Landessozialgericht der Länder Berlin und Brandenburg:
Urteil vom 27. Oktober 2010
Aktenzeichen: L 30 AL 89/07

(LSG der Länder Berlin und Brandenburg: Urteil v. 27.10.2010, Az.: L 30 AL 89/07)

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 1. September 2006 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über eine Erstattungspflicht der Klägerin nach § 147 a des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) in Höhe von insgesamt noch 15.968,06 € für den Zeitraum vom 03. Juli 2002 bis 31. Juli 2003.

Die Klägerin, die die Durchführung von Arbeitnehmerüberlassungen, die Arbeitsvermittlung sowie Personaldienstleistungen aller Art, insbesondere Personalmanagementaufgaben und Personalabrechnungen zum Unternehmensgegenstand hat, firmierte ehemals unter K GmbH (im Folgenden: KRS K G) (Tag der Handelsregistereintragung der Klägerin: 24. Mai 2007). Diese war mit der Durchführung von Reinigungstätigkeiten aller Art sowie der Tätigkeit des klinischen Hauspersonals, insbesondere Stationshilfen o. ä. für das V-Klinikum in B und dessen Nachfolgeeinrichtungen bzw. durch Kooperationsvertrag mit dem V-Klinikum verbundene Einrichtungen befasst. Gesellschafter der KRS waren die H einerseits mit einer Mehrheit der Stimmenanteile (§ 9 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrages v. 11. März 1997) und die ZB GmbH andererseits mit einer Mehrheit der Geschäftsanteile (75 %, § 4 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages vom 14. März 1997), die ihrerseits Dienstleistungen aller Art, insbesondere im Reinigungsgewerbe, sowie den Handel entsprechender Art, den Erwerb von Unternehmungen, von Beteiligungen an Unternehmungen, von Grundbesitz, von Patenten und von Lizenzen sowie auch die Veräußerung aller vorgenannten Gegenstände zum Unternehmensgegenstand hatte. Seit Umfirmierung der KRS Klinik GmbH in HIB H I B Personalservice und €leasing GmbH im Januar 2007 ist die Z B GmbH alleinige Gesellschafterin der Klägerin mit den Geschäftsführern Herrn N PB (seit 26. Februar 1990) und Herrn M K (seit 15. April 2002).

Geschäftsführer der KRS war zunächst Herr B M (seit 18. April 1994), daneben dann auch Dr. B B (seit 13. September 2005), ferner (seit 26. April 2006 bis 6. März 2007) Herr NP B, der seit 26. Oktober 2000 auch Einzelprokura hatte und nunmehr (seit 24. Mai 2007) Herr M K, der zuvor Prokura gemeinsam mit einem Geschäftsführer innehatte.

Bereits im Januar 1996 anerkannte das Finanzamt für Körperschaften III in Berlin zwischen dem Rudolf-Virchow Klinikum der Humboldt-Universität und der KRS Keine steuerrechtliche Organschaft.

Gesellschafterin der ZB GmbH ist die B GmbH mit den Geschäftsführern N P Bund J K. Gesellschafterin der BV GmbH ist die B B mbH mit den Gesellschafter-Geschäftsführern N P B und A B, wobei Herr N P B von dem Stammkapital in Höhe von 183.550,- € einen Anteil von 81.450,- € hält.

Nach Angaben der Klägerin hatten die KRS und die Z B GmbH eine gemeinsame Personalabteilung und einen Serviceauftrag dahingehend vereinbart, dass die Z B GmbH Managementaufgaben (u.a. Personaleinteilung) für die KRS K GmbH zu übernehmen hatte. Zuständig für die Feststellung des Personalbedarfs der KRS K G war nach ihren weiteren Angaben Objektleiter T B.

In der Zeit vom 01. Dezember 2001 bis 31. März 2002 beschäftigte die KRS K den 1944 geborenen Herrn H H (im Folgenden: Arbeitnehmer H) versicherungspflichtig als Grundreiniger (siehe Arbeitsbescheinigung). Der diesem Beschäftigungsverhältnis zugrunde liegende Arbeitsvertrag zwischen der KRS Kund dem Arbeitnehmer H vom 22. Januar 2002 regelt in § 1 den Beginn der Tätigkeit ab 23. Januar 2002 und enthält in § 21 (€Sonstiges€) folgende Klausel:

€Es wird eine Betriebszugehörigkeit ab dem 04.11.91 anerkannt.€

In der Zeit vom 04. November 1991 bis 30. November 2001 arbeitete H als Grundreiniger für die ZB GmbH (siehe Arbeitsbescheinigung). Zum 01. Dezember 2001 meldete die KRS KH zur Sozialversicherung an.

Am 06. März 2002 schlossen die KRS Kund der Arbeitnehmer H einen Aufhebungsvertrag. Punkt 1. des Aufhebungsvertrages enthält folgende Regelung:

€1. Auflösung des Arbeitsverhältnisses

Zwischen der Firma und dem Arbeitnehmer wurde ab dem 4.11.1991 ein Arbeitsvertrag geschlossen. Das dadurch begründete Arbeitsverhältnis wird aus krankheitsbedingten und betriebsbedingten Gründen in beiderseitigem Einvernehmen zum 31.3.02 gelöst.€

Mit dem Abschluss dieser Vereinbarung sollten alle wechselseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und dessen Beendigung erledigt sein.

Mit einer undatierten Vergleichsvereinbarung zwischen der ZB GmbH, der KRS Kund dem Arbeitnehmer H verpflichtete sich die ZB GmbH, an H eine einmalige Abfindung in Höhe von 9.700,00 € brutto zu zahlen.

