Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern:
Urteil vom 2. September 2008
Aktenzeichen: 5 Sa 49/08

(LAG Mecklenburg-Vorpommern: Urteil v. 02.09.2008, Az.: 5 Sa 49/08)

1. Wenn eine Vereinssatzung die Regelung enthält, im Rechtsverkehr werde der Verein "durch seinen Vorsitzenden und dessen Stellvertreter vertreten" kann das im Einzelfall dennoch die Auslegung zulassen, dass der Verein entweder durch den Vorsitzenden oder seinen Stellvertreter im Rechtsverkehr vertreten wird. Dies kann selbst dann gelten, wenn im Vereinsregister eine gemeinschaftliche Vertretung des Vorsitzenden und seines Stellvertreters ausgewiesen ist, denn § 68 BGB schützt nur das Vertrauen auf eine tatsächlich nicht mehr vorhandene Vertretungsmacht und nicht das Vertrauen in eine falsch eingetragene Vertretungsmacht.

2. Das an den Rechtsanwalt gerichtete Verbot, widerstreitende Interessen zu vertreten (§ 43a Absatz 4 BRAO), verbietet es nicht in einem Fall der Veruntreuung erheblicher Geldbeträge durch einen Angestellten des Vereins, den Verein als Arbeitgeber der gekündigten Angestellten vor Gericht zu vertreten, obwohl der Anwalt auch das für die Finanzen zuständige Vorstandsmitglied des Vereins gegen den Verein vertritt, denn beide Mandanten verbindet im Rechtsstreit gegen die veruntreuende Angestellte das gemeinsame Interesse, den Schaden möglichst umfassend von dieser Angestellten ersetzt zu bekommen. Dies gilt in Hinblick auf die Rechtsprechung des BVerfG und des BGH jedenfalls dann, wenn beiden Mandanten die Vertretung bekannt ist , und sie diese billigen (BVerfG 03.07.2003 - 1 BvR 238/01 - BVerfG 108, 150 ; BGH 23.10.2003 - IX ZR 270/02 - NJW 2004, 1169).

3. Wird ein Mandatsverhältnis mit einem Rechtsanwalt unter Verstoß gegen das Verbot der Vertretung widerstreitender Interessen (§ 43a Absatz 4 BRAO) begründet und wird in diesem Rahmen der Rechtsanwalt beauftragt und bevollmächtigt, eine Kündigung gegenüber einer Arbeitnehmerin auszusprechen, bleibt die Wirksamkeit der Vollmachtserteilung und damit die rechtsgeschäftliche Wirksamkeit der durch den Rechtsanwalt erklärten Kündigung von dem Verstoß gegen § 43a Absatz 4 BRAO unberührt. Dies folgt aus einer Gesamtanalogie zu §§ 114a Absatz 2, 155 Absatz 5 BRAO (wie BGH 19.03.1993 - V ZR 36/92 - NJW 1993, 1926).

Tenor

1. Die klägerische Berufung hinsichtlich der vom Arbeitsgericht abgewiesenen Klage wird zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten im Rahmen des im Berufungsrechtszug anhängigen arbeitsgerichtlichen Teil-Urteils um die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung und - im Wege der Widerklage - über Schadensersatzansprüche wegen Veruntreuung von Vereinsgeldern.

Die 1965 geborene Klägerin (verheiratet, 2 Kinder) war von 1984 bis 1991 zunächst als Krippenerzieherin und später als Leiterin in der staatlich geführten Krippe M. tätig. Nach der Zusammenlegung von Krippe und Kindergarten im Jahr 1991 arbeitete sie dort als Erzieherin und stellvertretende Leiterin weiter. Der 1992 gegründete beklagte eingetragene Verein hat die Klägerin nach der Übernahme der Kindereinrichtung als Erzieherin weiter beschäftigt und übertrug ihr später die Leitung der Kindereinrichtung.

Nach der Satzung des Beklagten (Anlage K 2 zum Klägerschriftsatz vom 15.03.2007, Blatt 94 ff. d. A.) besteht der Vorstand aus dem Vorsitzenden, dem Stellvertreter des Vorsitzenden, zwei Kassierern und einem weiteren Vorstandsmitglied (§ 5 der Satzung). Des Weiteren bestimmt die Satzung:

"§ 6 - Rechte und Pflichten des Vorstands

Dem Vorstand obliegt die Geschäftsleitung, die Ausführung der Vereinsbeschlüsse und die Verwaltung des Vereinsvermögens.

Im Rechtsverkehr wird er durch seinen Vorsitzenden und dessen Stellvertreter vertreten. Der Vorstand beruft und leitet die Verhandlungen der Mitgliederversammlung.

Ein Vorstandsmitglied allein kann den Verein bis zu einem Betrag in Höhe von 300,00 DM verpflichten. Darüber hinausgehende Verpflichtungsgeschäfte bedürfen der Zustimmung des gesamten Vorstandes.

Der Vorstand ist berechtigt, ein Vereinsmitglied zur Vornahme von Rechtsgeschäften und Rechtshandlungen für den Verein zu ermächtigen.

Der Beklagte ist im Vereinsregister des Amtsgerichts Rostock unter Nr. 763 eingetragen. Dort heißt es u. a.

