Finanzgericht Köln:
Beschluss vom 15. Juli 2004
Aktenzeichen: 13 K 1908/00

(FG Köln: Beschluss v. 15.07.2004, Az.: 13 K 1908/00)

Gründe

Dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften wird gemäß Art. 234 Abs. 2 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft - EGV - folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:

Sind die Art. 52 (jetzt Art. 43) in Verbindung mit Art. 58 (jetzt Art. 48) und die Art.67-73, 73b ff. (jetzt Art. 56 ff.) des EG-Vertrages dahingehend auszulegen, dass sie einer Regelung entgegenstehen, die - wie die im Ausgangsverfahren streitige Regelung in § 2a Abs. 1 Nr. 3a, Abs. 2 EStG - den sofortigen steuerlichen Ausgleich von Verlusten aus der Abschreibung auf Beteiligungswerte an Tochtergesellschaften im EG-Ausland dann beschränkt, wenn diese passive Tätigkeiten im Sinne der nationalen Vorschrift ausüben und/oder wenn die Tochtergesellschaften aktive Tätigkeiten im Sinne der nationalen Vorschrift nur durch eigene Enkelgesellschaften realisieren, während Abschreibungen auf Beteiligungswerte an inländischen Tochtergesellschaften ohne diese Beschränkungen möglich sind.

I.

Die Klägerin ist Gesamtrechtsnachfolgerin der J. GmbH - im Folgenden J.. Die J. gehörte in den Streitjahren zum L.-Konzern. Ihre alleinige Gesellschafterin war in den Streitjahren die L. AG. Geschäftsgegenstand der J. war in den Streitjahren die Geschäftstätigkeit in allen Bereichen des Tourismus im In- und Ausland. Die J. hatte ein abweichendes Wirtschaftsjahr vom ... bis zum ....

... gründete die J. die L.U. - im folgenden Tochtergesellschaft oder L.U. - in den O.. Ebenfalls ... wurde deren 100%ige Beteiligungsgesellschaft, die J.U. - im folgenden Enkelgesellschaft oder J.U. - in den O. gegründet. ...% der Anteile an der Tochtergesellschaft veräußerte die J. ... zur Refinanzierung, erwarb diese Anteile aber zum ... wieder zurück. Zwischen der Tochter- und der Enkelgesellschaft in den O. besteht unstreitig eine Fiskaleinheit (...) nach ... Steuerrecht.

Die Enkelgesellschaft erwarb bis zum ... Beteiligungen an zwei ... Zwischengesellschaften - G.J. und G.G. (Beteiligung jeweils ...%) -, die ihrerseits an der T.J. zu insgesamt ...% beteiligt waren. Die T.J. war zu ... an der T.Q., die ... in den ... betreibt, beteiligt. Daneben war die J. auch unmittelbar zu ... an der T.Q. beteiligt.

Die Enkelgesellschaft J.U. erwarb außerdem Anteile an der H.U. (...%) in H. - Urenkelgesellschaft H.C. oder H.U. - und der U. (..%) in T. - Urenkelgesellschaft T. -. Die Gesellschaften in H. und T. wurden ... an fremde Dritte zum Kaufpreis von jeweils ... der Landeswährung veräußert.

Neben den dargestellten Beteiligungen hatte die Klägerin eine Vielzahl weiterer Beteiligungen, die im vorliegenden Verfahren bisher nicht streitbefangen sind. Wegen der Einzelheiten wird auf die bei den Betriebsprüfungsakten befindlichen Beteiligungsübersichten 1989 bis 1994 und den Betriebsprüfungsbericht vom ... verwiesen.

Die L. veräußerte die J. mit Vertrag vom ... mit Wirkung zum ... an die Klägerin. Mit Verschmelzungsvertrag vom ... wurde das Vermögen der J. als Ganzes gemäß § 2des Umwanlungsgesetzes - UmwG - auf die Klägerin verschmolzen. Dadurch wurde die Klägerin Rechtsnachfolgerin der J..

Die J. wies in ihren Bilanzen 1993 und 1994 folgende Wertansätze aus:

Gegenüber der Urenkelgesellschaft H.C. - H.U. - zum ...

Forderung ... DM

Darlehensforderung ... DM

Wertberichtigung auf Forderung ... DM

auf Darlehensforderung ... DM

Gegenüber der Urenkelgesellschaft T. - U. - zum ...

Forderung ... DM

Darlehensforderung ... DM

Rückstellung ... DM

Wertberichtigung auf Forderung ... DM

auf Darlehensforderung ... DM

Die J. hat u. a. in ihren Jahresabschlüssen zum ... bzw. ... Teilwertabschreibungen auf den Beteiligungswert ihrer ... Tochtergesellschaft L.U. vorgenommen. Insgesamt geht es im vorliegenden Verfahren um folgende in der steuerlichen Beurteilung streitigen außerordentlichen Aufwendungen:

Zum ...

Teilwertabschreibung auf den Beteiligungsbuchwert Tochtergesellschaft - L.U. -

... DM

Wertberichtigung auf Forderung und Darlehen Urenkelgesellschaft H.C.

... DM

zusammen: ... DM

Zum ...

Teilwertabschreibung auf den Beteiligungsbuchwert Tochtergesellschaft

... DM

Wertberichtigung auf Forderung und Darlehen Urenkelgesellschaft T.

... DM

Rückstellungsaufwand Urenkelgesellschaft T. ... DM

Kostenübernahme Urenkelgesellschaft H.C. ... DM

zusammen ... DM

Die Beteiligten sind im vorliegenden Verfahren übereinstimmend davon ausgegangen, dass den Wertberichtigungen tatsächlich Verzichte auf die entsprechenden Forderungen zugrunde liegen. Die Verzichte auf Forderungen und Darlehen, die Übernahme der rückgestellten Verpflichtungen und die Kostenübernahmen erfolgten nach übereinstimmender Auffassung der Beteiligten auf Grund gesellschaftsrechtlicher Veranlassung. Die Aufwendungen sind nach Auffassung der Beteiligten grundsätzlich geeignet die Anschaffungskosten der J. bzgl. der Beteiligung an der Tochtergesellschaft zu erhöhen. Da aber J. der Auffassung war, dass die Beteiligung keine Werterhöhung erfahren habe, erfasste sie die Aufwendungen - im abgekürzten Buchungsweg - sofort als Betriebsausgaben.