§ 3 der Vergleichsvereinbarung enthält folgende Regelung:

€Erledigung der Ansprüche des Mitarbeiters

Die Vertragsparteien sind sich darüber einig, dass mit Erfüllung dieser Vergleichsvereinbarung alle Ansprüche des Mitarbeiters - gleich aus welchem Rechtsgrund - gegen ZB und K erledigt sind. Dies gilt insbesondere für Ansprüche aus Arbeitsverhältnissen sowie auch Begründung von Arbeitsverhältnissen.€

In der Vorbemerkung der Vergleichsvereinbarung ist wörtlich ausgeführt:

€Der Mitarbeiter war vom 04.11.1991 bis 30.11.2001 bei Z B GmbH beschäftigt.€

Am 01.12.2001 hat er ein neues Arbeitsverhältnis bei der K begonnen. Die K hat das Arbeitsverhältnis während der Probezeit unter Einhaltung der tariflichen Kündigungsfrist ordentlich zum 31.03.2002 gekündigt. Der Mitarbeiter macht geltend, es bestünde noch ein ruhendes Arbeitsverhältnis zwischen ihm und Z B, bzw. Z B hätte ihm zugesagt, er könne wieder bei Z B arbeiten, wenn sein Arbeitsverhältnis bei K während der Probezeit enden würde. Z B bestreitet dies und macht geltend, dass der Arbeitnehmer bei ihr endgültig ausgeschieden ist.€

Am 08. April 2002 meldete sich der Arbeitnehmer H bei der Beklagten arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld, das ihm die Beklagte ab 08. April 2002 nach einem wöchentlichen Bemessungsentgelt von 420,00 € und einem wöchentlichen Leistungssatz von 163,10 € für die Dauer von 960 Tagen bewilligte. In dem Zeitraum vom 08. April 2002 bis 31. Juli 2003 wurden H Arbeitslosengeld in Höhe von insgesamt 11.153,71 € und Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 4.427,60 € gezahlt.

Nach Anhörung der KRS setzte die Beklagte mit Bescheid vom 06. November 2003 für den Zeitraum vom 08. April 2002 bis 31. Juli 2003 gegen die KRS einen Erstattungsbetrag von insgesamt 19 453,47 € (im Einzelnen: 11 152,20 € Arbeitslosengeld; 3 483,20 € Krankenversicherungsbeitrag; 390,47 € Pflegeversicherungsbeitrag; 4 427,60 € Rentenversicherungsbeitrag) fest. Das Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmers H sei nach Vollendung des 56. Lebensjahres beendet worden und er sei im Unternehmen der KRS innerhalb der letzten vier Jahre vor dem Tag der Arbeitslosigkeit mindestens 24 Monate versicherungspflichtig beschäftigt gewesen. Im genannten Zeitraum erfülle er nicht die Voraussetzungen für eine der in § 142 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bis 4 SGB III genannten Sozialleistungen oder für eine Rente wegen Berufsunfähigkeit. Umstände, die nach § 147 a Abs. 1 Satz 2 Nrn. 1, 3, 4 oder 5 SGB III den Nichteintritt der Erstattungspflicht rechtfertigten, seien nicht vorgetragen und nach der Aktenlage auch nicht erkennbar.

Bereits mit Anhörungsschreiben vom 04. November 2003 setzte die Beklagte die KRS K über ihre Absicht in Kenntnis für den weiteren Zeitraum vom 01. August 2003 bis 31. Oktober 2003 einen Erstattungsbetrag von insgesamt 3.745,45 € (im Einzelnen: 2.129,80 € Arbeitslosengeld; 682,36 € Krankenversicherungsbeiträge; 74,84 € Pflegeversicherungsbeiträge; 858,45 € Rentenversicherungsbeiträge) festzusetzen.

Sowohl der Bescheid vom 6. November 2003 als auch das Anhörungsschreiben vom 4. November 2003 waren wegen Unzustellbarkeit zunächst postrückläufig (22. April 2004) und wurden sodann unter dem 22. April 2004 erneut zur Post aufgegeben.

Gegen den Bescheid vom 6. November 2003 erhob die KRS am 24. Mai 2004 Widerspruch mit der Begründung, die Erstattungspflicht trete bereits gemäß § 147 a Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB III nicht ein. Zwischen ihr und dem Arbeitnehmer H habe lediglich vom 01. Dezember 2001 bis 31. März 2002 ein Arbeitsverhältnis bestanden. Erst zu diesem Zeitpunkt sei H auch zur Sozialversicherung angemeldet worden. Die Angabe im Aufhebungsvertrag, wonach H schon seit dem 04. November 1991 bei ihr beschäftigt sei, beruhe darauf, dass H bei der schriftlichen Fixierung der Arbeitsbedingungen habe durchsetzen können, dass in arbeitsrechtlichen Fragen, die auf die Betriebszugehörigkeit abstellten, in diesem Arbeitsverhältnis von einer Betriebszugehörigkeit seit dem 4. November 1991 auszugehen sei. Dies ändere aber nichts daran, dass H von ihr erstmals ab dem 01. Dezember 2001 beschäftigt worden sei. Daraus ergebe sich, dass H zum Zeitpunkt seines Ausscheidens noch keinen Kündigungsschutz genossen habe. Das Bundessozialgericht (BSG) gehe zutreffend davon aus, dass die Erstattungspflicht dem Arbeitgeber nur dann zugemutet werden könne, wenn das Beschäftigungsverhältnis zu dem entlassenen Arbeitnehmer unter dem arbeitsrechtlichen Bestandsschutz des § 1 Kündigungsschutzgesetz gestanden habe. Der Arbeitnehmer habe daher auch nicht 24 Monate lang in einem versicherungspflichtigen Verhältnis gestanden.

Mit Widerspruchsbescheid vom 26. Juli 2004 verwarf die Beklagte den Widerspruch wegen Fristversäumnisses als unzulässig.

Am 30. August 2004 hat die KRS Klage bei dem Sozialgericht Berlin erhoben, mit der sie im Wesentlichen ihren Vortrag aus dem Vorverfahren wiederholt und ergänzend vorgetragen hat, zwischen der Z B GmbH und ihr habe zumindest bis zum 31. Dezember 2005 nicht etwa ein konzernrechtliches Verhältnis bestanden. Sie sei vielmehr als Reinigungsbetrieb für die C gegründet worden und sei dem Konzern der C zuzuordnen. Diese habe bei ihr 75 % der Stimmrechte gehalten, die Z B GmbH nur 25 %. Die C habe ferner 51 % (richtig: 25 %) ihrer Geschäftsanteile gehalten, die Z B GmbH nur 49 % (richtig: 75 %). Die Z B GmbH sei ein Dienstleistungsunternehmen, das bundesweit Reinigungsleistungen anbiete. Im Rahmen dieses Geschäftszwecks sei sie gegründet worden. Die Gründung habe dem Ziel gedient, die Umsatzsteuer zu sparen. Die umsatzsteuerrechtliche Organschaft zwischen der C und ihr sei von den Finanzbehörden anerkannt worden. Zum Dienstleistungsauftrag der Z B GmbH habe auch die Übernahme der Personalangelegenheiten gehört. Der Serviceauftrag zwischen der Z B GmbH und ihr beinhalte auch die Übernahme von Managementaufgaben durch die Z B GmbH.

