Finanzgericht Köln:
Urteil vom 18. Oktober 2006
Aktenzeichen: 4 K 3006/04

(FG Köln: Urteil v. 18.10.2006, Az.: 4 K 3006/04)

Tenor

Der Umsatzsteuerbescheid 2001 vom 07.07.2003 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 05.05.2004 wird geändert und die Umsatzsteuer auf 8.638,00 DM festgesetzt.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.

Das Urteil ist wegen der Kostenentscheidung ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs des Klägers abwenden, soweit nicht der Kläger zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Umsätze des Klägers nach dem ermäßigten Steuersatz gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 7 c UStG zu besteuern sind.

Der Kläger war im Streitjahr als freier Mitarbeiter des Rundfunksenders X tätig. Er plante, gestaltete und moderierte im Streitjahr die wöchentlich ausgestrahlten Hörfunksendungen "..." und "...".

Der Kläger entwickelte jeweils die Konzepte zu den einzelnen Sendungen bezüglich des Inhalts und der eingespielten Musikstücke. Die Sendungen bestanden aus vom Klägern gesprochenen Moderationstexten, von ihm geführten Interviews, einem Hörerquiz, Musikstücken, bestimmten O-Tönen und gelegentlichen Liveschaltungen zu aktuell wichtigen Ereignissen aus Sport und Kultur sowie aus den Verkehrsnachrichten. Er recherchierte jeweils die notwendigen Informationen für seine Sendung und entwickelt hieraus seine Moderationen, Interviews und Quizfragen. Auch die O-Töne gestaltete der Kläger selbst, in dem er diese mittels in den PC eingelesener und dort digitalisierter Daten für seine Sendung aufbereitete. Bei Liveschaltungen zu anderen aktuell wichtigen Ereignissen wurden die Schaltungen vom Kläger in seinen Sendungen anmoderiert. Die Sendungen des Klägers erhielten durch dessen markante Stimmlage und Art und Weise der Moderationen hinsichtlich des Sprechtempos und eine individuellen inhaltliche Gestaltung.

Rechtsgrundlage der Tätigkeit des Klägers waren Mitwirkendenverträge über Moderationen und Mitwirkendenverträge über die Vorbereitung einer Sendung jeweils in Verbindung mit dem Tarifvertrag für auf Produktionsdauer Beschäftigte des Senders X in der Fassung vom 01.12.1976 (bis 31.03.2001) und in der Fassung ab 01.04.2001. Der Kläger schloss im Streitjahr ca. 130 dieser Mitwirkendenverträge ab. In jedem den jeweiligen Mitwirkendenverträgen wurde formularmäßig der Tarifvertrag für auf Produktionsdauer Beschäftigte des Senders X vom 01.12.1976 (später in der Fassung vom 01.04.2001) in Bezug genommen. In Abschnitt II dieses Tarifvertrags wurden die Urheber- und Leistungsschutzrechte geregelt. Erwarben Beschäftigte in Erfüllung ihrer Beschäftigungsverträge Urheberrechte oder verwandte Schutzrechte (insbesondere Leistungsschutzrechte) i. S. des Urhebergesetzes wurden diese nach Ziffer 13.1 dem Sender X zu Rundfunkzwecken in Gestalt eines ausschließlichen, räumlich, zeitlich und inhaltlich unbeschränkten Nutzungsrechts eingeräumt. Nach Ziffer 13.2 wurden dem Sender X u.a. das Senderecht (Ziffer 13.2.1), das Vervielfältigungsrecht (Ziffer 13.2.2) sowie das Recht zur Nutzung der Produktion in Abruf- und Onlinediensten und ein Verbreitungsrecht sowie das Vortrags-, Aufführungs- und Vorführungsrecht eingeräumt. Nach Ziffer 17 des Tarifvertrags blieben dem Beschäftigten seine von Verwertungsgesellschaften wahrgenommenen Zweitwiedergaberechte und bestimmte Vergütungsansprüche für die ihm nach den §§ 20 b, 21, 22, 27, 49, 54, 54 a, 76 Abs. 3 Urhebergesetz zustehenden Rechte vorbehalten.

