Oberlandesgericht München:
Urteil vom 25. Februar 2010
Aktenzeichen: 29 U 1513/07

(OLG München: Urteil v. 25.02.2010, Az.: 29 U 1513/07)

Tenor

I. Die Berufung der Widerbeklagten gegen das Zwischenurteil des Landgerichts München I vom 9. November 2006 wird zurückgewiesen.

II. Die Widerbeklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Widerbeklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Widerkläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 115 % des zu vollstreckenden Betrags leisten.

Gründe

A.

Die Parteien streiten um die Zulässigkeit einer Widerklage, mit der € zunächst durch eine US-amerikanische Gesellschaft, jetzt durch deren britische Insolvenzverwalter € Schadensersatzansprüche aus der Verwendung des Zeichens B in Deutschland geltend gemacht werden.

Die ursprüngliche Widerklägerin B Inc. (im Lauf des Rechtsstreits in ... umbenannt; im Folgenden: B.. II) ist eine nach dem Recht des US-amerikanischen Bundesstaates D errichtete Gesellschaft. Sie betrieb in zahlreichen Ländern Autovermietungsstationen, teils selbst durch Zweigniederlassungen und Tochtergesellschaften, teils im Rahmen eines Franchisesystems, das von einer anderen € zum selben Konzern gehörenden und ebenfalls nach dem Recht von D errichteten € Gesellschaft, der B Corp. (nach Umfirmierung ...; im Folgenden: B..), entwickelt worden war. Die B.. hielt die deutschen Marken (im Folgenden: Streitmarken) Nr. 780 763 (Wortmarke B ), Nr. 993 795 (Wort-/Bildmarke mit dem Bestandteil B ), Nr. 39 544 016 (Wortmarke B ) und Nr. 39 544 017 (Wort-/Bildmarke mit dem Bestandteil B ), an denen der B.. II Lizenzen eingeräumt waren.

Die in Deutschland ansässige Widerbeklagte ist ebenfalls Autovermieterin. Ihre Muttergesellschaft schloss 1983 mit der B.. II einen Vertrag (im Folgenden: Lizenzvertrag), der ein so genanntes Master-Franchiseverhältnis begründete. 1996 unterzeichneten die Widerbeklagte einerseits und die B.. II sowie die B.. andererseits eine Nachtragsvereinbarung, in der unter anderem vereinbart wurde, dass der Lizenzvertrag in voller Kraft und Wirkung bleibe, soweit er nicht durch die Nachtragsvereinbarung ausdrücklich modifiziert worden sei.

Die B.. II kündigte den Lizenzvertrag mit Schreiben vom 14. April und vom 7. Mai 1997 aus wichtigem Grund und erklärte im zweiten Schreiben, ab dem 21. Mai 1997 die Benutzung der B -Marken durch die Widerbeklagte nicht mehr zu tolerieren. Am 3. Juli 1997 ermächtigte die B.. die B.. II zur Prozessführung als Prozessstandschafterin im eigenen Namen, insbesondere zur Geltendmachung sämtlicher aus ihren Marken, Geschäftsbezeichnungen oder Firmennamen folgenden Rechte sowie der Ansprüche auf Auskunft und Schadensersatz.

Mit ihrer gegen die B.. II erhobenen negativen Feststellungsklage hat die Widerbeklagte unter anderem die Feststellung begehrt, dass der Lizenzvertrag nicht durch die Kündigungen beendet worden sei. Die B.. II hat Klageabweisung beantragt und im Wege der Widerklage € soweit für den Rechtsstreit noch von Bedeutung € begehrt, der Widerbeklagten die Verwendung der Bezeichnung B zu untersagen und zur Auskunft über den Umfang der Verwendung nach dem 21. Mai 1997 sowie zur Zahlung von Schadensersatz in einer nach Erteilung der Auskunft noch zu bestimmenden Höhe zu verurteilen. Zum einen liege in der angegriffenen Zeichenverwendung eine Verletzung der Streitmarken der B.., gegen die sie € die B.. II € auf Grund gewillkürter Prozessstandschaft vorgehen könne; zum anderen könne sie wegen ihrer Stellung als Lizenznehmerin der B.. auch eigene Ansprüche aus den Markenverletzungen herleiten; schließlich ergäben sich die geltend gemachten Ansprüche auch daraus, dass die angegriffene Verwendung ihr eigenes Unternehmenskennzeichen verletze.

Mit Teilurteil vom 14. Mai 1998 hat das Landgericht festgestellt, dass die Kündigungen den Lizenzvertrag nicht beendet hätten und die Feststellungsklage insoweit erledigt sei, und die Widerbeklagte zur Unterlassung der Bezeichnung B , zur Auskunft und zur Zahlung von Schadensersatz in einer nach Erteilung der Auskunft noch zu bestimmenden Höhe verurteilt.

Auf die Rechtsmittel sowohl der B.. II als auch der Widerbeklagten hat der Senat mit Urteil vom 15. April 1999 € 29 U 4446/98 (juris) die Klage insgesamt abgewiesen und den Rechtsstreit hinsichtlich des Widerklageantrags auf Zahlung von Schadensersatz unter entsprechender Aufhebung des landgerichtlichen Urteils an das Landgericht zurückverwiesen. Dabei ist der Senat davon ausgegangen, dass die B.. II die Kennzeichenrechte der B.. auf Grund der Erklärung vom 3. Juli 1997 als Prozessstandschafterin geltend machen könne. Der Bundesgerichtshof hat die Revision der Widerbeklagten gegen dieses Urteil mit Beschluss vom 18. Januar 2001 € I ZR 151/99 nicht angenommen

In dem zurückverwiesenen Teil des Rechtsstreits hat das Landgericht mit Zwischenurteil vom 11. Juli 2002 € einem Antrag der Widerbeklagten teilweise folgend € der B.. II wegen der Prozesskosten eine Sicherheitsleistung in Höhe von 120.000,€ Euro auferlegt.

Am 30. Juli 2002 ordnete das US-Konkursgericht für den Bezirk D für die Gesellschaften des B-Konzerns, darunter sowohl die B.. als auch die B.. II, Vollstreckungsschutz nach Kapitel 11 der US-Insolvenzordnung an.

Am 22. August 2002 schlossen die Gesellschaften des B konzerns einen € vom US-Konkursgericht für D am 22. November 2002 genehmigten € Vertrag, mit dem im Wesentlichen alle Vermögensgegenstände der Gesellschaften mit Bezug zu deren Geschäften in den USA, Kanada, der Karibik, Lateinamerika, dem Asien-/Pazifik-Gebiet, Australien und Neuseeland auf die Ce Corporation und die Ch Corporation übertragen wurden (im Folgenden: Ce-Vertrag). Die Vermögensgegenstände mit Bezug zu den Geschäften in Europa, dem Nahen Osten und Afrika verblieben bei den Gesellschaften des B konzerns.

