Bundespatentgericht:
Beschluss vom 8. Januar 2002
Aktenzeichen: 27 W (pat) 244/00

(BPatG: Beschluss v. 08.01.2002, Az.: 27 W (pat) 244/00)

Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 17. Mai 2000 aufgehoben.

Gründe

I Die WortmarkeopenComsoll für folgende Waren und Dienstleistungen in das Register eingetragen werden:

Elektrotechnische und elektronische Apparate, Geräte und Instrumente (soweit in Klasse 9 enthalten), insbesondere elektrisch, elektronisch, optoelektronisch, analog, digital, drahtgebunden und drahtlos arbeitende Kommunikations-Systeme und -Geräte; Nachrichten-, Text- und Datenaufnahme-, -verarbeitungs-, -sende-, -übertragungs-, -vermittlungs-, -speicher-, -empfangs- und -ausgabegeräte; Batterieladegeräte; Fernkopierer; Anlagen, die aus einer Kombination vorgenannter Apparate und Geräte bestehen; Teile für vorgenannte Apparate und Geräte, nämlich Modems, Konverter, Datenausgabedrucker- und -schreiber, Endgeräte, Platten-, Band-, Disketten- und Kassettenlaufwerke, Schaltungsplatinen; mit Programmen Versehene maschinenlesbare Datenträger aller Art sowie Daten-Verarbeitungs-Programme in Form von dazu gehörigem Schriftlichem Begleitmaterial für vorgenannte Apparate, Geräte und Instrumente; Vermietung von Büromaschinen, technische und organisatorische Planung sowie Installation, Montage, Überwachung, Reparatur und Instandhaltung von Anlagen, Einrichtungen und Erzeugnissen der Elektrotechnik, Elektronik, Kommunikationstechnik, Informatik, Feinmechanik, Metallurgie; Erstellen von Programmen zur Funktionssteuerung der genannten Erzeugnisse; Bearbeitung und Oberflächenveredelung von Metall- und Kunststofferzeugnissen.

Die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat durch Beschluss eines Beamten des höheren Dienstes die Anmeldung wegen Bestehens eines Freihaltebedürfnisses zurückgewiesen und hierzu ausgeführt: Wie das BPatG bereits in mehreren Entscheidungen festgestellt habe, bedeute "open" auch im EDV-Bereich "öffnen", und sei "Com" die Abkürzung für "communication"; zudem werde "OpenCom", wie sich einem ihr vorliegenden Computerprogramm entnehmen lasse, auch als Steuerungsbefehl genutzt. Das Zeichen habe damit die Bedeutung "geöffnete/offene bzw zu öffnende Kommunikation(sverbindung)" und besage somit, dass die Waren und Dienstleistungen die Funktion besäßen, Kommunikationsverbindungen zu öffnen und frei zugänglich zu machen, und dass die Hardware für die Ausstattung mit einem entsprechenden System geeignet sei; damit diene das angemeldete Markenwort zur unmittelbaren Beschreibung des Verwendungszweckes und des Einsatzgebietes der beanspruchten Waren und sei daher freihaltebedürftig. Zwar könne die Abkürzung "Com", auch wenn dies aus den von der Anmelderin vorgelegten Unterlagen nicht eindeutig hervorgehe, auch "Computer" bedeuten; für alle mit Kommunikation zusammenhängenden Waren und Dienstleistungen stehe jedoch der Bedeutungsinhalt "communication" im Vordergrund, zumal der Verkehr mit der Anmeldemarke, verstehe man sie als "geöffneter/offenen bzw zu öffnender Computer", wenig anzufangen vermöge und keinen Hinweis ausgerechnet auf das Öffnen eines Computergehäuses o.ä. erwarte; auch sei nicht ersichtlich, dass frei zugängliche Computer etwa in Cyber-Cafes mit "open Computer" bezeichnet würden.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Ihrer Auffassung nach betreffen die von der Markenstelle angeführten Entscheidungen des BPatG nicht vergleichbare Sachverhalte, da sich bei diesen - anders als hier - schon vom Warenverzeichnis her die Bedeutung von "com" als Abkürzung für "communication" aufgedrängt habe, während das Warenverzeichnis der Anmeldemarke eine Vielzahl von Waren enthalte, bei denen die angesprochenen Verkehrskreise den Wortbestandteil "Com" nicht zwangsläufig mit "communication" assoziierten. Im übrigen werde "com" im geschäftlichen Verkehr gleichermaßen auch als Abkürzung für "Computer" verwendet, so dass dieser Bestandteil mehrdeutig sei und nicht zwangsläufig im Sinne eines auf die Öffnung von Kommunikationsverbindungen gerichteten Steuerungsbefehls zu verstehen sei. Schließlich gebe es zahlreiche im Register eingetragene Marken für die Warenklasse 9 mit dem Bestandteil "open". Es bestehe weder ein Freihaltebedürfnis noch entbehre die angemeldete Marke jeglicher Unterscheidungskraft.

