Bundespatentgericht:
Beschluss vom 15. November 2005
Aktenzeichen: 27 W (pat) 287/04

(BPatG: Beschluss v. 15.11.2005, Az.: 27 W (pat) 287/04)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Bundespatentgericht hat in einem Beschluss vom 15. November 2005 (Aktenzeichen 27 W (pat) 287/04) entschieden, dass der Beschluss der Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 6. August 2004 aufgehoben wird.

Die Markenstelle hatte die Anmeldung der Wortmarke "infoprofil" für Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 11 und 42 zurückgewiesen. Zur Begründung führte sie an, dass die Marke für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen keine Unterscheidungskraft besitze. Die Bestandteile "info" und "profil" seien dem inländischen Publikum bekannt und hätten eine sachbezogene Bedeutung im Sinne von "charakteristische/besonders wichtige Informationen" bzw. "Informationen über besonders wichtige Eigenschaften". Die angesprochenen Verkehrskreise würden daher der Kennzeichnung "infoprofil" lediglich einen sachbezogenen Hinweis auf die Eigenschaften der Waren entnehmen, aber kein individualisierbares Betriebskennzeichen eines bestimmten Unternehmens. Gegen diese Entscheidung legte die Anmelderin Beschwerde ein.

Das Bundespatentgericht stellte fest, dass die Marke für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen sehr wohl Unterscheidungskraft besitze. Anders als die Markenstelle argumentiert habe, stehe das Wort "infoprofil" nicht in einem eindeutigen und unmissverständlichen Zusammenhang mit den Waren und Dienstleistungen. Zudem sei nicht ersichtlich, dass die betreffenden Waren im technischen Sinne ein Profil aufweisen könnten. Das Bundespatentgericht verneinte auch ein Freihaltebedürfnis für die Marke, da diese im relevanten Marktumfeld nur von der Markeninhaberin verwendet werde und kein Bedürfnis der Mitbewerber bestehe, sich des Markenwortes zu bedienen.

Insgesamt hob das Bundespatentgericht daher den Beschluss der Markenstelle auf und erklärte die Marke "infoprofil" für schutzfähig für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 15.11.2005, Az: 27 W (pat) 287/04


Tenor

Der Beschluss der Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 6. August 2004 wird aufgehoben.

Gründe

I.

Die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts hat durch den angegriffenen Beschluss die Anmeldung der Wortmarkeinfoprofilfür die Waren Klasse: 9 Elektrisch betriebene Informationsanzeigen, insbesondere für Anzeigetafeln und Fahrzeuge; Punkt-Matrix-Anzeigen, insbesondere mit elektromagnetisch betriebenen Anzeigeelementen und mit Leuchtdioden (LED); LCD-Anzeigen; Steuerungseinrichtungen und Steuerungsmodule für vorgenannte Waren; Teile der vorgenannten Waren; auf Datenträgern gespeicherte Software;

Klasse 11: Beleuchtungseinrichtungen für elektrisch betriebene Informationsanzeigen, insbesondere für Anzeigetafeln und Fahrzeuge; Beleuchtungseinrichtungen für Punkt-Matrix-Anzeigen, insbeondere für Punkt-Matrix-Anzeigen mit elektromagnetisch betriebenen Anzeigeelementen; Beleuchtungseinrichtungen für LCD-Anzeigen;

