Bundespatentgericht:
Beschluss vom 8. November 2005
Aktenzeichen: 33 W (pat) 265/03

(BPatG: Beschluss v. 08.11.2005, Az.: 33 W (pat) 265/03)

Tenor

Auf die Beschwerde der Markeninhaberin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 36 IR des Deutschen Patent- und Markenamts vom 26. August 2003 aufgehoben.

Gründe

I Am 25. April 2001 ist unter der Nummer 758 627 die Wortmarke MASTER UNIT für folgende Dienstleistungen international registriert worden:

Klasse 36: Affaires financières, affaires monetaires, affaires bancaires, emission de valeurs mobilières, d«obligations, placement de fonds et investissement de capitaux.

Mit Beschluss vom 26. August 2003 hat die Markenstelle für Klasse 36 durch ein Mitglied des Patentamts der Marke nach Art 6 quinquies B Nr 2 PVÜ, Art 5 Abs 1 MMA, §§ 107, 113, 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG den Schutz für die Bundesrepublik Deutschland verweigert. Nach Auffassung der Markenstelle fehlt der Marke jegliche Unterscheidungskraft. Sie weise die Bedeutung "Zentraleinheit, Haupteinheit" auf, womit in der Regel die steuernde Einheit eines elektrotechnischen Geräts beschrieben werde. Es handle sich um eine übliche Begriffsbildung, wie sie sich etwa in den Begriffen "master key", "master tape" oder "master file" finde, in denen das Wort "master" ebenfalls für "Haupt- / Zentral-" stehe. Der zweite Markenbestandteil "UNIT" sei als englisches Wort für "Einheit, Organisationseinheit" allgemein bekannt. Die Bedeutung "Haupteinheit, Zentraleinheit" sei somit aufgrund der Begriffsbildung allgemein "und ohne einen bestimmten Bezug zu einem Warenbereich". Die Verwendung im Bereich der Elektrotechnik sei daher nicht zwangsläufig. Selbst wenn der Verkehr die Wortkombination "master unit" im Bereich der Elektrotechnik kenne, werde er dennoch die allgemeine Bedeutung von "Zentraleinheit" erkennen. In einem anderen als in einem technischen Zusammenhang sei der Gebrauch des Begriffs für den Verkehr daher nicht ungewöhnlich oder befremdlich. Somit werde die schutzsuchende Marke auch im Finanzwesen im og Sinne verstanden werden. Der Verkehr werde annehmen, dass die Dienstleistungen von einer Zentraleinheit, also nicht von einer Filiale, stammten. Dies besage für die Dienstleistungen, dass diese einheitlich, zusammengefasst erbracht würden. Die Schutz suchende Marke stelle damit einen Fachausdruck für die Dienstleistungen dar.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Markeninhaberin, mit der sie sinngemäß beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben.

Zur Begründung führt sie aus, dass die Marke - was auch die Markenstelle insoweit richtig ausgeführt habe - keinen produktbeschreibenden Aussagegehalt aufweise. Vielmehr sei sie mehrdeutig und ohne bestimmten Bezug zu einem Warenbereich. Soweit die Markenstelle ihren Verweigerungsbeschluss darauf gestützte habe, dass die Marke ein gebräuchliches Wort einer geläufigen Sprache darstelle und - ohne die Produkte unmittelbar zu beschreiben - vom Verkehr nicht als Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen aufgefasst werde, seien diese Ausführungen zur Gebräuchlichkeit des Begriffs "MASTER UNIT" auf dem Gebiet der Finanzdienstleistungen rein spekulativ und durch keinerlei Belege untermauert. Noch nicht einmal dafür, dass es sich um ein gebräuchliches Wort der Elektrotechnik handele, habe die Markenstelle Belege gebracht. Auch könne die Schutz suchende Marke nicht einmal von einem Muttersprachler eindeutig zugeordnet werden. Dies gelte erst recht für den deutschen Verkehr, der in seiner Gesamtheit nicht aus Elektrotechnikern bestehe. Schon die unterschiedlichen Begründungen im Beanstandungsbescheid und im Beschluss zeigten, dass die hinter den Einzelelementen stehende Gesamtaussage eben nicht zu einer deutlichen und unmissverständlich Aussage kombiniert werden könne. Darunter könne man etwa das Original einer Vielzahl von Kopien oder ein Basisgerät verstehen. Angesichts des breiten Bedeutungsgehalt des Wortes "unit", das laut Langenscheidt sechs verschiedene Bedeutungen aufweise, seien die Interpretationsmöglichkeiten nahezu beliebig. Dieses Maß an Interpretationsbedürftigkeit spreche für die Unterscheidungskraft, zumal der Verkehr üblicherweise keine analysierende Betrachtung der Bestandteile einer Marke vornehme.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II Die Beschwerde ist begründet.

