Bayerisches Landessozialgericht:
Beschluss vom 10. November 2008
Aktenzeichen: L 15 B 926/08 SF KO

(Bayerisches LSG: Beschluss v. 10.11.2008, Az.: L 15 B 926/08 SF KO)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Bayerische Landessozialgericht hat mit Beschluss vom 10. November 2008 (Aktenzeichen L 15 B 926/08 SF KO) die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Landshut vom 15. September 2008 zurückgewiesen.

In dem Rechtsstreit ging es um die Frage, ob dem Kläger ab der 26. Woche nach dem 19.07.2002 eine Verletztenrente zusteht. Der Rechtsstreit wurde jedoch durch Rücknahme der Klage vor dem Sozialgericht Landshut am 10. März 2006 beendet.

Der Beschwerdeführer hat daraufhin eine Kostennote in Höhe von insgesamt 788,80 EUR geltend gemacht. Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle hat die zu erstattenden Kosten jedoch nur auf insgesamt 510,40 EUR festgesetzt. Das Sozialgericht Landshut hat die Erinnerung des Beschwerdeführers gegen diesen Kostenbeschluss zurückgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat daraufhin Beschwerde eingelegt, die jedoch vom Bayerischen Landessozialgericht als unbegründet zurückgewiesen wurde. Das Gericht war der Auffassung, dass die anwaltschaftliche Tätigkeit im konkreten Fall als durchschnittlich zu bewerten sei und die festgesetzte Vertretungsgebühr angemessen sei.

Die Beschwerde wurde somit zurückgewiesen und ist kostenfrei und nicht anfechtbar.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

Bayerisches LSG: Beschluss v. 10.11.2008, Az: L 15 B 926/08 SF KO


Tenor

Die Beschwerde des Beschwerdeführers vom 08.10.2008 gegen denBeschluss des Sozialgerichts Landshut vom 15.09.2008 - S 4 SF 30/08KO - wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Mit Beschluss vom 16.06.2004 hat der Vorsitzende der zuständigen Kammer des Sozialgerichts Landshut dem Kläger ab dem 05.05.2004 Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt A. beigeordnet.

In dem der Kostenstreitigkeit zugrunde liegenden Rechtsstreit ist zwischen den Beteiligten streitig gewesen, ob dem Kläger mit Wirkung ab der 26. Woche nach dem 19.07.2002 eine Verletztenrente zusteht. Der Rechtsstreit ist in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht Landshut am 10.03.2006 entsprechend der Gutachtenslage durch Rücknahme der Klage beendet worden.

Der Beschwerdeführer hat mit Kostennote vom 15.03.2006 insgesamt 788,80 EUR geltend gemacht, die sich wie folgt aufschlüsseln:

Vertretungsgebühr gemäß § 116 Abs.1 BRAGO 660,00 EUR;Unkostenpauschale gemäß § 26 BRAGO20,00 EUR;Umsatzsteuer 16 % =108,80 EUR;insgesamt:788,80 EUR.Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle hat die zu erstattenden außergerichtlichen Kosten mit Kostenbeschluss vom 28.03.2006 auf insgesamt 510,40 EUR festgesetzt. Maßgeblicher Grund hierfür ist gewesen, dass hinsichtlich der Vertretungsgebühr gemäß § 116 Abs.1 BRAGO 420,00 EUR für angemessen erachtet worden sind.