Mit € am 7. Februar 2003 begründeter € Entscheidung vom 14. Januar 2003 (vgl. ZIP 2003, 813 ff.) eröffnete der britische High Court of Justice (im Folgenden: High Court) ein Verfahren nach der Verordnung (EG) Nr. 1346/2000 über Insolvenzverfahren (Europäische Insolvenzverordnung € EuInsVO) über das Vermögen der B.. II, die eine Niederlassung in Hemel Hampstead, Großbritannien, gehabt und ihre Geschäfte in Europa, dem Nahen Osten und Afrika von dort aus betrieben hatte.

Zum 24. Oktober 2003 übertrug die B.. die Streitmarken Nr. 780 763, Nr. 39 544 016 und Nr. 39 544 017 auf eine Gesellschaft namens B System Inc.; die vierte Streitmarke Nr. 993 795 wurde gelöscht.

Am 30. Januar 2004 schlossen die B.. und die durch ihre britischen Insolvenzverwalter vertretene B.. II eine Auseinandersetzungsvereinbarung (im Original: Settlement Agreement) zur Regelung sämtlicher Ansprüche zwischen beiden Gesellschaften. In Art. 4.4 und 4.5 dieser Vereinbarung wurde der B.. II die alleinige Befugnis eingeräumt, den vorliegenden Rechtsstreit zu verfolgen, einzustellen, beizulegen oder durch Vergleich oder einen anderen Kompromiss zu beenden. Art. 4.1 und 4.2 sahen vor, dass die B.. II einen bestimmten Betrag des Netto-Barerlöses aus dem Rechtsstreit vollständig sowie von dem darüber hinausgehenden Teil die Hälfte behalten und den Rest an die B.. weiterleiten sollte. Das US-Konkursgericht für Delaware genehmigte diese Auseinandersetzungsvereinbarung am 4. Februar 2004.

Die britischen Insolvenzverwalter haben die Aufnahme des Rechtsstreits erklärt. Mit Beschluss vom 29. Juni 2006 hat das Landgericht das Rubrum in der Parteibezeichnung der Widerklageseite dahin geändert, dass die B.. II durch ihre Insolvenzverwalter S. V. F. und G. S. J. ersetzt wurden, und die gesonderte Verhandlung über die Zulässigkeit der Widerklage angeordnet.

Die Widerklageseite hat im Termin am 9. November 2006 beantragt,

die Widerbeklagte zu verurteilen, an die Widerklägerin (sic!) Schadensersatz in einer vom Gericht zu schätzenden Höhe, mindestens aber in Höhe von 15.000.000,€ Euro zu zahlen.

Die Widerbeklagte hat beantragt,

die Widerklage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, die Widerklage sei mangels Prozessführungsbefugnis der Widerklageseite unzulässig, und des Weiteren beantragt,

der Widerklägerin eine weitere Prozesskostensicherheit in Höhe von 4.410.237,€ Euro aufzuerlegen.

Hierzu hat die Widerklageseite beantragt,

den Antrag auf Leistung einer weiteren Prozesskostensicherheit zurückzuweisen und

die bisher geleistete Prozesskostensicherheit zurückzugeben.

Mit Zwischenurteil vom 9. November 2006 hat das Landgericht die Widerklage für zulässig erklärt und die mit Zwischenurteil vom 11. Juli 2002 erfolgte Anordnung einer Prozesskostensicherheit aufgehoben sowie die geleistete Prozesskostensicherheit freigegeben. Auf die tatsächlichen Feststellungen in diesem Urteil wird ergänzend Bezug genommen. Zur Begründung hat das Landgericht im Wesentlichen Folgendes ausgeführt: Das Rubrum sei auf der Widerklageseite auf die beiden in Großbritannien, also einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, ansässigen Insolvenzverwalter abzuändern. Dabei richteten sich die Wirkungen der Insolvenzeröffnung gemäß Art. 15 EuInsVO nach dem Recht des Mitgliedstaats, in dem der Rechtsstreit anhängig sei. Damit sei die Widerklage ohne Anordnung einer Prozesskostensicherheit zulässig. Für die Insolvenzverwalter der ursprünglichen in Prozessstandschaft klagenden Widerklägerin als Partei kraft Amtes und damit jetzt Kläger i. S. d. § 110 ZPO gelte der Umkehrschluss aus Absatz 1 dieser Vorschrift: Kläger, die ihren gewöhnlichen Aufenthaltsort in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union hätten, bräuchten keine Sicherheit wegen der Prozesskosten zu leisten. Daran ändere nichts, dass die Widerkläger den Prozess für das Vermögen der insolventen ehemaligen Widerklägerin zu führen hätten, weil die Haftung für die Prozesskosten nicht auf die Vermögensmasse der Gemeinschuldnerin beschränkt sei; unabhängig von der Belegenheit dieser Vermögensmasse hafteten jetzt die selbst kraft Amtes klagebefugten Insolvenzverwalter für die anfallenden Prozesskosten. Die Anordnung der Sicherheitsleistung aus dem Zwischenurteil vom 11. Juli 2002 sei in entsprechender Anwendung des § 112 Abs. 3 ZPO aufzuheben und die geleistete Sicherheit frei zu geben, weil die Anordnungsvoraussetzungen durch die Parteiänderung entfallen seien.

Hiergegen wendet sich die Widerbeklagte mit ihrer Berufung. Sie ist der Auffassung, den Insolvenzverwaltern fehle die Prozessführungsbefugnis; jedenfalls aber sei die Widerklageseite nicht von der Erbringung einer Prozesskostensicherheit befreit.

Sie beantragt,

das landgerichtliche Zwischenurteil aufzuheben und die Widerklage als unzulässig abzuweisen, und

für den Fall der Zulässigkeit der Widerklage,

die Anordnung der Aufhebung der mit Zwischenurteil vom 11. Juli 2002 angeordneten Sicherheitsleistung und die Freigabe der geleisteten Sicherheit aufzuheben und den Widerklägern aufzuerlegen, eine weitere Prozesskostensicherheit in Höhe von 354.431,€ Euro zu leisten.

