer Seite des Vergleichs keine Daten vorlagen (fehlender "Match oder Treffer").

Diese Vorgehensweise war sachgerecht, da für das relevante Absatzgebiet der T1 eine hohe Anzahl der denkbaren Kombinationen aus Zeitraum, Tankmodell und Postleitzahl-Region auf beiden Seiten des Vergleichs Daten zur Verfügung standen. Die Validität der konkreten Umsetzung des Vergleiches war dementsprechend hoch. Ferner ergaben sich keine Hinweise darauf, dass die Berücksichtigung allein derjenigen Kombinationen, für die ein "Match" oder ein "Treffer" vorlag, zu einer systematischen Verzerrung der ermittelten Preisdifferenz führte.

Im Ergebnis wurde deshalb für die T1 das Modell 2 mit der K...-Gruppe der Vergleichspreisbestimmung gerechnet, allerdings - aufgrund der ohnehin sehr differenzierten Datenlage - ohne die zwei Varianten der regionalen Verdichtung (zwei- oder einstellige PLZ-Regionen). Für die T1 erfolgte die Berechnung von Preisdifferenzen somit nur auf der Ebene von zweistelligen Postleitzahlen. Daher sind in der nachstehend abgebildeten Ergebnistabelle bei der T1 auch nur bei Variante 1 die entsprechenden Werte eingetragen.

Die Preisabstandsberechnung führte hinsichtlich der T1 zu folgenden Ergebnissen:

Tabelle: Mengengewichtete Preisdifferenz 7/1997 bis 11/2001; jeweils in ct/l

Vergleichspreis-Bestimmung

Modell 2

Tankmodell

MT

ET

Datengrundlage

mit K...-Gruppe

2,02

4,69

ohne K...-Gruppe

1,71

4,61

Eine Berechnung der durchschnittlichen bundesweiten Monatspreise war für die T1 nicht möglich, da der Preisvergleich vor der Verdichtung der Daten zu bundesweiten monatlichen Preisdifferenzen erfolgt ist.

Der als Anlage zum Urteil genommenen Tabelle 1 (Modell 2 mit Daten der K... und der Tabelle 2 (Modell 2 ohne Daten der K...) lassen sich die monatlichen Preisdifferenzen nach Aggregation auf bundesweite Werte entnehmen. Der Senat hat das Modell 2 mit den Daten der K... zu Grunde gelegt.

6. Datenmigrationsproblematik und Zuordnung der Datensätze im Rahmen der Preisvergleichs- und der Mengenschätzung:

a) Grundansatz:

Als Bezugspunkt der Schätzung der relevanten Flüssiggasmengen wurde für jedes Versorgungsunternehmen die relevante individuelle reale Absatzmenge an Flüssiggas in Litern herangezogen, die sich aus den von dem Parteigutachter zur Verfügung gestellten Datensätzen nach ihrer Umrechnung von Tonnen in Litern unter Anwendung der jeweiligen individuellen Dichtefaktoren ergaben. Dabei ist der Senat von der folgenden ungefähren Absatzmenge - ohne Korrekturmengen - im Tatzeitraum (Juli 1997 bis November 2001) ausgegangen:

T1: 442.021.609 Liter Flüssiggas, gerundet 442,022 Mio. Liter.

Bei der Schätzung der relevanten Flüssiggas-Mengen wurde wie folgt vorgegangen:

Die Berechnung der mehrerlösrelevanten Mengen folgte spiegelbildlich demselben Differenzierungsschema, damit im Rahmen der für die Berechnung des kartellbedingten Mehrerlöses erforderlichen Multiplikationen der Preisüberhöhung in Cent pro Liter mit der relevanten Menge in Litern keine Einbußen hinsichtlich des Maßes an zeitlicher, regionaler oder sachlicher Differenzierung entstanden. Es wurden mithin individuell für jedes Versorgungsunternehmen die monatlichen Absatzmengen berechnet und die Berechnung der relevanten Mengen erfolgte soweit wie möglich auf der Grundlage der von dem Parteigutachter der Versorgungsunternehmen übermittelten Daten. Die für jedes Unternehmen relevanten monatlichen Absatzmengen waren zudem zu addieren. Diese Summen waren durch Korrekturabschläge zu korrigieren. Bei jedem Unternehmen waren Abschläge für die im Neukundengeschäft abgesetzten Mengen vorzunehmen, da eine Absprache im Neukundengeschäft nicht festgestellt werden konnte.

Da zugunsten der Versorgungsunternehmen davon ausgegangen wurde, dass die in Zähleranlagen gelieferten Mengen nicht anzusetzen waren, waren diese aus den Daten des Parteigutachters herauszurechnen. Eine solche Korrektur der in Zähleranlagen gelieferten Mengen war bei der T1 und der inzwischen verurteilten NB 3 erforderlich.

b) Im Einzelnen:

(1) Die Neukunden:

Abgezogen wurden bei der T1 wie bei allen schon verurteilten Versorgungsunternehmen die Korrektur-Mengen "Neukunden NB 7" auf der Grundlage der Erstbefüllungsstatistiken der NB 7 und der durchschnittlichen Liefermenge bei einer Erstbefüllung. Bei den Neukunden-Mengen wurden nur die Mengen der Erstbefüllungen berücksichtigt, nicht aber die weiteren Mengen, die sich im ersten Lieferjahr ergaben (Stichwort: 2. Lieferung), wie sie z.B. in den Datensätzen von NB 1 und NB 4 als Neukundenmengen ausgewiesen waren. Anhand der Anzahl der Erstbefüllungen der NB 7 und der durchschnittlichen Erstbefüllungsmenge im Jahr 2004 hat der Senat die abgesetzten Mengen Tankgas in kg berechnet. Die Umrechnung von kg in Liter erfolgte mittels der ermittelten monatlichen bundesweiten Umrechnungsfaktoren für die Versorgungsunternehmen. Bei der T1 wurden Korrekturmengen für Neukunden (NB 7) in Höhe von ca. 3.522.536 Litern in Ansatz gebracht.

(1) Die Zählertanks:

Korrekturmengen für Zählertankmengen - das Flüssiggas und die Tanks standen im Eigentum der Nebenbetroffenen - wurden in Höhe von ungefähr 47.296.312 Litern abgezogen. Für Lieferungen an Neukunden über die F1 sind anders als bei der NB 3 keine Korrekturmengen angesetzt worden, weil die T1 in der Zeit von Juli 1997 bis November 2001 kein Tankgas über die F1 ausgeliefert hat. Für die Zählertankmengen ist ein Anteil in Höhe von 10,7% zu Grunde gelegt worden. 10,7% der Gesamtabsätze (= 47.296.312 Liter) sind als Korrekturmengen abgezogen worden.

(2) Die Datenmigrationsproblematik und die T2-Daten:

Die im Rohdatensatz des Parteigutachters enthaltenen migrierten Absatz- und Umsatzdaten der "Vorgängergesellschaften" (=übernommene Unternehmen und -steile) insgesamt (dazu unter 6.b) (3) (a) bis (c), Seite 232 ff.) sowie die Daten der T2 (dazu unter 6.b) (3) (d), Seite 241 f.) mussten im Rahmen der Mehrerlösschätzung aus Rechtsgründen unberücksichtigt bleiben. Die Daten der Vorgängergesellschaften und der T2 konnten der T1 nicht als eigene Daten zugerechnet werden (vgl. BGH, Urteil vom 5.10.2004, KRB 14/03, WuW/E DE-R 1355, Rn. 17 - Staubsaugerbeutelmarkt) noch griffen bei den Daten der T2 die Grundsätze der sukzessiven Mittäterschaft ein (vgl. BGH aaO Rn. 83 - Grauzement). Bei der T...-Gruppe bestand die Besonderheit, dass mehrere Datenmigrationen stattgefunden hatten. Der Begriff der Datenmigration bezeichnet den Umstand, dass ein Datentransport aus einem Altsystem in ein neues System stattgefunden hatte. In den Rohdaten der T...-Gruppe - wie sie vom Privatgutachter zur Verfügung gestellten worden waren - waren in der Form, wie sie zum Gegenstand des Selbstleseverfahrens gemacht wurden, auch historische Absatz- und Umsatzdaten von übernommenen Unternehmen oder Unternehmensteilen enthalten. Der Zeuge DA im Rahmen seiner Vernehmung am 13.7.2011 bekundet, dass die dem Parteigutachter zur Verfügung gestellten Rohdaten die Daten sämtlicher Gesellschaften der T...-Gruppe beinhalten. Diese wurden - nach den Bekundungen des Zeugen TS3 - zu statistischen und zu Vertriebszwecken in das SAP-System eingespielt. Bei dem SAP-System handelte es sich um ein modular aufgebautes, integriertes EDV-System, das Abläufe im Unternehmen abbildete. Durch die Datenmigrationen kam es zu Umrechnungsfehlern von DM in Euro und zur Verdoppelung bzw. zu Vervielfachungen der Buchungssätze der monatsweise pro Kunde kumulierten Datensätze.

Soweit sich die Daten auf Zeiträume bezogen, in denen eine "Vorgängergesellschaft" noch nicht zur T...-Gruppe gehörte, war die Bereinigung des von dem Parteigutachter zur Verfügung gestellten Regressionsdatensatzes um diese Daten bereits deshalb erforderlich, weil erst ab dem Zeitpunkt der tatsächlichen Übernahme dieser "Vorgängergesellschaft" durch ein Unternehmen der T...-Gruppe die Umsätze der Vorgängergesellschaft zu eigenen Umsätzen wurden und sich die von den Geschäftsführern begangene Tat auf die Absätze und Umsätze dieser "Vorgängergesellschaft" erstreckte.

Soweit die Daten den sogenannten DM-EUR-Übertragungsfehler beinhalteten, ergab sich das Erfordernis der Löschung bereits aus der Fehlerhaftigkeit sowohl der Absatzmenge als auch aus der Fehlerhaftigkeit der Höhe der Umsätze. Weiterhin mussten diejenigen Daten, die sich auf die T2 bezogen, im Rahmen der Mehrerlösschätzung unberücksichtigt bleiben.

Die von der Migration betroffenen Daten mussten aus der für die Preisabstandsberechnung und der Schätzung der kartellbefangenen Mengen genutzten Datenbasis entfernt werden. Da eine exakte Trennung der migrierten Daten von den tatsächlich der T1 zuzurechnenden Flüssiggaslieferungen nicht eindeutig möglich war, wurden zu Gunsten der Nebenbetroffenen sämtliche Flüssiggasab- und -umsätze, die in einer von einer Migration betroffenen PLZ-Monats-Kombination stattgefunden haben, getilgt. Dies wirkte sich ausschließlich zu Gunsten der Nebenbetroffenen aus, da teilweise erhebliche tatsächlich der T1 zuzurechnenden Flüssiggasabsätze gelöscht wurden und diese nicht mehr in die Berechnungen einflossen. Unter Zugrundelegung der angestellten Berechnungen für die Abschätzung eines kartellbedingten Mehrerlöses wurde der von der T1 erzielte relevante Mehrerlös daher zwangsläufig um nahezu die Hälfte geringer geschätzt. Dies war indes nach Auffassung des Senats entsprechend dem Zweifelssatz hinzunehmen.

Weiterhin blieben diejenigen Daten, die sich auf die T2 bezogen, im Rahmen der Mehrerlösschätzung unberücksichtigt (vgl. unter 6. b) (3) (d) (1) u. (2), Seite 232 f. des Urteils). Hinsichtlich möglicher Lieferungen der T2 in den neuen Bundesländern über das vertraglich vereinbarte Liefergebiet hinaus bereits vor April 2000 nahm der Senat ebenfalls zu Gunsten der Nebenbetroffenen an, dass über den gesamten für das Kartellverfahren relevanten Zeitraum hinweg (regelmäßig) Lieferungen in das gesamte Gebiet der neuen Bundesländer mit Ausnahme der Leitregionen 98, 99 sowie der thüringischen Teile der Leitregionen 36, 37 und 96 stattgefunden haben. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme war zur Überzeugung des Senats geklärt, dass Lieferungen der T2 grundsätzlich (Lieferungen in Einzelfällen sind nicht ausgeschlossen) zu keinem Zeitpunkt in die alten Bundesländer erfolgten. Da im für die Berechnungen genutzten Datensatz nicht zwischen Lieferungen durch die T1, deren Liefergebiet sich nur auf die alten Bundesländer erstreckte, und Lieferungen durch die T2 unterschieden werden konnte, waren für die Zwecke der (Neu-)Berechnungen des Senats sämtliche Lieferungen in das Gebiet der neuen Bundesländer zu löschen.

Eine Ausnahme war im Hinblick auf die PLZ-Gebiete 98 und 99 sowie die thüringischen Teile der Leitregionen 36, 37 und 96 für den Zeitraum Juli 1997 bis Dezember 1998 geboten. Aufgrund der Aussage des Zeugen KPB war für den genannten Zeitraum und für diese PLZ-Gebiete, die vollständig auf dem Gebiet des Bundeslandes Thüringen lagen, bewiesen, dass keine regelmäßigen Lieferungen der T2 erfolgt waren (vgl. 6. b) (3) (d) (3) auf Seite 241 f. des Urteils). Diese Datensätze blieben in den Rohdaten enthalten sowohl zu Zwecken der Preisabstandsberechnung als auch zu Zwecken der Mengenberechnung.

Auch die Bereinigung des Rohdatensatzes um fast alle PLZ-Monatskombinationen, die das Gebiet der neuen Bundesländer betrafen, wirkte sich stark zu Gunsten der Nebenbetroffenen aus. Der Zeuge KPB hat bekundet, die T2 habe sich im Wesentlichen an das vertraglich zugewiesene Vertriebsgebiet gehalten und nur in Ausnahmefällen (bei Umzügen) darüber hinaus geliefert. Insofern dürfte ein wesentlicher Teil der eliminierten Flüssiggasabsätze auf dem Gebiet der neuen Bundesländer ohne die PLZ-Gebiete 01 bis 09 (ohne 05) tatsächlich der T1 zuzurechnende Absätze enthalten.

Insgesamt wirkten die vorgenommenen Bereinigungen so deutlich zu Gunsten der Nebenbetroffenen, dass in Bezug auf die hier zu würdigenden Themenkomplexe "Datenmigration" sowie "Liefergebiet T2" keine Sicherheitsabschläge zu gewähren waren.

Die folgende konsolidierte Übersicht zeigt zusammenfassend alle für die Berechnungen der kartellbedingten Preisabstände und die Berechnung der relevanten ("kartellbefangenen") Mengen der T1 aus dem Rohdatensatz eliminierten PLZ-Monats-Kombinationen:

Tabelle: Übersicht der eliminierten PLZ-Monats-Kombinationen

Zeitraum

PLZ-Regionen zweistellig; Preisabstandsberechnung

PLZ-Regionen zweistellig; Mengenberechnung

PLZ-Regionen zweistellig; Mengenberechnung

PLZ-Regionen zweistellig; Korrekturmengen ("Zipfel")

7/1997-12/1998

01-09, 10-19, 39

01-09, 10-19, 39

19, 23, 29, 38

1/1999-3/2000

01-09, 10-19, 23, 29, 36-39, 96, 98, 99

01-09, 10-19, 23, 29, 36-39, 96, 98, 99

4/2000-5/2000

01-09, 10-19, 23, 29, 38-39, 98, 99

01-09, 10-19, 23, 29, 38-39, 98, 99

36, 37, 96

6/2000

01-09, 10-19, 23, 29, 38-39, 98, 99

01-09, 10-19, 23, 29, 38-39, 98, 99

36, 37, 96

7/2000-8/2000

01-09, 10-19, 39, 98, 99

01-09, 10-19, 39, 98, 99

19, 23, 29, 36-38, 96

9/2000

01-09, 10-19, 23, 29, 36-39, 98, 99

01-09, 10-19, 23, 29, 36-39, 98, 99

96

10/2000-11/2000

01-09, 10-19, 39, 98, 99

01-09, 10-19, 39, 98, 99

19, 23, 29, 36-38, 96

12/2000

01-09, 10-19, 23, 29, 36-39, 98, 99

01-09, 10-19, 23, 29, 36-39, 98, 99

96

1/2001-3/2001

01-09, 10-19, 39, 98, 99

01-09, 10-19, 39, 98, 99

19, 23, 29, 36-38, 96

4/2001

01-09, 10-19, 23, 29, 36-39, 98, 99

01-09, 10-19, 23, 29, 36-39, 98, 99

96

Die Korrekturen in der vierten Spalte ("Zipfel") betrafen die Abweichungen von PLZ-Regionengrenzen zu Bundeslandgrenzen.

Für die Zwecke der Mengenschätzung war es zudem geboten, die Zuordnung der Daten anhand einer Differenzierung bis auf die Ebene vierstelliger Postleitzahlen vorzunehmen.

Die Gründe hierfür waren folgende:

Von April 2000 bzw. Juli 2000 bis Mai 2003 verlief die Grenze des Vertriebsgebiets zwischen der T2 einerseits und der T1 andererseits - wie bereits ausgeführt - entlang der Grenzen zwischen den alten und neuen Bundesländern. Diese Grenze konnte für die Zwecke der Mengenschätzung im Rahmen der Zuordnung der Daten zu den einzelnen Gesellschaftern der T...-Gruppe exakt nachgezeichnet werden, weil die vom Parteigutachter gelieferten Daten in Bezug auf die T...-Gruppe einen Differenzierungsgrad bis auf die Ebene vierstelliger Postleitzahlen aufwiesen. Dies galt auch in den Fällen, in denen die Grenzen der zweistelligen Leitregionen nicht mit der Grenze zwischen alten und neuen Bundesländern übereinstimmten.

Insbesondere ist darauf hinzuweisen, dass diejenigen Teilgebiete der Postleitzahlen 36, 37 und 96, die sich auf das Bundesland Thüringen erstrecken, für die Zwecke der Mengenschätzung (Zuordnung zur T2 von Mai 2001 bis November 2001) herausgenommen wurden, wie die obige Tabelle auf Seite 214 illustriert.

(a) Daten-Migrationsproblematik:

Die von dem Parteigutachter zur Verfügung gestellten Datensätze der T...-Gruppe waren ferner um die Datensätze zu bereinigen, in denen eine Datenmigration, also eine Übernahme von historischen Daten übernommener Unternehmen(-steile) aus seinem Alt-System in das SAP-System zu statistischen Zwecken und zu Vertriebszwecken erfolgt war. Diese Daten waren von sogenannten Migrationsfehlern (DM-EUR-Umrechnungsfehlern sowie Datensatzverdoppelungen) behaftet. Sie konnten zudem der T1 nicht als eigene Umsätze oder nach den Grundsätzen der sukzessiven Mittäterschaft zugerechnet werden.

(b) Von der Datenmigrationsproblematik betroffene Unternehmen und Unternehmensteile sowie Zeiträume; Migrationszeitpunkt ("en bloc"; "monatsgenau"):

Von dem Migrationsproblem waren die Daten der Gesellschaften X4, P6, S3 und A4 sowie der Unternehmensteile T... Thüringen und T... Oranienburg erfasst, die in dem von dem Parteigutachter übermittelten Datensatz enthalten waren. Dies ergab sich aus den Bekundungen des Zeugen TS3.

Nach den Bekundungen des Zeugen TS3 wurden die Datensätze der X4, P6, S3 und A4 für längere Zeiträume "en bloc" zusammengefasst und jeweils an zwei oder drei bestimmten Terminen in das SAP-System der T2 migriert. Bei der "enbloc"- Migration - die Datensätze für das ganze Jahr wurden in einem bestimmten Monat eingespielt - waren nur jeweils einzelne Monate des jeweiligen Zeitraums von der Datenmigration berührt.

Die Daten der T... Thüringen und T... Oranienburg wurden über den in der nachstehenden Tabelle ausgewiesenen Zeitraum jeweils monatlich migriert. Dies hatte zur Folge, dass die Migration jeden einzelnen Monat des in Rede stehenden Zeitraums betraf.