Nach Ziffer 23.1.1 des Tarifvertrags erhielt der Kläger eine im jeweiligen Mitwirkendenvertrag gesondert zu vereinbarende Vergütung für seine Leistungen und Rechteeinräumungen. Für die weiteren Einzelheiten wird auf den Tarifvertrag vom 01.12.1976 (in der Fassung ab dem 01.04.2001) in der Gerichtsakte (Blatt 49 ff.) Bezug genommen.

Die nach den Mitwirkendenverträgen über Moderation und den Mitwirkendenverträgen für die Vorbereitungstätigkeiten vereinbarten Vergütungen wurden unterschiedlich ermittelt. Bei der Vergütung für die Vorbereitung einer Sendung berechnete sich die Vergütung nach einem Honorarrahmen, der eine Mindest- und eine Höchstvergütung festlegte. Die Höhe der Vergütung richtete sich nach qualitativen Merkmalen der Leistung, nicht nach der dafür aufgewandten Zeitdauer. Die Vergütung, die für eine Moderation an den Kläger gezahlt wurde, wurde nach Sendezeiten und Sendedauer bemessen, wobei eine Zeitstaffel zugrunde lag.

Der Kläger erhielt im Streitjahr für die Vorbereitung und Moderation von Sendungen jeweils getrennte Gutschriften des Senders X, die eine Vergütung inklusive des ermäßigten Umsatzsteuersatz i. H. v. 7 % umfassten. Er erklärte in seiner Umsatzsteuererklärung für das Streitjahr die Beträge entsprechend.

Im Rahmen einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung vertrat der Prüfer die Auffassung, dass zweifelhaft sei, ob überhaupt urheberrechtlich geschützte Werke durch die Tätigkeit des Klägers entstanden seien. Der Hinweis in den Tarifverträgen auf die Übertragung solcher Rechte sei hierfür kein Beleg, da er nur der Vermeidung etwaiger urheberrechtlicher Streitigkeiten diene. Hiernach sei die tatsächliche Leistung der Moderation honoriert worden, nicht aber eine Rechteeinräumung durch den Kläger. Selbst wenn ein urheberrechtlich geschütztes Werk anzunehmen und von einer Rechteeinräumung auszugehen sei, bilde eine solche Rechteeinräumung nur eine unbeachtliche Nebenleistung zur andersartigen umsatzsteuerlichen Hauptleistung tatsächlicher Art, der persönlichen Moderationstätigkeit. Für die Einzelheiten wird auf den Bericht zur Umsatzsteuer-Sonderprüfung vom 24.06.2003 Bezug genommen.

Der Beklagte machte erließ daraufhin am 07.07.2003 einen geänderten Umsatzsteuerbescheid für das Streitjahr, indem er die bisher mit dem ermäßigten Steuersatz behandelten Umsätze - mit Ausnahme der Entgelte des Klägers von der VG Wort - dem allgemeinen Umsatzsteuersatz.

Nach erfolglosem Einspruchsverfahren hat der Kläger die vorliegende Klage erhoben. Seine Tätigkeit führe zur Entstehung von urheberrechtlich geschützten Rechten. Es könne dahinstehen, ob es sich um ein eigentliches Urheberrecht i. S. des ersten Teils des Urhebergesetzes handele oder lediglich um Leistungsschutzrechte i. S. des zweiten Teils des Gesetzes. In beiden Fällen stünden ihm urheberrechtlich geschützte Rechte zu, da er dem Sender X sowohl als Urheber das Senderecht aus § 20 Urhebergesetz als auch als ausübender Künstler nach § 78 Nr. 2 Urhebergesetz einräume.

Seine Einordnung als ausübender Künstler statt als Urheber sei nach dem BGH-Urteil vom 14.11.1980, I ZR 73/78, NJW 1980, S. 2055 unzutreffend. Er sei der von ihm geschaffenen Sprachwerke. Ein Indiz dafür, dass urheberrechtlich geschützte Werke vorlägen, sei auch, dass er Ausschüttungen der Verwertungsgesellschaft Wort erhalte, die nur Zweitverwertungsrechte an urheberrechtlich geschützten Werken beträfen. Seine Vereinbarungen mit dem Sender X zeigten, dass er dem Sender seine geschützten Rechte an den Werken weitgehend einräume.

