Bundespatentgericht:
Beschluss vom 6. Juli 2005
Aktenzeichen: 32 W (pat) 6/04

(BPatG: Beschluss v. 06.07.2005, Az.: 32 W (pat) 6/04)

Tenor

Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Gegen die am 6. Juli 1999 angemeldete und seit 10. Mai 2000 für "Salmiak-Lakritz-Bonbon nicht für medizinische Zwecke" eingetragene Wortmarke 399 39 148 SALMIGOS hat die Widersprechende am 14. Juli 2000 aus ihrer seit 1955 für "Zuckerwaren" geschützten Wortmarke 675 778 SALMI Widerspruch eingelegt.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat die Benutzung der Widerspruchsmarke bestritten.

Zur Glaubhaftmachung der Benutzung ihrer Marke hat die Widersprechende eine eidesstattliche Versicherung vorgelegt, nach der im Zeitraum von 1994 bis 2001 Toffies und Lollies unter der Bezeichnung "SALMI" in einem Umfang von ca. ... bis ... Verpackungseinheiten vertrieben worden seien. Liefer- scheine und Etiketten dazu hat die Widersprechende beigefügt.

Die Markenstelle für Klasse 30 hat den Widerspruch mit Beschluss vom 22. Oktober 2001 und die dagegen eingelegte Erinnerung der Widersprechenden mit Beschluss vom 24. Oktober 2003 jeweils mangels Verwechslungsgefahr zurückgewiesen.

Dazu ist ausgeführt, die Widerspruchsmarke habe wegen ihres Hinweises auf Salmiak nur eine geringe Kennzeichnungskraft. Die angegriffene Marke enthalte eine Wortendung mit markantem Vokal. Dies verändere zudem die Betonung.

In dem Gesamtbegriff SALMIGOS trete SALMI nicht mehr als eigenständiger Bestandteil auf. Dementsprechend habe der Senat mit seiner Entscheidung vom 5. April 2000, Az.: 32 W (pat) 320/99, schon SALMITOS nicht mit mit SALMI verwechselt.

Der Erinnerungsbeschluss ist der Widersprechenden am 11. November 2003 zugestellt worden.

Die Widersprechende hat am 1. Dezember 2003 Beschwerde eingelegt und dazu ausgeführt, ihre Marke sei nicht in der Kennzeichnungskraft geschwächt. Salmiak bringe der Verbraucher in keiner Weise mit Süßigkeiten in Verbindung, sondern nur mit Putzmitteln. Salmiak würde auch nicht auf SALMI verkürzt. Die Widerspruchsmarke sei seit 50 Jahren eingetragen und benutzt, was für eine normale, wenn nicht sogar gesteigerte Kennzeichnungskraft spreche. Die Widerspruchsmarke habe eine eventuell wegen des Anklangs an eine beschreibende Angabe vorhandene Tendenz zu einer kennzeichenschwachen Marke mehr als überwunden. Bundesweit sei zumindest von einer normalen Kennzeichnungskraft auszugehen. Auch in der SALI TOFT-Entscheidung sei der Bundesgerichtshof von einer normalen Kennzeichnungskraft für die Marke SALMI ausgegangen. Dagegen werde die angegriffene Marke durchaus auf SALMI verkürzt.

Es lägen identische Waren vor. Beim Markenvergleich komme es auf die Endsilben nicht entscheidend an.

Die Widersprechende beantragt sinngemäß, die Beschlüsse der Markenstelle aufzuheben und die Marke 399 39 148 aufgrund des Widerspruchs aus der Marke 675 778 vollumfänglich zu löschen.

Demgegenüber beantragt die Markeninhaberin, die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie ist der Auffassung, die Widerspruchsmarke sei nicht benutzt, die eidesstattliche Versicherung stamme vom Geschäftsführer der persönlich haftenden Gesellschafterin E... VERWALTUNGS GMBH. Die Beziehung zur Widersprechen- den sei unklar, ebenso, wer die Marke SALMI benutzt haben solle. Die genannten Umsatzzahlen bezögen sich auf Toffies und Lollies, nicht aber auf Salmiak-Lakritz-Bonbons. Ferner sei unklar, aus welcher Zeit die vorgelegten Beutel und Etiketten stammten.