Mit Widerspruchsbescheid vom 24. August 2005 hat die Beklagte unter Aufhebung des Widerspruchsbescheides vom 26. Juli 2004 den Widerspruch der KRS (vom 24. Mai 2004) als unbegründet zurückgewiesen. Die KRS habe in der Widerspruchsbegründung eingeräumt, dass in arbeitsrechtlicher Hinsicht von einer Betriebszugehörigkeit seit dem 04. November 1991 auszugehen sei. Damit komme der Arbeitnehmer H auch in den Genuss des Kündigungsschutzes gemäß § 1 Abs. 1 Kündigungsschutzgesetz. Auch gegenüber der Agentur für Arbeit habe die KRS in der Arbeitsbescheinigung vom 12. April 2002 als Beschäftigungsbeginn den 04. November 1991 angegeben.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung des Sozialgerichts vom 01. September 2006 hat die Beklagte ein Teil-Anerkenntnis abgegeben und die in dem angegriffenen Bescheid enthaltene Erstattungsforderung insoweit aufgehoben, als auch Erstattung des im Zeitraum vom 08. April 2002 bis 03. Juli 2002 an den Arbeitnehmer H gezahlten Arbeitslosengeldes sowie der hierauf entfallenen Beiträge zur gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung gefordert wurde. Die KRS hat das Teil-Anerkenntnis angenommen.

Die Klägerin, noch als KRS firmierend, hat beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 06. November 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. August 2005 in der Gestalt des Teil-Anerkenntnisses vom 01. September 2006 aufzuheben.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat auf ihre Ausführungen in dem Widerspruchsbescheid vom 24. August 2005 und auf die Arbeitsbescheinigung vom 12. April 2002 verwiesen. Ergänzend hat sie vorgetragen, auch im Arbeitsvertrag vom 22. Januar 2002 sei die Betriebszugehörigkeit des Arbeitnehmers H ausdrücklich seit dem 4. November 1991 anerkannt worden. Der offensichtlich in einem arbeitsgerichtlichen Streitverfahren geschlossene Vergleich sei wohl deshalb möglich gewesen, weil anzuerkennen gewesen sei, dass H beide Firmen als €einheitlichen Arbeitgeber€ empfunden habe und davon ausgegangen sei, seine Arbeitskraft während der Tätigkeit bei der KRS nicht betriebsfremd einzusetzen.

Das Sozialgericht Berlin hat die Klage mit Urteil vom 01. September 2006 abgewiesen. Die KRS sei zur Erstattung des von der Beklagten (jetzt noch) geforderten Betrages nach § 147 a SGB III verpflichtet. Denn sie und die Z B GmbH seien als Konzernunternehmen im Sinne des § 147 a Abs. 5 SGB III i. V. m. § 18 Aktiengesetz anzusehen. Der Sinn und Zweck dieser Vorschrift, die Umgehungsmöglichkeiten der juristischen Personen, die Konzerne seien, auszuschließen, rechtfertige aus Sicht der Kammer ihre Anwendung auf den vorliegenden Fall. § 147 a Abs. 5 SGB III betreffe keine Besonderheiten von Aktiengesellschaften in Konzernen. Sie sei vielmehr Ausdruck einer besonderen Verantwortung von Arbeitgebern für ältere Arbeitnehmer und gelte deshalb weitreichend für alle Unternehmensverflechtungen. Die Regelung des § 18 Aktiengesetz sei daher von § 147 a Abs. 5 SGB III nur insoweit in Bezug genommen worden, als darin der Konzernbegriff allgemein definiert worden sei, zumal eine andere Vorschrift, in der Konzerne umschrieben würden, nicht bestehe. Die allgemeine Norm des § 18 Aktiengesetz habe folglich definitorischen Charakter, ordne selbst keine Rechtsfolgen an und gelte daher u. a. auch im GmbH-Recht. § 147 a Abs. 5 SGB III i. V. m. § 18 Aktiengesetz erstrecke sich somit auf alle denkbaren Unternehmensverflechtungen, also auch auf Verflechtungen von GmbH`en mit anderen Unternehmen, Verflechtungen von Personengesellschaften mit anderen Unternehmen und Beteiligung von Einzelkaufleuten oder mehreren Gesellschaften. Zur Überzeugung der Kammer bestünden zwischen der Klägerin und der Z B GmbH derartige €Verflechtungen€, so dass sie als Konzernunternehmen anzusehen seien. Für eine €einheitliche Leitung€ beider Unternehmen spreche der Umstand, dass die Geschäftsführung von einer Person ausgeübt worden sei. Zum Zeitpunkt des Wechsels des Arbeitnehmers H von der Z B GmbH zur KRS (01. Dezember 2001) habe der (damalige und heutige) alleinvertretungsberechtigte und vom Verbot des Selbstkontrahierens befreite Geschäftsführer der Z B GmbH, Herr N P B, auch maßgeblichen Einfluss auf das operative Geschäft der KRS Klinik GmbH gehabt. Seit dem 26. Oktober 2000 habe er Einzelprokura für die KRS Klinik GmbH inne gehabt. Darüber hinaus seien die Z B GmbH und die KRS durch einen Management-Auftrag miteinander verflochten gewesen. Dieser habe in einem (entgeltlichen) Auftrag von der KRS Klinik GmbH an die Z B GmbH dahingehend bestanden, dass diese (die Zehnacker Berlin GmbH) weitgehend das operative Geschäft der KRS zu führen und dabei z. B. auch die Personalangelegenheiten (Lohn- und Gehaltsabrechnung, Personalführung und -einteilung, Arbeitskontrolle etc.) zu übernehmen hatte. Hieraus erkläre sich auch, weshalb dieselbe Mitarbeiterin, Frau K E, an demselben Tag (12. April 2002) für den Arbeitnehmer H Arbeitsbescheinigungen sowohl für die Z B GmbH als auch für die KRS Klinik GmbH ausgestellt habe. Letztere selbst habe keine eigene Personalabteilung gehabt; die insoweit angefallenen Aufgaben seien von der Z B GmbH erledigt worden. Auch das Verhalten der KRS und der Z B GmbH spreche für eine €Verflechtung€ beider Unternehmen bzw. für das Vorliegen einer €einheitlichen Leitung€, wenn im Arbeitsvertrag des H eine Betriebszugehörigkeit ab dem 04. November 1991 zuerkannt worden sei. Darüber hinaus sei die dreiseitige Vergleichsvereinbarung zwischen dem H, der KRS und der Z B GmbH zu berücksichtigen, mit welcher die Z B GmbH sich u. a. zur Zahlung einer Abfindung an den Arbeitnehmer zum Zwecke der Abgeltung €aller Ansprüche des Mitarbeiters - gleich aus welchem Grund - gegen die Z B GmbH und die KRS € bereit erklärt habe. Die Vorbemerkung in der Vergleichsvereinbarung spreche zudem dafür, dass auch H die Z B GmbH und die KRS als einen €einheitlichen Arbeitgeber€ angesehen habe und zumindest von einem €einheitlichen Unternehmen€ mit einer konzernrechtlichen Verflechtung ausgegangen sei. Letztlich sei auch im Aufhebungsvertrag auf das am €04. November 1991 geschlossene Arbeitsverhältnis€ Bezug genommen worden. Die Voraussetzungen der Ausnahmevorschrift des § 147 a Abs. 1 Satz 2 Nrn. 2 - 4 SGB III lägen nicht vor, insbesondere greife § 147 a Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB III nicht, wenn das Arbeitverhältnis durch Aufhebungsvertrag beendet worden sei.