Der Verein wird gerichtlich und außergerichtlich vertreten durch den Vorsitzenden und dessen Steilvertreter stets gemeinsam.

Als Vorstand im Sinne des § 26 BGB waren seinerzeit Herr T. als Vorsitzender und Frau M. als Stellvertreterin im Vereinsregister eingetragen.

Die Parteien regelten ihr Arbeitsverhältnis neu mit Änderungsvertrag vom 26.09.2000 (Anlage B 5 zum Beklagtenschriftsatz vom 21.03.2007, Blatt 136 ff. d. A.), den auf Seiten des Vereins lediglich der Vorstandsvorsitzende T. unterschrieben hat. Die Klägerin erhielt zuletzt eine monatliche Bruttovergütung von 2.200,00 EUR.

Die Klägerin war aufgrund ihrer Leitungsfunktion auch in die Abwicklung des Zahlungsverkehrs des beklagten Vereins eingebunden. Sie hatte zumindest in den Jahren 2005 und 2006 berechtigt Zugriff auf die beiden Girokonten des beklagten Vereins bei der Ostseesparkasse Rostock. Überweisungen werden beim beklagten Verein bereits seit Jahren im Wege des Online-Bankings mit der Software "Starmoney" durchgeführt. Neben der Klägerin hatte auch die bei dem Beklagten geringfügig beschäftigte Mitarbeiterin Frau P., die zugleich Mitglied des Vorstands als Kassiererin/Kassenwart ist, Zugriff auf die Konten. Im normalen Geschäftsablauf wurden die unbaren Zahlungen des beklagten Vereins durch die Klägerin vorgenommen. Bei Abwesenheit der Klägerin, nahm Frau P. Buchungen und Überweisungen vor.

Die Klägerin hat im Rahmen dieser Einbindung in den Zahlungsverkehr sehr häufig und sehr viel Geld auf eines ihrer Privatkonten oder auf Konten ihres Ehemannes oder auf Konten eines ihrer Kinder überwiesen; insgesamt geht es um Zahlungen allein für die Jahre 2005 und 2006 in Höhe von fast 200.000,00 EUR. Hinsichtlich eines Teils dieser Zahlungen ist zwischen den Parteien streitig, ob es für diese Überweisungen einen rechtlich erheblichen Anlass gab; für die übrigen Zahlungen liegen bisher keine Anhaltspunkte für einen zahlungsbegründenden Anlass vor.

Unstreitig und ohne Anlass hat die Klägerin zum Beispiel am 05.07.2005 einen Betrag von 1.671,65 EUR auf das Konto ihres Ehemannes bei der Ostseesparkasse mit der Nr. 1... unter Angabe des Verwendungszwecks "Gehalt" überwiesen sowie am 13.07.2005 nochmals den gleichen Betrag auf ihr Konto bei der Citibank, ebenfalls mit dem Verwendungszweck "Gehalt". Am 11.01.2006 überwies die Klägerin sogar dreimal einen Betrag in Höhe von 1.671,65 EUR, einmal auf ihr Konto bei der Commerzbank mit dem Verwendungszweck "Gehalt Januar", ein weiteres Mal auf ihr Konto bei der Citibank, ebenfalls mit dem Verwendungszweck "Gehalt Januar" und ein drittes Mal auf das Konto ihrer Tochter M. ohne Angabe eines Verwendungszwecks. Am 10.04.2006 überwies sie einen Betrag von 1.671,65 EUR mit dem Verwendungszweck "Gehalt" auf das Konto ihres Ehemannes bei der Ostseesparkasse Nr. 1.... Am 17.04.2006 überwies sie 1.643,52 EUR auf ihr Konto bei der Citibank, ebenfalls mit dem Verwendungszweck "Gehalt".

Das Zahlungsgebahren der Klägerin war längere Zeit nicht aufgefallen, da man - auf Empfehlung der Bank - Überweisungen im Regelfall per Sammler bei der Bank eingereicht hatte und daher die banküblichen Kontoauszüge nahezu keine Rückschlüsse mehr auf die tatsächlich bedienten Zahlungsempfänger und die ihnen überwiesenen Beträge zuließen. Als der Beklagte Ende 2006 Verdacht geschöpft hatte, hatte er sich von der Bank die aufgeschlüsselten Kontoauszüge mit den Details zu den Sammelüberweisungen für die Monate Januar bis November 2006 übermitteln lassen. Dieser erweiterte Kontoauszug ist dem Beklagten am 29.12.2006 zugegangen. Der Vorsitzende des Beklagten hat sich mit dem Zahlenwerk ab dem 1. Januar 2007 befasst. Er hat sodann die Klägerin zu einer Anhörung durch den gesamten Vorstand gebeten, die dann auch am 3. Januar 2007 morgens um 07.00 Uhr in Anwesenheit aller fünf Vorstandsmitglieder durchgeführt wurde. Da die Klägerin zu den Verdachtsmomenten aus der Sicht des Beklagten keine vernünftigen Erklärungen abgeben konnte, wurde ihr in Anwesenheit des gesamten Vorstandes angekündigt, dass ihr nunmehr gekündigt werde.

