Bundespatentgericht:
Beschluss vom 31. Juli 2000
Aktenzeichen: 30 W (pat) 1/00

(BPatG: Beschluss v. 31.07.2000, Az.: 30 W (pat) 1/00)

Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelderin werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 9 vom 29. April 1998 und vom 21. September 1999 insoweit aufgehoben, als die Anmeldung bezüglich der Waren "bespielte Audio- und Videoaufzeichnungsträger, Datenträger mit und ohne Daten, Softwareprogramme jeder Art, Videogeräte, Videokassetten; Aufzeichnungsträger jeder Art, Musiksoftware, Musiksoftware auch in Form von Handbüchern und Notenblättern soweit in Klasse 9 und 16 enthalten; Druckereierzeugnisse soweit in Klasse 16 enthalten" zurückgewiesen worden ist.

Die weitergehende Beschwerde der Anmelderin wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Zur Eintragung in das Markenregister ist angemeldet die Bezeichnung Videopoolfür die Waren und Dienstleistungen:

"Merchandising, Werbung, Marketing; bespielte Audio- und Videoaufzeichnungsträger, Datenträger mit und ohne Daten, Softwareprogramme jeder Art, Videogeräte, Videokassetten, Videobearbeitung, Aufzeichnungsträger jeder Art, Musiksoftware, Musiksoftware auch in Form von Handbüchern und Notenblättern, soweit in Klasse 9 und 16 enthalten; Druckereierzeugnisse soweit in Klasse 16 enthalten".

Die Markenstelle für Klasse 9 des Patentamts hat die angemeldete Marke wegen fehlender Unterscheidungskraft und eines bestehenden Freihaltebedürfnisses beanstandet, weil sie für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen eine unmittelbar beschreibende Angabe darstelle, die - im Sinne von "Ansammlung für Videos" - lediglich darauf hinweise, daß die Dienstleistungen mit Hilfe der Videotechnik erbracht werden; bei den Waren verweise die Marke auf diese selbst. Die Markenstelle für Klasse 9 hat demgemäß durch Beschluß die Anmeldung und durch einen weiteren Beschluß auch die Erinnerung der Anmelderin zurückgewiesen. Begründend ist auf die Beanstandung sowie darauf Bezug genommen, daß die angemeldete Marke "Videopool" lediglich beschreibend darauf hinweise, daß technische Einrichtungen auf dem Videosektor von einem wirtschaftlichen zweck- und interesseorientierten (Personenund/oder Unternehmens-) Zusammenschluß vertrieben werden und die Dienstleistungen im engsten Sach- und Funktionszusammenhang damit stehen.

Die Anmelderin hat Beschwerde eingelegt. Sie erachtet die angemeldete Bezeichnung in ihrer Gesamtheit insbesondere wegen der unterschiedlichen Bedeutungen des Bestandteils "Pool" (Gewinn, Toto-Spiel, Pool-Billard) mit näheren Ausführungen für schutzfähig. Sie verweist ferner auf die Veröffentlichung der Marke VIDEO POOL in Amerika nach Prüfung durch das U.S. Patent & Trademark Office sowie auf die Eintragung von Marken mit dem Bestandteil "Pool" beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt und beim Deutschen Patent- und Markenamt.

Die Anmelderin beantragt sinngemäß, die angefochtenen Beschlüsse aufzuheben und die angemeldete Marke einzutragen.

Ergänzend wird auf das schriftsätzliche Vorbringen und den Inhalt der patentamtlichen Beschlüsse Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist hinsichtlich der beanspruchten Waren begründet. Der Eintragung der angemeldeten Marke stehen insoweit die absoluten Eintragungshindernisse des § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG nicht entgegen. Im übrigen, nämlich hinsichtlich der Dienstleistungen, ist die Beschwerde unbegründet; die angemeldete Marke ist hierfür nach den Vorschriften des Markengesetzes von der Eintragung ausgeschlossen; sie ist ohne Unterscheidungskraft sowie eine beschreibende Angabe.

An der angemeldeten Marke besteht in Bezug auf die beanspruchten Waren kein Freihaltebedürfnis iSv § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG; denn es ist nicht ersichtlich, daß sie als konkrete unmittelbare Angabe über wesentliche Eigenschaften der unter dieser Marke angebotenen Waren dienen könnte und deswegen für die Mitbewerber der Anmelderin freigehalten werden müßte.

