Bundespatentgericht:
Beschluss vom 9. Dezember 2004
Aktenzeichen: 8 W (pat) 318/02

(BPatG: Beschluss v. 09.12.2004, Az.: 8 W (pat) 318/02)

Tenor

Das Patent 100 51 800 wird widerrufen.

Gründe

I Das Patent 100 51 800 mit der Bezeichnung "Verfahren zum automatisierten Überziehen eines Formkörpers mit einer Folie und Verwendung derartiger Formkörper" wurde am 18. Oktober 2000 beim Patentamt angemeldet. Mit Beschluss vom 24. Januar 2002 wurde hierauf das Patent erteilt und am 29. Mai 2002 dessen Erteilung veröffentlicht.

Gegen das Patent hat die Firma B... AG G...straße in D-M...

am 28. August 2002 Einspruch erhoben.

Die Einsprechende stützt ihren Einspruch ua auf folgende Druckschriften:

1. DE 196 06 395 C1, 2. DE 42 28 282 A1.

In der mündlichen Verhandlung vom 09. Dezember 2004 vertritt die Einsprechende die Ansicht, dass der Patentgegenstand nicht ausführbar sei, da der Fachmann zahlreiche Versuche unternehmen müsse, um eine Folie zu ermitteln, mit der das Verfahren durchführbar sei. Auch beruhe der Gegenstand des Patents gegenüber der DE 196 06 395 C1 und der DE 42 28 282 A1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Die Einsprechende beantragt, das Patent in vollem Umfang zu widerrufen.

Die Patentinhaberin ist dem Vorbringen der Einsprechenden entgegengetreten. Sie vertritt die Auffassung, dass die Nacharbeitbarkeit gegeben sei, da die wesentlichen Werkstoffeigenschaften, und zwar die minimalen Anforderungen an die zu verwendende Folie, beschrieben seien. Der relevante Stand der Technik könne den Patentgegenstand ebenfalls nicht nahe legen, da er keine dreidimensionale Körper beschreibe; das Hinterspritzen von Folien sei mit dem Verfahren nach dem Patentgegenstand nicht vergleichbar.

Die Patentinhaberin stellt den Antrag, das Patent aufrecht zu erhalten, hilfsweise mit den Ansprüchen nach den in der mündlichen Verhandlung übergebenen Hilfsanträgen 1 bis 4.

II 1. Der form- und fristgerecht erhobene Einspruch ist substantiiert und auf den Einspruchsgrund der fehlenden Patentfähigkeit gestützt. Er ist daher zulässig.

Der Einspruch ist auch sachlich gerechtfertigt, weil der Gegenstand des Patents keine Erfindung im Sinne der §§ 1 bis 5 PatG darstellt.

Nach dem erteilten Patentanspruch 1 betrifft der Gegenstand des Patents ein automatisiertes Verfahren zum faltenfreien oder weitestgehend faltenfreien Überziehen von regelmäßig oder unregelmäßig geformten bzw. gekrümmten Formkörpern mit einer Folie, insbesondere zum Überziehen von Teilen von Karosserien oder als Verpackungen mit einer Transportschutzfolie, dadurch gekennzeichnet, dass die zum Überziehen verwendete Folie vor der Dehnung eine Dicke im Bereich von 25 bis 120 µm, eine Zugfestigkeit gemessen nach ASTM D882 in Längsrichtung von mindestens 5 N pro 25 mm des Teststreifens und eine Schälfestigkeit gemessen auf Edelstahl #4 nach PSTC 2 mit einem Abziehwinkel von 90¡ von mindestens 1,0 N pro 25 mm Breite des Teststreifens aufweist, dass die Folie vor oder/und während des Überziehens des Formkörpers mit einem Folienabschnitt in mindestens einem Bereich, der stärker verformt wird als die benachbarten Bereiche selektiv erwärmt wird und dass die Bereiche der Folie um die Halterungen der Folie nicht oder geringer als in dem stärker zu verformenden Bereich erwärmt werden, so dass die verschiedenen Bereiche der Folie während des Verformens eine unterschiedliche Temperatur aufweisen.