Die von der Migrationsproblematik betroffenen Unternehmen bzw. Unternehmensteile, die betroffenen Zeiträume und Migrationszeitpunkte ("en bloc" oder "monatsgenau") fasst die nachstehend abgebildete Tabelle zusammen:

Tabelle: Von der Migrationsproblematik betroffene Unternehmen bzw. Unternehmensteile, betroffener Zeitraum und Migrationszeitpunkt ("en bloc" oder "monatsgenau")

- Tabelle zwecks Schwärzung entfernt -

Nach den Bekundungen des Zeugen TS3 weist diese Tabelle in der linken Spalte die übernommenen Unternehmen(steile), in der mittleren Spalte die Zeiträume, aus denen die migrierten Daten stammen, und in der rechten Spalte die Zeitpunkte der Datenmigration aus. Auf den Vorhalt dieser Tabelle hat der Zeuge TS3 bekundet, er habe die Tabelle in dieser Form zwar nicht selbst erstellt, Dies hätten die Verteidiger der gesondert verurteilten NB 3 ihm abgenommen. Er habe jedoch die Daten geliefert und die Tabelle auf ihre inhaltliche Richtigkeit überprüft. Zu den Gründen der Datenmigration gab der Zeuge an, die Daten seien zu Vertriebszwecken in das SAP-System übernommen worden, um die Historie der Kundenbeziehungen darzustellen. Bei dem SAP-System handele es sich um ein modular aufgebautes EDV-System, das Abläufe in Unternehmen abbilde. Die SAP-Kundendatentabelle bilde einen Teilbereich dieses Systems. In der SAP-Kundendatentabelle seien die Absatz-, Umsatz- und Stammdaten der Kunden enthalten. Zu den Migrationszeitpunkten ("en bloc" oder "monatsgenau") erläuterte der Zeuge, die Angabe "en bloc" bedeute, dass beispielsweise die Datensätze für das ganze Jahr im Monat Dezember eingespielt wurden. Die Angabe "monatsgenau" besage, dass die Daten eines bestimmten Monats mit dem diesem Monat entsprechenden Datum ("für") in die SAP-Kundendatentabelle und nicht in dem betreffenden Monat (Migrationszeitpunkt) eingeflossen seien. Bei der Überprüfung der ihm von den Verteidigern der NB 2 übermittelten Regressionsdatensatz habe er Umrechnungsfehler von DM in Euro und mehrfache (z. B. doppelte und dreifache) Buchungssätze der monatsweise pro Kunde kumulierten Datensätze festgestellt. Die Glaubhaftigkeit dieser unwiderlegt gebliebenen Aussage des Zeugen TS3 beruhte darauf, dass der Zeuge die von ihm stichprobenartig festgestellten Migrationsfehler im Einzelnen ohne jedes Zögern, in verständlicher und nachvollziehbarer Weise erläutern konnte.

(c) Von der Datenmigrations-Problematik betroffene zweistellige Postleitzahlregionen:

Diejenigen Postleitzahlregionen auf zweistelliger Basis, die von der Datenmigrationsproblematik - wenn auch nur teilweise - berührt waren, werden in der folgenden Tabelle dargestellt:

Tabelle: Vorgängergesellschaften und von der Datenmigrationsproblematik betroffene Postleitzahlregionen auf zweistelliger Basis

Vorgängergesellschaft

Liefergebiet im relevanten Zeitraum nach zweistelligen PLZ-Gebieten

X4

06, 07, 36, 37, 96, 98, 99

P6

10-19, 23, 29, 38, 39

S3

01-09, 10-19, 23, 29, 36-39, 98, 99

A4

01-09, 10-19, 23, 29, 36-39, 98, 99

T... Thüringen

06, 07, 36-38, 96, 98, 99

T... Oranienburg

01-04, 08, 09, 10-19, 23, 29, 38, 39

Die von der Datenmigrations-Problematik betroffenen zweistelligen Postleitzahlregionen ließen sich anhand der Erkenntnisse über die Liefergebiete der Vorgängergesellschaften identifizieren. Bei der Bereinigung des von dem Parteigutachter zur Verfügung gestellten Regressionsdatensatzes um die Migrationsfehler wurde nach folgenden Grundsätzen vorgegangen:

Sobald das Liefergebiet einer für die Datenmigrationsproblematik relevanten Vorgängergesellschaft sich auf eine zweistellige Postleitzahlregion - sei es nur in sehr geringem, sei es im größeren Umfang - überhaupt erstreckte, wurde die Region als von der Problematik betroffen angesehen und die diese Leitregion betreffenden Daten vollständig gelöscht.

Dabei verfuhr der Senat großzügig, indem auch solche Daten entfernt wurden, die von der Datenmigrationsproblematik nicht betroffen waren. Dies wirkte sich im Ergebnis zu Gunsten der Nebenbetroffenen aus. Diese Wirkung zu Gunsten der Nebenbetroffenen ergab sich daraus, dass die eine bestimmte Leitregion betreffenden Daten vollständig - das heißt auch für die Berechnung der kartellbefangenen Menge - außer Betracht blieben, auch wenn nur ein geringer Teil dieser Region von der Datenmigrationsproblematik behaftet war. Diese Vorgehensweise beruhte auf den nachfolgenden zwei Gründen:

Erstens waren im Rahmen der Datenmigrationsproblematik keine Unschärfen zu akzeptieren. Im Zweifel war eine Grenzziehung zu Gunsten der Nebenbetroffenen zu wählen, weil durch die Datenmigration zusätzliche Absatz- und Umsatzdaten (durch eine Vervielfachung von kumulierten Datensätzen) in den Regressionsdatensatz gelangt waren, welche nicht der T1 zuzurechnen waren und weil im Falle des DM-EUR-Übertragungsfehlers zusätzlich unzutreffend überhöhte Umsätze im Regressionsdatensatz des Privatgutachters enthalten waren. Zweitens sollten die Datensätze nach zweistelligen Postleitzahl-Regionen auf der Ebene der Preisabstandsberechnungen zugeordnet und dies nicht durchbrochen werden.

Dies bedeutete im Ergebnis nicht, dass sich das Liefergebiet einer Vorgängergesellschaft auf das gesamte Gebiet einer zweistelligen Postleitzahl tatsächlich räumlich erstreckte, wenn es als von der Datenmigrationsproblematik betroffen angesehen wurde. Dem Senat ging es also nicht darum, das Liefergebiet einer Vorgängergesellschaft exakt abzubilden, sondern nur darum festzustellen, welche zweistelligen Postleitzahlregionen überhaupt - wenn auch nur teilweise - vom Liefergebiet der relevanten übernommenen Unternehmen oder Unternehmensteile ("Vorgängergesellschaften") erfasst oder berührt wurden.

Im Einzelnen:

(aa) Liefergebiet der X4 GmbH:

Das Vertriebsgebiet der Vorgängergesellschaft X4 GmbH, deren Geschäftsbetrieb zum 1.4.2000 auf die T2 überging, erstreckte sich auf den überwiegenden Teil des Bundeslandes Thüringen. Dies entnahm der Senat einer Übersichtskarte des Vertriebsgebiets der X4 GmbH (Stand: 1.4.2000) vom 22.5.2000, die anlässlich ihrer Übernahme durch die T2 erstellt wurde. Aufgrund der Übertragung des Liefergebiets auf die zweistelligen Postleitzahlregionen ist davon auszugehen, dass die Postleitzahlregionen 06, 07, 36, 37, 96, 98 und 99 vom Liefergebiet der X4 GmbH erfasst oder berührt waren. Für die Postleitzahlregionen 98 und 99 war dies offensichtlich. Ebenso eindeutig war dieses Ergebnis für die Postleitzahlregion 07 westlich der Autobahn A9. Die A9 durchquert von Süd nach Nord die Postleitzahlregion 07. Zu Gunsten der Nebenbetroffenen ist der Senat davon ausgegangen, dass die gesamte Postleitzahlregion 07 von dem Migrationsproblem betroffen war, um die Zuordnung zu den zweistelligen Leitregionen nicht zu durchbrechen. Dahin stehen konnte, ob - wie von der Nebenbetroffenen behauptet - auch die Postleitzahlregion 06 teilweise oder vollständig vom Liefergebiet der X4 erfasst war. Diese Frage dürfte zwar ausweislich der Karte vom 22.5.2000, die einen Kyffhäuserkreis 2 (jetzt Kreis Sondershausen) und einen Kyffhäuserkreis 1 auswies, eher zu verneinen gewesen sein. Anhand der Karte war eindeutig zu erkennen, dass der zur Postleitzahlregion 06 gehörende Kyffhäuserkreis 1 - anders als der Kyffhäuserkreis 2 - nicht zum Liefergebiet der X4 gehörte. Nach der ebenfalls in Augenschein genommenen Postleitzahlenkarte Deutschland gehörte der Kyffhäuserkreis 1 sowohl zur Postleitzahlregion 99 als auch zur Region 06. Außerdem sprach die Karte des Liefergebiets der X4 dafür - soweit die graphische Genauigkeit der Urkunde eine Beurteilung zuließ - , dass ab dem Punkt beginnend, an dem die A9 die Grenze zwischen den Postleitzahlregionen 06 und 07 überquerte, in westlicher Richtung die Grenze des Liefergebietes der X4 genau entlang der Grenzen zwischen den Postleitzahlregionen 06 und 07 sowie 06 und 99 verlief.

Die genaue Zugehörigkeit der Postleitzahlregion 06 zum Liefergebiet der X4 konnte letztlich aber dahinstehen, da die Datensätze der Postleitzahlregion 06 wegen ihrer Zugehörigkeit zum Vertriebsgebiet der T2 ohnehin bis zum Zeitpunkt der Verschmelzung (Datum der Eintragung im Handelsregister: 22.5.2003) der T2 auf die NB 3 für die Mehrerlösberechnung unberücksichtigt blieben. Die Postleitzahlregion 06 wurde im Ergebnis - und damit zu Gunsten der Nebenbetroffenen - dem Liefergebiet der X4 zugeordnet. Die Datensätze der Postleitzahlregion 06 waren deshalb ohnehin zu keinem Zeitpunkt in irgendeiner Form in die Mehrerlösberechnung betreffend die nur in den alten Bundesländern tätige T1 (T... GmbH & Co. KG a.A.) einzubeziehen.

Das damalige Liefergebiet der X4 erfasste ferner teilweise die Postleitzahlregionen 36, 37 und 96. Diese Postleitzahlregionen wurden für die Zwecke der Datenbereinigung vollständig dem ehemaligen Liefergebiet der X4 zugeschlagen, um die Zuordnung nach zweistelligen Leitregionen nicht zu unterbrechen. Auch dies wirkte sich in erheblichem Maße zu Gunsten der Nebenbetroffenen aus. Große Teile der Leitregionen 36, 37 und 96, die sich auf dem Gebiet der alten Bundesländer außerhalb des Liefergebietes der X4 befanden, wurden aus der Mehrerlösberechnung und dabei insbesondere aus der Berechnung der kartellbefangenen Menge herausgenommen.

(bb) Liefergebiet der P6:

Das Vertriebsgebiet der P6, die zum 1.7.2000 von der T2 übernommen wurde, umfasste nach den Angaben in der Fusionskontrollanmeldung der E3 GmbH vom 20.1.2000 Mecklenburg-Vorpommern, Teile von Sachsen-Anhalt, Brandenburg und Berlin. Die Übertragung dieser Angaben in zweistellige Postleitzahlregionen war mit einer gewissen Unschärfe verbunden. Zu Gunsten der Nebenbetroffenen ging der Senat davon aus, dass vor der Übernahme der P6 durch die T2 die zweistelligen Postleitzahlregionen 10 bis 19, 23, 29, 36 bis 38 und 39 vom Liefergebiet der P6 berührt wurden, obwohl durch die vollständige Einbeziehung der Postleitzahlregionen 23, 29, 37 und 38 in großem Umfang auch Gebiete der alten Bundesländer erfasst wurden. Der Umstand, dass sich das Liefergebiet der P6 nicht auf die Postleitzahlregionen 03 und 06 erstreckte, war überzeugend in Anbetracht der Tatsache, dass dort bereits die T2 als paritätisches Tochterunternehmen der E3 GmbH und der T... GmbH & Co. als Tankgaslieferantin auftrat.

(cc) Liefergebiet der S3:

Das Vertriebsgebiet der S3, die zum 1.1.2002 von der T2 übernommen wurde, erstreckte sich im relevanten Zeitraum auf das gesamte Gebiet der neuen Bundesländer und Berlin. Diese Feststellung entnahm der Senat der Fusionskontrollanmeldung der E3 GmbH vom 10.8.2000. Übertragen auf zweistellige Leitregionen ging der Senat - insoweit unter Wahrunterstellung der Behauptung der T1 - davon aus, dass die zweistelligen Leitregionen 01 bis 09, 10 bis 19, 23, 29, 36 bis 39 sowie 98 bis 99 vom Liefergebiet der S3 berührt wurden. Für die Gebiete 01 bis 09, 10 bis 19, 39 sowie 98 bis 99 ergab sich dies zwanglos. Hinsichtlich der Gebiete 23, 29 und 36 bis 38 erfolgte dies nur unter Zugrundelegung eines großzügigen Maßstabs zugunsten der Nebenbetroffenen: Der Senat schlug sämtliche zweistelligen Postleitzahlregionen, die nur irgendeinen - wenn auch nur sehr kleinen - Bezug zu den neuen Bundesländern aufwiesen, zu Gunsten der Nebenbetroffenen vollständig dem Liefergebiet der S3 zu. Diese Vorgehensweise erschien dem Senat letztlich sachgerecht, um eine Durchbrechung der Zuordnung nach zweistelligen Leitregionen zu vermeiden.

(dd) Liefergebiet der A4 GmbH:

Der Senat ging davon aus, dass die folgenden zweistelligen Postleitzahlregionen vom Liefergebiet der A4 GmbH in den neuen Bundesländern berührt wurden: 01 bis 09, 10 bis 19, 23, 29, 36 bis 39, 98 und 99. Das Vertriebsgebiet der A4 GmbH, die zum 1.5.2001 von der T2 übernommen wurde, erstreckte sich im Zeitraum Januar 1999 bis April 2001 auf das gesamte Gebiet der neuen Bundesländer und Berlin. Dies ergab sich aus dem Schreiben der T1 (noch firmierend unter T... GmbH & Co. KG a.A.) vom 23.2.2001 an das Bundeskartellamt sowie aus Anlage 3 dieses Schreibens, die Flüssiggasabsätze von A4 in allen neuen Bundesländern im Jahr 1999 mit Berlin ausweisen. Diese Angabe war außerdem in einem Schreiben der T1 (noch firmierend unter T... GmbH & Co. KG a.A.) vom 28.3.2001 an das Bundeskartellamt, dessen Punkt B.2 und Anlage 7 ebenfalls einen Tankgasabsatz von A4 in allen neuen Bundesländern und Berlin auswiesen, und in einem Schreiben der T2 vom 28.3.2001 an das Bundeskartellamt enthalten, das als Anlage eine Karte mit dem Vertriebsgebiet der A4 GmbH und der T2 GmbH in den neuen Bundesländern aufwies. Da das Liefergebiet ("gesamte neue Bundesländer") identisch war mit dem Liefergebiet der S3, erfolgte die Übertragung des Liefergebiets auf zweistellige Leitregionen in der gleichen Weise wie bei der S3. Zur Begründung kann auf die Ausführungen zur S3 unter (cc) im vorhergehenden Absatz verwiesen werden.

(ee) Liefergebiet der T... Thüringen:

Aus einer Übersicht vom 22.5.2000, die im Zuge der Übertragung des Kundenstamms von der T... Thüringen auf die T2 erstellt wurde, ergaben sich diejenigen zweistelligen Postleitzahlregionen, die vom Liefergebiet der T... Thüringen vor der Übernahme durch die T2 zum 1.4.2000 tangiert wurden. Danach erfasste das Liefergebiet der T... Thüringen die zweistelligen Leitregionen 06, 07, 36, 37, 96, 98 und 99. Damit wurde dem Umstand, dass sich Teile der Postleitzahlregionen 36, 37 und 96 auf das Bundesland Thüringen erstrecken, weil die Gebiete auf der Basis zweistelliger Postleitzahlen nicht in allen Fällen mit den Grenzen der Bundesländer übereinstimmen, ebenfalls Rechnung getragen.

(ff) Liefergebiet der T... Oranienburg:

Vor der Übernahme der T... Oranienburg durch die T2 zum 1.7.2000 wurden vom Liefergebiet der T... Oranienburg die folgenden zweistelligen Leitregionen berührt: 01 bis 04, 08, 09, 10 bis 19, 23, 29, 38 und 39. Dies ergab sich aus einer Übersicht vom 19.2.2001, die im Zuge der Übertragung des Kundenstamms von der T... Oranienburg auf die T2 verfasst wurde.

Die folgende zusammenfassende Tabelle fasst die Erkenntnisse zur Datenmigrationsproblematik zusammen - also die in den beiden auf Seite 224 und Seite 226 abgebildeten Tabellen dargestellten Erkenntnisse.

Tabelle: Zusammenfassung der Datenmigrationsproblematik

- Tabelle zwecks Schwärzung entfernt -

(d) Liefergebiet der T2:

Die der T1 zuzuordnenden Regressionsrohdaten waren auch um die Datensätze der T2 aus dem Zeitraum Juli 1997 bis November 2001 zu bereinigen. In den Regressionsrohdaten der T...-Gruppe in der Form, wie sie zum Gegenstand des Selbstleseverfahrens gemacht wurden, waren Absatz- und Umsatzdaten der T2 vom Beginn des Tatzeitraums an enthalten. Der Zeuge DA hat dies - wie bereits ausgeführt - bekundet.

Im Rahmen der Mengenberechnung mussten in zeitlicher und räumlicher Hinsicht diejenigen Daten der T2 identifiziert werden, die zu löschen waren, um diesem Problem Rechnung zu tragen. Dabei galt folgender Maßstab:

Grundsätzlich war der Regressionsdatensatz um alle Daten zu bereinigen, welche die T2 betrafen.

Diese Daten waren in zeitlicher Hinsicht auf Monatsbasis und in räumlicher Hinsicht auf der Basis zweistelliger Postleitzahlen zu bestimmen. Eine klare regionale Grenze für bestimmte Zeiträume bildete die Grenze zwischen den alten und den neuen Bundesländern. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme erstreckte sich das Liefergebiet der T2 von Beginn des Tatzeitraums an zu keinem Zeitpunkt auf die alten Bundesländer, sondern nur auf die neuen Bundesländer. Dies hat der Zeuge KPB im Rahmen seiner Vernehmung am 12. Dezember 2012 wiederholt eindeutig bekundet. Diese Angaben waren für den Senat plausibel, da in den alten Bundesländern im gleichen Zeitraum die T... GmbH & Co. KG a.A. tätig war. Aufgrund des Umstandes, dass die Grenze zwischen alten und neuen Bundesländern nicht genau entlang der Grenze zwischen zweistelligen Leitregionen verlief, ließ sich das Liefergebiet der T2 nicht exakt durch zweistellige Leitregionen abbilden. Während beim Datenmigrationsproblem der Maßstab galt, dass eine zweistellige Leitregion vollständig zu löschen war, sobald sie überhaupt - wenn auch nur zu einem geringen Teil - vom Liefergebiet einer relevanten Vorgängergesellschaft berührt war, hat der Senat im Zusammenhang mit der Problematik der T2-Daten den folgenden Maßstab angewandt:

Erstreckte sich das Gebiet einer zweistelligen Leitregion weit überwiegend auf die alten Bundesländer und ragte es nur zu einem geringen Teil in das Liefergebiet der T2 in den neuen Bundesländern hinein, so waren nicht automatisch sämtliche Daten dieser Leitregion zu löschen.

Im Rahmen der Mengenschätzung und -berechnung konnten Abgrenzungsprobleme bei der Unterscheidung der T2-Daten einerseits und T1-Daten (vgl. die Tabelle Seite 214) andererseits vollständig vermieden werden. Die Daten der T2 konnten in räumlicher Hinsicht anhand vierstelliger Postleitzahlen eindeutig identifiziert und vollständig aus dem Datensatz entfernt werden.

Insoweit war die Problematik der Daten im Zusammenhang mit dem Liefergebiet der T2 anders gelagert als die Problematik des Datenmigrationsproblems:

Die Zuordnung der Daten beruhte für die Zwecke der Preisabstandsberechnung zu den einzelnen Gesellschaften der T...-Gruppe auf der Basis zweistelliger Postleitzahlen. Für die Zwecke der Mengenschätzung erfolgte eine Grenzziehung bis auf die Ebene vierstelliger Postleitzahlregionen.

