Bundespatentgericht:
Beschluss vom 28. Juni 2000
Aktenzeichen: 32 W (pat) 34/99

(BPatG: Beschluss v. 28.06.2000, Az.: 32 W (pat) 34/99)

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluß der Markenstelle für Klasse 41 vom 5. November 1997 aufgehoben.

2. Die Sache wird zur Fortsetzung des Verfahrens an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückverwiesen.

Gründe

I.

Beim Deutschen Patentamt ist die Bezeichnung The Harlem Gospel Singersua für Magnetaufzeichnungsträger (Videos, Musikcassetten, TV-Bänder, CDs), Schallplatten (Klasse 9), Druckereierzeugnisse, insbesondere Gruß- und Souvenierkarten, Plakate, Poster (Klasse 16), Musikdarbietungen, insbesondere Gospel-Chorkonzerte und andere Shows (Klasse 41)

zur Eintragung als Wortmarke angemeldet worden.

Mit Beschluß vom 5. November 1997 hat die Markenstelle für Klasse 41 nach vorausgegangener Beanstandung die Anmeldung durch einen Beamten des höheren Dienstes in diesem Umfang zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, die angemeldete Marke bestehe für die von der Zurückweisung umfaßten Waren/Dienstleistungen ausschließlich aus beschreibenden freihaltebedürftigen Angaben (§ 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG). Der Wortbestandteil "Gospel" sei für Musikdarbietungen eine glatt beschreibende Angabe der Stilrichtung. Der weitere Markenteil "Harlem" stelle eine beschreibende Angabe betreffend die Herkunft des auf den Musikdarbietungen angebotenen Liedgutes oder auf die Herkunft der Sänger dar. "Harlem" sei ein bekannter Stadtteil von New York, in dem besonders viele Farbige wohnten. "Gospel" sei gerade eine Form des religiösen Liedgutes der schwarzen Nordamerikaner. Daher liege auch insoweit eine glatt beschreibende Angabe vor. Der Markenteil "Singers" beschreibe lediglich die Tatsache, daß die Lieder von Sängern vorgetragen würden. Die Wörter seien sprachüblich zusammengesetzt und beschrieben unmittelbar die Tatsache, daß die Musikdarbietungen von Gospelsingers aus Harlem angeboten würden, daß auf den Magnetaufzeichnungsträgern, Schallplatten solche Lieder zu hören seien und daß sich die Druckereierzeugnisse mit Gospelsingers aus Harlem inhaltlich befassen. Ein schutzfähiges Gesamtzeichen sei deshalb nicht ersichtlich. Die von der Anmelderin behauptete Verkehrsdurchsetzung (§ 8 Abs 3 MarkenG) sei offensichtlich nicht gegeben. Aus den vorliegenden Unterlagen sei nicht ersichtlich, daß die angemeldete Marke bei allen inländischen Verkehrskreisen als Marke eines bestimmten Unternehmens ausgefaßt werde. Hierzu müßte sich die Marke bei den Endverbrauchern nicht nur bei den Hörern von Gospel Songs durchgesetzt haben. Hierfür fehlten aber jegliche Anhaltspunkte.

Gegen diesen Beschluß richtet sich die Beschwerde der Anmelderin.

Sie beantragt, den angefochtenen Beschluß im Umfang der Versagung aufzuheben.