Nach dem zum Patentanspruch 1 nebengeordneten erteilten Patentanspruch 2 betrifft der Gegenstand des Patents ein automatisiertes Verfahren zum faltenfreien oder weitestgehend faltenfreien Überziehen von regelmäßig oder unregelmäßig geformten bzw. gekrümmten Formkörpern mit einer Folie, insbesondere zum Überziehen von Teilen von Karosserien oder als Verpackungen mit einer Transportschutzfolie, dadurch gekennzeichnet, dass die zum Überziehen verwendete Folie vor der Dehnung eine Dicke im Bereich von 25 bis 120 µm, eine Zugfestigkeit gemessen nach ASTM D882 in Längsrichtung von mindestens 5 N pro 25 mm des Teststreifens und eine Schälfestigkeit gemessen auf Edelstahl #4 nach PSTC 2 mit einem Abziehwinkel von 90¡ von mindestens 1,0 N pro 25 mm Breite des Teststreifens aufweist, dass die Folie vor oder/und während des Überziehens des Formkörpers mit einem Folienabschnitt in Bereichen um die Halterung der Folie selektiv gekühlt wird und dass die Folie in mindestens einem Bereich, der stärker verformt wird als die benachbarten Bereiche nicht oder weniger gekühlt wird als in Bereichen um die Halterungen, so dass die verschiedenen Bereiche der Folie während des Verformens eine unterschiedliche Temperatur aufweisen.

Nach dem zu den erteilten Patentansprüchen 1 und 2 nebengeordneten Patentanspruch 15 betrifft der Gegenstand des Patents die Verwendung der nach dem Verfahren gemäß den Ansprüchen 1 bis 14 angebrachten Folienbeschichtungen als temporärer oder dauerhafter Schutz vor atmosphärischen, chemischen und mechanischen Beeinträchtigungen, als Transportschutz, als Schutz vor Strahlung wie z.B. UV-Licht, als Namensträger, als Werbefläche, als Dekoration, als Ersatz eine Lackes, einer Polymer bzw. Kunstharz enthaItenden Beschichtung, eines Korrosionsschutzmaterials oder/und einer metallischen Schutzschicht, zur Farbgebung, zur Abdunkelung, zur Tönung oder/und zur Strömungsoptimierung.

Der Gegenstand des weiteren nebengeordneten Patentanspruchs 16 betrifft die Verwendung der nach dem Verfahren gemäß den Ansprüchen 1 bis 14 angebrachten temporären oder dauerhaften Folienbeschichtung für den Anlagenbau, die Bauindustrie, den Fahrzeugbau, die Flugzeugindustrie, den Geräte- und Maschinenbau bzw. die Möbelindustrie.

Hinsichtlich der erteilten Patentansprüche 3 bis 14 wird auf die Akte verwiesen.

Die Hilfsanträge 1 bis 4 unterscheiden sich vom Hauptantrag jeweils dadurch, dass in den Patentansprüchen 1 und 2 das Verfahren auf das Überziehen von Karosserien und Kunststoffstoßstangen beschränkt wurde. In den Patentansprüchen 15 und 16 ist "oder dauerhaft" gestrichen worden.

Beim Hilfsantrag 2 ist das Verfahren gemäß den erteilten Patentansprüchen 1 und 2 auf das Überziehen von gekrümmten Teilen von Karosserien und Kunststoffstoßstangen mit einer "Transportschutzfolie" beschränkt worden.

In den Patentansprüchen 1 und 2 nach Hilfsantrag 3 ist gegenüber dem Hilfsantrag 2 noch zusätzlich das Merkmal aufgenommen worden,

"dass in mindestens einem Bereich, bei dem eine lineare Dehnung um mehr als 100 % genutzt wird, selektiv erwärmt wird".

