Bundespatentgericht:
Beschluss vom 1. Dezember 2008
Aktenzeichen: 30 W (pat) 79/06

(BPatG: Beschluss v. 01.12.2008, Az.: 30 W (pat) 79/06)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Angemeldet zur Eintragung in das Markenregister ist die Wort-Bild-Markemit den Farben "blau/weiß/gelb" für die Waren der Klasse 5 Seifen, Reinigungsmittel mit und ohne desinfizierende Wirkung, Mittel zur Körperund Schönheitspflege; pharmazeutische und veterinärmedizinische Erzeugnisse sowie Präparate für die Gesundheitspflege; Desinfektionsmittel; Mittel zur Vertilgung von schädlichen Tieren, Fungizide, Herbizide.

Die Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patentund Markenamts (DPMA) hat die Anmeldung durch eine Prüferin des höheren Dienstes wegen mangelnder Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 1 MarkenG zurückgewiesen. Der Verkehr werde in dem Markentext der angemeldeten Kombinationsmarke lediglich beschreibende Hinweise dahin sehen, dass die beanspruchten Waren von hervorragender Qualität seien und einer europäischen Norm entsprächen. Als bloßem Sachhinweis fehle der Marke auch in ihrer grafischen, an das europäische Sternenkranzsymbol angelehnten Gestaltung, die den Bedeutungsgehalt der Markenwörter lediglich unterstützten, jegliche Unterscheidungskraft i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Die Wertung der Markenstelle beruhe auf einer zergliedernden Betrachtungsweise und könne keinen Bestand haben, da der Kombinationsmarke schon wegen des Bildbestandteils die erforderliche Unterscheidungskraft nicht abgesprochen werden könne. Aber auch ein beschreibender Sinngehalt der Wortbestandteile sei bezüglich der beanspruchten Waren nicht auszumachen, da für diese keinerlei Euronormen bekannt seien und der Verkehr deshalb nicht davon ausgehe, dass sie unter eine in der EU geltende Norm fielen. Zudem sei es unüblich, eine solche Norm mit dem Zusatz "PREMIUM" zu versehen, so dass auch ein Freihaltungsbedürfnis entfalle. Die Marke enthalte insgesamt nur beschreibende Anklänge; wie im Fall "swiss army" (BGH GRUR 2001, 240) müsse ihr die Unterscheidungskraft zugesprochen werden; auch der Bildbestandteil sei keine bloße Illustration von "Euro Norm", denn fünf Sterne machten weder die europäische Flagge noch ein anderes Europasymbol aus.

Angesichts der Entscheidungspraxis des BPatG zu Wörtern wie "Premium", "Euro" oder Europasymbolen könne auch der angemeldeten Marke die Schutzfähigkeit nicht abgesprochen werden, nachdem auch keine freihaltungsbedürftige beschreibende Angabe nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG vorliege. Denn auf eine ungewöhnliche Wortzusammensetzung mit einem ohnehin mehrdeutigen Wort sei der Rechtsverkehr nicht angewiesen, zumal beschreibende Angaben über Vertriebsoder Verkaufsmodalitäten keine Umstände der Waren selbst beträfen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Der Eintragung der angemeldeten Marke steht zumindest das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen.

Unterscheidungskraft i. S. v. von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die konkrete Eignung einer Marke, vom Verkehr als betrieblicher Herkunftshinweis für die von ihr erfassten Waren und/oder Dienstleistungen aufgefasst zu werden (st. Rspr., BGH, GRUR 2003, 1050 -Cityservice). Nur wenn eine Marke diese Herkunftsfunktion erfüllen kann, ist es gerechtfertigt, sie durch die Eintragung ins Register der Nutzung durch die Allgemeinheit dauerhaft zu entziehen und zugunsten eines Anmelders zu monopolisieren (vgl. EuGH GRUR 2003, 55, Rdn. 48 -52 -Arsenal FC). Die Feststellungen zur Unterscheidungskraft sind dabei im Hinblick auf die konkret angemeldeten Waren und/oder Dienstleistungen zu treffen, wobei nach dem Verbraucherleitbild des EuGH auf die Wahrnehmung eines normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren bzw. Dienstleistungen abzustellen ist, der mit den Gepflogenheiten auf dem einschlägigen Wirtschaftssektor vertraut ist (vgl. EuGH GRUR 2004, 943 ff., Rdn. 24 -SAT.2). Die erforderliche Unterscheidungskraft ist insbesondere solchen Marken abzusprechen, denen die angesprochenen Verkehrskreise für die fraglichen Waren oder Dienstleistungen eine im Vordergrund stehende Sachaussage zuordnen (vgl. EuGH GRUR 2004, 674 ff., Rdn. 86 -Postkantoor; BGH GRUR 2006, 850 ff., Rdn. 19 -FUSSBALL WM 2006). Insoweit ist es grundsätzlich irrelevant, ob es sich bei einer angemeldeten Wortmarke möglicherweise um eine sprachliche Neuschöpfung handelt oder ob ihre Verwendung bereits nachweisbar ist (vgl. EuGH GRUR 2004, 680 ff., Rdn. 19 -BIOMILD; BGH GRUR 2005, 417, 418 f. -BerlinCard, BPatG 26 W (pat) 175/01 -Travel Point, veröffentlicht auf PAVIS PROMA CD-ROM).