(1) Gebiete mit regelmäßigen Lieferungen der T2:

Die Gebiete (benannt nach zweistelligen Postleitzahlregionen), in die regelmäßig Lieferungen der T2 erfolgten, und die aus dem Rohdatensatz gelöscht werden mussten, konnten anhand der folgenden Überlegungen identifiziert werden:

(aa) Leitregionen 01 bis 09, 14, 15 im Zeitraum von Juli 1997 bis November 2001:

Die Datensätze der Leitregionen 01 bis 09, 14, 15 waren im Zeitraum von Juli 1997 bis November 2001 aus dem Rohdatensatz zu entfernen. Der Umstand, dass in den Leitregionen 01 bis 09, 14, 15 im Zeitraum von Juli 1997 bis November 2001 regelmäßig Lieferungen der T2 stattfanden, ergab sich daraus, dass sich das zwischen der T... GmbH & Co und der M2 AG vertraglich vereinbarte Liefergebiet der T2 auf diese Regionen erstreckte. § 2.1 des Vertrages über die Zusammenarbeit vom 17.7.1990 lautet:

"Der Flüssiggas-Vertrieb einschließlich des Vertriebs von Flüssiggas-Geräten und -Zubehör bezieht sich auf das Gebiet der Bezirke Cottbus, Dresden, Leipzig, Halle, Chemnitz und Teile des Bezirkes Gera, die östlich der Autobahn Hof - Berlin liegen sowie das gesamte Versorgungsgebiet der Behälter-Vertriebsstelle Treuenbrietzen."

Das Gebiet der ehemaligen DDR-Bezirke (Stand 1. Januar 1990) ergab sich für den Senat im Rahmen der Beweisaufnahme aus einer Landkarte.

Eine graphische Gesamtdarstellung des vertraglich vereinbarten Liefergebietes der T2 enthielt die Karte, die dem Vertrag über die Zusammenarbeit zwischen der T... GmbH & Co. und der M2 AG vom 8.11.1990 als Anlage beigefügt war. Der Zeuge KPB hat im Rahmen seiner Vernehmung in der Hauptverhandlung vom 12.12.2012 auf Vorhalt die Richtigkeit des auf dieser Karte angegebenen Liefergebiets der T2 bestätigt.

Das Liefergebiet der T2 konnte anhand einer Postleitzahlenkarte aus Vereinfachungsgründen und zur besseren Übersicht auf zweistellige Postleitzahl-Regionen übertragen werden.

Die Berührung der Postleitzahlregionen 14 und 15 hinsichtlich eines jeweils südlichen Teilbereichs ergab sich für die Leitregion 14 insbesondere auch aus der Erwähnung der Behälter-Vertriebsstelle Treuenbrietzen sowie für die Leitregion 15 aus dem Umstand, dass der Bezirk Cottbus zum vertraglich vereinbarten Liefergebiet gehört(e). Zum Bezirk Cottbus gehört(e) der Landkreis Lübben, welcher der Leitregion 15 angehört(e).

(bb) Postleitzahlregionen 98 und 99 im Zeitraum von April 2000 bis November 2001:

Die Datensätze der Leitregionen 98 und 99 waren im Zeitraum von April 2000 bis November 2001 aus dem Regressionsrohdatensatz zu löschen. Der Umstand, dass in den Leitregionen 98 und 99 im Zeitraum von April 2000 bis November 2001 regelmäßig Lieferungen der T2 erfolgten, ergab sich daraus, dass die T2 zum 1.4.2000 die klassischen Flüssiggasaktivitäten der T... Thüringen übernommen hatte. Der Zeitpunkt dieser Übernahme ergab sich aus Anlage 7 zum Schreiben der T1 (T... GmbH & Co. KG a.A.) vom 28. März 2001 sowie aus dem Organigramm der T...-Gruppe.

Das Liefergebiet der T... Thüringen berührte vor der Übernahme durch die T2 die zweistelligen Leitregionen 06, 07, 36 bis 38, 96, 98 und 99.

Die Datensätze der Leitregionen 06 und 07 konnten hier von vornherein gelöscht werden, weil sie seit Gründung der T2 zum vertraglich vereinbarten Liefergebiet gehörten und somit ohnehin zu keinem Zeitpunkt in eine Mehrerlösschätzung betreffend die T1 einflossen.

Absatz- und Umsatzdaten, welche die Leitregionen 36, 37 und 96 betrafen, mussten für die Zwecke der Preisvergleichsrechnungen nicht eliminiert werden. Nur diejenigen Teilgebiete dieser Postleitzahlregionen, welche das Gebiet Thüringens betrafen ("Zipfel"), waren für die Zwecke der Mengenschätzung herauszunehmen. Denn unabhängig von der Frage, ob die T... Thüringen vor ihrer Übernahme durch die T2 auch Gebiete in den alten Bundesländern belieferte, hat die T2 jedenfalls nur diejenigen Kunden von der T... Thüringen übernommen, die sich auf dem Gebiet der neuen Bundesländer befinden. Der Zeuge KPB hat im Rahmen seiner Vernehmung am 12.12.2012 überzeugend (mehrfach) bekundet, dass die T2 im Zuge der Übernahmen von Vorgängergesellschaften immer nur die Kunden auf dem Gebiet der neuen Bundesländer übernommen habe. Dies sei, so bekundete der Zeuge KPB anschaulich, der "oberste Grundsatz" gewesen. Am Beispiel der Übernahme der X4 hat der Zeuge diese Aufteilung sehr konkret und nachvollziehbar im Wesentlichen wie folgt geschildert: "Leute wie NF" hätten sich "über die Kundenlisten gebeugt" und eine genaue Zuordnung anhand der Grenze zwischen alten und neuen Bundesländern vorgenommen. Daher steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die T2 nur diejenigen Teile der Leitregionen 36, 37 und 96 übernommen hat, die dem Bundesland Thüringen angehörten ("Zipfel"). Die diese "Zipfel" betreffenden Daten wurden für die Zwecke der Preisvergleichsrechnung nicht gelöscht, sondern lediglich für die Zwecke der Mengenberechnung entfernt.

Dahin stehen kann, ob die T2 bereits ab April 2000 Kunden in demjenigen Teil der Leitregion 38 übernommen hat, der sich auf das Bundesland Sachsen-Anhalt erstreckte (3880 bis 3889). Denn für den Zeitraum April 2000 bis Juni 2000 war die gesamte Leitregion 38 vom Datenmigrationsproblem betroffen, so dass die Daten für diesen Zeitraum ohnehin zu löschen waren. Ab Juli 2000 gehörte dieser bestimmte Teil der Leitregion 38 ohnehin zum Liefergebiet der T2 wegen der Übernahme der T... Oranienburg durch die T2 und wurde für die Zwecke der Preisabstandsberechnung der Nebenbetroffenen T1, für die Zwecke der Mengenberechnung dann aber der T2 zugerechnet (vgl. Tabelle Seite 222).

(cc) Postleitzahlregionen 10 bis 19 und 39 im Zeitraum von Juli 2000 bis November 2001:

Der Umstand, dass in den Leitregionen 10 bis 19 und 39 im Zeitraum von Juli 2000 bis November 2001 regelmäßig Lieferungen der T2 stattfanden, ergab sich daraus, dass die T2 zum 1.7.2000 die klassischen Flüssiggasaktivitäten der T... Oranienburg übernommen hatte. Der Zeitpunkt dieser Übernahme ergab sich aus Anlage 7 zum Schreiben der T... GmbH & Co. KGaA vom 28.3.2001.

Die folgenden zweistelligen Leitregionen wurden vor der Übernahme durch die T2 vom Liefergebiet der T... Oranienburg berührt: 01 bis 04, 08, 09, 10 bis 19, 23, 29, 38 und 39.

Die Datensätze der Leitregionen 01 bis 04, 08 und 09 konnten gelöscht werden, da sie seit der Gründung der T2 auch zu deren vertraglich vereinbarten Liefergebiet gehörten und somit ohnehin zu keinem Zeitpunkt in eine Mehrerlösschätzung betreffend die T1 einflossen.

Das Gebiet der Leitregionen 10 bis 19 und 39 erstreckte sich auf die neuen Bundesländer, so dass diese Gebiete nach Übernahme der T... Oranienburg zum 1.7.2000 durch die T2 dem Liefergebiet der T2 zuzurechnen waren.

Nach der eindeutigen Aussage des Zeugen KPB im Rahmen seiner Vernehmung in der Hauptverhandlung vom 12.12.2012 wurden im Falle von Übernahmen von Vorgängergesellschaften durch die T2 immer nur diejenigen Kunden übernommen, die sich auf dem Gebiet der neuen Bundesländer befanden, war davon auszugehen, dass von den Leitregionen 23, 29 und 38 nur diejenigen Regionen von der T2 übernommen wurden, die sich auf dem Gebiet der neuen Bundesländer befanden. Hinsichtlich der Zuordnung dieser Regionen im Rahmen der Mehrerlösschätzung ist auf die nachstehend abgebildete Tabelle zu verweisen.Diese Tabelle fasst die zweistelligen Postleitzahlregionen zusammen, in denen nach Aussage des Zeugen KPB in den angegebenen Zeiträumen regelmäßig Lieferungen der T2 erfolgten:

Tabelle: Gebiete (benannt nach zweistelligen Postleitzahlregionen), in die regelmäßig Lieferungen der T2 erfolgten

Zeitraum

PLZ-Regionen zweistellig

PLZ-Regionen zweistellig; nur Anteil neue Bundesländer

7/1997-3/2000

01-09, 14, 15

4/2000-6/2000

01-09, 14, 15, 98, 99

36, 37, 96

7/2000-11/2001

01-09, 10-19, 39, 98, 99

23, 29, 36, 37, 38, 96

Die Postleitzahlregionen der neuen Bundesländer, die nach der Aussage des Zeugen KPB zum Liefergebiet der T2 vollständig hinzukamen, sind grau unterlegt. Ab Juli 2000, dem Zeitpunkt der Übernahme der T... Oranienburg, zählten die Postleitzahlregionen ohnedies zum Liefergebiet der T2. Die Postleitzahlregion 05 wurde nicht vergeben.

(2) Gebiete, hinsichtlich derer nicht ausgeschlossen werden konnte, dass nicht nur vereinzelt Lieferungen der T2 erfolgten:

Gebiete, in die nicht nur vereinzelt Lieferungen der T2 vorkamen, waren ebenfalls aus dem Rohdatensatz der T...-Gruppe zu löschen.

Für die folgenden Gebiete konnte nicht ausgeschlossen werden, dass nicht nur vereinzelt Lieferungen der T2 stattfanden. Daher wurden diese Gebiete im Zweifel zu Gunsten der Nebenbetroffenen im Rahmen der Mehrerlösschätzung unberücksichtigt gelassen. Die sich hierauf beziehenden Datensätze wurden gelöscht.

Tabelle: Gebiete (benannt nach zweistelligen Postleitzahlregionen), hinsichtlich derer nicht ausgeschlossen werden konnte, dass nicht nur vereinzelt Lieferungen der T2 stattfanden

Zeitraum

PLZ-Regionen zweistellig

PLZ-Regionen zweistellig; nur Anteil neue Bundesländer

7/1997-6/2000

10-19, 39

23, 29, 38

Die grau hinterlegten Zahlen zeigen die Postleitzahlengebiete, die nach der Aussage des Zeugen KPB zum Liefergebiet der T2 hinzukamen. Die Datensätze waren zu löschen.

Diejenigen Gebiete, hinsichtlich derer nicht ausgeschlossen werden konnte, dass nicht nur vereinzelt Lieferungen der T2 erfolgten, ergaben sich aus den folgenden Überlegungen:

In der Anlage 3 zur Fusionskontrollanmeldung der T1 (T... GmbH & Co. KG a.A.) vom 23.2.2001 waren Anhaltspunkte für solche Flüssiggas-Mengen (Tank- und Flaschengas) vorhanden, die von der T2 im Jahr 1999 in den Bundesländern Brandenburg (5.697 Tonnen Flüssiggas), Mecklenburg-Vorpommern (1.551 Tonnen Flüssiggas), Sachsen (17.049 Tonnen Flüssiggas) und Sachsen-Anhalt (6.773 Tonnen Flüssiggas) abgesetzt wurden. Die in Brandenburg, Sachsen und Sachsen-Anhalt abgesetzten Mengen standen nicht zwingend in einem Widerspruch zum vertraglichen Liefergebiet der T2, da sich dieses Liefergebiet im Jahr 1999 (zumindest teilweise) auch auf diese Bundesländer erstreckte. Die in Mecklenburg-Vorpommern abgesetzten Mengen (1.551 Tonnen Flüssiggas) ließen sich indes nicht ohne weiteres mit den Erkenntnissen über das vertragliche Liefergebiet der T2 vereinbaren.

Der Zeuge KPB hat im Rahmen seiner Vernehmung in der Hauptverhandlung vom 12.12.2012 auf Vorhalt die Richtigkeit des im Zusammenarbeitsvertrag vom 8.11.1990 und auf der Karte angegebenen Liefergebiets der T2 bestätigt. Ferner hat er bekundet, dieses Gebiet sei "stabil" geblieben. Es habe "keine gewollte Ausdehnung" gegeben. Lieferungen außerhalb des vertraglichen Liefergebietes seien "Einzelfälle" gewesen. Auf Vorhalt der Anlage 3 zur Fusionskontrollanmeldung der T1 (T... GmbH & Co. KG a.A.) vom 23.2.2001 hat er ausgesagt, es habe Fälle gegeben, in denen beispielsweise ein Kunde seinen Wohnsitz in Leipzig gehabt habe und sein Ferienhaus in Mecklenburg-Vorpommern habe beliefern lassen wollen. Eine ähnliche Konstellation sei auch bei Bauunternehmern vorstellbar. Der Zeuge hat zum einen die Angabe bestätigt, das vertragliche Liefergebiet der T2 sei grundsätzlich nicht nennenswert ausgedehnt worden. Zum anderen hat er die von der T2 in Mecklenburg-Vorpommern abgesetzten Mengen an Tank- und Flaschengas in Höhe von 1.551 Tonnen größenmäßig nicht einordnen und nicht bestätigen können, dass diese Mengen in ihrer Größenordnung zutrafen. Der Zeuge hat zudem über das Umfang und Ausmaß der Lieferungen der T2 in den neuen Bundesländern außerhalb ihres vertraglichen Liefergebiets keine sichere Aussage treffen können. Angesichts des Umstandes, dass die in der genannten Anlage 3 für die T2 im Jahr 1999 in Mecklenburg-Vorpommern genannten Mengen eine ähnliche Größenordnung aufwiesen wie die von der T1 abgesetzten Mengen, hatte der Senat Zweifel daran, dass Lieferungen nur vereinzelt und in einem für die Mehrerlösberechnung unschädlichen Ausmaß außerhalb des vertraglichen Liefergebietes stattgefunden haben. Diese konnten nicht ausgeräumt werden. Der Senat konnte daher nicht mit der erforderlichen Gewissheit ausschließen, dass die T2 nicht nur vereinzelt Lieferungen außerhalb ihres Liefergebietes in die Leitregionen 10 bis 19 und 39 getätigt hatte.

Hinsichtlich der Postleitzahlregionen 23, 29 und 38 war davon auszugehen, dass nur für dasjenige Gebiet, das sich auf das Gebiet der neuen Bundesländer erstreckt(e), vor April 2000 Lieferungen der T2 nicht nur in Einzelfällen stattgefunden hatten. Dieser Umstand folgt insbesondere aus der eindeutigen Aussage des Zeugen KPB in der Hauptverhandlung am 12.12.2012. Dieser hat bekundet, dass die T2 zu keinem Zeitpunkt Gebiete in den alten Bundesländern beliefert hatte. Diese Annahme beruht ferner auf dem bereits erwähnten Zusammenarbeitsvertrag zwischen der T... GmbH & Co. und der M2 AG vom 8.11.1990. Dieser Umstand hat sich schließlich widerspruchsfrei mit einer in die Beweisaufnahme eingeführten Rechnung vom 19.8.1997 an Susanne Worch in 38855 Wernigerode über eine angeblich von der T2 vorgenommene Lieferung in die Leitregion 38 vereinbaren lassen. Der Ort Wernigerode lag und liegt, wie aus der in die Beweisaufnahme eingeführten Postleitzahlenkarte ersichtlich, auf dem Gebiet der neuen Bundesländer.

(3) Gebiete mit Lieferungen der T2 nur in Einzelfällen:

Gebiete mit Lieferungen der T2, die nur in Einzelfällen erfolgten, waren aus dem Regressionsrohdatensatz nicht zu entfernen. Die vorstehenden Ausführungen unter (e) (1) bis (2) galten nicht in gleicher Weise für die Leitregionen 98 und 99 sowie diejenigen Teile der Postleitzahlregionen 36, 37 und 96, die sich auf das Gebiet des Bundeslandes Thüringen erstreckten. Für die folgenden Gebiete stand nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme fest, dass von Juli 1997 bis März 2000 € wenn überhaupt € dann nur in Einzelfällen Lieferungen der T2 erfolgten. Daher wurden Daten, welche die folgenden Zeiträume und Gebiete betrafen, in die Mehrerlösschätzung in Bezug auf die T1 einbezogen:

Tabelle: Gebiete (benannt nach zweistelligen Postleitzahlregionen), hinsichtlich derer feststand, dass - wenn überhaupt - nur in Einzelfällen Lieferungen der T2 erfolgt waren

Zeitraum

PLZ-Regionen zweistellig

PLZ-Regionen zweistellig; nur Anteil neue Bundesländer

7/1997-3/2000

98, 99

36, 37, 96

In diese Leitregionen fanden vor April 2000 - wenn überhaupt - dann lediglich in Einzelfällen Lieferungen der T2 statt. Die genannte Anlage 3 wies für das Jahr 1999 keine von der T2 im Bundesland Thüringen abgesetzten Mengen aus. Insoweit wurde durch die Anlage 3 zur Fusionskontrollanmeldung der T... GmbH & Co. KG a.A. vom 23.2.2001 die vom Zeugen getätigte Aussage, Lieferungen außerhalb des vertraglichen Liefergebiets seien nur in Einzelfällen erfolgt, für das Bundesland Thüringen bestätigt und zusätzlich gestützt. Das vertragliche Liefergebiet der T2 erstreckte sich vor April 2000 nicht auf die Postleitzahlregionen 98 und 99. Für die Postleitzahlregion 99 ist insbesondere darauf hinzuweisen, dass die Grenze des Liefergebiets der T2 genau entlang der Grenze zwischen der PLZ-Leitregion 06 einerseits sowie der PLZ-Region 99 andererseits verlief. Die Existenz einer Lieferrechnung der T2 an HK in 99708 Bendeleben vom 21.8.1997, die sich auf die Postleitzahlregion 99 bezog, widerspricht dem nicht; es handelte sich dabei nur um einen Einzelfall. Den auf die Verlesung dieser lediglich eine einzige Lieferung in die Postleitzahlregion 99 belegende Urkunde gerichteten Beweisantrag vom 17.12.2012 hat der Senat gemäß § 77 Abs. 2 Nr. 1 OWiG abgelehnt, weil eine Beweisaufnahme stattgefunden hat und die beantragte Beweiserhebung nach Überzeugung des Senats nicht erforderlich war. Denn der vom Senat am 12.12.2012 vernommene Zeuge KPB hat Einzelfälle von Lieferungen außerhalb des vertraglichen Liefergebietes (etwa im Falle eines Umzugs) nicht ausgeschlossen. Derartige einzelne Lieferungen außerhalb des vereinbarten Liefergebiets waren bei lebensnaher Betrachtung des Vertriebs von Flüssiggas im Massengeschäft durchaus zu erwarten. Der Senat konnte aber auf der Grundlage der Anlage 3 zur Fusionskontrollanmeldung der T1 (T... GmbH & Co. KG a.A.) vom 23.2.2001, die keine von der T2 in Thüringen (und Berlin) abgesetzten Mengen auswies, sowie den glaubhaften Angaben des Zeugen KPB zur grundsätzlichen Beschränkung auf das vertragliche Liefergebiet im Rahmen der Schätzung insgesamt mit der erforderlichen Überzeugung davon ausgehen, dass diese Einzelfälle ein die Schätzung zu Lasten der Nebenbetroffenen verzerrendes Maß nicht überschritten hatten.

7. Die vom Senat zur Bestimmung des einfachen Mehrerlöses zu Grunde gelegten relevanten Mengen - nach Abzug der Korrekturmengen - beliefen sich danach auf:

268.712.209 Liter (gerundet 268,712 Mio. Liter).

Der als Anlage zum Urteil genommenen Tabelle 3 lassen sich die monatlich relevanten Mengen und die Gesamtmenge entnehmen.

a) Die so ermittelten Mengen waren mit der ermittelten Preisdifferenz zu multiplizieren.

