Bundesgerichtshof:
Beschluss vom 18. Januar 2010
Aktenzeichen: AnwZ (B) 3/09

(BGH: Beschluss v. 18.01.2010, Az.: AnwZ (B) 3/09)

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des 1. Senats des Anwaltsgerichtshofes des Landes Nordrhein-Westfalen vom 22. August 2008 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen und der Antragsgegnerin die ihr im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen außergerichtlichen Auslagen zu erstatten.

Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 50.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller ist am 5. Februar 1990 zur Rechtsanwaltschaft zugelassen worden. Die Antragsgegnerin widerrief mit Bescheid vom 20. März 2008 die Zulassung gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO wegen Vermögensverfalls.

Der Anwaltsgerichtshof hat den hiergegen gerichteten Antrag auf gerichtliche Entscheidung zurückgewiesen. Dagegen wendet sich der Antragsteller mit seiner sofortigen Beschwerde.

II.

Das Rechtsmittel ist zulässig (§ 42 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 4 BRAO a.F., § 215 Abs. 3 BRAO), hat in der Sache aber keinen Erfolg. Die Zulassung des Antragstellers zur Rechtsanwaltschaft ist zu Recht widerrufen worden.

1. Nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO ist die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu widerrufen, wenn der Rechtsanwalt in Vermögensverfall geraten ist, es sei denn, dass dadurch die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet sind. Diese Voraussetzungen für den Widerruf waren bei Erlass der angegriffenen Verfügung erfüllt.

a) Ein Vermögensverfall liegt vor, wenn der Rechtsanwalt in ungeordnete, schlechte finanzielle Verhältnisse geraten ist, die er in absehbarer Zeit nicht ordnen kann, und außerstande ist, seinen Verpflichtungen nachzukommen. Beweisanzeichen für einen Vermögensverfall sind die Erwirkung von Schuldtiteln und fruchtlose Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen den Rechtsanwalt (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschl. vom 25. März 1991 - AnwZ (B) 73/90, BRAK-Mitt. 1991, 102; Beschl. vom 21. November 1994 - AnwZ (B) 40/94, BRAK-Mitt. 1995, 126; Beschl. vom 26. November 2002 - AnwZ (B) 18/01, NJW 2003, 577). Der Vermögensverfall wird nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO vermutet, wenn der Rechtsanwalt in das vom Insolvenzgericht oder Vollstreckungsgericht zu führende Verzeichnis (§ 26 Abs. 2 InsO, § 915 ZPO) eingetragen ist.

Der Antragsteller war zum Zeitpunkt des Widerrufs mit drei Haftbefehlen (Vorgänge Nrn. 9 bis 11 der Forderungsaufstellung der Antragsgegnerin) im Schuldnerverzeichnis des Amtsgerichts K. eingetragen. Auf die Frage, ob in dem Insolvenzeröffnungsverfahren - Nr. 8 der Forderungsaufstellung - ein Insolvenzeröffnungsbeschluss ergangen war, kommt es danach für den Eintritt der gesetzlichen Vermutung des Vermögensverfalls nicht an. Ausweislich der der Widerrufsverfügung beigefügten Forderungsaufstellung per 19. März 2008 bestanden offene Forderungen gegen den Antragsteller in Höhe von insgesamt 91.716,81 €, von denen nur 69.125,92 € durch Ratenzahlungsvereinbarungen geregelt sind. Die Antragsgegnerin und der Anwaltsgerichtshof sind zu Recht davon ausgegangen, dass der Antragsteller bei Erlass der Widerrufsverfügung in Vermögensverfall geraten war.

b) Der Vermögensverfall führt regelmäßig zu einer Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden, insbesondere im Hinblick auf den Umgang des Rechtsanwalts mit Mandantengeldern. Anhaltspunkte dafür, dass dies hier ausnahmsweise nicht der Fall war, lagen bei Erlass der Widerrufsverfügung nicht vor.

2. Ein nachträglicher Wegfall des Widerrufsgrundes, der im gerichtlichen Verfahren zu berücksichtigen wäre (BGHZ 75, 356; 84, 149), liegt nicht vor. Dem Antragsteller ist es zwar gelungen, eine Reihe kleinerer Verbindlichkeiten zu tilgen oder durch Ratenzahlungsvereinbarungen eine Löschung der Haftbefehle unter Nrn. 9 und 11 der Forderungsaufstellung zu erreichen. Der Haftbefehl unter Nr. 10 der Forderungsliste ist jedoch nach einer Auskunft des Schuldnerregisters vom 16. Dezember 2009 immer noch eingetragen. Darüber hinaus sind im Schuldnerregister neun weitere Haftbefehle (darunter diejenigen unter Nrn. 21, 48, 56, 61 und 62 der Forderungsaufstellung) eingetragen, der letzte mit Datum vom 8. Oktober 2009. Der Vermutungstatbestand des § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO besteht damit fort. Dem Antragsteller ist es nicht gelungen, seine Vermögensverhältnisse nachhaltig zu ordnen.

Es kann auch nicht festgestellt werden, dass die Interessen der Rechtsuchenden durch den Vermögensverfall nicht (mehr) gefährdet sind.

3. Der Senat konnte in der Besetzung nach § 106 Abs. 2 Satz 1 BRAO entscheiden (Senatsbeschluss vom 4. November 2009 - AnwZ (B) 16/09, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen). Auf eine mündliche Verhandlung haben Antragsteller und Antragsgegnerin verzichtet (§ 42 Abs. 6, § 40 Abs. 2 Satz 2 BRAO a.F.).

Tolksdorf Ernemann Roggenbuck Wüllrich Braeuer Vorinstanz:

AGH Hamm, Entscheidung vom 22.08.2008 - 1 AGH 45/08 -






BGH:
Beschluss v. 18.01.2010
Az: AnwZ (B) 3/09


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