Bundespatentgericht:
Beschluss vom 21. Februar 2001
Aktenzeichen: 26 W (pat) 269/00

(BPatG: Beschluss v. 21.02.2001, Az.: 26 W (pat) 269/00)

Tenor

Die Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Gegen die für

"Dienstleistungen eines Energieversorgungsunternehmens, nämlich Versorgung von industriellen Unternehmen, von Kommunen und von Privathaushalten mit elektrischer Energie sowie mit Gas und Heizwärme; Erzeugung von Energie."

im Februar 1999 eingetragene Marke Nr 398 72 175.0 Deutsche Energy Oneist Widerspruch erhoben worden aus der im November 1997 angemeldeten, prioritätsälteren Gemeinschaftsmarke 688 572 ENERGYONE, die ua für

"Energiedienstleistungen in Form von Elektrizität und Erdgas

(Transport und Lagerung davon), Beratung in bezug auf Energieverwendung, Energiebezug und Energieausnutzung; Beratung in bezug auf Entwurf, Anschaffung, Installation und Wartung von Industrieausrüstung, Beratung in bezug auf Entwicklung und Installation von computergestützten Energiemanagementsystemen."

geschützt ist.

Die Markenstelle für Klasse 39 des deutschen Patent- und Markenamts hat die angegriffene Marke wegen des Widerspruchs aus der Gemeinschaftsmarke gelöscht. Die Entscheidung ist im wesentlichen damit begründet, daß sich im vorliegenden Fall die in klanglicher Hinsicht identischen Markenwörter "ENERGYONE" und "Energy One" gegenüberstünden, weil der angesprochene Verkehr dem weiteren Wortbestandteil "Deutsche" der angegriffenen Kennzeichnung als rein beschreibende, geographische Sachangabe keine betriebliche Kennzeichnungsfunktion beimessen würde. Die von der angegriffenen Marke umfaßten Dienstleistungen lägen als branchentypische Leistungen eines Energie-Versorgungsunternehmens im engsten Ähnlichkeitsbereich zu den vom Widerspruchszeichen beanspruchten "Energiedienstleistungen in Form von Elektrizität und Erdgas (Transport und Lagerung davon). Beratung in bezug auf Energieverwendung, Energiebezug und Energieausnutzung". Aufgrund der Ähnlichkeit der genannten Dienstleistungen würden Verwechslungen begünstigt, woraus sich hohe Anforderungen an den Abstand der sich gegenüberstehenden Bezeichnungen ergäben, die angesichts der völligen klanglichen Übereinstimmung der sich gegenüberstehenden Markenwörter nicht erfüllt würden.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke. Wenngleich sie eine gewisse Ähnlichkeit der beiderseitigen Dienstleistungen nicht mehr in Zweifel zieht, hält sie die beiderseitigen Kennzeichnungen deshalb nicht für verwechselbar, weil sich das angegriffene Zeichen aus drei gleichrangig nebeneinander stehenden Wortbestandteilen zusammensetze, wobei der Bestandteil "Deutsche" durch seine Stellung am Markenanfang hervortrete, so daß ihm dieselbe wichtige und kennzeichnende Bedeutung wie den übrigen Worten zukomme. Im übrigen sei zu berücksichtigen, daß die Inhaberin der angegriffenen Marke im Geschäftsverkehr vorrangig mit ihrer markenrechtlich geschützten Kurzbezeichnung "DEO" auftrete und beide Zeichen gemeinsam auf dem Briefkopf führe. Dies zeige, wie wichtig das Wort "Deutsche" für die angegriffene Kennzeichnung "Deutsche Energy One" sei. Die markenrechtlich geschützte Abkürzung "DEO" sei im Verkehr nur denkbar mit der Wortfolge "Deutsche Energy One" und auch nur so sinnvoll und prägnant verwendbar.

Sie erhebt den Nichtbenutzungseinwand und beantragt sinngemäß, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und den Löschungsantrag der Widersprechenden zurückzuweisen.

Die Widersprechende stellt den Antrag, die Beschwerde zurückzuweisen.