Zur Begründung macht sie geltend, gegen die Marke bestehe kein absolutes Schutzhindernis gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 und Nr 2 MarkenG, zudem sei eine Durchsetzung der Marke bei den beteiligten Verkehrskreisen gemäß § 8 Abs 3 MarkenG gegeben. Anhaltspunkte für eine Verkehrsdurchsetzung seien dem Patentamt insoweit gegeben worden, als die Auflistung von Konzertdaten sowie entsprechenden Besucherzahlen im Zeitraum vom 2. Dezember 1992 bis zum 31. Januar 1996 vorgelegt worden seien. Diese Auflistung könne durch die mittlerweile fortgeschrittene Zeit im Zeitraum vom 27. November 1996 bis zum 14. Februar 1998 ergänzt werden. Die Musikgruppe "The Harlem Gospel Singers" sei nahezu in jeder größeren und mittelgroßen Stadt Deutschlands aufgetreten. Hinsichtlich des erforderlichen Grades der Verkehrsdurchsetzung reiche es aus, wenn ein zwischen ... und ... % liegender Durchsetzungsgrad der Marke "The Harlem Gospel Singers" festgestellt werden könne (BGH GRUR 1990, 360, 361 "Apropos Film II"; BGH 1994, 627, 628 "Erdinger"). Eine Addition der angegebenen Besucherzahlen ergebe allein für den Monat Januar 1996 einen Zuschauerzuspruch von über ... in ... Städten. Der Multiplikationseffekt durch die je weils vorgeschaltete Werbung, aufgrund derer sich die Marke bei sehr viel mehr Verkehrskreisen eingeprägt habe, als tatsächlich die Konzerte besucht hätten, sei dabei so erheblich, daß unschwer zu erkennen sei, daß der Durchsetzungsgrad der "The Harlem Gospel Singers" das oben beschriebene Maß bei weitem überschritten habe. Aus alledem ergebe sich, daß der Name der Musikgruppe "The Harlem Gospel Singers" eine Marke darstelle.

Nach Durchführung der mündlichen Verhandlung vom 15. September 1999 hat die Anmelderin auf Anregung des Senats ihre Anmeldung vom 24. August 1995 und sämtliche daraus fließenden Rechte durch Vereinbarung vom 11. Januar 2000 auf die neugegründete Gesellschaft B... GmbH & Co KG "T... KG" übertragen und dies durch Vorlage der Ver einbarung und durch Vorlage des Umschreibungsantrags dargelegt. Kommanditisten der neu gegründeten Gesellschaft sind ua Queen Esther Marrow, David Tobin und Richard Bellazzin, die seit langer Zeit in der Gruppe "The Harlem Gospel-Singers" agierende Künstler sind. Im übrigen wechsele der Bestand an Musikern und Künstlern so häufig, daß es nicht möglich sei, sämtliche Künstler in die Gesellschaft aufzunehmen. In jedem Fall müsse die Marke nun im Wege der Verkehrsdurchsetzung eingetragen werden.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt sowie den Inhalt der Amtsakte 395 34 568.5 Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde führt zur Zurückverweisung an das Deutsche Patent- und Markenamt gemäß § 70 Abs 3 Nr 3 MarkenG zur Durchführung eines Verkehrsdurchsetzungsverfahrens.

Zutreffend ist die Markenstelle davon ausgegangen, daß an "The Harlem Gospel Singers" ein Freihaltungsbedürfnis der Mitbewerber im Sinne von § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG besteht. Demnach sind Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge, der Bestimmung, des Wertes oder der Erbringung der Dienstleistungen oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren dienen können, für die also ein aktuelles Freihaltungsbedürfnis besteht.

An fremdsprachigen Bezeichnungen besteht ein Freihaltungsbedürfnis der Mitbewerber, wenn sie auf die konkreten Waren bezogen eine Beschaffenheitsangabe darstellen und entweder von beachtlichen inländischen Verkehrskreisen ohne weiteres als solche verstanden werden oder wenn die Bezeichnung von den an der Ausfuhr und Einfuhr der Ware beteiligten Verkehrskreisen benötigt wird (BGH PMZ 1994, 286, 287 "rigidite III"). Demgemäß ist "The Harlem Gospel Singers" freihaltungsbedürftig.