Mit Anwaltsschreiben vom 3. Januar 2007 (Anlage K 1 zur Klageschrift vom 22. Januar 2007, Blatt 4 der Akte), der Klägerin zugegangen am 4. Januar 2007, kündigten sodann die Rechtsanwälte W. & Ts. im Namen des Beklagten das Arbeitsverhältnis außerordentlich und hilfsweise ordentlich. Beigefügt war dem Schreiben eine Originalvollmacht (Kopie als Anlage K 3 zum Klägerschriftsatz vom 19.03.2007, Blatt 98 d. A., es wird Bezug genommen) des Beklagten, unterschrieben von dem Vorstandsvorsitzenden, Herrn T., und den Vorstandsmitgliedern F. und P., den beiden Kassierern/Kassenwarten.

Mit Schriftsatz vom 21. März 2007 (Blatt 134 d. A.) kündigte der Prozessbevollmächtigte des Beklagten das Arbeitsverhältnis der Klägerin erneut außerordentlich. Die Klägerin wies die Kündigung unter dem 12.04.2007 (Anlage K 6 zum Klägerschriftsatz vom 12.04.2007, Blatt 157 d. A.) wegen Nichtvorlage einer Vollmachtsurkunde zurück.

Die Kündigungsschutzklage der Klägerin ist am 23. Januar 2007 beim Arbeitsgericht eingegangen. Die Klägerin hat erstinstanzlich die Klage um Kündigungsschutz gegen die weitere Kündigung vom 21.03.2007 erweitert und sie verlangt Weiterbeschäftigung. Der Beklagte hat - in zwei Schritten - Widerklage wegen von der Klägerin veruntreuter Gelder erhoben und zwar zunächst in Höhe von rund 200.000,00 EUR betreffend die Jahre 2005 und 2006 und später nochmals in ähnlicher Höhe betreffend die weiter zurückliegenden Jahre bis Ende 2004. Das Arbeitsgericht hat mit Teil-Urteil vom 18. Dezember 2007 die Klage abgewiesen und der Widerklage betreffend die Jahre 2005 und 2006 in vollem Umfange entsprochen. Der weitere Teil der Widerklage, die davor liegenden Jahre betreffend, ist noch beim Arbeitsgericht anhängig. Auf das Teil-Urteil vom 18. Dezember 2007 wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes vor dem Arbeitsgericht Bezug genommen.

Aufgrund einer Strafanzeige des Beklagten gibt es ein Ermittlungsverfahren gegen die Klägerin, das bei der Staatsanwaltschaft Rostock unter dem Aktenzeichen 416 Js 1511/07 geführt wird. Das Landesarbeitsgericht hat die Akte auf Wunsch des Beklagten beigezogen. In diesem Rahmen hatten beide Parteien Gelegenheit erhalten, in die Akte Einsicht zu nehmen. Die Akte ist nach der mündlichen Verhandlung, aufgrund derer das vorliegende Teil-Urteil ergangen ist, wieder an die Staatsanwaltschaft zum Zwecke des Abschlusses der Ermittlungen zurückgegeben worden.

Das arbeitsgerichtliche Teil-Urteil ist der Klägerin am 10. Januar 2008 zugestellt worden. Die hiergegen gerichtete Berufung vom 11. Februar 2008 ist beim Landesarbeitsgericht noch am selben Tag - einem Montag - per Fax eingegangen. Aufgrund eines Antrages, der hier am 10. März 2008 eingegangen war, ist die Frist zur Begründung der Berufung bis zum 10. April 2008 verlängert worden. Die Berufungsbegründung ist sodann am letzten Tag der Frist beim Landesarbeitsgericht eingegangen.

Die Klägerin verfolgt im Berufungsrechtszug ihr Begehren hinsichtlich Klage und Widerklage in vollem Umfang weiter.

Die Klägerin hält die Kündigung von 3. Januar 2007 für unwirksam, da der spätere Prozessbevollmächtigte zum Ausspruch der Kündigung nicht wirksam bevollmächtigt gewesen sei.

Der beklagte Verein werde nach der Satzung im Rechtsverkehr von dem Vorsitzenden und dessen Stellvertreter gemeinsam vertreten. Die stellvertretende Vorstandsvorsitzende M. habe die Vollmacht aber nicht mit unterzeichnet.

Außerdem sei es den Anwälten wegen ihrer Vorbefassung mit einer Rechtsangelegenheit der Frau P. wegen ihrer Vorstandstätigkeit beim Beklagten nach § 43a Absatz 4 BRAO verboten gewesen, anwaltlich für den beklagten Verein tätig zu werden. Die Bedeutung dieses Verbotes erfordere es, auch die zur Erledigung der Geschäfte erteilte Vollmacht als nichtig im Sinne von § 134 BGB anzusehen, weshalb die Kündigung ohne Vollmacht ausgesprochen worden sei.