Entgegen der Beurteilung der Markenstelle hält der Senat die Marke für hinreichend unterscheidungskräftig und nicht rein beschreibend. Absolute Schutzhindernisse gemäß Art 6 quinquies B Nr 2 PVÜ, 5 Abs 1 MMA, §§ 113, 8 Abs 2 Nr 1 oder 2 MarkenG stehen der Schutzbewilligung somit nicht entgegen.

1. Entsprechend der Hauptfunktion der Marke, dem Verbraucher oder Endabnehmer die Ursprungsidentität der durch die Marke gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu garantieren, ist unter Unterscheidungskraft im Sinne dieser Vorschrift die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung zu verstehen, Waren oder Dienstleistungen als von einem Unternehmen stammend zu kennzeichnen und sie somit von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl EuGH GRUR 2002, 804 Nr 35 - Philips/Remington; GRUR 2004, 428 Nr 30, 48 - Henkel). Die Unterscheidungskraft ist zum einen im Hinblick auf die angemeldeten Waren oder Dienstleistungen zum anderen im Hinblick auf die beteiligten Verkehrskreise zu beurteilen, wobei auf den durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher der Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist. Kann einer Wortmarke ein für die fraglichen Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden oder handelt es sich sonst um ein gebräuchliches Wort der deutschen Sprache oder einer bekannten Fremdsprache, das vom Verkehr - etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so ergibt sich daraus ein tatsächlicher Anhalt dafür, dass ihr jegliche Unterscheidungskraft fehlt (vgl BGH GRUR 2003, 1050, 1051 - Cityservice).

Den danach an die Unterscheidungskraft einer Marke zu stellenden Anforderungen wird die angemeldete Bezeichnung gerecht. Weder konnte ihr ein eindeutiger, im Vordergrund stehender beschreibender Bedeutungsgehalt zugeordnet werden, noch waren Anhaltspunkte dafür vorhanden, dass sie nur als solche und nicht als betriebliches Unterscheidungsmittel verstanden wird.

Der Begriff "master unit" hat sich zwar umfangreich im Bereich der Elektrotechnik und Elektronik, einschließlich der IT-Technik belegen lassen. Dem Ausdruck kommt dabei im Wesentlichen die Bedeutung "Haupteinheit, Zentraleinheit" zu, wobei im deutschsprachigen Internet auch Übersetzungen wie "Master-Gerät", "Mastereinheit" o Ä auftauchen. Die Bezeichnung eignet sich zur Benennung von verschiedenen technischen Vorrichtungen, wie etwa Schaltungen, Netzwerk-Rechnern, Rechnermodulen usw (vgl zB http://en.wikipedia.org/wiki/Master_unit; www.atmel.com/products/Bluetooth/terms.asp; www.knuerr.com). Gemeinsam scheint all diesen mit "master unit" bezeichneten Geräten und Bauteilen lediglich die Eigenschaft zu sein, dass sie eine Art übergeordnete Funktion innerhalb einer Baugruppe ausüben, so dass mit ihnen auch andere Geräte oder Bauteile gesteuert oder überwacht werden können.

Im Bereich der hier relevanten Dienstleistungen des Finanz-, Börsen- und Investmentgeschäfts hat sich der Ausdruck "master unit", in welcher Schreibweise auch immer, hingegen nicht als beschreibende Bezeichnung oder gar als Fachbegriff belegen lassen. Die Markenstelle hat hierzu keine tatsächlichen Feststellungen getroffen, was indirekt auch aus ihren Ausführungen hervorgeht, mit denen sie eine Übertragung bzw ein waren- und dienstleistungsübergreifendes Verständnis des aus der Technik stammenden Begriffs auch für den Bereich des Finanzwesens herzuleiten versucht. Der Senat hat bei seiner Recherche ebenfalls keine Verwendung des Begriffs "master unit" als beschreibende Angabe für Dienstleistungen der Klasse 36 auffinden können, weder in Lexika des Wirtschafts-, Finanz- und Börsenwesens (vgl zB Vahlens Großes Wirtschaftslexikon, 2. Aufl; Gabler Wirtschaftslexikon, 16. Aufl; Büschgen, Das kleine Bank-Lexikon, 2. Aufl 1997) noch in entsprechenden Wörterbüchern der englischen Fachsprache (vgl etwa F. K. Feldbausch/J. Feldbausch, Bank-Wörterbuch, Deutsch-Englisch, Englisch-Deutsch, 4. Aufl; Der kleine Eichborn, Wirtschaft und Wirtschaftsrecht, Englisch-Deutsch, 4. Aufl; Der Grosse Eichborn, Wirtschaftswörterbuch, Englisch-Deutsch, 2003; Langenscheidt Routledge - Fachwörterbuch Wirtschaft, Handel und Finanzen Englisch, 2002; PONS - Fachwörterbuch Banken, Finanzen und Versicherungen, Englisch-Deutsch; PONS - Großes Fachwörterbuch Wirtschaft, Englisch-Deutsch, Deutsch-Englisch).

