Bundesgerichtshof:
Urteil vom 20. Juni 2000
Aktenzeichen: X ZR 17/98

(BGH: Urteil v. 20.06.2000, Az.: X ZR 17/98)

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des 3. Senats (Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts vom 17. Juli 1997 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Von Rechts wegen.

Tatbestand

Die Beklagten sind eingetragene Inhaber des am 26. März 1983 unter Inanspruchnahme der inneren Priorität einer Voranmeldung vom 27. März 1982 angemeldeten deutschen Patents 33 11 078 (Streitpatent), dessen Erteilung am 20. Februar 1986 bekannt gemacht wurde. Das Patent betrifft eine hydraulische Spannmutter. Sein Patentanspruch 1 lautet in der erteilten Fassung wie folgt:

"Hydraulische Spannmutter mit einem ringförmigen Gehäusekörper, welcher mittels Innengewinde auf den Spannbolzen einer Spannvorrichtung für umlaufende Werkstücke oder Werkzeuge aufschraubbar ist, und in dem ein umlaufender Kanal für ein Druckmedium sowie ein Zylinder mit einem darin abgedichtet geführten Kolben zur Ausübung der Spannkraft auf das Werkstück bzw. Werkzeug angeordnet sind, wobei in den Kanal ein Rückschlagventil zur Einführung von Druckmedium und zur Aufrechterhaltung des Spanndrucks sowie ein Ablaßventil zur Druckentlastung münden, dadur ch ge kenn zei chnet , daß im Gehäusekörper (15') mehrere Zylinderbohrungen (18) parallel sowie konzentrisch zur Rotationsachse angeordnet und mit dem Kanal (22) verbunden sind, in denen eine entsprechende Anzahl von Kolben (19) individuell abgedichtet und beweglich geführt ist."

Wegen der auf diesen Anspruch rückbezogenen weiteren Patentansprüche 2 bis 9 wird auf die Streitpatentschrift verwiesen.

Mit der Behauptung, der Gegenstand des Streitpatents sei durch den Stand der Technik vorweggenommen, jedenfalls aber beruhe er nicht auf erfinderischer Tätigkeit, hat die Klägerin Nichtigkeitsklage mit dem Ziel erhoben, das Streitpatent insgesamt für nichtig zu erklären. Die Beklagten haben das Schutzrecht verteidigt und um Abweisung der Klage gebeten.

Mit seinem Urteil vom 17. Juli 1997 hat das Bundespatentgericht die Klage abgewiesen.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie ihr Begehren auf Nichtigerklärung weiterverfolgt. Die zu deren Begründung zunächst weiter angeführten Nichtigkeitsgründe der mangelnden Ausführbarkeit und der unzulässigen Erweiterung hat sie in der Berufungsinstanz fallen gelassen.

Die Beklagten treten der Berufung entgegen.

Prof. Dr.-Ing. Dr.-Ing. E.h. mult. T. , Direktor des Instituts für Fertigungstechnik an der Universität H. , hat im Auftrag des Senats ein schriftliches Gutachten erstattet und dieses in der mündlichen Verhandlung erläutert und ergänzt.

Gründe

Die zulässige Berufung bleibt in der Sache ohne Erfolg. Wie das Bundespatentgericht hat auch der erkennende Senat nicht die Überzeugung gewinnen können, daß die geltend gemachten Nichtigkeitsgründe der mangelnden Neuheit und erfinderischen Tätigkeit (Art. 138 EPÜ, Art. II § 6 IntPatÜG, Art. 54, 56 EPÜ) gegeben sind.

I. Nach seiner einleitenden Beschreibung betrifft das Streitpatent eine hydraulische Spannmutter mit einem ringförmigen Gehäusekörper, der mit Hilfe eines Innengewindes auf den Spannbolzen einer Spannvorrichtung für umlaufende Werkstücke oder Werkzeuge aufgeschraubt werden kann. Entsprechende Spannmuttern, die nach den Angaben in der Beschreibung des Streitpatents handelsüblich und als solche im Stand der Technik bekannt sind, wiesen -wie in der Beschreibung weiter ausgeführt wird -häufig einen umlaufenden Kanal zur Aufnahme eines Druckmediums sowie einen Zylinder mit einem darin abgedichtet geführten Kolben auf. Über diesen wird -ausgelöst durch ein in den Kanal eingebrachtes Druckmedium -Spannkraft auf das Werkstück bzw. Werkzeug ausgeübt. Zum Einbringen des Mediums und damit zur Aufbringung des Druckes sind ein Rückschlagventil zur Einführung des Mediums und ein Ablaßventil zur Druckentlastung vorgesehen, die in den Kanal einmünden. Die Erzeugung des Druckes hat zur Folge, daß die dem Zylinder abgewandte Seite des Kolbens gegen das Werkstück oder Werkzeug gepreßt wird. Mit Hilfe der so erzeugten Spannkraft sollen, wie der gerichtliche Sachverständige anschaulich und überzeugend erläutert hat, zusätzliche Reibkräfte erzeugt werden, die es gestatten, ein Drehmoment und so die Bewegung des tragenden Teils auf das Werkstück bzw. Werkzeug verbessert zu übertragen. Ein einleuchtendes Beispiel für die Notwendigkeit dieser zusätzlichen Kräfte bildet die in der Streitpatentschrift angeführte Befestigung von Schleifscheiben, auf die während des Arbeitsvorganges im unterschiedlichen Maße Kräfte mit anderer als achsparalleler Richtung einwirken und deshalb zum Verkanten oder Verbiegen des Werkzeuges führen können. Diese bergen die Gefahr eines Schlupfes des Werkzeuges oder von Instabilitäten in sich.