Wegen sonstiger Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II Die zulässige (§ 66 Abs 1 MarkenG) Beschwerde hat in der Sache Erfolg, da der Eintragung der Anmeldemarke für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen keine absoluten Schutzhindernisse entgegenstehen; insbesondere ist sie weder freihaltebedürftig (§ 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG) noch fehlt ihr die nach § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG erforderliche Unterscheidungskraft.

Das Anmeldezeichen besteht nicht ausschließlich aus Angaben, die im Verkehr zur Bezeichnung der Eigenschaften der beanspruchten Waren und Dienstleistungen gegenwärtig oder künftig dienen können.

Anhaltspunkte für einen gegenwärtigen Gebrauch des Zeichens bestehen entgegen der Auffassung der Markenstelle nicht. Ein solcher ergibt sich insbesondere nicht aus dem vom Amt herangezogenen Computerprogramm-Auszug (Bl. 25 VA). Zwar enthält dieser die beiden Zeilen "Declare Sub OPENCOM Lib 'RSAPI.DLL' (Parameter as String)" und "OpenCom 'COM2, 300, n, 8, 1'". Aus der zweitgenannten Zeile ergibt sich, dass hiermit der sog. zweite serielle Anschluss angesteuert werden soll, der in Microsoft-Programmen seit dem ersten Betriebssystem MS-DOS mit "COM2" bezeichnet wird, wobei "COM" für "(serial) communication port" steht (vgl. Microsoft Press, Computer Dictionary, 3rd ed. 1997, p. 100; Schulze, Lexikon Computerwissen, 2000, S. 167). Aus der erstgenannten Zeile folgt aber nicht, dass "OpenCom" für die von der Anmelderin beanspruchten Waren und Dienstleistungen eine übliche Bezeichnung ist. Zunächst bezieht sich diese Bezeichnung ohnehin nur auf eine Hardware-Komponente des Computers, nämlich den seriellen Anschluss, nicht aber generell auf (Tele-)Kommunikation; darüber hinaus folgt aus der mit "Declare" anfangenden Definitionszeile, dass die Wortfolge "OPENCOM" eigens für das hier vorliegende Programm geschaffen wurde und somit nicht üblicher Bestandteil einer allgemeinen Programmiersprache ist. Da es sich bei der vom Amt angeführten Befehlszeile eines Computerprogramms somit um einen Einzelfall handelt, besteht kaum Anlass zu der Annahme, der Verkehr werde die Anmeldemarke in gleicher Weise zur Kennzeichnung bestimmter Hardware-Komponenten auffassen; im übrigen wird er aber selbst in einem solchen Fall nicht ohne weiteres aus einem zur Ansteuerung serieller Anschlüsse ("Ports") verwendeten Begriff eines Computer-Programms unmittelbar auf bestimmte Eigenschaften der hier in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen schließen.