Der Beklagte kam zu der Auffassung, dass § 2a des Einkommensteuergesetzes in der in den Streitjahren geltenden Fassung - EStG - der Berücksichtigung der Aufwendungen entgegenstehe. Sie wurden deshalb nicht als Betriebsausgaben zugelassen und entsprechend geänderte Bescheide zur Körperschaftsteuer und Feststellung gemäß § 47 Abs. 2 des Körperschaftsteuergesetzes - KStG - 1993 und 1994, zur Feststellung des verwendbaren Eigenkapitals gemäß § 47 Abs. 1 KStG auf den 31.12.1993 und 1994 sowie bzgl. der Einheitsbewertung des Betriebsvermögens auf den 1.1.1994 und 1995 erlassen.

Nach erfolglosem Einspruchsverfahren verfolgt die Klägerin nunmehr das Ziel der steuerlichen Berücksichtigung der gesamten dargestellten Aufwendungen im Zusammenhang mit den Beteiligungsgesellschaften in den O., H. und T.. Sie hält die Anwendung des § 2a EStG für eine gemeinschaftsrechtswidrige Diskriminierung.

Der Beklagte beantragt unter Hinweis auf § 2a EStG die Klage abzuweisen.

II.

Das Klageverfahren wird ausgesetzt. Es wird gemäß Art. 234 Abs. 2 EGV die Vorabentscheidung des EuGH über die im Tenor des Beschlusses genannte Rechtsfrage eingeholt.

1. Die Anrufung des EuGH ist gemäß Art. 234 Abs. 2 EGV geboten, weil die Auslegung der Art. 67 bis 73, 73b ff. (jetzt Art. 56 ff.) EGV und der Art. 52 (jetzt Art. 43) in Verbindung mit Art. 58 (jetzt Art. 48) EGV in entscheidungserheblicher Weise zweifelhaft ist.

Die Entscheidung über die Klage ist von der Beantwortung der im Tenor genannten Vorlagefrage abhängig. Sofern die Vorlagefrage zu bejahen ist, müssen die angefochtenen Bescheide und die dazu ergangene Einspruchsentscheidung aufgehoben und der Klage stattgegeben werden.

Ist die Vorlagefrage zu verneinen, ist die Klage hinsichtlich der streitbefangenen unmittelbaren Abschreibung auf die Beteiligung an der ... Tochtergesellschaft abzuweisen. Hinsichtlich der Wertberichtigungen/Verzichte bzgl. der Forderungen gegenüber den Urenkelgesellschaften in H. und T. wäre gegebenenfalls zu prüfen, ob die Beteiligten zutreffend davon ausgegangen sind, dass insoweit verdeckte Einlagen in die Tochtergesellschaft vorliegen oder ob unabhängig von den hier streitigen Fragen eine steuerliche Berücksichtigung in Betracht kommt.

Rechtslage nach deutschem Recht 1993/1994

Die angefochtenen Körperschaftsteuerbescheide und die darauf basierenden Folgebescheide entsprechen bei Zugrundelegung des von den Beteiligten einvernehmlich vorgetragenen Sachverhalts und des Akteninhalts dem deutschen Steuerrecht im Streitjahr.

Nach § 8 Abs. 1 KStG bestimmt sich nach den Vorschriften des EStG und KStG was als Einkommen gilt und wie das Einkommen zu ermitteln ist. Nach § 2a Abs. 1 Nr. 3a, Abs. 2 EStG dürfen bestimmte negative Einkünfte aus ausländischen Quellen nur eingeschränkt steuerlich berücksichtigt werden. Die Vorschrift hat - soweit hier von Bedeutung - folgenden Wortlaut:

§ 2a EStG

(1) Negative Einkünfte

....

aus einer in einem ausländischen Staat belegenen gewerblichen Betriebstätte,

aus dem Ansatz des niedrigeren Teilwerts eines zu einem Betriebsvermögen gehörenden Anteils an einer Körperschaft, die weder ihre Geschäftsleitung noch ihren Sitz im Inland hat (ausländische Körperschaft),....

dürfen nur mit positiven Einkünften der jeweils selben Art aus demselben Staat, ...., ausgeglichen werden; sie dürfen auch nicht nach § 10d abgezogen werden. Den negativen Einkünften sind Gewinnminderungen gleichgestellt. Soweit die negativen Einkünften nicht nach Satz 1 ausgeglichen werden können, mindern sie die positiven Einkünfte der jeweils selben Art, die der Steuerpflichtige in den folgenden Veranlagungszeiträumen aus demselben Staat,...., erzielt. .....

(2) Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 ist nicht anzuwenden, wenn der Steuerpflichtige nachweist, dass die negativen Einkünfte aus einer gewerblichen Betriebsstätte im Ausland stammen, die ausschließlich oder fast ausschließlich die Herstellung oder Lieferung von Waren, außer Waffen, die Gewinnung von Bodenschätzen sowie die Bewirkung gewerblicher Leistungen zum Gegenstand hat, soweit diese nicht in der Errichtung oder dem Betrieb von Anlagen, die dem Fremdenverkehr dienen, oder in der Vermietung oder der Verpachtung von Wirtschaftsgütern einschließlich der Überlassung von Rechten, Plänen, Mustern, Verfahren, Erfahrungen und Kenntnissen bestehen; das unmittelbare Halten einer Beteiligung von mindestens einem Viertel am Nennkapital einer Kapitalgesellschaft, die ausschließlich oder fast ausschließlich die vorgenannten Tätigkeiten zum Gegenstand hat, sowie die mit dem Halten der Beteiligung in Zusammenhang stehende Finanzierung gilt als Bewirkung gewerblicher Leistungen, wenn die Kapitalgesellschaft weder ihre Geschäftsleitung noch ihren Sitz im Inland hat. Absatz 1 Satz 1 Nr. 3 und 4 ist nicht anzuwenden, wenn der Steuerpflichtige nachweist, dass die in Satz 1 genannten Voraussetzungen bei der Körperschaft entweder seit ihrer Gründung oder während der letzten fünf Jahre vor und in dem Veranlagungszeitraum vorgelegen haben, in dem die negativen Einkünfte bezogen werden.