Beim Hilfsantrag 4 ist in beiden Patentansprüchen 1 und 2 zusätzlich zu den im Hilfsantrag 2 aufgeführten Merkmalen noch folgendes Merkmal aufgenommen worden,

"dass die verwendete Folie in Längs- und Querrichtung ein Zugfestigkeit von nicht mehr als 15 % Unterschied aufweisen soll".

Hinsichtlich der Patentansprüche 3 bis 14 gemäß den Hilfsanträgen 1 bis 4 wird auf die Akte verwiesen.

Die Aufgabe ist gemäß Patentschrift darin zu sehen, dass auch bei stark gekrümmten oder kompliziert geformten Formkörpern in der Serienfertigung faltenfreie, gut schützende und kostengünstige Folienüberzüge möglich sind (Sp 3, Z 9 bis 15). Dabei geht es vor allem um hochwertige Transportschutzfolien für den Automobilbau. Dort ist eine relativ große Foliendicke auch der stark gedehnten Folienbereiche wegen der damit verbundenen, proportional auftretenden Zugfestigkeit notwendig (Sp 3, Z 16 bis 21).

2. Die in der mündlichen Verhandlung überreichten Patentansprüche gemäß den Hilfsanträgen 1 bis 4 sind zulässig. Die Beschränkung der Folie auf eine Transportschutzfolie zum Aufbringen auf Karosserien oder Kunststoffstoßstangen ist zB im erteilten Patentanspruch 1 offenbart.

Im Hilfsantrag 3 ist zusätzlich das Merkmal der linearen Dehnung enthalten. Dieses Merkmal ist zB in Spalte 10, Zeilen 8 ff offenbart.

Das beim Hilfsantrag 4 weitere aufgenommene Merkmal der gleichmäßigen Festigkeit in Längs- und Querrichtung ist in Spalte 9, Zeilen 39 ff offenbart.

3. Die Nacharbeitbarkeit ist gegeben, denn in den Patentansprüchen 1 bzw 2 nach dem Hauptantrag bzw. nach den Hilfsanträgen 1 bis 4, ist angegeben, welche Dicke und welche minimalen Werkstoffeigenschaften, wie zB Zug- und Schälfestigkeit gemessen nach ASTM D 882 bzw PSTC 2, die einzusetzende Folie aufweisen muss, damit die beanspruchten Verfahrensschritte durchgeführt werden können.

Auch sind die Verfahrensparameter eindeutig beschrieben. Richtig ist wohl, dass beim Applizieren der Folie bei unterschiedlichen Geometrien unterschiedliche Kräfte aufgebracht und dann auch die Temperaturen angepasst werden müssen. Dies weiß aber der Fachmann, ein Diplom-Ingenieur (FH) der Fachrichtung Kunststoff-Technologie mit mehrjährigen Kenntnissen auf dem Gebiet des Verarbeitens von Folien, und er wird die Temperaturen den Streckverhältnissen anpassen, sofern er keine Risse und Falten in den applizierten Folien riskieren möchte. Dieses Anpassen lässt sich aber mit einem einfachen Versuch bewerkstelligen.

Im Übrigen hat die Einsprechende nicht nachgewiesen, dass bei Einhaltung der in den Ausführungsbeispielen genannten Bedingungen das Verfahren nach dem Patentgegenstand nicht gelingt (Busse, PatG, 6. Auflage, § 34, Rdn 301).

4. Das aufgrund seiner Zweckbestimmung unstrittig gewerblich anwendbare Verfahren nach Patentanspruch 1 nach Hauptantrag hat gegenüber dem im Verfahren befindlichen druckschriftlichen Stand der Technik als neu zu gelten, denn nach keiner dieser Druckschriften wird eine Folie mit den in den Patentansprüchen 1 und 2 angeführten Eigenschaften offenbart.