Nach der Multiplikation der monatlich abgesetzten Mengen mit der monatlich berechneten Preisdifferenz wurde die für den gesamten Zeitraum gebildete Summe um einen Sicherheitsabschlag von 10% gekürzt (letzter Berechnungsschritt). Das führte nach Modell 2, Variante 1 mit Daten der K...-Gruppe zu folgendem geschätzten einfachen Mehrerlös für die T1 in Mio. Euro:

7.597.407 Euro x 90% = 6.837.666,30 Euro, gerundet: 6,838 Mio. Euro.

Mit seinem Sicherheitsabschlag in Höhe von 10% beabsichtigt der Senat insbesondere - in Anwendung der Entscheidungsregel in dubio pro reo - dem Umstand Rechnung zu tragen, dass nach seiner Auswahlentscheidung die regionalen Versorgungsgebiete der zehn Vergleichsunternehmen - mit Ausnahme von I2 - nur Teile des Bundesgebietes abdeckten und sie - mit Ausnahme von F4, H 2, O2, I2, E..., Z1 - keine sich überschneidenden Ausfuhrgebiete aufwiesen. Zudem sollen mit dem Sicherheitsabschlag trotz der sehr breiten und sicheren Vergleichsdatenbasis mit mehr als 137.000 Datensätzen etwaige verbleibende Berechnungsunsicherheiten aufgefangen werden (vgl. BGH aaO Rn. 23 - Papiergroßhandel).

b) Entgegen der Auffassung der Verteidigung ist es zweifelhaft, ob der Mehrerlös aus der Differenz aus dem Produkt von tatsächlich erzieltem Preis und tatsächlich abgesetzten Mengen und dem Produkt aus hypothetisch unter Wettbewerbsbedingungen erzieltem Preis und hypothetischer Wettbewerbsmenge zu bilden ist. Es spricht einiges dafür, dass ein Mengeneffekt im Rahmen der Berechnung und Schätzung des Mehrerlöses zur Festlegung der Bußgeldrahmenobergrenze aus normativen Gründen nicht zu berücksichtigen ist (vgl. KG, Urteil vom 28.11.1972 - Kart. 4/72, WuW/E OLG 1339, 1350 - Linoleum; Urteil vom 7.11.1980 - Kart. 6/79, WuW/E OLG 2369, 2375 - Programmzeitschriften). Insbesondere führt bei preisunelastischen Gütern (produktspezifische Preiselastizität, also der Abhängigkeit der Gesamtnachfrage vom Preis:) - die Berücksichtigung der kartellbedingen Mengeneffekte - zu der gesetzgeberisch kaum erwünschten Konsequenz, dass bei einem noch so intensiven und langjährig praktizierten Hardcore-Kartell nur deshalb der schärfere Mehrerlös-Bußgeldrahmen nicht gelten soll, weil es Teilen der betroffenen Abnehmer mit knapper Not und großen Opfern gelungen ist, sich durch einen Wechsel des nachgefragten Gutes dem preistreibenden Kartell zu entziehen. Dies wäre vom Sinn und Zweck der Norm (des Bußgeldrahmens nach § 38 Abs. 2 GWB 1990 und § 81 Abs. 1 GWB 1999) nicht gedeckt (vgl. aber Dannecker/Biermann in Immenga/Mestmäcker, GWB, 3. Aufl., § 81 Rn. 337), der darauf gerichtet ist, den volkswirtschaftlichen Schäden einerseits und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der zu bebußenden Unternehmen andererseits angemessen Rechnung zu tragen.

Allerdings kann diese Rechtsfrage hier offen bleiben. Denn nach Überzeugung des Senats ist schon in tatsächlicher Hinsicht kein nennenswerter kartellbedingter Mengeneffekt/-rückgang angefallen. Eine derartige Entwicklung ist bei lebenswichtigen Produkten der Daseinsvorsorge, die wie hier der (witterungsabhängigen) Wärmeerzeugung dienen, erfahrungsgemäß nicht anzunehmen. Die Nachfrage dieser Produkte wird regelmäßig vom Verbraucher insbesondere nicht durch Konsumverzicht gesteuert (hier: "frieren statt konsumieren"). Hinzu kommt, dass ein Mengeneffekt - jedenfalls bei nicht substituierbaren, preisunelastischen Gütern - sich in erster Linie nur zu Beginn eines Kartells (verzögerte Endverbrauchernachfrage, in der Annahme die Preise würden auf das Vorkartellniveau sinken) zeigt und sich hier aufgrund der langen Vorgeschichte der kartellbelasteten Ausfuhrkooperationen weithin verflüchtigt hätte. Dies gilt auch dann, wenn - wie der Senat dies tut - davon auszugehen ist, dass aufgrund einer neuen Willensentschließung der (verurteilten) Nebenbetroffenen eine Zäsur zwischen der Gründung der beiden bundesweit agierenden Ausfuhrkooperationen F1 und NB 7 und den früheren regionalen Ausfuhrkooperationen eintrat. Die bundesweite Bestandskundenabsprache ist zudem schon deutlich vor Beginn des hier zugrunde gelegten Tatzeitraums (1.7.1997), nämlich spätestens bei Unterzeichnung des Gesellschaftsvertrags der NB 7 am 5.2.1997 zwischen den damaligen Vertretern der Nebenbetroffenen - und den Gesellschaftern der F1 - geschlossen und in der Folge umgesetzt worden.

Absatzmengenverluste durch Änderungen des Heiz- und Kochverhaltens, Investitionen in Energieeffizienz und Wechsel des Heizsystems kommen im Tatzeitraum auch in Ansehung des hier in Rede stehenden kartellbedingten Preisabstands von durchschnittlich rund 4 Cent pro Liter nicht in Betracht. Die Preisüberhöhung war noch viel zu gering, als dass eine breite Mehrheit der Kunden sie zum Anlass nehmen konnte, einen Anbieter- oder Systemwechsel oder eine nachhaltige Veränderung des Verbrauchsverhaltens auf Dauer in Betracht zu ziehen. Wie auch die Verteidigung der verurteilten NB 3 und NB 1/NB 4 ausgeführt haben, reicht selbst ein zehnprozentiger Preisnachlass normalerweise nicht als Motivation für einen Wechsel des Anbieters aus. Gleiches gilt für das Ausweichen von Kunden auf freie Anbieter, die erst ab dem Jahr 1999 zunehmend auftraten, zumal die Flüssiggaspreise deutlichen Volatilitäten unterlagen. Ebenso wie bei anderen homogenen Produkten der Mineralölwirtschaft ist aber auch bei Flüssiggas maßgeblich auf die produktspezifische Preiselastizität abzustellen (vgl. BGH, Beschluss vom 6.12.2011, KVR 95/10, Rn. 89 ff - U.../OMV). Ferner findet der Preisheraufsetzungstest, der sogenannte SSNIP-Test, regelmäßig nur im Rahmen der Fusionskontrolle bei der sachlichen Marktabgrenzung Anwendung (vgl. BGH, Beschluss v. 4.3.2008, KVR 21/07, Tz. 18, WuW/E DE-R 2268 - Soda Club II), nicht jedoch bei der Schätzung des Mehrerlöses. Nach dem Grundsatz der bedeutungsabhängigen Aufklärungsintensität hatte der Senat keinen Anlass für einen solchen Preisheraufsetzungstest (§ 77 Abs. 1 Satz 2 OWiG), da die durchgeführte Beweisaufnahme bereits ein wirtschaftlich vernünftiges und mögliches Ergebnis erbracht hatte. Schließlich ist nicht anzunehmen, dass die Geschäftsführungen aller Kartellanten einen letztlich höchst verlustreichen Mengeneffekt übersehen und jahrelang hingenommen hätten.

c) Der Senat ist auch in der Gesamtschau überzeugt, dass die so geschätzten individuellen Mehrerlöse ein wirtschaftlich vernünftiges und mögliches Ergebnis widerspiegeln, wie es nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gefordert ist (vgl. BGH aaO Rn. 12 - Papiergroßhandel).

8. Einwände der (verurteilten) Versorgungsunternehmen:

a) Soweit die Verteidigung von NB 1/NB 4 für alle (verurteilten) Versorgungsunternehmen gegen die Vergleichbarkeit der Preise der freien Anbieter mit denen der (verurteilten) nebenbetroffenen Versorgungsunternehmen einwendet, wegen der unterschiedlichen Tankmodellschwerpunkte seien die Kostenstrukturen der Versorgungsunternehmen ganz anders gewesen, was überdies auch bei Personal und Lagerhaltung der Fall gewesen sei, und deshalb seien die Preise von Versorgungsunternehmen und freien Anbietern schon strukturell nicht vergleichbar, ist dem nicht zu folgen. Versorgungsunternehmen und freie Anbieter erbrachten für die geforderten Flüssiggaspreise die gleiche Leistung. Individuelle Eigenschaften und Besonderheiten eines Unternehmens, zu denen insbesondere die jeweilige Kostenstruktur zählt, haben im Rahmen des Preisvergleichs außer Betracht zu bleiben. Sie rechtfertigen eine Korrektur der hypothetischen Wettbewerbspreise nicht, sondern finden allenfalls im Rahmen einer gesamtwirtschaftlichen Analyse Beachtung (vgl. BGH, Beschluss vom 2.10.2010 - KVR 66/08, Rn. 42 - Wasserpreise Wetzlar; BGH, Beschluss vom 15.5.2012 - KVR 51/11 - Wasserpreise Calw zu § 19 Abs. 4 Nr. 2 GWB). Dazu zählt im Entscheidungsfall auch die Frage, ob die Versorgungsunternehmen den Miettank über den Preis des Flüssiggases querfinanzierten (unterschiedliche Mietpreisstrategien). Auch dies ist ein unternehmensindividueller Umstand, der für den kartellbedingten Mehrerlös irrelevant ist. Gleiches gilt für die Bereitschaft der Versorgungsunternehmen, Neukunden niedrigere Einstiegspreise für das Flüssiggas anzubieten und die niedrigen Einstiegspreise über die Dauer des Vertrages zu amortisieren (sogenannter "Wasserbetteffekt").

Was den von der Verteidigung als vermeintlich unzulässig beanstandeten Vergleich von Angeboten von DVFG-organisierten und freien Flüssiggasunternehmen ("Äpfel mit Birnen") anbelangt, ist auszuführen: Erstens gab es wesentliche Unterschiede im Angebot der (verurteilten) Versorgungsunternehmen und der Vergleichsunternehmen, soweit es die reine Lieferung von Flüssiggas frei Haus betraf, nicht.

Zweitens ließen sich aber auch keine Unterschiede hinsichtlich derjenigen Leistung feststellen, die über die reine Lieferung von Flüssiggas hinausgingen. So boten die freien Anbieter ebenso wie die (verurteilten) Versorgungsunternehmen die turnusmäßig vorzunehmende Prüfung und die Wartung der Gastanks an bzw. vermittelten entsprechend qualifizierte Sachkundige. Ebenfalls umfasste das (Bündel-)Angebot der freien Anbieter den Erwerb von Gastanks und deren Aufstellung beim Kunden. Ein Teil der freien Anbieter, von denen Transaktionsdaten vorliegen, bot darüber hinaus auch Miettanks mit Lieferverträgen an, und zwar E..., H 2, die K...-Gruppe und Z1. Insofern ergeben sich auch im Hinblick auf diese Angebotsmerkmale keine systematischen Unterschiede zwischen den freien Anbietern und den Versorgungsunternehmen, die eine Preisdifferenz hinsichtlich des Preises pro Liter des gelieferten Flüssiggases rechtfertigen würden.

Drittens: Die mit den hohen Kartellpreisen konfrontierten Endverbraucher interessierte auch nicht, ob die Unternehmen für die gleichen Leistungen mehr oder weniger viel Geld aufwenden mussten oder zur Minimierung des Haftungsrisikos einen Sicherheitsdienst unterhielten. Der Kostenaufwand unterfiel allein individuellen unternehmerischen Investitions- und Risiko(minderungs-)entscheidungen.

b) Die Verteidigung vertritt die Auffassung, der angestellte Preisvergleich sei sachwidrig, weil die (verurteilten) nebenbetroffenen Versorgungsunternehmen und die freien Anbieter in Struktur und in den Geschäftsmodellen völlig verschieden seien, insbesondere

- hinsichtlich der Größe der Unternehmen in Bezug auf Marktanteil und Jahresabsatzmengen,

- hinsichtlich der Tankbereitstellungsmodelle, da die Versorgungsunternehmen überwiegend das Miettankmodell und die Vergleichsunternehmen - mit Ausnahme von H 2, E..., K...-Gruppe, Z1 das Eigentumstankmodell anböten,

- hinsichtlich der Versorgungsdichte; während die Versorgungsunternehmen im jeweiligen Liefergebiet flächendeckend Flüssiggaskunden versorgten, sei die Versorgung durch die Vergleichsunternehmen lückenhaft, auch bezogen auf ihre jeweiligen kleinen Liefergebiete,

- hinsichtlich der Infrastruktur für die Warenbeschaffung und Kundenversorgung (weithin fehlende Terminal- und Lagerstruktur bei den freien Anbietern),

- hinsichtlich eines Vertriebs mit einer Vielzahl von Außendienstmitarbeitern,

- hinsichtlich des Geschäftsgebarens, wonach jedenfalls bis zum Bekanntwerden des BGH-Urteils vom 15.11.2003, teilweise auch zeitlich darüber hinaus, die Vergleichsunternehmen im Eigentum der Versorgungsunternehmen stehende Flüssiggastanks unter Verstoß gegen § 1004 BGB befüllt hätten,

- hinsichtlich der Möglichkeit zur Quersubventionierung des Flüssiggasendkundengeschäfts bei den Vergleichsunternehmen G2, H 2 und E..., was diesen erhebliche Kostenvorteile etwa gegenüber NB 6 verschaffte, die solche Möglichkeiten nicht habe,

- hinsichtlich der Sonderstellung der I2, die eine Tochter des I3 sei, einer Interessengemeinschaft von Landwirten, wobei die I2 selbst über keinerlei Infrastruktur verfüge und keine Gewinne erzielen müsse.

Alle diese Gesichtspunkte greifen nicht durch. Entscheidend ist, dass die zum Vergleich herangezogenen Anbieter ungeachtet ihrer eigenen strukturellen Gegebenheiten einen Flüssiggaspreis tatsächlich am Markt gefordert und durchgesetzt haben, an dem sich die anderen Wettbewerber, soweit sie ebenfalls dort tätig waren, mit zu orientieren hatten. Namentlich von den Preisen der I2 ging nach dem Ergebnis der Hauptverhandlung ein besonderer Wettbewerbsdruck aus, wie insbesondere die Zeugen HT2 (NB 6) und RK3 (P1) bekundet haben. Individuelle, auf die unternehmerische Entschließung oder auf die Struktur des betroffenen Versorgungsunternehmens zurückgehende Umstände haben demgegenüber in Anbetracht dessen außer Betracht zu bleiben. Welche (Kosten-)Struktur ein Unternehmen aufweist und wie sich ein Unternehmen finanziert, kann grundsätzlich nicht zur Begründung höherer Kartellpreise herangezogen werden (vgl. BGH Beschluss vom 15.5.2012 - KVR 66/08, Rn. 42, 52, WuW/E DE-R 3632-3638 - Wasserpreise Calw; Beschluss vom 28.6.2010, KVR 17/04, BGHZ 163, 282, 292 f. - Stadtwerke Mainz).

Der Fall, dass die Kapitalkosten des Vergleichsunternehmens aufgrund außergewöhnlicher Umstände - etwa weil seine Eigentümer auf eine Rendite verzichten - ungewöhnlich niedrig waren (vgl. BGH, Beschluss vom 7.10.1986, KVR 7/85, WuW/E BGH 2309, 2311 f. - Glockenheide), liegt hier ebenfalls nicht vor. Dass die I2 oder die E... auf eine Rendite verzichteten, konnte aufgrund der Hauptverhandlung nicht festgestellt werden. Im Gegenteil: die Zeugin AB2 (E...) hat zur Margenbildung überzeugend angegeben, dass mit einer Rendite von 10% kalkuliert worden sei; eine Querfinanzierung der Flüssiggaspreise durch die Erdgaspreise sei nicht erfolgt. Der Vernehmung weiterer Zeugen aus dem Vorstand des Vergleichsunternehmens E4 AG zur Widerlegung des gesicherten Beweisergebnisses bedurfte es nicht (§ 77 Abs. 2 Nr. 1 OWiG). Ferner hat die Zeugin GT für die I2 ausgesagt, es sei mit einer Marge von 1,5 Cent pro Liter kalkuliert worden. Ihre Aussage wurde von dem Zeugen und Geschäftsführer FST bestätigt.

c) Dem gegen die Auswahl der Methode gerichteten Einwand der Verteidigung, das Vergleichsmarktkonzept sei hier generell ungeeignet, weil es an der fehlenden Abgrenzung des relevanten Marktes fehle und damit an einer Vergleichbarkeit der (verurteilten) Versorgungsunternehmen und der Vergleichsunternehmen hinsichtlich ihrer jeweiligen individuellen Vertriebsgebiete, ist entgegenzuhalten, dass eine solche räumliche Marktabgrenzung für die Zwecke des Preisvergleiches nicht erforderlich ist. Die Preisentwicklung in benachbarten Märkten ist grundsätzlich ein tauglicher Parameter für eine Schätzung. Sogar von den Preisen nur potentieller Anbieter kann ein Wettbewerbsdruck ausgehen (vgl. BGH, Beschluss v. 25.4.2005, KRB 22/04, Rn. 15, WuW/E DE-R 1487-1490 - steuerfreier Mehrerlös).

d) Den Einwänden der Verteidigung, dem Preisvergleich auf Basis der Rohdaten der (verurteilten) Versorgungsunternehmen und den Datensätzen der Vergleichsunternehmen fehle die statistische Belastbarkeit und Plausibilität, ist nicht zu folgen. Den Rügen bezüglich der angeblichen Vielzahl unplausibler Einträge, falscher Zuordnungen und anderer Mängel in den Daten der freien Anbieter wurde teils durch Beweisaufnahmen nachgegangen und sodann Rechnung getragen. Im Übrigen fallen diese nicht beträchtlich ins Gewicht. Sie verhalten sich in einem Rahmen, der üblicherweise, also auch bei den (verurteilten) Versorgungsunternehmen bei der Erfassung ihrer Daten im Tagesgeschäft anfällt. Von einer grundsätzlichen Unzuverlässigkeit der Daten der freien Anbieter ist - ebenso wie bei den (verurteilten) Versorgungsunternehmen - nicht auszugehen. Sowohl die Daten der freien Anbieter als auch die Daten der (verurteilten) Versorgungsunternehmen können somit Eingabefehler aufweisen, ohne dass dies ihre generelle Zwecktauglichkeit und Plausibilität beeinträchtigte.

e) Soweit die Verteidigung der NB 6 stellvertretend für alle (verurteilten) nebenbetroffenen Versorgungsunternehmen einwendet, ein tatsächlich regional differenzierter Vergleich zwischen den Unternehmen, der nur anhand echter Matches (aus einer Region liegt jeweils ein Preis für die jeweilige (verurteilte) Nebenbetroffene und für das virtuelle Vergleichsunternehmen vor) durchgeführt werde, sei gar nicht möglich, da bei allen (verurteilten) Versorgungsunternehmen außer der T... GmbH & Co. KG a.A. keine regional differenzierten Daten vorlägen, der Preisvergleich leide somit unter einer zu hohen Unsicherheit, weil für viele Regionen keine Preisbeobachtungen der Vergleichsunternehmen vorlägen ("weiße Flecken"), bleibt dies ohne Erfolg. Diese Argumentation läuft auf die Forderung nach einer Vollerhebung aller Vergleichsdaten hinaus. Diese ist indes nicht Maßstab für eine Mehrerlösschätzung. Die Verteidigung übersieht, dass es gerade zulässig ist, Preise aus benachbarten Regionen miteinander zu vergleichen. Das gesamte räumliche Vergleichsmarktkonzept beruht darauf. Im Entscheidungsfall sind über 137.000 Einzeltransaktionsdaten erhoben worden. Soweit von insgesamt mindestens 180 freien Anbietern "nur" zehn Anbieter herangezogen wurden, ist festzuhalten, dass jeder der zehn Anbieter für seine Region einen Wettbewerbspreis geliefert hat, von dem Wettbewerbswirkungen auf die benachbarten Gebiete ausgingen. Diese Wettbewerbswirkungen strahlten auch in Gebiete, in denen keine Preise von freien Anbietern erhoben wurden, wie ebenso umgekehrt nicht bekannte freie Anbieter von den erhobenen Daten wettbewerblich beeinflusst wurden.

Völlig heterogene Preise unter den freien Anbietern können insoweit als Ausnahmen betrachtet werden und wurden auch nur in äußerst geringem Umfang, zum Beispiel in einer Region im Östlichen Mecklenburg-Vorpommern zwischen F4 und H 2 festgestellt. Diese Preisunterschiede können zudem - neben strukturellen Unterschieden wie Transportkosten und Abnahme größerer Mengen - auch darauf beruhen, dass H 2 - schlicht und einfach - billiger anbieten wollte und sich daher gerade wettbewerbskonform verhielt.

f) Soweit die Verteidigung der verurteilten NB 6 für alle (verurteilten) Unternehmen ausgeführt hat, die Durchschnittspreise der F2 e.V., die der Zeuge Rechtsanwalt MM dem Bundeskartellamt übermittelt hatte, seien untauglich, weil sie weder in sachlichstruktureller Hinsicht noch in räumlicher Hinsicht differenziert gewesen seien, sind diese dem Preisvergleich nicht zu Grunde gelegt worden.

