Bundespatentgericht:
Beschluss vom 8. November 2001
Aktenzeichen: 25 W (pat) 11/01

(BPatG: Beschluss v. 08.11.2001, Az.: 25 W (pat) 11/01)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Farbkombinationsiehe Abb. 1 am Ende - von der Anmelderin als "blau/türkis" bezeichnet - ist am 27. November 1998 für

"Wasch-, Reinigungs- und Spülmittel in flüssiger, Gel- und pastöser Form; Forschung auf dem Gebiet der Reinigungsmittel"

zur Eintragung in das Markenregister angemeldet worden.

Die Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit Beschluß vom 7. Juni 1999 die Eintragungsfähigkeit der angemeldeten Marke wegen fehlender Unterscheidungskraft verneint und die Anmeldung zurückgewiesen. Gegenstand der Anmeldung sei die abstrakte Farbkombination "blau/türkis", obwohl auf dem Anmeldeformular "Bildmarke" und nicht "sonstige Markenform" angekreuzt worden sei. Denn aus der Bezugnahme der Anmelderin auf die BGH-Entscheidung Farbmarke "gelb/schwarz" ergebe sich hinreichend deutlich, daß Schutz für eine konturlose Farbzusammenstellung begehrt werde, für die die beigefügte Graphik lediglich als Muster dienen solle. Abstrakte Farbmarken seien nach mittlerweile herrschender Auffassung zwar markenfähig im Sinne von § 3 Abs 1 MarkenG, jedoch fehle der angemeldeten Marke jegliche Unterscheidungskraft. Im Bereich der beanspruchten Waren und Dienstleistungen seien die Verkehrskreise an vielfältige Farbgebungen gewöhnt. Dabei kämen die Farben und Farbkombinationen regelmäßig nicht herstellerspezifisch zum Einsatz. Eine andere Beurteilung sei auch aufgrund der BGH-Entscheidung Farbmarke "gelb/schwarz" schon deshalb nicht veranlaßt, weil darin keine Aussage über die Schutzhindernisse des § 8 Abs 2 Nr 1 und Nr 2 MarkenG getroffen worden sei.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin mit dem Antrag, den Beschluß der Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 7. Juni 1999 aufzuheben.

Sie regt an, die Sache dem EuGH zur Vorabentscheidung vorzulegen oder die Rechtsbeschwerde zuzulassen.

Daß Farben nicht herstellerspezifisch zum Einsatz kämen, sei nicht nachvollziehbar. So sei bei Tankstellen die Farbe blau ein Hinweis auf ARAL und grün auf BP. Auch in dem Bereich der Geschirrspülmittel sei blau spezifisch für "Pril", während zB für "FAIRY" ein spezifisches grün erkennbar sei. Ein lange Gewöhnung des Verkehrs an eine Farbkombination sei nicht zu fordern. Auch Farbkombinationen seien angesichts der nach der Rechtsprechung des BGH ausreichenden geringen Anforderungen an die Unterscheidungskraft unterscheidungskräftig und als Marke eingetragen worden. Die hier willkürlich gewählte Farbkombination türkis/blau habe für den Verkehr eine Unterscheidungsfunktion, da dieser sich an Farbelementen orientiere. Ein Freihaltungsbedürfnis sei ebenfalls nicht erkennbar. Die Anregung, die Sache dem EuGH vorzulegen bzw die Rechtsbeschwerde zuzulassen, beruhe darauf, daß es sich vorliegend um eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung für mehrere Unternehmen handele.

In einem Ladungszusatz hat der Senat darauf hingewiesen, daß eine Eintragung auch dann nicht in Aussicht gestellt werden könne, wenn von der Anmeldung einer konturlosen Farbmarke anstelle einer Bildmarke ausgegangen werde, weil bekannterweise auf dem vorliegenden Gebiet sowohl für die farbige Gestaltung der Produkte als auch ihrer Verpackungen von verschiedenen Unternehmen Farbtöne aus dem Bereich "blau, türkis, grün" verwendet werden. Zur mündlichen Verhandlung ist die Anmelderin, wie angekündigt mit Schriftsatz vom 26. Oktober 2001 und vom 2. November 2001, nicht erschienen.

