Bundespatentgericht:
Beschluss vom 24. Juli 2007
Aktenzeichen: 27 W (pat) 46/07
(BPatG: Beschluss v. 24.07.2007, Az.: 27 W (pat) 46/07)
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die nach dem Madrider Markenabkommen (MMA) für die Waren
"Games and playthings, sporting articles"
registrierte Wortmarke IR 828 576 (Ursprungsland Polen mit Priorität vom 27. November 2003)
MYBABY sucht um Schutz in Deutschland nach.
Die mit einer Beamtin des gehobenen Dienstes besetzte Markenstelle für Klasse 28 IR des Deutschen Patent- und Markenamts hat der IR-Marke mit Erstbeschluss vom 14. Oktober 2005 den Schutz für die Bundesrepublik Deutschland teilweise, nämlich für die Waren
"Games and playthings"
wegen fehlender Unterscheidungskraft versagt. Der inländische Verkehr werde die angemeldete Bezeichnung in ihrem Aussagegehalt "Mein Baby" ohne weiteres Nachdenken lediglich als werbeüblich gebildete personifizierte Bestimmungsangabe auffassen. Der Begriff "Baby" erschöpfe sich in einem sachlichen Hinweis darauf, dass die so gekennzeichneten Waren, nämlich "Spiele und Spielzeuge" insbesondere für Säuglinge bzw. Kleinkinder bestimmt seien bzw. deren besonderen Bedürfnissen Rechnung trügen. Der angesprochene Verkehr werde daher mit diesem Begriff ausschließlich beschreibende Vorstellungen dahingehend assoziieren, dass diese Waren den mit der Empfindlichkeit bzw. Verletzbarkeit von Säuglingen bzw. Kleinkindern verbundenen Anforderungen genügten und daher für diese Zielgruppe besonders geeignet seien. Die Schutzversagung dieser einschlägigen Sachaussage werde auch nicht durch das vorangestellte Possessivpronomen "MY" ausgeräumt, da es sich hierbei um ein ausgesprochen werbeübliches Wortelement handle. Auch die konkret gewählte Großschreibung begründe keine Schutzfähigkeit, da diese werbeüblich und bei einer klanglichen Wiedergabe ohnehin nicht erkennbar sei. Auf Voreintragungen von nach der Auffassung der Anmelderin vergleichbaren Marken könne das Eintragungsbegehren nicht erfolgreich gestützt werden.
Mit ihrer Erinnerung hat die Anmelderin für den Fall, dass die Markenstelle von einer beschreibenden Eigenschaft für Puppen ausgehe, den deutschen Anteil des Warenverzeichnisses wie folgt beschränkt:
"Games and playthings including dolls, sporting articles".
Die Markenstelle hat die Erinnerung mit Beschluss vom 16. Oktober 2006 wegen fehlender Unterscheidungskraft und einem Freihaltungsbedürfnis zurückgewiesen. Die Schreibweise der angemeldeten Bezeichnung könne den beschreibenden Charakter des Gesamtbegriffs nicht beseitigen. Das bloße Zusammenschreiben habe keine Schutz begründende Bedeutung. Bei der angemeldeten Marke handle es sich um eine glatt beschreibende Bestimmungs- und Verwendungsangabe.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Markeninhaberin. Sie ist der Auffassung, die Gesamtbezeichnung "MYBABY" sei auch in der deutschen Übersetzung "Mein Baby" keine glatt beschreibende Bestimmungs- und Verwendungsangabe. Mit "my baby" bezeichneten Eltern ihr Kleinkind. Außerdem werde es auch als Kosename für den Partner verwendet. Im Zusammenhang mit Spielen und Spielwaren werde "MYBABY" jedoch nicht verwendet. Die Marke sei auch nicht für "Babyspielzeug" angemeldet worden, sondern allgemein für "Spiele und Spielwaren". Warum "MYBABY" für Spiele, die sich nicht an Kleinkinder richteten, beschreibend sein solle, habe die Erinnerungsprüferin nicht dargelegt. Im Übrigen stützt die Markeninhaberin ihr Eintragungsbegehren auf die Eintragung von ihrer Meinung nach vergleichbaren Marken für gleiche Waren, wie z. B. "MYJUNIOR, MYFAMILY, MY PRETTY BABY". Da es sich bei der Marke "MYBABY" nicht um eine glatt beschreibende Angabe für die Waren "Spiele und Spielwaren" handle, liege auch das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nicht vor.
