Bundespatentgericht:
Beschluss vom 21. April 2010
Aktenzeichen: 19 W (pat) 151/09

(BPatG: Beschluss v. 21.04.2010, Az.: 19 W (pat) 151/09)

Tenor

Die Beschwerde bezüglich der Teilanmeldung P 44 48 057.1 wird zurückgewiesen.

Gründe

I Das Deutsche Patentund Markenamt -Prüfungsstelle für Klasse B60K -hat die am 28. Juni 1994 eingereichte Patentanmeldung P 44 22 647.0 durch Beschluss vom 31. Januar 2005 mit der Begründung zurückgewiesen, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 nicht neu sei.

Gegen diesen Beschluss hat die Anmelderin am 1. März 2005 Beschwerde eingelegt.

Mit am 29. November 2008 beim Patentamt eingegangenem Schriftsatz vom 26. November 2008 hat die Anmelderin die Teilung der Anmeldung erklärt.

Mit Beschluss des Senats vom 28. September 2009, Az. 19 W (pat) 82/08, ist die Beschwerde bezüglich der Stammanmeldung P 44 22 647.0 zurückgewiesen und das Beschwerdeverfahren bezüglich der aus der Teilung hervorgegangenen Trennanmeldung P 44 48 057.1 abgetrennt worden. Das abgetrennte Beschwerdeverfahren wird unter dem Aktenzeichen 19 W (pat) 151/09 geführt.

Die Anmelderin stellt in dem hier anhängigen Beschwerdeverfahren 19 W (pat) 151/09 den Antrag, den im Verfahren der Stammanmeldung P 44 22 647.0 ergangenen Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse B60K des Deutschen Patentund Markenamtes vom 31. Januar 2005 aufzuheben und das mit der aus der Stammanmeldung abgetrennten Teilanmeldung P 44 48 047.1 nachgesuchte Patent mit folgenden Unterlagen zu erteilen:

Patentansprüche 1 bis 4 gemäß Hauptantrag, überreicht in der mündlichen Verhandlung, hilfsweise Patentansprüche 1 bis 3 gemäß Hilfsantrag, überreicht in der mündlichen Verhandlung, übrige Unterlagen, Beschreibung und 2 Blatt Zeichnungen mit Figuren 1 und 2, eingereicht am 29. November 2008.

Der geltende Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag lautet (unter Einfügung einer Gliederung):

"a) Verfahren zur automatischen Steuerung der Bereitstellung von Leistung durch eine Brennkraftmaschine und/oder durch einen über einen elektrischen Energiespeicher antreibbaren Elektromotor in Kraftfahrzeugen mit Parallel-Hybridantrieb, b) wobei in einer Betriebsweise des Hybridantriebs grundsätzlich die angeforderte Antriebsleistung ausschließlich durch die Brennkraftmaschine bereitgestellt wird, dadurch gekennzeichnetc) dass die Brennkraftmaschine im Schubbetrieb und/oder im Leerlauf und/oder bei Fahrzeugstillstand automatisch abgeschaltet wird."

Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag unterscheidet sich von dem des Hauptantrags dadurch, dass -unter Ersetzung des Punktes durch das Wort "und" -an ihn das mit dem Gliederungsbuchstaben d) versehene Merkmal

"d) dass ein automatischer Start der abgeschalteten Brennkraftmaschine bei ausreichender Ladung des Energiespeichersdurch den Elektromotor vorgenommen wird."

angehängt ist.

Die Anmelderin vertritt bezüglich des jeweiligen Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag und Hilfsantrag die Ansicht, dass der erfinderische Überschuss darin zu sehen sei, dass die Brennkraftmaschine in Abhängigkeit der drei Betriebszustände Schubbetrieb, Leerlauf und Fahrzeugstillstand automatisch abgeschaltet werde. Sie will dieses automatische Abschalten so verstanden wissen, dass es im Anschluss an die -im Oberbegriff beschriebene -Betriebsweise des Hybridantriebs erfolge, gemäß der die angeforderte Antriebsleistung grundsätzlich ausschließlich durch die Brennkraftmaschine bereitgestellt wird.

Dabei bedeute nach Auffassung der Anmelderin die Angabe, dass die Brennkraftmaschine "automatisch" abgeschaltet werde, dass dieses Abschalten nicht manuell durch den Fahrzeugbenutzer, sondern durch eine Steuereinrichtung erfolgen solle.

Das gegenüber dem Patentanspruch 1 nach Hauptantrag zusätzliche Merkmal im Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag betreffe eine Automatik, die beispielsweise beim Halten vor einer Rot zeigenden Ampel zum Tragen komme und gemäß der die abgeschaltete Brennkraftmaschine -nach Abschluss der Rotphase -wieder gestartet werde.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde konnte bezüglich der Trennanmeldung, P 44 48 057.1-51 keinen Erfolg haben, weil das Verfahren nach dem jeweiligen Patentanspruch 1 nach Hauptund Hilfsantrag nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht (§ 4 PatG).

1.

Als zuständiger Fachmann ist hier ein Diplomingenieur des Maschinenbaus mit Hochschulabschluss anzusehen, der Kenntnisse auf dem Gebiet der Entwicklung von Hybridfahrzeugen, insbesondere der Ansteuerung von deren Einzelkomponenten aufweist.

2.

Dem jeweiligen Patentanspruch 1 nach Hauptund Hilfsantrag liegt nachfolgendes Verständnis zugrunde.