Diese Rechteeinräumung sei auch der wesentliche und prägende Inhalt der an den Sender erbrachten Leistungen. Zwar sei es zutreffend, dass für die Inanspruchnahme des ermäßigten Steuersatzes die Rechteeinräumung nicht nur eine Nebenfolge der Tätigkeit sein dürfe, wie aus den BFH-Urteilen vom 27.09.2001 V R 14/01, BStBl II 2002, S. 114 und vom 17.01.2002 V R 13/01, BFH/NV 2002, S. 821 erkennbar sei. Sowohl er als auch der Beklagte gingen davon aus, dass für die Abgrenzung, ob eine Rechteeinräumung wesentlicher Inhalt oder nur eine Nebenfolge der Leistung sei, die vertragliche Vereinbarung maßgeblich sei.

Die vertraglichen Vereinbarungen zeigten aber, dass der Erwerb des Senderechts für den Sender X als Leistungsempfänger entscheidender Bestandteil der jeweiligen Mitwirkendenverträge sei. Er müsse dem Sender X daneben zahlreiche weitere urheberrechtlich geschützten Rechte zur Nutzung überlassen. Ohne die Einräumung dieser Rechte seien seine Leistungen für den Sender X wertlos, da dieser die Hörfunksendungen des Klägers ansonsten nicht ausstrahlen dürfe. Der BFH habe in seiner Rechtsprechung gerade die Unterscheidung für maßgeblich gehalten, ob der Leistungsempfänger nicht nur die Befugnis zur Sendung gehabt habe, sondern ob diese von ihm gerade erstrebt worden sei. In anderem Zusammenhang (bei Computerprogrammen) habe der BFH hierfür als Beweisanzeichen die Tätigkeit des Leistungsempfängers, die vorhandenen Vertriebsvorbereitungen, die vorhandenen Vertriebswege, die Durchführung der Vervielfältigung und Verbreitung und die Vereinbarungen über die Bemessung und Aufteilung des Entgelts als maßgebliche Kriterien angesehen. Die Sendebefugnis sei vom Sender X als Leistungsempfänger erstrebt worden, hierauf seien auch die vergüteten Planungsleistungen, die Gestaltung und Moderation der Hörfunksendungen ausgerichtet gewesen. Die vom BFH für maßgeblich angesehenen Vertriebsvorbereitungen und Vertriebswege seien auf den Streitfall angewendet ebenfalls vorhanden gewesen, da der Sender X ihm - dem Kläger - die notwendige Sendetechnik und das dazu notwendige Personal vorhalte.

Die Vereinbarung über das Entgelt sei zwar als Einheitsentgelt für seine Tätigkeit und die Einräumung der damit in Verbindung stehenden Urheberrechte vereinbart und gezahlt worden. Die Tatsache, dass ein gesondertes Entgelt für die Rechteeinräumung vertraglich nicht ausgewiesen worden sei, spreche aber nicht dagegen, dass die Rechteeinräumung prägender Bestandteil seiner Leistung sei. Die Bemessung des Entgelts in Abhängigkeit von der Sendedauer unter Heranziehung einer Zeitstaffel spreche auch nicht dagegen, dass vordringlich die Rechteeinräumung vergütet werde. Im Übrigen zeige der Tarifvertrag in der Fassung seit dem 01.04.2001, dass besondere Honorare für den Fall vorgesehen seien, dass der Sender X die ihm eingeräumten Rechte entgeltlich verwerte. Dies untermauere, dass die Beteiligten sich vordringlich über die Vergütung der Rechteübertragung im Rahmen ihres Vertragsverhältnis einigen wollten.

