Bundespatentgericht:
Beschluss vom 24. April 2001
Aktenzeichen: 33 W (pat) 174/00

(BPatG: Beschluss v. 24.04.2001, Az.: 33 W (pat) 174/00)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I Beim Deutschen Patentamt (seit dem 1. November 1998 "Deutsches Patent- und Markenamt") ist gegen die - am 20. Juni 1997 veröffentlichte - Eintragung der Marke 397 04 848 siehe Abb. 1 am Endefür die Dienstleistungen

"Klasse 36: Finanzierung von Fernmeldedienstleistungen durch Kreditkarten;

Klasse 38: öffentliche und private Fernmeldedienstleistungenvom 26. März 1997 auf Grund der unter anderem für die Dienstleistungen

"Klasse 38: Telekommunikationsdienste"

am 23. Oktober 1996 eingetragenen Marke 396 37 619 INTEL Widerspruch erhoben worden.

Die Markenstelle für Klasse 36 hat die Löschung der angegriffenen Marke durch den von einem Hilfsmitglied des Patentamts erlassenen Beschluß vom 6. Juli 2000 gemäß § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG wegen Verwechslungsgefahr mit der Widerspruchsmarke angeordnet. In den Gründen ist ausgeführt worden, Dienstleistungen der Widerspruchsmarke aus der Klasse 38 und die Dienstleistungen der angegriffenen Marke seien teils identisch und im übrigen hochgradig ähnlich. Die angegriffene Marke werde vom Verkehr nur mit dem Wortbestandteil "ENTEL" benannt, da der andere Bestandteil wie ein bildhaftes Emblem wirke. Im klanglichen Gesamteindruck seien die sich gegenüberstehenden Markenwörter "INTEL" und "ENTEL" hochgradig ähnlich. Selbst wenn man von einer nur durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ausgehe, liege Verwechslungsgefahr vor.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat gegen diese Entscheidung des Patentamts Beschwerde eingelegt. Sie trägt vor, die formell geltendgemachte Nichtbenutzungseinrede werde nicht aufrechterhalten. Bei den Kommunikationsdienstleistungen sei nur von einer normalen Kennzeichnungkraft der Widerspruchsmarke auszugehen. Denn die hohe Bekanntheit der Widerspruchsmarke auf dem Warengebiet der Computer-Hardware und Prozessoren werde zwar nicht bestritten, aber für den Telekommunikationsbereich genieße die Widerspruchsmarke keine dementsprechende Verkehrsgeltung, da sie insoweit nicht ausreichend benutzt worden sei. Die bildlichen und klanglichen Unterschiede der angegriffenen Marke ließen Verwechslungen mit der Widerspruchsmarke nicht befürchten. Die Vergleichsmarken seien unter Berücksichtigung des gesamten Erscheinungsbildes hinreichend verschieden. In der angegriffenen Marke falle der Bildbestandteil besonders auf. Auch klanglich seien die im Telekommunikationsbereich üblichen Unterschiede ausreichend, weil der Verkehr gewöhnt sei, auf geringe Abweichungen zu achten. Nach dem Rollenstand gebe es auch eine Reihe von Drittmarken mit dem Wortbestandteil "-NTEL", die auf eine geringere Originalität hindeuteten. Die Abweichung "EN-" gegenüber "IN-" reiche aus und schließe eine ernsthafte Verwechslungsgefahr aus.

Sie beantragt, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und den Widerspruch zurückzuweisen.