"Video" ist in der englischen wie in der deutschen Sprache ein Wortbildungselement mit der Bedeutung "die magnetische Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von (Fernseh)bildern betreffend, zum Beispiel Videokamera, Videorecorder, Videotext" bzw "video amplifier, video cartridge/cassette, video games" (vgl DUDEN, Das große Fremdwörterbuch, 2. Aufl S 1397; Eichborn, Die Sprache unserer Zeit, Wörterbuch Englisch-Deutsch Band II S 1032); allgemein ist "Video" die Sammelbezeichnung für einen Komplex der Unterhaltungselektronik, der sich mit der Aufzeichnung und Wiedergabe von Fernsehbildern befaßt, sowie die Gesamtheit der dazu benötigten technischen Einrichtungen und Geräte (vgl Brockhaus, Die Enzyklopädie, 23. Band S 286). Das englische Wort "pool" bedeutet vor allem "Interessengemeinschaft, -verband, Vereinigung" (vgl Eichborn aaO S 292) und weist im Bereich der Wirtschaft allgemein auf einen Zusammenschluss zur Verfolgung gemeinsamer Interessen hin; in diesem Sinn ist "Pool" auch in der deutschen Sprache anzutreffen (DUDEN, Das große Wörterbuch der deutschen Sprache in zehn Bänden, 3. Aufl, Band 7, S 2968). Mit dem Wort "Aktienpool" bezeichnet wird beispielweise ein Zusammenschluss von Aktionären als Zusammenfassung ihrer Beteiligungen, um ihre Stimmrechte einheitlich geltend machen zu können; "Versicherungspool" ist der Zusammenschluß mehrerer Versicherungsunternehmen zur gemeinschaftlichen Deckung großer und schwerer Risiken (Brockhaus, aaO 17. Band S 350 ).

Das Markenwort "Videopool" weist damit auf einen Zusammenschluß von Unternehmen im Bereich Video hin und könnte eine Interessengemeinschaft bezeichnen, die Waren anbietet und vertreibt, die den Bereich Videotechnik betreffen. Dies begründet aber noch kein Freihaltebedürfnis an der angemeldeten Marke für die hier in Rede stehenden Waren. Denn von der Bestimmung des § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG werden nur Wörter erfaßt, die einen Warenbezug aufweisen (vgl BGH MarkenR 1999, 351 - FOR YOU). Ebensowenig wie aber eine Bezeichnung, die der Beschreibung eines kaufmännischen Betriebes dienen kann, nicht notwendig auch der Bezeichnung der in einem solchen Betrieb veräußerten Waren dienen muß (vgl MarkenR 1999, 292, 293 - HOUSE OF BLUES), stellt aber auch eine Bezeichnung für eine wirtschaftliche Vereinigung nicht notwendig auch eine beschreibende Sachangabe für die von ihr angebotenen Waren dar. Anhaltspunkte dafür, daß mit einer Marke, die sich ausschließlich auf eine Vereinigung bezieht, auch für die von ihr veräußerten Waren als Bezeichnung besonderer Merkmale dienen kann, sind indessen nicht erkennbar. Damit läßt sich nicht feststellen, daß das angemeldete Markenwort freihaltebedürftig iSv § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG ist. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, daß die Mitbewerber die angemeldete Bezeichnung in ihrer Bedeutung "Video-Zusammenschluß" ernsthaft benötigen, um damit einzelne Waren beschreibend zu qualifizieren. Daß das Zeichen als Hinweis auf eine Vereinigung dient, deren Geschäftstätigkeit schwerpunktmäßig im Videobereich liegt, begründet nur ein nach Auffassung des Bundesgerichtshofs über § 23 MarkenG ausreichend abgesichertes Freihalteinteresse an der entsprechenden firmenmäßigen Verwendung (BGH aaO -HOUSE OF BLUES).