Die Widerklageseite verteidigt das angegriffene Urteil und beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie trägt vor, am 31. Juli 2007 habe der High Court den bis dahin zum Insolvenzverwalter bestellten S. V. F. abgelöst und J. J. G. zum Insolvenzverwalter bestellt, und beantragt, das Rubrum insoweit zu berichtigen.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Erholung eines schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen Prof. Dr. M. (vgl. Bl. 2399 ff., Bd. XIII d. A.), auf dessen Inhalt ebenso Bezug genommen wird wie auf den des schriftlichen Ergänzungsgutachtens vom 6. Januar 2010 (vgl. Bl. 2546 ff., Bd. XIV d. A.), sowie durch mündliche Anhörung des Sachverständigen im Termin am 28. Januar 2010. Im Übrigen wird auf die im bisherigen Verfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und auf die Protokolle der Termine vom 27. September 2007 und vom 28. Januar 2010 Bezug genommen.

B.

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

I. Im Ergebnis zu Recht ist das Landgericht davon ausgegangen, dass die Widerklageseite keine Prozesskostensicherheit zu leisten hat.

1. Die Voraussetzungen für eine Verpflichtung zur Prozesskostensicherheitsleistung liegen im Streitfall nicht vor.

a) Zwar hat gemäß § 110 Abs. 1 ZPO ein Kläger, der seinen gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum hat, grundsätzlich auf Verlangen des Beklagten wegen der Prozesskosten Sicherheit zu leisten. Jedoch besteht gemäß § 110 Abs. 2 Nr. 4 ZPO bei Widerklagen eine derartige Verpflichtung nicht. Diese Privilegierung des Beklagten und Widerklägers findet ihre Rechtfertigung darin, dass die Erhebung einer Widerklage durch einen vorangegangenen Angriff des Klägers und Widerbeklagten veranlasst ist (vgl. BT-Drs. 13/10871 S. 18; Foerste in: Musielak , ZPO, 7. Aufl. 2009, § 110 Rz. 7). Ein Kläger, der durch seine Klage gegen einen nicht-europäischen Schuldner bereits gezeigt hat, dass er eine erschwerte Vollstreckung in Kauf nimmt, ist hinsichtlich seines möglichen Kostenerstattungsanspruchs wegen der Widerklage nicht in gleicher Weise schutzwürdig wie ein inländischer Beklagter, der ohne sein Zutun von einem Nicht-Europäer verklagt wird.

Die Privilegierung einer Widerklage besteht nach Abweisung der Klage fort, denn das Maß der Schutzwürdigkeit eines Klägers wird nicht dadurch erhöht, dass sein eigener Angriff erfolglos bleibt. Es ist auch sonst kein Grund dafür erkennbar, weshalb einem Widerkläger der in der Klageabweisung liegende prozessuale Erfolg insoweit zum Nachteil gereichen sollte, als er dadurch die Privilegierung seiner Widerklage verlöre.

b) Danach kann dahin stehen, ob im Streitfall die Widerklageseite die persönlichen Voraussetzungen des § 110 Abs. 1 ZPO erfüllt. Denn jedenfalls ist sie gemäß § 110 Abs. 2 Nr. 4 ZPO von der Verpflichtung zur Erbringung einer Prozesskostensicherheit befreit.

Die im Schrifttum umstrittene Frage, ob die Privilegierung auch dann fortbesteht, wenn eine Widerklage gemäß § 145 Abs. 2 ZPO mangels rechtlichen Zusammenhangs abgetrennt wird (bejahend Foerste , a. a. O.; Bork in: Stein/Jonas , ZPO, 22. Aufl. 2004, § 110 Rz. 15; ablehnend Herget in: Zöller , ZPO, 28. Aufl. 2010, § 110 Rz. 6; Giebel in: Münchener Kommentar zur ZPO, 3. Aufl. 2008, § 110 Rz. 30), bedarf hier keiner Entscheidung. Zwischen Klage und Widerklage bestand ein rechtlicher Zusammenhang i. S. d. § 145 Abs. 2 ZPO, da der Erfolg beider vom Bestand des Lizenzvertrags abhängig war (vgl. Hüßtege in: Thomas/Putzo , ZPO, 30. Aufl. 2009, § 33 Rz. 5; Patzina in: Münchener Kommentar zur ZPO, 3. Aufl. 2008, § 33 Rz. 20): mit der Klage wurde die Feststellung der Wirksamkeit des Lizenzvertrags verfolgt; die Widerklage betrifft Rechtsfolgen, die sich aus der Unwirksamkeit desselben Vertrags ergeben. Die Vorschrift des Art. 6 Nr. 3 EuGVVO, auf die sich die Widerbeklagte zur Stützung ihrer entgegengesetzten Auffassung beruft, betrifft lediglich die internationale Zuständigkeit und ist für die Prozesskostensicherheit ohne Belang.

Auch die Insolvenz der ursprünglichen Widerklägerin gebietet keine andere Beurteilung. Insbesondere verletzt es entgegen der Auffassung der Widerbeklagten nicht den durch Art. 20 Abs. 3 GG verfassungsrechtlich vorgegebenen Grundsatz des fairen Verfahrens, wenn die Privilegierung nicht auf solvente Widerkläger beschränkt wird. Niemand hat einen Anspruch darauf, nur von einem zahlungskräftigen (Wider-)Kläger verklagt zu werden (vgl. BGH NJW 1999, 1717 (1718)). Da der Senat § 110 Abs. 2 Nr. 4 ZPO nicht als verfassungswidrig ansieht, kommt die von der Widerbeklagten angeregte Vorlage an das Bundesverfassungsgericht gemäß Art. 100 Abs. 1 GG nicht in Betracht.

2. Der Privilegierung steht auch die Anordnung der Sicherheitsleistung durch die landgerichtliche Entscheidung vom 11. Juli 2002 nicht entgegen. Diese begründet keine Bindungswirkung, wie schon die Möglichkeit einer Abänderung nach § 112 Abs. 3 ZPO zeigt, die auch die Herabsetzung einer Sicherheitsleistung erlaubt (vgl. Herget , a. a. O., § 112 Rz. 3).

3. Die Anordnung einer Sicherheitsleistung wegen der Prozesskosten kommt daher unabhängig von den Erwägungen des Landgerichts zur unbeschränkten Haftung der Insolvenzverwalter nicht in Betracht.

II. Das Landgericht hat auch im Ergebnis zu Recht die Widerklage als zulässig angesehen.

1. Zwar hat sich das Landgericht in den Gründen seines Zwischenurteils lediglich mit der Prozesskostensicherheit auseinandergesetzt und damit das umfangreiche Vorbringen der Parteien zur Frage der Zulässigkeit der Widerklage außer Acht gelassen. Dieser Verfahrensfehler verhilft der Berufung indes nicht zum Erfolg, weil das Urteil nicht darauf beruht. Die Widerklage ist tatsächlich € wie vom Landgericht ausgesprochen € zulässig.