Wegen der Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluß der Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts sowie auf die Verfahrensakten Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde der Anmelderin ist zulässig, in der Sache jedoch ohne Erfolg.

Der Senat geht zunächst aus den schon von der Markenstelle in dem angefochtenen Beschluß genannten Gründen von der Anmeldung einer konturlosen Farbmarke bzw Farbkombination mit den Farben "blau/türkis" aus, ohne Beschränkung auf eine bestimmte grafische Anordnung - etwa in Form von Streifen - oder ein konkretes mengenmäßiges Verhältnis. Wäre demgegenüber - entsprechend den Angaben im Antragsformular - eine Eintragung als farbige Bildmarke gewollt gewesen, hätte für die Anmelderin nach den Ausführungen im angefochtenen Beschluß Veranlassung bestanden, dieses Begehren spätestens im Beschwerdeverfahren, insbesondere auch im Hinblick auf den Ladungszusatz, kenntlich zu machen, was jedoch weder ausdrücklich noch schlüssig erfolgt ist. Letztlich würde nach Auffassung des Senats jedoch auch die Zugrundelegung einer farbigen Bildmarke als Anmeldungsgegenstand zu keiner anderen Beurteilung der Schutzfähigkeit führen.

Des weiteren geht der Senat entsprechend der Rechtsprechung des BGH sowohl von der abstrakten Markenfähigkeit der angemeldeten konturlosen Farbmarke bzw Farbzusammenstellung im Sinne von § 3 Abs 1 MarkenG als auch im Hinblick auf das eingereichte Farbmuster von dem Vorliegen des Erfordernisses der graphischen Darstellbarkeit nach § 8 Abs 1 MarkenG aus (vgl hierzu insgesamt BGH MarkenR 2001, 365, 366 f "Farbmarke violettfarben").

Der Eintragung der angemeldeten Marke steht aber jedenfalls das Schutzhindernis fehlender Unterscheidungskraft nach § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG entgegen. Unterscheidungskraft in diesem Sinne ist die einem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Anmeldung erfaßten Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefaßt zu werden. Dabei soll auch bei den erst durch das Markengesetz zur Eintragung in das Markenregister zugelassenen neuen Markenformen, wie zB der konturlosen Farbmarke, eine noch so geringe Unterscheidungskraft zur Überwindung dieses Schutzhindernisses ausreichen und sollen keine strengeren Anforderungen an die Unterscheidungskraft als bei herkömmlichen Markenformen zu stellen sein. (st. Rspr des BGH, vgl MarkenR 2001, 365, 367 "Farbmarke violettfarben" mwN).

Allerdings werden bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft von konturlosen Farbmarken sowohl in der Literatur (vgl Althammer/Ströbele, MarkenG, 6. Aufl, § 8 Rdn 44 mwN; Grabrucker, Neue Markenformen, MarkenR 2001, 95, 99 ff; Johannes, Gelb/Schwarz - Die monopolisierten kaiserlichhabsburgerischen Nationalfarben, MarkenR 1999, 377; von Bechtolsheim/Gantenberg, Die konturlose Farbmarke, GRUR 2001, 705) als auch von der Rechtsprechung zum europäischen und nationalen Markenrecht unterschiedliche Auffassungen vertreten. So wird nach der Spruchpraxis der Beschwerdekammern des HABM nicht nur eine einzelne Farbe, sondern auch eine Farbkombination grundsätzlich oder regelmäßig als nicht unterscheidungskräftig angesehen und weiterhin angenommen, daß eine Beseitigung dieses Schutzhindernisses nur aufgrund des Nachweises einer durch Benutzung erworbenen Unterscheidungskraft, also bei Verkehrsdurchsetzung, möglich ist (vgl HABM GRUR Int. 2000, 556 "SCHWARZ-GRÜN-SCHWARZ"; Amtsblatt 2000, 1606 "ARAL-Blau"; GRUR Int. 2001, 69 "ARAL BLAU WEISS"; für Farbkombinationen vgl HABM NJWE-WettbR 2000, 245 "Dunkelgrau/Grün"). Einer einzelnen Farbe könne aber unter Umständen per se Unterscheidungskraft zukommen, wenn es sich um eine äußerst ungewöhnliche Farbe oder Farbkombination im Hinblick auf die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen handele (vgl HABM Amtsblatt 2000, 1606 "ARAL-Blau"; GRUR Int. 2001, 69 "ARAL BLAU WEISS" sowie HABM R 0558/99-1 "Grün/Grau").

