Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen:
Beschluss vom 19. März 2009
Aktenzeichen: 13 A 476/08

(OVG Nordrhein-Westfalen: Beschluss v. 19.03.2009, Az.: 13 A 476/08)

Tenor

Die Verfahren 13 A 476/08, 13 A 477/08 und 13 A 478/08 werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.

Die Anträge des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen die Urteile des Verwaltungsgerichts Köln vom 16./27. November 2007 werden zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten der Verfahren einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert wird auch für die Zulassungsverfahren auf jeweils 50.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Durch Beschluss vom 26. Juli 2002 entschied die (frühere) Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post - RegTP - (heute: Bundesnetzagentur), Beschlusskammer 1 (BK 1b-02/002), im sog. Price-Cap-Verfahren (§ 21 Abs. 1 Nr. 2 PostG) über die Zusammenfassung von Dienstleistungen und die Vorgabe von Maßgrößen für Briefsendungen bis 1000 Gramm für den Zeitraum vom 01. Januar 2003 bis zum 31. Dezember 2007; der Zeitraum wurde in Price-Cap-Perioden von jeweils einem Jahr unterteilt. Auf der Grundlage dieses Beschlusses genehmigte die RegTP (Beschlusskammer 5, Bk 5b-02/090) am 12. September 2002 die von der Beigeladenen dieser Verfahren zur Genehmigung vorgelegten Entgelte für das Jahr 2003 mit einer - hier nicht relevanten - Auflage. Die zur Genehmigung vorgelegten Entgelte entsprächen den im Beschluss vom 26. Juli 2002 festgelegten Maßgrößen und damit den Anforderungen des § 20 Abs. 2 Nr. 1 PostG. Ein ähnlicher Genehmigungs-Beschluss der RegTP erging am 24. September 2003 (Bk 5b-03/101) für die Entgelte für das Jahr 2004. Die Entgelte für das Jahr 2005 wurden durch Beschluss der RegTP vom 23. November 2004 (Bk 5b-04/083) genehmigt. Auf die Entgeltgenehmigungen wird im Einzelnen Bezug genommen.

Gegen den Beschluss der RegTP vom 26. Juli 2002 hatten sowohl der Kläger als auch die N. N1. E. N2. GmbH - N3. - im August 2002 Klage erhoben (VG Köln - 22 K 7391/02 - N4. , - 22 K 7392/02 - Kläger). Die Klage des Klägers wies das VG Köln durch Urteil vom 15. Juli 2003 ab. Selbst wenn die Klage als zulässig angesehen werde, sei sie jedenfalls unbegründet, weil dem Kläger als Kunde der Deutschen Post AG kein Anspruch auf eine andere Entgeltregulierung zustehe und § 20 Abs. 2 Nr. 1 PostG keine subjektiven Rechte von Kunden begründe. Den dagegen gestellten Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung wies der Senat durch Beschluss vom 26. November 2004 (13 A 4245/03) zurück. Im Verfahren 22 K 7391/02 - N5. - wies das VG Köln die Klage durch Urteil vom 30. August 2005 wegen fehlender Klagebefugnis als unzulässig ab. Den dagegen gestellten Antrag auf Zulassung der Berufung wies der Senat durch Beschluss vom 12. März 2009 (13 A 2978/06) zurück.

Gegen den Entgelt-Beschluss der RegTP vom 12. September 2002 haben der Kläger im Juni 2003 (VG Köln - 22 K 3808/03 -) und die N6. N7. E1. N8. H. im Juli 2003 (VG Köln - 22 K 4707/03-) Klage erhoben. Gegen den Beschluss der RegTP vom 24. September 2003 hat der Kläger im November 2003 Klage erhoben (VG Köln - 22 K 8715/03 -). Unter Bezugnahme auf die Klagen gegen den Beschluss der RegTP vom 26. Juli 2002 hat er mit den Klagen geltend gemacht, an Stelle der Entscheidung im Price-Cap-Verfahren hätten Einzelgenehmigungen erteilt werden müssen und die Bestimmung zu einem Aufschlagsverbot bei einem Entgelt sei drittschützend. Gegen den Beschluss der RegTP vom 23. November 2004 hat der Kläger im Dezember 2004 Klage - ohne Begründung - erhoben (VG Köln - 22 K 9007/04 -).