Gegen das den Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 06. Oktober 2006 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 06. November 2006 Berufung bei dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg eingelegt. Unzutreffend habe das Sozialgericht § 147 a Abs. 5 SGB III zugrunde gelegt. Konzernrechtliche Bindungen zwischen den Gesellschaften bestünden nicht. § 18 Aktiengesetz sei nicht €auf denkbare Unternehmensverflechtungen€ anzuwenden. Ein Konzerntatbestand im Sinne des § 18 Aktiengesetz liege nur vor, wenn ein herrschendes und ein abhängiges Unternehmen unter der einheitlichen Leitung eines Unternehmens zusammengefasst würden. Dabei werde gemäß § 18 Abs. 1 Satz 3 Aktiengesetz von einem abhängigen Unternehmen vermutet, dass es mit dem herrschenden Unternehmen einen Konzern bilde. Die Möglichkeit der Einflussnahme sei in § 17 Aktiengesetz geregelt und sei gesellschaftsrechtlich ausgerichtet. Die Prokuristenstellung des Geschäftsführers B werde daher überbewertet. Gemäß § 17 Abs. 2 Aktiengesetz werde von einem in Mehrheitsbesitz stehenden Unternehmen vermutet, dass es von einem an ihn mit Mehrheit beteiligten Unternehmen abhängig sei. Diese Abhängigkeitsvermutung des § 17 Abs. 2 Aktiengesetz sei durch die gesellschaftsrechtlichen Besonderheiten, die aus der abweichenden Stimmrechtsverteilung resultierten, widerlegt. Die Vermutung des § 18 Abs. 1 Satz 3 Aktiengesetz greife daher nicht. Zum maßgeblichen Zeitpunkt habe nicht die Z B GmbH, sondern die C die Mehrheit der Stimmrechte gehabt. Daher sei die KRS nicht von der Z B GmbH, sondern von der C abhängig gewesen. Ein gemeinsamer Betrieb zwischen der KRS und der Z B GmbH habe auch deshalb nicht bestanden, weil sich die Betriebsabgrenzung sowohl im betriebsverfassungsrechtlichen als auch im kündigungsschutzrechtlichen Sinne danach richte, wo Leitungsfunktion in personeller und mitbestimmungsrechtlicher Hinsicht angesiedelt sei. Zuständiger Objektleiter der KRS Klinik GmbH, der insbesondere die Leitung in personeller Hinsicht, mithin die Auswahl der einzustellenden und zu entlassenden Mitarbeiter, die Feststellung des Personalbedarfs und entsprechende Umsetzung durch Einstellung, Kündigung und Auslaufenlassen von Verträgen und Erstellung der Urlaubs- und Dienstplanung, inne gehabt habe, sei Herr T B gewesen. Ein unternehmensübergreifender Personaleinsatz habe nicht stattgefunden. Auch das Bundesarbeitsgericht (BAG) habe bereits darauf hingewiesen, dass die Personenidentität von Geschäftsführern zwar ein Indiz für einen einheitlichen Betrieb sein könne, diese Feststellung jedoch nicht zwingend nach sich ziehe. Wenn aber bereits die Personenidentität der Geschäftsführer nicht ausreichend für die Annahme eines gemeinsamen Betriebes sei, so könne die Personenidentität des Prokuristen der KRS und des Geschäftsführers der Z B GmbH erst recht nicht zwangsläufig den Schluss rechtfertigen, es bestehe ein einheitlicher Betrieb. Insoweit müsse vielmehr von der Möglichkeit der Einflussnahme in allen maßgeblichen Bereichen, wie insbesondere im Einkauf, der Organisation, Personalwesen und Verkauf, Gebrauch gemacht werden. Dafür lägen hier keinerlei Indizien vor. Bei einer maßgeblichen Einflussnahme der Z B GmbH auf das Geschäftsgeschehen der KRS wären auch die Voraussetzungen für die seitens der Finanzbehörde festgestellte umsatzsteuerliche Organschaft zwischen der Z B GmbH und der KRS entfallen. Hinsichtlich der Formulierungen im Arbeitsvertrag und Aufhebungsvertrag zum Zeitpunkt der Betriebszugehörigkeit sei zu berücksichtigen, dass im Arbeitsleben Verträge, in denen eine über den tatsächlichen Beginn des Arbeitsverhältnisses zurückreichende Betriebszugehörigkeit zugesichert werde, keine Ausnahmefälle seien. Zweck solcher Formulierungen sei es, dem Arbeitnehmer ein Mehr an Kündigungsschutz sowie ggf. Verbesserungen in betriebsverfassungsrechtlicher Hinsicht zu gewähren, wenn es beispielsweise bei Betriebsänderungen zu Abfindungszahlungen komme, die an die Betriebszugehörigkeit anknüpften. Der Erklärungswert beschränke sich demzufolge auch allein auf die arbeitsrechtlichen Folgen. Dagegen sei nicht ersichtlich, weshalb sich der Arbeitgeber durch eine entsprechende Formulierung auch gegenüber der Versichertengemeinschaft habe binden wollen.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 01. September 2006 sowie den Bescheid der Beklagten vom 06. November 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. August 2005 und des Teilanerkenntnisses vom 01. September 2006 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das erstinstanzliche Urteil unter Hinweis auf den Sinn und Zweck der Vorschrift des § 147 a SGB III und die arbeitsvertraglichen Vereinbarungen zwischen der KRS, der Zeh B GmbH und dem Arbeitnehmer H zum Beginn der Betriebszugehörigkeit für zutreffend. Aus Alter und Betriebstreue eines Arbeitnehmers resultiere eine erhöhte Fürsorgepflicht des Arbeitgebers. Es sei unstrittig, dass die KRS die Betriebszugehörigkeit des H ab 04. November 1991 anerkannt habe, so dass die Klägerin auch für entsprechende Beschäftigungszeiten aufkommen müsse. Unwesentlich sei die Anmeldung zur Sozialversicherung ab 01. Dezember 2001 und die Entrichtung der Sozialversicherungsbeiträge ab diesem Zeitpunkt. Die KRS habe sich selbst gebunden und in die Verantwortung gehoben. Unter den gegebenen Umständen sei die Inanspruchnahme der Klägerin selbst dann folgerichtig und rechtmäßig, wenn die Voraussetzungen eines Konzernunternehmens im Sinne des § 18 Aktiengesetz nicht vorlägen. Vorliegend deuteten jedoch die Umstände und insbesondere die undatierte Vergleichsvereinbarung zwischen der Z B GmbH, der KRS und dem Arbeitnehmer H auf einen Gleichordnungskonzern im Sinne des § 18 Abs. 2 Aktiengesetz hin. Es sei davon auszugehen, dass die Konzernunternehmen zwar nicht voneinander abhängig seien, jedoch eine einheitliche Leitung auf andere Weise - wie hier bei der Personalabwicklung - durchsetzten. Für eine einheitliche Leitung und eine abgestimmte Führung spreche darüber hinaus, dass der mit Alleinvertretungsbefugnis versehene Geschäftsführer der Z B GmbH, Herr N P B, zur damaligen Zeit auch Prokurist der KRS Klinik GmbH mit der Befugnis zur Einzelprokura gewesen sei. Eine Erstattungspflicht ergebe sich aber bereits aus der arbeitsvertraglichen Bindung.