Die Klägerin beantragt unter Abänderung des arbeitsgerichtlichen Teilurteils

1. festzustellen, dass das zwischen den Parteien begründete Anstellungsverhältnis nicht durch die Kündigung mit Schreiben vom 03.01.2007 aufgelöst worden ist, sondern über den 03.01.2007 hinaus zu unveränderten Bedingungen fortbesteht,

2. festzustellen, dass das zwischen den Parteien begründete Anstellungsverhältnis nicht durch die Kündigung mit Schriftsatz vom 21.03.2007 aufgelöst worden ist, sondern über den 11.04.2007 hinaus zu unveränderten Bedingungen fortbesteht,

3. soweit die Klägerin mit ihren vorgenannten Anträgen obsiegt, den Beklagten zu verpflichten, sie zu unveränderten Bedingungen als Leiterin des Kindergartens bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits fortzubeschäftigen,

4. die Widerklage abzuweisen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Kündigung vom 3. Januar 2007 sei wirksam. Die Bevollmächtigung der Rechtsanwälte W. & Ts. sei nicht zu beanstanden. Sowohl der Vorstandsvorsitzende als auch seine Stellvertreterin seien jeweils unabhängig voneinander berechtigt, für den Verein zu handeln. So sei es - was als Umstand nicht in Streit steht - auch stets gehandhabt worden, wie sich schon aus dem Arbeitsvertrag der Klägerin ergebe. Eine gemeinsame Vertretungsmacht des Vorsitzenden und der Stellvertreterin wäre unsinnig, da der Verein bei Verhinderung einer der beiden Personen durch Urlaub, Krankheit etc. nicht mehr handlungsfähig wäre.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen.

Gründe

Das Landesarbeitsgericht hat nochmals von der Möglichkeit eines Teil-Urteils Gebrauch gemacht, da es hinsichtlich der Verurteilung der Klägerin im Rahmen der Widerklage noch weiteren Aufklärungsbedarf sieht. Das vorliegende Berufungsurteil betrifft daher nur die klägerischen Anträge aus der Klage und nicht die Anträge des Beklagten aus der Widerklage.

Die Berufung der Klägerin gegen die Abweisung ihrer Anträge aus der Klage ist nicht begründet. Bereits die außerordentliche Kündigung des Beklagten vom 3. Januar 2007 hat das Arbeitsverhältnis der Parteien beendet, weshalb auch der weitere Kündigungsschutzantrag und der Weiterbeschäftigungsantrag zurückzuweisen sind. Dies hat das Arbeitsgericht zutreffend festgestellt.

I.

Die außerordentliche Kündigung des Beklagten vom 03.01.2007 hat das Arbeitsverhältnis der Parteien beendet, da sie wirksam ist. Die durch Rechtsanwalt W. abgegebene schriftliche Erklärung ist wirksam im Namen des Beklagten erklärt worden und für die Erklärung liegen auch die Voraussetzungen von § 626 BGB vor. Weitere Voraussetzungen einer wirksamen Kündigung sind nicht in Streit.

1. Die Rüge der Klägerin, Rechtsanwalt W. sei zum Ausspruch der Kündigung nicht bevollmächtigt gewesen, greift nicht durch.

Nach § 180 BGB ist bei einseitigen Rechtsgeschäften - hier in Form der Kündigung gegeben - eine Vertretung ohne Vertretungsmacht nicht möglich. Auf diese Norm kann die Klägerin ihre Rüge nicht stützen, da Rechtsanwalt W. zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung eine Vollmacht des Beklagten hatte, die Kündigung auszusprechen. Die am 2. Januar 2007 erteilte schriftliche Vollmacht (Originalurkunde Blatt 64 der Akte) ist weder wegen eines Mangels der Vertretungsmacht der Personen unwirksam, die auf Seiten des Beklagten die Vollmacht erteilt haben, noch ist sie wegen des behaupteten Verstoßes des Anwaltsvertrages zwischen dem Beklagten und der Anwaltssozietät W. und Ts. gegen § 43a Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) im Rechtsverkehr ohne Wirkung.

a) Die Vollmachtsurkunde ist unter anderem von dem damaligen Vorsitzenden des Vereins, Herrn Heiko T., mit unterzeichnet. Als Vorsitzender des beklagten eingetragenen Vereins ist er nach dessen Satzung berechtigt, diesen im Rechtsverkehr zu vertreten. Die Vollmacht ist daher rechtsgeschäftlich wirksam erteilt worden.

Nach § 6 Satz 2 der Satzung wird der Verein im Rechtsverkehr "durch seinen Vorsitzenden und dessen Stellvertreter" vertreten. Das Bindewort "und" ist in diesem Zusammenhang als "oder" zu verstehen, so dass der Verein entweder durch den Vorsitzenden oder durch dessen Stellvertreter im Rechtsverkehr vertreten wird. Dies ergibt sich durch Auslegung der Satzung.

Im deutschen Sprachgebrauch wird das Bindewort "und" nicht eindeutig verwendet. Auch wenn es im Regelfall wie ein logisches UND verwendet wird und dann zum Ausdruck bringt, dass eine Aussage nur wahr ist, wenn beide durch das Wort und verbundenen Satzglieder zutreffen, gibt es auch andere Verwendungen des Bindewortes. Wenn es etwa im Preisaushang im Kino heißt, ermäßigten Eintritt bekämen Rentner und Schüler, so wird damit trotz der korrekten Verwendung des Wortes "und" zum Ausdruck gebracht, dass nur eine der Bedingungen Rentner oder Schüler gegeben sein muss, um in den Genuss des ermäßigten Preises zu gelangen. In welchem konkreten Sinne das Bindewort "und" gemeint ist, ergibt sich aus dem jeweiligen Zusammenhang.