2. Parteien auf der Widerklageseite sind nunmehr die im Rubrum dieses Urteils aufgeführten derzeitigen Insolvenzverwalter der B.. II.

a) Das Landgericht ist davon ausgegangen, dass die B.. II als anfängliche Partei durch ihre damaligen Insolvenzverwalter ersetzt worden ist. Dagegen wendet sich die Widerbeklagte nicht. Diese Beurteilung begegnet auch keinen rechtlichen Bedenken.

aa) Die auf die Europäische Insolvenzverordnung gestützte Entscheidung des High Court, über das Vermögen der B.. II ein Insolvenzverfahren zu eröffnen, ist gemäß Art. 16 Abs. 1 EuInsVO in allen Mitgliedstaaten anzuerkennen. Eine Prüfung, ob jenes Gericht seine Zuständigkeit zu Recht angenommen hat, kommt entgegen der Auffassung der Widerbeklagten nicht in Betracht (vgl. EuGH, Urt. v. 21. Januar 2010 € C-444/07 € MG Probud Gdynia Tz. 29; NZI 2006, 360 € Eurofood IFSC Ltd. Tz. 44). Da der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften diese Frage bereits entschieden hat, ist der Anregung der Widerbeklagten zu einer Vorlage gemäß Art. 267 AEUV nicht nachzukommen.

bb) Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist die B.. II als Partei des Rechtsstreits durch ihre Insolvenzverwalter ersetzt worden.

(1) Die Befugnisse des Insolvenzverwalters regelt gemäß Art. 4 Abs. 2 lit. c) und Art. 18 Abs. 1 Satz 1 EuInsVO das Recht des Mitgliedstaates, in dem ein Insolvenzverfahren eröffnet worden ist (lex fori concursus). Die Durchsetzung dieser Befugnisse in einem Rechtsstreit, der in einem anderen Mitgliedstaat anhängig ist, betrifft indes die Frage der prozessualen Ausgestaltung dieser Befugnisse, die gemäß Art. 15 EuInsVO gesondert angeknüpft werden.

Nach dieser Vorschrift gilt für die Wirkungen eines Insolvenzverfahrens auf einen Rechtsstreit über einen Gegenstand oder ein Recht der Masse ausschließlich das Recht des Mitgliedstaats, in dem der Rechtsstreit anhängig ist. Das gilt auch, soweit darüber gestritten wird, ob ein Gegenstand oder Recht zur Masse gehört (vgl. Reinhart in: Münchener Kommentar zur InsO, 2. Aufl. 2008, Art. 15 EuInsVO Rz. 8; Dammann in: Pannen , EuInsVO, 2007, Art. 15 Rz. 7; Kindler in: Münchener Kommentar zum BGB, 4. Aufl. 2006, Internationales Insolvenzrecht Rz. 410; Gruber in: Haß/Huber/Gruber/Heiderhoff , EuInsVO, 2005, Art. 15 Rz. 3).

(2) Danach bestimmen sich die Auswirkungen des britischen Insolvenzverfahrens über das Vermögen der B.. II auf den vorliegenden Rechtsstreit nach deutschem Prozessrecht, denn der Rechtsstreit betrifft Forderungen der Masse in dem dargestellten Sinn.

Soweit die B.. II eigene Ansprüche aus der Verletzung ihres Unternehmenskennzeichens und aus ihrer Stellung als Lizenznehmerin der Streitmarken geltend macht, betrifft der Rechtsstreit unzweifelhaft € und auch von der Widerbeklagten nicht in Frage gestellt € zur Masse gehörige Forderungen (s. u. 3. a) und b)). Art. 15 EuInsVO findet aber auch insoweit Anwendung, als die B.. II Ansprüche geltend macht, die in der Person der B.. entstanden sind (s. u. 3. c)), weil die Parteien insoweit gerade darüber streiten, ob diese Ansprüche zur Masse gehören.

Nach deutschem Verfahrensrecht ist ein Insolvenzverwalter ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens als Rechtsnachfolger des Gemeinschuldners Partei (vgl. BGH NJW 1997, 1445; Schumacher in: Münchener Kommentar zur InsO, 2. Aufl. 2007, § 85 Rz. 15; vgl. auch Stadler in: Musielak , ZPO, 7. Aufl. 2009, § 240 Rz. 1). Mithin sind S. V. F. und G. S. J. auf der Widerklägerseite Parteien kraft Amtes geworden.

b) Der High Court hat S. V. F. seines Amtes als Insolvenzverwalter entbunden und durch J. J. G. ersetzt. Das hat die Widerklageseite durch Vorlage der beglaubigten und mit Apostille versehenen Ausfertigung des Beschlusses vom 31. Juli 2007 als Anlage zu ihrem Schriftsatz vom 7. Januar 2010 (Bl. 2545, Bd. XIV d. A.) hinreichend belegt; auch hat die Widerbeklagte ihr Bestreiten des Wechsels danach nicht mehr weiterverfolgt.

Entgegen der Ansicht der Widerklageseite hat diese Veränderung ebenfalls einen Parteiwechsel zur Folge, wie schon die Überlegung zeigt, dass der ausgeschiedene Insolvenzverwalter mangels Amtes nunmehr als Zeuge zur Verfügung stünde. Ob dieser Parteiwechsel als gesetzlicher oder gewillkürter anzusehen ist, kann dahinstehen, da er auch im zweiten Fall jedenfalls wegen Sachdienlichkeit zulässig ist, ohne dass es auf eine Zustimmung durch die Widerbeklagte ankäme (vgl. BGH NJW 2003, 2172 (2173) m. w. N).

3. Die Widerklage ist zulässig. Insbesondere liegt die Prozessführungsbefugnis der Widerkläger als Prozessvoraussetzung (vgl. BGH NJW-RR 2006, 138 zur gesetzlichen und BGH NJW-RR 2004, 595 (597) zur gewillkürten Prozessstandschaft) vor. Diese sind befugt, die geltend gemachten Schadensersatzansprüche € deren Bestehen im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung zu unterstellen ist € einzuklagen.

a) Die Widerkläger stützen sich zum einen auf originäre Ansprüche der B.. II aus der Verwendung des Zeichens B als unterscheidungskräftigen Bestandteils deren Unternehmenskennzeichens (vgl. S. 120 d. Widerklageschrift v. 4. Juli 1997 (= Bl. 151, Bd. I d. A.); vgl. auch S. 5, 7 d. Schriftsatzes d. Widerklageseite v. 21. Januar 2002 (= Bl. 1643, 1645, Bd. X d. A.), in dem der Widerklageantrag beziffert und auch auf die widerrechtliche Nutzung deren Namens gestützt wird; vgl. auch S. 2 u. 4 d. v. 23. August 2002 (= Bl. 1751 u. 1753, Bd. X d. A.)).