Zur weiteren Sachverhaltsaufklärung hat das Gericht die Handelsregisterakten der KRS Klinik GmbH (Geschäftsnummer: HRB ) sowie der Z B GmbH (Geschäftsnummer: HRB ) und einen Handelsregisterauszug des Amtsgerichts Freiburg im Breisgau - Registergericht - über die B GmbH (Firmennummer: HRB ) vom 08. Dezember 2008, Protokolle der Gesellschafterversammlungen der KRS und der Gesellschafter H und Firma Z B GmbH aus den Jahren 2001 und 2002, einen Gesellschafterbeschluss vom 01. Februar 2002, die Leistungsakte des Arbeitnehmers H (Kundennummer: ) beigezogen und darüber hinaus eine Stellungnahme von ihm vom 07. August 2008 zu den Umständen der Annahme einer Betriebszugehörigkeit ab 04. November 1991 sowie zu den Hintergründen der Vergleichsvereinbarung zwischen ihm, der Z B GmbH und der KRS, eingeholt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der Handelsregisterakten und der Leistungsakte des Arbeitnehmers H, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.

Gründe

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig. Sie ist ohne weitere Zulassung nach § 144 Abs. 1 Nr. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthaft, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes - zum Zeitpunkt der Berufungseinlegung im Jahre 2006 - 500 € übersteigt.

Streitgegenstand ist vorliegend der Bescheid vom 6. November 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Juli 2004 und des Teilanerkenntnisses der Beklagten vom 1. September 2006, mithin noch eine Erstattungsforderung in Höhe von 15.968,06 € (394 Tage x 19.453,47 € [urspr. Streitwert] geteilt durch 480 Tage).

Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das Sozialgericht Berlin hat zu Recht die Klage abgewiesen. Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 6. November 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Juli 2004 und des Teilanerkenntnisses der Beklagten vom 1. September 2006 sind rechtmäßig.

Nach § 147 a Abs. 1 SGB III in der vom 1. April 1999 bis 31. Dezember 2003 geltenden Fassung des Entlassungsentschädigungs- Änderungsgesetzes (EEÄndG) vom 24. März 1999 (BGBl. I S. 396), hat der Arbeitgeber, bei dem der Arbeitslose innerhalb der letzten vier Jahre vor dem Tag der Arbeitslosigkeit, durch den nach § 124 Abs. 1 SGB III die Rahmenfrist bestimmt wird, mindestens 24 Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hat, der (damals noch) Bundesanstalt vierteljährlich das Arbeitslosengeld für die Zeit nach Vollendung des 58. Lebensjahres des Arbeitslosen, längstens für 24 Monate (Satz 1) zu erstatten. Die Erstattungspflicht tritt gemäß § 147 a Abs. 1 Satz 2 SGB III nicht ein, wenn das Arbeitsverhältnis vor Vollendung des 56. Lebensjahres des Arbeitslosen beendet worden ist, der Arbeitslose auch die Voraussetzungen für eine der in § 142 Abs. 1 Nr. 2 bis 4 genannten Leistungen oder für eine Rente wegen Berufsunfähigkeit erfüllt oder der Arbeitgeber darlegt und nachweist, dass eine der Voraussetzungen der Nrn. 1 bis 6 des § 147a Abs. 1 SGB III vorliegen.

Gemäß § 147 a Abs. 4 SGB III schließt die Verpflichtung zur Erstattung des Arbeitslosengeldes die auf diese Leistung entfallenden Beiträge zur Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung ein.

Gemäß § 147 a Abs. 5 Satz 1 SGB III gelten Konzernunternehmen im Sinne des § 18 des Aktiengesetzes bei der Ermittlung der Beschäftigungszeiten als ein Arbeitgeber. Die Erstattungspflicht richtet sich gegen den Arbeitgeber, bei dem der Arbeitnehmer zuletzt in einem Arbeitsverhältnis gestanden hat (Satz 2).

Nach diesen Regelungen ist die ehemals als KRS firmierende Klägerin verpflichtet, für den noch streitigen Zeitraum das gezahlte Arbeitslosengeld nebst der Beiträge zur Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung zu erstatten.

Die Verpflichtung hierzu ist gemäß § 147 a Abs. 1 Satz 1, Abs. 4, Abs. 5 SGB III eingetreten.