Durch Urteile vom 16./27. November 2007, auf die Bezug genommen wird, hat das Verwaltungsgericht die Klagen des Klägers gegen die Entgeltgenehmigungen der RegTP vom 12. September 2002, 24. September 2003 und 23. November 2004 abgewiesen. Die Klagen seien zulässig, aber nicht begründet. Die Genehmigungsbeschlüsse verletzten den Kläger nicht in eigenen Rechten. Ob sie im Übrigen rechtmäßig seien, könne deshalb dahinstehen.

Der Kläger hat fristgerecht Anträge auf Zulassung der Berufung gestellt, auf die Bezug genommen wird.

II.

Eine Verbindung der o. a. Verfahren, die erstinstanzlich auch der Kläger mehrfach angeregt hatte, ist wegen der Gleichartigkeit der Streitgegenstände und des Vorbringens der Beteiligten zweckmäßig (§ 93 VwGO). Die Verfahren bleiben aber eigenständig.

Die Anträge auf Zulassung der Berufung haben keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe, die gemäß § 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO nur im Rahmen der Darlegungen des Klägers zu prüfen sind, liegen nicht vor.

Die Berufungen sind nicht wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit der Urteile des Verwaltungsgerichts (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zuzulassen.

Bei dem Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, durch den die Einzelfallgerechtigkeit gewährleistet wird, kommt es nicht darauf an, ob die angefochtene Entscheidung in allen Punkten der Begründung richtig ist, sondern nur darauf, ob ernstliche Zweifel im Hinblick auf das Ergebnis der Entscheidung bestehen. Ernstliche Zweifel sind dabei anzunehmen, wenn gegen die Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung nach summarischer Prüfung gewichtige Gesichtspunkte sprechen, d. h., wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung in der angefochtenen Gerichtsentscheidung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 2000 - 1 BvR 830/00 -, NVwZ 2000, 1163; BVerwG, Beschluss vom 10. März 2004 - 7 AV 4.03 -, DVBl. 2004, 838; Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, a. a. O., § 124 Rdn. 26 ff.; Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl., § 124 Rdn. 6 ff.; OVG NRW, Beschlüsse vom 17. Februar 2009 - 13 A 2907/08 -, vom 26. Januar 2009 - 13 A 2806/08 -, vom 20. Januar 2009 - 13 A 4306/06 -, und vom 2. Januar 2009 - 13 A 4566/06 -.

In diesem Sinne bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, die Anfechtungsklagen des Klägers gegen die Entgeltgenehmigungen der RegTP wegen fehlender Verletzung in eigenen Rechten abzuweisen. Die Ausführungen des Klägers in den Anträgen auf Zulassung der Berufung sind nicht geeignet, die Richtigkeit dieser Entscheidungen in Zweifel zu ziehen. Dies gilt insbesondere auch im Hinblick auf das Vorbringen, es sei widersprüchlich, die Klagen als zulässig anzusehen, sie aber wegen fehlender Verletzung in eigenen Rechten als unbegründet abzuweisen. Die vom Verwaltungsgericht nicht durchgeführte Prüfung der materiellen Rechtswidrigkeit der Genehmigungsbeschlüsse der RegTP bewirke eine unzureichende Rechtsschutzgewährung; dies gelte vor allem in Zusammenhang mit der Erwägung, dass er keinen Rechtsschutz gegen die Price-Cap-Entscheidung der RegTP vom 26. Juli 2002 erlangen könne und sich ein Fehler in jener Entscheidung zwangsläufig auf die in diesen Verfahren angefochtenen Entgeltgenehmigungen auswirke.

Das Verwaltungsprozessrecht geht auf der Grundlage von Art. 19 Abs. 4 GG und einer entsprechenden generellen Systementscheidung des Gesetzgebers von der Beschränkung auf den Schutz subjektiver Rechte aus und gewährt ein Klagerecht (nur) zum effektiven Schutz eigener Rechte, nicht aber zum Zwecke der Veranlassung einer gerichtlichen Prüfung, ob die Rechtsordnung objektiv gewahrt ist und der Verwaltungsakt mit der Rechtsordnung schlechthin in Einklang steht oder nicht.