Wegen sonstiger Einzelheiten wird auf den Inhalt der Amts- und Gerichtsakten Bezug genommen.
II Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Die schutzsuchende Marke ist gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1, § 37 Abs. 1, §§ 107, 113 MarkenG i. V. m. Art. 5 Abs. 2 MMA und Art. 6quinquies B Nr. 2 PVÜ für die von der Markenstelle versagten Waren wegen fehlender Unterscheidungskraft vom Schutz in der Bundesrepublik Deutschland ausgeschlossen.
Unterscheidungskraft im Sinn der genannten Bestimmung ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, die Waren oder Dienstleistungen, für welche um Schutz nachgesucht wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Waren oder Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. u. a. EuGH GRUR 2002, 804, 806 - Nr. 35 - Philips; GRUR 2003, 514, 517, Nr. 40 - Linde u. a.; GRUR 2004, 428, 431 - Nr. 48 - Henkel; GRUR 2004, 1027, 1029 - Nrn. 33, 42 - Das Prinzip der Bequemlichkeit). Keine Unterscheidungskraft besitzen nach der Rechtsprechung vor allem solche Marken, denen die angesprochenen Kreise für die fraglichen Waren oder Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (EuGH GRUR 2004, 674 - Nr. 86 - Postkantoor). Einem sprachüblich gebildeten Wortzeichen aus Bestandteilen, die aus einer geläufigen Fremdsprache stammen und die als solche schon in die deutsche Umgangssprache eingegangen sind, fehlt jede Unterscheidungskraft, wenn der Verkehr das Zeichen angesichts der ohne weiteres verständlichen begrifflichen Bedeutung nur in diesem Sinn und nicht als Unterscheidungsmittel für Waren oder Dienstleistungen versteht (BlPMZ 2004, 30 - Cityservice).
Bei der Prüfung der Unterscheidungskraft hat der Senat das Warenverzeichnis in seiner ursprünglichen Fassung zugrunde gelegt. Der im Erinnerungsschriftsatz hinzugefügte Nachsatz (sog. Disclaimer) ist nach der Postkantoor-Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (GRUR 2004, 674 - Nrn. 111 - 117) nicht zulässig. An dessen Auslegung der Markenrichtlinie (Erste Richtlinie 89/104/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988), in deren Umsetzung das Deutsche Markengesetz ergangen ist, sind die nationalen Behörden und Gerichte gebunden. Nach dieser Rechtsprechung (a. a. O.) ist es nicht zulässig, dass die zuständige Behörde die Marke nur insoweit einträgt, als die fraglichen Waren ein bestimmtes Merkmal nicht aufweisen. Eine solche Praxis würde zur Rechtsunsicherheit hinsichtlich des Umgangs des Markenschutzes führen. Dritte - insbesondere Konkurrenten - werden im Allgemeinen nicht darüber informiert, dass sich bei bestimmten Waren der durch die Marke verliehene Schutz nicht auf diejenigen Waren erstreckt, die ein bestimmtes Merkmal aufweisen; sie könnten so dazu veranlasst werden, bei der Beschreibung ihrer eigenen Produkte auf die Verwendung der Zeichen oder Angaben zu verzichten, aus denen die Marke besteht und die dieses Merkmal beschreiben. Diese verbindliche Auslegung des maßgeblichen Rechts durch den Europäischen Gerichtshof hat zu einer Änderung der früheren Rechtsprechung und -praxis in Deutschland geführt. Derartige Zusätze (Disclaimer) bezüglich bestimmter Merkmale werden generell nicht mehr als zulässig angesehen.