Maßgeblicher Zeitpunkt für das Ende der Vierjahresfrist des § 147 Absatz 1 Satz 1 SGB III ist der Tag der Arbeitslosigkeit, durch den nach § 124 Abs. 1 SGB III die Rahmenfrist bestimmt wird. Das ist der Tag vor der Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld. Vorliegend ist dies der 31. März 2002. Die Vierjahresfrist des § 147 Abs. 1 S. 1 SGB III erstreckt sich somit vorliegend auf den Zeitraum vom 1. April 1998 bis zum 31. März 2002. Innerhalb dieses Zeitraumes stand der Arbeitnehmer H über 24 Monate in einem Beschäftigungsverhältnis, wobei der Klägerin Beschäftigungszeiten bei der Zehnacker Berlin GmbH gemäß § 147 a Abs. 5 SGB III zuzurechnen sind. Denn zur Überzeugung des Senates handelt es sich bei ihr und der Zehnacker Berlin GmbH um einen Arbeitgeber, so dass sich die Erstattungspflicht gegen die Klägerin richtet, bei der der Arbeitnehmer H zuletzt in einem Arbeitsverhältnis gestanden hat.

Der noch im Streit stehende Erstattungszeitraum (4. Juli 2002 bis 31. Juli 2003), in dem für den Arbeitnehmer H Sozialversicherungsbeiträge abgeführt und er Arbeitslosengeld erhalten, seitens der Beklagten mithin eine Summe von insgesamt 15968,06 € ausgezahlt worden ist, liegt auch nach Vollendung des 58. Lebensjahres (3. Juli 2002). Zudem bewegt sich die Erstattungsforderung innerhalb des 24 - Monats - Zeitraums des §§ 147 a Abs. 1 Satz 1 SGB III.

Zur Begründung verweist der Senat auf die erstinstanzlichen Ausführungen im Urteil des Sozialgerichts vom 1. September 2006, die er nach eigener Prüfung für zutreffend hält. Lediglich ergänzend ist anzuführen, dass eine Erstattungspflicht gegenüber der Beklagten nicht allein aus der vertraglichen Ausgestaltung zur vereinbarten Anrechnung der Betriebszugehörigkeit resultieren kann, wovon offensichtlich die Beklagte aber ausgeht. Denn gegen eine vertragliche Disponibilität der Betriebszugehörigkeitsdauer und daraus ableitbarer rechtlicher Folgen spricht, dass sich diese nach objektiven Verhältnissen, wie Lebensalter, Unterhaltspflichten, Schwerbehinderung, bestimmt. Betriebszugehörigkeit knüpft zwar an ein Rechtsverhältnis, nämlich den Bestand des Arbeitsverhältnisses, an. Sie kann jedoch genauso wenig wie ein Arbeitsverhältnis rückwirkend begründet, sondern nur rückwirkend fingiert werden (so Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 25. August 2004, 12 (3) Sa 1104/04, zitiert bei juris). Im Übrigen dürfte aus der vereinbarten Anrechnung der Betriebszugehörigkeit ohnehin allenfalls eine Übernahme der Erstattungsverpflichtung im Innenverhältnis, nicht aber im Außenverhältnis gegenüber der Beklagten folgen (so Urteil des BSG vom 7. Oktober 2009, -B 11 AL 34/08 R- und Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 2. September 2008, -L 1 AL 17/07-, zitiert bei juris).

Der Regelung zur Betriebszugehörigkeit des Arbeitnehmers H kann folglich nur indizielle Wirkung bei der Prüfung, ob sich die KRS die Beschäftigungszeiten des Arbeitnehmers H bei der Z B GmbH zurechnen lassen muss, dieser damit über 24 Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hat, zukommen.

Wie das Sozialgericht zutreffend feststellt, muss sich die KRS K G jene Beschäftigungszeiten bei der Zehnacker Berlin GmbH zurechnen lassen. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob dies aufgrund des Umstandes der Fall ist, weil es sich bei der KRS und der Z B GmbH um einen gemeinsamen Betrieb im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes gehandelt hat, bei dem sich die beteiligten Unternehmen zumindest stillschweigend zu einer gemeinsamen Führung rechtlich verbunden haben. Ob eine insoweit sich auf die wesentlichen Funktionen des Arbeitgebers in personellen und sozialen Angelegenheiten erforderliche einheitliche Leitung vorgelegen hat, ist nicht zweifelsfrei feststellbar. Mangels eines - wie die Klägerin vorträgt - arbeitgeberübergreifenden Personaleinsatzes, der für den normalen Betriebsablauf charakteristisch ist (so Urteil des BAG vom 24. Januar 1996 - 7 ABR 10/95 - in BAGE 82, 112, zitiert bei juris), spricht vorliegend - auch vor dem Hintergrund der Mehrheitsanteile - mehr für eine lediglich unternehmerische Zusammenarbeit, die aber nicht genügt.

Einer Entscheidung hierzu bedarf es nicht, denn die Klägerin muss sich die Beschäftigungszeiten jedenfalls gemäß § 147 a Abs. 5 Satz 1 SGB III zurechnen lassen, weil es sich auch zur Überzeugung des Senats bei der Z B GmbH um ein Konzernunternehmen im Sinne des § 18 Aktiengesetz (AktG) handelt. Hiernach gelten Konzernunternehmen im Sinne des § 18 AktG bei der Ermittlung der Beschäftigungszeiten als ein Arbeitgeber. Zwar ist bei in einem Konzern zusammengefassten Unternehmen nur das jeweilige Unternehmen, nicht aber der Konzern Arbeitgeber. Der Konzern ist aber wirtschaftlich als Einheit zu sehen, so dass die Möglichkeit besteht, sich durch Wechsel des Arbeitgebers der Erstattungspflicht zu entziehen (vgl. Pawlak in Eicher/Schlegel, § 147a SGB III Rn. 121). Der Gesetzeswortlaut lässt somit die Auslegung zu, dass im Rahmen der fiktiven Zusammenfassung jeder einzelne Arbeitgeber die bei ihm insgesamt vorhandenen Beschäftigungszeiten in eine Gesamtbetrachtung einzubringen hat (so BSG vom 7. Oktober 2009, Rn 24, a.a.O.). Die Regelung in § 147a Abs. 5 Satz 1 SGB III soll durch Wechsel des Arbeitgebers mögliche Umgehungsmöglichkeiten der juristischen Personen, die Konzernunternehmen im Sinne des § 18 AktG sind, ausschließen (vgl. BT-Drs. 12/3211 S. 26). Der Gesetzgeber will also Gestaltungen innerhalb eines Konzerns unterbinden, die zu einer Aufspaltung der erforderlichen Mindestbeschäftigungsdauer mit der Folge des Entfallens der Erstattungspflicht führen. Beim Wechsel eines langjährig beschäftigten Arbeitnehmers innerhalb eines Konzerns soll demnach der Bundesagentur für Arbeit auch aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität die Prüfung erspart bleiben, ob der Wechsel auf eine Umgehung der Erstattungspflicht ausgerichtet ist; vielmehr sind typisierend und generalisierend alle Beschäftigungszeiten dem letzten Arbeitgeber zuzurechnen (§ 147a Abs. 5 Satz 2 SGB III) (Urteil des BSG vom 7. Oktober 2009, Rn. 25, a. a. O.).