Für die Geltendmachung dieser Ansprüche sind sie als Insolvenzverwalter der B.. II und somit gesetzliche Prozessstandschafter prozessführungsbefugt, weil Ansprüche wegen der Verletzung des Unternehmenskennzeichens eines Gemeinschuldners € wie auch die Widerklägerin nicht in Frage stellt € nach dem gemäß Art. 4 Abs. 2 lit. b) EuInsVO maßgeblichen britischen Recht zur Masse gehören.

Ob die B.. II allerdings tatsächlich inländischen Schutz ihres Firmenschlagworts erlangt hatte (vgl. zu den Voraussetzungen dafür Hacker in: Ströbele/Hacker , Markengesetz, 9. Aufl. 2009, § 5 Rz. 59 m. w. N.), insbesondere ob sie ihre Geschäftsbezeichnung im Inland in einer Weise in Gebrauch genommen hatte, die auf den Beginn einer dauerhaften wirtschaftlichen Betätigung schließen ließ (vgl. BGH GRUR 2008, 1099 € afilias.de Tz. 16 m. w. N.), stellt eine Frage der Begründetheit dar, die im derzeitigen Verfahrensstadium nicht zu beantworten ist.

b) Daneben berufen sich die Widerkläger auf originäre Schadensersatzansprüche der B.. II, die dieser als Lizenznehmerin der Markeninhaberin B.. erwachsen seien (vgl. S. 119 d. Widerklageschrift v. 4. Juli 1997 (= Bl. 150 d. A.) vgl. dazu auch S. 12 d. Schriftsatzes d. Widerklageseite v. 12. April 2006 (= Bl. 2138, Bd. XII d. A.) und S. 12 d. Schriftsatzes d. Widerklageseite v. 20. September 2007 (= Bl. 2325, Bd. XIII d. A.)).

Diese Ansprüche gehören als originäre Schadensersatzansprüche der B.. II ebenfalls zur Masse (vgl. S. 25 d. Gutachtens v. 25. August 2009 = Bl. 2423, Bd. XIII d. A.), so dass die Widerkläger als deren Insolvenzverwalter auch insoweit prozessführungsbefugt sind.

Obwohl das Bestehen der geltend gemachten Ansprüche für die Zulässigkeitsprüfung zu unterstellen ist, weist der Senat mit Blick auf das weitere Verfahren über die Begründetheit der Widerklage darauf hin, dass Bedenken gegen die Auffassung der Widerklageseite bestehen, die B.. II habe als Lizenznehmerin der Streitmarken der B.. eigene Schadensersatzansprüche. Dem Lizenznehmer steht ein eigener Schadensersatzanspruch wegen Markenverletzung nach § 14 Abs. 6 MarkenG nicht zu; diese Bestimmung sieht ausschließlich einen Schadensersatzanspruch für den Markeninhaber vor (vgl. BGH GRUR 2008, 614 € ACERBON Tz. 14; BGH GRUR 2007, 877 € Windsor Estate Tz. 27 ff., insbes. Tz. 32).

c) Schließlich machen die Widerkläger Schadensersatzansprüche geltend, die nicht in der Person der B.. II, sondern in derjenigen der B.. als Markeninhaberin entstanden sein sollen. Auch insoweit sind sie prozessführungsbefugt.

aa) Die Widerklageseite erklärt ausdrücklich, auch originär bei der B.. entstandene Ansprüche geltend zu machen. Damit setzt sie sich nicht in Widerspruch dazu, dass sie bei der Bezifferung des eingeklagten Betrags auf Schäden abstellt, die nicht der B.., sondern der B.. II erwachsen seien; denn die B.. konnte als Lizenzgeberin den der B.. II als Lizenznehmerin entstandenen Schaden im Wege der Drittschadensliquidation geltend machen (vgl. BGH, a. a. O. € Windsor Estate Tz. 32). An diesem Inhalt des Anspruchs änderte sich nichts dadurch, dass er von der B.. II geltend gemacht wurde

bb) Es kann dahin stehen, ob die Erklärung vom 3. Juli 1997, mit der die B.. der B.. II Prozessführungsbefugnis eingeräumt hat (vgl. Anlage B 87 zum Schriftsatz der Widerklägerseite v. 12. November 1997), trotz der Eröffnung des US-amerikanischen Insolvenzverfahrens über das Vermögen der B.. am 30. Juli 2002 wirksam geblieben ist, weil die B.. als "debtor in possession" weiterhin verfügungsbefugt war, wie die Widerkläger € anders als die Widerbeklagte € meinen. Denn jedenfalls hat das Verhältnis zwischen beiden Gesellschaften in Bezug auf diese Ansprüche durch die Auseinandersetzungsvereinbarung vom 30. Januar 2004 (vgl. Exhibit A in der Anlage 5 zum Schriftsatz d. Widerklageseite vom 23. März 2004; Übersetzung als Anlage zu Bl. 1967 f., Bd. XI d. A.) eine grundlegende Neugestaltung erfahren.

cc) Die Auseinandersetzungsvereinbarung berechtigt die B.. II zur Geltendmachung der Schadensersatzansprüche der B...

(1) Die B.. war bei Abschluss dieser Vereinbarung noch Inhaberin der Ansprüche. Aus dem Parteivorbringen zum Ce-Vertrag ergibt sich nicht anderes.

Der Inhalt dieses Vertrags ist lediglich durch zusammenfassende Darstellungen in den Einleitenden Bemerkungen zur Auseinandersetzungsvereinbarung vom 30. Januar 2004 und einem mit Anlage 5 zum Schriftsatz der Widerklageseite vom 23. März 2004 vorgelegten Disclosure Statement in das Verfahren eingeführt. Danach war der Geschäftsbereich der Tätigkeiten in Europa, Naher Osten und Afrika von der Übertragung an die Ce Corporation und die Ch Corporation ausgenommen (vgl. S. 29 d. Disclosure Statements). Die streitgegenständlichen Ansprüche beziehen sich auf diesen Bereich; der Ce-Vertrag bietet mithin keinen Anhaltspunkt dafür, dass sich die B.. ihrer begeben hätte.

