Bundespatentgericht:
Beschluss vom 22. Februar 2005
Aktenzeichen: 33 W (pat) 174/03

(BPatG: Beschluss v. 22.02.2005, Az.: 33 W (pat) 174/03)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I Gegen die Eintragung der Wortmarke 301 32 899 FörderRente 24 für Kl. 36: Finanzwesen; Geldgeschäfte, Versicherungswesen; Immobilienwesen;

Kl. 38: Telekommunikation im Finanzwesen, datengestützte Übermittlung von Programmen und Informationen zum Handel und zur Abwicklung von Devisen-, Zins- und Geldgeschäften, Wertpapieren, Anlagen und sonstigen Geldgeschäften, Übermittlung von Informationen und Daten in Onlinediensten und im Internet;

Kl. 42: Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitungist Widerspruch eingelegt worden ausder Wortmarke 301 12 629 VörderRentefür Kl. 36: Versicherungswesenund aus der farbig eingetragenen Wort-/Bildmarke 301 30 370 für Kl. 36: Versicherungswesen.

Mit Beschluss vom 26. Mai 2003 hat die Markenstelle für Klasse 36 die Widersprüche zurückgewiesen. Nach Auffassung der Markenstelle liegt trotz teilweise bestehender Identität der Dienstleistungen selbst bei unterstellter normaler Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarken keine Verwechslungsgefahr vor, da die angegriffene Marke den insoweit erforderlichen Abstand zu den Widerspruchsmarken einhalte. Zwar unterscheide sie sich gegenüber der Widerspruchsmarke 301 12 629 klanglich nur durch die Zahl 24, da diese Zahl aus vier Silben bestehe, sei jedoch nicht damit zu rechnen, dass die Marken in ihrer Gesamtheit miteinander verwechselt würden. Der Gesamteindruck der angegriffenen Marke werde auch nicht vom Element "Förderrente" geprägt, denn jedenfalls für den Bereich "Finanzwesen, Versicherungswesen" handele es sich hierbei um einen unmittelbar beschreibenden Begriff für eine Form der privaten Versicherung mit staatlicher Förderung, der somit nur die Art der Dienstleistungen bezeichne. Da mit der Verwendung des Buchstabens "V" und der Zahl "24" auch in schriftbildlicher und begrifflicher Hinsicht erhebliche Unterschiede verbunden seien, liege insgesamt keine ausreichende Ähnlichkeit der Marken vor.

Eine Verwechslungsgefahr bestehe auch nicht mit der Widerspruchsmarke 301 30 370. Bei ihr handele es sich um eine Wort-Bildmarke mit einer intensiven farbigen grafischen Ausgestaltung, die der angegriffenen Marke fehle. In ihrer Gesamtheit wiesen die Marken daher ebenfalls keine ausreichenden Übereinstimmungen auf. Nur in dem Wort "Förderrente" glichen sich die Marken. Da dieses Wort jedoch, wie dargelegt, beschreibend sei, komme es als prägendes Element nicht in Frage.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Zur Begründung führt sie aus, dass die Markenstelle nicht ausreichend beachtet habe, dass Widerspruch aus zwei unterschiedlich gestalteten Widerspruchsmarken erhoben worden sei, wobei es den jeweiligen Gesamteindruck der Zeichen unzutreffend ermittelt und den Schutzumfang der Widerspruchsmarken falsch bemessen habe.

