Bundespatentgericht:
Beschluss vom 24. Mai 2000
Aktenzeichen: 26 W (pat) 52/00

(BPatG: Beschluss v. 24.05.2000, Az.: 26 W (pat) 52/00)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Die Anmelderin hat gegen die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 20 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 16. Februar 1998 und 7. September 1999 Beschwerde eingelegt und erreicht, dass diese aufgehoben wurden. Die Anmelderin hatte die Bezeichnung "stil&store" für verschiedene Waren angemeldet. Die Markenstelle hatte die Anmeldung zurückgewiesen, da die Bezeichnung jegliche Unterscheidungskraft fehle und als Sachaussage zu verstehen sei. Die Anmelderin argumentierte, dass die Marke in ihrer Gesamtheit keinen eindeutig beschreibenden Sinngehalt habe und die Kombination der Begriffe "stil" und "store" nicht naheliegend sei. Das Wort "store" sei mehrdeutig und könne sowohl "Vorhang" als auch "Lager" bedeuten. Die Anmelderin stellte selbst keine Stores her und verkaufte sie auch nicht. Das Bundespatentgericht stimmte der Beschwerde zu und entschied, dass die angemeldete Marke nicht die Schutzhindernisse der mangelnden Unterscheidungskraft und des Freihaltebedürfnisses erfüllt. Die Bezeichnung enthalte keine konkret warenbezogene Aussage und sei insgesamt zu ungenau und verschwommen. Zudem gebe es verschiedene Interpretationsmöglichkeiten, was einen gewissen Phantasiegehalt der Marke zeige. Es bestehe kein Freihaltebedürfnis an allgemeinen Ausdrücken, die nicht warenbezogen sind. Die Marke besitze Unterscheidungskraft, da sie weder einen beschreibenden Begriffsgehalt aufweist noch gebräuchlich in der Werbung verwendet wird. Die Beschlüsse der Markenstelle wurden daher aufgehoben.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 24.05.2000, Az: 26 W (pat) 52/00


Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelderin werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 20 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 16. Februar 1998 und 7. September 1999 aufgehoben.

Gründe

I.

Beim Deutschen Patent- und Markenamt ist die Bezeichnung

"stil&store"

für die verschiedensten Waren der Klassen 20, 6, 7, 8, 9, 11, 16, 19, 21, 22, 24, 26 und 27 zur Eintragung in das Markenregister angemeldet worden.

Die Markenstelle für Klasse 20 des Deutschen Patent- und Markenamts hat diese Anmeldung zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, daß der angemeldeten Bezeichnung jegliche Unterscheidungskraft fehle. Bei ihr handle es sich um eine den Gepflogenheiten der Werbesprache entsprechende Sachaussage, die in knapper Form die Art des Geschäftsbetriebs der Anmelderin wiedergebe. Die angemeldeten Waren stünden auch in engstem Zusammenhang mit Stores (Store = durchscheinender Vorhang, der die ganze Fensterfläche bedeckt) und Stilgarnituren. Begegne der Verbraucher dem angemeldeten Zeichen, werde er denken, daß der Hersteller offensichtlich für sämtliche Waren, die zusammen eine Einheit bildeten, ein Fachbetrieb sei. Auch das kaufmännische &-Zeichen zwischen den beiden Wörtern sei längst Bestandteil der Werbesprache geworden. Unerheblich sei, daß das Warenverzeichnis selbst "Stores" nicht enthalte. Ein Großteil der Waren stehe nämlich mit der Gestaltung von Stores in unmittelbarer Verbindung. Auch die Tatsache, daß die angemeldete Bezeichnung sowohl als Hinweis auf "stilvolles Wohnen mit Stores", aber auch auf "stilvolle Ausgestaltung von Stores" aufgefaßt werden könne, begründe keine Unterscheidungskraft, da eine leichte Mehrdeutigkeit in der Werbung heute üblich sei. Zudem sei es nach ständiger Rechtsprechung für die Annahme mangelnder Unterscheidungskraft nicht Voraussetzung, daß die angemeldete Bezeichnung eine warenbeschreibende Bedeutung habe.

Hiergegen wendet sich die Anmelderin mit der Beschwerde. Die angemeldete Marke weise in ihrer Gesamtheit keinen eindeutig beschreibenden Sinngehalt auf, sondern sei mehrdeutig. Auch sei die Kombination der beiden Begriffe "stil" und "store" nicht naheliegend. Zudem sei das Wort "store" selbst mehrdeutig, denn im Deutschen weise es auf einen bestimmten Vorhang hin, im Englischen dagegen auf ein Lager oder Depot. Die Anmelderin stelle selbst keine Stores her und verkaufe diese auch nicht. Der angemeldeten Bezeichnung stehe deshalb weder das Eintragungshindernis der mangelnden Unterscheidungskraft noch ein Freihaltebedürfnis entgegen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist begründet. Der Eintragung der angemeldeten Marke in das Markenregister stehen die Schutzhindernisse des § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG nicht entgegen.