Das Verfahren nach dem erteilten Patentanspruch 1 beruht jedoch nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Beim Verfahren nach dem erteilten Patentanspruch 1 wird eine Folie mit folgenden Werkstoffeigenschaften - einer Dicke im Ausgangszustand (vor der Dehnung) im Bereich von 25 bis 120 µm, einer Zugfestigkeit gemessen nach ASTM D882 in Längsrichtung von mindestens 5 N pro 25 mm des Teststreifens und - einer Schälfestigkeit gemessen auf Edelstahl #4 nach PSTC 2 mit einem Abziehwinkel von 90 0 von mindestens 1,0 N pro 25 mm des Teststreifens, vor oder/und während des Überziehens des Formkörpers mit einem Folienabschnitt in mindestens einem Bereich, der stärker verformt ist als die benachbarten Bereiche, selektiv erwärmt, wobei die Bereiche der Folie um die Halterung der Folie nicht oder geringer als in dem stärker zu verformenden Bereich erwärmt werden. Dadurch weisen die verschiedenen Bereiche unterschiedliche Temperaturen auf.

Für diese Maßnahmen vermittelt der aufgezeigte Stand der Technik dem Durchschnittsfachmann Anregungen, die den Widerruf des Streitpatents begründen.

Aus der DE 196 06 395 C1 ist ein Verfahren und eine Vorrichtung zum automatischen (Sp 3, Z 34) Applizieren einer Folie auf eine gekrümmte Oberfläche, zB auf eine lackierte Oberfläche eines Kraftfahrzeugs, bekannt (Sp 1, Z 3 bis 6, Sp 8, Z 9 bis 15). Diese Folie dient zum Schutz beim Transport der Kraftfahrzeuge zB zum Kraftfahrzeughandel. Zum Aufbringen der Schutzfolie wird der Folienzuschnitt mittels Folienhalter (Sp 8, Z 36) festgehalten und einseitig oder mittig auf die zu schützende Oberfläche aufgelegt und dann ausgehend von diesem Bereich aufgestrichen. Nach dem Auflegen kann der Folienzuschnitt aufgedrückt, aufgerollt, aufgebürstet, aufgeblasen oder aufgesaugt werden (Sp 2, Z 63 bis 68). Der Folienzuschnitt kann entweder durch Adhäsionskräfte auf den zu schützenden Oberflächen anhaften oder es kann eine einseitig klebende Folie verwendet werden (Sp 3, Z 20 bis 23). Dieser Druckschrift sind zwar keine Angaben über die verwendete Folie und über irgendwelche Temperaturen beim Aufbringen der Folie zu entnehmen, jedoch wird in der DE 42 28 282 A1 ein Verfahren zum Hinterspritzen von Formteilen beschrieben, bei dem Spritz- und Kaschierschritt in einem Arbeitsgang erfolgen und bei dem Bereiche der Folie selektiv erwärmt werden.

Beim Hinterspritzen zB von Folien treten Probleme dann auf, wenn kleine Radien, starke Umlenkungen oder Oberflächen mit starken Krümmungen in allen drei Raumrichtungen vorliegen. Die Probleme bestehen darin, dass es zu einer unerwünschten Faltenbildung oder anderen Zerstörungsmerkmalen, insbesonders zu einer Rissbildung im Folienmaterial, kommt (Sp 2, Z 8 bis 16). Damit man auch Formteile mit komplexen Geometrien herstellen kann, wird die in der Spritzgießform eingespannte Folie vor dem Hinterspritzen selektiv erwärmt (siehe zB Zusammenfassung der DE 42 28 282 A1) und zwar an den Stellen mit starker Raumkrümmung. Dies sind aber die Stellen, die einer starken Dehnung unterliegen (Sp 6, Z 61 bis 67), also kritische Stellen. Durch selektives Erwärmen können Falten und Rissbildung in der zu verformenden Folie ausgeschlossen werden. Da die Folie nur an den kritischen Stellen erwärmt wird, ist eine Erwärmung der Halterung nicht vorgesehen, und es entstehen Bereiche mit unterschiedlichen Temperaturen. Aus dieser Druckschrift erhält der Fachmann somit den Hinweis darauf, welche Schritte er einleiten muss, um bei Stellen mit starker Raumkrümmung eine Riss- und/oder eine Faltenbildung zu vermeiden. Dabei ist es unerheblich, dass beim Verfahren nach der DE 42 28 282 A1 die Folie durch eine plastifizierte Kunststoffmasse verformt und dadurch an die Forminnenfläche angedrückt wird und nicht durch das Andrücken zB mittels einer Bürste, denn das Wesentliche ist, dass in den Bereichen, in denen eine starke Raumkrümmung vorliegt, die Folie durch entsprechende Maßnahmen, die der DE 42 28 282 A1 zu entnehmen sind, in die Lage versetzt wird, sich so zu verformen, dass sie sich ohne weiteres an die zu schützende Oberfläche anlegen kann.

