Bundespatentgericht:
Beschluss vom 20. März 2001
Aktenzeichen: 33 W (pat) 168/00

(BPatG: Beschluss v. 20.03.2001, Az.: 33 W (pat) 168/00)

Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluß der Markenstelle für Klasse 35 vom 11. Juli 2000 aufgehoben.

Gründe

I Beim Deutschen Patent- und Markenamt ist am 11. Januar 2000 die Wortmarke

"SYSTEM X"

zur Eintragung in das Register für folgende Dienstleistungen angemeldet worden:

Klasse 35:

Geschäftsdienstleistungen einschließlich Bestellungen von Kraftfahrzeugen per Telefon und per Computer sowie Arrangements von Kraftfahrzeuginstandhaltungs- und Wartungsarbeiten über globale Kommunikationsnetzwerke; Unterstützung von Dritten beim Erwerb, Verkauf und Leasing von Fahrzeugen; Bereitstellung von Informationen zum Erwerb und Verkauf von Kraftfahrzeugen; Computerdatenbankverwaltung auf dem Gebiet von Fahrzeugverkauf und -leasing;

Klasse 36:

Versicherungswesen und Finanzwesen einschließlich Versicherung und Finanzierung von Kraftfahrzeugen und Kraftfahrzeughändlern; Versicherungsgarantieprogramme für Kraftfahrzeuge; Leasing von Kraftfahrzeugen;

Klasse 37:

Reparatur, Wartung, Instandhaltung und Pflege von Kraftfahrzeugen und Kraftfahrzeugteilen; Pannenhilfe für Kraftfahrzeuge;

Klasse 39:

Abschleppen von Kraftfahrzeugen;

Klasse 42:

Technische, Design- und Beratungsdienstleistungen in Bezug auf Kraftfahrzeuge, Kraftfahrzeuginstandhaltung, -wartung und -pflege; Betrieb eines Kraftfahrzeughändlernetzes; telefonische Unterstützung für Kraftfahrzeugdienstleistungen; Anbieten von Unterkünften für jene, die auf sofortige Kraftfahrzeugdienstleistungen warten.

Die Markenstelle hat die Anmeldung mit Beschluß vom 11. Juli 2000 wegen fehlender Unterscheidungskraft gemäß § 37 Abs 1 MarkenG iVm § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG zurückgewiesen. Zur Begründung hat die Markenstelle ausgeführt, daß das angemeldete Zeichen die Verkehrsbeteiligten zu der Aussage führe, Dienstleistungen innerhalb eines Systems von unbekannter Größe zur Verfügung zu haben.

Gegen diese Entscheidung des Patentamts hat die Anmelderin Beschwerde eingelegt. Sie beantragt, den Beschluß vom 11. Juli 2000 aufzuheben.

Sie hat im Verfahren vor dem Patentamt vorgetragen, daß die Aussage "SYSTEM X" "unbekanntes System" bedeute. Die Bezeichnung sei allenfalls geeignet, eine gewisse Neugier zu wecken, spreche vage etwas Positives an, ohne direkt beschreibend zu sein.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II Die Beschwerde ist begründet.

1. Der Senat hält die angemeldete Marke "SYSTEM X" - entgegen der Beurteilung der Markenstelle des Patentamts - im Zusammenhang mit den beanspruchten Dienstleistungen für unterscheidungskräftig, so daß ihrer Eintragung gemäß §§ 33 Abs 2, 41 MarkenG keine absoluten Schutzhindernisse gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG entgegenstehen.

Die angemeldete Marke besitzt nach Auffassung des Senats die erforderliche Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG. Unterscheidungskraft im Sinne dieser Vorschrift ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefaßt zu werden. Hierbei ist grundsätzlich ein großzügiger Maßstab anzulegen, dh jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um dieses Schutzhindernis zu überwinden (stRsp vgl BGH MarkenR 2000, 48 - Radio von hier; MarkenR 2000, 50 - Partner with the Best). Kann demnach einer Wortmarke kein für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehender Begriffsinhalt zugeordnet werden und handelt es sich auch sonst nicht um ein gebräuchliches Wort der Deutschen oder einer sonstigen im Inland geläufigen Sprache, das vom Verkehr stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, gibt es keine tatsächlichen Anhaltspunkte dafür, daß einem als Marke verwendeten Wortzeichen die Unterscheidungseignung und damit jegliche Unterscheidungskraft fehlt (BGH aaO - Partner with the Best; BGH GRUR 1999, 1098 - YES, 1093 - FOR YOU).

Nach der Auffassung des Senats verbinden die angesprochenen Verkehrskreise mit der angemeldeten Bezeichnung keinen eindeutigen beschreibenden Begriffsinhalt. Den Markenbestandteil "SYSTEM" werden die angesprochenen Verkehrskreise - hier das allgemeine Publikum -, wie die Markenstelle insoweit zutreffend ausgeführt hat, als Hinweis auf eine Gesamtheit verstehen, die in einem Zusammenwirken von Elementen innerhalb eines geschlossenen und geordneten Gefüges besteht. Das (großgeschriebene) "X" steht, aus der Mathematik stammend, als eingesetztes Zeichen "für einen unbekannten Namen" oder "eine unbekannte Größe" (vgl Duden Deutsches Universalwörterbuch 3. Auflage, S 1761; Wahrig Deutsches Wörterbuch 7. Aufl S 1412). Den angesprochenen Verkehrskreisen ist die Bedeutung des "X" weiterhin aus Fernsehfilmen wie "Akte X" oder auch "Faktor X" bekannt, in denen es um unbekannte Phänomene geht. Der Ausdruck "unbestimmtes/unbekanntes System" enthält indessen keinen unmittelbar beschreibenden Inhalt bezüglich der angesprochenen Dienstleistungen. Das angemeldete Zeichen bleibt in seinem Bedeutungsgehalt vage, diffus und läßt vielfältige verschiedene Assoziationen zu.

2. Auch das von der Markenstelle in ihrem Beanstandungsbescheid angenommene Freihaltungsbedürfnis besteht nach Auffassung des Senats nicht. Eine gegenwärtige Verwendung der angemeldeten Bezeichnung als beschreibende Angabe hat die Markenstelle nicht nachgewiesen; auch der Senat hat insoweit keine Feststellungen zu treffen vermocht. Ein konkreter und unmittelbarer, mithin freihaltebedürftiger Aussagegehalt in bezug auf die beanspruchten Dienstleistungen kann der angemeldeten Marke - wie ausgeführt - nicht entnommen werden.

Winkler Dr. Albrecht Dr. Hock Cl






BPatG:
Beschluss v. 20.03.2001
Az: 33 W (pat) 168/00


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