Auch im Internet hat sich die beanspruchte Marke nicht als Finanzfach- oder -sachbegriff belegen lassen. Dort fand sich der Begriff lediglich als - inzwischen offenbar nicht mehr verwendeter - gemeinsamer Zusatz der drei Investmentfonds "Dow Jones Euro Stoxx 50 Master Unit", "MSCI US Tech Master Unit" und "Euro MTS Global Master Unit" (vgl etwa www.finanznachrichten.de/nachrichten-2003-03/artikel-1107526.asp; www.inoralife.de/privat/world/ETF.html; www.fondsweb.de/fonds/profil.php€ID=7628; www.roedl.de/Inhalt/download/Briefe/II0403_1-pdf; www2.onwirtschaft.tonline.de/dyn/c/23/87/78/2387780.pdf). Die Fonds werden von einem Tochterunternehmen der Markeninhaberin betrieben. Dabei stellt die Wortfolge "Master Unit" innerhalb der og Fonds-Gesamtbezeichnungen erkennbar keine beschreibende Angabe über Eigenschaften der Fonds bzw ihrer damit in Zusammenhang stehenden Finanzdienstleistungen dar, sondern fungiert neben beschreibenden Angaben, wie etwa dem zugrunde liegenden Index, dem wirtschaftlichen und geografischen Schwerpunkt der ausgewählten Wertpapiere usw, als kennzeichnender, auf die Herkunft des Fonds bzw der Fondszertifikate aus einer bestimmten Fondsgesellschaft hinweisender Zusatz (ähnlich wie zB die Zusätze "iShares", "i-Tracker" oder "Fresco" für andere Fondsanbieter, vgl og Internetfundstellen).

Es ist auch nicht ersichtlich, dass die beanspruchte Marke vom Verkehr im Bereich des Finanz- und Börsenwesens auch ohne entsprechende tatsächliche Feststellungen ohne Weiteres als beschreibende Angabe aufgefasst wird. Soweit die hier maßgeblichen Verkehrsteilnehmer zugleich auch auf dem Gebiet der Elektrotechnik und Elektronik bewandert sein mögen, kommt der Ausdruck "master unit" theoretisch zwar als Hinweis darauf in Betracht, dass eine Finanz-, Börsen- oder ähnliche Dienstleistung irgendwie mit Hilfe einer elektrischen oder elektronischen Hauptschaltung bzw -einheit erbracht wird, was angesichts der weiten Verbreitung elektronischer Geräte, Netzwerke usw in der Finanzwelt vermutlich auch fast immer der Fall sein wird. Allerdings wird sich ein solcher Verkehrsteilnehmer fragen, warum eine Börsen- oder Finanzdienstleistung, wie etwa die Ausgabe von Fondszertifikaten, die selbstverständlich von jedem Anbieter mit Hilfe irgendwelcher elektronischen Vorrichtungen erbracht wird, ausgerechnet mit der Bezeichnung eines elektrischen Bauteils in beschreibender Weise gekennzeichnet werden soll. Dies gilt vor allem, wenn man von einer Kennzeichnung in Alleinstellung und in markenmäßig herausgestellter Form ausgeht, wie dies bei der Beurteilung des Vorliegens von absoluten Eintragungshindernissen der Fall ist. In diesem Rahmen wirken Kennzeichnungen mit den Bezeichnungen von selbstverständlich verwendeten technischen Vorrichtungen wie "Kugelschreiber", "Lampe", "Beleuchtungseinrichtung" oder eben "elektronische Haupteinheit" bzw "Master Unit" eher überraschend und als beschreibende Bezeichnungen deplaziert (anders evtl bei Begriffen, die ein verkehrswesentliches Merkmal der Dienstleistungen bezeichnen, wie "Telefon" für den Vertrieb von bestimmten Finanzdienstleistungen). Insoweit stellt die beanspruchte Marke keine ernsthafte Sachbeschreibung sondern allenfalls eine fantasievolle Übertragung eines technischen Fachbegriffs auf das Gebiet der Finanz- oder Börsendienstleistungen dar.