Die Werkstoffeigenschaften der beanspruchten Folie können dabei nicht das Wesentliche des Patentgegenstandes sein, denn gemäß Spalte 4, Zeilen 60 ff der Patentschrift kann die Folie in ihren Eigenschaften grundsätzlich in weiten Grenzen variieren. Es lag daher nahe, die von der Patentinhaberin beschriebenen Folien, die bereits beim Überziehen von Karosserien eingesetzt wurden ("autowrap-Folien" Typ 181 oder 410 (Spalte 5, Zeile 47, Spalte 11, Zeile 26)), im Umfang eines einfachen Versuches, der im Rahmen des handwerklichen Könnens des Durchschnittsfachmannes zu sehen ist, entsprechend der in der DE 42 28 282 A1 beschriebenen Vorgehensweise auf Karosserieteile anzubringen. Eine erfinderische Tätigkeit war hierfür nicht erforderlich.

Der erteilte Patentanspruch 1 hat daher, da sein Gegenstand nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht, keinen Bestand.

Die sich daran anschließenden erteilten Patentansprüche 2 bis 16 haben ebenfalls keinen Bestand, da sie bereits aufgrund der Antragsbindung mit dem Hauptanspruch fallen.

5. Die aufgrund ihrer Zweckbestimmung unstrittig gewerblich anwendbaren Verfahren zum faltenfreien oder weitestgehend faltenfreien Überziehen von regelmäßig oder unregelmäßig geformten bzw. gekrümmten Teilen von Karosserien oder Kunststoffstoßstangen mit einer Folie bzw. Transportfolie nach dem jeweiligen Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 bis 4 vom 09. Dezember 2004 haben gegenüber dem im Verfahren befindlichen druckschriftlichen Stand der Technik als neu zu gelten, denn nach keiner dieser Druckschriften wird eine Folie bzw. Transportfolie mit den in diesem Patentanspruch angegeben Eigenschaften beschrieben.

5.1 Das Verfahren nach dem Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 beruht jedoch nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Dieser Patentanspruch unterscheidet sich vom Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag dadurch, dass das automatisierte Verfahren auf das faltenfreie oder weitestgehend faltenfreie Überziehen von regelmäßig oder unregelmäßig geformten bzw. gekrümmten Teilen von Karosserien oder Kunststoffstoßstangen mit einer Folie angewendet werden soll.

Diese zulässige Einschränkung ändert nichts an der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit, denn auch bei der DE 196 06 395 C1 werden Karosserieteile, und damit sind auch Kunststoffstoßstangen erfasst, mit einer Folie überzogen. Es wird somit auf die Ausführungen gemäß Abschnitt 4 verwiesen.

Das Streitpatent kann daher auch mit dem Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1 keinen Bestand haben, da sein Gegenstand nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.

5.2 Das Verfahren nach dem Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 beruht ebenfalls nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Dieser Patentanspruch unterscheidet sich vom Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag dadurch, dass das erteilte Verfahren nunmehr auf das Überziehen von Teilen von Karosserien oder Kunststoffstoßstangen mit einer Transportschutzfolie beschränkt wird.