Die angemeldete Bezeichnung stellt aber auch nicht im Sinne von "geöffnete/ offene bzw zu öffnende Kommunikation" eine (künftig) freizuhaltende beschreibende Angabe dar. Zwar ist der Bestandteil "open" als einfacher Begriff des englischen Grundwortschatzes in seiner Bedeutung "offen/öffnen" unmittelbar verständlich und geläufig. Demgegenüber hat aber der Bestandteil "Com" mehrere Bedeutungen; neben der von der Markenstelle angeführten Abkürzung für "communication" ist er auch für "commercial, commission, computer" allgemein gebräuchlich (vgl. hierzu 33 W (pat) 128/00 - Adcom Personalmanagement; 24 W (pat) 82/98 - COMTECH; 29 W (pat) 63/99 - DV COM; 27 W (pat) 52/99 - MultiCom; 29 W (pat) 274/99 - ProCom; sämtlich veröffentlicht auf der PAVIS-CD-ROM). Ebenso wie in diesen Fällen lassen sich auch auf dem hier in Rede stehenden Warensektor die vorgenannten verschiedenen Bedeutungsinhalte nicht auf einen einzigen, insbesondere nicht auf "communication" reduzieren (vgl. BGH GRUR 1997, 468 - NETCOM). Damit kann aber auch dem Gesamtbegriff "openCom" kein eindeutiger Begriffsinhalt zugeordnet werden. Zwar mag es - wie die Markenstelle ausgeführt hat - sein, dass der Verkehr mit der Anmeldemarke, sofern er sie als "geöffneten/offenen bzw zu öffnenden Computer" versteht, wenig anzufangen wissen und keinen Hinweis ausgerechnet auf das Öffnen eines Computergehäuses o.ä. erwarten. Das gleiche gilt allerdings auch für ein etwaiges (möglicherweise alleiniges) Verständnis des Bestandteils "com" als Kürzel für "communication", denn auch in diesem Fall bleibt unklar, welche spezifischen Eigenschaften der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen mit "offene Kommunikation" oder "zu öffnende Kommunikation" zum Ausdruck gebracht werden sollten. Die von der Markenstelle in bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen der Nachrichten- und Kommunikationstechnik (für die übrigen beanspruchten Waren und Dienstleistungen läge dies ohnehin sehr fern) angenommene Bedeutung, derzufolge sie dazu gedacht seien, eine Kommunikation zu "(er-)öffnen", d.h. Kommunikationsverbindungen zu öffnen und frei zugänglich zu machen, und zwar unter Verwendung der für ein entsprechendes System geeigneten Hardware, ist für diese Waren und Dienstleistungen selbstredend; es ist daher nicht erkennbar, dass für Mitbewerber ein Bedürfnis bestünde, hierauf mittels des angemeldeten Zeichens gesondert hinzuweisen.

Die Anmeldemarke ist auch hinreichend unterscheidungskräftig, d.h. (konkret) geeignet, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die angemeldeten Waren eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden (st. Rspr., vgl. BGH, GRUR 1995, 408 [409] - PROTECH; zuletzt BGH, GRUR 2001, 162 [163] m.w.N. - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION). Gerade wegen der oben geschilderten mehrdeutigen, unklaren Bedeutung des Gesamtbegriffs kann ihr kein für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden. Da es sich auch nicht um ein gebräuchliches Wort der deutschen Sprache handelt, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, gibt es somit keinen tatsächlichen Anhalt dafür, dass ihr die vorerwähnte Unterscheidungseignung und damit jegliche Unterscheidungskraft fehlt (vgl. BGH, GRUR 1999, 1089 [1091] - YES; BGH, WRP 2000, 298 [299] - Radio von hier; BGH, WRP 2000, 300 [301] - Partner with the best; BGH, aaO - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION).

Da somit die Schutzfähigkeit der Anmeldemarke nicht verneint werden kann, war der angefochtene Beschluss aufzuheben.

Dr. Schermer Albert Schwarz Fa






BPatG:
Beschluss v. 08.01.2002
Az: 27 W (pat) 244/00


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