Gegen diese Annahme spricht zudem, dass dem US-Konkursgericht für D bei der Genehmigung der Auseinandersetzungsvereinbarung der Ce-Vertrag sowohl aus seiner vorangegangenen Genehmigung jenes Vertrags als auch aus den Einleitenden Erklärungen der Auseinandersetzungsvereinbarung bekannt war. Es erscheint äußerst fernliegend, dass jenes Gericht die Auseinandersetzungsvereinbarung genehmigt hätte, wenn ein erheblicher Teil der Ansprüche, über die sich die B.. und die B.. II auseinandersetzten, bereits vorher abgeflossen gewesen wäre.

(2) Die B.. trat die streitgegenständlichen Ansprüche in der Auseinandersetzungsvereinbarung wirksam an die B.. II ab.

aaa) Diese Vereinbarung unterliegt dem Sachrecht von Delaware, weil die Vertragsparteien in deren Ziff. 12.7 eine entsprechende Rechtswahl getroffen haben. Diese ist entsprechend dem bis zum 16. Dezember 2009 geltenden Art. 27 Abs. 1 Satz 1 EGBGB maßgeblich (vgl. BT-Drs. 16/12104 S. 9 f.; Martiny in: Münchener Kommentar zum BGB, 5. Aufl. 2010, Art. 28 Rom-I-VO Rz. 4). Die Verordnung (EG) Nr. 593/2008 vom 17. Juni 2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom-I-VO; ABl. Nr. L 177 S. 6) findet auf die Auseinandersetzungsvereinbarung vom 30. Januar 2004 keine Anwendung weil sie nach ihrem Art. 28 lediglich auf ab dem 17. Dezember 2009 geschlossene Verträge angewandt wird.

bbb) Der Senat geht davon aus, dass nach dem Recht von D wie allgemein im US-amerikanischen Recht für die Auslegung einer Vereinbarung zunächst deren Wortlaut maßgebend ist. Wenn sie sich aus dem Wortlaut der Urkunde ergeben, können Zweckerwägungen bei der Auslegung berücksichtigt werden. Bei der Auslegung von Vertragsklauseln bemüht sich die Rechtsprechung in den USA darum, eine wirksame Auslegung zu finden, wenn es nach dem Text der Urkunde Alternativen gibt. Eine Abtretung kann deshalb auch dann als gewollt angenommen werden, wenn das Wort Abtretung im Text nicht ausdrücklich verwendet wird.

a-1) Dieser Inhalt des Rechts von D ergibt sich aus den sachkundigen Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. M..

a-2) Die Widerbeklagte hat zwar in ihrem Schriftsatz vom 10. Februar 2010 vorgebracht, aus einem mit diesem Schriftsatz vorgelegten Privatgutachten von Prof. H. vom 6. Februar 2010 ergebe sich, dass das Recht von Delaware im Streitfall die Auslegung der Ziff. 4.4 der Auseinandersetzungsvereinbarung als Abtretung nicht erlaube. Dieses Vorbringen ist indes wegen Verspätung nicht zuzulassen. Es kann deshalb auch dahin stehen, ob diesem Verteidigungsmittel durchgreifende Bedeutung für den Rechtsstreit zukommen könnte, obwohl sich das Privatgutachten lediglich mit Ziffer 4.4 der Auseinandersetzungsvereinbarung und nicht mit deren Ziffer 4.5 beschäftigt.

Der von Gericht beauftragte Sachverständige hatte bereits in seinem Gutachten vom 25. August 2009 die Frage der Auslegung der Ziffern 4.4 und 4.5 als Abtretung erörtert (vgl. S. 32 ff. des Gutachtens = Bl. 2430 ff., Bd. XIII d. A.). Mit Verfügung vom 23. September 2009 (Bl. 2477, Bd. XIV d. A.) hatte der Vorsitzende des Senats den Parteien unter Bezugnahme auf § 411, § 296 ZPO eine Frist bis zum 9. November 2009 zur Mitteilung von Vorhalten und Fragen an den Sachverständigen gesetzt. Die Widerbeklagte hat ihre nunmehr vorgebrachten Einwände weder innerhalb dieser Frist noch auch nur bis zum Ende der mündlichen Erläuterung des Gutachtens durch den Sachverständigen am 28. Januar 2010 erhoben.

Diese Verspätung des Vorbringens ist nicht entschuldigt. Zwar stammt das Privatgutachten, auf das sich die Widerbeklagte nunmehr beruft, erst vom 6. Februar 2010. Es hätte jedoch jederzeit seit Übermittlung des Gutachtens vom 25. August 2009 erstellt werden können; die Widerbeklagte trägt auch keine Entschuldigungsgründe für die Verspätung vor.

Die Zulassung der nunmehr von der Widerbeklagten erhobenen Einwände würde die Erledigung des Rechtsstreits verzögern, da sie zumindest die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung erforderlich machte, um den Widerklägern die Möglichkeit einer Stellungnahme dazu zu einzuräumen.

Das Vorbringen ist daher gemäß § 411 Abs. 4 Satz 2, § 296 Abs. 1 ZPO nicht zuzulassen.

ccc) Nach den vom Sachverständigen dargestellten Grundsätzen ist Ziff. 4.5 der Auseinandersetzungsvereinbarung dahin auszulegen, dass dadurch die Schadensersatzansprüche der B.. wegen der Verletzung der Streitmarken an die B.. II abgetreten wurden.

Dem mit der Auseinandersetzungsvereinbarung (Settlement Agreement) verfolgten Zweck entsprach es, die streitgegenständlichen Ansprüche an die B.. II abzutreten. Gemäß der letzten der Einleitenden Bemerkungen dieser Vereinbarung beabsichtigten die Vertragsparteien, sämtliche Ansprüche zwischen der B.. und der B.. II beizulegen (so die von der Widerklageseite vorgelegte Übersetzung; im Original: settling all claims ...). Der angestrebten endgültigen Auseinandersetzung hinsichtlich der streitgegenständlichen Ansprüche entsprach es, die bis dahin bestehende Zusammenkettung der Vertragsparteien aufzulösen, die dadurch entstanden war, dass Inhaberin der Ansprüche die eine war, aber die andere sie geltend machte. Eine bloße Prozessführungs- und Einziehungsermächtigung hätte diese Verschränkung bei der Anspruchsdurchsetzung nicht aufgelöst, sondern andauern lassen. Dagegen fielen bei einer Abtretung der Ansprüche an die B.. II Inhaberschaft und prozessuale Geltendmachung zusammen, so dass die B.. in die Anspruchsgeltendmachung nicht mehr eingebunden war.