BVerfG, Beschlüsse vom 23. Juni 1981 - 2 BvR 1107/77 u.a.-, NJW 1982, 507 und vom 1. Oktober 2008 - 1 BvR 2466/08 -, NVwZ 2009, 240; Maunz/Dürig, GG, Stand: Oktober 2008, Art. 19 Anm. 8; Sodan/Ziekow, VwGO, 2. Aufl., § 113 Rdn. 4 ff., 15ff, 33 ff.; Posser/Wolff, VwGO, § 113 Rdn. 2, 16 ff.; Bader/Funke- Kaiser/Kuntze/von Albedyll, VwGO, 4. Aufl., § 113 Rdn. 13.

Die Aufhebung eines Verwaltungsakts im Rahmen einer - auch hier anstehenden - Anfechtungsklage ist nicht schon dann geboten, wenn der Verwaltungsakt objektiv ganz oder teilweise rechtswidrig ist, sondern erst und nur dann, wenn ein Kläger dadurch in seinen subjektiven Rechten verletzt wird (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Ein (rechtswidriger) Verwaltungsakt, der einen Kläger nicht in seinen Rechten verletzt, unterliegt folglich nicht der Aufhebung.

Die Frage der Verletzung in eigenen subjektiven Rechten ist dabei namentlich bei sog. Drittklagen von Bedeutung, die auch hier gegeben sind. Der Kläger ist nicht Adressat der angefochtenen Entgeltgenehmigungen, sondern ficht diese Verwaltungsakte (vgl. § 46 Abs. 3 Satz 1 PostG i. V. m. § 73 Abs. 1 Satz 2 TKG 1996, § 132 Abs. 1 Satz 2 TKG 2004) als nicht unmittelbar beteiligter Dritter an. In einem solchen Fall liegt eine die Aufhebung des Verwaltungsakts rechtfertigende Rechtsverletzung nur vor, wenn die verletzte materielle Norm zumindest auch dem Schutz des Dritten dient (Schutznormtheorie). Bei Drittklagen ist es daher unverzichtbar, durch Auslegung die Frage nach der drittschützenden Wirkung der Norm zu klären, denn die Rechtsverletzung des Drittanfechtenden muss, soll seine Anfechtungsklage Erfolg haben, gerade auf der Verletzung der konkreten drittschützenden Norm beruhen. Nach der Schutznormtheorie liegt eine drittschützende Norm vor, wenn die Norm nicht ausschließlich dem öffentlichen Interesse, sondern zumindest auch dem Schutz des Individualinteresses zu dienen bestimmt ist und zwar derart, dass die Geschützten die Einhaltung des Rechtssatzes sollen verlangen können. Dazu muss der Drittkläger unter den geschützten Personenkreis fallen und die Norm muss das von ihm geltend gemachte Interesse vor Verletzungen der geltend gemachten Art schützen. Diese prozessualen Konsequenzen lassen es aus Gründen der prozessökonomischen Vorgehensweise auch gerechtfertigt erscheinen - wie es das Verwaltungsgericht gehandhabt hat -, die Frage der Verletzung des Drittklägers in eigenen Rechten in den Vordergrund der gerichtlichen Prüfung eines Anfechtungsbegehrens zu stellen und die Frage der materiellen Rechtswidrigkeit eines Verwaltungsakts zu vernachlässigen, wenn eine subjektive Rechtsverletzung durch ihn nicht erkennbar ist.

Vgl. Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Stand: März 2008, Vorb § 113 Rdn. 4, § 113 Rdn. 6 f.;

Ein Verstoß gegen die "Rechtsschutzgarantie" des Art. 19 Abs. 4 GG und das darin u. a. zum Ausdruck kommende Gebot der Gewährung effektiven Rechtsschutzes liegt in einem vorrangigen gerichtlichen Prüfungsansatz, ob eine behördliche Maßnahme subjektive Rechte des Klägers verletzt, und einer Sekundärbetrachtung der möglichen materiellen Rechtswidrigkeit der Maßnahme nicht. Weder Art. 19 Abs. 4 GG noch die in Art. 2 Abs. 1 GG normierte allgemeine Handlungsfreiheit begründen einen allgemeinen Gesetzesvollziehungsanspruch, auf den die Notwendigkeit einer Prüfung der Rechtmäßigkeit der Maßnahme in jedem Fall - unabhängig von der Frage einer Verletzung in eigenen Rechten - hinauslaufen würde. Art. 19 Abs. 4 GG begründet auch nicht (subjektive) Rechte, sondern setzt solche voraus.