Klasse 42: Technische Planung und Beratung im Zusammenhang mit elektrisch betriebenen Informationsanzeigen, Punkt-Matrix-Anzeigen, LCD-Anzeigen, Beleuchtungseinrichtungen für vorgenannte Warengemäß § 37 Abs. 1, § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, die angemeldete Marke entbehre für die in Anspruch genommenen Waren und Dienstleistungen jeglicher Unterscheidungskraft. Die einzelnen Bestandteile des angemeldeten Zeichens "info" und "profil" seien dem inländischen Publikum in ihrem Bedeutungsgehalt bekannt. Im Hinblick auf die hier beanspruchten Waren komme dem Begriff "profil", der an sich mehrere Bedeutungen besitze, die alleinige Bedeutung im Sinne von "besondere Eigenschaften, Charakteristika" zu, "info" sei das Kurzwort für "Information". Dem angemeldeten Markenwort komme daher eine Bedeutung im Sinne von "charakteristische/besonders wichtige Informationen" bzw. "Informationen über besonders wichtige Eigenschaften" zu. Dies sei im Hinblick auf die beanspruchten Waren der Klasse 9 und 11 so zu verstehen, dass ein Hinweis auf Anzeigegeräte und Beleuchtungseinrichtungen, die dem Benutzer wichtige Informationen mittels Leuchtdioden, Anzeigetafeln, Displays u.ä. übermittelten; gegeben werde. So seien beispielsweise elektrische Geräte üblich, die über Leuchtdisplays den Betriebszustand ("ein/aus") anzeigten. Auch könnten derartige Anzeigensysteme über die ordnungsgemäße Funktion, den Energiezustand (Akkuanzeige) oder über Fehlfunktionen (Öldruck, kein Benzin mehr) informieren. Die angesprochenen Verkehrskreise würden daher der Kennzeichnung "infoprofil" lediglich einen sachbezogenen Hinweis auf die Eigenschaften der beanspruchten Waren entnehmen, aber kein individualisierbares Betriebskennzeichen eines bestimmten Unternehmens. Dies gelte ebenso für die beanspruchten Dienstleistungen der Klasse 42, die in engem funktionalen Zusammenhang zu den beanspruchten Waren stünden. Es könne deshalb dahinstehen, ob auch der weitere Versagungsgrund des Freihaltebedürfnisses vorliege.

Hiergegen wendet sich die Anmelderin mit der Beschwerde und begehrt die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses. Sie hält das angemeldete Zeichen für schutzfähig. Es sei nicht freihaltebedürftig und weise zudem die erforderliche Unterscheidungskraft auf. Das Wort "infoprofil" werde zwar in der Internet-Kommunikation im Sinne einer personenbezogenen Liste mit Stichwörtern verwendet, für die der Nutzer der Liste ein besonderes, individuelles Interesse haben könnte, etwa betreffend die Übersendung von themenorientierten Newsletters eines bestimmten Anbieters. Die hier in Anspruch genommenen Anzeigegeräte und Beleuchtungseinrichtungen stünden jedoch zu dieser Bedeutung in keinem Zusammenhang. Sie könnten kein irgendwie geartetes "Profil" aufweisen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist begründet. Für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen entbehrt die angemeldete Marke nicht der Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Ebenso wenig vermag ein Freihaltebedürfnis im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG festgestellt werden.

Gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG können Zeichen, die nicht die erforderliche Unterscheidungskraft aufweisen, nicht als Marke eingetragen werden. Die Unterscheidungskraft einer Marke ist zu bejahen, wenn ihr für die Waren oder Dienstleistungen, für die sie in Anspruch genommen wird, kein im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden kann und es sich auch sonst nicht um ein Wort der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache handelt, das vom Verkehr - etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird (st. Rspr., BGH GRUR 2001, 1151, 1152 - marktfrisch; GRUR 2003, 1050, 1051 - Cityservice; Ströbele/Hacker, Markengesetz, 7. Aufl., § 8 Rn. 70 mwN). Bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft ist einerseits auf die in Anspruch genommenen Waren, andererseits auf die vermutete Wahrnehmung eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittverbrauchers dieser Waren abzustellen (EuGH, GRUR 2003, 604, 605 - Libertel; GRUR 2004, 943, 944 - SAT.2). Enthalten die Wortbestandteile einer Bezeichnung einen beschreibenden Begriffsinhalt, der für die in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen ohne weiteres und ohne Unklarheiten als solcher erfasst wird, ist der angemeldeten Bezeichnung die Eintragung als Marke wegen Fehlens jeglicher Unterscheidungskraft zu versagen. Bei derartigen beschreibenden Angaben gibt es keinen tatsächlichen Anhalt dafür, dass der Verkehr sie als Unterscheidungsmittel versteht (vgl. BGH GRUR 2001, 1151, 1152 - marktfrisch; GRUR 2001, 1153 - antiKALK; GRUR 2005, 417, 418 - BerlinCard).