Der angemeldeten Marke kann in Bezug auf die beanspruchten Waren auch nicht jegliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden. Bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft iSv § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG als die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfaßten Waren eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefaßt zu werden ist grundsätzlich ein großzügiger Maßstab anzulegen, dh, jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um dieses Schutzhindernis zu überwinden (ständige Rechtsprechung zuletzt BGH WRP 2000, 741 - LOGO). Die Unterscheidungskraft kann zum einen entfallen, wenn die Wortmarke einen für die fraglichen Waren im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt hat. Hiervon ist jedoch nicht auszugehen; daß "Videopool" keine konkrete Sachangabe enthält, wurde bereits bei der Prüfung des Freihaltebedürfnisses festgestellt. Es sind auch keine anderen Umstände erkennbar, die gegen ihre Eignung zur Ausübung der Herkunftsfunktion sprechen. Zur Unterscheidung sind zwar auch gebräuchliche Worte oder Wortfolgen der Deutschen oder einer bekannten Fremdsprache nicht geeignet, die - zB auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (stRspr BGH aaO LOGO; WRP 2000, 739 - Unter Uns; aaO - FOR YOU; MarkenR 1999, 349 - YES). Auch wenn die Marke wörtlich einen Zusammenschluss von Video-Technik-Unternehmen bezeichnet und dies das angesprochene Publikum wohl auch so zuordnen wird, so fehlen ausreichende Anhaltspunkte dafür, daß es diese Bezeichnung auch im Zusammenhang mit einzelnen Waren stets nur in diesem Sinn und nicht als Kennzeichenmittel verstehen wird.

In Bezug auf die beanspruchten Dienstleistungen "Merchandising, Werbung, Marketing, Videobearbeitung" besteht jedoch ein Freihaltebedürfnis, da das Zeichen insoweit schlagwortartig angibt, wofür die Dienstleistungen bestimmt sind (§ 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG). Diese Dienstleistungen können nämlich auch darauf gerichtet sein, einzelne Unternehmen in Bezug auf die Bildung eines Pools zu beraten oder für bereits einen Pool bildende Unternehmen Werbung durchzuführen, Merchandising und Marketing zu übernehmen etc. Auch kann für einzelne Videos eine Bearbeitung dafür in Betracht kommen, daß sie im Rahmen eines Pools besser verwendbar sind, zB einen einheitlichen Standard haben, der ihre Sortierung, ihre Kennung bei Aus- und Rückgabe etc erleichtert, oder auch ermöglicht, daß Ausleiheort und Rückgabeort differieren können, ohne daß dies in den Buchhaltungen der zusammengeschlossenen Unternehmen zu Schwierigkeiten führt (so wie etwa bei einen Pool bildenden Mietwagenunternehmen). Für alle insoweit denkbaren Dienstleistungen stellt das Markenwort eine knappe, aber dennoch ausreichend deutliche Sachangabe in der Form einer Bestimmungsangabe dar, durch die das angesprochene Publikum erfährt, daß sich die Dienstleistungen auf die im Zusammenhang mit einem Videothekenpool anfallenden Arbeiten beziehen. Video ist nämlich die allgemein verwendete Kurzform, die auch Unternehmen verwenden, die sich mit Verkauf, Verleih, Bearbeitung etc von Videos befassen (so wie zB mit Foto im Unternehmensbereich nicht eine einzelne Fotografie, sondern der gesamte Bereich der Fototechnik verstanden wird).

Insoweit fehlt der angemeldeten Bezeichnung auch die Unterscheidungskraft, da die bei den hier maßgeblichen Dienstleistungen angesprochenen Verkehrskreise das Wort "Videopool" ohne weiteres verstehen und ihm nur eine sachbezogene, nicht aber kennzeichnende Bedeutung beimessen. Für den Bereich dieser Dienstleistungen ist Englisch Mode- wie Fachsprache und hat in breitem Umfang deutsche Begriffe kaum im Gebrauch, wie sich auch durch die hier beanspruchten Dienstleistungen "Merchandising, Marketing" belegen läßt.

Da bei diesem Zurückweisungsgrund ausschließlich die Auffassung des angesprochenen inländischen Verkehrs maßgebend ist, entfällt schon deshalb die von der Anmelderin angeführte Indizwirkung der Veröffentlichung der Marke VIDEO POOL in Amerika (BGH GRUR 1995, 732 - Füllkörper). Auch die von der Anmelderin weiter angeführten Eintragungen von Marken mit dem Bestandteil "pool" sind insoweit ohne Einfluß auf die Entscheidung. Schon abgesehen von anderen Markenwörtern haben derartige Eintragungen unter keinem in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkt eine wie auch immer geartete bindende Wirkung für das vorliegende Verfahren (vgl zB BPatGE 32, 5, 9 - CRÉATION GROSS mwN).

Dr. Buchetmann Winter Schramm Hu






BPatG:
Beschluss v. 31.07.2000
Az: 30 W (pat) 1/00


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