Die zwischen den Vertragsparteien getroffenen Regelungen zielten auf ein Ausscheiden der B.. ab, wie es mit einer Abtretung verbunden ist. Die B.. II sollte den Rechtstreit auch durch teilweises Nachgeben € im Wege eines Vergleichs oder eines anderen Kompromisses € oder vollständige Aufgabe beenden können (vgl. Ziffer 4.5). Mithin sollte ihr die umfassende Dispositionsbefugnis über den Rechtsstreit und die streitgegenständlichen Forderungen zukommen. Die Möglichkeit, auf die streitgegenständlichen Ansprüche ganz oder teilweise zu verzichten, geht über eine bloße Prozessführungs- und Einziehungsermächtigung € wie sie noch mit der Erklärung vom 3. Juli 1997 ausgesprochen worden war € hinaus, weil sie Eingriffe in die Anspruchsubstanz erlaubt. Zudem sollten diese Befugnisse allein der B.. II zustehen; damit sollte die B.. nicht mehr darüber entscheiden können, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang die Ansprüche weiterverfolgt würden. Der vollständige Übergang der Befugnis, über den Bestand der Ansprüche zu entscheiden, zeigt den Willen der Vertragsparteien, dass die B.. ihre Rechtsstellung als Gläubigerin der Schadensersatzansprüche endgültig aufgab.

Bereits der Wortlaut der Ziff. 4.5 der Vereinbarung zeigt daher, dass die Vereinbarung einen vollständigen Übergang der Ansprüche auf die B.. II bewirken sollte. Auch ohne dass die Vertragsparteien dabei den entsprechenden Begriff verwandten, ist dieser Vorgang als Abtretung zu qualifizieren.

ddd) Die Schadensersatzansprüche der B.. waren ohne weiteres abtretbar.

Die Übertragbarkeit einer Forderung bestimmt sich nach dem Recht, dem die Forderung selbst unterliegt (vgl. BGH NJW-RR 2001, 307; NJW 1991, 637 (638)). Nach dem im Immaterialgüterrecht maßgeblichen Territorialitätsprinzip richtet sich der Schutz von Kennzeichen nach dem Recht des Landes, in dem der Schutz beansprucht wird (vgl. BGH GRUR 2007, 884 € Cambridge Institute Tz. 26 m. w. N.).

Im Streitfall rühren die abgetretenen Ansprüche aus der Verletzung deutscher Marken her, so dass sie deutschem Recht unterliegen. Dieses stand der Abtretung nicht entgegen.

eee) Die nach dem in D geltenden Insolvenzrecht, das gemäß § 335 InsO hinsichtlich der Insolvenz der B.. maßgeblich ist, möglicherweise erforderliche (vgl. S. 65 f. d. Gutachtens v. 25. August 2009 = Bl. 2463 f., Bd. XIII d. A.) Genehmigung des zuständigen Insolvenzgerichts ist am 4. Februar 2004 erteilt worden. Auch die britischen Insolvenzverwalter, die für die B.. II handelten, bewegten sich im Rahmen der ihnen durch sec. 14 des britischen Insolvency Act 1986 und insbesondere Nr. 18 dessen Schedules 1 eröffneten Befugnisse (vgl. S. 71 d. Gutachtens v. 25. August 2009 = Bl. 2469, Bd. XIII d. A.); diese britischen Regelungen sind hinsichtlich der B.. II gemäß Art. 4 Abs. 2 lit. c), Art. 18 Abs. 1 Satz 1 EuInsVO für den vorliegenden Rechtsstreit maßgeblich.

fff) Da die streitgegenständlichen Schadensersatzansprüche wirksam abgetreten wurden und zur Masse der B.. II gehören, sind die Widerkläger als deren Insolvenzverwalter befugt, sie geltend zu machen (vgl. S. 72 d. Gutachtens v. 25. August 2009 = Bl. 2470, Bd. XIII d. A.).

(3) Selbst wenn in der Auseinandersetzungsvereinbarung nicht eine Abtretung, sondern lediglich eine Prozessführungs- und Einziehungsermächtigung zu Gunsten der B.. II erblickt werden könnte, wäre sie geeignet, nicht nur deren Prozessführungsbefugnis, sondern daraus abgeleitet auch diejenige der Widerkläger zu begründen. Auch bei einem derartigen Verständnis der Auseinandersetzungsvereinbarung stehen die Insolvenzverfahren über die Vermögen sowohl der B.. als auch der B.. II der Wirksamkeit der Vereinbarung nicht entgegen.

aaa) Wegen des wirtschaftlichen Interesses, das die B.. II an der Prozessführung wegen ihrer Beteiligung am Prozesserfolg hat, wären die Widerkläger nach dem gemäß Art. 4 Abs. 2 lit. c), Art. 18 Abs. 1 Satz 1 EuInsVO maßgeblichen britischen Recht insoweit befugt, auch massefremde Ansprüche zu verfolgen.

Dazu hat der Sachverständige in seinem Gutachten vom 25. August 2009 allgemein ausgeführt, dass nach britischem Insolvenzrecht die Widerkläger alle Rechtspositionen geltend machen könnten, die auch die B.. II habe geltend machen können, mithin auch deren Position als gewillkürte Prozessstandschafterin (vgl. S. 74 f. d. Gutachtens v. 25. August 2009 = Bl. 2472 f., Bd. XIII d. A.). Auf Frage der Widerbeklagten hat der Sachverständige diese Darlegung in seinem Ergänzungsgutachten vom 6. Januar 2010 dahin erläutert, dass ein britischer Insolvenzverwalter nach sec. 14 Insolvency Act 1986 äußerst weitreichende Befugnisse habe; er habe alle Dinge zu tun, die für die Verwaltung der Angelegenheiten, Geschäfte und das Eigentum der Gesellschaft notwendig seien. Er sei jedoch grundsätzlich nicht zur Geltendmachung solcher Forderungen befugt, die eindeutig und für ihn ersichtlich nicht zum Vermögen der insolventen Gesellschaft rechneten. Allerdings dürfte die Geltendmachung fremder Forderungen zu den zulässigen Aufgaben eines Insolvenzverwalters gehören, soweit mit der Einziehung wirtschaftliche Vorteile für die Gesellschaft verbunden seien, da er sowohl berechtigt als auch verpflichtet sei, alles Vermögen der insolventen Gesellschaft hereinzuholen (vgl. S. 33 f. d. Ergänzungsgutachtens v. 6. Januar 2010 = Bl. 2578 f., Bd. XIV d. A.). Soweit die Widerbeklagte dieser Darstellung in ihrem Schriftsatz vom 10. Februar 2010 entgegentritt, setzt sie lediglich ihre Meinung an die Stelle der Sicht des Sachverständigen; konkrete Anhaltspunkte für ihre Ansicht hat sie weder in der ihr hierfür gesetzten Frist zum 9. November 2009 (s. o. (3) bb) a-2)) noch später vorgetragen.