Demgegenüber hat der BGH ausgeführt, daß aus der wettbewerbsrechtlichen Beurteilung im Zusammenhang mit Telefonbüchern, wonach Farbkombinationen von Haus aus keine betriebliche Herkunftshinweisfunktion zukommt (BGH GRUR 1997, 754, 755 f "grau/magenta"), nicht allgemein geschlossen werden könne, daß einer bestimmten Farbe oder Farbkombination für jede Marke von vornherein auch die markenrechtliche Unterscheidungskraft fehle (BGH GRUR 1999, 730, 731 "Farbmarke magenta/grau"). Für eine derartige Annahme bedarf es danach vielmehr tatsächlicher Feststellungen zur Übung im Verkehr und zum Publikumsverständnis hinsichtlich der Verwendung der entsprechenden Farben für die konkreten Waren- und Dienstleistungen (BGH "Farbmarke magenta/grau" aaO sowie BGH "Farbmarke violettfarben" aaO, 367, 368).

Danach kann der hier angemeldeten Farbkombination "blau/türkis" unter keinem Gesichtspunkt eine markenrechtliche Herkunftsfunktion beigemessen werden. Dem Senat ist aus eigener Sachkenntnis bekannt, daß auf dem Gebiet der beanspruchten Waren "Wasch-, Reinigungs- und Spülmittel in flüssiger, Gel- und pastöser Form" zahlreiche Produkte verschiedener Hersteller auf dem Markt sind, die selbst oder deren Verpackung ausschließlich oder auch in den angemeldeten Farben "blau" und/oder "türkis" in verschiedenen Abstufungen, Schattierungen und Zusammenstellungen gehalten sind. Auf diese Umstände hat der Senat bereits in dem Ladungszusatz hingewiesen. Soweit im Hinblick darauf, daß unter "türkis" eine blaugrüne Farbe bzw ein blaugrüner Farbton verstanden wird (vgl DUDEN, Deutsches Universal-Wörterbuch, 3. Aufl, S 1571), auch Grüntöne in die Betrachtung der tatsächlichen Gegebenheiten bei der Farbgestaltung auf dem relevanten Warengebiet einzubeziehen sind, muß den Farben "blau", "türkis", "grün" und deren Kombination eine sehr bedeutende, vielleicht sogar eine vorherrschende Stellung eingeräumt werden. Der Grund dafür mag darin liegen, daß der Verkehr mit diesen Farben und Farbtönen Vorstellungen von "Frische", "Sauberkeit", "Reinheit" sowie "Umweltverträglichkeit" verbindet, wodurch ihnen eine durchaus warenbeschreibende und für die Bewerbung dieser Produkte wesentliche Bedeutung zukommt. Dies hat auch nach Auffassung des Senats dazu geführt, daß die genannten Farbtöne bei Reinigungsmitteln üblich und sogar typisch geworden sind (vgl EuG, Urteil vom 19. September 2001 in der Rechtssache T-337/99 zu Nr 53).