Nach diesen Grundsätzen kann die Unterscheidungskraft der hier zu beurteilenden Marke nicht bejaht werden. Den Bedeutungsgehalt der angemeldeten Bezeichnung "MYBABY" im Sinn von "Mein Baby" hat die Markenstelle zutreffend dargelegt; zur Vermeidung von Wiederholungen wird hierauf Bezug genommen. Der von den Waren angesprochene Verbraucher wird die Marke ohne weiteres in dem von der Markenstelle aufgezeigten Sinn verstehen, nämlich dass die so gekennzeichneten Spielwaren für Babys bestimmt sind. Die Marke erschöpft sich damit in einem glatt beschreibenden Hinweis auf die Zielgruppe der Waren.
Entgegen der Auffassung der Markeninhaberin führt der Umstand, dass das Warenverzeichnis nicht ausdrücklich auf "Babyspielzeug" Bezug nimmt, nicht zur Eintragbarkeit der angemeldeten Bezeichnung. Enthält nämlich das Warenverzeichnis einer Markenanmeldung Oberbegriffe, steht § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG einer Eintragung der Marke auch dann entgegen, wenn darunter auch Waren zu subsumieren sind, für welche die Marke nicht unterscheidungskräftig ist. Ansonsten wäre es möglich, ein bestehendes Eintragungshindernis zu umgehen, indem für einen entsprechend weit gefassten Oberbegriff Schutz beansprucht wird. Wie die Marke tatsächlich eingesetzt werden soll, ist hierbei unerheblich (Ströbele/Hacker, MarkenG, 8. Aufl., § 8 Rdn. 69). Aufgrund der weiten Fassung des Warenverzeichnisses werden im vorliegenden Fall zwangsläufig auch solche Waren abgedeckt, die einen Bezug zu Babyspielzeug haben.
Die Voranstellung des Wortes "My" ändert nichts am Vorliegen des Schutzhindernisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Dass es "Mein Baby" und nicht "Dein" bzw. "Ihr Baby" heißt, ist keine Besonderheit, da in der Werbung subjektbezogene Aussagen üblich sind, um den Verbraucher anzusprechen (ebenso BPatG 27 W (pat) 239/00 - My Way; 30 W (pat) 85/03 - My Solution; 32 W (pat) 158/04 - My Chai).
Die Schreibweise der angemeldeten Bezeichnung, d. h. die Zusammenschreibung in Großbuchstaben, ist - da allgemein werbeüblich - nicht geeignet, allein deshalb ein markenmäßiges Verständnis aufkommen zu lassen (EuG GRUR Int. 2004, 951 - bestpartner; BPatG 30 W (pat) 1/06 - BESTWORK). Eine Änderung im Sinngehalt ist mit der Zusammenschreibung in Großbuchstaben nicht verbunden. Die angemeldete Schreibweise stellt daher lediglich ein in der Werbung gebräuchliches Mittel dar, um zusätzliche Aufmerksamkeit zu erregen (vgl. BGH GRUR 2003, 963, 965 - AntiVir/AntiVirus).
Aus der Eintragung und Schutzgewährung für andere, vermeintlich ähnliche Marken kann die Markeninhaberin keinen Anspruch auf Registrierung ableiten. Die deutsche Rechtsprechung geht von jeher davon aus, dass Voreintragungen - selbst identischer Marken - weder für sich noch in Verbindung mit dem Gleichheitssatz des Grundgesetzes zu einer Selbstbindung derjenigen Stellen führen, welche über die Eintragung zu befinden haben (vgl. z. B. BGH BlPMZ 1998, 248 - Today; BPatGE 32, 5 - CREATION GROSS; BPatG GRUR 2007, 333 - Papaya; BlPMZ 2007, 236 - CASHFLOW). Die Entscheidung über die Schutzfähigkeit einer Marke stellt keine Ermessens-, sondern eine Rechtsfrage dar.
Ob einer Registrierung der angemeldeten Marke auch das Schutzhindernis der Merkmalsbezeichnung (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG) entgegensteht, kann als nicht entscheidungserheblich dahingestellt bleiben.
Dr. Albrecht Richter Schwarz ist wegen Urlaubs an der Unterschrift verhindert.
Dr. Albrecht Kruppa WA
BPatG:
Beschluss v. 24.07.2007
Az: 27 W (pat) 46/07
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