Im Streitfall ist die Geltendmachung der € bei der hier unterstellten Auslegung der Auseinandersetzungsvereinbarung als bloße Prozessführungs- und Einziehungsermächtigung (s. o. vor aaa)) dieser weiterhin gehörenden € Schadensersatzansprüche der B.. eine Maßnahme, die i. S. d. sec. 14 Insolvency Act 1986 für die Verwaltung der Angelegenheiten und Geschäfte der B.. II notwendig ist und die deshalb in die Befugnisse der Widerkläger fällt. Nicht nur dient sie der Mehrung des Vermögens der B.. II um mehr als die Hälfte des Netto-Barerlöses aus dem Rechtsstreit (vgl. Ziff. 4.1 der Auseinandersetzungsvereinbarung). Sie betrifft auch den Ersatz eines Schadens, der € ungeachtet der rechtlichen Ausgestaltung durch das deutsche Markenrecht € wirtschaftlich bei der B.. II eingetreten ist, die das Europa-Geschäft des B-Konzerns betrieb und darin durch die kennzeichenverletzenden Handlungen der Widerbeklagten beeinträchtigt worden war. Diese Umstände machen die Anspruchsdurchsetzung zu einer Angelegenheit der B.. II, zu der die Widerkläger befugt sind.

bbb) Entgegen der Auffassung der Widerbeklagten bietet das als Anlage B 5 zum Widerklageschriftsatz vom 23. März 2004 vorgelegte Disclosure Statement (dort S. 7, II. B. letzter Absatz) keinen Grund für die Annahme, die Prozessführungsermächtigung durch die B.. habe ihre Wirksamkeit dadurch verloren, dass diese auf die B.. Group Inc. verschmolzen worden sei. Dort wird lediglich eine derartige Möglichkeit erwogen, ohne dass dem zu entnehmen wäre, dass € und gegebenenfalls wann € eine Verschmelzung tatsächlich stattgefunden hätte. Entsprechend besteht keine Veranlassung für die Annahme, die Auseinandersetzungsvereinbarung vom 30. Januar 2004 habe ihre Wirksamkeit wegen Untergangs der B.. verloren.

ccc) Voraussetzung für die Zulässigkeit einer gewillkürten Prozessstandschaft ist nach deutschem Recht als der gemäß Art. 15 EuInsVO für den Rechtstreit maßgebenden lex fori litis ein eigenes schutzwürdiges Interesse des Prozessstandschafters an der Prozessführung. Zur Begründung eines schutzwürdigen Interesses können auch wirtschaftliche Interessen an der Verfolgung kennzeichenrechtlicher Ansprüche herangezogen werden (vgl. BGH GRUR 2008, 1108 € Haus & Grund III Tz. 54 m. w. N.).

Im Streitfall umfasst der Schadensersatzanspruch der B.. als Markeninhaberin auch den Schaden ihrer Lizenznehmerin B.. II, den sie im Wege der Drittschadensliquidation geltend machen kann (s. o. aa)). Daraus ergibt sich ein schutzwürdiges Interesse der B.. II, den Anspruch auf Ersatz des € wirtschaftlich ihr erwachsenen € Schadens selbst geltend zu machen (vgl. BGH NJW 1981, 2640; NJW 1958, 1838 (1839); Weth in: Musielak , ZPO, 7. Aufl. 2009, § 51 Rz. 28; Vollkommer in: Zöller , ZPO, 28. Aufl. 2010, vor § 50 Rz. 49; Lindacher in: Münchener Kommentar zur ZPO, 3. Aufl. 2008, Vorbem zu den §§ 50 ff. Rz. 59).

Dieses schutzwürdige Interesse ist nicht mit der Eröffnung der Insolvenzverfahren in den USA und Großbritannien weggefallen. Ein Vermögensverfall erst während des Laufs eines Prozesses ändert nichts an der Schutzwürdigkeit des zu Prozessbeginn bestehenden Interesses des Prozessstandschafters (vgl. BGH NJW 2003, 2231 (2232) m. w. N.).

ddd) Entsprechend kann der Auseinandersetzungsvereinbarung vom 30. Januar 2004 auch dann, wenn sie als Prozessführungs- und Einziehungsermächtigung und nicht als Abtretung verstanden wird, nicht entgegengehalten werden, sie stelle sich als Missbrauch dar, weil sie vorrangig der Umgehung der die B.. als Markeninhaberin in einem eigenen Prozess treffenden Prozesskostensicherheitslast diene.

Die kostenrechtlichen Auswirkungen einer solchen Gestaltung erlauben es für sich allein nicht, einer Prozessführungsermächtigung die Anerkennung zu versagen. Entscheidend ist vielmehr, ob sich die Ermächtigung zur Prozessführung erkennbar als Missbrauch dieses grundsätzlich anerkannten prozessualen Instituts darstellt. Das kann in Fällen, in denen ein schutzwürdiges Interesse des zur Prozessführung Ermächtigten an der Rechtsverfolgung anzuerkennen ist, regelmäßig nicht angenommen werden (vgl. BGH NJW 1999, 1717 (1718).

Danach fehlt es im Streitfall an tragfähigen Anhaltspunkten für die Annahme einer missbräuchlichen prozessualen Gestaltung, weil die B.. II als diejenige, die der den geltend gemachten Ansprüchen zu Grunde liegende Schaden wirtschaftlich traf und der die begehrte Zahlung teilweise zufließen soll, ein schutzwürdiges Interesse an der Rechtsverfolgung hat. Daneben ist deren Interesse, den einmal (von der Widerbeklagten, nicht von der damaligen Widerklägerin B.. II) begonnenen Prozess fortzuführen, schon aus Gründen der Prozessökonomie anerkennenswert.

C.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Widerbeklagte hat die Kosten der erfolglosen Rechtsmittel gegen das Zwischenurteil des Landgerichts zu tragen (vgl. BGH, Urt. v. 28. November 2002 € III ZR 102/02, juris, dort Tz. 28 (insoweit in NJW 2003, 426 ff. nicht abgedruckt); Greger in: Zöller , ZPO, 28. Aufl. 2010, § 280 Rz. 8 a. E.)

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO) und auch die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO liegen nicht vor (vgl. dazu BGH NJW 2003, 65 ff.).






OLG München:
Urteil v. 25.02.2010
Az: 29 U 1513/07


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/0a81fa865954/OLG-Muenchen_Urteil_vom_25-Februar-2010_Az_29-U-1513-07




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share