Allerdings ist der Senat der Frage einer anderweitigen Kartellbefangenheit der Preise der einzelnen Mitglieder der F2 e.V. insbesondere durch Vernehmung des Zeugen Rechtsanwalt MM (Geschäftsführer der F2 e.V.) nachgegangen. Anhaltspunkte für ein Gebietskartell oder Preisabsprachen zwischen den Mitgliedern des Vereins (F4, O2, B7, Topgas, H3, G2) haben sich nach der glaubhaften Aussage des Zeugen MM indes nicht ergeben.

g) Soweit die Verteidigung der NB 6 und der Nebenbetroffenen T1 für alle (verurteilten) Versorgungsunternehmen ferner gegen die Höhe des Mehrerlöses eingewandt hat, dem Preisvergleich nach dem Modell 2 fehle die erforderliche Datendichte, da wegen des Einflusses der Datenbasis auf die Größe der Konfidenzintervalle mindestens eine Beobachtungszahl von 30 Einzeltransaktionen als Mindestanzahl je PLZ-Region erforderlich sei, um statistische Ausreißer einzufangen, ist dem ebenfalls nicht zu folgen.

Es kann dahinstehen, ob es wegen des Einflusses der Datenbasis auf die Größe der Konfidenzintervalle eine statistische Konvention gibt, wonach Stichproben zumindest einen Umfang von 30 Beobachtungen haben sollten. Denn eine solche Konvention überdehnt jedenfalls die Anforderungen an eine Schätzung der vorliegenden Art und überbewertet das Auftreten von Ausreißern.

In diesem Zusammenhang ist anzumerken:

Der Senat hat bewusst davon abgesehen, die Preisabstandsberechnung anhand der Variante 2 auf der Ebene von einstelligen Postleitzahlregionen vorzunehmen.

In der Variante 2 - der Verrechnungsvergleichspreis wird auf Basis einstelliger Postleitzahlregionen gebildet - wird allerdings durch die Verdichtung eine Erhöhung der statistischen Validität der Daten erreicht. Denn da sich in den 10 Töpfen der einstelligen Postleitzahlregionen nach Variante 2 in Deutschland jeweils deutlich mehr Transaktionen der (verurteilten) Versorgungsunternehmen finden als in den 95 Töpfen der zweistelligen Postleitzahlregionen nach Variante 1, ergibt sich eine deutlich höhere Trefferzahl (auch Matches) von den mit Daten besetzten Kombinationen. Der Preis dafür ist allerdings der Verlust an regionaler Differenzierung, der mit dem Schritt von der zweistelligen zur einstelligen Ebene der Verdichtung einhergeht.

Denn die Berechnung des Mehrerlöses auf der Grundlage einstelliger Postleitzahlregionen führte zu höheren Werten, und zwar wie der Senat selbst nachgerechnet hat, für alle Versorgungsunternehmen einschließlich der NB 2. Ferner hat die vom Senat vorgenommene Proberechnung für die NB 2 ergeben, dass sich die Preisdifferenz bei Miettanks im arithmetischen Mittel über den gesamten Zeitraum in Cent pro Liter von 1,78 auf 3,4 und im gewichteten Mittel von 2,02 auf 3,62 erhöhen würde. Die Preisdifferenz bei den Eigentumstanks erhöhte sich in Cent pro Liter im arithmetischen Mittel von 4,59 auf 6,24 und im gewichteten Mittel von 4,69 auf 6,45.

h) Soweit die Verteidigung der NB 2 ferner zur Höhe des Mehrerlöses eingewandt hat,

es existiere eine gesonderte Kundengruppe der Landwirtschaftskunden, die über alle Anbieter (Versorgungsunternehmen wie Vergleichsunternehmen) aufgrund ihrer größeren Abnahmemenge systematisch günstigere Preise erhalte, und dem müsse beim Preisvergleich mit einem Sicherheitsabschlag Rechnung getragen werden, weil die T1 nur über einen Landwirtschaftskundenanteil von ca. 0,00 % bis 1% verfügt habe, ist dem entgegenzuhalten:

Bezüglich der Kundengruppen Haushalt und Gewerbe sowie Landwirtschaft hat sich eine differenzierte Berücksichtigung des geringeren Anteils der Landwirtschaftskunden bei den Versorgungsunternehmen aufgrund der vorliegenden Daten und auch aufgrund der Ergebnisse der Hauptverhandlung als nicht notwendig erwiesen.

Allerdings können nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH aaO, Rn. 15, 19 - Papiergroßhandel) die im Rahmen einer gesamtwirtschaftlichen Analyse ermittelten Preise zur Optimierung und Angleichung - in Form einer Kontrollüberlegung - mit den in intakten Teilmärkten erzielten Preisen in Beziehung gesetzt werden. In diesem Sinne können die mit anderen Kundengruppen erzielten Preise einbezogen werden. In dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall handelte es sich bei den beiden gesonderten Kundengruppen der freien Kunden um die Gruppe der Wiederverkäufer, die im sogenannten Streckengeschäft bestimmte Papiersorten abnahmen, und bei den geregelten Kunden um solche, die sich durch Spezifika wie besondere Bonität oder Zahlungsmoral oder persönliche Beziehungen auswiesen. Beide wiesen damit bedeutsame Unterschiede zu den von der Preisvereinbarung erfassten Kunden auf, was gegen die Verallgemeinerungsfähigkeit ihrer Preise und für die Nichtberücksichtigung ihrer Preise im Rahmen eines Preisvergleichs sprach. Schon im Ausgangspunkt sind diese Überlegungen des Bundesgerichtshofs hier aber nicht einschlägig, da der Senat keine gesamtwirtschaftliche Analyse sondern einen Preisvergleich innerhalb desselben Marktes vorgenommen hat, in dem die Kundenstruktur jeweils dieselbe war.

Die "Landwirtschaftskunden" mit Tanks bis zu 2,9 t-Fassungsvermögen bildeten zudem keine gesonderte Kundengruppe, die sich gegenüber den übrigen maßgebenden Endverbrauchern (Haushalts- und Gewerbekunden) durch eine größere Abnahmemenge, besondere persönliche Beziehungen, besonders gute Zahlungsmoral/Bonität oder ähnliche Merkmale abhob.

Pro Lieferung nahmen landwirtschaftliche Betriebe im Durchschnitt nur 300 Liter Tankgas mehr als ein Haushalts- und Gewerbekunde pro Jahr und 150 Liter Tankgas bezogen auf den Gesamtzeitraum (1.7.1997 bis 30.4.2005) ab. Zwar hatten landwirtschaftliche Betriebe einen höheren Jahresbedarf, wenn sie Flüssiggas zur Wärmeenergiegewinnung in ihren Betrieben (Ställen) einsetzten. Die Versorgungsunternehmen belieferten indes auch industrielle Landwirtschaftsbetriebe, wenn diese größere Absatzmengen nachfragten oder sich ihre Belieferung in die Tourenplanung zwanglos einfügte.

Die sogenannten "Landwirtschaftskunden" wiesen gegenüber Haushalts- und Gewerbekunden auch kein anderes Abnahmeverhalten (größere Abnahmemengen) auf. Nach dem Ergebnis der Hauptverhandlung handelte es sich weithin um eine begriffliche Umschreibung besonders preissensibler Kunden, die einen bestimmten faktischen mengenrabattierten Orientierungspreis, nämlich den I2-/I3-Preis erhielten und im Übrigen zu denselben vertraglichen Konditionen wie andere Endverbraucher beliefert wurden. Auch andere Endverbraucher erhielten in Abhängigkeit von den abgenommenen Mengen den sogenannten Landwirtschaftskundenpreis oder I2-/I3-Preis.

Landwirtschaftskunden bildeten letztlich mit den Gewerbekunden und den Haushaltskunden die Kundengruppe der "Endverbraucher" in Abgrenzung zur Kundengruppe der "Industriekunden", die im Streckengeschäft beliefert wurden. Hingegen bildeten sie keine eigenständige Kundengruppe gegenüber den Haushalts- und Gewerbekunden. Das zeigte sich auch im Sprachgebrauch der Flüssiggasbranche, wo es keine allgemeingültige Begriffsdefinition für sie als Kundengruppe gab und gibt. Der weite Begriff des Landwirtschaftskunden umfasst(e) vielmehr beispielhaft sowohl die bäuerlich geprägten Betriebe als auch die industriell geprägten Landwirtschaftsbetriebe, wie Schweinemastbetriebe und Geflügelzuchtfarmen. Unter ihn fallen und fielen aber nach dem Verständnis der Unternehmen teilweise auch Haushalts- und Gewerbekunden, die besonders preissensibel auftraten und den I2-/I3-Preis forderten ohne Landwirte im engeren Sinne zu sein.

Gegen die Annahme, dass es sich bei den Landwirtschaftskunden um eine eigene Kundengruppe handelte, spricht ferner Folgendes: Eine Reihe von Zeugen der freien Anbieter hat übereinstimmend ausgesagt, überhaupt keine explizite Preisdifferenzierung innerhalb der Endverbraucher vorzunehmen. Die I2 hielt - wie die Zeugen FST sowie die Zeugin GT ausgesagt haben - ebenfalls nur abnahmemengengestaffelte Preise (unter 2.000 Liter und darüber) vor. Die Mengenrabatte wurden unterschiedslos sowohl den Haushalts- als auch den Landwirtschaftskunden und sonstigen Gewerbekunden gewährt. Auch der freie Anbieter H 2 differenzierte, wie der Zeuge RG bekundet hat, bei der Preisbildung nicht zwischen Haushalts- und Gewerbe- einerseits sowie Landwirtschaftskunden andererseits, sondern berechnete die Preise gestaffelt nach Abnahmemengen (Kleinstmengen, 2.000 Liter und darüber).

Auch die NB 1 und die NB 4 nahmen nach den Bekundungen der Zeugin DS intern keine Differenzierung für die Kundengruppe "Landwirtschaftskunden" vor. Ferner erfasste die T1 Landwirte nicht getrennt von Haushaltskunden und Gewerbetreibenden in ihren IT-Systemen und in ihrem Rechnungswesen.

Der abnahmemengengestaffelte "I2-Preis" wirkte vielmehr nach Überzeugung des Senats wie ein Orientierungspreis für alle besonders preissensiblen Kunden mit Eigentumstanks. Von diesem, von den Zeugen als "Richtpreis" bezeichneten Preis ging ein Preis- und Anpassungsdruck aus, dem auch die (verurteilten) nebenbetroffenen Versorgungsunternehmen, um keine Marktanteile zu verlieren, in den Kundengesprächen Rechnung tragen mussten.

Der Senat hat deshalb auch davon abgesehen, die unterschiedlichen Landwirtschaftskundenanteile der Versorgungsunternehmen beim Preisvergleich so zu berücksichtigen, wie dies nach dem Rechenweg des sogenannten Modells 3 des Bundeskartellamts vorgesehen ist.

i) Soweit die Hauptverhandlung ergeben hat, dass die freien Anbieter mit der Fremdbefüllung von Miettanks bis zum Jahr 2003 gegen § 1004 BGB verstießen, steht dies der Vergleichseignung ihrer Preise nicht entgegen. Entscheidend ist, dass es sich bei den erhobenen Preisen der freien Anbieter um tatsächlich am Markt geforderte und gezahlte Wettbewerbspreise handelte. Es kann insoweit nicht darauf ankommen, welche - zeitlich nachgelagerten - Rechtsverstöße die freien Anbieter gegen Eigentumsrechte nach § 1004 BGB begangen haben, da die Versorgungsunternehmen ihre Rechte gerichtlich durchsetzen konnten und diese Verstöße auch nicht für die Herstellung und den Vertrieb von Flüssiggas kalkulationsrelevant sind (vgl. BGH, Beschluss vom 16.12.1976 - KVR 2/76, BGHZ 68, 23-37 - Valium I). Unter dem Gesichtspunkt des Kartell- und Wettbewerbsrechts, zu dessen Zielen jede Belebung des Wettbewerbs gehört, sind Marktzutritte Dritter grundsätzlich erwünscht. Die Vorschriften zum Schutz des Eigentums sind demgegenüber individualschützend (vgl. BGH, Urteil vom 26.3.2006 - I ZR 92/03, Rn 12 m.w.N., NJW-RR 2006, 1378, 1379) und besitzen keine sekundäre wettbewerbsbezogene Funktion (vgl. BGH, Beschluss vom 12.11.2002 - KZR 11/01, Rn. 13 WuW/E DE-R 1087 - Ausrüstungsgegenstände für Feuerlöschzüge; BGH, Urteil vom 25.4.2002 - I ZR 250/00, BGHZ 150, 343-353 - Elektroarbeiten) oder kartellrechtliche Schutzfunktion. Umgekehrt schützt das Kartellrecht (§ 1 GWB) nicht die Eigentumsrechte nach § 1004 BGB. Vielmehr darf die Ausübung des Eigentumsrechts mittels des Kartellrechts Beschränkungen unterworfen werden, sofern sie nicht unangemessen sind und das Eigentum nicht in seinem Wesensgehalt beeinträchtigen (vgl. BGH, Beschluss vom 4.3.2008 - KVR 21/07, BGHZ 176, 1-23 - Soda Club II).

j) Keiner der vorgebrachten Einwände rechtfertigt aus den dargelegten Gründen die Vornahme eines höheren Sicherheitsabschlages oder die Schätzung des Mehrerlöses auf null Euro.

F.BB. Bußgeldrahmen für die Nebenbetroffene NB 2:

I. Bei der Ahndung der begangenen Ordnungswidrigkeit hat sich der Senat hinsichtlich der Nebenbetroffenen NB 2 von folgenden Erwägungen leiten lassen:

1. Die Geldbuße gegen die NB 2 ist im Ergebnis dem Bußgeldrahmen der §§ 17 Abs. 1 OWiG, 81 Abs. 2 Satz 1, 2. Alt. GWB i.d.F.d.Bek. vom 26.8.1998 zu entnehmen. Nach § 4 Abs. 1 und 2 OWiG bestimmt sich die Geldbuße nach dem bei Beendigung der Tat geltenden Recht. Bei Beendigung des Kartells war § 81 Abs. 2 Satz 1, 2. Alt. GWB 1999 schon in Kraft getreten (§ 4 Abs. 2 OWiG). Die Vorschrift ist gegenüber den § 81 Abs. 4 Satz 2 GWB 2005 und § 81 Abs. 4 Satz 2, 3 GWB 2007 das mildere Gesetz im Sinne des § 4 Abs. 3 OWiG, weil durch letztere der Bußgeldrahmen auf 10% des Gesamtumsatzes erhöht wurde. Nach § 81 Abs. 2 Satz 1, 2. Alt. GWB 1999 kann über den von 5 € bis 500.000 € reichenden Regelbußgeldrahmen hinaus eine Geldbuße bis zur dreifachen Höhe des durch die Zuwiderhandlungen erlangten Mehrerlöses verhängt werden. Der Senat geht davon aus, dass mit der Durchsuchung am 3.5.2005 die zur Beurteilung stehende Tat spätestens beendet worden ist.

2. Soweit die Verteidigung meint, eine bei Erlass des GWB 2005 entstandene zeitliche Sanktionslücke führe sogar dazu, dass eine Bebußung der Nebenbetroffenen gänzlich zu unterbleiben habe, bleibt dies ohne Erfolg. Eine zeitliche Sanktionslücke lag nicht vor (vgl. BGH, Beschluss vom 26.2.2013 - KRB 20/12, Rn. 46-49, WuW/E DE-R 3861-3879 - Grauzement).

3. Entgegen der Ansicht der Verteidigung enthalten die Vorschriften des § 81 Abs. 4 GWB 2005 und 2007 auch keine verfassungswidrig unbestimmten Rechtsbegriffe. Namentlich sind die Begriffe "Unternehmen", "Gesamtumsatz" und "wirtschaftliche Einheit" nicht weniger bestimmt als die Begriffe der "Gewalt" in § 240 StGB oder des "Treueverhältnisses" in § 266 StGB (vgl. BVerfG, BVerfGE 73, 206, 238; 66, 337, 335; 91, 1, 12; 96, 68, 97 f.; NJW 2010, 3209 Rn. 77; Kokott, WuW 2012, 670, 676), deren Verfassungsmäßigkeit selbst unter dem Blickwinkel des strengeren Strafrechts nicht in Zweifel gezogen wird. Als normative Rechtsbegriffe sind sie der Auslegung durch die Gerichte zugänglich. Die Verwendung normativer Rechtsbegriffe ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auch im Ordnungswidrigkeitenrecht zulässig. Dabei gelten im Nebenstrafrecht - und im Ordnungswidrigkeitenrecht - ohnedies geringere Anforderungen als im Kriminalstrafrecht. Entscheidend ist, dass die Bußgeldrahmen individuell bestimmbar sind (vgl. bereits BGH, Beschluss vom 26.2.2013 - KRB 20/12, Rn. 50-65, WuW/E DE-R 3861-3879 - Grauzement zu § 81 Abs. 4 GWB 2005). Die Bestimmung der Bußgeldrahmen geschieht hier unter Rückgriff auf die den Versorgungsunternehmen aus der betrieblichen Finanzbuchhaltung bekannten Umsatzzahlen.

4. Die im Jahr 2005 in Kraft getretene Änderung des erweiterten Bußgeldrahmens, wonach die Geldbuße für jedes an der Zuwiderhandlung beteiligte Unternehmen 10 % seines im vorausgegangenen Geschäftsjahr erzielten Gesamtumsatzes nicht übersteigen darf (§ 81 Abs. 4 Satz 2 GWB 2005), bleibt für die NB 2 gemäß § 4 Abs. 3 OWiG außer Betracht. Gleiches gilt für den Bußgeldrahmen nach § 81 Abs. 4 GWB 2007. Gemäß § 4 Abs. 3 OWiG ist eine zwischen Tatbeendigung und Entscheidung erfolgte Gesetzesänderung nur dann zu berücksichtigen, wenn das geänderte Gesetz das mildere ist. Die geänderte Rechtslage sieht für die genannten Versorgungsunternehmen indes höhere umsatzabhängige Bußgeldrahmen - und damit ungünstigere Rechtsfolgen - als die sogenannte Mehrerlösgeldbuße vor. Soweit die Verteidigung meint, bei dem Günstigkeitsvergleich sei ein Vergleich der konkreten Bußgelder nach den Gesetzesfassungen von 1999, 2005 und 2007 erforderlich, trifft dies nicht zu (vgl. BGH, Beschluss vom 26.2.2013 - KRB 20/12, Rn. 45, WuW/E DE-R 3861-3879 - Grauzement). Maßgebend sind vielmehr die nach den Gesetzesfassungen möglichen Höchstbußen. Dabei kommt es für die Bußgeldrahmenobergrenze des § 81 Abs. 4 Satz 2 GWB 2005 auf die Verhältnisse des dem Senatsurteil vorausgegangenen Geschäftsjahr (hier: 2012), bei § 81 Abs. 4 GWB 2007 auf das Jahr vor der Behördenentscheidung (hier: 2006) an.

Entgegen der Ansicht der Verteidigung ist davon auszugehen, dass für die Berechnung der 10prozentigen Umsatzschwelle im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs "auch im Rahmen des § 81 Abs. 4 GWB 2005 eine Umsatzzurechnung im Konzern zu erfolgen hat und hierzu entsprechend der europäischen Rechtslage auf den Begriff der wirtschaftlichen Einheit abzustellen ist" (vgl. BGH, Beschluss vom 26.2.2013 - KRB 20/12, Rn. 67, WuW/E DE-R 3861-3879 - Grauzement).

Für die Gesetzeslagen gemäß § 81 Abs. 4 GWB 2005 und 2007 gilt insoweit kein "anderer Bezugsmaßstab" (BGH a.a.O. Rn. 68). Mithin stellt § 81 Abs. 4 GWB 2007 entgegen der Ansicht der Verteidigung kein Minus zu § 81 Abs. 4 GWB 2005 dar; der Halbsatz "die als wirtschaftliche Einheit operieren" ist nicht so zu verstehen, dass der Begriff der wirtschaftlichen Einheit gegenüber der Gesetzeslage 2005 eingeschränkt werden sollte. Als wirtschaftliche Einheit "operieren" können namentlich auch Konzernholdinggesellschaften oder natürliche Personen, die nicht bloß eine Kapitalbeteiligung halten, sondern insoweit Leitungsfunktionen ausüben.