Das Sozialgericht Landshut hat die Erinnerung des Antragstellers und hiesigen Beschwerdeführers mit Beschluss vom 15.09.2008 - S 4 SF 30/08 KO - zurückgewiesen. Vorliegend sei die BRAGO weiter anzuwenden, weil der Beschwerdeführer ausweislich der Vollmacht vom 30.11.2003 vor dem in Krafttreten der Gesetzesänderung am 01.07.2004 mandatiert worden sei (§ 15 RVG). Die Mittelgebühr im Sinne von § 116 Abs.1 Nr.1 BRAGO liege bei 355,00 EUR. Auch in Berücksichtigung von § 12 Abs.1 Satz 1 BRAGO sei hier eine Vertretungsgebühr gemäß § 116 Abs.1 BRAGO in Höhe von 420,00 EUR angemessen. Zuzüglich Unkostenpauschale gemäß § 26 BRAGO und Umsatzsteuer ergäbe sich ein zu erstattender Betrag in Höhe von insgesamt 510,40 EUR. Der Kostenbeschluss der Urkundsbeamtin sei daher zu Recht ergangen.

Die hiergegen gerichtete Beschwerde vom 08.10.2008 ging am selben Tag beim Sozialgericht Landshut ein. Dieses half der Beschwerde nicht ab und legte den Gesamtvorgang dem Bayerischen Landessozialgericht (BayLSG) zur Entscheidung vor.

Zur Begründung hob der Beschwerdeführer hervor, dem angefochtenen Beschluss vom 15.09.2008 sei zu entnehmen, dass von einer überdurchschnittlichen Bedeutung der Streitsache für den Kläger durch das Gericht ebenso ausgegangen werde, wie von einem Umfang und einer Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit in überdurchschnittlichem Maße. Soweit das Sozialgericht Landshut dann zum Ergebnis gekommen sei, die von der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle festgesetzte und über der Mittelgebühr liegende Gebühr sei angemessen und ausreichend, hat es hierzu ersichtlicher Weise auf den konkreten Fall abgestellt, keine weiteren Angaben gemacht. Die Ausführungen zur Begründung seiner Entscheidung sind ganz allgemein gehalten. Ein Bezug zum vorliegenden Fall ist nicht gegeben, ebenso wenig die erwartete Auseinandersetzung mit den Darstellungen im Erinnerungsschriftsatz vom 27.04.2006. Bei entsprechender Berücksichtigung hätte der Erinnerung zum Erfolg verholfen werden müssen. Insofern sei auch von Interesse zu erfahren, wo die Schwerpunkte für einzelne Tätigkeiten gezogen würden. Dem könne sicherlich nicht mit allgemeinen Ausführungen wie in dem hier angefochtenen Beschluss Genüge getan werden. Im Übrigen seien die Ausführungen des Sozialgerichts Landshut befremdlich, wonach "die Rechtsanwälte im Durchschnittsfall immer bis 20 % über die Mittelgebühr hinaus gehen dürften". Dieser Passus sei Ausdruck einer nicht fallbezogenen Wertung.

Der Beschwerdegegner ist mit Nachricht des BayLSG vom 24.10.2008 entsprechend unterrichtet worden.

II.

Die Beschwerde vom 08.10.2008 ist gemäß § 128 Abs.4 BRAGO zulässig, weil der Beschwerdegegenstand 50,00 EUR übersteigt.

Die Beschwerde erweist sich jedoch als unbegründet (§§ 12, 116 BRAGO). Die Frage der Bewilligung einer Verletztenrente ist für den am 26.06.1991 geborenen Kläger von erheblicher Bedeutung gewesen und gestattet grundsätzlich ein Abweichen von der Mittelgebühr nach oben. In diesem Zusammenhang ist auch das jugendliche Alter des Klägers und die mögliche lange Laufzeit einer etwaigen Verletztenrente zu berücksichtigen.

Entgegen der Auffassung des Landessozialgerichts Thüringen mit Beschluss vom 14.03.2001 - LGB 3/01 SF bedingt dies jedoch nicht die Festsetzung der Höchstgebühr im Regelfall. Nach der sogenannten Kompensationstheorie kann zwar ein einziger Umstand im Sinne des § 12 BRAGO ein Abweichen von der Mittelgebühr rechtfertigen; eine Automatik besteht diesbezüglich aber nicht. Vielmehr bestimmen sich die Rahmengebühren nach § 12 Abs.1 Satz 1 BRAGO im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände wie auch der Schwierigkeit der anwaltschaftlichen Tätigkeit, des Umfangs sowie der Vermögens- und Einkommensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen.