Die gesamte Satzung enthält keinen Paragrafen, der sich ausdrücklich mit den Rechten und Pflichten des Vorsitzenden und dessen Stellvertreter auseinandersetzt. Vielmehr werden diese beiden Ämter nur in § 6, der sich mit den Rechten und Pflichten des gesamten fünfköpfigen Vorstandes befasst, erwähnt. Der Stellvertreter des Vorsitzenden wird nur in dem hier streitigen Satz erwähnt, der Vorsitzende auch nur ein weiteres Mal, nämlich bei der weiteren Pflicht, das Protokoll der Sitzungen mit zu unterzeichnen. Aus dieser eher beiläufigen und unvollständigen Regelung der Stellung des Vorsitzenden und seines Stellvertreters innerhalb des Vorstandes folgert das Gericht, dass die Fragen der internen Rechtsbeziehungen innerhalb des Vorstandes bei der Beschlussfassung über die Satzung des Vereins keine Rolle spielten.

Aus diesem Befund folgt, dass die Satzung dahin zu lesen ist, dass der Verein im Rechtsverkehr entweder durch den Vorsitzenden oder durch dessen Stellvertreter vertreten wird. Denn die zwingende gemeinschaftliche Vertretung im Rechtsverkehr ist immer Ausdruck eines Interessengegensatzes innerhalb der juristischen Person oder gar Ausdruck eines Misstrauens oder eines erhöhten Kontroll- und Sicherheitsbedürfnisses der Mitgliedschaft oder eines Teils der Mitgliedschaft. Solche einschränkenden Regelungen trifft man daher typischerweise dort, wo in einer juristischen Person gemeinsame Interessen von Personen gebündelt werden, die aber auch viele gegenläufige Eigeninteressen haben, oder wo der Vorstand viel mit Geld zu tun hat und daher eine strengere Bindung des Vorsitzenden als Vorsorge gegen die Versuchungen des Geldes angezeigt erscheint.

Dass die Vereinsmitglieder bei Verabschiedung der Satzung von einer solchen Situation ausgegangen sind, kann mit Fug ausgeschlossen werden. Wenn aber die streitige Regelung zur Vertretung im Rechtsverkehr nicht auf einem als gegeben erachteten Interessengegensatz innerhalb des Vereins oder auf einem erhöhten Kontrollbedürfnis durch die Vereinsmitglieder beruht, kann die Bestimmung nur den Sinn gehabt haben, den Vorsitzenden von der alleinigen Verantwortung für die Vertretung im Rechtsverkehr zu entlasten und den Verein für den Fall der Verhinderung des Vorsitzenden handlungsfähig zu erhalten. Diese Zweckrichtung wird auch noch durch den Umstand unterstrichen, dass der gesamte Vorstand des Vereins sein Amt ehrenamtlich ausübt. Denn gerade wenn der Vorsitzende sein Amt ehrenamtlich ausübt, liegt die Möglichkeit seiner zeitweiligen Verhinderung besonders nahe. Wenn man aber durch die streitige Satzungsbestimmung nur die Anzahl der Personen, die den Verein im Rechtsverkehr vertreten können, verdoppeln wollte, zwingt das zu der hier getroffene Feststellung, dass das Bindewort "und" im hiesigen Zusammenhang im Sinne eines "oder" verwendet wurde.

Allein diese Auslegung steht auch im Einklang mit der Regelung in § 6 Absatz 3 der Satzung, nach der "ein Vorstandmitglied" Verpflichtungsgeschäfte bis zu einem dort genannten Höchstbetrag eingehen darf.

Allein diese Auslegung der Satzung stimmt im Übrigen mit der gelebten Vereinspraxis überein, nach der der Verein im Regelfall - vergleiche nur den letzten Arbeitsvertrag der Parteien - immer nur durch eine Person vertreten wurde. Da die Regelung der Vertretungsmacht unter die Satzungsautonomie des Vereins fällt, lässt sich aus der langjährigen Praxis ein Rückschluss auf den Willen bei Erlass der Satzung ziehen. Dass der Verein die anderslautende Eintragung im Vereinsregister nicht beanstandet hat, ist demgegenüber ohne Aussagekraft, da die Falscheintragung allenfalls einem Berufsjuristen bei aufmerksamem Studium der Eintragung auffallen wird.

Diese Feststellung wird durch die Eintragung im Vereinsregister nicht in Frage gestellt. Das Vereinsregister besitzt nur eine sogenannten negative Publizität. Geschützt ist nach § 68 BGB nur das berechtigte Vertrauen auf eine tatsächlich nicht mehr vorhandene Vertretungsmacht. Danach kann die Änderung des Vorstands Dritten nur entgegengesetzt werden, wenn sie zur Zeit der Vornahme des Rechtsgeschäfts im Vereinsregister eingetragen oder dem Dritten bekannt war. Wird also im Vereinsregister eine rechtsgeschäftliche Beschränkung der Vertretungsmacht des Vorsitzenden eingetragen, die nach der Vereinssatzung gar nicht vorhanden ist, bleibt einzig die Vereinssatzung entscheidend. Von Anfang an unrichtige Eintragungen fallen nicht unter den Vertrauensschutz (Palandt/Heinrichs, BGB, 67. Auflage 2008, § 68, Rn. 1). Der Rechtsverkehr und damit die Klägerin kann sich nicht auf die falsch eingetragene Beschränkung in der Vertretung berufen.