5. Für den normativen Rechtsbegriff der wirtschaftlichen Einheit im Sinne des § 81 Abs. 4 GWB 2007 gelten, soweit hier von Interesse, nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs folgende Grundsätze (vgl. zur grundsätzlichen Maßgeblichkeit des europäischen Rechts zuletzt BGH, Urteil vom 6.11.2012 - KZR 61/11, Rn. 51 - VBL-Gegenwert, wo ausgeführt ist, dass wegen der vom Gesetzgeber bezweckten Angleichung des nationalen Kartellrechts an das europäische Kartellrecht bei der Auslegung des nationalen Kartellrechts das europäische Kartellrecht - und damit die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs - zu berücksichtigen ist.):

Eine Muttergesellschaft und deren unmittelbare oder mittelbare Tochtergesellschaft sind Teil ein und derselben wirtschaftlichen Einheit und bilden damit ein Unternehmen, wenn die Tochtergesellschaft trotz eigener Rechtspersönlichkeit ihr Marktverhalten nicht autonom bestimmt, sondern im Wesentlichen Weisungen der Muttergesellschaft befolgt (EuGH, Urteil vom 10.9.2009 - Rs. C-97/08 P, Slg. 2009, I-8237= WuW/E EU-R 1336, Rn. 61 ff. - Akzo Nobel ./. Kommission), und zwar vor allem wegen der wirtschaftlichen, organisatorischen und rechtlichen Bindungen, die die beiden Rechtssubjekte verbinden (EuGH, Urteil vom 20.1.2011 - Rs. C-90/09 P, WuW/E EU-R 1899, 1910 Rn. 86 ff - General Qu€mica ./. Kommission).

Der Tochtergesellschaft fehlt es an der Eigenständigkeit - sie bestimmt ihr Verhalten also nicht autonom -, wenn die Muttergesellschaft einen bestimmenden Einfluss auf ihr Verhalten (Geschäftspolitik und/oder Marktverhalten) ausüben kann und tatsächlich ausübt (vgl. EuGH, Urteil vom 20.1.2011 - Rs. C-90/09 P, WuW/E EU-R 1899, 1910, Rn. 86 ff - General Qu€mica u.a. ./. Kommission; EuGH, Urteil vom 10.9.2009 - Rs. C-97/08 P, Slg. 2009, I-8237, Rn. 61 ff. - Akzo Nobel: "Einfluss auf die allgemeine Geschäftspolitik"; EuG, Urteil vom 12.10.2011 - T-38/05, WuW/E EU-R 2233-2272, Rn. 102 ff. - Agroexpansion SA ./. Kommission: "entscheidender Einfluss auf die Geschäftspolitik der Tochtergesellschaft").

Ausreichend ist insoweit ein bestimmender Einfluss der Muttergesellschaft auf die Geschäftspolitik im weiteren Sinne, denn eine einheitliche Geschäftspolitik im Konzern hat stets mittelbare Auswirkungen auf die Geschäftspolitik und das Marktverhalten der weiteren Unternehmensglieder (EuG, Urteil vom 29.6.2012 - Rs. T-360/09 - WuW/E EU-R 2479, 2507, Rn. 282 f. - E.ON Ruhrgas ./. Kommission). Schon die Ausübung der Funktion als Leitungs- und Koordinierungsinstanz führt mithin dazu, dass ein bestimmender Einfluss auf das Marktverhalten der Tochtergesellschaft(en) ausgeübt wird.

Bei mehreren hintereinander geschalteten Gesellschaften (Mutter - Tochter - Enkel) gelten keine Besonderheiten. Eine Muttergesellschaft und ihre mittelbare Tochtergesellschaft, die selbst Muttergesellschaft der Gesellschaft ist, die eine Zuwiderhandlung begangen hat, können mit der letztgenannten Gesellschaft unter der Maßgabe der vorstehenden Grundsätze eine wirtschaftliche Einheit bilden (EuGH, Urteil vom 19.7.2012 - Rs. C-628/10 P und Rs. C-14/11 P, Rn. 39 f, 50 ff Rn. 101 a.E. WuW/E EU-R 1899, 2532 Rn. 42 ff. - Alliance One u.a./Kommission). Für eine bloße Holdinggesellschaft ohne eigenes operatives Geschäft, die an der Tochtergesellschaft keine unmittelbaren Gesellschaftsanteile hält, gilt nichts anderes, sofern sie, und sei es auch nur mittelbar über eine zwischengeschaltete Gesellschaft, einen bestimmenden Einfluss auf diese Tochtergesellschaft ausübt (vgl. EuGH, Urteil vom 20.1.2011 - Rs. C-90/09 P, WuW/E EU-R 1899 - General Qu€mica u.a../. Kommission; EuG, Urteil vom 12.10.2011 - Rs. T 38/05, WuW/E-EU-R 2233-2272; Rn. 102 ff. - Agroexpansion SA ./. Kommission).

Eine wirtschaftliche Einheit im Sinne des Art. 101 AEUV kann auch dann vorliegen, wenn die Muttergesellschaft nicht in der Sparte der Tochtergesellschaft tätig ist und es keine Managementüberschneidungen zwischen Mutter- und Tochtergesellschaft gibt (vgl. EuGH, Urteil vom 8.5.2013, Rs. C- 508/11 P, Rn. 65, WuW/E EU-R 2762, 2732 ff. - ENI ./. Kommission).

Für Gemeinschaftsunternehmen und ihre Muttergesellschaften gelten die gleichen Grundsätze. Die Ausübung einer gemeinsamen Kontrolle über ihre Tochtergesellschaft durch voneinander unabhängige Muttergesellschaften hindert nicht die Annahme (wörtlich "an der Feststellung"; vgl. EuGH, Urteil vom 19.7.2013, Rs. C- 628/10P u. C-14/11 P, Rn. 101, WuW/E EU-R 1899, 2532 - Alliance One ./. Kommission), dass zwischen einer dieser Muttergesellschaften und der Tochtergesellschaft (= Gemeinschaftsunternehmen) eine wirtschaftliche Einheit besteht. Dies gilt selbst dann, wenn diese Muttergesellschaft weniger Kapitalanteile an der Tochtergesellschaft hält als die anderen Muttergesellschaften.

Auch eine (nur) gemeinsame Kontrolle steht nicht der Annahme entgegen, dass die Gesellschaften - die Muttergesellschaften und das Gemeinschaftsunternehmen - eine wirtschaftliche Einheit bilden, sofern die Muttergesellschaften einen bestimmenden Einfluss auf die Geschäftspolitik des Gemeinschaftsunternehmens ausüben (vgl. EuGH, Urteil vom 19.7.2012 - Rs. C-628/10 P u. C-14/11 P, Rn. 101, 103 WuW/E EU-R 1899 - Alliance One u.a./Kommission; EuGH, Urteil vom 26.9.2013 - Rs. C-179/12 P, Rn. 65 - Dow Chemical/Kommission).

6. Im Einzelnen gilt für die T1 als Rechtsvorgängerin der NB 2 unter Beachtung dieser Grundsätze für die Jahre 2006 und 2012 folgendes:

a) Die mittelbaren und unmittelbaren Muttergesellschaften der T1 sowie die diesen nachgeordneten unmittelbaren und mittelbaren Tochtergesellschaften waren im Jahr 2006 eine wirtschaftliche Einheit und bildeten ein Unternehmen im Sinne des §°81 Abs. 4 Satz 2 GWB 2007. Im Jahr vor der gerichtlichen Entscheidung (2012) waren sie ebenfalls eine wirtschaftliche Einheit und als ein Unternehmen im Sinne des § 81 Abs. 4 Satz 2 GWB 2005 anzusehen.

§ 81 Abs. 4 Satz 2 GWB 2005/2007 besagt, dass in den Fällen nach § 81 Abs. 1 und 2 GWB die Geldbuße für jedes an der Zuwiderhandlung beteiligte Unternehmen über Satz 1 hinaus 10 vom Hundert des erzielten Gesamtumsatzes nicht übersteigen darf.

§ 81 Abs. 4 Satz 3 GWB 2007 bestimmt, dass bei der Ermittlung des Gesamtumsatzes der weltweite Umsatz aller natürlichen und juristischen Personen zugrunde zu legen ist, die als wirtschaftliche Einheit operieren. Eine vergleichbare Regelung enthält § 81 Abs. 4 GWB 2005 zwar nicht. Indes können auch natürliche Personen als Unternehmensträger mit Unternehmenseigenschaft - auch gemeinsam mit juristischen Personen oder einem Konzern - eine wirtschaftliche Einheit sein und ein Unternehmen im Sinne von § 81 Abs. 4 Satz 2 GWB 2005 bilden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 19.12.2012, 1 BvL 18/11, Rn. 49, WuW/E DE-R 3765-3783). Der Begriff der wirtschaftlichen Einheit bzw. des Unternehmens schließt ("impliziert") damit neben der juristischen Person und/oder dem Konzern auch natürliche Personen als Unternehmensträger mit Unternehmenseigenschaft ein.

Von einer wirtschaftlichen Einheit und damit einem Unternehmen im Sinne des § 81 Abs. 4 Satz 2 und 3 GWB 2007 ist nach den oben genannten Grundsätzen auszugehen, wenn Tochtergesellschaften trotz eigener Rechtspersönlichkeit ihre Finanz- und Geschäftspolitik sowie ihr Marktverhalten nicht autonom bestimmen, sondern sie im Wesentlichen Weisungen ihrer Muttergesellschaften befolgen. Dies ist der Fall, wenn sie aufgrund ihrer wirtschaftlichen, organisatorischen und rechtlichen Bindungen so eng miteinander verbunden sind, dass dadurch die rechtliche und tatsächliche Möglichkeit einer einheitlichen Leitung (eines beherrschenden Einflusses) auf die Finanzpolitik, die allgemeine Geschäftspolitik oder ihr Marktverhalten (Geschäftspolitik im engeren Sinne) eröffnet und diese einheitliche Leitung tatsächlich ausgeübt wird.

b) Für die Rechtslage nach § 81 Abs. 4 Satz 2 GWB 2005 und das insoweit maßgebende Geschäftsjahr 2012 kann im Ergebnis nichts anderes gelten.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu § 81 Abs. 4 Satz 2 GWB 2005 impliziert der Begriff des Unternehmens über die originär verantwortliche juristische Person hinaus die wirtschaftliche Einheit, zu der die im Sinne des § 36 Abs. 2 GWB verbundenen Unternehmen - aber auch natürliche Personen als Unternehmensträger mit Unternehmenseigenschaft - hinzuzurechnen sind (vgl. BGH aaO Grauzement), die in einem Konzernverbund unter einheitlicher Leitung stehen (§ 18 AktG). Verbundene Unternehmen sind nach § 36 Abs. 2 Satz 1 GWB aber auch die abhängigen und herrschenden Unternehmen im Sinne des § 17 AktG. Als herrschendes Unternehmen gilt nach § 36 Abs. 2 Satz 2 GWB auch jedes von mehreren Unternehmen, die derart zusammenwirken, dass sie gemeinsam einen beherrschenden Einfluss auf ein anderes Unternehmen ausüben können.

aa) T...-Gruppe:

Jedenfalls die T1, die NB 3 (50%) und deren nachgeordneten Tochtergesellschaften, die T3 GmbH & Co. KG, die T3 Werk GmbH & Co. KG (ab 2011) die T5 GmbH & Co. KG, Thaur/Österreich, sowie deren Komplementärgesellschaften sowie ihre Muttergesellschaft, die T... Verwaltung, und Dr. HT bildeten in den Jahren 2006 und 2012 eine wirtschaftliche Einheit bzw. ein Unternehmen im Sinne des § 81 Abs. 4 GWB 2005/2007.

Die Tochtergesellschaften standen nach dem Ergebnis der Hauptverhandlung unter jedenfalls einheitlicher Leitung (Beherrschung) ihrer (un)mittelbaren Muttergesellschaften, T... Verwaltung und T1 sowie von Dr. HT. Die Leitung (Beherrschung) war aufgrund der festgestellten engen rechtlichen, wirtschaftlichen und organisatorischen Bindungen möglich und erfolgte auch tatsächlich; sie konnten jedenfalls ihre Finanz- und allgemeine Geschäftspolitik nicht autonom bestimmen.

(1) Die Möglichkeit zur Ausübung einer einheitlichen Leitung (Beherrschung) in den Jahren 2006 und 2012 durch die T... Verwaltung folgte daraus, dass die ihr nachgeordneten Gesellschaften, T1, T3 GmbH & Co. KG, die T5 GmbH & Co. KG, Thaur/Österreich, sowie deren Komplementärgesellschaften in ihrem Mehrheitsbesitz standen. An den genannten Gesellschaften hielt die T... Verwaltung entweder mittelbar oder unmittelbar die Mehrheit der Anteile.

Lediglich hinsichtlich der Komplementär-GmbH T5 GmbH verfügte die T... Verwaltung nicht über die Mehrheit der Anteile. Nach dem Jahresabschluss der T5 GmbH & Co. KG erzielte diese im Jahr 2006 einen Umsatz von 18,717 Mio. Euro und im Jahr 2010 einen Umsatz in Höhe von 20,461 Mio. Euro. Ausweislich der Konzernabschlüsse für die T5 wurde ihre Komplementär-GmbH nicht im Konzernabschluss vollkonsolidiert. Indes gehörte auch dieses Unternehmen zur wirtschaftlichen Einheit über den Gesellschafter und Unternehmensträger Dr. HT als Bindeglied, der Anteile in Höhe von 47,6% hielt, während die T1 23,2% der Anteile hielt. An der Komplementär-GmbH der T5 war Dr. HT mittelbar über die Dr. HT GmbH, die HT Stiftung GmbH und die T... Verwaltung und die T1 GmbH (& Co. KG a.A.) als Mehrheitsanteilseigner beteiligt. Insgesamt hielt Dr. HT (mittelbar und unmittelbar) 70,8 % der Anteile.

(2) Auf die allgemeine Geschäftspolitik der NB 3 wurde von den unmittelbaren und mittelbaren Muttergesellschaften, der T... Verwaltung und T1 - vermittelt durch den Beirat - nach dem Ergebnis der Hauptverhandlung auch tatsächlich Einfluss genommen. Dies gilt insbesondere für die gemeinsame Finanz- und Beschaffungspolitik, die mit den Gesellschaftern während des Tatzeitraums erörtert wurde. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass dies im Jahr 2006 und 2012 anders gewesen sein sollte.

bb) Zur wirtschaftlichen Einheit in den Jahren 2006 und 2012 gehörte auch der Unternehmensträger Dr. HT. Er war - ebenso wie seine Ehefrau - als Gesellschafter und Unternehmensträger insoweit als natürliche Person mit Unternehmenseigenschaft im Sinne des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen in der Fassung von 2005 anzusehen. Sein Interesse ging über das Halten einer Kapitalbeteiligung auch nach seinem altersbedingten Ausscheiden aus der Unternehmensführung deutlich hinaus. Dr. HT war bis zu seinem Ausscheiden im Jahr 1996 als Geschäftsführer und Komplementärgesellschafter der T... GmbH & Co. KG a.A. tätig. Wie die Hauptverhandlung zur Überzeugung des Senats ergeben hat, war Dr. HT im Jahr 2012 Alleingesellschafter der Dr. T... GmbH und der T... Verwaltung (bis 11.10.2006) und Mitgesellschafter der T5 GmbH & Co. KG sowie zugleich Vorsitzender des Ältestenrats der T... Verwaltung und als Geschäftsführer der Komplementärin der T5 GmbH & Co. KG im Handelsregister eingetragen. Diese Aufgaben nahm er - wie festgestellt - höchstpersönlich wahr.

Aus diesem Grund kann auch der mit der T5 erzielte Umsatz im Jahr 2006 von 18,717 Mio. Euro und im Jahr 2010 ein erwirtschafteter Umsatz in Höhe von 20,461 Mio. Euro bei der Berechnung des Gesamtumsatzes berücksichtigt werden. Indes hat der Senat auch bezüglich Dr. HT von einer Zurechnung der von ihm selbst erzielten Umsätze abgesehen, da solche nicht entscheidungserheblich ins Gewicht fielen.

cc) NB 3

Jedenfalls die NB 3 und ihre (un)mittelbaren Muttergesellschaften T... Verwaltung und T1 bildeten eine wirtschaftliche Einheit und waren in den Jahren 2006 und 2012 als ein Unternehmen im Sinne des § 81 Abs. 4 GWB 2005/2007 einzuordnen.

Bei der NB 3 war die Annahme langfristiger strategischer Beteiligungs- und Absatzinteressen ihrer unmittelbaren und mittelbaren Muttergesellschaften, die die Ausübung eines bestimmenden (und beherrschenden) gemeinsamen Einflusses gegenüber dem Gemeinschaftsunternehmen erwarten lassen, schon aus der Entstehungsgeschichte der NB 3 heraus naheliegend. Die beiden unmittelbaren Muttergesellschaften, T... GmbH & Co. KG a.A. und die U3 (U2 Deutschland GmbH), standen vor der Gründung der NB 3 jedenfalls im Süddeutschen Raum in einem Wettbewerbsverhältnis. Die NB 3 sollte auf dem Markt tätig werden, auf dem sich die Gesellschafter kurz zuvor noch als Wettbewerber gegenüber gestanden hatten. Schon dies offenbart die gemeinsamen wirtschaftlichen und strategischen Interessen und spricht dafür, dass die Muttergesellschaften auch innerhalb des Gemeinschaftsunternehmens nicht als Wettbewerber auftraten und das Gemeinschaftsunternehmen nicht als selbständiger und unabhängiger Wettbewerber agieren sollte. Dazu passt, dass die NB 3 durch Nutzung der Vertragspositionen und des Vertriebspotentials der eingebrachten Beteiligungsunternehmen - S3 aufgrund des Konsortialvertrags vom 26.8.2002 rückwirkend zum 1.1.2002 durch die U2 Deutschland GmbH sowie Teilbetrieb "klassische Flüssiggasgeschäft Alte Bundesländer" der T... GmbH & Co. KG a.A. aufgrund des Einbringungsvertrags vom 28.11.2001 rückwirkend zum 1.4.2001 - an die früheren Marktstellungen der Muttergesellschaften anknüpfen konnte.

Darüber hinaus verpflichteten sich die beiden unmittelbaren Gesellschafterinnen nach dem Konsortialvertrag vom 26.8.2002 wechselseitig dazu, aktiv Beiträge zum wirtschaftlichen Erfolg des Gemeinschaftsunternehmens zu leisten, insbesondere dieses zu gleichen Teilen mit Flüssiggas zu beliefern.

Seit dem Jahr 2009 bestand nach § 17 Ziffer 2 der Satzung vom 27.8.2002 ferner die Verpflichtung der T1, Geschäftsanteile an dem Gemeinschaftsunternehmen nur an das mitbeherrschende Unternehmen, die U3, zu veräußern. Zudem war sie berechtigt, Verfügungen über Gesellschaftsanteile nach dem 31.1.2009 vorzunehmen, nicht aber vor dem 31.1.2006 ihren gesamten Geschäftsanteil der U3 zum Kauf anzubieten (Put-Option). Für den Fall, dass die andere Muttergesellschaft das Verkaufsangebot nicht annehmen sollte, war bestimmt, dass der zur Veräußerung gewillte Gesellschafter seinerseits die Übertragung der Geschäftsanteile der ablehnenden Gesellschaft an ihn selbst oder einen von ihm benannten Dritten verlangen konnte. Abtretungen an Dritte bedurften der Zustimmung der Gesellschaft. Nach § 18 Ziffer 1 und 2 der Satzung vom 27.8.2002 waren die Gesellschafter zudem verpflichtet, bevorstehende Änderungen in der effektiven Kontrolle (Beherrschungsmacht) über einen Gesellschafter, insbesondere durch Änderung der Beteiligungsverhältnisse unverzüglich dem anderen Teil anzuzeigen. In diesem Fall war der andere Gesellschafter nach Ziffer 3 berechtigt, die Übertragung der Geschäftsanteile des mitteilenden Gesellschafters zum Schutze seiner Investitionen zu verlangen.

