Bundespatentgericht:
Beschluss vom 22. Januar 2007
Aktenzeichen: 30 W (pat) 70/05

(BPatG: Beschluss v. 22.01.2007, Az.: 30 W (pat) 70/05)

Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 44 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 8. Februar 2005 insoweit aufgehoben, als die Anmeldung bezüglich der Ware "Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien, soweit in Klasse 16 enthalten" zurückgewiesen worden ist.

Die weitergehende Beschwerde der Anmelderin wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Zur Eintragung in das Markenregister angemeldet ist die Bezeichnung Pro Generikafür die Waren und Dienstleistungen:

"Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien, soweit in Klasse 16 enthalten; Druckereierzeugnisse; Buchbinderartikel; Fotografien; Schreibwaren; Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); Werbung, Öffentlichkeitsarbeit, Organisation und Durchführung von Informationsveranstaltungen; Telekommunikation, Sammeln, Bereitstellen und Liefern von Nachrichten und Informationen, insbesondere in öffentlich zugänglichen Datenbanken, in Datennetzen wie dem Internet oder zum Abruf per Faxpolling; Ausbildung, Erziehung, Unterricht; Schulung, Fort- und Weiterbildung; Veranstaltung von Seminaren, Kongressen, Versammlungen; Veröffentlichung und Herausgabe von Büchern, Zeitungen und Zeitschriften; medizinische Dienstleistungen; Dienstleistungen im Gesundheitswesen, insbesondere Dienstleistungen auf dem Gebiet der Beratung und Bereitstellung von Informationen bezüglich Generika; gutachterliche Tätigkeit, insbesondere im Gesundheitswesen".

Die Markenstelle für Klasse 44 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft und eines bestehenden Freihaltebedürfnisses zurückgewiesen. Die angemeldete Marke werde als Werbeeinsatz im Sinne "für Generika" verstanden - also zur Aufklärung von Vorurteilen gegenüber wirkungsgleichen, kostengünstigeren Nachahmungen bereits auf dem Markt befindlicher Arzneimittel. Im Zuge der Diskussion im Gesundheitswesen sei dem Verkehr der Begriff "Generika" bekannt. Der Verkehr sei auch an zahlreiche mit dem Wort "Pro" im Sinne von "für" gebildete waren- bzw. dienstleistungsbezogene Sachangaben gewöhnt. Die weitere mögliche Bedeutung von "Pro" im Sinne von "professionell" stehe zwar nicht im Vordergrund, könne aber auch als werbeübliches Stilmittel eingesetzt werden. Die angemeldete Marke stelle eine beschreibende Angabe zu Inhalt oder Thema der Waren oder Dienstleistungen dar.

Die Anmelderin hat hiergegen Beschwerde eingelegt. Eine Begründung ist nicht zu den Akten gelangt.

Die Anmelderin beantragt sinngemäß, den angefochtenen Beschluss der Markenstelle für Klasse 44 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 8. Februar 2005 aufzuheben und die angemeldete Marke einzutragen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Der Eintragung der angemeldeten Marke stehen hinsichtlich der Waren "Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien, soweit in Klasse 16 enthalten" die absoluten Eintragungshindernisse des § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG nicht entgegen. Im Übrigen ist die Beschwerde unbegründet, da die angemeldete Marke hinsichtlich der übrigen Waren und Dienstleistungen nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen ist.

1. Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist nach ständiger Rechtsprechung im Hinblick auf die Hauptfunktion der Marke, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten, die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden (vgl. zur st. Rspr. BGH GRUR 2003, 1050 - Cityservice; EuGH GRUR 2004, 674 - Postkantoor). Keine Unterscheidungskraft besitzen vor allem solche Marken, denen die angesprochenen Verkehrskreise für die fraglichen Waren und Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (vgl. EuGH GRUR 2004, 674, 678 - Postkantoor) oder denen die Unterscheidungskraft aus anderen Gründen fehlen (vgl. EuGH GRUR 2004, 674 - Postkantoor; GRUR 2004, 680 - Biomild).

2. Der angemeldeten Marke "Pro Generika" fehlt zumindest jegliche Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG), da der Verkehr in der Bezeichnung eine bloße Sachbezeichnung sieht.

Mit eingehender und rechtlich zutreffender Begründung unter Berücksichtigung der von der Anmelderin vorgebrachten Argumente, der sich der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen im vollem Umfang anschließt, hat die Markenstelle festgestellt, dass der Verkehr der angemeldeten Bezeichnung "Pro Generika" in Bezug auf die - hier noch - von der Zurückweisung umfassten Waren und Dienstleistungen den sachbezogenen Aussagehalt entnehmen wird, dass diese sich werbemäßig inhaltlich oder thematisch mit Generika als Arzneimittel, die unter Verwendung eines nicht mehr patentgeschützten Wirkstoffs preiswerter angeboten werden können, beschäftigen. Der Verkehr, der an zahlreiche mit dem Wort "Pro" im Sinne von "für" gebildete waren- und dienstleistungsbezogene Sachangaben gewöhnt ist (z. B. Pro Familia, Pro Bahn), wird darin keinen betrieblichen Herkunftshinweis erkennen (vgl. (24 W (pat) 290/94 - PRO NATURA, PAVIS PROMA Kliems). Dieser inhalts- und themenbezogene Sachaussagegehalt der angemeldeten Bezeichnung erschließt sich dem Verkehr auch sofort und ohne analysierende Zwischenschritte.

Nachdem die Anmelderin ihre Beschwerde nicht begründet hat und zu dem ausführlich begründeten Beschluss der Markenstelle keine Stellung genommen hat, ist nicht erkennbar, unter welchen Gesichtspunkten der angefochtene Beschluss von der Beschwerdeführerin für unbegründet gehalten wird.

Weist das Zeichen in Bezug auf die zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen bereits keine Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG auf, bedarf es keiner abschließenden Entscheidung darüber, ob die angemeldete Bezeichnung insoweit auch eine beschreibende und freihaltungsbedürftige Angabe im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG darstellt.

Die Beschwerde ist daher insoweit zurückzuweisen.

3. Für die von der Anmelderin beanspruchten im Tenor genannten Waren "Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien, soweit in Klasse 16 enthalten" kann der angemeldeten Marke dagegen kein im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden. Im Gegensatz zu den obengenannten Waren und Dienstleistungen handelt es sich bei Papier, Pappe (Karton) und Waren hieraus um Werkstoffe als Ausgangsprodukt für - beispielsweise - Druckereierzeugnisse. Es ist jedoch nicht bekannt, dass diese Waren für oder im Zusammenhang mit Generika eine besondere Beschaffenheit aufweisen, da diese Werkstoffe grundsätzlich unabhängig vom Inhalt der jeweiligen Druckereierzeugnisse Einsatz finden. So ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass "Pro Generika" eine Sachangabe hinsichtlich der Eigenschaften oder der Verwendung dieser Waren sein kann. Es kann daher nicht festgestellt werden, dass dem Zeichen die Eignung fehlt, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfasste Waren eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden; "Pro Generika" fehlt insoweit nicht die erforderliche Unterscheidungskraft i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.

An der angemeldeten Marke besteht in Bezug auf diese Waren auch kein Freihaltebedürfnis i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG; denn es ist aus obengenannten Gründen nicht ersichtlich, dass sie als konkrete Angabe über Eigenschaften der unter dieser Marke angebotenen Waren dienen könnte und deswegen für die Mitbewerber der Anmelderin freigehalten werden müsste.






BPatG:
Beschluss v. 22.01.2007
Az: 30 W (pat) 70/05


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