Betrachte man seine im Einzelnen durchgeführten Tätigkeiten, seien hierbei kaum Tätigkeiten enthalten, die keine Rechteeinräumung an den Sender X notwendig machten. Er führe nur beim Schneiden von O-Tönen, dem Verlesen der Verkehrsnachrichten sowie bei Abstimmungsarbeiten mit der Redaktion Tätigkeiten aus, in deren Zusammenhang keine geschützten Urheberrechte entstünden. Diese Tätigkeiten hätten nur ein geringes zeitliches Gewicht und seien Nebenleistungen.

Die persönliche Moderationstätigkeit sei zwar notwendig zur Durchführung der Sendung, gleichzeitig begründe er aber hierdurch urheberrechtlich geschützte Rechtspositionen, die er sogleich auf den Sender X übertragen müsse. Der BFH habe im Urteil vom 18.08.2005 (V R 42/03, BStBl II 2006, S. 44) entschieden, dass dann, wenn der Erwerb von Senderechten unabdingbare Voraussetzung für den Leistungsempfänger sei, die Rechteübertragung einer gemischten Leistung das Gepräge gebe. Die Herstellung seiner Werke gehe daher als Vorstufe der eigentlichen Leistung der Rechteübertragung auf.

Es sei auch nicht zutreffend, wenn der Beklagte zwischen Urheberrechten mit geringer Schutzwürdigkeit und nur "höherwertigen" Werken im Hinblick auf den ermäßigten Steuersatz unterscheide. Dies widerspreche bereits dem Wortlaut der Regelung in § 12 Abs. 2 Nr. 7 c UStG, welcher unterschiedslos alle urheberrechtlich geschützten Rechte erfasse.

Er sei darüber hinaus als Journalist anzusehen, da er Redakteur argumentierender Rundfunksendungen sei und verbindende Informationen und Kommentare zwischen den Beiträgen spreche. Diese Tätigkeit bedinge die vorbereitende inhaltliche Gestaltung von Interviews und den gelegentlich auftretenden Liveschaltungen. Die für eine journalistische Tätigkeit notwendige kritische Würdigung von Ereignissen, die in Kommentaren zu politischen kulturellen und anderen Ereignissen und Entwicklungen oder Kunstkritiken zum Ausdruck komme, sei bei seiner Arbeit gegeben. Seine Beiträge seien keine reinen Tatsachen-Nachrichten oder Tagesneuigkeiten, da er diesen Ausführungen individuelle Form gebe. Wenn er keine journalistische Arbeit entfalte, - etwa beim Verlesen von Verkehrshinweisen und Schneidearbeiten, - seien dies keine Hauptleistungen seiner Tätigkeit. Der Beklagte wende daher auch Abschnitt 168 Abs. 10 Satz 1 der Umsatzsteuerrichtlinien nicht zutreffend an, der Journalisten grundsätzlich für ihre Leistungen den ermäßigten Steuersatz gewähre. Es sei nicht zutreffend, wenn der Beklagte davon ausgehe, dass Abschnitt 168 Abs. 9 der Umsatzsteuerrichtlinien nur Schriftwerke betreffe und die Tätigkeit als Moderator nicht erfasse. Der Begriff des Journalisten beinhalte nicht die ausschließlich schriftliche Tätigkeit, zudem enthalte Abschnitt 168 Abs. 9 der Umsatzsteuerrichtlinien die vom Beklagten angeführte Differenzierung in keiner Weise.

Soweit der Beklagte aus der restriktiveren 6. EG-Richtlinie herleite, dass diese gegenüber der weiteregehenden nationalen Regelung in § 12 Abs. 2 Nr. 7 c UStG vorrangig sei, wende der Beklagte eine Richtlinie unmittelbar zu seinen Lasten an. Dies sei nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH nicht möglich.