Daher kann offen bleiben, ob den Ausführungen des Arbeitsgerichts zur Wirksamkeit der Vollmachtserteilung gefolgt werden kann. Da das Arbeitsgericht teilweise auch auf die vereinsinterne Willensbildung durch Beschlüsse abgehoben hat, soll nur ergänzend festgehalten werden, dass Mängel in der vereinsinternen Willensbildung vor Erteilung der Vollmacht nicht erkennbar sind. Dafür ist insbesondere hervorzuheben, dass bei der Anhörung der Klägerin am 3. Januar 2007 morgens zu den im Raum stehenden Vorwürfen alle fünf zur Entscheidung berufenen Mitglieder des Vorstandes zugegen waren und das Gespräch mit der Feststellung des Vorsitzenden endete, die Klägerin müsse mit einer Kündigung rechnen. Da dies ohne Protest aus den Reihen des Vorstandes erklärt wurde, muss man davon ausgehen, dass der Vorstand jedenfalls mehrheitlich diesen Schritt gebilligt hat. Es besteht daher kein Anlass der Frage weiter nachzugehen, ob und gegebenenfalls wann Mängel in der internen Willensbildung eines Vereins im Außenverhältnis Wirkungen zeitigen können.

b) Entgegen der Auffassung der Klägerin ist die den Rechtsanwälten wirksam erteilte Vollmacht auch nicht nach § 134 BGB wegen Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot nichtig.

Die Klägerin und ihr Prozessbevollmächtigter vertreten die Auffassung, der Anwaltsvertrag zwischen dem Beklagten und der Anwaltssozietät sei wegen Verstoß gegen § 43a Absatz 4 BRAO nichtig, da die Anwaltssozietät zuvor ein Mitglied des Vorstandes des Beklagten, die eine der beiden Kassenverantwortlichen Frau P., in einer Angelegenheit ihre Vorstandstätigkeit betreffend außergerichtlich beraten hatte. Diese Nichtigkeit umfasse auch die die im Rahmen dieses Anwaltsvertrages erteilte Vollmacht zur Kündigung der Klägerin. Diese Auffassung wird vom Berufungsgericht nicht geteilt.

Es kann weder ein Verstoß gegen das Verbot, widerstreitende Interessen zu vertreten, festgestellt werden, noch ergibt sich - im Falle eines unterstellten Verstoßes gegen § 43a Absatz 4 BRAO - die Rechtsfolge der Unwirksamkeit der erteilten Vollmacht.

aa) Nach § 43a Absatz 4 BRAO darf der Rechtsanwalt keine widerstreitenden Interessen vertreten, er darf also nicht gleichzeitig die Partei und ihren gerichtlichen oder außergerichtlichen Gegner vertreten. Der Abschluss des Anwaltsvertrages mit dem beklagten Verein ist für die Anwälte der Sozietät kein Verstoß gegen § 43a Absatz 4 BRAO, da zwischen der Frau P., die ebenfalls von den Anwälten vertreten wird oder wurde, und dem beklagten Verein in Bezug auf den vorliegenden Kündigungsrechtsstreit der Klägerin keine widerstreitenden Interessen festgestellt werden können.

Der Interessengegensatz kann nicht aus dem Umstand abgeleitet werden, dass der frühere Vorsitzende des Vereins, Herr T., im Herbst 2006 Frau P. angehalten hatte, ihre Vorstandstätigkeit ruhen zu lassen. Denn dieser Konflikt ist durch die Wiedereinsetzung der Frau P. in ihr Vorstandsamt beendet gewesen. Insoweit bestanden zwischen Frau P. und dem beklagten Verein Anfang Januar 2007 keine Streitigkeiten mehr, weshalb auch keine Interessengegensätze mehr bestanden haben können.

Ein Interessengegensatz zwischen Frau P. und dem beklagten Verein ergibt sich derzeit auch nicht aus einem möglicherweise drohenden Regress des Vereins gegen Frau P., sofern es nicht gelingen sollte, im Rahmen der hier streitigen Widerklage den gesamten dem Verein entstandenen Schaden von der Klägerin ersetzt zu bekommen. Denn soweit es um die Durchsetzung der Widerklage gegen die Klägerin geht, sind die Interessen des beklagten Vereins und von Frau P. gleichgerichtet. Denn wenn es Frau P. und dem Verein gelingt, den gesamten Schaden auf die Klägerin abzuwälzen, braucht die Frage, ob Frau P. ihr Amt immer mit der gebotenen Sorgfalt ausgeübt hat, nicht weiter vertieft zu werden. Gerade die drohende spätere Auseinandersetzung zwischen dem Verein und Frau P. um ihre Mitverantwortung für das Ausmaß des entstandenen Schadens und damit die spätere Gegnerschaft dieser Personen, schweißt sie derzeit mit gleichgerichteten Interessen zusammen.