Der Widerspruchsmarke 301 12 629 - Vörderrente sei ein mindestens normaler Schutzumfang zuzubilligen. Bei der Würdigung des Gesamteindrucks der angegriffenen Marke sei davon auszugehen, dass der vorangestellte Wortbestandteil "FörderRente", der vom Verkehr als erstes wahrgenommen werde, als Kennwort die einfachste Benennungsmöglichkeit der Gesamtmarke darstelle. Zu Unrecht habe die Markenstelle angenommen, dass diesem Bestandteil jegliche Unterscheidungskraft fehle. Bei nicht analysierender Betrachtungsweise unterlägen nur deutliche und unmissverständlich beschreibende Angaben einem Freihaltungsbedürfnis. Dies sei bei der Angabe "FörderRente" nicht der Fall, denn eine solche Angabe könne nicht in das Verzeichnis der Waren und Dienstleistungen aufgenommen werden. Der Begriff sei unklar, da er offen lasse, was damit gemeint sei. Schon der Begriff "Rente" sei mehrdeutig. Er könne die staatliche Rente oder eine betriebliche Rente umfassen, beschreibe aber nicht einen versicherungsrechtlichen Anspruch gegen einen Versicherer. Völlig unbestimmt und deshalb fantasievoll sei die Zusammensetzung "FörderRente". Eine "Rente" werde nicht gefördert, weil sie mehr oder weniger weit in der Zukunft liege, sodass sie als zukünftiges Ereignis nicht in der Gegenwart gefördert werde. Gegenwärtig könnten nur Ansparleistungen der Versicherer (gemeint offenbar: Versicherungsnehmer) unterstützt werden, nicht aber die "Rente" selbst. Daher handele es sich bei der Wortschöpfung "FörderRente", die zudem sprachregelwidrig mit dem Großbuchstaben "R" gebildet sei, um eine phantasievolle Bezeichnung. Abgesehen davon sei dieser Begriff jedenfalls in der angegriffenen Marke enthalten und müsse daher bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr berücksichtigt werden.

Dies gelte umso mehr, als die nachgestellte Ziffernfolge "24" völlig nichtssagend sei. Soweit die Markenstelle die Auffassung vertrete, dass die Zahl 24 aus "vier Silben" bestehe, sei zu beachten, dass "24" stets - auch bei der mündlichen Benennung - ein "Zahlwort" sei, und vom Verkehr stets nur so verstanden werde (etwa als Hinweis darauf, dass z. B. eine Tankstelle 24 Stunden geöffnet sei). Bei diesem Verständnis werde die angegriffene Marke nicht durch den Bestandteil "24" geprägt, wobei die Widersprechende auf die Entscheidung BGH GRUR 2002, 544, 547 - BANK 24 verweist. Dementsprechend könne der "prägende Unterschied" nicht in der Ziffernfolge 24 gesehen werden. Ergänzend legt die Widersprechende eine Liste mit 585 Marken vor, die jeweils den Bestandteil "24" aufweisen. Der Verkehr werde die Zahl 24 daher als abgegriffen betrachten, wofür auch die große Zahl an Internet-Treffern bei Eingabe dieser Zahl spreche. Hingegen würden die angesprochenen Verkehrskreise die Zahl 24 nicht auf die Inhaberin der angegriffenen Marke beziehen. Dem stehe die oben genannte "BANK 24"-Entscheidung des Bundesgerichtshofs entgegen, in der festgestellt worden sei, dass diese Zahl von einem anderen Unternehmen in großem Umfang beworben worden sei. Vielmehr könne die Inhaberin der jüngeren Marke entsprechend den Grundsätzen der Entscheidung BGH GRUR 1996, 977 - DRANO/P3-drano die Widerspruchsmarke nicht dadurch usurpieren, dass sie (in klanglicher Hinsicht) die Zahl "24" an die Widerspruchsmarke anhänge.

Auch hinsichtlich der Widerspruchsmarke 301 30 370 habe die Markenstelle den Gesamteindruck falsch ermittelt. Dieser werde maßgeblich durch den Wortbestandteil "Die FörderRente" geprägt. Denn der Wortbestandteil bilde den grafischen Schwerpunkt, gewissermaßen die Überschrift, des Gesamtzeichens und eigne sich als dessen Benennung. Damit entspreche es der angegriffenen Marke, in der der Wortbestandteil "FörderRente" ebenfalls eine den Gesamteindruck prägende Stellung habe.

Die Widerspruchsmarke sei von der Widersprechenden in einer beispielhaften Werbekampagne mit einem Budget von 65 Millionen DM (per 31.12.2001) beworben worden, wofür die Widersprechende eine BudgetÜbersicht vorlegt (Bl. 226 ff. GA). Angesichts dieser Werbung werde der Verkehr davon ausgehen, dass die angegriffene Marke nichts anderes sei, als eine weitere Ausgestaltung des Stamm-Markenbestandteils "Die FörderRente" der Widersprechenden, sodass eine assoziative Verwechslungsgefahr bestehe.

