Bundespatentgericht:
Beschluss vom 26. Juli 2005
Aktenzeichen: 33 W (pat) 285/03

(BPatG: Beschluss v. 26.07.2005, Az.: 33 W (pat) 285/03)

Tenor

1. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

2. Dem Widersprechenden werden die Kosten des Beschwerdeverfahrens auferlegt.

Gründe

I Gegen die Eintragung der Wortmarke 301 01 190 Ballermannfür Klasse 35: Werbung, Marketing, Trendforschung, Promotion, Zusammenstellen von Datenist Widerspruch erhoben worden aus der Wortmarke 2 102 391 Ballermannfür Klasse 33: Spirituosen.

Mit Beschlüssen vom 16. Mai 2002 und vom 15. September 2003, von denen Letzterer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, hat die Markenstelle für Klasse 35 den Widerspruch unter Auferlegung der Kosten zu Lasten des Widersprechenden zurückgewiesen. Zur Begründung führt sie aus, dass die Widerspruchsmarke zwar über eine normale Kennzeichnungskraft verfüge, auch seien die beiderseitigen Marken identisch, es fehle jedoch an jeglicher Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Waren und Dienstleistungen. Eine Ähnlichkeit zwischen Waren einerseits und Dienstleistungen andererseits komme nur aufgrund besonderer Umstände in Betracht, etwa wenn der Hersteller der Waren auch als Anbieter und Erbringer der Dienstleistungen auftrete. Generell seien Dienstleistungen weder mit den zu ihrer Erbringung verwendeten Waren und Hilfsmitteln noch mit den durch die Waren erzielten Ergebnissen ähnlich. Solche besonderen Umstände seien hier jedoch nicht vorgebracht worden. Zwar möge eine Werbeagentur auch Werbung für Spirituosen erbringen, ein Spirituosenhersteller erbringe jedoch keine Werbung für Dritte. Der anwaltlich vertretene Widersprechende habe die Kosten des Widerspruchsverfahrens zu tragen, da er den Widerspruch angesichts der offensichtlich fehlenden Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Waren und Dienstleistungen in einer nach anerkannten Gesichtspunkten aussichtslosen Situation eingelegt habe.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde des Widersprechenden. Zur Begründung führt er aus, dass die von der jüngeren Marke beanspruchten Dienstleistungen einen deutlichen Abstand zu den Waren der Widerspruchsmarke einzuhalten hätten, da die Marken identisch seien. Der Ähnlichkeitsbereich der Widerspruchsmarke erstrecke sich nicht nur auf alkoholische Getränke. Hierzu verweist er auf mehrere Entscheidungen des Patentamts und -gerichts, in denen festgestellt worden sei, dass sich der Schutz der für Spirituosen eingetragenen Widerspruchsmarke "Ballermann" gegen Verwechslungsgefahr auch auf alkoholische und nicht alkoholische Getränke erstrecke, die u.A. aus Kaffee, Tee, Kakao und Schokolade hergestellt seien. Ebenso erstrecke sie sich auf Weine, Spirituosen und Liköre, alkoholische Präparate für die Zubereitung von Getränken, alkoholische Getränke, Cocktails und Aperitifs auf Spirituosen- oder Weingrundlage sowie weinhaltige Getränke. Demnach könne im Einzelfall der Warenähnlichkeitsbereich weit über den Bereich der Getränke und alkoholischen Produkte ausgedehnt werden. Ergänzend verweist der Widersprechende auf die Entscheidung BGH GRUR 1999, 586, 587 - White Lion, in der eine Ähnlichkeit zwischen "Spirituosen" und "Beherbergung und Verpflegung von Gästen" bejaht worden sei.