Bei den in der Streitpatentschrift als aus dem Stand der Technik bekannt geschilderten Formen entsprechender Spannmuttern sind sowohl Kolben als auch Zylinder ringförmig ausgebildet, wobei der Kolben axial verschieblich in dem Zylinder gelagert wird. Zur Aufbringung der Spannkraft wird der ringförmige Zylinderraum, der zugleich den umlaufenden Kanal darstellt, mit dem Druckmedium befüllt und auf diese Weise mit Druck beaufschlagt, so daß der Ringkolben infolge der Druckbelastung an das Werkstück bzw. Werkzeug herangebracht wird und dieses auf der Welle festspannt.

An diesen Spannvorrichtungen beanstandet die Streitpatentschrift die Gefahr, daß sich der die äußere Zylinderwandung bildende Gehäuseabschnitt unter dem Einfluß der Fliehkraft und des Drucks des Druckmediums aufweiten kann, was zu einem Leck und zu einem damit verbundenen Druckverlust und Abfall der Spannkraft führen könne. Das mache diese Lösung letztlich für schnell laufende Werkstücke bzw. Werkzeuge ungeeignet. Bei Schleifscheiben komme hinzu, daß diese bei der Arbeit häufig nicht nur tangential, sondern auch in anderen Richtungen belastet würden. Die dabei auftretenden Querkräfte könnten -lokal umlaufend - zu einer axialen Kippbewegung des Kolbens im Zylinder führen und dabei zugleich Schwingbewegungen anstoßen oder erzwingen. Das könne zu Beschädigungen des Kolbens, des Zylinders bzw. der zwischen ihnen eingesetzten Dichtung führen, was die Gefahr von Druckverlusten weiter erhöhe.

Dieser Kritik am Stand der Technik, der offenbarten Lösung und der weiteren Beschreibung entnimmt der fachkundige Leser als das dem Streitpatent zugrundeliegende technische Problem, eine hydraulische Spannmutter zur Verfügung zu stellen, die den extremen dynamischen Belastungen beim Einspannen schnell laufender rotierender Werkstücke oder Werkzeuge gewachsen ist und dabei insbesondere die geschilderten Nachteile aus den im Stand der Technik bekannten Lösungen vermeidet.

2. Zur Lösung dieses Problems schlägt die Streitpatentschrift eine Vorrichtung mit folgenden Merkmalen vor:

1.

Es handelt sich um eine hydraulische Spannmutter.

2.

Die Spannmutter besteht ausa) einem ringförmigen Gehäusekörperb) mit einem Innengewinde, c) mit dessen Hilfe der Gehäusekörper auf den Spannbolzen einer Spannvorrichtung für umlaufende Werkzeuge oder Werkstücke aufgeschraubt werden kann.

3. a) In dem Gehäusekörper ist ein umlaufender Kanal für ein Druckmedium vorhanden, in demb) ein Rückschlagventil zur Einführung des Druckmediums und zur Aufrechterhaltung des Spanndrucks sowiec) ein Ablaßventil zur Druckentlastung münden.

4.

In dem Gehäusekörper sind ferner a) parallel zur Rotationsachse und b) konzentrisch zu dieser Achse c) mehrere Zylinderbohrungen angeordnet.

5.

Die Zylinderbohrungen sind mit dem Kanal verbunden.

6.

In den Zylinderbohrungena) befindet sich eine entsprechende Anzahl von Kolben zur Ausübungder Spannkraft auf das Werkstück bzw. Werkzeug, wobei die Kolbenb) individuell abgedichtet undc) beweglich geführt sind.

Mit diesen Merkmalen offenbart das Streitpatent dem fachkundigen Leser eine Spannvorrichtung in Gestalt einer auf die Drehachse aufschraubbaren Mutter, bei der die auf das Gegenlager wirkende Reib- und Spannkraft abweichend vom kritisierten Stand der Technik das Einspannen des Werkstücks oder Werkzeugs nicht über einen umlaufenden ringförmigen und in sich starren Kolben, sondern über mehrere ringförmig auf dem Gehäusekörper verteilte Kolben erzeugt wird. Dabei erkennt der Durchschnittsfachmann, als den der Senat in Übereinstimmung mit dem gerichtlichen Sachverständigen und dem sachverständig besetzten Bundespatentgericht einen an einer Fachhochschule ausgebildeten Ingenieur der Fachrichtung Werkzeug- und Werkzeugmaschinenbau mit einer mehrjährigen Praxis bei der Entwicklung und Konstruktion entsprechender Geräte und zusätzlichen Erfahrungen auf dem Gebiet der Hydraulik hoher Drücke ansieht, aufgrund seines allgemeinen Fachwissens ohne weiteres, daß die in Merkmal 4 b bestimmte konzentrische Anordnung der Zylinderbohrungen nicht besagt, daß diese -und dementsprechend die Kolben mit ihrer Rotationsachse auf die Rotationsachse der Spannmutter ausgerichtet sein sollen. Wie der gerichtliche Sachverständige in anderem Zusammenhang zur Überzeugung des Senats ausgeführt hat, drängt sich dem Durchschnittsfachmann schon aufgrund einfachster Überlegungen die Erkenntnis auf, daß mit der konzentrischen Anordnung in erster Linie die kreisförmige Anordnung von Zylinderbohrungen um die Rotationsachse des Werkzeugs oder Werkstükkes bezeichnet wird, wobei ihre Rotationsachse vorzugsweise parallel zu dieser Achse geführt ist. Zweck der Vorrichtung ist die Erzeugung eines Spanndruckes auf dem eingespannten Werkzeug oder Werkstück, der mit vergleichsweise einfachen Mitteln dann zu erzeugen ist, wenn die dafür verwendeten Zylinder ihrerseits gegen das Werkzeug oder Werkstück geführt werden können. Das ist vor allem dann zu erreichen, wenn diese Rotationsachse auf das einzuspannende Werkzeug oder Werkstück ausgerichtet ist. Bestätigt wird er in diesem Verständnis durch die weitere Erläuterung der patentgemäßen Lehre in der Patentschrift und die mit dieser verbundenen Abbildungen.