Nach diesen Grundsätzen kann der Marke die erforderliche Unterscheidungskraft für sämtliche beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht abgesprochen werden. Die Markenstelle hat bei der Begründung ihrer gegenteiligen Auffassung einen Sachverhalt zugrunde gelegt, der für die vorliegende Fallgestaltung keine tragfähigen Parallelen aufweist. Laut Google-Recherche wird das Wort "infoprofil", worauf die Anmelderin zu Recht hinweist, allenfalls im Zusammenhang mit einer gewünschten Auskunft über besondere Interessengebiete einer anderen Person verwendet, um dieses Interessengebiet durch die Zusendung darauf zugeschnittener Newsletter abzudecken. Dabei handelt es sich um die Erstellung eines individuellen Nutzerprofils anhand der von diesem angegebenen Interessengebiete und einer daran anschließenden gezielten Auswertung der Informationen durch den Anbieter. Darum geht es aber bei den hier beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht. Anders als bei den von HABM zurückgewiesenen Markenanmeldungen "GenProfile" für Waren und Dienstleistungen der Klassen 5, 35 und 42 (HABM, Beschluss v. 31. Mai 2001, R0909/00-3, veröff. auf der PAVIS-CD-ROM) und "PROFILESCANNER" für Waren und Dienstleistungen der Klassen 7, 9, 36 und 42 (Beschluss v. 19. April 2004, R0171/02-2, veröff. auf der PAVIS-CD-ROM) steht hier nicht die reine Beschreibung eines Merkmals der beanspruchten Waren und Dienstleistungen im Vordergrund. Es ist nicht feststellbar, dass die angesprochenen Verkehrskreise - das sind ganz überwiegend technisch vorgebildete Fachkreise - der angemeldeten Bezeichnung in erster Linie eine beschreibende Bedeutung entnehmen. Zwar ist der Markenbestandteil "info" zweifellos als Kurzwort für "Information" zu lesen. Damit steht aber das Wort "Profil" nicht in einem eindeutigen und unmissverständlichen Zusammenhang "Profil" bedeutet auch die Gesamtheit von Eigenschaften, die unverwechselbar typisch für jemanden oder etwas sind, oder aber auch eine Seitenansicht im technischen Sinne. Die Merkmalsangabe "aus der Seitenansicht lesbare Informationsanzeige", eine Produkteigenschaft, die allerdings bei allen Anzeigetafeln von mehr oder weniger großer Bedeutung für ihre Benutzerfreundlichkeit ist, ist den beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht ohne weiteres analysierende Gedankenschritte ohne weiteres und ohne Unklarheiten eindeutig zuzuordnen. Nach der Semantik des Markenwortes bezieht sich der Bestandteil "profil" auf den Bestandteil "info", also auf Informationen, und nicht auf die Geräte, die die Informationen erst visualisieren und vom Betrachter aus der Seitenansicht gelesen werden können. Zudem ist nicht ersichtlich, dass die betreffenden Waren im technischen Sinne ein Profil aufweisen können (vgl. ebenso BPatG, Beschluss v. 6. Mai 1998 - 32 W (pat) 60/98 - Profil).

Auch ein Freihaltebedürfnis ist vorliegend nicht feststellbar. Nach den Recherchen des Senats wird im Bereich der hier beanspruchten Waren und Dienstleistungen das Markenwort allein von der Markeninhaberin benutzt. Ein Bedürfnis der Mitbewerber, sich des Markenwortes zu bedienen, ist mangels engen waren/dienstleistungsspezifischen Bezugs oder regelmäßigen Gebrauchs im Zusammenhang mit der Werbung für die hier beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht erkennbar.

Dr. Albrecht Dr. van Raden Prietzel-Funk Hu






BPatG:
Beschluss v. 15.11.2005
Az: 27 W (pat) 287/04


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/17648110c7c4/BPatG_Beschluss_vom_15-November-2005_Az_27-W-pat-287-04




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