Die negativen Einkünfte/Gewinnminderungen der Klägerin aus der Teilwertabschreibung auf die Beteiligung an der ... Tochtergesellschaft stellen unstreitig dem Grunde nach im Rahmen der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1, § 5 EStG abzugsfähige Betriebsausgaben (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG) dar. Es liegen keine ausschüttungsbedingten Teilwertabschreibungen im Sinne des § 26 Abs. 8 KStG vor. Stammten die geltend gemachten Betriebsausgaben aus der Abschreibung auf inländische Beteiligungen, könnten sie uneingeschränkt mit positiven Einkünften des Steuerpflichtigen ausgeglichen werden oder - soweit die Verluste die positiven Einkünfte überstiegen - im Rahmen des Verlustrücktrags oder Verlustvortrags gemäß § 10d EStG in anderen Jahren abgezogen werden.

Im Streitfall kann die Teilwertabschreibung bei Anwendung des § 2a EStG steuerlich nicht berücksichtigt werden. Die Voraussetzungen des § 2a EStG sind erfüllt.

Die Beteiligung der J. an der L.U. gehörte zum Betriebsvermögen der J.. Die L.U. ist eine ausländische Körperschaft. Die L.U. ist eine ..., die in wesentlichen Teilen der deutschen Gesellschaft mit beschränkter Haftung -GmbH - entspricht, also eine Körperschaft im Sinne des § 2a EStG ist. Sie hatte unstreitig in den beiden Streitjahren Sitz und Geschäftsleitung in den O..

§ 2a Abs. 1 EStG schränkt den Abzug der Verluste aus der Teilwertabschreibung zunächst soweit ein, dass sie nur mit positiven Einkünften der jeweils selben Art aus demselben Staat ausgeglichen werden dürfen. Derartige positive Einkünfte der J. aus den O. lagen in den beiden Streitjahren nicht vor.

Auch die Voraussetzungen für die Ausnahmetatbestände in § 2a Abs. 2 EStG (aktive Tätigkeiten) liegen im Streitfall nicht vor.

Die Tochtergesellschaft der Klägerin in den O. - L.U. - hat unstreitig weder Waren hergestellt noch Bodenschätze gewonnen. Sie hat auch nicht ausschließlich oder fast ausschließlich unmittelbar gewerbliche Leistungen erbracht, die weder in der Errichtung oder dem Betrieb von Anlagen bestanden, die dem Fremdenverkehr dienen, noch den Fall der Vermietung oder Verpachtung bestimmter Wirtschaftsgüter erfüllten. Die Klägerin hat vielmehr im wesentlichen die Beteiligung an der Enkelgesellschaft J.U. gehalten.

Ein Ausnahmetatbestand wird auch nicht dadurch begründet, dass die ... Tochtergesellschaft L.U. unmittelbar eine Beteiligung von mindestens 25% am Nennkapital einer Gesellschaft gehalten hätte, die ihrerseits eine der oben bezeichneten privilegierten, aktiven Tätigkeiten ausschließlich oder fast ausschließlich ausgeübt hätte. Die L.U. hat unmittelbar nur die Beteiligung an der Enkelgesellschaft J.U. gehalten, die ihrerseits die Beteiligungen an den ... Urenkelgesellschaften hielt, also selbst keine aktive Tätigkeit im Sinne des § 2a EStG ausübte. Eine nur mittelbare Beteiligung wird aber durch § 2a EStG nicht privilegiert. Das ergibt sich aus dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift, die im Gegensatz z. B. zu § 17 Abs. 1 EStG, der eine "unmittelbare oder mittelbare" Beteiligung erfordert, das "unmittelbare" Halten einer Beteiligung verlangt. Unmittelbar bedeutet "ohne vermittelndes Glied" (Duden, Bedeutungswörterbuch 3. Aufl., 2002). Eine unmittelbare Beteiligung liegt also nicht mehr vor, wenn die Beteiligung über eine andere juristische Person vermittelt wird (ebenso Probst in Hermann/Heuer/Raupach, EStG, § 2a Rdnr. 178; Blümich-Wied, EStG, § 2a Rdnr.90; Mössner in Kirchhof/Söhn, EStG, § 2a Rdnr. C 16h).

Daran ändert - entgegen der Auffassung der Klägerin - die in den O. zwischen der L.U. und der J.U. bestehende Fiskaleinheit nichts.

Die Fiskaleinheit (...) stellt eine besondere Einheit im ... Steuerrecht dar. Diese steuerliche Einheit kann u. a. hergestellt werden, wenn die Muttergesellschaft an einer Tochtergesellschaft eine unmittelbare oder mittelbare 99%-Beteiligung besitzt. Wenn die Voraussetzungen der Fiskaleinheit erfüllt sind, wird diese als einheitliches Steuersubjekt betrachtet, die Körperschaftsteuer wird so erhoben, als ob es nur einen Steuerpflichtigen - die Muttergesellschaft - gäbe (Geiger, Die Ertragsbesteuerung der Konzernunternehmung in den Niederlanden nach dem Konzept der fiskalen Einheit, Internationale Wirtschaftsbriefe - IWB - Nr. 20 vom 23.10.2002, Niederlande, Gruppe 2, Seite 361; Galavazi in Debatin/Wassermeyer, Doppelbesteuerungsabkommen, Anhang Niederlande Rdnr. 117; Mennel/Förster, die Steuern in Europa, Amerika, und Asien, Niederlande Rdnr. 348).

Diese der deutschen Organschaft vergleichbare steuerrechtliche Gestaltung kann für die Anwendung des § 2a EStG schon deshalb keine Bedeutung haben, weil die Regelung in § 2a EStG eindeutig auf die unmittelbare Beteiligung nach Handelsrecht und nicht auf das Steuerrecht abstellt. Die gesetzliche Formulierung, die auf das "unmittelbare Halten einer Beteiligung" von mindestens 25% am "Nennkapital einer Kapitalgesellschaft" abstellt, verweist eindeutig auf das Handelsrecht, wo der Begriff des Nennkapitals in § 271 des Handelsgesetzbuches - HGB - und in § 16 des Aktiengesetzes - AktG - vorgegeben ist. Auswirkungen auf die handelsrechtliche Selbstständigkeit der beiden ... Gesellschaften L.U. und J.U. hat die ... Fiskaleinheit aber nicht. Beide Gesellschaften sind vielmehr handelsrechtlich eigenständige ....