Vgl. Maunz/Dürig, a. a. O., Art. 19 Anm. 119, 122, 143; Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Stand: Februar 2009, Art. 2 Abs. 1 GG Rdn. 60..

Darüber hinaus bietet das Gebot der Gewährung effektiven Rechtsschutzes auch keinen Ansatz dafür, die der Rechtssicherheit dienenden Wirkungen der Bestandskraft von Verwaltungsakten und der Rechtskraft gerichtlicher Entscheidungen nicht zu beachten. Diese Erwägung gilt gerade auch in diesen Verfahren im Hinblick auf die den angefochtenen Entgeltgenehmigungen vorgeschaltete Price-Cap-Entscheidung der RegTP vom 26. Juli 2002. Diese ist, nachdem der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das diese Entscheidung betreffende Urteil des VG Köln vom 15. Juli 2003 - 22 K 7392/02 - durch Beschluss des Senats vom 26. November 2004 (13 A 4245/03) und der Antrag der N9. N10. E2. N11. H1. auf Zulassung der Berufung gegen das entsprechende Urteil des VG Köln vom 30. August 2005 durch Beschluss des Senats vom 12. März 2009 - 13 A 2978/06 - zurückgewiesen wurde, nicht mehr Gegenstand einer gerichtlichen Prüfung und unterliegt deshalb auch angesichts des Gebots der Gewährung effektiven Rechtsschutzes nicht mehr der Überprüfung im Rahmen dieser die Entgeltgenehmigungen betreffenden Verfahren. Dies gilt auch im Hinblick auf die in § 21 Abs. 2 Satz 2 PostG vorgesehene Verbindung zwischen der Price- Cap-Entscheidung und einer nachfolgenden Entgeltgenehmigung. Letzterer kommt hinsichtlich der Rechtsgrundlagen und der Wirkung eine eigenständige Bedeutung zu; es besteht keine Veranlassung, die für alle Beteiligten relevante Bestandskraft der ersteren Entscheidung der RegTP zu missachten und diese erneut einer gerichtlichen Prüfung in diesen Verfahren wegen der Entgeltgenehmigungen zu unterziehen.

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Urteile des Verwaltungsgerichts ergeben sich auch nicht daraus, dass dieses zwar die Klagebefugnis des Klägers aus der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) in Verbindung mit einer fehlenden Überprüfbarkeit behördlich genehmigter Entgelte durch die Zivilgerichte angenommen, eine tatsächliche Verletzung des Art. 2 Abs. 1 GG aber nicht bejaht hat. Dabei kann dahinstehen, welche Bedeutung dem Umstand zukommt, dass der Kläger die jetzt im Zulassungsantrag in den Vordergrund gestellte Verletzung der allgemeinen Handlungsfreiheit und somit des Art. 2 Abs. 1 GG im erstinstanzlichen Verfahren ausdrücklich nicht geltend gemacht hatte (vgl. Schriftsatz vom 10. Januar 2007 an das VG).

Zwar kann ein Verwaltungsakt, der ein privatrechtliches Vertragsverhältnis unmittelbar gestaltet, das vom Schutz der allgemeinen Handlungsfreiheit auch umfasste Recht verletzen, den Inhalt vertraglicher Vereinbarungen mit der Gegenseite frei von staatlichen Bindungen auszuhandeln.

Vgl. BVerwG, Urteile vom 10. Oktober 2002 - 6 C 8.01 -, NVwZ 2003, 605 und vom 21. Dezember 1995 - 3 C 34.94 -, BVerwGE 100, 230.