Es sei nicht auszuschließen, dass sich die - mangels Spezifizierung in dieser Form gar nicht eintragungsfähigen - Dienstleistungen der angegriffenen Marke auch auf Spirituosen erstrecken könnten. Damit sei der notwendige Abstand zur Ware der Widerspruchsmarke nicht gewahrt. Unter Berücksichtigung der Wechselwirkung der zueinander in Beziehung stehenden Faktoren der Verwechslungsgefahr sei vorliegend eine Gefahr von Verwechslungen gegeben. Die Dienstleistungen der angegriffenen Marke seien (ohne Spezifizierung) geeignet, den angesprochenen Verbraucherkreisen vorzuspiegeln, sie stammten aus denselben Unternehmen oder zumindest aus wirtschaftlich verbundenen Unternehmen des Widersprechenden. So sei es ohne weiteres denkbar, dass die Inhaber der angegriffenen Marke mit ihrer Agentur im Auftrag ihrer Kunden auch für alkoholische Getränke werben. Damit sei zu erwarten, dass der Agenturname "Ballermann" bei dieser Art von Werbung, Marketing und Promotion in Zusammenhang mit den beworbenen Produkten erscheine. Denklogisch liege eine Berührung der wechselseitigen Tätigkeitsbereiche schon dann vor, wenn die Werbeagentur unter dem Namen "Ballermann" Werbung im Auftrag Dritter unter anderem für Spirituosen erbringe und der Widersprechende als Spirituosenhersteller für seine zum Vertrieb zubereiteten Produkte unter seiner Marke auch werbe. Damit lägen ausreichende Berührungspunkte vor. Im Gegensatz zur Auffassung der Markenstelle sei hingegen nicht zu prüfen, ob gleichzeitig denkbar sei, dass der Widersprechende als Spirituosenhersteller auch die Dienstleistungen der Markeninhaber erbringe, also im Sinne einer Werbeagentur Werbung für Dritte anbiete. Das Vorgehen der Inhaber der jüngeren Marke sei unlauter und bedürfe der Zurückweisung.

Die Kostenentscheidung des Patentamts sei unangemessen. Es entspreche "feststehender Rechtsprechung, dass nur bei eindeutig bösgläubigen, rechtsmissbräuchlichen oder sittenwidrigen Widerspruchseinlegungen zu Behinderungszwecken" eine einseitige Kostenauferlegung zu treffen sei, wobei der Widersprechende auf die Entscheidung BPatG GRUR 2001, 744, 748 - "S 100" verweist. Ein solcher Widerspruch liege hier nicht vor. Im übrigen sei der Widerspruch im Hinblick auf seinen Vortrag zur Verwechslungsgefahr und die von ihm genannten Entscheidungen, insbesondere des 26. Senats des Bundespatentgerichts vom 14. November 2001 (26 W (pat) 207/00) begründet und nicht von vornherein aussichtslos gewesen. Die Markenstelle hätte berücksichtigen müssen, dass sich die Frage der Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit für den Widersprechenden stets aus einer "exante Perspektive" beurteile, d.h. er müsse abschätzen, ob eine Kollisionsgefahr bestehen könnte. Selbst wenn es dabei zu einer nicht vom Patentamt geteilten Beurteilung komme, rechtfertige dies allein noch keine einseitige Kostenauferlegung.

Der Widersprechende beantragt sinngemäß, den angefochtenen Beschluss, einschließlich der darin getroffenen Kostenentscheidung, aufzuheben und die Löschung der Marke 301 01 190 anzuordnen, die Widerspruchsgebühr gemäß § 63 Abs. 2 MarkenG zu erstatten.

Die Inhaber der angegriffenen Marke beantragen, die Beschwerde zurückzuweisen, dem Widersprechenden die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Sie führen aus, dass mangels jeglicher Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen keine Verwechslungsgefahr bestehe. Zu Recht habe die Markenstelle darauf abgestellt, ob der Warenhersteller und der Dienstleistungsunternehmer sich auf dem jeweils anderen Gebiet gewerblich betätigten, also solche Leistungen selbstständig gegenüber Dritten erbrächten. Dies sei vorliegend nicht der Fall, da der Widersprechende keine Werbung für Dritte unter seinem Kennzeichen erbringe. Damit bestehe keine Verwechslungsgefahr. Vielmehr habe der Widersprechende einen von vornherein aussichtslosen Widerspruch eingelegt und damit unnötig Kosten verursacht.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II 1. Die zulässige Beschwerde des Widersprechenden ist nicht begründet.