Der Kläger beantragt,

den Umsatzsteuerbescheid 2001 vom 07.07.2003 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 05.05.2004 zu ändern und die Umsatzsteuer auf 8.638,00 DM festzusetzen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es sei zwar zutreffend, dass die individuelle Moderation von Radiosendungen nach dem BGH-Urteil vom 14.11.1980 den urheberrechtlichen Anforderungen an Sprachwerke - allerdings im unteren Schutzbereich - genügten und der Kläger bei seiner Tätigkeit Sprachwerke schaffe und Rechte an diesen auf den Sender X übertrage. Da es sich aber nur um die Übertragung von Rechten mit geringem urheberrechtlichen Schutzumfang handele, gebe die urheberrechtliche Rechteübertragung aus umsatzsteuerlicher Sicht nicht der Leistung das Gepräge. Er verweise hierzu auf die BFH-Entscheidung vom 19.11.1998, BFH/NV 1999, 836. In diesem Urteil habe der BFH klargestellt, dass für ein im Anlassfall zu beurteilendes Werk wegen der geringen Anforderung an die urheberrechtliche Schutzfähigkeit auch nur ein geringer urheberrechtlicher Schutzumfang vorhanden sei. Wenn nach diesen Grundsätzen verschiedenartige Leistungselemente miteinander vermischt und die Frage zu beurteilen sei, ob die urheberrechtliche Rechteeinräumung dem Umsatz das Gepräge gebe, könne die Einräumung von Urheberrechten an Werken mit geringem urheberrechtlichen Schutzumfang nur dann begünstigt sein, wenn dies offensichtlich der entscheidende Leistungsbestandteil sei, z. B. wenn ein Autor einem Verlag das Veröffentlichungsrecht an einem "Dreigroschenroman" einräume. Im Streitfall seien das Aussuchen der Musiktitel und die Auswahl von O-Tönen bereits keine urheberrechtlich geschützten Leistungen dar, an denen der Kläger Rechte übertragen könne. Die geschützten Werke des Klägers hätten nur einen geringen urheberrechtlichen Schutzumfang, so dass im Streitfall die urheberrechtliche Rechteübertragung nur eine Nebenleistung sei.

Die Tatsache, dass der Kläger auch von der VG Wort Vergütungen erhalte, könne nichts über die gegenüber dem Sender X erbrachten Leistungen aussagen.

Der Kläger könne nach den geschlossenen Vereinbarungen mit dem Sender gerade nicht nachweisen, dass eine Vergütung für die Einräumung der urheberrechtlichen Verwertungsrechte vereinbart worden sei. Dies habe der Kläger auch selbst eingeräumt. Das vom Sender X an den Kläger vergütete Einheitsentgelt spreche vielmehr dafür, dass ein Entgelt für die Einräumung der Urheberrechte nicht existiere. Die Bemessung der Zahlung anhand der tatsächlichen Sendedauer spreche dafür, dass die Moderationsleistung als solche vergütet werde.

Die Regelung in Abschnitt 168 Abs. 10 der Umsatzsteuerrichtlinien greife zu Gunsten des Klägers nicht ein, da die Tätigkeit als Hörfunkmoderator aus umsatzsteuerlicher Sicht ihrem Wesen nach nicht in der Einräumung von Urheberrechten entstehe, die im Rahmen einer journalistischen Tätigkeit begründet worden seien.

Zudem sei eine Auslegung der 6. EG-Richtlinie zu Lasten des Klägers im Streitfall möglich und geboten.

Gründe

Die Klage ist begründet.

I. Der angefochtene Umsatzsteuerbescheid ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Der Kläger hat seine Leistungen gegenüber dem Sender X zutreffend dem ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 c des Umsatzsteuergesetzes (UStG) unterworfen, da er bei seiner Tätigkeit urheberrechtlich geschützte Werke geschaffen, die Nutzungsrechte an diesen Werken auf den Sender X übertragen hat und diese Rechteübertragung als Hauptleistung des Klägers anzusehen ist.

1. Nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 c UStG in der für das Streitjahr anzuwendenden Fassung ermäßigt sich die Steuer auf 7 v. H. für die Einräumung, Übertragung und Wahrnehmung von Rechten, die sich aus dem Urhebergesetz ergeben. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind im Streitfall erfüllt.

a) Der Kläger hat bei der Konzeption und der Moderation seiner Sendungen urheberrechtlich geschützte Sprachwerke geschaffen.