Nach § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG sind Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der in Frage stehenden Waren dienen können. Danach sind nur solche Bezeichnungen vom Schutz als Marke ausgeschlossen, die eine konkret warenbezogene beschreibende Sachaussage enthalten, die auf eine bestimmte, für die umworbenen Abnehmerkreise bedeutsame Eigenschaft der Ware selbst Bezug nimmt (BGH GRUR 1998, 465, 467 - BONUS; 1998, 813, 814 - CHANGE; BlPMZ 1999, 410, 411 - FOR YOU). Eine solche konkrete Aussage über eine für den Verkehr bedeutsame Eigenschaft der beanspruchten Waren enthält die angemeldete Bezeichnung jedoch nicht.

Zwar ist eine angemeldete Marke grundsätzlich in ihrer Gesamtheit zu beurteilen (BGH BlPMZ 1995, 193, 194 - PROTECH). Das eingereichte Warenverzeichnis beinhaltet jedoch bereits keine "Stores", so daß dem Zeichenbestandteil "store" keine Warenbenennung und also auch keine Beschaffenheitsangabe zu entnehmen ist. Soweit die beanspruchten Waren weder unmittelbar noch mittelbar mit "Stores" Berührungspunkte haben, wie dies beispielsweise bei den Waren "Zubehör für Markisen" oder "Tapetenscheren" oder "Sicherheitsmatten" der Fall ist, liegt auch keine Bestimmungsangabe vor. In diesem Umfang scheidet folglich eine beschreibende Bedeutung der angemeldeten Marke bereits deshalb aus, weil der Zeichenbestandteil "store" in dem beanspruchten Warenverzeichnis keine Entsprechung hat. Auch für die übrigen Waren kann der angemeldeten Marke in ihrer Gesamtheit jedoch kein konkret beschreibender Gehalt entnommen werden. Die Angabe "stil&store" ist insgesamt zu ungenau und verschwommen. Unklar bleibt, ob die so gekennzeichneten Waren als Hinweis auf "stilvolles Wohnen mit Stores" oder als Hinweis auf "stilvolle Ausgestaltung von Stores" zu verstehen ist. Hinzu kommt, daß einem nicht unerheblichen Teil der Bevölkerung angesichts der mit "Vorhänge" kaum assoziierbaren Waren bei dem Wort "store" dessen englische Bedeutung "Lager, Depot" in den Sinn kommen wird. Bereits diese verschiedenen Verständnismöglichkeiten lassen einen gewissen Phantasiegehalt der angemeldeten Marke erkennen. In diesem Gesamtzusammenhang läßt sich auch dem Begriff "stil" kein eindeutiger Sinngehalt entnehmen. Vielmehr läßt er sich in die verschiedensten Richtungen interpretieren und eine Ausgestaltung der Waren in den verschiedensten Formen, Farben und Mustern vermuten. Insgesamt lassen sich also mit dem Gesamtbegriff keine konkreten Vorstellungen verbinden, vielmehr bleiben diese uneinheitlich und unterscheiden sich je nach Betrachter und dessen individueller Phantasie. Damit ist die angemeldete Marke nicht beschreibend. Ein darüber hinausgehendes Eintragungshindernis eines Freihaltebedürfnisses an allgemeinen, nicht warenbezogenen und in verschiedenen Warenbereichen einsetzbaren Ausdrücken kann § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG nicht entnommen werden (BGH aaO - FOR YOU). Daß - u U - mit der angemeldeten Bezeichnung ein gewisses (positiv besetztes) "Ambiente" der so gekennzeichneten Waren vermittelt werden soll, das damit indirekt zur Wertschätzung der Waren beiträgt, stellt kein Eintragungshindernis im Sinne des § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG dar. Ein gegenwärtiges oder bereits jetzt absehbares zukünftiges Freihaltebedürfnis besteht folglich an der angemeldeten Bezeichnung nicht.

Der angemeldeten Marke fehlt auch nicht jegliche Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG.

Unterscheidungskraft im Sinne dieser Vorschrift ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die angemeldeten Waren eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefaßt zu werden. Hierbei ist grundsätzlich ein großzügiger Maßstab anzulegen, d h jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um dieses Schutzhindernis zu überwinden, zumal der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in aller Regel so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, und keiner analysierenden Betrachtungsweise unterzieht. Kann demnach einer Wortmarke kein für die in Frage stehenden Waren im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsgehalt zugeordnet werden und handelt es sich auch sonst nicht um ein gebräuchliches Wort der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer beschreibenden Verwendung in der Werbung (BGH WRP 1998, 495, 496 - Today) - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so gibt es keinen tatsächlichen Anhalt dafür, daß einem als Marke verwendeten Wortzeichen jegliche Unterscheidungskraft fehlt (BGH BlPMZ 1999, 408, 409 - YES).

Die angemeldete Wortmarke weist, wie im Hinblick auf das Schutzhindernis des§ 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG bereits festgestellt wurde, keinen konkret beschreibenden Begriffsgehalt auf. Es fehlen auch Anhaltspunkte, daß die beanspruchte Marke als beschreibende Angabe auf Produkten der Mitbewerber oder ganz allgemein in der Werbung verwendet wird. Weder der Senat noch die Markenstelle haben entsprechende Feststellungen zu treffen vermocht.

Die angefochtenen Beschlüsse waren mithin aufzuheben.

Kraft Reker Ederprö






BPatG:
Beschluss v. 24.05.2000
Az: 26 W (pat) 52/00


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