Durch die Gründung des Gemeinschaftunternehmens wurde, wie ausgeführt, das aktuelle Wettbewerbsverhältnis der unmittelbaren Muttergesellschaften beendet. Dies wurde durch ein Wettbewerbsverbot nach dem Konsortialvertrag unter § 10, Ziffern 10.1 abgesichert. Danach hatten die Gesellschafter für die 30-jährige Dauer der NB 3 den Vertrieb von Flüssiggas auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland zu unterlassen. Gleichzeitig bedurften aber auch die (räumliche) Ausweitung des Tätigkeitsgebiets der NB 3 - auch dies fiel nach Angabe des Zeugen DP unter die Bestimmung nach § 7 b) der Satzungen vom 27./30.8.2002 und 15.4.2003 - oder die Aufnahme neuer Geschäftsfelder der Zustimmung der Gesellschafter vermittelt durch den Beirat. Die NB 3 konnte ihren Gesellschaftern gegenüber nicht als selbständige wirtschaftliche Einheit auftreten, sondern unterlag dauerhaft dem übereinstimmenden Willen der Gesellschafter.

Der Umstand, dass Beschlüsse im Beirat nach § 10 der Geschäftsordnung vom 27.11.2002 nur mit einfacher Mehrheit erfolgten, steht der Annahme einer gemeinsamen einheitlichen Leitung (Beherrschung) - mittels des Beirats - durch die unmittelbaren Muttergesellschaften nicht entgegen. Für die Annahme von Leitung (Beherrschung) genügt es vielmehr, wenn das Gemeinschaftsunternehmen von mehreren Muttergesellschaften gemeinsam geleitet wird, ohne dass es - jedenfalls bei unternehmensstrategischen Entscheidungen - zu wechselnden Mehrheiten kommen kann. Durch die infolge des Mehrheitserfordernisses entstehende Situation wurden die Gesellschafter gezwungen, die allgemeine Geschäftspolitik gemeinsam festzulegen. So verhielt es sich hier. Soweit ein Fall der Nichteinigung auf einen bestimmten, von der U... vorgeschlagenen Geschäftsführer vorlag, wurde diese Situation durch Rücknahme des ursprünglichen Vorschlags und Berufung eines anderen Geschäftsführers gelöst.

Auch sonst kam es im Beirat in allen wichtigen Angelegenheiten zur Einigung, insbesondere in der Finanzplanung (des Budgets). Kann aber das Gemeinschaftsunternehmen schon auf finanzieller Ebene nicht eigenständig handeln, so bildet es regelmäßig eine wirtschaftliche Einheit mit seinen Muttergesellschaften (vgl. EuGH aaO Rn. 68 - ENI).

dd) Die einheitliche Leitung (Beherrschung) wurde im Jahr 2006 und 2012 nach dem Ergebnis der Hauptverhandlung insbesondere mittels der personell identischen Leitungspersonen verwirklicht.

Zwar bildeten auch die NB 3 und ihre unmittelbaren und mittelbaren Muttergesellschaften, T... Verwaltung und die U4 sowie die U3 und die T1, in den Jahren 2006 und 2012 eine wirtschaftliche Einheit, so dass grundsätzlich eine Zurechnung auch der im Jahr 2006 in Höhe von 15,144 Mrd. Euro erzielten bzw. der für das Jahr 2012 zu schätzenden Umsätze des U...-Konzerns in Höhe von 15,484 Mrd. Euro in Betracht käme. Von einer Zurechnung der Umsätze des U...-Konzerns sah der Senat zu Gunsten der Nebenbetroffenen NB 2 als Gesamtrechtsnachfolgerin der T1 aber ab. Eine Zurechnung dieser Konzernumsätze würde nämlich am Ergebnis des Günstigkeitsvergleichs nach § 4 Abs. 3 OWiG nichts ändern, wie nachfolgend unter Ziffer 7. dargelegt wird. Indes waren der Nebenbetroffenen NB 2 jeweils die Umsätze der T... Verwaltung als auch der NB 3 für die Jahre 2006 und 2012 zuzurechnen, da die Zurechnung nicht nur von der Tochter- zur Muttergesellschaft, sondern auch von der Mutter- zur Tochtergesellschaft erfolgen kann. Eine Zurechnung erfolgt stets in beiderlei Richtungen oder - wie hier - sogar kombiniert.

7. Bei der Schätzung der maßgebenden Gesamtumsätze 2006 und 2012 im Sinne des § 81 Abs. 4 GWB 2005/2007 sind in den Umsätzen der wirtschaftlichen Einheit enthaltene Innenumsätze, also wirtschaftliche und handelsrechtliche Innenumsätze, sowie Umsatzsteuern gemäß § 38 Abs. 1 GWB außer Ansatz zu lassen. Die Regelung des § 81 Abs. 4 Satz 2 GWB dient der Gerechtigkeit der Ahndung, die sich am wirtschaftlichen Gewicht des Unternehmens zu orientieren hat. Der Höhe der vom Staat beim Unternehmen erhobenen Verbrauchssteuer, die das Unternehmen an den Endverbraucher weitergibt, und die dadurch die vom Unternehmen mit den Endverbraucher erzielten Umsatzerlöse steigert, kommt keine Aussagekraft in Bezug auf die wirtschaftliche Bedeutung des Unternehmens zu. Da durch die Verbundklausel des § 36 Abs. 2 GWB jedem beteiligten Unternehmen die nach dieser Vorschrift verbundenen Unternehmen insbesondere hinsichtlich ihrer Umsätze zugerechnet werden, sind nach § 38 Abs. 1 GWB die Innenumsatzerlöse zur Vermeidung von Doppelzählungen abzuziehen. Dies gilt sowohl für Konzernunternehmen im Sinne des § 18 AktG als auch für lediglich nach § 17 AktG abhängige Unternehmen und darüber hinaus für die gemeinsam beherrschten Unternehmen nach § 36 Abs. 2 Satz 2 GWB. Ferner sind neben den handelsrechtlichen Innenumsätzen auch die wirtschaftlichen Innenumsätze mindernd zu berücksichtigen, da letztere nur durch doppelte Buchungsvorgänge entstehen.

Nach alledem ergeben sich folgende Gesamtumsätze:

Die T1 stand in den betreffenden Jahren 2006 und 2012 in wirtschaftlicher Einheit mit sämtlichen Gesellschaften, an denen die T... Verwaltung nach den Feststellungen für das jeweilige Jahr unmittelbar oder mittelbar beteiligt war:

Im Jahr 2006 bildeten die nachfolgenden Gesellschaften gemeinsam eine wirtschaftliche Einheit:

die T1, die T... Verwaltung, die NB 3, die T5 - Gesellschaft m.b.H. & Co. KG, die T3 GmbH & Co. KG sowie deren jeweilige Komplementärinnen.

Die Gesamtumsätze berechnen sich daher für das Jahr 2006 wie folgt:

(1)

Nettoumsatz T...-Gruppe

+114,330 Mio. €

(2)

Nettoumsatz NB 3

+193,758 Mio. €

(3)

handelsrechtliche Innenumsätze zwischen NB 3 und ihrer Mutter, der einfache Innenumsatz betrug im Jahr 2006 42,129 Mio. €

-42,129 Mio. €

(4)

wirtschaftliche Umsätze mit Transportgesellschaften

-29,813 Mio.€

Summe:

236,146 Mio. €

Im Jahr 2011 bildeten die nachfolgenden Gesellschaften gemeinsam eine wirtschaftliche Einheit:

die T1, die T... Verwaltung, die NB 3, die T5 - Gesellschaft m.b.H. & Co. KG, die T3 GmbH & Co. KG, die T3 Werk GmbH & Co. KG sowie deren jeweilige Komplementärinnen.

Die Gesamtumsätze für das Jahr 2011 berechnen sich wie folgt:

(1)

Nettoumsatz T...-Gruppe

173,704 Mio. €

(2)

Nettoumsatz NB 3

248,699 Mio. €

(3)

handelsrechtliche Innenumsätze zwischen NB 3 und ihrer Mutter, der einfache Innenumsatz betrug im Jahr 2011 62,036 Mio. €

-62,036 Mio. €

(4)

wirtschaftliche Umsätze mit Transportgesellschaften NB 7 u. F1

-51,057 Mio. €

Summe:

309,31 Mio. €

Der Senat hat von einer Zurechnung der Umsätze des U...-Konzerns abgesehen. Die mit der T5 erzielten Umsätze im Jahr 2006 von 18,717 Mio. Euro und im Jahr 2010 in Höhe von 20,461 Mio. Euro sind in den Umsätzen der T...-Gruppe jener Jahre enthalten.

8. Günstigkeitsvergleich:

Der Günstigkeitsvergleich ergibt, dass beim Gesamtumsatz das Jahr 2006 das für das nebenbetroffene Versorgungsunternehmen NB 2 günstigste Jahr ist. Ferner übersteigen die Bußgeldrahmenobergrenzen nach § 81 Abs. 4 GWB 2005/2007 den jeweils dreifachen Mehrerlösbetrag. Der dreifache Mehrerlös nach § 81 Abs. 2 GWB 1999 bestimmt daher die Bußgeldrahmenobergrenze.

Der auf die NB 2 gemäß § 17 Abs. 1 OWiG, § 81 Abs. 2 Satz 1, 2. Alt. GWB i.d.F.d. Bek. vom 26.8.1998 anzuwendende Mehrerlös-Bußgeldrahmen reicht von 5 Euro bis 20.512.998 Euro. Er ist gemäß § 4 Abs. 3 OWiG günstiger als der Bußgeldrahmen nach §§ 17 Abs. 1, 81 Abs. 4 Satz 2 GWB 2005 (5 Euro bis 23,62 Mio. Euro) oder der Bußgeldrahmen nach §§ 17 Abs. 1, 81 Abs. 4 Satz 1 bis 3 GWB 2007 (5 Euro bis 30,93 Mio. Euro). Die Bußgeldrahmen berechnen sich wie folgt:

§ 81 Abs. 4 GWB 2005: 10% des geschätzten Gesamtumsatzes 2012 von 309,31 Mio. € aus dem Jahr 2010 = 30,931 Mio. Euro= rund 30,93 Euro.

§ 81 Abs. 4 GWB 2007: 10% des Gesamtumsatzes 2006 von 236,146 Mio. Euro = 23,6146 Mio. Euro = rund 23,62 Mio. Euro.

Das Dreifache des Mehrerlöses sind für NB 2 im Modell 2 Variante 1 mit K... abzüglich 10% Sicherheitsabschlag: 7.597.407 Euro x 90 % x 3 = 20.512.998 Euro = rund 20,513 Mio. Euro.

Danach ergibt sich ein maßgebender Bußgeldrahmen von 5 Euro bis 20,513 Mio. Euro.

F.CC. Bußgeldbemessung:

I. Die gegen die NB 2 ebenso wie gegen die bereits verurteilten NB 5, NB 1, NB 3 und NB 4 verhängte Mehrerlös-Geldbuße dient lediglich Ahndungszwecken (vgl. § 81 Abs. 2 GWB 1999).

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs steht dem Senat ein Ermessen zu, ob und in welchem Umfang er innerhalb des zu verhängenden Bußgeldes eine Ahndung oder eine Abschöpfung vornimmt (vgl. BGH, Beschluss vom 25.4.2005 - KRB 22/04, aaO Rn. 24 - steuerfreie Mehrerlösabschöpfung). In Ausübung dieses Ermessens hat der Senat von der Bestimmung eines Abschöpfungsanteils bei der NB 2 ebenso wie bei den inzwischen verurteilten NB 5, NB 3, NB 1 und NB 4 abgesehen und nur ein Ahndungsbußgeld verhängt. Zwar sind kartellbetroffen langfristige Energielieferbeziehungen, weshalb regelmäßig eine gewisse Erfahrung dafür spricht, dass die Endverbraucher ihren Schaden nur zurückhaltend einklagen werden. Indes bestehen zureichende Anhaltspunkte dafür, dass Flüssiggas-Endverbraucher ihre Schadensersatzansprüche gegen die verurteilten NB 5, NB 3, NB 1 und NB 4 sowie die Nebenbetroffene NB 2 im Wege gewillkürter Prozessstandschaft oder im Wege der Forderungsabtretung (zum Beispiel an den Bund der Energieverbraucher) geltend machen werden.

II. Bußzumessungserwägungen:

1. Bei der Bemessung der Geldbuße waren die folgenden Erwägungen zu Lasten der NB 2 bußschärfend zu berücksichtigen:

Entsprechend ihrer Schwere war die Tat im oberen Teil der jeweils eröffneten Bußgeldrahmen einzuordnen. Kundenschutzabsprachen beeinträchtigen den freien Wettbewerb in schwerwiegender Weise. Ihnen kommt deshalb - bezogen auf die Gesamtheit der von § 38 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 1 GWB i.d.F.d. Bek. v. 20.02.1990 und § 81 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 1 GWB i.d.F.d. Bek. v. 26.08.1998 erfassten wettbewerbsbeschränkenden Absprachen - ein überdurchschnittlicher Unrechtsgehalt zu. Die geheime Absprache zwischen den Kartellmitgliedern diente dem Zweck, durch die Zuweisung der Kunden die Märkte aufzuteilen sowie den gegenseitigen Wettbewerb bei der Belieferung mit Tankgas zu unterlassen. Solche Zuwiderhandlungen zählen ihrem Wesen nach zu den schwerwiegendsten Verstößen (Kernbeschränkungen). Bußgeldverschärfend war darüber hinaus zu berücksichtigen, dass die Kartellabsprache auf eine dauerhafte Beschränkung des Wettbewerbs durch Einbindung einer großen Anzahl von Flüssiggasversorgungsunternehmen (einschließlich deren Kooperationspartner) angelegt war. Zu Lasten der Nebenbetroffenen NB 2 war in die Bußgeldbemessung einzubeziehen, dass das Kartell einen hohen Organisationsgrad aufwies und die Gemeinschaftstransportunternehmen ihm eine gesteigerte Festigkeit gaben. Die Rechtsvorgängerin der Nebenbetroffenen NB 2 gehörte zudem dem Kartell über mehrere Jahre (Juli 1997 bis November 2001) an.

Zu Lasten der Nebenbetroffenen NB 2 war ferner zu berücksichtigen, dass die (faktischen) Leitungspersonen der Rechtvorgängerin der Nebenbetroffenen, FR und EBetr. 2, über einen Zeitraum von mehr als vier Jahren die Verhältnisse auf einem Markt der Daseinsvorsorge rechtswidrig beeinflusst hatten. Ferner war zu Lasten des nebenbetroffenen Versorgungsunternehmens zu berücksichtigen, dass das Kartell, wie die Mehrerlösschätzung zeigt, bei den Kunden zu beträchtlichen Schäden geführt hat.

Zu Gunsten der Nebenbetroffenen war mildernd zu berücksichtigen, dass der Abstand zwischen der Aufdeckung der Tat und Bekanntgabe der Ermittlungen am 3.5.2005 (Datum der Durchsuchung) bzw. am 30.8.2006 (Datum des Anhörungsschreibens) und der Verurteilung am 19.6.2013 acht Jahre beträgt (vgl. BGH, Beschluss vom 4.11.2004 - KRB 23/04, Rn. 21 - Frankfurter Kabelkartell). Gleiches gilt für die Gesamtdauer des behördlichen und gerichtlichen Bußgeldverfahrens von acht Jahren (vgl. BGH, Beschluss vom 25.10.1988 - KRB 3/88, WuW/E BGH 2542). Ebenfalls war der zeitliche Abstand von sechs Jahren und sechs Monaten zwischen dem Erlass des Bußgeldbescheides am 19.12.2007 (Datum der Zustellung) und der Entscheidung des Senats am 19.6.2013 mildernd zu berücksichtigen (vgl. BGH, Beschluss vom 4.11.2004 - KRB 23/04, Rn. 22 - Frankfurter Kabelkartell) sowie die Dauer des gerichtlichen Bußgeldverfahrens von drei Jahren und 6 Monaten an 136 Verhandlungstagen (vgl. BGH, Beschluss vom 4.11.2004 - KRB 23/04, Rn. 22 - Frankfurter Kabelkartell).

2. Hinsichtlich der Nebenbetroffenen NB 2 sind überdies die folgenden Gesichtspunkte in die Bußgeldbemessung eingeflossen:

Der Senat hat bei der Bußzumessung berücksichtigt, dass die Höhe der Geldbußen Abschreckungswirkung entfalten muss, wenn den äußerst wettbewerbsschädlichen Kundenschutzkartellen wirksam entgegengetreten werden soll.

Bei der Bemessung der Geldbußen kommen neben der Bedeutung der Ordnungswidrigkeit und dem Vorwurf, der den Täter trifft (vgl. § 17 Abs. 3 Satz 1 OWiG), auch die wirtschaftlichen Verhältnisse des Unternehmens als gesetzliche Zumessungsgründe in Betracht (vgl. BGH, Beschluss vom 24.4.1991 - KRB 5/90, WuW/E BGH 2718, 2720, Rn. 21 - Bußgeldbemessung; BGH, Beschluss vom 27.5.1986 - KRB 13/85, WuW/E BGH 2295, 2296; BGH, Beschluss vom 7.10.1959 - KRB 3/59, WuW/E BGH 352, 353 - Nullpreis II; BGH, Beschluss vom 19.9.1974 - KRB 2/74, NJW 1979, 269). Daraus folgt grundsätzlich, dass eine eingetretene Verschlechterung der wirtschaftlichen Situation des Unternehmens im gerichtlichen Bußgeldverfahren zu berücksichtigen ist (vgl. sehr eng KG wistra 1999, 196, 198). Die Buße darf nicht so hoch angesetzt werden, dass dies zur Insolvenz des Unternehmens führt (vgl. Raum in Langen/Bunte, Kartellrecht, 11. Aufl. § 81 GWB, Rn. 168). Maßstab für die Bemessung der Geldbuße muss aber sein, dem Unternehmen ein dem Gewicht der Ordnungswidrigkeit entsprechendes Übel aufzuerlegen (vgl. Raum aaO Rn. 168).

Der Senat hat - neben der Ermittlung des Umsatzes - auch Feststellungen zur wirtschaftlichen Gesamtsituation der Unternehmen getroffen. Die Umsatzzahlen sind im Hinblick auf die Größe des Unternehmens aussagekräftig und lassen Rückschlüsse auf die Marktstellung und die Möglichkeiten, durch ein gegen die Bußgeldnormen des Kartellrechts verstoßendes Verhalten rechtswidrige Vorteile im Wettbewerb zu erlangen, zu (vgl. BGH, Beschluss vom 26.2.2013 - KRB 20/12, Rn. 62, WuW/E DE-R 3861-3879 - Grauzement).

Bei der NB 2 hat der Senat ferner mildernd berücksichtigt, dass sie als Gesellschafterin der NB 3 und mittelbar der NB 7 auch von deren Bußen betroffen wird.

Der Senat hat bei der Verhängung des Bußgeldes dem Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 GG) Rechnung getragen, indem er zu Gunsten der Nebenbetroffenen berücksichtigt hat, dass die T1 seit Juli 1997 bis November 2001, also nur vier Jahre und 5 Monate sowie nur auf dem westdeutschen Flüssiggasmarkt für Tankgas tätig gewesen ist und dass infolgedessen der eingetretene Schaden geringer als bei den bundesweit tätigen (verurteilten) Nebenbetroffenen NB 6 und P1 sowie der NB 3 und der NB 1 geblieben ist.

Soweit der Senat in diesem Zusammenhang bei der Zumessung der Geldbuße der NB 3 im Urteil vom 15.4.2013 ausgeführt hat, dass "Bußmildernd der Senat zugunsten der Nebenbetroffenen NB 3 berücksichtigt hat, dass sie erst seit Dezember 2001 bis April 2005, also nur drei Jahre und fünf Monate auf dem deutschen Flüssiggasmarkt tätig gewesen ist und dass infolgedessen der eingetretene Schaden geringer als bei der NB 6 und P1 geblieben ist." stellt er hiermit klar, dass es sich hierbei nicht um einen Milderungsgrund im engeren Sinne handelt, sondern dass er dem Gleichheitsgrundsatz bei der Bebußung zu Gunsten der bereits verurteilten NB 3 Rechnung getragen hat.

Unter Abwägung aller Umstände hält der Senat für die NB 2 ein Bußgeld von

15.000.000 Euro

bei Ratenzahlungen für angemessen.

Die NB 2 als Gesamtrechtsnachfolgerin der T1 hat zwar nach der Gewinn- und Verlustrechnung vom 1.7.2012 bis 30.6.2012 Umsätze in Höhe von rund 1,208 Mio. Euro erzielt.

Das gegen die NB 2 als Gesamtrechtsnachfolgerin der T1 verhängte Bußgeld übersteigt den Ertrags- und Verkehrswert (= Zeitwert) des übernommenen Vermögens, nämlich des Kommanditanteils an der T3 GmbH & Co. KG nicht, weshalb auch der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt ist. Nach Schätzung des Senats erreicht der Kommanditanteil einen Ertrags- und Verkehrswert von 15 Mio. Euro.