Die angemeldete Marke besteht neben den Bildbestandteilen aus den Wörtern "PREMIUM", "EURO" und "NORM" wobei der Verkehr in den beiden letzten den gängigen Gesamtbegriff erkennen wird, zumal sie eng untereinander in horizontaler Anordnung geschrieben sind. Hingegen werden die angesprochenen Verkehrskreise den ersten Begriff nicht damit verknüpfen, da er völlig getrennt und zudem vertikal angeordnet ist. Dementsprechend ist der Verkehr mit den Begriffen "Premium" und "Euronorm" konfrontiert, die er aufgrund ihres ohne weiteres erkennbaren Sinngehaltes lediglich als zwei Sachhinweise auffassen wird, nämlich einmal als seit langem übliches Werteversprechen (vgl. BPatG Entsch. v. 27.03.98, Az. 28 W (pat) 294/97 -CLASSIC PREMIUM -; Entsch. vom 25.03.98, Az. 32 W (pat) 130/97 -PREMIUM -; Entsch. v. 19.07.06, Az. 28 W (pat) 308/04 -COOL PREMIUM; HABM Entsch. v. 08.09.06, Az. R0515/06-2 -PREMIUM PLUS) und zum andern, was auch die Anmelderin einräumt, als Hinweis auf eine Euronorm, deren Sinngehalt und dessen Verwendung dem Verbraucher aus vielfältigen Warensegmenten bekannt ist, nicht zuletzt als Abgasnorm. Ob es entsprechende Euronormen für alle hier betroffenen Waren gibt -immerhin hat der Senat entsprechende Fundstellennachweise zumindest für einige Waren der Anmelderin übermittelt -, ist entgegen der Auffassung der Anmelderin nicht entscheidend für die Frage der Unterscheidungskraft. Selbst wenn es solche Normen nicht gibt, wird der Verkehr trotzdem von einem Hinweis auf eine Euronorm ausgehen, die von der so gekennzeichneten Ware erfüllt wird, da ihm dies angesichts der allgegenwärtigen Kennzeichnungsgewohnheiten nicht ausgeschlossen erscheinen wird. Jedenfalls ist kaum anzunehmen, dass er das Wort für einen betrieblichen Herkunftshinweis hält.

Auch wird der Verkehr nicht alle drei Wörter zu einem Gesamtwort verbinden, weil "PREMIUM" räumlich insbesondere infolge der senkrechten Schreibweise, zu sehr getrennt ist und im Gegensatz zu den Einzelwörtern kein Sinngehalt der Kombination ohne weiteres erkennbar ist.

Der Markentext erschöpft sich somit ausschließlich in Bezeichnungen, die in werbeüblicher Weise Sachangaben auf die Waren enthalten. Der Verkehr wird dies ohne weitere Überlegungen erkennen und ihn nur in diesem Sinne, nämlich als aneinander gereihte Sachhinweise, nicht aber als betriebliches Herkunftszeichen im Sinne des Markenrechts verstehen. Auch die Anordnung der Markenwörter bewegt sich im Rahmen der gängigen Schrifttypen und sonstigen werbeüblichen Hervorhebungsmittel, so dass allein dadurch keine schutzbegründende Verfremdung der Gesamtmarke eingetreten ist. Diese wird entgegen der Auffassung der Anmelderin auch nicht durch die sonstige bildliche Ausgestaltung der Kombinationsmarke durch die fünf im Viertelkreis angeordneten gelben Sterne herbeigeführt. Der Einwand der Anmelderin, diese Gestaltung mache nicht das Europa-Symbol aus, greift nicht durch. Auch wenn diese Anordnung nicht bereits die Verwendung oder Nachahmung eines europäischen Hoheitssymbols i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 6 , Abs. 4 MarkenG enthält, welche bereits ein Eintragungshindernis darstellen könnte (vgl. EuG GRUR 2004, 773 -Europa-Emblem; Ströbele/Hacker, MarkenG, 8. Aufl. 2006, § 8 Rdn. 406 f.

m. w. N.), so handelt es sich doch um eine für den angesprochenen Verkehr unmissverständliche Wiedergabe eines Teiles des europäischen Sternenkranzes, der -auch als bloßer Ausdruck -auch Assoziationen daran hervorruft und infolgedessen lediglich den Begriff "Euronorm" unterstreicht, zumal die Farbgebung "blau/gelb" ebenfalls dem Europasymbol entspricht, so dass der Verkehr auch darin keinen betrieblichen Herkunftshinweis erkennen wird. Die übrigen Gestaltungselemente wie die leicht versetzte weiße Aussparung, die hinter den gelben Sternen wie bei einem Fehldruck herausschaut, und die Gelbfärbung der Buchstaben "E" und "N" in "EURO NORM" sind so unscheinbar, dass sie dem Verkehr nur bei genauem Hinsehen auffallen werden, was keinesfalls die Anforderungen an die grafische Verfremdung erfüllt, die umso höher sind, je kennzeichnungsschwächer die Wortbestandteile sind (vgl. Ströbele/Hacker, a. a. O. Rdn. 99 f.

m. w. N.) sind. Damit muss der Marke insgesamt die erforderliche Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG abgesprochen werden.

