Bundespatentgericht:
Beschluss vom 6. November 2002
Aktenzeichen: 26 W (pat) 98/00

(BPatG: Beschluss v. 06.11.2002, Az.: 26 W (pat) 98/00)

Tenor

Auf die Beschwerde der Markeninhaberin werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 33 IR des Deutschen Patent- und Markenamts vom 15. Mai 1997 und vom 20. Dezember 1999 aufgehoben.

Gründe

I.

Beim Deutschen Patent- und Markenamt wird für die international registrierte Marke 646 286 BARON CRISTANI um Schutz für die Waren

"Vins, spiritueux, liqueurs "

nachgesucht.

Die Markenstelle für Klasse 33 hat dieser Marke den Schutz teilweise, nämlich für die Ware "vins" verweigert, weil die angemeldete Bezeichnung täuschend sei. Sie bezeichne eine dem Adel angehörende natürliche Person. Ein erheblicher Teil des inländischen Verkehrs aber gehe bei der Begegnung mit einem solchen Adelsnamen auf einem Weinetikett, unabhängig davon, ob es sich um einen Phantasienamen handle oder nicht, von der den Kaufentschluß maßgeblich (positiv) beeinflussenden Erwartung aus, daß zwischen dem Träger des Adelsnamens und den so gekennzeichneten Weinen sachliche Beziehungen geschäftlicher Art bestünden und daß der Träger des Adelsnamens über einen Weinbaubetrieb verfüge, aus dem der betreffende Wein stamme. Dies aber habe die Markeninhaberin nicht dargetan. Deshalb sei die angemeldete Bezeichnung ersichtlich geeignet, die angesprochenen inländischen Käuferkreise über verkehrswesentliche Eigenschaften der beanspruchten Weine zu täuschen.

Hiergegen wendet sich die Markeninhaberin mit der Beschwerde. Sie sei zur Verwendung des Adelstitels berechtigt, da der Namensgeber für die vorliegende Marke im 19. Jahrhundert gelebt und bei seinem Tod seine Weinberge einer Stiftung hinterlassen habe, die bis heute noch weiter bestehe. Diese Stiftung sei Gesellschafterin der Markeninhaberin und liefere der Markeninhaberin Weintrauben aus den Weinbergen des Barons Cristani für die Weinerzeugung. Damit sei eine sachliche Beziehung zwischen dem Namensträger und dem unter seinem Namen angebotenen Wein vorhanden. Die Trauben stammten von einem Weinberg, der die Zeiten unabhängig davon überdauert habe, daß sein früherer Eigentümer gestorben sei.

II.

Die zulässige Beschwerde ist begründet. Der IR-Marke steht das Schutzhindernis des Art 6 quinquies B PVÜ iVm § 8 Abs 2 Nr 4 iVm § 37 Abs 3 MarkenG für die versagten Waren "vins" nicht entgegen.

Die international registrierte Marke "BARON CRISTANI" ist auch hinsichtlich derjenigen Waren, für die ihr der Schutz verweigert wurde, nicht geeignet, das Publikum über Eigenschaften dieser Waren, die für den Kaufentschluß maßgeblich sind, ersichtlich zu täuschen. Eine Täuschungsgefahr in diesem Sinne setzt nämlich unrichtige Angaben voraus, die die beteiligten Verkehrskreise in ihren wirtschaftlichen Entschlüssen (positiv) beeinflussen (Althammer/Ströbele, MarkenG, 6. Aufl, § 8 Rdnr 227 und 233). Zwar hat die Markeninhaberin die Existenz eines (lebenden) adeligen Weingutsbesitzers Namens "BARON CRISTANI" bzw den Einfluß des Namensgebers auf die Produkte eines traditionsreichen Weinbaubetriebs nicht belegt. Aber auch dann ist die Annahme, daß die schutzsuchende Bezeichnung geeignet sei, das Publikum über die Art oder Beschaffenheit der unter dieser Kennzeichnung angebotenen Weine zu täuschen, nicht gerechtfertigt.

Ob eine Marke dann, wenn sie Vorstellungen von bestimmten Verhältnissen hervorrufen könnte, geeignet ist, den Verkehr zu täuschen, richtet sich nämlich nach der Auffassung der angesprochenen Verkehrskreise. Dabei geht der Senat bei der Beurteilung der Frage, ob ein nicht unbeachtlicher Teil der Abnehmer einer Täuschung unterliegen kann, von einem durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher aus (Althammer/Ströbele, aaO, § 8 Rdnr 228; EuGH GRUR Int 1999, 345, 348 - Sektkellerei Kessler). Dieser aber wird in der Bezeichnung "BARON CRISTANI" unabhängig davon, ob dieser noch lebt oder Namensgeber einer Stiftung ist, keine Angabe sehen, die einen Rückschluß auf die Art, Beschaffenheit und insbesondere die Qualität der so bezeichneten Weine zuläßt. Da der deutsche Durchschnittsverbraucher nämlich einen italienischen Adeligen "BARON CRISTANI" nicht kennt, kann er mit diesem Namen auch keine Vorstellung von einem bestimmten Weingut und dem Einfluß dieser Person auf die dort erzeugten Weine verbinden. Dies könnte nur dann der Fall sein, wenn er der Meinung sein könnte, die von italienischen Adeligen erzeugten bzw. mitverantworteten Weine seien allgemein von besserer Qualität als die Weine der übrigen - nichtadeligen - italienischen Winzer. Für eine solche Annahme liegen jedoch keine hinreichenden Anhaltspunkte vor (BPatGE 43, 25 - MARQUIS DE ST AMBRE). Zudem hat der durchschnittlich informierte deutsche Verbraucher in der Regel keine Kenntnisse über Details aus dem italienischen Adel und über dessen Weingüter. Er hat deshalb keine Veranlassung, Weinen, die mit dem Namen eines (unbekannten) Adeligen gekennzeichnet sind, eine besondere Wertschätzung entgegenzubringen, zumal auch dem durchschnittlich informierten Verbraucher bekannt ist, daß die Qualität von Weinen ohnehin wesentlich von weiteren Faktoren wie Lage und Pflege der Reben und Können der Winzer abhängig ist.

Ohnehin keiner Täuschungsgefahr unterliegen im übrigen diejenigen Verbraucher, die beim Kauf von Weinen nicht auf bestimmte Qualitätshinweise achten, weil sie diese Getränke im Vorbeigehen erstehen und dabei ihren Erwerb nicht von dem möglichen Aussagegehalt der Bezeichnung abhängig machen. Ebenso wenig werden sich andererseits Weinkenner nur an einer ihnen unbekannten Adelsbezeichnung orientieren.

Damit war der Beschwerde der Markeninhaberin stattzugeben.

Albert Reker Eder Bb






BPatG:
Beschluss v. 06.11.2002
Az: 26 W (pat) 98/00


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