Die Anmelderin hat darauf hingewiesen, daß bezüglich ihrer Produkte zB "blau" für das Geschirrspülmittel "Pril" und "grün" etwa für "FAIRY" spezifisch sei. Diesen Farbtonbereich verwendet sie wie andere Wettbewerber - wohl wegen des damit verbundenen, für die entsprechenden Wasch- und Reinigungsmittel positiven werblichen und beschreibenden Aussagehalts dieser Farben auch noch für die Gestaltung weiterer Produkte, wie zB auch "Spee Gel" und Produktvarianten von "Somat". Allerdings ist festzustellen, daß sowohl die genannten als auch weitere Produkte und Produktvarianten der Anmelderin nicht nur die Farben "blau, türkis, grün", sondern auch - zum Teil sogar überwiegend (zB rot bei "Somat") - andere Farben und Farbtöne wie "rot", "gelb" oder "weiß" aufweisen, was ebenfalls der Vermutung widerspricht, der Verkehr ordne in Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen gerade die Farbkombination "blau/türkis" dem Unternehmen der Anmelderin zu.

Es läßt sich - wie bereits im angefochtenen Beschluß zutreffend ausgeführt - vielmehr gerade nicht feststellen, daß die anmeldungsgemäßen Farben herstellerspezifisch, dh, ausschließlich oder auch nur überwiegend von einem einzigen Hersteller, hier der Anmelderin, verwendet werden. Der Senat hat durch eigene Recherchen zahlreiche Beispiele für die Verwendung der in Rede stehenden Farben und deren Kombinationen für "Wasch-, Reinigungs- und Spülmittel" oder deren Verpackung durch andere Hersteller ermittelt, wie zB die Produkte "Calgonit" (Verpakkung dunkel- bis hellblau, türkis, grün) und "Sagrotan WC-Reiniger" (Flasche hellblau) von Benckiser, "tarax WC-Power-Gel" (verschiedene Varianten in gelb, grün, türkis, blau),"Frosch Spülmittel" (Flasche transparent grün; Naturalreiniger: Flasche hellgrün matt; Vital Vitamin-Spülmittel Gel: Flasche klar, Inhalt hellblau; Vital Meeresalgen-Spülmittel Gel: Flasche klar, Inhalt hellgrün), "rax Grundreiniger" (grüne Flasche) und "Glänzer Strapazierglanz" (Flasche dunkelblau) der Werner & Mertz GmbH, "Meister Proper" (Flasche matt hellblau), "Dash" und "Ariel" (Verpakkung in gelb, grün, türkis, blau), "Acè" und "DRYEL" (Flasche dunkelblau) von Procter & Gamble, "VISS" (Flasche mittelblau, hellblau) und "Domestos Hygiene-Activ-Schaum WC-Reiniger" (Dose dunkelblau, grün, türkis) von Lever Faberge Deutschland GmbH, "Dalli Vollwaschmittel" in gelb, grün, türkis, blau) der Dalli-Werke, sowie "Ajax" (4 Varianten: Inhalt mittelblau, grün, klar und dunkelblau), "Klorix WC-Reiniger" (Inhalt in den Varianten grün und blau), "Palmolive Spülmittel" (Flasche gelbgrün bzw grün) der Colgate-Palmolive GmbH.

Aufgrund dieser tatsächlichen Feststellungen, deren Erörterung auch anhand entsprechender Rechercheunterlagen in der mündlichen Verhandlung wegen des Nichterscheinens der Anmelderin nicht möglich war, kann jedenfalls davon ausgegangen werden, daß die Verwendung der hier beanspruchten Farben bzw Farbkombination auf dem Gebiet der "Wasch-, Reinigungs- und Spülmittel" durch verschiedene Hersteller üblich ist und vom Verkehr zugleich als mittelbarer Hinweis auf die genannten bestimmten Eigenschaften der Produkte aufgefaßt wird (vgl insoweit BGH MarkenR 2000, 414, 416 re Sp "Likörflasche" zu den Anforderungen an die Unterscheidungskraft einer dreidimensionalen Marke). Es handelt sich somit auch nicht um ungewöhnliche Farben oder Farbkombinationen im Hinblick auf die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen im Sinne der og Entscheidungspraxis der Beschwerdekammern des HABM (wie zB Schwarz für Waschpulver: vgl hierzu HABM GRUR Int. 2000, 556, 558 "SCHWARZ-GRÜN-SCHWARZ"). Anhaltspunkte dafür, daß der Verkehr zu der Auffassung gelangen könnte, die Farben "blau" und "türkis" bzw deren Kombination würden auf dem relevanten Gebiet nur mit den Produkten eines bestimmten Hersteller assoziiert und würden daher als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefaßt, sind danach nicht ersichtlich. Ein solches Verständnis beim Publikum ist um so weniger zu erwarten, als es sich bei "blau" und "grün" bzw deren Mischfarbe "türkis" um Farben handelt, die wohl von allen Unternehmen der Branche für einschlägige Produkte verwendet werden (vgl EuG, Urteil vom 19. September 2001 in der Rechtssache T-337/99 aaO).