Soweit die Markenstelle dem Begriff "master unit" über die elektrotechnische Bedeutung hinaus eine "grundsätzlich allgemeine Bedeutung" dahingehend zumessen will, dass er "ohne einen bestimmten Bezug zu einem Warenbereich" vom Verkehr stets in seiner allgemeinen Bedeutung "Zentraleinheit" erkannt werde, so mag dies im Hinblick auf die Bedeutung der Einzelbestandteile noch nachvollziehbar sein, wenngleich schon diese Feststellung mit tatsächlichen Anhaltspunkten aus dem Bereich der hier relevanten Dienstleistungen hätte untermauert werden müssen. Jedenfalls aber vermag der Senat der Markenstelle nicht darin zu folgen, wenn sie aufgrund der von ihr genannten allgemeinen Bedeutung "Haupteinheit" / "Zentraleinheit" ohne jegliche weitere tatsächliche Feststellungen meint, der Verkehr werde annehmen, dass die so bezeichneten Dienstleistungen "von einer Zentraleinheit, also nicht von einer Filiale" stammen. Noch weniger kann die Markenstelle überzeugen, wenn sie dann weiter schlussfolgert, die Dienstleistungen würden somit dahingehend beschrieben, dass diese "einheitlich, zusammengefasst" erbracht würden.

Der Senat hat schon nicht feststellen können, dass Zentralen (als Gegenteil von Filialen bzw Niederlassungen) im Finanzbereich mit "master unit" bezeichnet werden (hierfür kommen im deutschen Sprachgebrauch allenfalls Begriffe wie "Zentrale", "Hauptgeschäftsstelle", "Hauptniederlassung", im englischen Sprachgebrauch "central", "central/main/head office" evtl auch "headquaters" bzw (techn) "control room" in Betracht (vgl Duden, Das große Wörterbuch der deutschen Sprache, 3. Aufl; Duden Oxford, Großwörterbuch, Englisch-Deutsch; Langenscheidt aaO).

Unterstellt man mit der Markenstelle, der Verkehr werde die Marke tatsächlich im Sinne einer Zentrale oder Hauptstelle verstehen, so ist immer noch nicht nachvollziehbar, dass die Dienstleistungen damit als "einheitlich, zusammengefasst erbracht" beschrieben werden sollen. Die Markenstelle hat keine Erläuterung gegeben, geschweige denn Belege dafür ermittelt, was eigentlich "einheitlich" bzw "zusammengefasst" erbrachte Finanz-, Börsen- usw -dienstleistungen überhaupt sein sollen und wieso Filialen sie nicht erbringen (können), bzw welche solcher Einzeldienstleistungen Filialen mangels Einheitlichkeit nicht erbringen können und daher ihrer Zentrale überlassen müssen. Selbst wenn man insoweit zu vorstellbaren Fallgestaltungen kommt, etwa spezialisierten Beratungen oder Beschaffungen außergewöhnlicher Geldanlagen und Finanzierungen, wie sie nur von Spezialisten einer zentralen Kredit- oder Wertpapierabteilung ohne die übliche Vermittlung durch Filialen erbracht werden könnten, so ist es schlicht nicht nachvollziehbar, dass dieser Aspekt ausgerechnet mit dem ansonsten in der Elektrotechnik bzw Elektronik beheimateten Begriff "master unit" (beschreibend) bezeichnet werden soll.

Damit lässt sich nicht feststellen, dass die beanspruchte Marke eine brauchbare Merkmalsbezeichnung iSd Art 6 quinquies B Nr 2 PVÜ, § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG darstellt. Vielmehr handelt es sich bei der Marke allenfalls um eine fantasievolle Übertragung eines elektrotechnischen Begriffs in das Finanz- und Börsenwesen, womit ihr die Eignung, auf die Herkunft der Dienstleistungen aus einem bestimmten Betrieb hinzuweisen, nicht abgesprochen werden kann.

2. Auch ein Freihaltungsbedürfnis iSd Art 6 quinquies B Nr 2 MarkenG, § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG liegt nicht vor. Es hat sich nicht feststellen lassen, dass die Marke ausschließlich aus Angaben besteht, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung, der geographischen Herkunft, der Zeit der Herstellung der Waren oder der Erbringung der Dienstleistungen oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können. Wie oben ausgeführt, eignet sich die Marke nicht als brauchbare Beschreibung eines verkehrswesentlichen Merkmals der Dienstleistungen. Vielmehr hat sie sich allein als betrieblicher Herkunftshinweis belegen lassen.