Letztlich ist zu berücksichtigen, dass die Vertretung von Frau P. und die Vertretung des Vereins durch dieselben Rechtsanwälte beiden betroffenen Mandanten bekannt ist. Da keine der Parteien daraus Konsequenzen gezogen hat, muss man sogar davon ausgehen, dass beide Mandanten diese Vertretungsregelung billigen. Damit liegt nicht einmal subjektiv nach dem Empfinden der betroffenen Mandanten ein Fall der Vertretung widerstreitender Interessen vor. Dass dieser Umstand bei der Bewertung, ob ein Fall der Vertretung widerstreitender Interessen gegeben ist, eine Rolle spielen muss, hat zunächst das Bundesverfassungsgericht für eine etwas andere Fallgestaltung entschieden, nämlich für den Fall, dass der Tatbestand des Vertretungsverbots erst durch den Wechsel eines Anwalts von einer Sozietät in eine andere erfüllt worden ist (BVerfG 3. Juli 2003 - 1 BvR 238/01 - BVerfGE 108, 150 = NJW 2003, 2520). Dieser Gedanke ist jedoch zutreffend vom BGH nachfolgend verallgemeinert worden und auch auf andere Fälle des Verbots der Vertretung widerstreitender Interessen übertragen worden. Dies hat der BGH für einen Fall entschieden, in dem Grundstückskäufer und Grundstücksverkäufer ihre bei Abschluss des Kaufvertrages mitbefassten Anwälte gemeinsam beauftragten, durch weitere Verhandlungen mit Grundpfandgläubigern Hindernisse für die Durchführung des Geschäfts zu überwinden (BGH 23. Oktober 2003 - IX ZR 270/02 - NJW2004, 1169). Dieser Rechtsgedanke gilt auch im vorliegenden Fall. Wenn sowohl Frau P. als auch der beklagte Verein die Vertretung durch dieselben Rechtsanwälte billigen, ist dies ein Indiz für das Fehlen widerstreitender Interessen, das den durch die objektive Analyse der beteiligten Interessen gewonnenen Befund bestätigt und abrundet.

bb) Aber selbst dann, wenn man sich hilfsweise auf den klägerischen Standpunkt stellt und annimmt, die Anwälte der Sozietät hätten durch den Abschluss des Anwaltsvertrages mit dem beklagten Verein gegen § 43a Absatz 4 BRAO verstoßen, führt das zu keinem anderen Ergebnis. Denn es ist bis heute nicht geklärt, welche Rechtsfolgen sich aus dem Verstoß gegen das Verbot, widerstreitende Interessen zu vertreten, ergeben. Es spricht zwar viel dafür, dass dann der Anwaltsvertrag wegen Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot nach § 134 BGB nichtig wäre. Aber selbst diese Frage hat der BGH (a. a. O.) offen gelassen. Einigkeit besteht jedoch darin, dass die Rechtshandlungen, die der Anwalt in Erfüllung des nichtigen Anwaltsvertrages vornimmt, wirksam bleiben. Dies wird aus einer Gesamtanalogie zu den §§ 114a Absatz 2, 155 Absatz 5 BRAO hergeleitet (BGH 19. März 1993 - V ZR 36/92 - NJW1993, 1926). Denn wenn § 114a Absatz 2 BRAO für den Fall eines ehrengerichtlich verhängten Vertretungsverbots und § 155 Absatz 5 BRAO für den Fall des anwaltlichen Berufsverbots ausdrücklich gesetzlich bestimmen, dass die Rechtshandlungen des Anwalts trotz des Verbots wirksam bleiben, kann im Falle des Verstoßes gegen § 43a Absatz 4 BRAO nichts anderes gelten.

Die von der Klägerin herangezogenen Entscheidungen des BGH stehen dem nicht entgegen, da sie einen völlig anderen Sachverhalt betreffen. In seinem Urteil vom 11. Oktober 2001 (III ZR 182/00 - NJW2002, 66) hat der BGH erkannt, dass ein Verstoß gegen § 1 Rechtsberatungsgesetz - inzwischen außer Kraft getreten -, also gegen das Verbot der beruflichen rechtsberatenden Tätigkeit durch Personen, die nicht der Anwaltschaft angehören, nicht nur zur Nichtigkeit des Geschäftsbesorgungsvertrages führt, sondern auch zur Nichtigkeit einer in diesem Rahmen dem Berater gegenüber erteilten Vollmacht (bestätigt durch BGH 16. September 2003 - XI ZR 74/02 - BGHRRBerG Art 1 § 1 Geschäftsbesorgungsvertrag 2). In beiden Entscheidungen leitet der BGH die weitreichende Erstreckung der Nichtigkeitsfolgen bis hin zur Vollmacht aus dem Schutzzweck von § 1 Rechtsberatungsgesetz ab. Der Schutzzweck von § 1 Rechtsberatungsgesetz lässt sich aber nicht mit dem Schutzzweck von § 43a Absatz 4 BRAO gleichstellen. Denn das inzwischen außer Kraft getretene Rechtsberatungsgesetz wollte umfassend die Wahrnehmung rechtsberatender Tätigkeit der Anwaltschaft vorbehalten. Das kann nur wirksam geschehen, wenn man auch die unter Verstoß gegen diese Regelung eingegangenen Geschäfte der Nichtigkeitsfolge unterwirft. Wendet sich jedoch ein Bürger in einer Rechtsangelegenheit an einen Rechtsanwalt, so muss er darauf vertrauen dürfen, dass die vom Anwalt vorgenommenen Rechtshandlungen wirksam sind. Daher können und dürfen die Nichtigkeitsfolgen im Falle eines Verstoßes eines Rechtsanwalts gegen seine anwaltlichen Berufspflichten nicht so weitgehend sein wie bei einer Person, die nicht der Anwaltschaft angehörend Geschäfte auf dem Gebiet der Anwälte machen will.