Nach der für das Streitjahr maßgeblichen Fassung des Urheberrechtsgesetzes (im folgenden UrhG) vom 09.09.1965 in der Fassung durch das Gesetz vom 01.09.2000 (BGBL I S. 1374) gehören zu den geschützten Werken nach § 2 Abs. 1 UrhG aus dem Bereich der Literatur, Wissenschaft und Kunst insbesondere auch Sprachwerke wie Schriftwerke, Reden und Computerprogramme. Urheber eines Sprachwerks ist nach § 7 der Schöpfer des Werkes.

Um Werkqualität zu erlangen, muss ein Sprachwerk nach dem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 14.11.1980 I ZR 73/78, BGHZ 1979, 362 eine eigene geistige Schöpfung erkennen lassen. Dies - so der BGH im Urteil vom 14.11.1980 (I ZR 73/78, a. a. O.) - ist unter Berücksichtigung der nicht zu überspannenden Anforderungen (sog. "kleinen Münze des Urheberrechts") gegeben, wenn Redebeiträge eine schöpferische Eigentümlichkeit aufweisen und sich Moderationen "von der Masse alltäglichen Geplauders durch eine gefällige Form abheben" sowie bei Interviews die Frageformulierungen und geschickte Fragestellung Einfühlungsvermögen ein Eingehen auf den Gesprächspartner erkennen lassen. Nach einem Urteil des LG Hamburg vom 05.10.1990 (74 S 12/98, ZUM 1995, 340) genießt ein Rundfunkmoderator für Musiksendungen, die er selbst zusammenstellt, deren Moderation er verfasst und in der er selbst die von ihm entworfenen Texte spricht, nach diesen Grundsätzen Schutz für die von ihm geschaffenen Werke, sofern die Moderationen interpretierenden Charakter haben.

Zwischen den Beteiligten ist im Streitfall unstreitig, dass die vom Kläger in dessen Sendungen gesprochenen Moderationen, die durchgeführten Interviews und die Quizsendungen sowie Redebeiträge während der Quizsendungen aufgrund der Stimme des Klägers und seiner charakteristischen Sprechweise eine individuelle Handschrift tragen. Den einzelnen Redebeiträgen des Klägers im Rahmen seiner Sendungen kommt daher - außer beim Verlesen der Verkehrsnachrichten - Urheberrechtsschutz für selbst geschaffene Sprachwerke nach § 2 Nr. 1 des UrhG zu. Auch diese rechtliche Einschätzung ist zwischen den Beteiligten nicht mehr streitig und wird vom Senat geteilt.

b) Der Kläger hat dem Sender X an diesen Sprachwerken auch urheberrechtliche Nutzungsrechte eingeräumt.

Nach §§ 15 bis 19 des UrhG stehen dem Urheber das Vervielfältigungsrecht, das Verbreitungsrecht und das Ausstellungsrecht sowie nach § 15 Abs. 2 i. V. m. §§ 19 bis 22 UrhG das Recht der öffentlichen Wiedergabe insbesondere in Form des Vortrags-, Aufführungs- und Vorführungsrechts, des Senderechts, des Rechts der Wiedergabe durch Bild- oder Tonträger oder das Recht der Wiedergabe von Funksendungen zu. Nach § 20 i. V. m. §§ 29 Satz 2, 31 ff. UrhG kann zwar nicht das Urheberrecht selbst übertragen werden, jedoch kann der Urheber einem anderen an seinen Werken weitgehende Nutzungsrechte einräumen.

Im Streitfall ist dies durch die jeweiligen Mitwirkendenverträge über Vorbereitung und Moderation zu den einzelnen Sendungen geschehen, die formularmäßig auf den Tarifvertrag für auf Produktionsdauer Beschäftigte des Senders X Bezug nahmen. Bestandteil jedes einzelnen Mitwirkendenvertrags waren damit auch die im Tarifvertrag niedergelegten Vereinbarungen über die Einräumung der Nutzungsrechte an Urheber- und Leistungsschutzrechten, die im Zusammenhang mit der Konzeption und Moderation der Rundfunksendungen entstanden.