Diese zulässige Einschränkung ändert nichts an der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit, denn auch bei der DE 196 06 395 C1 werden Karosserieteile und damit sind auch Kunststoffstoßstangen erfasst, mit einer Transportschutzfolie (Spalte 1, Zeile 8, Zeilen 17 und 18) überzogen. Es wird somit auf die Ausführungen gemäß Abschnitt 4 verwiesen.

Das Streitpatent kann daher auch mit dem Anspruch 1 nach Hilfsantrag 2 keinen Bestand haben.

5.3 Das Verfahren nach dem Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3 beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Dieser Patentanspruch unterscheidet sich vom Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag dadurch, dass in mindestens einem Bereich, bei dem eine lineare Dehnung um mehr als 100 % genutzt wird, die selektive Erwärmung durchgeführt werden soll.

Beim Verfahren nach der DE 42 28 282 A1 (Patentanspruch 3) wird die Folie bis auf das Zweifache ihrer ursprünglichen Länge oder Breite verstreckt, also um 100 %.

Da der Verformungsgrad der Folie von der Temperatur abhängt und der Fachmann der DE 42 28 282 A1 entnehmen kann, dass eine Verstreckung bei den dort eingesetzten Temperaturen um 100 % ohne weiteres möglich ist, wird er im Rahmen eines einfachen Versuchs die Temperaturen in den zu verstreckenden Bereichen und die lineare Dehnung aufeinander abstimmen. Dieser Versuch liegt im Rahmen des handwerklichen Könnens des Durchschnittsfachmannes. Im übrigen wird auf die Ausführungen zu Abschnitt 4 hingewiesen.

Das Streitpatent kann damit auch mit dem Anspruch 1 nach Hilfsantrag 3 keinen Bestand haben.

5.4 Das Verfahren nach dem Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 4 beruht ebenfalls nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Dieser Patentanspruch unterscheidet sich vom Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag dadurch, dass die Transportschutzfolie in Längs- und Querrichtung eine Zugfestigkeit von nicht mehr als 15 % Unterschied aufweisen soll.

Hinsichtlich der Transportschutzfolie wird auf die Ausführungen zu Abschnitt 5.2 verwiesen.

Dem Fachmann ist allgemein bekannt, dass die Zugfestigkeit der Folien vom Verstreckungsgrad abhängt. Karosserieteile sind im allgemeinen in mehrere Richtungen verformt, so dass nicht von vornherein festgelegt werden kann, in welcher Richtung die größte Verstreckung der Folie zu erwarten ist. Daher ist die Zugfestigkeit - die als Werkstoffangabe dem Fachmann bekannt ist - über eine biaxiale Verstreckung so einzustellen, dass der Unterschied möglichst gering ist. Nur so ist zu erwarten, dass eine möglichst gleichmäßige Anlage an das zu schützende Teil in biaxialer Richtung erfolgt. Diesen Wert auf 15 % zu beschränken, liegt im Rahmen des handwerklichen Könnens des Durchschnittsfachmannes. Im Übrigen wird auf die Ausführungen zu Abschnitt 4 hingewiesen.

Das Streitpatent hat damit auch mit Anspruch 1 nach Hilfsantrag 4 keinen Bestand.

5.5 Die jeweils nebengeordneten Patentansprüche 2, 15 und 16, sowie die auf die Patentansprüche 1 und 2 rückbezogene Unteransprüche 3 bis 14, gemäß den Hilfsanträgen 1 bis 4 haben ebenfalls keinen Bestand, da sie bereits aufgrund der Antragsbindung mit dem jeweiligen Hauptanspruch fallen.

Das Patent war somit zu widerrufen.

Kowalski Dr. Albrecht Kuhn Hildebrandt Cl






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Beschluss v. 09.12.2004
Az: 8 W (pat) 318/02


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