Bundespatentgericht:
Beschluss vom 25. Oktober 2001
Aktenzeichen: 6 W (pat) 9/01

(BPatG: Beschluss v. 25.10.2001, Az.: 6 W (pat) 9/01)

Tenor

Die Beschwerde des Einsprechenden wird zurückgewiesen.

Gründe

I Die Erteilung des Patents auf die am 17. Dezember 1991 eingereichte Patentanmeldung ist am 1. August 1996 veröffentlicht worden.

Der erteilte Patentanspruch 1 lautet:

"Außenfassade an einem Bauwerk aus vorgelegten, hinterlüfteten Fassadenplatten (1) mit doppelwandigem Aufbau, die aus jeweils einem Außenplattenteil (3) und einem Innenplattenteil (2) bestehen, deren Plattenteile (2, 3) über Stege (4) miteinander verbunden sind, wobei die Fassadenplatten (1) mit Befestigungsmitteln in Verbindung mit einer Unterkonstruktion an einer Gebäudewand befestigt sind, offene vertikale Stoßfugen (8) bilden, und wobei an den horizontalen Rändern der Fassadenplatte (1) im Bereich ihrer Oberkante das Innenplattenteil (2) das Außenplattenteil (3) und im Bereich ihrer Unterkante das Außenplattenteil (3) das Innenplattenteil (2) überragt, dadurch gekennzeichnet, daß benachbarte Fassadenplatten (1) labyrinthartig überlappende horizontale Stoßfugen (7) bilden; daß an den vertikalen Rändern der Fassadenplatte (1) das Außenplattenteil (3) das Innenplattenteil (2) gleichmäßig überragt; und daß die Fassadenplatten (1) durch ein von außen unsichtbares Befestigungssystem in Form von die Ränder der Innenplattenteile (2) und Trageschienen (15) der Unterkonstruktion(14) erfassenden Anfangs- (16), Flächen- (22) und Endspangen (32) mit der Gebäudeaußenwand verbunden sind."

Zur Fassung der Patentansprüche 2 bis 11, die auf den Patentanspruch 1 rückbezogen sind, wird auf die Patentschrift Bezug genommen.

Nach Prüfung eines Einspruchs hat die Patentabteilung 25 des Deutschen Patent- und Markenamts durch Beschluß vom 18. Februar 1999 das Patent in vollem Umfang aufrechterhalten.

Gegen diesen Beschuß hat der Einsprechende Beschwerde eingelegt.

Der Einsprechende trägt unter Hinweis auf § 21 Abs 1 Nr 2 PatG vor, daß der Patentanspruch 1 die Ausbildung der Außenfassade nicht so deutlich und vollständig offenbare, daß ein Fachmann sie ausführen könne. Insbesondere beständen Offenbarungsmängel hinsichtlich der Begriffe "Anfangs-, Flächen und Endspange" sowie ein Widerspruch bzw eine Unklarheit hinsichtlich der unsichtbaren Anordnung der Endspangen. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 beruhe gegenüberder DE 84 01 080 U1 (E3) in Zusammenschau mitder DE 39 39 872 A1 (E1)

auch nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Der Einsprechende verweist darüber hinaus auf die folgenden Veröffentlichungen der Firma Dachziegelwerk Möding GmbH & Co. KG, 8380 Landau/Isar:

ArGeTon-Ziegelfassade Arbeitsblätter für Gesamt- und Detailgestaltung der Strangfassade (E8), FassadenTechnik aktuell Ausgabe 87 (D9)

FassadenTechnik aktuell Ausgabe 2/88 (D10)

sowie auf den in der mündlichen Verhandlung überreichten Sonderdruck aus der Zeitschrift DDH Das Dachdecker-Handwerk, Heft 18/86, Seiten 31 bis 33.

Zum Stand der Technik sind weiterhin folgende Druckschriften genannt worden:

DE 86 21 835 U1 (E2)

DE 81 07 947 U1 (E4)

DE 30 19 844 C2 (E5)

DE 30 20 458 C2 (E6)

DE 30 20 458 A1 (E7)

DE 30 50 596 C2 (E9).

Der Einsprechende beantragt, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und das Patent zu widerrufen.