Auf die Frage, ob eine Verlustberücksichtigung auch bei Annahme einer unmittelbaren Beteiligung der L.U. an den beiden belgischen Urenkelgesellschaften an § 2a EStG scheitern müsste, weil die ... Gesellschaften ebenfalls nicht ausschließlich oder fast ausschließlich aktive Einkünfte im Sinne des § 2a Abs. 2 EStG erzielt haben, weil sie entweder in schädlichen Umfang nur als Beteiligungsgesellschaften fungierten oder der Betrieb einer nicht privilegierten Anlage des Fremdenverkehrs vorliegt, kommt es daher für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits ebensowenig an, wie auf die Frage des konkreten Nachweises bzgl. der unschädlichen Tätigkeiten in dem vom Gesetz geforderte Zeitraum.

Für die Entscheidung des Rechtsstreits folgt daraus, dass § 2a Abs. 1 Nr. 3a i. V. m. Abs. 2 EStG einer steuerlichen Berücksichtigung der Gewinnminderungen aus den Teilwertabschreibungen auf die Beteiligung an der ... Tochtergesellschaft in den Streitjahren entgegensteht. Demgegenüber könnten Teilwertabschreibungen auf die Beteiligung an einer deutschen Tochtergesellschaft - vorbehaltlich der hier nicht behaupteten Ausnahmeregelung in § 2a Abs. 1 Nr. 7 EStG - uneingeschränkt steuerlich berücksichtigt werden.

2. Vereinbarkeit mit Gemeinschaftsrecht

Der vorlegende Senat hält es für überwiegend wahrscheinlich, dass die nach § 2a EStG in den Streitjahren bestehende unterschiedliche steuerliche Behandlung der negativen Einkünfte aus Teilwertabschreibungen auf Beteiligungen an Tochtergesellschaften im Inland und EG-Ausland gemeinschaftwidrig ist (im Ergebnis ebenso z.B. Rädler/Lausterer, Festschrift Welf Müller, 2000, 339; Dautzenberg, EG-rechtswidrige Behandlung von negativen ausländischen Einkünften nach den EuGH-Entscheidungen Vestergaard und AMID, Finanzrundschau - FR - 2001, 809; Kessler/Schmitt/Janson, Berücksichtigungsverbot abkommensrechtlich "befreiter" Betriebsstättenverluste€, IStR 2001, 729, 734 ff.; Probst in Herrmann/Heuer/Raupach, a.a.O., § 2a EStG Rz. 12 und in Flick/Wassermeyer/Baumhoff, Außensteuerrecht, § 2a Rdnrn. 20.1 - 20.3; Cordewener, Auslandsverluste und EG-Grundfreiheiten: Kurskorrektur am falschen Fall€, IStR 2003, 413; Schön, Besteuerung im Binnenmarkt - die Rechtsprechung des EuGH zu den direkten Steuern, IStR 2004, 289; Reith, Internationales Steuerrecht, S. 416; ebenso zur Gemeinschaftwidrigkeit des § 2a Abs. 1 Nr. 4 EStG a. F. BFH-Beschluss vom 13. November 2002 I R 13/02, Bundessteuerblatt - BStBl - II 2003, 795 mit Anmerkungen Vogel, Internationales Steuerrecht - IStR -2003, 316 und Gosch, Deutsches Steuerrecht - DStR - 2003, 687). Auch die Europäische Kommission scheint diese Auffassung zu teilen. Im Verlaufe des Verfahrens hatte die Klägerin bei der Europäischen Kommission eine Beschwerde gegen die Bundesrepublik Deutschland eingereicht, die unter Nr. ... registriert worden ist. Erst nachdem die Bundesrepublik Deutschland im Jahr 2000 mit dem Steuersenkungsgesetz § 8b Absätze 2 und 3 KStG geändert hat, was nunmehr dazu führt, dass Gewinnminderungen der streitbefangenen Art unabhängig davon unberücksichtigt bleiben, ob die Beteiligung an einer ausländischen oder an einer inländischen Kapitalgesellschaft besteht, hat die Kommission mitgeteilt, dass sie von der Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens gegen die Bundesrepublik absehe.

Der beschließende Senat hält die zutreffende Auslegung des Vertrages aber auch nicht für derart offenkundig, dass für einen vernünftigen Zweifel an der richtigen Anwendung des Gemeinschaftsrechts keinerlei Raum verbleiben würde (EuGH-Urteil vom 6. Oktober 1982 Rs. 283/81, C.I.L.F.I.T., Slg. 1982, 3415). Insoweit wird auf die Vorlage des Bundesfinanzhofs - BFH - zu § 2a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG a.F. verwiesen, die unausgesprochen ebenfalls von der Prämisse ausgeht, dass keine offenkundige Auslegung des Gemeinschaftsrechtes vorgegeben ist (BStBl II 2003, 795).

Der Senat hat erhebliche Zweifel, ob die in § 2a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3a, Abs. 2 EStG angelegte Ungleichbehandlung von Teilwertabschreibungen auf die Beteiligung an inländischen oder ausländischen Tochtergesellschaften mit den Grundfreiheiten des EGV vereinbar ist.

Zwar fallen die direkten Steuern als solche nicht in die Zuständigkeit der Gemeinschaft (EuGH-Urteil vom 27.6.1996 Rs. C-107/94 "Asscher", Slg. 1996, I-3089, 3124). Die Mitgliedstaaten müssen aber die ihnen verbliebenen Befugnisse unter Wahrung des Gemeinschaftsrechts, insbesondere unter Berücksichtigung der Grundfreiheiten, ausüben (vgl. EuGH-Urteil vom 26.10.1999 Rs. C-294/97 "Eurowings" , Slg. 1999, I-7447, 7473).

Hier bestehen Zweifel an der Vereinbarkeit der nationalen Vorschrift mit der Niederlassungsfreiheit gemäß den Art. 52 (jetzt Art. 43) in Verbindung mit Art. 58 (jetzt Art. 48) EGV und mit der Kapitalverkehrsfreiheit gemäß den Art. 67-73, 73b ff. (jetzt Art. 56 ff.) EGV.