Die Widersprechende beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie trägt vor, die Entscheidungsgründe des angefochtenen Beschlusses seien völlig überzeugend und sie mache sich deren Inhalt zu eigen. Die Widerspruchsmarke genieße auf Grund ihrer extrem hohen Bekanntheit, insbesondere auf dem Gebiet der Mikroprozessoren, dem Kernstück der Tätigkeit der Widerspechenden als Weltmarktführer, einen stark erweiterten Schutzumfang, der auch auf Telekommunikationsdienstleistungen ausstrahle, im vorliegenden Falle allerdings nicht notwendig wäre, um die Verwechslungsgefahr zu bejahen. "INTEL" leite sich vom Begriff "intelligence" ab; der Bestandteil "TEL" sei für Chips nicht beschreibend. Die Benutzung der von der Inhaberin der angegriffenen Marke zitierten Drittmarken werde bestritten. Die sich gegenüberstehenden Marken wiesen eine nächstliegende Ähnlichkeit auf; englisch würden sie sogar identisch ausgesprochen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf ihre Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II Die Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke ist unbegründet.

Der Senat hält die Verwechslungsgefahr gemäß § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG zwischen der angegriffenen Wort-Bild-Marke "ENTEL" und der Widerspruchsmarke "INTEL" - im Ergebnis ebenso wie die Markenstelle des Patentamts - ohne weiteres für gegeben. Die Markenstelle hat die Löschung der angegriffenen jüngeren Marke somit zu Recht gemäß § 43 Abs 2 Satz 1 MarkenG angeordnet.

Die alle Umstände des Einzelfalls umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr würdigt auch in ihrer Wechselbeziehung untereinander die in Betracht kommenden Fakten, insbesondere der Ähnlichkeit der beiderseitigen Dienstleistungen und der Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Marken sowie der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke (vgl EuGH GRUR 1998, 922, 923 Ez 16, 17, 18 - Canon; EuGH GRUR Int 1999, 734, 736 Ez 18, 19, 20 - Lloyd; BGH GRUR 1999, 995, 997 - HONKA; BGH GRUR 1999, 241, 242 f - PATRIC LION).

Ihre gemäß § 43 Abs 1 Satz 1 und 2 MarkenG unzulässige Nichtbenutzungseinrede hat die Inhaberin der angegriffenen Marke in der mündlichen Verhandlung aufgegeben, so daß sich Ausführungen hierzu erübrigen.

Die unter der Klasse 38 aufgeführten Dienstleistungen der Widerspruchsmarke, insbesondere "Telekommunikationsdienste", und die Dienstleistungen "öffentliche und private Fernmeldedienstleistungen" der jüngeren Marke aus der Klasse 38 sind offensichtlich identisch. Außerdem besteht zwischen den "Telekommunikationsdiensten" der Widerspruchsmarke und den übrigen, der Klasse 36 angehörenden Dienstleistungen "Finanzierung von Fernmeldedienstleistungen durch Kreditkarten" der angegriffenen Marke eine verhältnismäßig enge Ähnlichkeit. Die Beurteilung der Dienstleistungsähnlichkeit berücksichtigt alle erheblichen Umstände, die das Verhältnis der beiderseitigen Dienstleistungen bestimmen; dazu gehören insbesondere deren Art, Verwendungszweck und Nutzung sowie ihre Eigenart als einander ergänzende Dienstleistungen (vgl EuGH aaO Ez 23 - Canon). Bei den Finanzdienstleistungen der angegriffenen Marke handelt es sich im wesentlichen um einen Zahlungs- und Abrechnungsmodus speziell für die durch die Inanspruchnahme von Fernmelde-/Telekommunikationsdienstleistungen entstandenen Kosten mittels eigens hierfür ausgegebener Kreditkarten. Diese stellen in erster Linie praktisch eine Art von Telephonkarten dar, die nicht - wie die in Deutschland bisher regelmäßig üblichen, als Prepaid-Cards eingesetzten Telephonkarten - vorausbezahlt worden sind, sondern die erforderlichen Daten für die spätere Rechnungsstellung erfassen. Auch solche Telephonkarten sind typische ergänzende Nebenleistungen von Telekommunikationsunternehmen, die damit einerseits ihren Kunden einen bargeldlosen Service bieten und andererseits eine vereinfachte Zahlungsabwicklung sowie eine engere Kundenbindung einschließlich der Kenntnis und Ansprachemöglichkeit erreichen wollen.