Die Widersprechende beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und die angegriffene Marke zu löschen.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie ist der Meinung, dass den Widerspruchsmarken der ihnen von der Widersprechenden zugemessene Schutzumfang nicht zukomme. Nach inzwischen mehrfach bestätigter Auffassung des Amtes sei der Begriff "Förderrente" freihaltebedürftig und nicht unterscheidungskräftig. Die Ausführungen in der Beschwerdebegründung seien daher offensichtlich nicht relevant.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II Die zulässige Beschwerde der Widersprechenden ist nicht begründet.

1. Die Markenstelle hat den Widerspruch zu Recht als unbegründet zurückgewiesen. Dies gilt hinsichtlich der für die jüngere Marke in den Klassen 38 und 42 eingetragenen Telekommunikations- und Programmierdienstleistungen schon deshalb, weil es insoweit an jeglicher Ähnlichkeit mit der für die Widersprechende geschützten Dienstleistung "Versicherungswesen" fehlt. Die beiderseitigen Dienstleistungen werden von verschiedenen Dienstleistungsunternehmen in unterschiedlichen Branchen erbracht, wobei sie technisch bzw. wirtschaftlich deutlich unterschiedliche Anforderungen an die Erbringung stellen und zudem anderen Zwecken dienen.

Hinsichtlich der für die jüngere Marke eingetragenen Dienstleistungen der Klasse 36 ist zwar eine Identität bzw. hochgradige Ähnlichkeit mit der für die Widerspruchsmarke geschützten Dienstleistung "Versicherungswesen" zu bejahen, die im Übrigen auch mit einer klanglichen Identität der Markenwörter "FörderRente" und "Vörderrente" zusammentrifft, jedoch kann eine Verwechslungsgefahr schon aus Rechtsgründen nicht festgestellt werden. Denn die Widerspruchsmarke "VörderRente" stellt nur eine erkennbare Anlehnung an den Begriff "Förderrente" dar. Wie der Senat mit Beschluss vom 6. Mai 2003 im Verfahren 33 W (pat) 255/02 festgestellt hat, handelt es sich bei dem Wort "Förderrente" (auch in der Schreibweise "FörderRente") in Bezug auf Dienstleistungen des Versicherungswesens um eine nicht schutzfähige Angabe, mit der die Form der Alterssicherung bezeichnet wird, auf deren Aufbau die Versicherungsdienstleistungen gerichtet sind. Damit bemisst sich der Schutzbereich der Widerspruchsmarke, die nur eine erkennbare Anlehnung an diesen schutzunfähigen Begriff darstellt, nach Maßgabe ihrer Eigenprägung und ist daher auf die konkrete Schreibweise mit "V" beschränkt (vgl. Ströbele/Hacker, 7. Aufl., § 9, Rdnr. 323). Ein darüber hinausgehender Schutzbereich besteht nicht. Insbesondere kann die Marke "Vörderrente" in klanglicher oder begrifflicher Hinsicht nicht über einen auch nur geringen Schutzumfang verfügen, da dieser auf der klanglichen bzw. begrifflichen Identität mit dem schutzunfähigen Wort "Förderrente" beruhen würde.

Damit kann eine Annäherung durch eine Gegenmarke nur in schriftbildlicher Hinsicht und - nach Maßgabe der schutzbegründenden Eigenprägung der Widerspruchsmarke - nur insoweit berücksichtigt werden, als die Annäherung gerade in einer schutzbegründenden schriftbildlichen Ausgestaltung mit einem von "F" abweichenden Anfangsbuchstaben bestehen würde (z.B. bei einer Gegenmarke "Wörderrente"). Die angegriffene Marke weist jedoch insoweit keine Annäherung an die Widerspruchsmarke auf. Eine Verwechslungsgefahr muss damit schon aus Rechtsgründen ausscheiden, ohne dass es noch darauf ankommt, ob das Zeichenwort "FörderRente" den Gesamteindruck der jüngeren Marke überhaupt prägt.