Die Widerspruchsmarke sei kennzeichnungsschwach. Eine umfangreiche Benutzung, die dies ausgleichen hätte können, werde bestritten.

Die zu vergleichenden Marken seien sich nicht ähnlich.

Zur Ergänzung des Parteivorbringens wird auf die Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen Bezug genommen, wegen sonstiger Einzelheiten auf den Akteninhalt.

II.

1) Die Beschwerde der Widersprechenden ist zulässig, hat in der Sache aber keinen Erfolg. Nach Auffassung des Senats besteht zwischen den Marken keine Verwechslungsgefahr gemäß § 42 Abs 2 Nr 1 und § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG.

Nach der für die Auslegung der in Umsetzung der Markenrichtlinie erlassenen Vorschrift des § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG maßgeblichen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften zu Art 4 Abs 1 lit. b der MarkenRL ist die Frage der Verwechslungsgefahr unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen. Zwischen den dafür maßgeblichen Faktoren, Ähnlichkeit der Marken und der mit ihnen gekennzeichneten Waren bzw. Dienstleistungen, Kennzeichnungskraft der älteren Marke sowie Aufmerksamkeit des Publikums, besteht eine Wechselwirkung. So kann ein höherer Grad an Ähnlichkeit der Waren oder eine erhöhte Kennzeichnungskraft der älteren Marke einen geringeren Grad an Ähnlichkeit der Marken ausgleichen und umgekehrt (EuGH GRUR Int. 2000, 899, 901 [Nr. 40] - MARCA / ADIDAS; BGH GRUR 2003, 332, 334 - ABSCHLUSSSTÜCK).

Nach diesen Grundsätzen ist vorliegend keine Gefahr von Verwechslungen gegeben.

a) Der Senat geht entgegen dem Vortrag der Widersprechenden davon aus, dass die Verbraucher Süßwaren durchaus mit Salmiak in Verbindung bringen können. Die Widersprechende selbst verwendet auf den Etiketten die Wörter "Salmiak-Pastillen" und "Salmiak Lakritz Bonbons". Auch bei den Zutaten gibt sie Salmiaksalz an. Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat zudem belegt, dass viele andere Süßwaren von unterschiedlichen Herstellern auf dem Markt sind, bei denen "Salmiak" beschreibend verwendet wird. Dies ist dem Senat auch aus eigener Erfahrung bekannt. Selbst unter Berücksichtigung des Umstands, dass SALMI eine alte Marke ist, kommt ihr allenfalls ein knapp durchschnittlicher Schutzumfang zu.

b) Ausgehend von der Registerlage stehen sich identische Waren gegenüber.

c) Auch wenn unter Berücksichtigung der dargelegten Umstände durchschnittliche Anforderungen an den erforderlichen Markenabstand zu stellen sind, reichen die Abweichungen in Klang- und Schriftbild aus, um die Gefahr von Verwechslungen sicher auszuschließen.

aa) Im Schriftbild unterscheiden sich die beiden Marken von der Länge her. Die Endung von SALMIGOS ist nicht so unauffällig, dass sie untergehen könnte.

bb) Dies gilt auch in klanglicher Hinsicht, zumal die angegriffene Marke in der Wortmitte auf dem i und die Widerspruchsmarke auf der ersten Silbe betont wird.

cc) Die Übereinstimmung beider Marken in dem Bestandteil SALMI führt auch nicht zu einer gedanklichen Verbindung. Insbesondere Bestandteile, die - wie hier SALMI - einen beschreibenden Anklang haben, eignen sich aus Rechtsgründen nicht, eine solche gedankliche Verbindung herbeizuführen. Sie werden nicht als Stammbestandteil einer Zeichenserie verstanden. Hinzu kommt im vorliegenden Fall, dass die angegriffene Marke wegen des Anklangs an das spanische "amigos" eine phantasievolle Einheit bildet, in der SALMI nicht so eigenständig hervortritt, dass es zu einer gedanklichen Verbindung kommen könnte.

2) Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeit besteht kein Anlaß (§ 71 Abs 1 MarkenG).

Viereck Kruppa Dr. Albrecht Cl






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Az: 32 W (pat) 6/04


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