Der Senat geht im vorliegenden Fall ebenso wie die Inhaberin der angegriffenen Marke von einer - bereits ursprünglich vorhandenen - normalen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke "INTEL" aus. Ihr Bestandteil "TEL" ist zwar als international allgemein geläufige Abkürzung für "Telephon" für sich allein gesehen bezüglich Telekommunikation eine glatt beschreibende Angabe, die auch häufiger in Drittmarken und Firmennamen vorkommt. Die Wortbildung "INTEL" wirkt aber insgesamt nicht wie eine ohne weiteres ersichtliche Anlehnung an einen beschreibenden Sachbegriff, zumal auch die von der Widersprechenden vorgetragene beabsichtigte Verkürzung und Ableitung von "intelligent" oder "intelligence" insbesondere im Hinblick auf die zahlreichen weiteren Waren der Widerspruchsmarke in Betracht kommen kann. Ob oder inwiefern die von der Widersprechenden geltendgemachte überragende Verkehrsgeltung der Widerspruchsmarke auf dem Warengebiet der Mikroprozessoren (vgl zB BPatG Beschluß vom 6. November 2000 - 30 W (pat) 206/99 - INAEL/INTEL) noch auf den Dienstleistungsbereich der Telekommunikation ausstrahlt, erscheint fraglich, kann aber hier als nicht entscheidungserheblich dahingestellt bleiben.

Denn bereits unter Berücksichtigung einer normalen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke muß angesichts der Dienstleistungsidentität oder jedenfalls erheblichen Dienstleistungsnähe ein verhältnismäßig strenger Maßstab an die Prüfung der Verwechslungsgefahr angelegt werden (vgl BHG GRUR 1999, 735, 736 - MONOFLAM/POLYFLAM; BGH GRUR 2000, 506, 508 - ATTACHÉ/TIS-SERAND). Die angegriffene jüngere Wort-Bild-Marke "ENTEL" hält den dementsprechend zum Ausschluß der Verwechslungsgefahr erforderlichen Abstand zu der Widerspruchsmarke "INTEL" demnach nicht ein.

Da allein die klangliche Ähnlichkeit der Marken eine Verwechslungsgefahr hervorrufen kann (vgl EuGH GRUR Int 1999, 734, 736 Ez 28 - Lloyd; BGH GRUR 1999, 241, 242 - PATRIC LION), bedarf der bildliche Gesamteindruck der sich gegenüberstehenden Marken hier keiner näheren Betrachtung. Die beiden Marken sind nämlich klanglich außerordentlich ähnlich.

Wie die Beschwerdeführerin auch nicht in Frage stellt, wird die angegriffene Marke vom Verkehr ausschließlich nach ihrem Wortbestandteil "ENTEL" benannt, da der vorangestellte Bildbestandteil offensichtlich ein Firmenlogo darstellt, das üblicherweise nur optisch wahrgenommen wird, weil es sich zur Benennung nicht eignet (vgl zB Beschluß des Senats vom 10. April 2001 - 33 W (pat) 22/01 - Logos "D"/"ID").

Die sich demnach klanglich gegenüberstehenden Markenwörter "ENTEL" und "INTEL" stimmen nahezu überein und unterscheiden sich lediglich in ihren Anfangsvokalen "e" gegenüber "i", die allerdings - gleichermaßen hell und ungerundet - phonetisch sogar noch eng verwandt sind.

In der Gesamtwürdigung ist somit eine hochgradige Verwechslungsgefahr festzustellen.

III Die Beteiligten tragen die ihnen erwachsenen Kosten des Beschwerdeverfahrens jeweils selbst (§ 71 Abs 1 Satz 2 MarkenG).

Winkler Dr. Hockv. Zglinitzki Cl Abb. 1 http://agora/bpatgkollision/docs/33W(pat)174-00.1.3.gif






BPatG:
Beschluss v. 24.04.2001
Az: 33 W (pat) 174/00


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