Ihrer Ansicht nach sind die beiderseitigen Dienstleistungen gleich oder hochgradig ähnlich. Die "Energiedienstleistungen in Form von Elektrizität und Erdgas" seien in beiden Dienstleistungenverzeichnissen identisch enthalten. Die Angabe "Versorgung... mit elektrischer Energie sowie mit Gas und Heizwärme" beinhalte als Oberbegriff auch den Transport und die Lagerung entsprechender Güter. Zu den "Dienstleistungen eines Energieversorgungsunternehmens" gehörten auch die in Klasse 42 der Widerspruchsmarke enthaltenen Dienstleistungen "Beratung in bezug auf Energieverwendung...", so daß auch insoweit eine Identität vorliege. Soweit sich die Inhaberin der angegriffenen Marke auf die Existenz ihrer Marke "DEO" berufe, könne diese an der prägenden Bedeutung der Bestandteile "Energy One" nichts ändern, da der weitere Bestandteil "Deutsche" nur auf ein in Deutschland ansässiges Tochterunternehmen einer ausländischen Firma hinweise.

II.

Die zulässige Beschwerde erweist sich in der Sache als unbegründet, denn auch nach Auffassung des Senats besteht zwischen der jüngeren Marke "Deutsche Energy One" und der Widerspruchsmarke "ENERGYONE" Verwechslungsgefahr gemäß § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG. Die von der Inhaberin der angegriffenen Marke erhobene Einrede der Nichtbenutzung der Widerspruchsmarke greift nicht durch, weil sich die Widerspruchsmarke noch in der Benutzungsschonfrist befindet (vgl dazu § 43 Abs 1 MarkenG).

Die Gefahr markenrechtlich erheblicher Verwechslungen ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, die zueinander in einer Wechselbeziehung bestehen, umfassend zu beurteilen. Zu den maßgeblichen Umständen gehören insbesondere die Ähnlichkeit der Marken und der damit gekennzeichneten Waren sowie die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke (vgl EuGH GRUR 1998, 387, 389 - Sabèl/Puma; BGH GRUR 1995, 216, 219 - Oxygenol II).

Bei der Beurteilung der Ähnlichkeit der beiderseitigen Dienstleistungen ist davon auszugehen, daß die Verfahrensbeteiligten Leistungen erbringen, die jedenfalls mittlere Ähnlichkeit aufweisen. Maßgeblich für die Annahme einer Dienstleistungsähnlichkeit ist angesichts der fehlenden Körperlichkeit von Dienstleistungen in erster Linie Art und Zweck der Dienstleistung, dh der Nutzen für den Empfänger der Dienstleistung und allenfalls noch die Vorstellung des Verkehrs, daß die Dienstleistungen unter der gleichen Verantwortung erbracht werden (vgl dazu BGH GRUR 2001, 164 - Wintergarten; GRUR 199, 731 - Canon II; Fezer Markenrecht, 2. Aufl, § 14 Rdn 393; Althammer/Ströbele Markengesetz, 6. Aufl, § 9 Rdn 66). Gemessen an diesen Grundsätzen ist davon auszugehen, daß die beteiligten breiten Verkehrskreise annehmen, die beiderseitigen Dienstleistungen würden üblicherweise von dem selben Unternehmen erbracht, denn aus der Sicht der Bezieher von Energieleistungen wie Strom, Gas oder Heizwärme dienen die Leistungen beider Energieversorgungsunternehmen der Versorgung mit verschiedenen Energieträgern, wobei ohne Transport (= Zuleitung) der Energieträger keine Versorgung und keine Versorgung ohne Zuleitung möglich ist. Die von der jüngeren Marke beanspruchten "Dienstleistungen eines Energieversorgungsunternehmens, nämlich Versorgung... mit elektrischer Energie" und die "Erzeugung von Energie" liegen mithin im Ähnlichkeitsbereich der "Energiedienstleistungen in Form von Elektrizität und Erdgas..." der prioritätsälteren Widerspruchsmarke.

Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke, die sich nach ihrem Gesamteindruck bemißt, ist als durchschnittlich zu bewerten. Zwar enthält die Widerspruchsmarke mit dem Anfangsbestandteil "ENERGY" einen Hinweis auf den Schwerpunkt der Tätigkeit der Widersprechenden, nämlich der Erzeugung von und der Versorgung mit Energie. Dieser Angabe vermögen die angesprochenen breiten Abnehmerkreise jedoch beispielsweise nicht zu entnehmen, welche Arten von Energie unter dieser Kennzeichnung angeboten werden, sofern sie sich überhaupt über die inhaltliche Aussage der Widerspruchsmarke "ENERGYONE" Gedanken machen.

Bei der Prüfung der Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Zeichen ist grundsätzlich auf den Gesamteindruck abzustellen, den sie hervorrufen, (vgl EuGH aaO - Sabèl/Puma - BGH GRUR 2501 - ATTACHÉ/TISSERAND, mwN). Da die jüngere Marke in ihrem klanglichen und schriftlichen Gesamteindruck durch das zusätzliche Wort "Deutsche" deutlich von der prioritätsälteren Marke abweicht, sind insoweit Verwechslungen hinreichend ausgeschlossen.

Dennoch ist eine unmittelbare Verwechslungsgefahr unter dem Gesichtspunkt der Übereinstimmung prägender Markenbestandteile zu bejahen. So kann einem einzelnen Markenbestandteil ausnahmsweise eine besondere, das Gesamtzeichen prägende Kennzeichnungskraft zugemessen werden, wenn diesem Bestandteil in der Marke eine selbständig kennzeichnende Stellung zukommt und er deshalb geeignet ist, die Erinnerung an das Gesamtzeichen wachzurufen, während die weiteren Elemente der Marke (hier: "Deutsche") nur eine eher untergeordnete Bedeutung haben (vgl dazu BGH WRP 2000, 173 - RAUSCH/ELFI RAUCH). Für eine solche prägende Wirkung eines Zeichenteils, hier die Wortfolge "Energy One", spricht im vorliegenden Fall, daß er den weiteren Bestandteil der Gesamtmarke an Kennzeichnungskraft überragt und der Verkehr dem weiteren Markenteil (hier: "Deutsche") keinen besonderen Hinweis auf die betriebliche Herkunft der Dienstleistungen entnimmt, denn bei der Angabe "Deutsche" handelt es sich ersichtlich nur um eine geographische Angabe, die den Sitz des betreffenden Dienstleisters bzw das Wirkungsgebiet beschreibt, in dem die betreffenden Dienstleistungen erbracht werden. Für ein Zurücktreten des Markenbestandteils "Deutsche" in der angegriffenen Marke spricht auch der dem angesprochenen Verkehr geläufige Umstand, daß ausländische Unternehmen ihren in Deutschland tätigen Niederlassungen oder Tochterunternehmen die Angabe "Deutsche" voranstellen (vgl zB Deutsche BP, Deutsche Shell, Deutsche Babcock, Deutsche Goodyear), so daß diese Angabe vom Verkehr grundsätzlich vernachlässigt wird und sie für den Gesamteindruck des jeweiligen Zeichens in den Hintergrund tritt.

Die demgegenüber erhobenen Einwände der Inhaberin der angegriffenen Marke greifen nicht durch: Angesichts des eindeutig beschreibenden Gehalts des Bestandteils "Deutsche" vermag dieser zum Gesamteindruck der angegriffenen Marke nichts Wesentliches beizutragen. Ebensowenig rechtfertigt die gemeinsame Verwendung der angegriffenen Marke mit der geschützten Abkürzung "DEO" eine andere Beurteilung, denn die jüngere Marke kann nur in ihrer eingetragenen Form mit der Widerspruchsmarke verglichen werden. Daß der prägende Bestandteil "Energy One" in der angegriffenen Marke und die Widerspruchsmarke "ENERGYONE" klanglich verwechselbar sind, bedarf keiner weiteren Begründung, so daß eine markenrechtlich erhebliche Verwechslungsgefahr zu bejahen ist.

Für eine Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen (§ 71 Abs 1 MarkenG) bestand kein Anlaß.

Schülke Eder Kraft Na/prö






BPatG:
Beschluss v. 21.02.2001
Az: 26 W (pat) 269/00


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