In den Streitjahren galt teilweise der EGV in der Fassung der einheitlichen Europäischen Akte - EWGV -, teilweise in der Fassung des Maastricht-Vertrages. Hinsichtlich der Niederlassungsfreiheit, die in den Art. 52, 58 EGV geregelt war, ergeben sich keine entscheidungserheblichen Unterschiede.

J. fiel als Gesellschaft im Sinne des Art. 58 EGV mit ihrer 100%igen Beteiligung an der L.U. in den Schutzbereich des Art. 52 EGV. Eine 100%ige Beteiligung am Kapital einer Gesellschaft, die ihren Sitz in einem anderen Mitgliedstaat hat, bewirkt nach der Rechtsprechung des EuGH (vgl. z. B. Urteil vom 13.4.2000 C-251/98, Baars, Slg. 2000, I-2787), dass auf diesen Steuerpflichtigen die Vertragsvorschriften über die Niederlassungsfreiheit Anwendung finden. Aus Artikel 52 Absatz 2 EGV ergibt sich nämlich, dass die Niederlassungsfreiheit die Gründung und Leitung von Unternehmen, insbesondere von Gesellschaften, in einem Mitgliedstaat durch einen Angehörigen eines anderen Mitgliedstaats umfasst. Somit macht ein Angehöriger eines Mitgliedstaats, der eine Beteiligung an einer Gesellschaft mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat hält, die ihm einen solchen Einfluss auf die Entscheidungen der Gesellschaft verleiht, dass er deren Tätigkeiten bestimmen kann, von seiner Niederlassungsfreiheit Gebrauch.

Nach der Rechtsprechung des EuGH ist mit der den Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten in Artikel 52 EGV zuerkannten Niederlassungsfreiheit das Recht auf die Aufnahme und Ausübung selbstständiger Erwerbstätigkeiten nach den gleichen Bestimmungen wie den im Niederlassungsstaat für dessen eigene Angehörigen festgelegten umfasst. Gemäß Artikel 58 (jetzt Artikel 48 EGV) ist für die nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats gegründeten Gesellschaften, die ihren satzungsmäßigen Sitz, ihre Hauptverwaltung oder ihre Hauptniederlassung innerhalb der Gemeinschaft haben, damit auch das Recht verbunden, ihre Tätigkeit in dem betreffenden Mitgliedstaat (Niederlassungsstaat) durch eine Zweigniederlassung oder Agentur auszuüben. In Bezug auf die Gesellschaften ist in diesem Zusammenhang hervorzuheben, dass ihr Sitz im genannten Sinn, ebenso wie die Staatsangehörigkeit bei natürlichen Personen, dazu dient, ihre Zugehörigkeit zur Rechtsordnung eines Staates zu bestimmen (z. B. Urteil vom 13. Juli 1993 in der Rechtssache C-330/91, Commerzbank, Slg. 1993, I-4017, Rdnr. 13, sowie Urteil vom 16.7.1998 C-264/96, ICI, Slg. 1998, I-4695, Rdnr. 20).

Zwar sollen die Vorschriften über die Niederlassungsfreiheit nach ihrem Wortlaut insbesondere die Inländerbehandlung im Aufnahmemitgliedstaat sichern. Sie enthalten aber auch das Verbot für den Herkunftsstaat, die Niederlassung seiner Staatsangehörigen oder der nach seinem Recht gegründeten Gesellschaften, die die Voraussetzungen des Artikels 58 EGV erfüllen, in einem anderen Mitgliedstaat zu behindern (z. B. Urteile vom 27. September 1988 in der Rechtssache 81/87, Daily Mail and General Trust, Slg. 1988, 5483, Rdnr. 16, und vom 18. November 1999 in der Rechtssache C-200/98, X und Y, Slg. 1999, I-8261, Randnr. 26, und vom 14.12.2000 C-141/99, AMID, Slg. 2000, I-11619 ff.).

Die Verrechnungsbeschränkung für die auslandsbezogenen Verluste in § 2a Abs. 1 Nr. 3a EStG stellt nach Auffassung des beschließenden Senats eine solche Behinderung durch Ungleichbehandlung dar (vgl. EuGH-Beschluss vom 12.9.2002, C-431/01, Philippe Mertens, Slg. 200, I-07073 Rdnr. 32), sich mit Tochtergesellschaften in anderen EG-Staaten niederzulassen.

Während in den Streitjahren bei Beteiligung an einer inländischen Tochtergesellschaft Betriebsausgaben durch Teilwertabschreibungen auf die Beteiligung an der Tochtergesellschaft mit allen positiven Einkünften der Muttergesellschaft verrechnet werden konnten, ist die Teilwertabschreibung auf eine Beteiligung an einer Tochtergesellschaft im EG-Ausland - wie oben dargelegt - durch § 2a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3a EStG zunächst nur insoweit zu berücksichtigen, wie sie mit positiven Einkünften der jeweils selben Art aus demselben Staat ausgeglichen werden kann. Liegen derartige positive Einkünfte aus dem Staat der Tochtergesellschaft nicht vor, kommt eine Verrechnung nur dann in Betracht, wenn die Voraussetzungen der Ausnahmeklausel in § 2a Abs. 2 EStG vorliegen, wenn also die ausländische Tochtergesellschaft ausschließlich oder fast ausschließlich "aktive" Tätigkeiten im Sinne des § 2a Abs. 2 EStG innerhalb der dort genannten zeitlichen Voraussetzungen ausgeübt hat. Ist danach ein Verlustausgleich/eine Berücksichtigung der Gewinnminderung zunächst ausgeschlossen, können diese nur mit späteren positiven Einkünften derselben Art aus demselben Staat verrechnet werden.

Im Ergebnis ist daher die Beteiligung an Kapitalgesellschaften im EG-Ausland gegenüber der Beteiligung an Tochtergesellschaften im Inland durch die erheblich beschränkten Möglichkeiten der Teilwertabschreibung bei Verlusten der ausländischen Tochtergesellschaften benachteiligt. Darüber hinaus beeinträchtigt die deutsche Regelung gegebenenfalls im Ausland einen mehrstufigen Konzernaufbau. Während aktive Tätigkeiten von Enkelgesellschaften der Tochtergesellschaft zugerechnet werden und damit den Verlustabzug eröffnen, findet eine derartige Zurechnung bei Urenkelgesellschaften und allen weiteren Stufen eines Konzerns nicht mehr statt.