Es steht daher nach der Überzeugung des Senats zweifelsfrei fest und wird auch von den Beteiligten nicht in Abrede gestellt, dass dem Sender X Nutzungsrechte an den einzelnen Sprachwerken des Klägers eingeräumt worden sind.

c) Die vorbereitenden Tätigkeiten des Klägers zur jeweiligen Sendung, die Moderation der Sendung und die Rechteeinräumung an den einzelnen Sprachwerken stellen einheitliche Leistungen des Klägers an den Sender X dar.

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in einem Urteil vom 18.08.2005 (V R 42/03, BStBl II 2006, 44) unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Gerichtshofes des europäischen Gemeinschaften (vgl. z. B. EuGH-Urteil vom 25.02.1999 C-349/96, Slg. 1999, I-973) zutreffend erkannt, dass eine wirtschaftlich einheitliche Dienstleistung nicht künstlich in Teilleistungen aufgespalten werden darf. Liegt ein Leistungsbündel vor, ist nach der maßgeblichen Sicht des Durchschnittsverbrauchers - so der BFH im Urteil vom 18.08.2005 V R 42/03 (a. a. O.) - zu prüfen, ob es sich um eine einheitliche Leistung handelt.

Nach diesem Maßstab sind die verschiedenen Tätigkeiten des Klägers als einheitliche Leistungen zu betrachten. Zwar hat der Kläger im Bezug auf jede einzelne Sendung gesonderte Mitwirkendenverträge zur Vorbereitung der Sendung und zur Moderation der Sendung mit dem Sender X abgeschlossen, in denen gesonderte Vergütungen für Vorbereitung und Moderation sowie die Einräumung von Nutzungsrechten nach dem Tarifvertrag enthalten waren. Vergütungen für eine Rechteübertragung waren nicht spezifiziert, sondern es sollten jeweils alle vom Kläger erbrachten Tätigkeiten abgedeckt sein.

Nach der Überzeugung des Senats steht diese vertragliche Abwicklung der Leistungen zwischen dem Sender X und dem Kläger aber nicht der Schlussfolgerung entgegen, dass Vorbereitung, Moderation und Rechteübertragung durch den Kläger sich als einheitliche Leistung darstellen. Denn aus der Sicht des Durchschnittsverbrauchers und damit der Verkehrsauffassung ist entscheidend, dass eine Sendung des Klägers als Gesamtprodukt entsteht und zur Ausstrahlung kommt. Die von dem Kläger und dem Sender X gewählte rechtliche Aufteilung dieser einheitlichen Leistung in separate Mitwirkendenverträge mit einheitlichen Vergütungen tritt hierbei in den Hintergrund und hindert die Annahme einer einheitlichen Leistung nicht.

d) Dieser einheitlichen Leistung des Klägers gibt die Einräumung von Nutzungsrechten an den Sender X auch das Gepräge.

Der BFH hat in seiner Entscheidung vom 18.08.2005 V R 42/03 (a. a. O.) hervorgehoben, dass der ermäßigte Steuersatz nur dann gewährt werden kann, wenn der wirtschaftliche Gehalt des Vorgangs auf die Verwertung des Werkes gerichtet sei, nicht hingegen, wenn nur dessen Anwendung durch den Leistungsempfänger beabsichtigt sei. Diese vom Senat für zutreffend angesehenen Grundsätze führen dazu, dass maßgeblich auf die Sicht des Leistungsempfängers - im Streitfall des Senders X - abzustellen ist. Für diesen ist bei Bezug der Leistungen des Klägers nicht entscheidend, dass der Kläger überhaupt eine Sendung produziert, die z.B. für interne Zwecke verwendet werden könnte. Es geht entscheidend darum, die Sendungen des Klägers ausstrahlen zu können. Prägendes Element der einheitlichen Leistung aus Sicht des Senders X war somit die Einräumung des Senderechts nach § 20 UrhG.