Gegenlager für die Erzeugung der Spannkraft ist danach das Werkstück, auf dem sich die Kolben abstützen. Das mit diesem zusammenwirkende Lager wird gebildet über das Gewinde der Spannmutter, über das diese auf die Rotationsachse geschraubt wird und mit dessen Hilfe sie sich auf diesem abstützt. Wie der Fachmann, dem sich nach den überzeugenden Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen schon aufgrund des Inhalts der Patentansprüche sofort und ohne weiteres erschließt, bildet damit das Vorhandensein dieses Gewindes ein wesentliches Element der patentgemäßen Lehre, ohne das die in dem Streitpatent offenbarten Lehre als solche nicht ausgeführt werden kann.

Die mit diesen Mitteln erzeugte Spannkraft greift das einzuspannende Gut nur über die separaten Kolben und damit -anders als der kritisierte Stand der Technik -nicht mit einem starren Ring, sondern eher punktuell an. Das Fehlen einer festen Verbindung zwischen den einzelnen Druckpunkten ermöglicht eine einzelne Ausrichtung der Spannmittel auf den einzuspannenden Gegenstand. Zugleich sorgt die Verbindung der Zylinder untereinander über den Kanal für einen permanenten Druckausgleich, nachdem die Aufrechterhaltung eines einheitlichen Anpreßdruckes durch die Kolben in ihrer jeweiligen Stellung gesichert ist. Diese Drücke, wie der gerichtliche Sachverständige bestätigt hat, sind im gleichen Druck auch dann auf das Werkstück, wenn dieses infolge der Bearbeitung oder des Arbeitsvorganges aus einer über seine gesamte Oberfläche vertikalen Lage zur Rotationsachse herausgerät.

II. Eine Spannschraube mit sämtlichen dieser Merkmale findet sich in keiner der vorliegenden Entgegenhaltungen und wird durch diese daher nicht neuheitsschädlich getroffen.

1. In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin die auf S. 22 des Katalogs der Firma K. , S. , rechts unten in einer Schemazeichnung dargestellte Vorrichtung als den nächstliegenden Stand der Technik bezeichnet. Auch der gerichtliche Sachverständige, der dieser in seinem schriftlichen Gutachten zunächst keine vertiefte Beachtung geschenkt hatte, hat sie bei seiner Anhörung als eine Veröffentlichung bezeichnet, auf die er und vor allem der Durchschnittsfachmann bei der Suche nach einer Verbesserung im Sinne der Problemstellung des Streitpatents zurückgegriffen hätte.

Nach den erläuternden Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen, denen die Parteien zugestimmt haben und denen der Senat folgt, ist Gegenstand der -wie zwischen den Parteien unstreitig ist -vorveröffentlichten Schrift an der genannten Stelle eine Einspannvorrichtung, die in der gezeigten Ausführungsform dem Festhalten von Ringen dient, die im Wälzfräsverfahren zu Zahnkränzen verarbeitet werden sollen. Bei diesem Verfahren wird nach den übereinstimmenden Angaben des gerichtlichen Sachverständigen und der Parteien das zu bearbeitende Gut um seine Rotationsachse gedreht, wobei in der gezeigten Ausführungsform mehrere Rohlinge übereinandergepackt sind.

An das so gebildete Paket wird das in der Abbildung nur angedeutete Fräswerkzeug mit einer gegenüber der des Paket gekippten Rotationsachse herangeführt mit dessen Hilfe die erforderlichen Einschnitte in die Rohlinge ausgeführt werden.

Eingespannt sind die Rohlinge über jeweils eine oberhalb und unterhalb des Pakets angeordnete Spannplatte, aus der nach der zeichnerischen Darstellung in der Nähe der äußeren unteren Kante Vorsätze herausstehen, die der gerichtliche Sachverständige in Übereinstimmung mit den Parteien als in Kolben bewegliche Zylinder identifiziert. Abbildung und Beschreibung entnimmt der Durchschnittsfachmann dabei nach den überzeugenden Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen, daß diese Zylinder untereinander in Verbindung stehen und auf diese Weise mit einem gemeinsamen Druckmedium beaufschlagt sind. Zweck dieser Kolben kann nach den Darlegungen des gerichtlichen Sachverständigen, denen der Senat auch insoweit folgt, aus der Sicht eines fachkundigen Lesers nur sein, Unebenheiten des eingespannten Gutes und betriebsbedingte Schwankungen und Bewegungen aufzufangen. Das setzt, wie ohne weiteres einleuchtet, eine Steuerung der Kolben in Abhängigkeit von den Bewegungen der übrigen voraus, die in einfacher Weise nur über eine Verbindung der Zylinder untereinander und eine Füllung dieser Verbindung durch ein Druckmedium zu erreichen ist.

Die Erzeugung der Spannkraft erfolgt nach den ebenfalls einleuchtenden und überzeugenden Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen, denen die Parteien auch insoweit beigetreten sind, über eine weitere, im unteren Bereich der Vorrichtung dargestellte Zylinder/Kolbenkombination. Diese -über die ganze Breite der Vorrichtung gehende Kombination stützt sich mit ihrer oberen Begrenzung an der Unterseite der unteren Spannplatte ab. Das Gegenlager bildet die obere Spannplatte, auf die bei dem Einbringen des Druckmittels in den Zylinder eine Zugkraft ausgeübt wird. Dabei verläuft der Kraftfluß von der Unterseite des -bei der Einbringung des Mediums nach unten bewegten -unteren Begrenzung der Kombination über eine in der Mitte des Pakets geführte, die Rotationsachse der Spannvorrichtung umgebende Verbindung, an der oben über einen Bajonettverschluß die obere Spannplatte befestigt ist, zu dieser hin.