Sowohl die KRS als auch die Z B GmbH sind zur Überzeugung des Senates Konzernunternehmen. Nach § 18 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 AktG bilden ein herrschendes und ein oder mehrere abhängige Unternehmen, sofern sie unter der einheitlichen Leitung des herrschenden Unternehmens zusammengefasst sind, einen Konzern (sogenannter "Unterordnungskonzern", vgl. Bayer in Münchener Kommentar zum Aktiengesetz, 3. Aufl, § 18 Rn 26 ff.). Die einzelnen auf diese Weise zusammengefassten Unternehmen sind gemäß § 18 Abs 1 Satz 1 Halbsatz 2 AktG Konzernunternehmen. Dafür, dass die Z B GmbH zur KRS in einem Abhängigkeitsverhältnis stand, liegen keinerlei Anhaltspunkte vor, sodass von einem Unterordnungskonzern nicht auszugehen ist. Nach § 18 Abs. 2 Halbsatz 1 AktG können selbständige Unternehmen aber auch ohne Vorliegen einer Abhängigkeit bei vertraglicher oder auch nur faktischer Zusammenfassung unter einheitlicher Leitung einen "Gleichordnungskonzern" bilden (vgl. Bayer a. a. O. § 18 Rn 49 ff); auch in einem solchen Fall sind die einzelnen Unternehmen Konzernunternehmen (§ 18 Abs. 2 letzter Halbsatz AktG).

Diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben. Für die Anwendung des § 18 AktG im Rahmen des § 147a Abs. 5 Satz 1 SGB III ist anerkannt, dass von den in Betracht kommenden Konzernunternehmen nicht unbedingt eines - wie dies in § 18 AktG vorausgesetzt ist - eine Aktiengesellschaft (AG) oder eine Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) sein muss; der Verweisung in § 147a Abs. 5 Satz 1 SGB III auf § 18 AktG ist vielmehr zu entnehmen, dass unabhängig von der Rechtsform eine Zusammenrechnung von Beschäftigungszeiten bei allen Unternehmen vorzunehmen ist, die nach näherer Maßgabe des § 18 AktG unter einheitlicher Leitung zusammengefasst bzw. als zusammengefasst anzusehen sind (vgl. Pawlak in Eicher/Schlegel, SGB III, Stand 2010, § 147a Rn 122; Rolfs in Gagel, SGB II/SGB III, Stand 2010, § 147a SGB III, Rn 280).

An das Merkmal der Zusammenfassung der rechtlich selbständigen Unternehmen €unter einheitlicher Leitung€ als Voraussetzung des Gleichstellungskonzerns sind grundsätzlich keine streng formalisierten Anforderungen zu stellen. Eine institutionalisierte gemeinsame Leistungseinrichtung ist daher nicht in jedem Falle für die Annahme eines Gleichstellungskonzerns unabdingbar (Beschluss des Bundesgerichtshofes (BGH), Kartellsenat, vom 8. Dezember 1998, KVR 31/97, zitiert bei juris). Ist ein eigens geschaffenes Leitungsorgan nicht feststellbar, kommt ein faktischer Gleichordnungskonzern dann in Betracht, wenn die Begründung einer einheitlichen Leitung der nicht abhängigen Unternehmen aus den Gesamtumständen, insbesondere aufgrund personeller Verflechtungen, einheitlicher Zielvorgaben und eines gleichgerichteten Verhaltens der Konzerngesellschaften, geschlossen werden kann (Beschluss des BGH vom 8. Dezember 1998, a. a. O.).

Zum Zeitpunkt des Wechsels des H von der Z B GmbH zur KRS am 1. Dezember 2001 sind personelle Verflechtungen erkennbar. Der damalige alleinvertretungsberechtigte und von dem Verbot des Selbstkontrahierens befreite Geschäftsführer der Z B GmbH, Herr NP B, hatte ausweislich der beigezogenen Handelsregisterauszüge auch Einzelprokura (seit 26. Oktober 2000) für die KRS und somit maßgeblichen Einfluss auf deren operatives Geschäft, wie bereits das Sozialgericht zutreffend ausführt.

Darüber hinaus beauftragte die KRS K die Z B GmbH in Teilbereichen mit der Übernahme von Personalangelegenheiten, wie Lohn- und Gehaltsabrechnungen sowie Personalführung, denn die KRS hielt eigenen Angaben zufolge keine eigene Personalabteilung vor. So erstellte die Mitarbeiterin, Frau K E, am 12. April 2002 für den Arbeitnehmer H Arbeitsbescheinigungen sowohl der Z B GmbH als auch der KRS K. Nach eigenen Angaben der Klägerin war die Z B GmbH im Rahmen des €Serviceauftrages€ auch mit der Übernahme von Managementaufgaben für die KRS beauftragt. Im Rahmen eines im Wesentlichen gleichgerichteten Unternehmensgegenstandes, nämlich die Durchführung von Reinigungstätigkeiten, deutet dieser Umstand auf das Bestehen einheitlicher Ziele hin.