Die Merkmale b) und c) des jeweiligen Patentanspruchs 1 nach Hauptund Hilfsantrag sind so zu verstehen, dass in dem Betriebszustand nach Merkmal b) ausschließlich die Brennkraftmaschine betrieben wird und dass sich an diesen Betriebszustand einer der Betriebszustände Schubbetrieb, Leerlauf oder Fahrzeugstillstand gemäß Merkmal c) anschließt, in dem dann die Brennkraftmaschine automatisch abgeschaltet wird.

Die Angabe im Merkmal d) des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag, dass ein automatischer Start der Brennkraftmaschine ... durch den Elektromotor vorgenommen wird, besagt, dass die Brennkraftmaschine im Anschluss an einen der Betriebszustände Schubbetrieb, Leerlauf oder Fahrzeugstillstand zunächst abgeschaltet und anschließend wieder automatisch gestartet wird, wobei der Elektromotor als Anlasser verwendet wird.

3. Der Patentanspruch 1 nach Hauptantrag ist nicht patentfähig.

Aus der DE 31 40 492 A1 ist -in Übereinstimmung mit dem Wortlaut des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag in der ersten Alternative des Merkmals c) -bekannt, folgendes eina) Verfahren zur automatischen Steuerung der Bereitstellung von Leistung durch eine Brennkraftmaschine (B) und/oder durch einen über einen elektrischen Energiespeicher (A) antreibbaren Elektromotor (E) in Kraftfahrzeugen mit Parallel-Hybridantrieb

(S. 2 Z. 19 bis 27), b) wobei in einer Betriebsweise des Hybridantriebs grundsätzlich die angeforderte Antriebsleistung ausschließlich durch die Brennkraftmaschine (B) bereitgestellt wird (S. 5 le. Abs. i. V. m.

S. 6 Z. 7 bis 11), wobeic) die Brennkraftmaschine im Schubbetrieb automatisch abgeschaltet wird (S. 6 Z. 25 bis 28 besagt: Bei einer Fahrzeugnutzbremsung, wird das Fahrzeug nicht mehr angetrieben, sondern gebremst und damit geschoben, es befindet sich sonach im Schubbetrieb. In diesem Betriebszustand wird die Brennkraftmaschine abgeschaltet, wobei diese Abschaltung automatisch, nämlich über die von der Steuereinrichtung ST betätigte Blockierbremse 10 erfolgt).

Aus der DE 31 40 492 A1 (S. 6 Z. 25 bis 28) entnimmt der Fachmann weiterhin, dass die Brennkraftmaschine -vermöge der von der Steuervorrichtung ST automatisch angesteuerten Blockierbremse 10 -abgeschaltet werden kann, wenn von ihr keine Leistung mehr angefordert wird, wie im Schubbetrieb. In logischer Konsequenz bietet es sich für ihn daher an, auch für andere Betriebszustände, die keine Leistung der Brennkraftmaschine erfordern, wie Leerlauf oder Fahrzeugstillstand, die Brennkraftmaschine automatisch abzuschalten (zweite und dritte Alternative des Merkmals c)).

Das Verfahren gemäß Patentanspruch 1 nach Hauptantrag ist somit in der ersten Alternative des Merkmals c) nicht neu und es beruht in der zweiten und dritten Alternative des Merkmals c) nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

4. Das Verfahren gemäß Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

In der DE 31 40 492 A1 (S. 6 Z. 16 bis 19) ist angegeben, dass ein Start der abgeschalteten Brennkraftmaschine B durch den Elektromotor E vorgenommen wird. Dass ein solcher Start nur bei ausreichender Ladung des Energiespeichers A möglich ist, ist zwar in der Druckschrift nicht explizit ergeben, stellt jedoch eine vom Fachmann selbstverständlich mitlesbare Tatsache dar, weil der Elektromotor andernfalls nicht betätigt werden könnte.

Weiterhin lehrt die DE 31 40 492 A1 (S. 4 Z. 32 bis S. 5 Z. 2), dass auch der Elektromotor E von der Steuerung ST gesteuert wird. Dem Fachmann ist geläufig, dass solche Steuerungen üblicherweise eingesetzt werden, um automatische Wirkungen hervorzurufen. Dies ergibt sich für ihn aber auch aus dem Hinweis in der DE 31 40 492 A1 (S. 5 Z. 22 bis 30), der besagt, dass sowohl die von der Steuerung ST angesteuerte Brennkraftmaschine B in Bezug auf Wirkungsgrad und Schadstoffemission günstig als auch der Elektromotor E je nach Bedarf betrieben werden soll. Daraus ist für den Fachmann ersichtlich, dass dies nur durch eine auf den Elektromotor E und auf die Brennkraftmaschine B automatisch wirkende Steuerung ST erreicht werden kann.

Für den Fachmann liegt es daher nahe, das Verfahren gemäß Patentanspruch 1 nach Hauptantrag so auszugestalten, dass ein automatischer Start der abgeschalteten Brennkraftmaschine bei ausreichender Ladung des Energiespeichers durch den Elektromotor vorgenommen wird (Merkmal d)).

5. Nach Wegfall des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag teilen auch die auf diesen rückbezogenen Unteransprüche dessen Schicksal; ebenso ergeht es den, auf den Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag rückbezogenen Patentansprüchen 2 und 3.

Bertl Kirschneck Groß Müller Pü






BPatG:
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Az: 19 W (pat) 151/09


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