Im Hinblick auf die dargelegte Gewöhnung des Verkehrs an die Verwendung der angemeldeten Farben bzw Farbkombination für die beanspruchten Waren und das Verständnis beim Publikum, daß gerade durch diese Farben ein sachbezogener Hinweis auf bestimmte Eigenschaften, Merkmale, Wirkungsweisen vermittelt werden soll, kann auch für die beanspruchte Dienstleistung "Forschung auf dem Gebiet der Reinigungsmittel" wegen des engen Bezugs zu den Produkten nicht angenommen werden, die angemeldete Farbkombination würde von den insoweit angesprochenen Fachverkehrskreisen als betrieblicher Herkunftshinweis verstanden.

Ob nach den getroffenen tatsächlichen Feststellungen zur Verwendung der angemeldeten Farben bzw Farbkombination und im Hinblick auf deren beschreibenden Bedeutungsgehalt möglicherweise auch der Schutzausschließungsgrund des § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG vorliegt, kann danach für die Entscheidung dahinstehen, wobei allerdings auch der BGH davon ausgeht, daß die Verwendung von Farben als Angabe über Merkmale der jeweils konkret beanspruchten Ware durchaus ein Freihaltungsbedürfnis von Gewicht darstellen kann (vgl BGH "Farbmarke violettfarben" aaO, 368).

Schließlich sind Anhaltspunkte dafür, daß sich die angemeldete Farbkombination im Sinne von § 8 Abs 3 MarkenG durch Benutzung für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen im Verkehr durchgesetzt hätte, weder vorgetragen noch ersichtlich, so daß insoweit auch kein Grund für eine Zurückverweisung der Sache an das DPMA gemäß § 70 Abs 3 Nr 3 MarkenG besteht.

Die Anmelderin kann sich zur Begründung der Schutzfähigkeit der angemeldeten Marke schließlich nicht mit Erfolg auf die von ihr genannten Entscheidungen bzw Markeneintragungen stützen, die sich zudem sämtlich auf Bildzeichen und nicht auf eine hier verfahrensgegenständliche konturlose Farbmarke beziehen und darüber hinaus nicht vergleichbare Sachverhalte betreffen. So beruht in der "Zahnpastastrang"-Entscheidung des BGH die Bejahung der Schutzfähigkeit der als Bildmarke angemeldeten Darstellung eines "Zahnpastastrangs" mit den Farben weiß und hellgrün allein darauf, daß insbesondere in der Form der angemeldeten Abbildung keine naturgetreue Wiedergabe eines typischen Zahnpastastrangs gesehen wurde (vgl MarkenR 2001, 34). Die den in der Beschwerdebegründung zitierten Entscheidungen "VISA-Streifenbild" (GRUR 1997, 285) und "TAX FREE" (GRUR 1997, 283) des BPatG zugrundeliegenden Marken sowie die zugleich übersandten Beispiele eingetragener Bildmarken unterscheiden sich von der hier angemeldeten Marke maßgeblich darin, daß jene Marken jeweils farbige Streifen bzw Linien in einer bestimmten, festgelegten Anordnung (parallel waagerecht, senkrecht oder schräg parallelogrammförmig) aufweisen und den jeweiligen Farben zudem kein beschreibender Sinngehalt in Bezug auf die konkret beanspruchten Waren und Dienstleistungen beigemessen wurde. Aufgrund der gleichen, wenngleich eher für Bildmarken zutreffenden, Erwägungen hat das HABM die Schutzfähigkeit der Farbmarke "SCHWARZ-GRÜN-SCHWARZ" bejaht und dabei als entscheidungserheblich angesehen, daß zum einen kein absoluter Schutz der Farbkombination in allen möglichen Formen, sondern lediglich beschränkt auf die angemeldete Darstellung bestehend aus drei horizontalen Streifen, von denen der mittlere grün und die äußeren schwarz sind, begehrt wurde und zum anderen die Farben Grün und Schwarz keine bestimmte Bedeutung in Bezug auf die dort beanspruchten Versicherungs- und Finanzdienstleistungen hätten (vgl GRUR Int. 2000, 556, 558). In allen anderen oben zitierten Entscheidungen des HABM zu konturlosen Farbmarken ist die Schutzfähigkeit im übrigen mangels der erforderlichen Unterscheidungskraft verneint worden.