Letztlich lässt auch das Verhalten der beteiligten Unternehmen auf einen faktischen Gleichordnungskonzern schließen, wenn in dem Arbeitsvertrag vom 22. Januar 2002 unter § 21 €Sonstiges€ eine Betriebszugehörigkeit ab dem 4. November 1991, mithin dem Beginn der Beschäftigung des H bei der Z B GmbH, durch die KRS K anerkannt wurde. Eine wirtschaftliche Verflechtung wird darüber hinaus deutlich, wenn in dem Aufhebungsvertrag zwischen der KRS Kund dem Arbeitnehmer H vom 6. März 2002 unter Punkt 1. €Auflösung des Arbeitsverhältnisses€ ausgeführt ist: €zwischen der Firma und dem Arbeitnehmer wurde ab dem 4. November 1991 ein Arbeitsvertrag geschlossen€. Ferner ist der geschlossene dreiseitige undatierte Vergleich zwischen der Z B GmbH, der KRS und dem Arbeitnehmer H, insbesondere vor dem Hintergrund des § 3, wonach die Vertragsparteien sich darüber einig waren, dass mit der Erfüllung dieser Vergleichsvereinbarung (Abfindung gemäß § 2) alle Ansprüche des Mitarbeiters - gleich aus welchem Rechtsgrund - gegen die Z B und KRS erledigt seien, von einem gleichgerichteten Verhalten der Konzerngesellschaften geprägt. Insbesondere aus der €Vorbemerkung€ dieses Vergleichs, aber auch den schriftlichen Ausführungen des Arbeitnehmers H vom 7. August 2008 ist zu schließen, dass offensichtlich auch H die beteiligten Unternehmen als €einen Arbeitgeber€, zumindest als wirtschaftlich miteinander verflochten angesehen hat, wenn er ausführt, es sei nicht unüblich gewesen, dass sich die KRS und die Z Berlin GmbH €bei Terminschwierigkeiten gegenseitig ausgeholfen€ hätten, wovon er in seinem Fall auch zunächst ausgegangen sei.

Insgesamt lässt sich damit feststellen, dass die Zehnacker Berlin GmbH und die GmbH faktisch einen Gleichordnungskonzern im Sinne des § 147 a Abs. 5 SGB III in Verbindung mit § 18 Abs. 2 AktG bildeten. Unerheblich ist, ob daneben zwischen der KRS und dem Rudolf-Virchow-Klinikum eine umsatzsteuerrechtliche Organschaft bestanden hat. Denn mittelbar soll durch diese Vorschrift der Konzern belastet werden. Eine solche mittelbare Belastung des Konzerns ist zur Überzeugung des Senats dann gerechtfertigt, wenn die Gesichtspunkte, die die Erstattungspflicht des Arbeitgebers als angemessen erscheinen lassen, auch für den Konzern -vorliegend also für die Z B GmbH- gelten würden. Das ist der Fall.

Die Erstattungspflicht des Arbeitgebers nach § 147a SGB III verfolgt in erster Linie das Ziel, die Arbeitgeber zu veranlassen, ihre älteren, langjährig beschäftigten Arbeitnehmer grundsätzlich bis zur Altersgrenze zu beschäftigen und nicht in die Arbeitslosigkeit mit anschließender Frühverrentung zu entlassen. Aus dieser Zielsetzung gewinnt die Norm im Hinblick auf Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz (GG) ihre verfassungsrechtliche Legitimation. Erreicht werden soll das vom Gesetzgeber angestrebte Ziel durch die Einführung der Erstattungspflicht. Arbeitgeber, welche die Arbeitsverhältnisse ihrer älteren Arbeitnehmer nach längerer Beschäftigungsdauer lösen möchten, werden diese Erstattungspflicht als Kalkulationsposten bei ihrer Entscheidung berücksichtigen und unter Umständen aus wirtschaftlichen Erwägungen von einer Kündigung absehen. Insofern hat § 147a SGB III eine Lenkungsfunktion (vgl. BVerfG zu der Vorgängerregelung des § 128 Arbeitsförderungsgesetz <AFG>, Urteil vom 23.01.1990, - 1 BvL 44/86 -, 1 BvL 48/87 -, SozR 3-4100 § 128 Nr. 1). Der Arbeitgeber hatte wegen der langen Betriebszugehörigkeit seiner Beschäftigten regelmäßig erhebliche Vorteile. Im Hinblick auf deren Betriebstreue gewinnt die dem Arbeitgeber im Rahmen des Arbeitsverhältnisses auferlegte Fürsorgepflicht umso mehr an Gewicht, je länger das Arbeitsverhältnis gedauert hat. Die durch lange Betriebszugehörigkeit unter Beweis gestellte Betriebstreue und die damit korrespondierende erweiterte Fürsorgepflicht des Arbeitgebers rechtfertigen es, diesen für soziale Folgekosten, die sich aus der Beendigung der Arbeitsverhältnisse gerade mit langjährig beschäftigten älteren Arbeitnehmern ergeben, in Anspruch zu nehmen. Zu berücksichtigen ist auch, dass der Arbeitgeber für einen langjährig beschäftigten Arbeitnehmer ebenso langjährig Beitragsanteile zur Arbeitslosenversicherung entrichtet hat. Das gebietet, die Erstattungspflicht nur dann eintreten zu lassen, wenn den Arbeitgeber eine besondere Verantwortung für den Eintritt der Arbeitslosigkeit des älteren Arbeitnehmers und damit für die Gewährung der zu erstattenden Leistung trifft (vgl. BVerfG aaO).

Nach Auffassung des Senats gebieten Sinn und Zweck der Erstattungsregelung vor diesem Hintergrund auch unter Beachtung des Grundrechts aus Art. 12 GG eine Zurechnung der Zeiten, die H als Arbeitnehmer der Z B GmbH zurückgelegt hat.

Die erhöhte Fürsorgepflicht des Arbeitgebers gründet sich auf die lange Betriebszugehörigkeit und Betriebstreue des Arbeitnehmers. H stand zur Z B GmbH in einem hinreichend langen Beschäftigungsverhältnis (seit 4. November 1991), das deren erhöhte Fürsorgepflicht rechtfertigt. Auch bei Konzernunternehmen im Sinne des § 18 AktG hängt die Erstattungspflicht davon ab, dass die Beschäftigung während der Tätigkeit für das Konzernunternehmen mit einer entsprechenden Dauer bestanden hat. Dieser arbeitsrechtliche Zusammenhang begründet die Verantwortung der ehemals als KRS firmierende Klägerin für die bei der Zehnacker Berlin GmbH zurückgelegten Beschäftigungszeiten.

Auf die Ausnahmevorschrift des § 147 a Abs. 1 Satz 2 SGB III kann sich die Klägerin nicht berufen. Zur Begründung verweist der Senat auf die erstinstanzlichen Ausführungen, die er für zutreffend hält.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.






LSG der Länder Berlin und Brandenburg:
Urteil v. 27.10.2010
Az: L 30 AL 89/07


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/15ab339bc7fe/LSG-der-Laender-Berlin-und-Brandenburg_Urteil_vom_27-Oktober-2010_Az_L-30-AL-89-07




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