Soweit die Anmelderin unter Berufung auf die "SWISS-ARMY"-Entscheidung des Bundesgerichtshofes (BGH GRUR 2001, 240) die Meinung vertritt, auch im vorliegenden Fall könne die Unterscheidungskraft einer allgemeinen Qualitätsangabe durch ihre Platzierung auf der Ware herbeigeführt werden, so kann dem nicht gefolgt werden. Zwar muss das Zeichen nicht bei jeder Art seiner Verwendung vom Verkehr als Herkunftshinweis eingestuft werden, es reichen praktisch bedeutsame Einsatzformen. Hierbei ist aber, wie der BGH erst kürzlich bestätigt hat, auf den branchenüblichen Einsatz von Zeichen der in Rede stehenden Art als Herkunftshinweis für die beanspruchten Waren abzustellen (vgl. BGH WRP 2008, 1428 -Marlene-Dietrich-Bildnis), so dass vom Anmelder vorgesehene besondere Verwendungsformen außer Betracht zu bleiben haben. Denn die Eignung zur Erfüllung der Herkunftsfunktion ist nach objektiven Kriterien im Wege einer Prognose zu beurteilen (vgl. Ströbele/Hacker, a. a. O. Rdn. 51, 70 f. m. w. N.). Bei branchenüblicher Verwendung auf den beanspruchten Waren vermag der Senat aus den oben genannten Gründen keine von Hause aus innewohnende Unterscheidungskraft festzustellen. Genau so wenig hat der BGH in der o. g. Entscheidung aus diesem Grund die Unterscheidungskraft teilweise bejaht (vgl. BGH a. a. O.).

Soweit die Anmelderin ihre Beschwerdebegründung auf die Voreintragung anderer Marken mit dem Wortbestandteil "Premium", "Euro" oder "norm" stützt, ist darauf hinzuweisen, dass Voreintragungen möglicherweise vergleichbarer -möglicherweise auch löschungsreifer -Marken zwar ein zu berücksichtigendes Indiz darstellen können für die Schutzfähigkeitsentscheidung, aber keinesfalls verbindlich sind, insbesondere wenn sie sehr weit zurückliegen. Im vorliegenden Fall verkennt die Beschwerdeführerin zudem, dass es sich bei den von ihr genannten Marken teilweise um Wort-/Bildzeichen oder andere Wortkombinationen und damit um mit den vorliegend angemeldeten Markenwörtern nicht vergleichbare Sachverhalte handelt. Dies gilt für die von ihr besonders hervorgehobenen Marken 305 31 225 "SG BIO NORM", 1 154 851 "Psilo norm" und 301 23 343 "PREMIUM PARKETT".

Aber unabhängig von der Frage, inwieweit die Bedenken der Anmelderin im Hinblick auf die Schutzfähigkeit vermeintlich vergleichbarer Markeneintragungen gerechtfertigt erscheinen mögen oder nicht, können Voreintragungen für die Entscheidung über die vorliegende Beschwerde keinerlei Bindungswirkung entfalten. Vielmehr hat diese Entscheidung ausschließlich auf Grundlage der gesetzlichen Bestimmungen und unter Berücksichtigung der einschlägigen Rechtsprechung zu erfolgen, wie dies in ständiger Spruchpraxis des EuGH zum Gemeinschaftsmarkenrecht und des BGH zum Markengesetz immer wieder bestätigt worden ist (vgl. etwa EuGH GRUR 2006, 229, 231, Rdn. 46 -49 -BioID; BGH GRUR 2005, 578, 580 -LOKMAUS; BGH WRP 2008, 1428, 1431 -Marlene-Dietrich-Bildnis). Sowohl die Markenrichtlinie wie das Markengesetz gehen klar davon aus, dass schutzunfähige Marken durchaus Eingang ins Register erlangen können, und sehen deshalb ein eigenständiges Verfahren für die Löschung solcher zu Unrecht eingetragener Marken vor; eine Bindungswirkung einzelner Voreintragungen scheidet daher ebenso aus wie der Aspekt einer möglicherweise "gefestigten" Entscheidungspraxis, wie sie von der Anmelderin zwar sinngemäß geltend gemacht wurde, im vorliegenden Fall jedoch nach den Feststellungen des Senats nicht gegeben ist.

Die Beschwerde war daher zurückzuweisen.

Dr. Vogel von Falckenstein Hartlieb Paetzold Cl






BPatG:
Beschluss v. 01.12.2008
Az: 30 W (pat) 79/06


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