Von dem durch das Streitpatent gelehrten Gegenstand unterscheidet sich die Vorrichtung nach der Entgegenhaltung mithin dadurch, daß diese zum einen nicht eine Spannmutter, sondern eine Spannvorrichtung betrifft. Dementsprechend wird bei ihr das Lagerpaar auf der einen Seite nicht über ein Gewinde, sondern auf beiden Seiten durch die Auflage auf einer Fläche erzeugt, so daß weder Merkmal 1 noch Merkmal 2 b verwirklicht sind. Ebenso fehlt die Aufschraubbarkeit nach Merkmal 2 c bei dieser Entgegenhaltung. Nicht erfüllt ist schließlich auch Merkmal 6 a, soweit es die Ausübung der Spannkraft auf das Werkstück betrifft. Diese wird nicht aktiv über die Kolben erzeugt. Diese dienen, wie der gerichtliche Sachverständige zur Überzeugung des Senats bestätigt hat, insoweit nur zur Übertragung einer anderweitig erzeugten Kraft, die dem Werkstück von ihnen damit nicht im Wortsinne ausgeübt, sondern nur vermittelt wird. Der gerichtliche Sachverständige hat in diesem Zusammenhang anschaulich dargelegt, daß der Begriff der Ausübung aus der Sicht des Fachmanns einen eher aktiven Vorgang beschreibt, der durch die lediglich passive Übertragung nicht erfüllt wird. Das Fehlen eines solchen Vorgangs der aktiven Erzeugung der Kraft wird nicht dadurch berührt, daß das insgesamt elastische System der Kolben selbsttätig eine Anpassung an Lageänderungen und Oberflächenunregelmäßigkeiten des Werkzeugs vornehmen kann. Das betrifft allein den internen Ausgleich in diesem, von der Erzeugung der Spannkraft nicht betroffenen System; eine eigene aktive Rolle wird ihm damit nicht übertragen.

2. Die Abbildung unten auf S. 32 der gleichen Druckschrift gibt nach der beigefügten Erläuterung eine hydraulische Sondervorrichtung für eine Auswuchtmaschine wieder. Nach den aus der Abbildung ersichtlichen Einzelheiten besteht sie aus einem ringförmigen Körper, in dem Vertiefungen zu erkennen sind, aus denen zylinderförmige Gebilde mit einem schneidenartigen oberen Abschluß hervorstehen. Wie der gerichtliche Sachverständige zur Überzeugung des Senats bestätigt hat, wird der Fachmann diese Gebilde als in durch die Öffnungen gebildeten Zylindern beweglich gelagerte Kolben ansehen, die mittels einer Hydraulikflüssigkeit in den Zylindern bewegt werden können. Als Lagerort dieser Flüssigkeit wird der Fachmann den unter dem ringförmigen Gebilde erkennbaren nicht rotationssymmetrischen Körper vermuten; wie der gerichtliche Sachverständige angenommen hat, wird er dabei davon ausgehen, daß die Steuerung der Kolben über die gleichfalls erkennbare Vierkantschraube an der Ausnehmung aus dem Tank erfolgen und dabei davon ausgehen, daß mit dieser das Volumen in dem Tank geändert und so Druck auf die Kolben in den Zylindern ausgeübt wird.

Ebenso wie die zuvor angesprochene Entgegenhaltung bietet auch diese keinen Anhaltspunkt für das Vorhandensein eines Gewindes, über das das für die Erzeugung der Spannkraft erforderliche Lager aufgebaut werden kann. Auch sie lehrt daher keine Spannmutter, sondern eine abweichend von dieser bei der Erzeugung von Lager und Gegenlager aufgebaute Spannvorrichtung. Schon damit unterscheidet sie sich jedenfalls in den Merkmalen 1 und 2 b und 2 c von dem Streitpatent. Darauf, ob ein weiterer für die Neuheitsprüfung wesentlicher Unterschied auch darin gesehen werden kann, daß die dargestellte Vorrichtung wegen der nicht rotationssymmetrischen Form des Grundkörpers für schnell umlaufende Werkstücke oder Werkzeuge ungeeignet ist, kommt es daher in diesem Zusammenhang nicht an.

3. Auch die auf Blatt HE 14 des Katalogs der Firma S. KG (Anlage B 12) dargestellte Sonderausführung eines Spannzylinders enthält keine die Neuheit ausschließende Vorwegnahme der Lösung nach dem Streitpatent. Zwar weist sie, wie der gerichtliche Sachverständige zur Überzeugung des Senats bestätigt hat, in einem ringförmigen Gebilde konzentrisch angeordnete Zylinder auf, in denen Kolben beweglich gelagert sind. Der gerichtliche Sachverständige hat weiter hinzugefügt, daß der fachkundige Betrachter der Abbildung auch im Prioritätszeitpunkt davon ausgegangen sein wird, daß die Zylinder untereinander verbunden sind. Als Alternative wäre nach den überzeugenden Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen aus der Sicht des Fachmanns nur jeweils eine eigene Verbindung der Zylinder mit dem bei den verschiedenen Spannvorrichtungen nach dieser Entgegenhaltung vorausgesetzten Druckaggregat, mit dessen Hilfe der Druck in den Zylindern aufgebaut und aufrechterhalten werden soll, in Betracht gekommen. Das wäre nach den Angaben des gerichtlichen Sachverständigen, denen der Senat auch insoweit folgt, aus der Sicht des Fachmanns ein gegenüber der ihm bereits damals bekannten Lösung mit einem gemeinsamen Zutritt für das Druckmedium und dessen Verteilung über einen alle Zylinder verbindenden Kanal gewesen.