Soweit die Anmelderin schließlich vorträgt, der herstellerspezifische Einsatz von Farben und ein entsprechendes Verständnis des Verkehrs zeige sich etwa darin, daß bei Tankstellen die Farbe blau ein Hinweis auf ARAL und grün auf BP sei, rechtfertigt dies ebenfalls keine andere Beurteilung des vorliegenden Falles. Die Anmelderin berücksichtigt dabei nicht, daß es sich bei den von den bekannten Mineralölgesellschaften verwendeten Farben bzw Farbkombinationen - unabhängig von der Frage, ob es von Haus aus eintragungsfähige Marken sind - wohl um Kennzeichnungen handelt, die durch tatsächliche Benutzung Verkehrsgeltung erlangt haben (vgl § 4 Nr 2 MarkenG) bzw möglicherweise nunmehr aufgrund Verkehrsdurchsetzung nach § 8 Abs 3 MarkenG eintragungsfähig geworden sind. Hinzu kommt, daß eine Assoziation der jeweiligen Farben mit den betreffenden Unternehmen in der Regel einen Zusammenhang mit den einschlägigen Waren und Dienstleistungen von Mineralölgesellschaften voraussetzt und dann in beträchtlichem Maße wohl auch darauf beruht, daß diese Farben dem Verkehr stets im Rahmen bestimmter, wiederkehrender typischer Aufmachungen, wie insbesondere in Form von Hinweis- oder Reklameschildern, Gebäuden oder Einrichtungen bei Tankstellen, begegnen.

Der Senat sieht auch keinen Anlaß für eine von der Anmelderin angeregte Vorlage der Sache an den EuGH zum Zwecke der Vorabentscheidung. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist nicht die abstrakte Markenfähigkeit oder die Frage, welche grundsätzlichen Anforderungen an die Unterscheidungskraft von konturlosen Farbmarken zu stellen sind oder die Auslegung entsprechender Regelungen der Markenrichtlinie 89/104/EWG, sondern die Beurteilung der Unterscheidungskraft in einem konkreten Einzelfall. Aus den gleichen Gründen ist auch die weiterhin angeregte Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 83 Abs 2 MarkenG nicht geboten, da die vorliegende Entscheidung über die Schutzfähigkeit einer (konturlosen) Farbmarke keine klärungsbedürftigen grundsätzlichen Rechtsfragen aufwirft und die Frage nach dem herkunftshinweisenden Charakter angemeldeter Marken in erster Linie tatrichterlicher Beurteilung unterliegt. Hinzu kommt hier noch, daß bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft sogar an vom BGH in der Entscheidung "Farbmarke violettfarben" genannte Kriterien angeknüpft worden ist, die im vorliegenden Einzelfall aber zur Verneinung der Schutzfähigkeit geführt haben.

Nach alledem war die Beschwerde der Anmelderin zurückzuweisen.

Kliems Engels Brandt Pü

Abb. 1 http://agora/bpatg2/docs/25W(pat)11-01.3.gif






BPatG:
Beschluss v. 08.11.2001
Az: 25 W (pat) 11/01


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