3. Der Senat sieht davon ab, die Beschwerdegebühr zurückzuzahlen.

Es bestand Anlass, auch ohne dahingehenden Antrag der Markeninhaberin die Rückzahlung der Beschwerdegebühr zu erwägen (§ 71 Abs 3 MarkenG), denn der angefochtene Beschluss leidet an erheblichen Mängeln. So hat die Markenstelle zwar zunächst richtig erkannt, dass die beanspruchte Marke einen geläufigen (beschreibenden) Begriff im Bereich der Elektrotechnik, Elektronik, einschließlich der IT-Technik darstellt. Sie hat dann aber in einer widersprüchlich wirkenden Argumentation versucht, diesem Begriff eine über den technischen Bereich hinausgehende Bedeutung beizumessen. Hierbei hat sie dessen ursprüngliche Bedeutung als technische Zentral- bzw Steuereinheit oder -schaltung verlassen und ihm die Bedeutung des Gegenteils einer Filiale verliehen, sinngemäß also einer Zentrale, Hauptniederlassung o Ä. Daraus wiederum hat sie auf eine Dienstleistungsbeschreibung im Sinne "einheitlich, zusammengefasst erbrachter" Dienstleistungen geschlossen, ohne aufzuzeigen, inwieweit dies überhaupt eine Bezeichnung verkehrswesentlicher Merkmale darstellen könnte. Die Ausführungen der Markenstelle gehen damit über eine - schon für sich genommen unzulässige - analysierende Betrachtungsweise hinaus und wirken wie ein Versuch, einen im Finanz- und Börsenwesen unbekannten bzw ungebräuchlichen Ausdruck zu einer Sachbeschreibung auf diesem Gebiet überhaupt erst zu "machen".

Hinzu kommt, dass die Markenstelle ihre Auffassung mit keinerlei Belegen untermauert hat. Jedenfalls fanden sich in der patentamtlichen Akte als das Ergebnis einer Amtsrecherche nur Kopien aus Langenscheidts Großwörterbuch Englisch, 9. Aufl (jeweils zu den Einzelworten "master" und "unit", worin "unit" gerade nicht als "Zentrale" o Ä übersetzt wird) sowie ein Auszug aus der patentamtlichen Datenbank mit zurückgewiesenen Marken, die den Bestandteil "master" aufweisen. Erst die Markeninhaberin hat dann mit Schriftsatz vom 6. August 2002 Belege vorgelegt, aus denen allerdings allein die Bedeutung der Wortfolge "master unit" als technische Zentral- bzw Steuereinheit oder -schaltung hervorgeht, was die Markeninhaberin auch dartun wollte. Für die weitreichenden tatsächlichen Behauptungen der Markenstelle ist dies erkennbar eine unzureichende, eher für das Gegenteil sprechende Tatsachengrundlage. Sie hätten (und haben im Beschwerdeverfahren) einer eingehenderen Recherche, wie sie die Markenstelle offensichtlich unterlassen hat, nicht standgehalten.

Andererseits kann nicht festgestellt werden, dass die Markenstelle die zu beachtenden markenrechtlichen Prüfungsmaßstäbe verkannt und sich grob über die Besonderheiten des Einzelfalls hinweggesetzt hat (so hingegen etwa im Fall BPatGE 46, 272 (= Mitt 2004, 90) - Nettpack). Sie hat sich im kursorischen registerrechtlichen Prüfungsverfahren vergleichsweise intensiv mit der streitgegenständlichen Marke befasst und ist unter Anwendung der einschlägigen Prüfungsmaßstäbe zu einem Ergebnis gekommen, das trotz der og Mängel nicht als völlig unvertretbar anzusehen ist. Hierbei war auch zu berücksichtigen, dass technische Fachbegriffe auch in anderen Lebensbereichen durchaus gerne aufgegriffen und in einem weiteren Sinne verwendet werden (zB "verkuppeln"), so dass man auch nicht unbesehen von einer auf der Hand liegenden phantasievollen Übertragung in ein anderes Waren- oder Dienstleistungsgebiet ausgehen kann. Nicht zuletzt auch unter Berücksichtigung der Zurückhaltung, die bei der Auslegung und Anwendung des § 71 Abs 3 MarkenG von den Senaten des Bundespatentgerichts geübt wird, sieht der Senat von einer Rückzahlungsanordnung ab.

Winkler Dr. Hock Kätker Cl






BPatG:
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Az: 33 W (pat) 265/03


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