2. Auch den Widerspruch aus der Wort-/Bildmarke 301 30 370 hat die Markenstelle zu Recht zurückgewiesen. Soweit der Widerspruch hinsichtlich der für die jüngere Marken eingetragenen technischen Telekommunikations- und Programmierdienstleistungen der Klassen 38 und 42 schon mangels jeglicher Ähnlichkeit der Dienstleistungen unbegründet ist, kann auf die Ausführungen unter Ziff. 1. verwiesen werden.

Eine Verwechslungsgefahr kann jedoch auch hinsichtlich der für die angegriffene Marke eingetragenen Dienstleistungen der Klasse 36 nicht festgestellt werden. In ihrer Gesamtheit ist die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke normal. Dies gilt allerdings nicht für den Wortbestandteil "Die FörderRente", der für das Versicherungswesen schutzunfähig ist (vgl. oben Ziff. 1). Hiergegen spricht auch nicht das Vorbringen der Widersprechenden, wonach sie ihre Marke umfangreich beworben habe. Abgesehen davon, dass aus den dazu vorgelegten Unterlagen nicht schlüssig hervorgeht, dass sich die geltend gemachten Werbeaufwendungen konkret auf die Wort-/Bildmarke und nicht etwa auf andere Marken der Widersprechenden beziehen, würde sich selbst eine erhöhte Verkehrsbekanntheit dieser Kombinationsmarke nicht zugleich auf deren Einzelbestandteile erstrecken. Vor allem kann sich ein Widersprechender im registerrechtlichen Widerspruchsverfahren grundsätzlich nicht darauf berufen, ein von Haus aus schutzunfähiger Bestandteil der Widerspruchsmarke habe sich zwischenzeitlich für ihn im Verkehr durchgesetzt (vgl. BGH GRUR 1965, 183, 186 - derma; Ströbele/Hacker, a.a.O., Rdnr. 341), was die Widersprechende hier, zumindest ausdrücklich, auch nicht behauptet hat.

Unter Berücksichtigung dieser Umstände hält die jüngere Marke den insoweit erforderlichen Abstand zur Widerspruchsmarke ein. Wegen der zahlreichen abweichenden Wort-, Bild- und Zahlenbestandteile weisen die Marken in ihrer Gesamtheit keine Ähnlichkeit auf. Der Gesamteindruck der beiderseitigen Marken wird auch nicht jeweils durch die Wortbestandteile "FörderRente" bzw. "Förder Rente" geprägt. Hiergegen spricht bereits die fehlende Schutzfähigkeit dieser Markenelemente, die eine Prägung schon aus Rechtsgründen ausschließt.

Da aus nicht schutzfähigen Bestandteilen einer Marke auch keine Rechte hergeleitet werden können ( Ströbele/Hacker, a.a.O., Rdnr. 345, 484), kann auch keine assoziative Verwechslungsgefahr festgestellt werden, wobei sich die Frage eines Hinweischarakters von "Förder Rente" gar nicht erst stellt.

Beide Widersprüche sind damit unbegründet, so dass die Beschwerde zurückzuweisen war.

3. Der Senat sieht davon ab, der Widersprechenden nach § 71 Abs. 1 MarkenG die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen. Zwar stützt sie die Widersprüche und damit die Beschwerde auf einen nicht schutzfähigen Bestandteil, was üblicherweise eine Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen rechtfertigen würde (vgl. Ströbele/Hacker, a.a.O., § 71 Rdnr. 30). Der o.g. Senatsbeschluss vom 6. Mai 2003, mit dem gegenüber der Widersprechenden als der damaligen Anmelderin ein Freihaltungsbedürfnis i.S.d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG an der Bezeichnung "FörderRente" festgestellt wurde, ist jedoch erst durch die Zurückweisung der hiergegen gerichteten Rechtsbeschwerde mit Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 29. April 2004 (I ZB 17/03) rechtskräftig geworden. Da im vorliegenden Beschwerdeverfahren zwischenzeitlich keine weiteren Äußerungen der Beteiligten eingegangen sind, kann in der Aufrechterhaltung der Beschwerde durch die Widersprechende keine kostenverursachende Verletzung ihrer prozessualen Sorgfaltspflichten gesehen werden, die eine Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen rechtfertigen würde.

Winkler Dr. Hock Kätker Cl






BPatG:
Beschluss v. 22.02.2005
Az: 33 W (pat) 174/03


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