Daher wäre die vom beklagten Verein erteilte Vollmacht zum Ausspruch der streitigen Kündigung auch dann wirksam erteilt, wenn der zu Grunde liegende Anwaltsvertrag wegen Verstoßes gegen § 43a Absatz 4 BRAO nach § 134 BGB nichtig sein sollte.

2. Die streitgegenständliche Kündigung ist auch begründet. Es liegt ein wichtiger Grund zur Kündigung im Sinne von § 626 Absatz 1 BGB vor. Insoweit kann den zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts nichts hinzugefügt werden.

Nach § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses selbst bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann.

Der gegen den Arbeitnehmer gerichtete dringende Verdacht eines Eigentums- oder Vermögensdelikts zum Nachteil des Arbeitgebers ist an sich geeignet, eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen (BAG, Urteil vom 27. März 2003 - 2 AZR 51/02 - NJW 2003, 3436). Als erschwerend ist zu werten, wenn die Straftat mit der vertraglich geschuldeten Tätigkeit des Arbeitnehmers zusammenhängt, der Arbeitnehmer also eine sich aus dem Arbeitsvertrag ergebende Obhutspflicht verletzt und das Delikt innerhalb seines konkreten Aufgabenbereiches bei Gelegenheit der Arbeitsleistung verübt (BAG, Urteil vom 12. August 1999 - 2 AZR 923/98 - BAGE 92, 184; Urteil vom 17. Mai 1984 - 2 AZR 3/83 - AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlungen Nr. 14).

Es besteht der dringende Verdacht, dass die Klägerin Gelder des Beklagten veruntreut hat. Schon die dreimalige Überweisung des Gehaltes in Höhe 1.671,65 EUR am 11.01.2006 genügt zur Begründung eines solchen Verdachts. Die Klägerin konnte in der Anhörung durch den Beklagten am 3. Januar 2007 keine nachvollziehbare Erklärung für diese Überweisungen geben. Eine irrtümliche Zahlung ist auszuschließen, da die Klägerin verschiedene Empfängerkonten gewählt hat, unter anderem ein Konto ihrer Tochter. Auch gegenüber dem Gericht hat die Klägerin keine Anhaltspunkte vorgetragen, die den Vorwurf der Veruntreuung entkräften könnten.

Die nach § 626 Absatz 1 BGB gebotene Abwägung der beteiligten Interessen kann hier nicht zu Gunsten der Klägerin ausfallen. Die Klägerin hat in gröblichster Weise das ihr von den Eltern, seien sie einfache Vereinsmitglieder oder Mitglieder des Vereinsvorstandes, arglos entgegengebrachte Vertrauen missbraucht, um sich selbst auf Kosten des Vereins zu bereichern. Die zweifellos gegebene soziale Schutzbedürftigkeit der Klägerin kann unter diesen Umständen des Einzelfalles nicht dazu führen, dass die Beklagte die Kündigung unterlassen muss. Ebenso kommt eine Weiterbeschäftigung als einfache Erzieherin nicht in Betracht, da eine Basis für eine wie auch immer geartete Zusammenarbeit der Parteien aufgrund der Intensität und Häufigkeit des schädigenden Verhaltens der Klägerin nicht mehr gegeben ist.

Da sich aus den Feststellungen im Tatbestand die Einhaltung der Frist aus § 626 Absatz 2 BGB ergibt, ist die Kündigung insgesamt begründet im Sinne von § 626 BGB. Sie hat das Arbeitsverhältnis der Parteien daher mit Ablauf des 4. Januar 2007, Tag des Zugangs der Kündigung, beendet.

II.

Da das Arbeitsverhältnis der Parteien bereits Anfang Januar 2007 geendet hat, unterliegt auch der Kündigungsschutzantrag der Klägerin gegen die weitere Kündigung vom 23. März 2007 der Abweisung, denn ein Kündigungsschutzantrag ist als unbegründet zurückzuweisen, wenn der Arbeitnehmer nicht darlegen und beweisen kann, dass er zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung noch in einem Arbeitsverhältnis gestanden hat.

Da feststeht, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien beendet ist, kann die Klägerin auch mit ihrem Weiterbeschäftigungsantrag nicht durchdringen.

III.

Da das Berufungsgericht bisher nur über einen Teil der Berufungsanträge entschieden hat, besteht für eine Entscheidung über die Kosten bisher noch kein Anlass.

Zur Zulassung der Revision besteht kein Anlass, da sich keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung gestellt haben und das Gericht auch nicht von anderen Gerichtsentscheidungen divergenzfähiger Gerichte abweicht.






LAG Mecklenburg-Vorpommern:
Urteil v. 02.09.2008
Az: 5 Sa 49/08


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/109f172cd354/LAG-Mecklenburg-Vorpommern_Urteil_vom_2-September-2008_Az_5-Sa-49-08


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