Die Wörter sind sprachüblich zusammengesetzt und beschreiben unmittelbar die Tatsache, daß die Musikdarbietungen von den Gospelsingers aus Harlem angeboten werden, daß auf den Magnetaufzeichnungsträgern, Schallplatten solche Lieder zu hören sind und daß sich die Druckereierzeugnisse mit Gospelsingers aus Harlem inhaltlich befassen. Der beschreibende Charakter dieser Angabe ist eindeutig und für alle angesprochenen Verkehrsteilnehmer ersichtlich. Der Markenbestandteil "Gospel", ein Wort der englischen Sprache, ist die Abkürzung für "Gospel Song" und beschreibt ein einfach komponiertes geistliches Lied der nordamerikanischen Schwarzen, das Elemente des Spirituals und des Jazz enthält, die aber häufig zugunsten einer europäischen Musikalität zurückgedrängt sind (vgl Duden, Das Große Wörterbuch der Deutschen Sprache, 1977; Duden, Fremdwörterbuch, 5. Aufl, 1990; Bertelsmann, Die neue Rechtschreibung, 1996). Der Markenteil "Gospel" ist mithin, wie die Markenstelle zutreffend ausgeführt hat, eine glatt beschreibende Angabe der Stilrichtung. Auch der weitere Wortbestandteil "Harlem" stellt eine beschreibende Angabe betreffend die Herkunft des Liedgutes dar. Als jüngere, seit 1940 bestehende verstädterte Form des Negro Spirituals (vgl Duden, Fremdwörterbuch, 5. Aufl) ist der Gospelsong gerade in dem Stadtteil "Harlem" von New York, in dem besonders viele Farbige wohnen, dargeboten worden. Insoweit liegt auch hier eine freihaltungsbedürftige Angabe vor. Der Wortbestandteil "Singers" gehört zum Grundwortschatz der englischen Sprache (vgl Weiss, Grund- und Aufbauwortschatz, 1977) und bedeutet "Sänger" (Plural). Dieser Markenbestandteil beschreibt die Tatsache, daß die Lieder von Sängern und nicht rein instrumental vorgetragen werden. Im Zusammenhang mit den oben aufgeführten Waren der Klassen 9, 16 und 41 der Anmelderin handelt es sich um die glatt beschreibende Angabe des Inhalts, daß Gospels von Sängern aus Harlem zu hören sind. Nichts anderes belegt letztlich die Ankündigung in einem Konzertprogramm (Kulturelle Höhepunkte 1995/96: "The Harlem Gospel Singers ist das Synonym für das schwarze Amerika. Gospel- das ist der Ursprung aller schwarzamerikanischen Musik. Von Jazz über den Bebop, von Rock`n `Roll bis hin zum HipHop und Rap, all diese Musikstile finden ihren Ursprung im Gospel").

Angesichts der Tatsache, daß wesentliche Teile des Gospelliedgutes ihren Ursprung in dem Stadtteil "Harlem" haben, besteht für Konkurrenten der Anmelderin ein Freihaltungsbedürfnis an der angemeldeten Bezeichnung in ihrer Gesamtheit. Da Musikrichtungen jeglicher Art, also auch Gospelsongs, aktuell sind, sei es, daß sie im Fernsehen oder Radio angeboten werden, muß es Mitkonkurrenten ermöglicht werden, die beanspruchten Waren und Dienstleistungen unter Hinweis auf Gospelsingers aus Harlem anzupreisen.

Nach Auffassung des Senats besteht aber die Möglichkeit, daß die angemeldete Marke dennoch eingetragen werden kann, wenn sie sich im Zeitpunkt der Anmeldung bzw. im Zeitpunkt der Entscheidung in den beteiligten Verkehrskreisen durchgesetzt hat und deshalb die Anwendung des § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG ausgeschlossen ist (§ 8 Abs 3 MarkenG). Die Anmelderin hat durch die im Beschwerdeverfahren eingereichten Unterlagen nunmehr glaubhafte Anhaltspunkte dafür geliefert, daß die Bezeichnung "The Harlem Gospel Singers" bei maßgeblichen Abnehmerkreisen als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefaßt wird. Für den markenmäßigen Gebrauch der Bezeichnung sprechen insbesondere die zahlreichen Zeitungsartikel mit dem Begriff "The Harlem Gospel Singers". Auch die zahlreichen Prospekte über die Tourneen sprechen für die Möglichkeit einer Verkehrsdurchsetzung, zumal dem Senat bekannt ist, daß im Rahmen einer Fernsehsendung auf die Konzerte der Harlem Gospel Singers hingewiesen worden ist ("heute"-journal des ZDF am 30. September 1999).

Da die Markenstelle die Frage der Verkehrsdurchsetzung noch nicht aufgrund der nunmehr eingereichten Unterlagen hat beurteilen können, erschien es angebracht, die Sache zur weiteren Prüfung an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückzuverweisen (§ 71 Abs 3 Nr 3 MarkenG).

Dr. Fuchs-Wissemann Richter Sekretaruk hat Urlaub und kann daher nicht unterschreiben.

Dr. Fuchs-Wissemann Klante Hu






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