Die anwaltschaftliche Tätigkeit ist hier in Berücksichtigung des vorgetragenen Zeitaufwands ebenfalls als überdurchschnittlich zu qualifizieren. Dabei ist nicht nur auf die eineinhalbseitige Klageschrift vom 05.05.2004 und die zweiseitige Klagebegründung vom 02.06.2004 abzustellen. Aus dem weiteren einseitigen Schriftsatz vom 22.12.2005 folgt vielmehr, dass der Beschwerdeführer als Prozessbevollmächtigter des minderjährigen Klägers zwischenzeitlich die Angelegenheit mit dessen Mutter nochmals eingehend erörtert haben muss, also zusätzliche Zeit hat aufgewendet werden müssen.

Das Sozialgericht Landshut hat nach Eingang der angeforderten Akten des Bayerischen Gemeindeunfallversicherungsverbandes und der Staatsanwaltschaft P. sowie der weiteren medizinischen Unterlagen mit Beweisanordnung vom 17.02.2006 Dr. R. M. und Dr. H. N. gemäß § 106 Abs.3 Nr.5 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zu ärztlichen Sachverständigen bestellt. Die Untersuchung des Klägers hat am Verhandlungstag beginnend ab 8.00 Uhr stattgefunden. In der mündlichen Verhandlung vom selben Tag sind Dr. M. und Dr. N. nochmals ergänzend gehört worden. Beginn der Verhandlung ist um 10.25 Uhr gewesen, das Ende der Verhandlung um 11.05 Uhr (= 40 Minuten).

Hiervon ausgehend erscheint prima vista die anwaltschaftliche Tätigkeit als durchschnittlich. Insbesondere ist es üblich, dass auch unmittelbar vor der mündlichen Verhandlung die Angelegenheit nochmals mit dem Kläger (und hier auch dessen Mutter) besprochen wird. Eine unverzügliche Auseinandersetzung mit sogenannten Terminsgutachten entspricht ebenfalls der Regel. Jedoch hat der Beschwerdeführer mit Erinnerung vom 27.04.2006 glaubhaft versichert, dass der insgesamt aufzuwendende Zeitaufwand (siehe oben) hier überdurchschnittlich gewesen ist, auch wenn die weiterhin ausgewerteten Akten der Staatsanwaltschaft P. vor allem der vorausgegangenen Bearbeitung zivilrechtlicher Schmerzensgeldansprüche des Klägers gegenüber dem Unfallschädiger gedient hat.

Zu Lasten des Beschwerdeführers sind jedoch die aktenkundig beendigten wirtschaftlichen Verhältnisse des jugendlichen Klägers zu berücksichtigen. Dies hat eine Ermäßigung der Gebühren zur Folge (Gerold/Schmidt/von Eicken/Madert, Rz.14 zu § 12 BRAGO).

Insgesamt ist daher festzustellen, dass die Gesichtspunkte für ein Abweichen von der Mittelgebühr nach oben überwiegen, die Höchstgebühr gemäß §§ 12, 116 Abs.1 BRAGO jedoch nicht angemessen ist. Wenn sowohl die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle als auch das Sozialgericht Landshut dementsprechend eine Vertretungsgebühr gemäß § 116 Abs.1 BRAGO in Höhe von 420,00 EUR als angemessen erachtet haben, ist dies nicht zu beanstanden.

Nach alledem ist die Beschwerde vom 08.10.2008 gegen den Beschluss des Sozialgerichts Landshut vom 15.09.2008 - S 4 SF 30/08 KO - zurückzuweisen.

Dieser Beschluss ergeht kostenfrei und ist nicht anfechtbar (§§ 177, 193 SGG).






Bayerisches LSG:
Beschluss v. 10.11.2008
Az: L 15 B 926/08 SF KO


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