Dass den Rechteeinräumungen durch den Kläger das entscheidende Gewicht der geschlossenen Vereinbarungen zukommt, zeigen die differenzierenden Regelungen des Tarifvertrags für auf Produktionsdauer Beschäftigte zu den Urheber- und Leistungsschutzrechten, in denen sich der Sender X gezielt für alle Medien umfassende Nutzungsrechte einräumen lässt. Hieraus kann nicht geschlossen werden, dass diese Rechteeinräumungen nur vorsichtshalber vorgenommen werden.

Da maßgeblich für die Prüfung, welcher Bestandteil der Leistung des Klägers das Gepräge gibt, die Sicht des Leistungsempfängers ist und für diesen der Erwerb des Senderechts entscheidend ist, können die vom Beklagten vorgebrachten Erwägungen zu einer Differenzierung zwischen Rechten mit hohem und geringem Schutzbereich nicht überzeugen. Einer solchen objektiven Betrachtungsweise steht entgegen, dass auf die konkrete Leistungsabwicklung abzustellen ist und es dem Sender X unbesehen eines etwaigen niedrigen Schutzgehalts der Werke darauf ankam, sich die urhebrechtlichen Nutzungsrechte umfassend einräumen zu lassen. Dem Gesetzesworlaut des § 12 Abs. 2 Nr. 7c UStG lässt sich eine solche Differnzierung im übrigen nicht entnehmen.

e) Der Senat kann es dahingestellt sein lassen, ob der Kläger auch auf Grund einer journalistischen Tätigkeit dem ermäßigten Steuersatz unterliegt.

2. Eine Versagung des ermäßigten Steuersatzes auf Grund einer etwaigen engeren Fassung des Anhangs H Nr. 8 der Richtlinie 77/388/EWG im Vergleich zu § 12 Abs. 2 Nr. 7 c UStG kann dem Kläger nicht entgegengehalten werden, da sich der Kläger auf das für ihn günstigere nationale Recht berufen darf (vgl. z. B. BFH-Urteile vom 18.08.2005, V R 42/03, a. a. O.; vom 25.11.2004 V R 25, 26/04, BStBl II 2005, 419).

3. Die angefochtene Steuerfestsetzung ist zu ändern und die Umsatzsteuer unter Berücksichtigung der dem ermäßigten Steuersatz unterliegenden Leistungen neu festzusetzen:

Umsätze brutto Umsätze netto Steuer Lieferungen und sonstige Leistungen zu 16 v.H DM 56.034 DM 8.965,44 Lieferungen und sonstige Leistungen zu 7 v.H DM 152.626,58 (Honorare) DM 5.748,64 (VG Wort) DM 142.641,66 DM 5.372,56 DM 10.361,00 Vorsteuer aus §§ 15, 15a UStG (unstreitig) DM 6.501,27 + DM 4.186,65 ./. DM 10.687,92 USt DM 8.638,52 USt (gerundet) DM 8.638,00

II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Satz 1 FGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 151 Abs. 3 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10 analog, 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).

Die Revision ist im Streitfall nicht zuzulassen, da eine grundsätzliche Bedeutung gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO des Streitfalls nicht vorliegt. Andere Zulassungsgünde sind weder vorgetragen noch aus den Akten ersichtlich.

Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtsfrage nach der überzeugenden Rechtsprechung des BFH, von der abzuweichen für den Senat kein Anlass besteht, wenn die für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage das Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 10.12.1997 II B 12/97, BStBl. II 1998, 56). Diese Vorausetzungen liegen im Streitfall nicht vor.

Die für den Streitfall entscheidungserheblichen Rechtsfragen sind geklärt. Hiernach kommt es bei der Betrachtung eines Bündels verschiedener Leistungen darauf an, ob diese nach der Verkehrsanschauung als einheitliche Leistung zu bewerten sind und für die Inanspruchnahme des ermäßigten Steuersatzes darauf, dass die Einräumung an Urheberrechten der einheitlichen Leistung das Gepräge geben muss, was bei einem Rundfunksender regelmäßig der Fall ist.






FG Köln:
Urteil v. 18.10.2006
Az: 4 K 3006/04


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