Eine Verletzung des entsprechenden Rechts des Klägers hat das Verwaltungsgericht, auf dessen Ausführungen in den angefochtenen Urteilen Bezug genommen wird, aber zu Recht verneint. Der Ansatz des Verwaltungsgerichts, die verfassungsmäßige Rechtsordnung als Grenze der allgemeinen Handlungsfreiheit und Art. 87f GG als verfassungsgemäße Beschränkung anzusehen, entspricht dabei der Formulierung in der Grundrechtsnorm, wonach das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit u. a. nur besteht, soweit nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung verstoßen wird. Dabei muss der Senat nicht der Frage nachgehen, ob alleiniger Prüfungsmaßstab Art. 87f GG ist und Art. 2 Abs. 1 GG nicht zur Anwendung gelangt.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 7. Oktober 2003 - 1 BvR 1712/01 -, NVwZ 2004, 329.

Hierauf kommt es angesichts der vorstehenden Ausführungen nicht an. In jedem Fall stellt Art. 87f GG eine verfassungsrechtlich beachtliche Begrenzung grundrechtlicher Freiheiten dar. Der Ansatz des Verwaltungsgerichts deckt sich zudem mit der obergerichtlichen Bewertung, dass für eine Berufung auf die grundgesetzlich gewährleistete allgemeine Handlungsfreiheit kein Raum ist, soweit diese Freiheit durch ein ordnungsgemäß zustande gekommenes und inhaltlich mit der Verfassung in Einklang stehendes Gesetz eingeschränkt ist.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 21. Dezember 1995 - 3 C 34/94 -, a. a. O.

Diese Aussage gilt allgemein und lässt die dargelegte, für den Erfolg einer Anfechtungsklage relevante Verbindung zwischen materieller Rechtswidrigkeit eines Verwaltungsakts und der Verletzung eines (Dritt-)Klägers in eigenen subjektiven Rechten nicht entfallen, so dass der Ansatz des Verwaltungsgerichts - anders als der Kläger meint - nicht deshalb fehlerhaft ist, weil im Fall des vorgenannten Urteils des Bundesverwaltungsgerichts die gerichtliche Prüfung wegen der Unwirksamkeit der normativen Ermächtigungsgrundlage vorzeitig beendet wurde.

Ein verfassungsrechtlich relevantes Schutzdefizit hat der Kläger im Hinblick auf die Entgeltregulierung nicht schlüssig dargetan und ist auch nicht ersichtlich. Eine aus einem Grundrecht folgende Schutzpflicht ist erst dann verletzt, wenn Schutzvorkehrungen überhaupt nicht getroffen oder die getroffenen Regelungen und Maßnahmen gänzlich ungeeignet oder völlig unzulänglich sind, das gebotene Schutzniveau zu erreichen, oder erheblich dahinter zurückbleiben.

Vgl. BVerfG, Urteil vom 10. Januar 1995 - 1 BvF 1/90 -, BVerfGE 92, 26; BVerwG, Urteil vom 10. Oktober 2002 - 6 C 8.01 -, a. a. O.

Das ist hier nicht der Fall. Der für das Telekommunikationsrecht geltende Gedanke, die staatliche Kontrolle und Genehmigungspflicht für Entgelte für Leistungen in diesem Bereich gewährleisteten, dass die Nutzer der Leistungen nicht ungerechtfertigt (hohen) Entgelten ausgesetzt seien, gilt - wie das Verwaltungsgericht zutreffend angenommen hat - gleichermaßen bei der Inanspruchnahme lizenzpflichtiger Postdienstleistungen, für die gem. § 19 ff. PostG eine Genehmigungspflicht besteht. Der Kläger, der eine Betroffenheit und Rechtsverletzung als Kunde der Beigeladenen geltend macht, ist insoweit nicht anders betroffen als jeder andere Postkunde auch, der Postdienstleistungen durch die Beigeladene in Anspruch nimmt und für den die genehmigten Entgelte ebenfalls gelten. Dass der Kläger wegen seiner Tätigkeit im Bereich der Kurier-, Express- und Paketdienste tatsächlich in höherem Maße von den genehmigten Entgelten betroffen ist als ein Postkunde, der mehr oder weniger gelegentlich Postdienstleistungen der Beigeladenen nachfragt, rechtfertigt es nicht, ihm durch Annahme eines aus der allgemeinen Handlungsfreiheit abgeleiteten subjektiven Rechts eine bessere Schutzposition als anderen zu gewähren; ein sachlicher Grund, der eine derartige ungleiche Behandlung rechtfertigen oder gebieten würde, ist insoweit nicht erkennbar. Dies gilt erst recht vor dem Hintergrund der aus einer ähnlichen Regelung des TKG 1996 zutreffend abgeleiteten Annahme des Verwaltungsgerichts, dass dem Kläger subjektive Rechte und eine entsprechende Schutzposition aus dem einfachen Recht des § 20 PostG nicht zustehen. Diese Auslegung des einfachen Rechts, das die grundlegende normative Basis der subjektiven Rechte darstellt, ist aber auch bei der Feststellung der Beeinträchtigung des Schutzbereichs einer Grundrechtsnorm, hier aus Art. 2 Abs. 1 GG, in den Blick zu nehmen.

