Bundesgerichtshof:
Beschluss vom 23. September 2002
Aktenzeichen: AnwZ (B) 60/01

(BGH: Beschluss v. 23.09.2002, Az.: AnwZ (B) 60/01)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

In der vorliegenden Gerichtsentscheidung mit dem Aktenzeichen AnwZ (B) 60/01 hat der Bundesgerichtshof die sofortige Beschwerde eines Rechtsanwalts gegen den Beschluss des Anwaltsgerichtshofs des Landes Nordrhein-Westfalen vom 21. September 2001 zurückgewiesen. Der Rechtsanwalt wurde aufgrund von Vermögensverfall die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft entzogen.

Der Antragsteller wurde 1947 geboren und war seit 1977 als Rechtsanwalt beim Landgericht D. zugelassen. Die Antragsgegnerin hat ihm jedoch aufgrund von Vermögensverfall die Zulassung widerrufen. Der Anwaltsgerichtshof hat den Antrag auf gerichtliche Entscheidung zurückgewiesen, woraufhin der Antragsteller die sofortige Beschwerde eingereicht hat.

Der Bundesgerichtshof stellt fest, dass die Widerrufsverfügung zu Recht ergangen ist, da der Rechtsanwalt in Vermögensverfall geraten ist. Die Voraussetzungen für Vermögensverfall sind erfüllt, wenn der Rechtsanwalt in ungeordnete finanzielle Verhältnisse geraten ist und außerstande ist, seinen Zahlungsverpflichtungen nachzukommen. Ein Vermögensverfall wird vermutet, wenn der Rechtsanwalt im Schuldnerverzeichnis eingetragen ist.

Im vorliegenden Fall war die Eintragung des Antragstellers wegen Steuerforderungen des Finanzamts D. im Schuldnerverzeichnis vorhanden. Die Gesamtforderungen des Finanzamts beliefen sich auf über 350.000 DM, einschließlich Säumniszuschlägen. Es lagen keine Anhaltspunkte für einen Ausnahmefall vor, in dem die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet wären.

Der Bundesgerichtshof hat festgestellt, dass der Widerrufsgrund nach der Erlassung der Widerrufsverfügung nicht zweifelsfrei weggefallen ist. Die Eintragung im Schuldnerverzeichnis besteht weiterhin. Obwohl die Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers darauf hingewiesen haben, dass die Forderungen des Finanzamts bestritten werden und die Aussicht auf einen "generellen Vergleich" bestehe, konnten sie dies nicht durch urkundliche Belege belegen. Das Finanzamt hat hingegen erklärt, dass sämtliche Klagen des Antragstellers gegen das Finanzamt abgewiesen wurden.

Zudem wurde der Antrag des Antragstellers, den Termin zu verlegen, abgelehnt, da keine ausreichende Verhinderung für einen der beiden Bevollmächtigten nachgewiesen wurde.

Insgesamt wurde die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Anwaltsgerichtshofs zurückgewiesen. Der Antragsteller muss die Kosten des Rechtsmittels tragen und der Antragsgegnerin die entstandenen außergerichtlichen Auslagen erstatten. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wurde auf 51.129,19 tgesetzt.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BGH: Beschluss v. 23.09.2002, Az: AnwZ (B) 60/01


Tenor

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des 1. Senats des Anwaltsgerichtshofs des Landes Nordrhein-Westfalen vom 21. September 2001 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen und der Antragsgegnerin die ihr im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen außergerichtlichen Auslagen zu erstatten.

Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 51.129,19 tgesetzt. Gründe I.

Der 1947 geborene Antragsteller ist seit 1977 zur Rechtsanwaltschaft und als Rechtsanwalt bei dem Landgericht D. zugelassen. Durch Verfügung vom 17. November 2000 hat ihm die Antragsgegnerin die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft wegen Vermögensverfalls (§ 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO) widerrufen. Den Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat der Anwaltsgerichtshof zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Antragstellers.

II.

Das Rechtsmittel ist zulässig (§ 42 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 4 BRAO), bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg.

1. Die Widerrufsverfügung ist zu Recht ergangen.

a) Nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO ist die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu widerrufen, wenn der Rechtsanwalt in Vermögensverfall geraten ist, es sei denn, daß dadurch die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet sind. Vermögensverfall ist gegeben, wenn der Rechtsanwalt in ungeordnete, schlechte finanzielle Verhältnisse geraten ist, diese in absehbarer Zeit nicht ordnen kann und außerstande ist, seinen Zahlungsverpflichtungen nachzukommen. Ein Vermögensverfall wird vermutet, wenn der Rechtsanwalt in das vom Vollstreckungsgericht zu führende Verzeichnis (§ 915 ZPO) eingetragen ist.

b) Diese Voraussetzung war zum maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses der Widerrufsverfügung erfüllt. Im Schuldnerverzeichnis war wegen Steuerforderungen des Finanzamts D. eine eidesstattliche Versicherung des Antragstellers nach § 284 AO eingetragen. Die Gesamtforderungen des Finanzamts beliefen sich am 21. August 2000 auf über 350.000 DM einschließlich erhobener Säumniszuschläge.

c) Anhaltspunkte für einen Ausnahmefall, in dem trotz des Vermögensverfalls die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet wären, lagen nicht vor.

2. Wenn der Widerrufsgrund nach Erlaß der Widerrufsverfügung zweifelsfrei weggefallen ist, ist das im gerichtlichen Verfahren noch zu berücksichtigen. Ein derartiger Wegfall läßt sich nicht feststellen.

Die Eintragung im Schuldnerverzeichnis besteht fort.

Die Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers haben mit Schriftsatz vom 24. Mai 2002 vorgetragen, daß die Forderungen der Finanzverwaltung nicht unstreitig seien und insoweit die Aussicht bestehe, in einem anstehenden Termin vor dem Finanzgericht einen "generellen Vergleich" abzuschließen; bislang bestehe ein "Stillhalte-Abkommen".

Etwaige zwischen dem Antragsteller und dem zuständigen Finanzamt getroffene Stundungsvereinbarungen sind vom Antragsteller nicht -wie nötig urkundlich belegt worden, obwohl ihm bereits vom Anwaltsgerichtshof dahingehende Hinweise gegeben worden sind.

Demgegenüber hat die Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 5. Juni 2002 ausgeführt, daß sich laut einer Mitteilung des Finanzamts D. die Steuerschulden des Antragstellers einschließlich der Säumniszuschlägebauf derzeit 173.058,99 b km megen der Behauptung des Antragstellers nicht zustande gekommen. Sie habe vielmehr erfahren, daß sämtliche Klagen des Antragstellers gegen das Finanzamt D. in der am 4. Juni 2002 vor dem Finanzgericht D. durchgeführten mündlichen Verhandlung abgewiesen worden seien.

Aufgrund dieses Vorbringens der Antragsgegnerin, auf das der Antragsteller nicht mehr erwidert hat, kann auch im Beschwerdeverfahren nicht davon ausgegangen werden, daß der Vermögensverfall nachträglich zweifelsfrei weggefallen ist.

3. Dem Antrag der Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers vom 17. September 2002, den Termin zu verlegen, war nicht zu entsprechen, da eine Verhinderung nur für einen der beiden Bevollmächtigten dargetan ist.

Deppert Schlick Otten Frellesen Salditt Schott Kappelhoff






BGH:
Beschluss v. 23.09.2002
Az: AnwZ (B) 60/01


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