Die Patentinhaberin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Die Patentinhaberin widerspricht dem Vorbringen des Einsprechenden. Sie führt aus, daß der Fachmann den Angaben im Patentanspruch 1 gestützt durch die Beschreibung eine klare Lehre zum technischen Handeln entnehmen könne. So weise das von außen unsichtbare Befestigungssystem Befestigungsspangen auf, die je nach ihrer Anordnung in der Fassade als Anfangs-, Flächen- oder Endspangen bezeichnet werden. Die Ausbildung der Ränder der Innenplattenteile nach dem Patentanspruch 1 ermögliche auch für die Endspangen eine von außen nicht sichtbare Anordnung. Diese Außenfassade nach dem Patentanspruch 1 sei gegenüber dem aufgezeigten Stand der Technik neu und beruhe auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II Die Beschwerde ist zulässig. Sie hat aus den nachstehend genannten Gründen in der Sache aber keinen Erfolg. Das Patent 41 41 668 hat im Umfang der erteilten Patentansprüche Bestand.

1. Das Patent betrifft eine Außenfassade aus Fassadenplatten mit doppelwandigem Aufbau entsprechend den im Oberbegriff des Patentanspruchs 1 angegebenen Merkmalen. Neben dem in der Beschreibungseinleitung der Patentschrift 41 41 668 im Hinblick auf die Druckschriften E1 und E3 genannten Problem der Herausnahme einzelner Platten aus einer montierten Außenfassade sieht die Patentinhaberin nach ihrem Vortrag in der mündlichen Verhandlung ein weiteres technisches Problem darin, daß die Halter aller bekannten Befestigungssysteme nach der Montage der Fassade zumindest teilweise sichtbar seien und daher, wie in der Druckschrift D10 angegeben, sichtbare Halter in ihrer Farbe der Farbe der Fassadenplatten angepaßt würden.

Von daher besteht die dem Patentgegenstand zugrunde liegende objektive technische Aufgabe darin, eine Fassadenkonstruktion zu schaffen, die eine Belüftung der Unterkonstruktion zuläßt, ohne diese den äußeren Witterungseinflüssen auszusetzen, die auch bei fertiggestellter Verkleidung eine schnelle und einfache Auswechselbarkeit einzelner Fassadenplatten ermöglicht und die darüber hinaus ein von außen völlig unsichtbares Befestigungssystem bei fertig montierter Außenfassade bereitstellt.

Diese Aufgabe wird durch die insgesamt im Patentanspruch 1 angegebenen Merkmale gelöst.

Maßgeblich für den Sinngehalt des Patentanspruchs 1 ist das Verständnis des Fachmannes, hier eines mit der Planung und dem Bau von Außenfassaden befaßten Bauingenieurs. Dieser Fachmann entnimmt den Angaben im Patentanspruch 1 gestützt durch die Beschreibung in der Patentschrift (vgl Sp 2, Z 53 bis Sp 3, Z33), daß das unsichtbare Befestigungssystem Befestigungsspangen (16, 22, 32) aufweist, die je nach Bestimmung am unteren Fassadenrand als Anfangsspangen (16), in der Mitte der Fassadenverkleidung als Flächenspangen (22) und am oberen Fassadenrand als Endspangen (32) bezeichnet werden. Des weiteren entnimmt der Fachmann dem Patentanspruch 1, daß neben dem angegebenen labyrinthartigen Überlappen der horizontalen Ränder im Bereich der horizontalen Stoßfugen auch an den vertikalen Rändern der Fassadenplatte das Außenplattenteil das Innenplattenteil gleichmäßig überragt und daß die Befestigungsspangen - ganz allgemein - die Ränder der Innenplattenteile erfassen. Diese Angabe beschränkt das Erfassen der Befestigungsspangen nicht auf die horizontalen Ränder, sondern schließt auch ein Erfassen der vertikalen Ränder mit ein. Durch ein Erfassen des oberen vertikalen Randes des Innenplattenteiles einer Fassadenplatte im Bereich des oberen Abschlusses der Außenfassade ist dem Fachmann die Möglichkeit gegeben, auch in diesem Bereich eine Befestigungsspange aufgrund des das Innenplattenteil überragenden Außenplattenteils von außen nicht sichtbar zu montieren. Somit ist der Gegenstand des Patents im Patentanspruch 1 widerspruchsfrei sowie so deutlich und vollständig offenbart, daß ein Fachmann ihn ausführen kann. Unbenommen bleibt ihm, entsprechend Fig. 4 das Außenplattenteil am oberen horizontalen Rand so zu verlängern, daß eine am oberen horizontalen Rand des obersten Innenplattenteils angebrachte Endspange von außen unsichtbar ist.

2. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 ist patentfähig.

a) Die gewerblich anwendbare und im Sinne der vorstehenden Ausführungen unter Punkt II.1 zu verstehende Außenfassade nach dem Patentanspruch 1 ist in der Gesamtheit der in diesem Anspruch angegebenen Merkmale aus keiner der zum Stand der Technik aufgezeigten Druckschriften bekannt und somit neu. Im einzelnen ergibt sich dies aus den nachfolgenden Ausführungen unter Punkt II.2.b).

b) Die Lehre nach dem Patentanspruch 1 beruht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Nach der sinngerecht verstandenen Lehre des Patentanspruchs 1 wird für eine Außenfassade nach diesem Anspruch ein von außen vollständig unsichtbares Befestigungssystem in Form von die horizontalen als im Bedarfsfall auch die vertikalen Ränder erfassenden Befestigungsspangen angegeben. Die Unsichtbarkeit des gesamten Befestigungssystems wird nach dem Anspruch 1 insgesamt dadurch erreicht, daß im unteren horizontalen Randbereich der Außenfassade an der horizontalen Unterkante der Fassadenplatte das Außenplattenteil das Innenplattenteil überragt, daß im Bereich horizontaler Ränder benachbarter Fassadenplatten diese sich labyrinthartig überragen und daß an den vertikalen Rändern der Fassadenplatten das Außenplattenteil das Innenplattenteil überragt. Eine derartige Kombination von Merkmalen zur Ausbildung von Fassadenplatten ergibt sich aus den zum Stand der Technik genannten Druckschriften nicht. Zwar zeigen die E1 und E3 Fassadenplatten mit einem Überragen von Außen- bzw Innenplattenteilen im Bereich horizontaler Ränder. Dieses Überragen geht jedoch nur so weit, daß, wie in der E1 in Spalte 2, Zeilen 9 und 10 angegeben, Halter der Befestigungsvorrichtung bei fertig montierter Fassade von außen nicht "auffällig sichtbar" sind. Von einer völligen Unsichtbarkeit des Befestigungssystems, wie im Patentanspruch 1 vorgeschrieben, kann bei den durch die E1 und E3 bekannten Fassaden, wie auch ein Blick auf die Zeichnungsfiguren zeigt, nicht die Rede sein. Ein Überragen des Außenplattenteils gegenüber dem Innenplattenteil an vertikalen Rändern einer Fassadenplatte ist der E1 und E3 ebenfalls nicht zu entnehmen. Dies alles gilt insgesamt auch für die Veröffentlichungen in der E8, D9, D10 und im Sonderdruck DDH aaO, in dem auf Seite 32, 2. Spalte von rechts im Absatz 2 ebenfalls angegeben ist, daß die Fassadenplatten durch "fast unsichtbare" Halter befestigt sind. Als ein Hinweis darauf, daß diese Halter bei montierter Außenfassade zumindest teilweise sichtbar sind, ist auch zu werten, daß in der D10 auf Seite 15, mittlere Spalte oben angegeben ist, daß die "naturroten Ziegelplatten" an ihrem oberen und unteren Rand mit "ziegelroten" Plattenhaltern an den Tragplatten befestigt sind; ein Aufwand, der sich nur bei sichtbaren Plattenhaltern lohnt. Ein im Patentanspruch 1 angegebenes Überragen von Plattenteilen an den horizontalen wie auch an den vertikalen Rändern von Fassadenplatten ist auch den übrigen aufgezeigten Druckschriften, nämlich der E2, E4, E5, E6, E7 und E9, nicht zu entnehmen.

Nachdem keiner der zum Stand der Technik aufgezeigten Druckschriften die im Patentanspruch 1 angegebenen Merkmale der Ausbildung horizontaler wie auch vertikaler Ränder von Fassadenplatten zur Schaffung eines von außen unsichtbaren Befestigungssystems als bekannt zu entnehmen ist, vermögen diese Druckschriften dem Fachmann weder einen Hinweis noch eine Anregung in Richtung der Kombination dieser Merkmale zu vermitteln.

Da es auch keine Anzeichen dafür gibt, daß die im Patentanspruch 1 angegebene Kombination von Merkmalen aus dem Fachwissen des Fachmannes heraus in Zusammenschau mit dem aufgezeigten Stand der Technik nahegelegen hat, ist die Lehre nach dem Patentanspruch 1 auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend anzusehen.

3. Die auf den Patentanspruch 1 direkt oder indirekt rückbezogenen Patentansprüche 2 bis 11 betreffen zweckmäßige und nicht selbstverständliche Ausgestaltungen der Außenfassade nach dem Patentanspruch 1. Sie haben in Verbindung mit dem Patentanspruch 1 Bestand.

Rübel Heyne Riegler Trüstedt Cl






BPatG:
Beschluss v. 25.10.2001
Az: 6 W (pat) 9/01


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