Der Senat vermag nicht festzustellen, dass Gründe vorliegen, die ausnahmsweise die Ungleichbehandlung rechtfertigen könnten.

Derartige Gründe könnten vorliegen, wenn der Gesetzgeber mit § 2a Abs. 1 Nr. 3a EStG ein legitimes Ziel verfolgt, das mit dem EGV vereinbar und durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt ist. Erforderlich wäre zudem, dass die Maßnahme zur Erreichung des fraglichen Zieles geeignet ist und nicht über das hinausgeht, was hierzu erforderlich ist (vgl. u. a. EuGH-Urteile vom 15.5.1997 C-250/95, Futura Participations und Singer, Slg. 1997, I-2471, Rdnr. 26, vom 6.6.2000 C-35/98, Verkooijen , Slg. 2000, I-4071, Rdnr. 43; und vom 12.12.2002. C-324/00, Lankhorst-Hohorst, Der Betrieb - DB - 2002, 2690, Rn. 26).

Der Senat vermag nicht positiv festzustellen, dass die Regelung in § 2a Abs. 1 Nr. 3a EStG durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt ist.

Der Gesetzgeber hat die Einführung des § 2a Abs. 1 und 2 EStG, der die jetzt im Streit stehende Regelung in § 2a Abs. 1 Nr. 3a EStG noch nicht enthielt, damit begründet, dass der Verlustausgleich/-abzug auf Grund von Tätigkeiten ausgeschlossen werden sollte, mit denen zu Lasten des inländischen Steueraufkommens volkswirtschaftlich nicht sinnvolle Verwendungszwecke verfolgt würden. Die Verluste aus diesen Tätigkeiten führten zu einer erheblichen Steuerersparnis, ohne dass die Investitionen für die deutsche Volkswirtschaft einen erkennbaren Nutzen erbrächten. Eine Ausnahme sollte nur für Verluste aus bestimmten aktiven gewerblichen Tätigkeiten, die in Auslandbetriebsstätten inländischer Unternehmer ausgeübt würden, bestehen, die im Interesse der deutsche Volkswirtschaft lägen (Bundestagsdrucksache - BT-Drs. - 9/2074 unter B.I.1., S. 62). In der Begründung zum Steueränderungsgesetz 1992 führt der Gesetzgeber aus, dass die ursprüngliche Regelung die hier streitbefangene Teilwertabschreibung auf Anteile an ausländischen Körperschaften, die in einem inländischen Betriebsvermögen gehalten werden, nicht erfasse. Die sich daraus ergebende steuerliche Ungleichbehandlung im Verhältnis zu Verlusten aus ausländischen Betriebsstätten sei nicht gerechtfertigt (BT-Drs. 12/1108 II. zu Art. 1, Nr. 1, Seite 50/51).

Die Begründung für die Schlechterstellung der Investitionen in ausländische Tochtergesellschaften ist daher zunächst rein wirtschaftlich motiviert. Dies allein kann aber nach ständiger Rechtsprechung des EuGH keinen zwingenden Grund des Allgemeininteresses darstellen, der eine Beschränkung einer durch den Vertrag gewährleisteten Grundfreiheit rechtfertigen könnte (EuGH-Urteile vom 28.4.1998 C-120/95, Decker, Slg. 1998, I-1831, Rdnr. 39; Kohll, C-158/96, Slg. 1998, I-1931, Rdnr. 41 und vom 6.6.2000 C-35/98, Verkooijen , Slg. 2000, I-4071, Rdnr. 48).

Auch der in der Gesetzgebungsbegründung befürchtete Einnahmeausfall aus der Berücksichtigung volkswirtschaftlich unerwünschter Verluste, ist im Lichte der neueren EuGH-Rechtsprechung nicht geeignet, einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses darzustellen. So entscheidet der EuGH inzwischen in ständiger Rechtsprechung, dass Steuermindereinnahmen nicht als zwingender Grund des Allgemeininteresses anzusehen sind, der zur Rechtfertigung einer Maßnahme angeführt werden kann, die grundsätzlich einer Grundfreiheit zuwiderläuft (vgl. EuGH-Urteil vom 18.9.2003, C-168/01, Bosal Holding B.V., Deutsches Steuerrecht Entscheidungsdienst - DStRE - 2003, 1226, Rdnr. 42 m. w. N.).

Nach Überzeugung des beschließenden Senats kann § 2a Abs. 1 Nr. 3a EStG auch nicht als gesetzliche Regelung gegen missbräuchliche Konstruktionen gerechtfertigt werden. Es ist zwar zulässig rein künstliche Konstruktionen, die auf eine Umgehung des Steuerrechts eines Mitgliedsstaates gerichtet sind, von einem Steuervorteil auszuschließen (vgl. EuGH- Urteil vom 16.7.1998 C-264/96, ICI, Slg. 1998, I-4695, Rdnr. 26). Dies kann § 2a Abs. 1 Nr. 3a EStG aber nicht rechtfertigen, weil die Vorschrift weit über das zur Erreichung dieses Ziels Erforderliche hinausgeht.

Zwar war mit der hier streitbefangenen Vorschrift unter anderem bezweckt, Tätigkeiten zu unterbinden, die allein zum Zwecke der Steuerersparnis unternommen werden. Allein die Tatsache, dass eine Tochtergesellschaft Sitz und Geschäftsleitung im Ausland hat, indiziert indes keine Steuerumgehung. Auch die Beschränkung der begünstigten, aktiven Tätigkeiten geht weit über das hinaus, was zur Abwehr von Missbrauchsgestaltungen erforderlich ist. So werden - für die Klägerin als ...unternehmen besonders bedeutsam - z. B. die Einkünfte, die aus Aktivitäten erzielt werden, die der Errichtung oder dem Betrieb von Anlagen, die dem Fremdenverkehr dienen, als passive Einkünfte qualifiziert. Davon erfasst sind nach dem Wortlaut der Vorschrift z. B. Verluste, die ein Bauunternehmer bei der Errichtung und Veräußerung eines Hotels erleidet. Warum in derartigen Aktivitäten, aber auch in dem Betrieb eines Hotels oder Ferienparks, eine zu bekämpfende missbräuchliche Gestaltung liegen soll, ist nicht zu erkennen (vgl. dazu und zu weiteren Beispielen Mössner in Kirchhof/Söhn, EStG, § 2a Rdnr. C 17 ff.; Vorschlag zu teleologischer Reduktion der Vorschrift bei Probst in Flick/Wassermeyer/Baumhoff, Außensteuerrecht, § 2a EStG in Rdnr. 175). Insbesondere auch dieser Fall der Rückausnahme - Fremdenverkehr - wird in der Literatur als überzogen (Wied in Blümich, EStG, § 2a Rdnr. 87) angesehen. Die Folgen seien rational nur schwer begründbar (Mössner, a. a. O. Rdnr. C 17 m. w. N.) oder müssten gegen den Wortlaut einschränkend ausgelegt werden (Probst a. a. O. und in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 2a EStG Rdnr. 174 m. w. N.).