Von der Lehre des Streitpatents unterscheidet sich die nach dieser Entgegenhaltung jedoch wiederum durch das Fehlen eines Innengewindes (Merkmal 2 b), mit dessen Hilfe auf den Spannbolzen einer Spannvorrichtung aufgeschraubt werden kann (Merkmal 2 c). Der gerichtliche Sachverständige hat darüber hinaus überzeugend darauf hingewiesen, daß der Veröffentlichung nichts für ihre Eignung zum Einspannen umlaufender Werkstücke oder Werkzeuge entnommen werden kann (Merkmal 2 c im übrigen). Eine solche Ausführungsform wird der Fachmann bei der Kenntnisnahme der Abbildung auch nicht automatisch mitlesen oder ergänzen. Sie hätte eine Vorrichtung zur Voraussetzung, mit deren Hilfe der Spanndruck während des Betriebs, d. h. der Rotation der Vorrichtung, aufrechterhalten werden kann. Das könnte -wie der gerichtliche Sachverständige in Übereinstimmung mit den Angaben der Klägerin geschildert hat -durch einen druckfesten Abschluß der zur Befüllung dienenden Öffnung des Verbindungskanals geschehen, für die er etwa eine Verschlußschraube oder auch ein Rückschlagventil als geeignet bezeichnet hat. Hinweise auf deren Verwendung sind der Schrift nicht zu entnehmen. Hinsichtlich der Erzeugung und Aufrechterhaltung stellt sie lediglich ein Hydraulikaggregat mit einem zusätzlichen Druckspeicher vor. Die Aufgabe dieses Speichers besteht nach den überzeugenden Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen in dem Ausgleich von Leckagen. Den Hinweisen auf diesen Speicher und das Aggregat konnte der Fachmann im Prioritätszeitpunkt daher nur entnehmen, daß letzteres fortlaufend mit der Spannvorrichtung verbunden blieb. Das aber hätte schon wegen des dann notwendigen Verbindungsschlauches zwischen Aggregat und Spannvorrichtung deren Beweglichkeit deutlich eingeschränkt; eine fortlaufende Rotationsbewegung wäre bei dieser Vorrichtung nicht möglich gewesen.

4.

Die nach dem unstreitigen Vorbringen weiter vorveröffentlichte Beschreibung der "K. -Hydromutter" (Anlage B 9) unterscheidet sich von der Lehre des Streitpatents zunächst dadurch, daß sie ausschließlich zur stationären Befestigung bestimmt ist. Das ist in der erläuternden Beschreibung dadurch zum Ausdruck gebracht worden, daß die Vorrichtung zum Einspannen von Gegenständen auf einem Maschinentisch verwendet werden soll. Sie enthält darüber hinaus kein Innengewinde, mit dessen Hilfe sie auf einen Spannbolzen aufgeschraubt werden kann. Der vorhandene Bolzen mit Gewinde, mit dem ein entsprechendes Gewinde im oberen Bereich der Vorrichtung korrespondiert, dient der Verringerung des Volumens in dem Vorratsbehälter, über die die Bewegung der am unteren Ende vorhandenen Kolben in den Zylindern ausgelöst und gesteuert werden soll. Auch bei dieser Vorrichtung sind daher jedenfalls die Merkmale 1, 2 a und 2 c nicht voll erfüllt. Darüber hinaus hätte der Durchschnittsfachmann sie nach den überzeugenden Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen im Prioritätszeitpunkt auch sonst allenfalls bedingt als für rotierende Werkstücke geeignet angesehen. Das Fehlen einer Zentriermöglichkeit bei der größeren, den Spannbolzen benachbarten Öffnung am unteren Ende der Vorrichtung begründete nach der anschaulichen Darstellung des gerichtlichen Sachverständigen die Gefahr eines Verrutschens aus der Idealstellung, die zu einer eine präzise Bearbeitung von Werkstücken gefährdenden Unwucht führen könnte. Das mußte diese Vorrichtung als für den vorgesehenen Zweck ungeeignet erscheinen lassen.

5.

Gegenstand der deutschen Auslegeschrift 1 961 424 ist eine hydraulische Vorrichtung zum Vorspannen von Bolzen. Mit dieser Bezeichnung entspricht ihr Gegenstand -wie der gerichtliche Sachverständige zur Überzeugung des Senats ausgeführt hat -trotz des abweichenden Wortlauts dem des Streitpatents. Wie bei diesem wird die Spannvorrichtung nach Anspruch 1 der Entgegenhaltung gebildet von einem ringförmigen Körper, der zumindest in angezogenem Zustand des Bolzens fest mit diesem verbunden ist, woraus der Fachmann auf das Vorhandensein eines Innengewindes zum Aufschrauben des Ringteils auf den Bolzen schließt. Zweck der Vorrichtung ist jedoch nicht die Aufrechterhaltung des Spanndrucks zur (weiteren) Befestigung eines umlaufenden Werkzeugs oder Werkstücks; mit Hilfe des erzeugten Druckes sollenvielmehr die Teile einer durch andere Bestandteile gebildeten Spannvorrichtung kurzfristig voneinander gelöst werden, um einen Zwischenring einzufügen oder um eine Lösung der bis dahin festen Spannvorrichtung zu ermöglichen. Nach Erreichung des jeweiligen Zwecks wird der Druck wieder abgebaut, so daß es jedenfalls an der vollen Verwirklichung des Merkmals 2 c fehlt.

6.