Vgl. Maunz/Dürig, a. a. O., Art. 19 Anm. 121 f, 127.

Aus den vorstehenden Erwägungen folgt zugleich, dass auch der geltend gemachte Zulassungsgrund der besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) nicht gegeben ist. Mit dem dargelegten Ausgangspunkt, dass eine Anfechtungsklage, soll sie erfolgreich sein, eine Verletzung in eigenen subjektiven Rechten voraussetzt und dies beim Kläger nicht der Fall ist, macht die Streitsache weder im Tatsächlichen noch im Rechtlichen überdurchschnittliche Schwierigkeiten. Sie wirft vom Schwierigkeitsgrad her keine Probleme auf, die über in vergleichbaren Verfahren anstehende Probleme hinausgehen und die das Verfahren von den üblicherweise anstehenden Streitsachen abheben.

Der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) ist ebenfalls nicht gegeben. Angesichts des dargelegten Ausgangspunkts der fehlenden Verletzung des Klägers in eigenen subjektiven Rechten wird eine über den Einzelfall hinausgehende, verallgemeinerungsfähige und der Rechtsfortbildung und/oder -vereinheitlichung dienende Frage tatsächlicher oder rechtlicher Art nicht aufgezeigt. Bei diesem Ansatz ist das Vorbringen des Klägers, es sei höchstrichterlich zu klären, dass Postkunden ein Klagerecht auf Überprüfung der Rechtmäßigkeit von Entgeltgenehmigungen gemäß §§ 19 ff. PostG zustehe, nicht relevant. Die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts beruhen auf einer individuellen Wertung der Entgeltgenehmigungen in Bezug auf den Kläger.

Die Zulassung der Berufungen ist nicht nach § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO wegen Abweichung von Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts geboten. Eine Divergenz im Sinne dieser Bestimmung liegt nur vor, wenn das angefochtene Urteil auf einem abstrakten tragenden Rechtssatz aufbaut, der im Widerspruch zu einem tragenden Grund einer obergerichtlichen Entscheidung steht. Diese Voraussetzungen sind nicht gegeben.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind angesichts deren Einlassung im Zulassungsverfahren, die sinngemäß auf einen Antrag auf Zurückweisung des Zulassungsantrags hindeuten, für erstattungsfähig zu erklären.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 72 Nr. 1 2. HS, 47 Abs. 1 u. 3, 52 Abs. 1 GKG und entspricht den Wertfestsetzungen des Verwaltungsgerichts in den jeweiligen Originalbeschlüssen. Die Besonderheit im Verfahren VG Köln - 22 K 9007/04 -, OVG - 13 A 478/08 -, dass die vorläufige Streitwertfestsetzung im Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 27. Dezember 2004 auf 5.000,00 EUR lautete und bei der Kostenberechnung vom 5. Januar 2005 ebenfalls von diesem - falschen - Betrag ausgegangen wurde, steht der Wertfestsetzung in Höhe von jeweils 50.000,00 EUR nicht entgegen. Die Verbindung der rechtlich eigenständigen Verfahren zur gemeinsamen Entscheidung führt nicht zu einer Zusammenrechnung der Einzelstreitwerte in analoger Anwendung des § 5 ZPO.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 29. August 2006 - 13 A 3968/04 -, MedR 2007, 188; Hamb. OVG, Beschluss vom 23. Oktober 1998 - 6 Bf 448/98 -, NVwZ 1999, 789;.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).






OVG Nordrhein-Westfalen:
Beschluss v. 19.03.2009
Az: 13 A 476/08


Link zum Urteil:
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