Der Senat sieht auch keine Rechtfertigung der angegriffenen Vorschriften in dem Argument einer wirksamen Steuerkontrolle. Einerseits hat der Gesetzgeber sich selbst nicht in den Gesetzgebungsmaterialien auf dieses Argument gestützt. Andererseits hat der EuGH zwar die Notwendigkeit der Wirksamkeit der Steuerkontrollen als möglichen Rechtfertigungsgrund für Regelungen anerkannt, die die vom Vertrag gewährleisteten Grundfreiheiten einschränken können (EuGH-Urteil vom 15.5.1997, C-250/95 Futura Participations und Singer, Slg. 1997, I-2471, Rdnr. 31 ). Nach der Rechtsprechung des EuGH erlaubt danach das Europarecht einem Mitgliedstaat die Anwendung von Maßnahmen, die die klare und präzise Feststellung der Höhe der in diesem Staat abziehbaren Ausgaben ermöglichen. Nicht gerechtfertigt ist es jedoch, dass der Staat den Abzug von Aufwendungen im Inland oder EG-Ausland von unterschiedlichen Voraussetzungen abhängig macht (EuGH-Urteil vom 28.10.1999, C 55/98 - Vestergaard, Slg. 1999, I-7643, Rdnr. 21).

Nach bisheriger Überzeugung des Senats ist auch der Gesichtspunkt der kohärenten Besteuerung (vgl. dazu z.B. EuGH-Urteile vom 28.1.1992, C-204/90, Bachmann, Slg. 1992, I-249 Rdnr. 28, und C-300/90 Kommission gegen Belgien, Slg. 1992, I-305) nicht geeignet, die Schlechterstellung derjenigen Muttergesellschaften, die wie die Klägerin (J.) ausländische Tochtergesellschaften ohne aktive Einkünfte im Sinne des § 2a EStG haben, gegenüber den Muttergesellschaften, die inländische Tochtergesellschaften mit eben solchen passiven Einkünften haben, zu rechtfertigen.

Der Senat versteht die bisherige Rechtsprechung des EuGH zur Kohärenz als Rechtfertigungsgrund dahingehend, dass Voraussetzung für die Rechtfertigung durch den Kohärenzgedanken ist, dass ein in der Gegenwart gewährter Steuervorteil in unauflösbarem Zusammenhang damit stehen muss, dass dasselbe Steuersubjekt die vorläufig aufgeschobene Steuer zu einem späteren Zeitpunkt an denselben Steuergläubiger zahlt (vgl. z.B. EuGH-Urteile vom 11.8.1995, C-80/94, Slg. I-1995, 2493, Wielockx, Rdnr. 24 f.; vom 28.10.1999, C 55/98 - Vestergaard, Slg. 1999, I-7643, Rdnr. 21; Rädler/Lausterer in Festschrift W. Müller, a.a.O., 337, 360, m.w.N.; BFH-Beschluss vom 13.11.2002 I R 13/02, BStBl II 2003, 795).

Einen solchen unmittelbaren Zusammenhang vermag der Senat hier nicht festzustellen. Im Hinblick auf die Steuerfreiheit von Veräußerungsgewinnen, die nach nationalem deutschen Steuerrecht (§ 8b Abs. 2 KStG i. d. F. des Standortsicherungsgesetzes) gewährt wird, greift das Kohärenzargument schon deshalb nicht ein, weil § 8b KStG nach § 54 Abs. 1 KStG i. d. F. des Standortsicherungsgesetzes erstmals für den Veranlagungszeitraum 1994 anzuwenden war. Die Regelung erfasst daher das erste Streitjahr nicht.

Ob das Argument im übrigen greift, erscheint zweifelhaft. Nach Auffassung in der Literatur wird die Kohärenz nicht gewahrt, da nach § 8b Abs. 2 KStG ein Veräußerungsgewinn nur dann steuerfrei bleiben sollte, soweit sich nicht in früheren Jahren eine bei der Gewinnermittlung berücksichtigte Gewinnminderung durch eine Teilwertabschreibung ergeben hatte. Es bestehe also kein unmittelbarer Zusammenhang zwischen einer gegenwärtigen steuerlichen Abzugsfähigkeit und einer späteren Besteuerung, da sich erst bei einer späteren Veräußerung zeigen müsse, ob überhaupt ein Gewinn entstehe (Rädler/Lausterer in Festschrift W. Müller, a.a.O., 337, 360).

Auch die Steuerbefreiung für die Dividenden der Tochtergesellschaft führt nicht zur Annahme einer die Einschränkung der Grundfreiheiten rechtfertigenden Kohärenz. Die Steuerfreiheit der Dividenden wird auf der Ebene des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem O. hergestellt. Sie findet daher auf der Ebene des bilateralen Abkommens statt. Da die steuerliche Kohärenz auf der Grundlage eines mit einem anderen Mitgliedstaat geschlossenen bilateralen Abkommens gewährleistet wird, kann nach der Rechtsprechung des EuGH dieser Grundsatz nicht herangezogen werden, um die Verweigerung einer Abzugsmöglichkeit, wie sie hier in Rede steht, zu rechtfertigen (EuGH-Urteil vom 11.8.1995, C-80/94, Slg. I-1995, 2493, Wielockx, Rdnr. 24, 25).

Abschließend kommt der Senat damit zu der Überzeugung, dass es überwiegend wahrscheinlich ist, dass die Auslegung der Art. 52 (jetzt Art. 43) in Verbindung mit Art. 58 (jetzt Art. 48) EGV durch den EuGH dazu führen wird, dass eine Regelung wie der hier streitbefangene § 2a Abs. 1 Nr. 3a EStG unvereinbar mit den genannten Artikeln des EGV ist und deshalb der Klage stattzugeben ist. Die Vorlage an den EuGH erscheint daher allein aus diesem Grunde bereits geboten.