Die deutsche Auslegeschrift 26 35 678 hat eine Vorrichtung zum Gegenstand, die eine Einrichtung zum gleichzeitigen Verspannen der Schraube (Ausüben einer Axialkraft) und zum Anziehen der Mutter (Ausüben eines Drehmoments) aufweist. Die offenbarte Einrichtung besteht aus mindestens einem Kolben, der mit einem Druckmittel beaufschlagt werden kann, (mindestens) einem einen Druckmittelzylinder bildenden Stützkörper, der am Werkstück abgestützt werden kann und aus mindestens einem mit diesem Körper drehfest verbundenen Zahnring, dessen Zähne in der dem Werkstück abgewandten Planfläche angeordnet und mit flachen Zahnflanken versehen sind, die mit einem die anzuziehende oder zu lösende Mutter über eine Reibkupplung verbundenen Zahnring mit entsprechenden Zahnflanken in eine Wirkstellung zum Umwandeln der Längsbewegung des Kolbens in eine Drehbewegung der Mutter gebracht werden können. Der Zweckbestimmung nach handelt es sich bei dieser Vorrichtung zwar um eine hydraulische Spannvorrichtung, nicht jedoch aber um eine hydraulische Spannmutter im Sinne der Merkmalsgruppen 1 und 2, so daß schon aus diesem Grund eine Vorwegnahme der Lehre des Streitpatents durch die Entgegenhaltung ausscheidet. Darüber hinaus hat die Beklagte zutreffend darauf hingewiesen, daß bei der aus dieser Entgegenhaltung ersichtlichen Vorrichtung zwar ein Innengewinde vorhanden ist, das jedoch nicht an einem Gehäusekörper ausgebildet ist. Das Gewinde befindet sich an der Mutter mit dem Bezugszeichen 1, die nicht mit dem Gehäusekörper identisch ist.

7.

Bei den von den Zeugen P. Ko. und M. B. vorgelegten weiteren Zeichnungen hat der Senat nicht die Überzeugung gewinnen können, daß die von diesen geschilderten Spannvorrichtungen zum der Öffentlichkeit zugänglichen Stand der Technik zu rechnen sind. Zugänglichkeit im Sinne einer die Neuheit ausschließenden Vorwegnahme setzt voraus, daß die Öffentlichkeit, d.h. ein unbestimmter Kreis auf die entscheidende technische Information Zugriff nehmen kann (Sen.Urt. v. 5.6.1997 -X ZR 139/95, GRUR 1997, 892 -Leiterplattennutzen). An einer solchen Zugriffsmöglichkeit fehlt es, wenn von den Gegenständen nur ein begrenzter, der Vertraulichkeit unterliegender Personenkreis Kenntnis nehmen kann und nichts dafür zu erkennen ist, daß diese Vertraulichkeit verletzt wird. Wie die Zeugen bekundet haben, betrafen die von ihnen vorgelegten Zeichnungen und die von ihnen geschilderten Vorgänge jeweils Einzelaufträge von Kunden; die entsprechenden Vorrichtungen sind von ihrem Arbeitgeber jeweils nur an diese ausgeliefert worden. In einem solchen Verhältnis der Spezialanfertigung können regelmäßig sowohl der Kunde als u.U. auch der Hersteller auch ohne besondere Absprache Vertraulichkeit der mit der gemeinsamen Entwicklung verbundenen technischen Einzelheiten erwarten (vgl. dazu auch Sen.Urt. v. 10.11.1998 -X ZR 137/94, NJW-RR 1999, 834 -Herzklappenprothese). Anhaltspunkte, daß es sich hier anders verhalten hat, sind weder dem Vorbringen der Klägerin noch den Bekundungen der Zeugen zu entnehmen. Die haben vielmehr übereinstimmend darauf hingewiesen, daß sie vor der Aufnahme der Abbildungen auf S. 22, die ebenfalls eine solche Einzelanfertigung für einen speziellen Auftraggeber betreffen, in den Katalog Anlage B 7 die Zustimmung dieses Auftraggebers eingeholt haben. Das bestätigt, daß auch sie von der Vertraulichkeit dieser Informationen ausgegangen sind. Zudem haben sie für weitere Fälle angegeben, daß die jeweiligen Auftraggeber die Spannvorrichtung als Betriebsgeheimnis angesehen oder behandelt haben. Damit kann von einer Zugänglichkeit dieser Informationen für die Öffentlichkeit nicht ausgegangen werden, so daß sie als relevanter Stand der Technik nicht in Betracht kommen.

8.

Die übrigen Entgegenhaltungen liegen, wovon auch die Klägerin ausgeht, weiter von der Lehre des Streitpatents ab und bedürfen daher hier keiner näheren Erörterung.

III. Der Senat hat auch nicht die Überzeugung gewinnen können, daß dem oben näher bezeichnete Durchschnittsfachmann im Prioritätszeitpunkt eine hydraulische Spannmutter mit den Merkmalen des Streitpatents durch den Stand der Technik nahegelegt war.

1.

Allerdings hatte der einschlägige Fachmann Anlaß, sich um eine Weiterentwicklung der im Stand der Technik bekannten Befestigungsvorrichtungen zu bemühen. Wie der gerichtliche Sachverständige zur Überzeugung des Senats ausgeführt hat, waren mit den im Verlauf der technischen Entwicklung zunehmend größer gewordenen Umlaufgeschwindigkeiten bei den eingespannten Werkstücken bzw. Werkzeugen verstärkte Anforderungen an die Sicherheit der Einrichtung entstanden. Diese bedingten im Prioritätszeitpunkt in erster Linie eine Verbesserung der von der Vorrichtung ausgehenden Haltewirkung und damit der Spannmittel.

2.