Der Senat ist nach Abwägung aller Gesamtumstände hinsichtlich dieser Nebenbetroffenen überzeugt, dass die NB 2 nach ihren wirtschaftlichen Verhältnissen nicht überfordert ist, selbst eine Mehrerlösgeldbuße in Höhe von 15 Mio. Euro zu tragen. Dies gilt umso mehr mit Blick auf die vom Senat bewilligten Zahlungserleichterungen gemäß § 18 OWiG.

G.

Rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung

Eine sachlich nicht zu rechtfertigende - und damit dem Rechtsstaatsgebot (Art. 20 Abs. 3 GG) zuwider laufende - rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung ist in Höhe von knapp drei Monaten für das Nachreichen von Aktenbestandteilen durch das Bundeskartellamt eingetreten. Dabei ist der Senat zugunsten der Nebenbetroffenen NB 2 davon ausgegangen, dass in die Berechnung der Dauer der rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung auch der Zeitraum einzubeziehen war, der durch das erste (allerdings unbegründete) Ablehnungsgesuch der (verurteilten) Nebenbetroffenen verbraucht wurde.

Vorliegend reicht es aber zur Kompensation der mit der Verfahrensverzögerung verbundenen Belastung der (verurteilten) Nebenbetroffenen aus, die rechtsstaatswidrige Verzögerung ausdrücklich festzustellen.

Im Hinblick auf die Gesamtdauer des Verfahrens liegt keine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung vor. Insbesondere im Zwischenverfahren ist eine sachlich nicht zu rechtfertigende Verfahrensverzögerung nicht eingetreten. Insoweit bedurfte es einer Abtrennung des vorliegenden Verfahrens gegen die Nebenbetroffene NB 2 zur Beschleunigung des Verfahrens nicht. Das Bundeskartellamt konnte nicht ausschließen, dass die im Zwischenverfahren gewonnenen Erkenntnisse über die Berechnung des Mehrerlöses durch das zusätzliche Auffinden von Preisdaten sowie die Alternativberechnungen zugunsten der gesondert verfolgten Nebenbetroffenen W 1 auch für das vorliegende Verfahren von Bedeutung sein würden. Zudem hat es weitere, für den Tatvorwurf wichtige Zeugen im Zwischenverfahren vernommen.

H.

Kostenentscheidung

Die Kostenentscheidung beruht auf § 46 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 465 Abs. 1 Satz 1 StPO.

Winterscheidt Dr. Maimann Dieck-Bogatzke

Anlage zu Seite 216 des Urteils:

Tabelle 1: Wertetabelle zu den monatlichen Preisdifferenzen in ct/l nach Modell 2 mit den K...-Daten für die Nebenbetroffene NB 2 als Rechtsnachfolgerin der T1 GmbH & Co. KG

Jahr

Monat

Neuberechnungnach Abschlussder Beweisaufnahme

Miettanks

Eigentumstanks

1997

-0,01

6,57

1997

-1,60

-0,64

1997

0,71

0,57

1997

10

3,63

1,89

1997

11

1,49

0,27

1997

12

1,34

-1,78

1998

3,41

6,93

1998

1,60

1,07

1998

2,14

2,59

1998

3,68

1,48

1998

2,33

-0,73

1998

0,31

-0,32

1998

-1,66

-0,13

1998

0,74

-2,50

1998

0,89

3,40

1998

10

4,25

1,46

1998

11

2,69

5,53

1998

12

2,22

2,19

1999

2,10

2,34

1999

4,77

7,29

1999

1,33

3,54

1999

-2,33

2,00

1999

-4,36

3,78

1999

4,92

5,79

1999

-1,29

3,65

1999

-0,45

4,00

1999

-2,23

2,92

1999

10

0,08

6,76

1999

11

3,11

7,36

1999

12

0,96

7,95

Jahr

Monat

Neuberechnungnach Abschlussder Beweisaufnahme

Miettanks

Eigentumstanks

2000

2,05

6,68

2000

3,62

2,11

2000

3,33

8,53

2000

-1,88

4,37

2000

-1,04

5,74

2000

5,53

4,78

2000

-3,36

2,93

2000

-1,60

3,28

2000

-1,44

2,21

2000

10

3,67

4,90

2000

11

2,23

7,10

2000

12

0,88

10,88

2001

4,58

10,69

2001

7,28

10,33

2001

4,84

12,36

2001

5,72

10,26

2001

1,92

6,92

2001

2,49

7,91

2001

1,42

6,14

2001

0,20

6,30

2001

4,75

6,68

2001

10

5,09

7,00

2001

11

9,18

10,11

Anlage zu Seite 216 des Urteils:

Tabelle 2: Wertetabelle zu den monatlichen Preisdifferenzen in ct/l nach Modell 2 ohne die K...-Daten für die Nebenbetroffene NB 2 als Rechtsnachfolgerin der T1 GmbH & Co. KG

Jahr

Monat

Neuberechnungnach Abschlussder Beweisaufnahme

Miettanks

Eigentumstanks

1997

-0,01

6,57

1997

-1,60

-0,64

1997

0,71

0,57

1997

10

3,63

1,89

1997

11

1,49

0,27

1997

12

1,34

-1,78

1998

3,41

6,93

1998

1,60

1,07

1998

2,14

2,59

1998

3,68

1,48

1998

2,33

-0,73

1998

0,31

-0,32

1998

-1,66

-0,13

1998

0,74

-2,50

1998

0,89

3,40

1998

10

4,25

1,46

1998

11

2,69

5,53

1998

12

2,22

2,19

1999

2,10

2,34

1999

4,77

7,29

1999

1,33

3,54

1999

-2,33

2,00

1999

-4,36

3,78

1999

4,92

5,79

1999

-1,29

3,65

1999

-0,45

4,00

1999

-2,23

2,92

1999

10

0,08

6,76

1999

11

3,11

7,36

1999

12

0,96

7,95

Jahr

Monat

Neuberechnungnach Abschlussder Beweisaufnahme

Miettanks

Eigentumstanks

2000

2,05

6,68

2000

3,62

2,11

2000

3,33

8,53

2000

-1,88

4,37

2000

-1,04

5,74

2000

5,53

4,78

2000

-3,36

2,93

2000

-1,60

3,28

2000

-2,09

2,00

2000

10

3,21

4,36

2000

11

1,83

6,75

2000

12

-0,31

9,92

2001

2,92

10,71

2001

6,96

10,29

2001

0,59

12,26

2001

4,32

9,97

2001

0,11

6,46

2001

1,31

7,40

2001

0,49

5,73

2001

-1,64

6,12

2001

3,52

6,41

2001

10

4,49

6,93

2001

11

9,33

10,11

Anlage zu Seite 243 des Urteils:

Tabelle 3: Wertetabelle zu den relevanten Mengen in Litern und auf Monatsbasis für die Nebenbetroffene NB 2 als Rechtsnachfolgerin der T1 GmbH & Co. KG

Jahr

Monat

Endgültige Menge in l(nach Abschluss der Beweisaufnahme)

Miettank

Eigentumstank

Gesamt

1997

2.426.998

941.856

3.368.854

1997

3.913.066

1.578.640

5.491.706

1997

4.372.643

1.597.773

5.970.415

1997

10

3.493.972

1.478.607

4.972.579

1997

11

3.830.369

1.338.556

5.168.925

1997

12

5.362.226

2.167.770

7.529.995

Summe 1997

23.399.273

9.103.200

32.502.473

1998

5.331.168

1.909.777

7.240.945

1998

5.474.167

1.996.857

7.471.025

1998

4.700.558

1.709.038

6.409.596

1998

3.553.940

1.276.651

4.830.592

1998

2.402.987

959.321

3.362.309

1998

2.343.566

830.634

3.174.200

1998

2.924.232

1.146.189

4.070.421

1998

2.719.961

955.837

3.675.798

1998

4.248.294

1.595.339

5.843.633

1998

10

3.493.497

1.226.561

4.720.058

1998

11

4.823.953

1.668.848

6.492.800

1998

12

6.594.203

2.489.572

9.083.775

Summe 1998

48.610.526

17.764.624

66.375.151

1999

4.180.968

1.491.157

5.672.125

1999

5.091.172

2.015.140

7.106.312

1999

5.910.063

2.227.058

8.137.121

1999

2.665.263

944.842

3.610.105

1999

1.967.486

721.889

2.689.375

1999

1.794.204

739.928

2.534.132

1999

3.532.720

1.387.956

4.920.676

1999

2.754.571

1.018.461

3.773.032

1999

1.894.277

693.597

2.587.874

1999

10

2.623.082

1.084.390

3.707.472

1999

11

4.513.832

1.735.739

6.249.570

1999

12

4.823.462

2.003.974

6.827.436

Summe 1999

41.751.100

16.064.131

57.815.231

2000

4.483.044

1.985.948

6.468.993

2000

4.472.736

1.729.184

6.201.920

2000

3.852.988

1.605.531

5.458.518

2000

2.902.114

1.007.486

3.909.600

2000

1.845.178

877.399

2.722.577

2000

2.807.089

1.053.977

3.861.066

2000

2.901.331

1.095.139

3.996.470

2000

2.328.390

1.039.997

3.368.388

2000

3.277.837

1.289.468

4.567.305

2000

10

2.397.726

1.210.126

3.607.852

2000

11

2.867.391

1.128.857

3.996.248

2000

12

4.085.501

1.557.368

5.642.869

Summe 2000

38.221.325

15.580.479

53.801.804

2001

4.515.594

1.896.053

6.411.647

2001

3.860.181

1.470.393

5.330.574

2001

3.821.880

1.704.311

5.526.191

2001

3.179.258

1.230.115

4.409.372

2001

2.808.811

1.265.854

4.074.665

2001

3.880.265

1.502.384

5.382.649

2001

4.145.796

1.882.779

6.028.575

2001

3.238.974

1.503.186

4.742.160

2001

3.600.480

1.698.214

5.298.694

2001

10

3.024.007

1.399.605

4.423.612

2001

11

4.503.716

2.070.748

6.574.464

2001

12

Summe 2001

40.578.962

17.623.641

58.202.603

Gesamtsumme:

192.576.134

76.136.076

268.712.209

Inhaltsverzeichnis:

Rubrum 1-4

A. Allgemeines 5

I. Vorspann 5-13

II. Die verurteilten Betroffenen und Nebenbetroffenen sowie die 14-61

Nebenbetroffene NB 2

1. Die verurteilte NB 6 14

a) Unternehmensgeschichte, Leitungspersonen und Beirat 14

b) Übernahmen und Marktanteile 16

2. Die verurteilte NB 5 als Gesamtrechtsnachfolgerin der 17

P1

a) Gründung der NB 5 17

b) Unternehmensgeschichte und Leitungspersonen der P1 17

c) Übernahmen, Veräußerungen und Marktanteile der P1 20

3. Die verurteilte NB 3 GmbH 21

a) Unternehmensgeschichte der NB 3 GmbH 21

b) Die T2 GmbH 23

aa) Unternehmensgeschichte, Leitungspersonen und Beirat 23

bb) Gesellschaftsvertragliche Strukturen 23

cc) Unternehmenszukäufe 24

c) Die NB 3 als ein Gemeinschaftsunternehmen der 26

T...-Gruppe und des U...-Konzerns

d) Beteiligungs- und wirtschaftliche Verhältnisse der NB 3 30

GmbH, der T...-Gruppe und des U...-Konzerns

(1) Gesamtumsatz im Jahr vor der Behördenentscheidung (2006) 30

(2) Gesamtumsatz im Jahr vor der gerichtlichen Entscheidung 32

e) Die Leitungspersonen der NB 3 GmbH 33

aa) Der ehemals Betroffene EBetr. 2 und FR 33

bb) Der ehemals Betroffene EBetr. 3 34

4. Die verurteilte NB 1 36

a) Unternehmensgeschichte und Leitungspersonen 36

b) Marktanteile der NB 1 37

5. Der verurteilte Betroffene Betr. 1 37

6. Die verurteilte NB 4 38

a) Unternehmensgeschichte und Leitungspersonen 38

b) Kooperation mit der NB 7 39

7. Die verurteilte NB 7 39

GmbH & Co. KG

8. Der verurteilte Betroffene Betr. 5 44

9. Die gesondert verfolgte NB 2 als Nachfolgerin 45

der T1 GmbH & Co. KG

a) Gründungsgeschichte der NB 2 45

b) Gesellschafts- und Beteiligungsverhältnisse 45

aa) Die T1 GmbH & Co. KG 45

bb) Die T1 GmbH 46

cc) Die T... GmbH & Co. KG a.A. 46

dd) Die T...-Gruppe von 1950 bis 2005 48

(1) Die Industriegas GT KG, später T... GmbH & Co. 49

(2) Die (Dr.) T... GmbH 49

(3) Die HT Stiftung GmbH 50

(4) Die T... Verwaltungs GmbH 50

c) Die (faktischen) Leitungspersonen der Komplementär-Gesellschaften 51

(Dr.) T... GmbH und T... Verwaltungs GmbH einerseits

sowie der T... GmbH & Co. KG a.A. andererseits

d) Die Umstrukturierung der T...-Gruppe zum Jahreswechsel 2012/2013 51

(1) Die T... Verwaltungs GmbH 52

(2) Die T1 GmbH & Co. KG 52

(3) Die T... Management GmbH 53

(4) Die T4 GmbH & Co. KG 54

(5) Die T... T&S GmbH & Co. KG 54

(6) Die T... Beteiligung Holding GmbH & Co. KG 54

(7) Die NB 3, die NB3 Deutschland GmbH 54

& Co. KG und die T... Deutschland Verwaltungs GmbH

(8) Die T3 GmbH & Co. KG 55

(9) Die TTG T... Transport GmbH 56

III. Der inländische Markt für Flüssiggas in Tanks 62-83

1. Allgemeines 62

2. Die Versorgungsunternehmen 64

3. Die Tankmodelle, die Vertragslage und die Preisdaten 65

a) Versorgungsverträge und Miettankmodell 66

b) Versorgungsverträge und Nutzungstankmodell 67

c) Versorgungsverträge und Eigentumstankmodell 68

d) englische Klauseln 68

e) Wartungsverträge 68

f) Preis-Datensätze der T1 GmbH 69

4. Die freien Anbieter 71

a) Eigentumstanks 72

b) Miettanks 73

c) Abzahlungskauf/Kauftanks 73

d) Wechselkosten 73

e) Die zur Bestimmung des hypothetischen Wettbewerbspreises herange- zogenen freien Anbieter 74

(1) B7 mbH & Co. KG 74

(2) F4 GmbH & Co. KG 74

(3) E4 AG 75

(4) G2 Energie Service GmbH 75

(5) H3 Flüssiggas GmbH 76

(6) H 2 G.m.b.H. 76

(7) I2 GmbH 77

(8) K...-Gruppe 78

aa) K... Flüssiggas GmbH & Co. KG u. K...-Flüssiggas Verwaltungs GmbH 78

bb) K... GmbH 79

cc) K... Flüssiggasvertriebs GmbH 79

(9) O2 Flüssiggasvertriebs GmbH 79

(10) Z1 Flüssiggas GmbH 80

f) Die Preis-Datensätze der freien Anbieter 80

5. Rechtliche Rahmenbedingungen 80

6. Der Deutsche Verband Flüssiggas e.V. (DVFG) 82

7. Der F2 e.V.(F2 e.V) 83

IV. Die gesondert verfolgten P2 GmbH & Co. KG,

W 1 und D1 GmbH 84

B. Die Nichtangriffspakte in den Transportgesellschaften seit den 84-91

1970er Jahren bis zur Gründung von NB 7 und F1

C. Hinwegsetzens- bzw. Zuwiderhandlungen, 92-105

Kartelldisziplin und Wirkung des Nichtangriffspaktes

D. Beweiswürdigung 106-179

D.AA. Beweiswürdigung Tatvorwurf 106-152

I. Einlassungen zum Tatvorwurf und zu den Bußzumessungstatsachen 106

1. des verurteilten Betr. 1 106

2. des verurteilten Betr. 5 und der verurteilten NB 7 107

3. EBetr. 4 107

4. EBetr. 2 108

5. EBetr. 3 109

6. JD für die P1 109

7. der verurteilten NB 6 110

8. der erloschenen P1 110

9. der verurteilten NB 3 GmbH 110

10. der verurteilten NB 1 und NB 4 111

11. der erloschenen T1 111

12. der Geschäftsführer Dr. FG und RB2 112

für die NB 2

13. der Nebenbetroffenen NB 2 113

II. Beweiswürdigung zum Tatvorwurf 115

D.BB. Beweiswürdigung: Marktverhältnisse und Tankmodelle, 152

Rechtsnachfolge der NB 2

I. Marktverhältnisse und Tankmodelle 152

II. Rechtsnachfolge der NB 2 152

D.CC. Beweiswürdigung Bußzumessungstatsachen: Entstehung des 153-163

kartellbedingten Mehrerlöses und Anknüpfungstatsachen zur Berechnung

des Mehrerlöses, insbesondere Datensätze der T1

und der freien Anbieter

I. Entstehung des kartellbedingten Mehrerlöses 153

1. Grundsätze 153

2. Einwände der Nebenbetroffenen 156

II. Anknüpfungstatsachen zur Berechnung des Mehrerlöses, insbesondere 161

Datensätze der T1 und der freien Anbieter

D. DD. Beweiswürdigung Bußzumessungstatsachen: 164-179

1. Die T...-Gruppe 165

a) Konzernstruktur der T...-Gruppe 165

aa) Geschäftsjahr vor der Behördenentscheidung (2006) 165

(1) Beteiligungsverhältnisse 165

(2) Satzungen der T... Verwaltung GmbH und der T1 167

GmbH & Co. KG a.A.

(a) Satzung der T... Verwaltung GmbH vom 18.9.2002 167

(b) Satzungen der T1 GmbH & Co. KG a.A. vom 18.9.2002 168

und 10.1.2006

(3) Personelle Verflechtungen 169

bb) Geschäftsjahr vor der gerichtlichen Entscheidung (2012) 170

(1) Beteiligungsverhältnisse 170

(2) Satzung der T... Verwaltung vom 8.12.2008 170

(3) Satzung der T1 GmbH vom 8.12.2008 172

(4) Personelle Verflechtungen 172

cc) Tatsächliche Einflussnahme der T... Verwaltung in den Jahren 174

vor der behördlichen (2006) und gerichtlichen Entscheidung (2012)

b) Beweiswürdigung T...-Gruppe 175

c) Gesamtwürdigung 178

2. Gesamtumsatz der T... Gruppe einschließlich der NB 3 179

(1) Geschäftsjahr 2006 179

(2) Geschäftsjahr 2011 179

D.FF. Beweiswürdigung: Wirtschaftliche Verhältnisse der 180

Nebenbetroffenen NB 2

E. Rechtliche Würdigung 181-190

F. Bußgeldbemessung 191-276

F.AA. Mehrerlösschätzung 191-256

I. Bestimmung des Bußgeldrahmens 191

II. Berechnung bzw. Schätzung der Höhe des Mehrerlöses 191

1. Methodenwahl 192

2. Preisdaten der freien Anbieter und der T1 194

3. Darstellung des Vorgehens zur Ermittlung des Preisabstands 199

4. Preisabstandsberechnung 204

5. Individuelle Berechnung des Preisabstandes 209

6. Datenmigrationsproblematik und Zuordnung der Datensätze im Rahmen 217

der Preisvergleichs- und Mengenschätzung

7. einfache Mehrerlösberechnung 242

8. Einwände der Versorgungsunternehmen 246

F.BB. Bußgeldrahmen für die Nebenbetroffene NB 2 256-272

F.CC. Bußgeldbemessung 272-276

G. Rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung 276

H. Kostenentscheidung 277

Anlage: 278-283

Tabelle 1: Wertetabelle zu den monatlichen Preisdifferenzen in ct/l 278-279

nach Modell 2 mit K...-Daten für die Nebenbetroffene NB2 als Rechtsnachfolgerin der T1 GmbH & Co. KG

Tabelle 2: Wertetabelle zu den monatlichen Preisdifferenzen in ct/l 280-281

nach Modell 2 ohne K...-Daten für die Nebenbetroffene NB 2 als Rechtsnachfolgerin der T1 GmbH & Co. KG

Tabelle 3: Wertetabelle zu den relevanten Mengen in Litern und auf 282-283

Monatsbasis für die Nebenbetroffene NB 2 als

Rechtsnachfolgerin der T1 GmbH & Co. KG

Inhaltsverzeichnis 284-290






OLG Düsseldorf:
Urteil v. 19.06.2013
Az: V-4 Kart 2/13 (OWi)


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/2442b0acdfb3/OLG-Duesseldorf_Urteil_vom_19-Juni-2013_Az_V-4-Kart-2-13-OWi




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