Der Senat hält es außerdem für wahrscheinlich, dass im Streitfall auch eine Beeinträchtigung der Kapitalverkehrsfreiheit vorliegt.

Hinsichtlich der Kapitalverkehrsfreiheit gilt im Streitjahr 1993 die Regelung in Art. 67, 69 EWGV. Aufgrund der Richtlinie 88/361/EWG vom 24.6.1988 zur Umsetzung von Art. 67 EWGV ist seit dem 1.7.1990 das in Art. 1 dieser Richtlinie enthaltene Beeinträchtigungsverbot unmittelbar wirksam (vgl. EuGH-Urteile vom 6.6.2000 C-35/98, Verkooijen, Slg. 2000, I-4071; vom 23.2.1995 in den Rechtssachen C-358/93 und C-416/93, Bordessa u. a., Slg. 1995, I-361, Rdnr. 33; Schön, Europäische Kapitalverkehrsfreiheit und nationales Steuerrecht in Gedächtnisschrift für Knobbe-Keuk, 1997, S. 743 ff. m. w. N. zur EuGH-Rechtsprechung; Rädler/Lausterer, a. a. O. S. 362 m. w. N.) . Mit Wirkung vom 1.1.1994 ist Art. 73b EGV mit seinem unmittelbar anwendbaren Behinderungsverbot für Kapitalverkehrsvorgänge durch den EGV i. d. F. des Maastricht-Vertrages eingeführt worden.

Sowohl auf der Ebene der Regelung in Art. 67, 69 EGV i. V. m. der Richtlinie 88/361/EWG als auch auf der Ebene des Art. 73b EGV sind alle Beschränkungen des Kapitalverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten verboten. Die Sondertatbestände des Art. 73e EGV betreffen bereits in Art. 5, 6 der Richtlinie 88/361/EWG geregelte Sachverhalte, die Regelungen der Bundesrepublik Deutschland nicht betreffen.

Allerdings besteht in Art. 73d Abs. 1a EGV ein Vorbehalt, wonach Art. 73b EGV nicht das Recht der Mitgliedstaaten berührt, die einschlägigen Vorschriften ihres Steuerrecht anzuwenden, die Steuerpflichtige mit unterschiedlichem Wohnort oder Kapitalanlageort unterschiedlich behandeln. Außerdem enthält Art. 73d Abs. 1b EGV einen weiteren Vorbehalt, der es den Mitgliedstaaten erlaubt, die unerlässlichen Maßnahmen zu treffen, um Zuwiderhandlungen gegen innerstaatliche Rechts- und Verwaltungsvorschriften, insbesondere auf dem Gebiet des Steuerrechts und der Aufsicht über Finanzinstitute, zu verhindern, sowie Meldeverfahren über den Kapitalverkehr zwecks administrativer oder statistischer Information vorzusehen oder Maßnahmen zu ergreifen, die aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit gerechtfertigt sind.

Diese Vorbehalte werden in Art. 73d Abs. 3 EGV aber dahingehend beschränkt, dass die vorgenannten Maßnahmen und Verfahren kein Mittel zur willkürlichen Diskriminierung noch zur verschleierten Beschränkung des freien Kapital- und Zahlungsverkehrs darstellen dürfen. Nach der Rechtsprechung des EuGH ist in Artikel 73d Absatz 3 EGV klargestellt, dass die nationalen Vorschriften, auf die sich Artikel 73d Absatz 1 Buchstabe a bezieht, weder ein Mittel zur willkürlichen Diskriminierung noch eine verschleierte Beschränkung des freien Kapital- und Zahlungsverkehrs im Sinne des Artikels 73 b darstellen dürfen. Daher ist nach der Rechtsprechung des EuGH stets zu prüfen, ob die Beschränkung von Kapitalbewegungen, die durch eine Rechtsvorschrift hervorgerufen wird, durch einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses gerechtfertigt werden kann (EuGH-Urteil vom 6.6.2000 C-35/98, Verkooijen, Slg. 2000, I-4071, Rdnr: 44 ff.).

Im Streitfall liegt zunächst eine Beschränkung des Kapitalverkehrs vor.

Die Regelung in § 2a Abs. 1 Nr. 3a EStG zielt zwar nicht unmittelbar auf eine Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit, hier in der Form der Direktinvestition ins EG-Ausland (vgl. zum Gegenstand der Kapitalverkehrsfreiheit z. B. EuGH-Urteil vom 6.6.2000 C-35/98, Verkooijen, Slg. 2000, I-4071; Anh. I der Richtlinie 88/361/EWG vom 24.6.1988 "Nomenklatur für den Kapitalverkehr"). Sie beeinträchtigt aber die Investitionen in ausländischen Tochtergesellschaften, weil insoweit Teilwertabschreibungen im Gegensatz zu Investitionen im Inland nur begrenzt steuermindernd geltend gemacht werden können. Darin liegt eine bereits in Art. 67 EGV ausdrücklich verbotene Diskriminierung des Anlageorts "Ausland", da die Kapitalverkehrsfreiheit, wie ausgeführt, nach der Rechtsprechung des EuGH bereits durch eine verschleierte Beschränkung des Kapitalverkehrs beeinträchtigt wird.

Eine Rechtfertigung für diese Beschränkung vermag der Senat nicht zu erkennen. Insoweit wird auf die Ausführungen zur Niederlassungsfreiheit verwiesen.

Abschließend kommt der Senat damit zu der Überzeugung, dass es auch überwiegend wahrscheinlich ist, dass die Auslegung der Art. 67-73, 73b ff. (jetzt Art. 56 ff.) EGV durch den EuGH dazu führen wird, dass eine Regelung wie der hier streitbefangene § 2a Abs. 1 Nr. 3a EStG unvereinbar mit den genannten Artikeln des EGV ist, weshalb auch aus diesem Grunde die Vorlage an den EuGH geboten ist.






FG Köln:
Beschluss v. 15.07.2004
Az: 13 K 1908/00


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/0ba307fb7942/FG-Koeln_Beschluss_vom_15-Juli-2004_Az_13-K-1908-00




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