Auch unter Berücksichtigung des danach bestehenden Innovationsdruckes ist jedoch nicht zu erkennen, daß der Stand der Technik dem auf der Suche nach einer Lösung des technischen Problems befindlichen Fachmann eine die patentgemäße Vorrichtung nahelegende Anregung geben konnte.

a) Die von der Klägerin als der patentgemäßen Lehre am nächsten kommender Stand der Technik bezeichnete Vorrichtung gemäß der Abbildung auf S. 22 der Anlage B 7 geht von einem anderen technischen Prinzip der Erzeugung des erforderlichen Spanndruckes aus, der hier über das Zusammenwirken mehrerer Platten und die auf diese wirkenden Kräfte hergestellt wird. Hinweise auf das für die Lehre des Streitpatents wesentliche Prinzip der Schraubverbindung, bei der ein mutterförmig ausgebildeter Spannring auf den Spannbolzen aufgeschraubt und so mit vergleichsweise einfachen Mitteln das eine der beiden notwendigen Gegenlager erzeugt wird, finden sich in der Schrift nicht. Darüber hinaus beschränkt sich ihre Offenbarung im wesentlichen auf eine Abbildung, deren Deutung dem Fachmann Schwierigkeiten bereitet und deren Verwertbarkeit für weitere Überlegungen schon aus diesem Grunde weitgehend ausschließt. Der gerichtliche Sachverständige hat sie bei der ersten Befassung im Rahmen seines schriftlichen Gutachtens nicht als relevanten Stand der Technik angesehen; bei der erneuten Beschäftigung mit ihr ist er erst im zweiten Anlauf zu einer überzeugenden Deutung der Abbildung gelangt, die eine funktionsfähige Vorrichtung erwarten läßt. Zunächst ist er von einer komplizierten Anlage ausgegangen, deren Übernahme oder Fortentwicklung dem Fachmann nicht als lohnend erscheinen konnte. Auch die Klägerin hat diese Vorrichtung zunächst nicht im engeren technischen Bereich des Streitpatents angesiedelt oder als diesen nahelegend erkannt; obwohl sie ein entsprechende Vorrichtungen herstellendes Unternehmen ist, bedurfte sie hierzu des Hinweises der Personen, die letztlich die Urheber dieser Entwicklung sind.

b) Es ist auch nicht zu erkennen, daß die "Hydromutter" gemäß Anlage B 9 dem Fachmann zu der Lehre des Streitpatents führen konnte. Die dort offenbarte Spannvorrichtung ist, wie auch der Zeuge Ko. bestätigt hat, für stationäre Aufgaben konstruiert worden. Diese Zweckbestimmung erkennt ein Durchschnittsfachmann nach den überzeugenden Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen auch über den ausdrücklichen Hinweis auf allein diese Zweckbestimmung hinaus aus der Art, wie das Spannwerkzeug an dem zu spannenden Gut angebracht wird, seiner schlanken, langgezogenen Form und der weiteren Befestigung sowie der Erzeugung der Spannung über eine die Rotationsachse umschließende Schraube. Auch wenn, wie die von den Zeugen in der Verhandlung vorgelegten Beispiele erkennen lassen und der gerichtliche Sachverständige eingeräumt hat, eine Spannschraube nicht notwendig in der Form ausgeführt sein muß, daß die mittlere, das Innengewinde aufnehmende Öffnung über die gesamte Höhe der Schraube vorhanden ist, sondern etwa auch eine Kopfmutter Verwendung finden kann, bedarf es doch zumindest über einen Teil der Spannvorrichtung einer solchen Öffnung mit einem Innengewinde, da sich nur so die erforderliche Zentrierung und Lagesicherung der Spannvorrichtung erreichen läßt. Ohne diese besteht, wie der gerichtliche Sachverständige im einzelnen anschaulich und überzeugend geschildert hat, die nicht zu vernachlässigende Gefahr, daß die Spanneinrichtung aus ihrer Ideallage, bei der ihre Rotationsachse mit der des eingespannten Gutes übereinstimmt herausrutscht und so jedenfalls bei schnelleren Drehungen eine gefährliche Unwucht entsteht. Soweit die Klägerin demgegenüber geltend macht, daß die Fähigkeit der patentgemäßen Vorrichtung zum Einspannen auch schnell umlaufender Werkzeuge und Werkstücke nicht Eingang in den Patentanspruch 1 des Streitpatents gefunden hat, übersieht sie, daß diese Fähigkeit Teil der aus der Erläuterung der patentgemäßen Lehre hervorgehenden Problemstellung des Streitpatents ist. Von daher wird der Fachmann, der zum Verständnis des Streitpatents auch die Beschreibung und die diese erläuternden Abbildungen heranzieht, davon ausgehen, daß eine den Anforderungen des Streitpatents genügende Lösung auch diesen Anforderungen entsprechen muß. Das aber kann die Entgegenhaltung nach dem Stand der Technik nicht leisten, wie auch die sachkundigen Zeugen eingeräumt haben. Nach deren Angaben ist die Vorrichtung allenfalls für umlaufende Werkstücke mit einer geringen Rotationsgeschwindigkeit geeignet. Schon das spricht dafür, daß der mit der Lösung des Streitpatents befaßte Durchschnittsfachmann den aus dieser Entgegenhaltung ersichtlichen Vorschlag als ungeeignet verwerfen wird. Hinzu kommt, daß es -worauf der gerichtliche Sachverständige bereits in seinem Gutachten überzeugend hingewiesen hat -mehrerer Schritte bedarf, um von der Spannvorrichtung aus dem Stand der Technik zur Lösung des Streitpatents zu gelangen. Über die im Interesse der Vermeidung einer Unwucht notwendige Ausgestaltung des Werkzeugs als rotationssymmetrische Gestalt mußte er für eine die notwendige Befestigung gewährleistende Umgestaltung des unteren Endes der Vorrichtung mit einer sowohl zur Zentrierung als auch zur Befestigung geeigneten Form sorgen, für die die Schrift keinerlei Anregung bietet und angesichts ihrer andersartigen Zweckbestimmung auch nicht bieten muß. Ihr ist -wie dem sonstigen Stand der Technik, der eher andere Befestigungen als die Bolzen-Mutterkombination verwendet -insbesondere kein Hinweis darauf zu entnehmen, diese Probleme zugleich durch eine Zentralbohrung mit Innengewinde zu lösen, das auf ein Gewinde auf dem Spannbolzen aufgeschraubt werden kann. Daß -wie die Klägerin geltend macht - dem Fachmann eine solche Anpassung möglich gewesen wäre, genügt nicht, um sie auch als nahegelegt anzusehen. Dazu bedarf es über die bloße objektiv bestehende Möglichkeit hinaus einer Anregung oder eines Anlasses, die ihn zu weiteren Überlegungen in dieser Richtung hätten führen können. Dafür ist jedoch angesichts der erkennbar anderen Zweckbestimmung dieser Vorrichtung ein Anhaltspunkt nicht zu erkennen.

c) Aus dem gleichen Grund kann auch nicht davon ausgegangen werden, daß die Vorrichtung nach Blatt HE 14 der Anlage 12 den Fachmann zur Lehre des Streitpatents hätte führen können. Auch diese betrifft nach den überzeugenden Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen ein Spannwerkzeug für stationäre Anwendungen; auch bei ihm sind Anhaltspunkte für eine Befestigung mittels eines Innengewindes im Ringteil nicht zu erkennen. Demgemäß hätte der Fachmann auch bei der Weiterentwicklung der Vorrichtung nach dieser Schrift mehrere, einander dann allerdings ergänzende und miteinander wirkende Maßnahmen treffen müssen, um zur Lehre des Streitpatents zu gelangen. Für diese Schritte bot ihm die Abbildung weder für sich noch im Zusammenhang mit den in ihr enthaltenen weiteren Äußerungen irgendwelche Anregung. Der Gesamtinhalt der Schrift verstärkt vielmehr, wie bereits oben angesprochen, eher die allein statische Anwendbarkeit der Vorrichtung.

d) Die Sondervorrichtung für ein Auswuchtwerkzeug ("K. "-Katalog gemäß Anlage B 7 S. 32) ist ebenfalls für schnelldrehende Werkzeuge und Werkstücke nicht zu verwenden. Das haben die sachkundigen Zeugen, die nach ihren Angaben die Vorrichtung entwickelt und in den Prospekt aufgenommen haben, ausdrücklich bestätigt. Im übrigen bedarf es auch bei dieser Lösung mehrerer Schritte, um zu der des Streitpatents zu gelangen, die insgesamt die Feststellung des Naheliegens einer solchen Weiterentwicklung nicht zulassen. Nach den überzeugenden Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen entnimmt der fachkundige Betrachter der Abbildung als eine mögliche und im Ergebnis wahrscheinliche Form der Ansteuerung der Kolben, daß das Volumen des unter dem Ringteil angeordneten Druckmitteltanks mit Hilfe der in seiner Ausnehmung angeordneten Stellschraube verändert und so die mit diesem Tank in Verbindung stehenden Zylinder beeinflußt werden. Die Zeugen haben bestätigt, daß die Vorrichtung in dieser Weise arbeitet. Eine Beeinflussung der Zylinderinhalte über die Befüllung einer Ringleitung mit einem Druckmittel und die Aufrechterhaltung bzw. Veränderung des Druckes mit Hilfe eines Rückschlag- bzw. Ablaßventils (Merkmalsgruppe 3) und die damit verbundenen differenzierten Steuerungsmöglichkeiten sind der Veröffentlichung nicht zu entnehmen. Darüber hinaus fehlt auch ihr das beim Streitpatent zur Erzeugung des einen Gegenlagers eingesetzte Innengewinde. Ein Anlaß, die Sondervorrichtung nach der Entgegenhaltung durch die Hinzufügung dieser Elemente zu verändern, ist nicht zu erkennen. Daß dem Fachmann eine solche Umgestaltung möglich gewesen wäre, genügt auch insoweit nicht.

e) Diese Beurteilung wird auch durch die gebotene Gesamtschau des Standes der Technik nicht berührt. Dem relevanten Stand der Technik ist weitgehend das Fehlen der nach der Lehre des Streitpatents wesentlichen Innenbohrung mit dem dort vorgesehenen Gewinde gemeinsam; ein solches Gewinde bei den unterschiedlichen Lösungsversuchen aus dem Stand der Technik vorzusehen, wurde dem Durchschnittsfachmann auch bei einer Gesamtschau dieser Lösungsversuche nicht nahegelegt, zumal die der Lehre des Streitpatents von der äußeren Form her am nächsten kommenden Vorschläge einer Befestigung statischer Geräte und damit einem anderen Zweck dienten, so daß ihre Übernahme dem Fachmann schon aus diesem Grund als problematisch erscheinen mußte. Für den der Lehre des Streitpatents nach Ansicht der Klägerin am nächsten kommenden Stand der Technik gemäß Blatt 22 der Anlage B 7 ("K. "-Katalog) führt den Fachmann eine solche Gesamtschau nicht weiter. Die Schwierigkeit, die dort offenbarte Vorrichtung zu verstehen und auf ihre Anregungen zur Lösung des der Streitpatentschrift zugrundeliegenden Problems zu untersuchen, wird durch eine solche Gesamtschau nicht verringert.

IV. Die Kostenentscheidung beruht auf dem nach der Übergangsregelung in Art. 29 Abs. 2 des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Patentgesetzes und anderer Gesetze (2. PatGÄndG) übergangsweise weiter anwendbaren § 110 Abs. 3 PatG a.F. in Verbindung mit § 97 ZPO.






BGH:
Urteil v. 20.06.2000
Az: X ZR 17/98


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/0b4a738e23b1/BGH_Urteil_vom_20-Juni-2000_Az_X-ZR-17-98




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