Trotz normaler Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke und Identität der Marken liegt keine Verwechslungsgefahr i.S. von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG vor, da es an jeglicher Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Waren und Dienstleistungen fehlt. In solchen Fällen scheidet eine Verwechslungsgefahr aus, da diese, wie schon aus dem Tatbestand der Vorschrift, aber auch aus dem Umkehrschluss aus § 9 Abs. 1 Nr. 3 MarkenG hervorgeht, neben der Identität oder Ähnlichkeit der Marken zwingend auch eine Identität der Waren oder Dienstleistungen voraussetzt.

Eine Ähnlichkeit zwischen Waren einerseits und Dienstleistungen andererseits ist im Gegensatz zum Verhältnis von Waren untereinander oder von Dienstleistungen untereinander schon deshalb von vornherein zurückhaltender anzunehmen, weil grundlegende Abweichungen zwischen der Erbringung einer unkörperlichen Dienstleistung und der Herstellung bzw. dem Vertrieb einer körperlichen Ware bestehen (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 7. Aufl., § 9 Rdnr. 126). So gilt der Erfahrungssatz, dass Dienstleistungen generell weder mit den zu ihrer Erbringung verwendeten Waren und Hilfsmitteln noch mit den durch sie erzielten Ergebnissen (soweit sie Waren hervorbringen) ähnlich sind (vgl. BGH GRUR 1999, 731, 733 - Canon II; GRUR 1999, 586, 587 - White Lion). Zwar kann unter besonderen Umständen auch zwischen einer Ware und einer Dienstleistung eine Ähnlichkeit bestehen, solche Umstände sind hier jedoch nicht ersichtlich. Wendet man die für die Beurteilung der Warenähnlichkeit maßgebenden Kriterien an, die nach anerkannter Rechtsprechung auch bei der Beurteilung der Dienstleistungsähnlichkeit herangezogen werden können (vgl. Ströbele/Hacker, a.a.O.), so bestehen nach keinem einzigen dieser Kriterien erkennbare wirtschaftliche Berührungspunkte:

Die betriebliche Herkunft von Spirituosen einerseits und von auf Absatzförderung gerichteten Dienstleistungen andererseits ist regelmäßig unterschiedlich, da Spirituosen von Destillerien, Brennereien und sonstigen Herstellern geistiger Getränke produziert werden, während die auf Absatzförderung gerichteten Dienstleistungen von Werbeagenturen, Marktforschungsinstituten und ähnlichen Dienstleistungsunternehmen erbracht werden. Entgegen der Auffassung des Widersprechenden hat dabei die Werbung von Spirituosenherstellern für ihre eigenen Getränkeprodukte außer Betracht zu bleiben. Denn hierbei handelt es sich nur um die Förderung des Absatzes eigener Produkte, also um eine Tätigkeit für Zwecke des eigenen Betriebs, nicht aber um eine Dienstleistung, d.h. eine entgeltlich für Dritte erbrachte Tätigkeit.

Auch die Vertriebswege bzw. -stätten sind verschieden. Während Spirituosen im Getränkehandel, den Getränkeabteilungen von Märkten und Kaufhäusern und (bei der Inanspruchnahme von Bewirtungsdienstleistungen) in gastronomischen Betrieben erhältlich sind, werden auf Absatzförderung gerichtete Dienstleistungen ohne Zwischenschaltung von ortsgebundenen Vertriebsstätten zumeist direkt von ihren Erbringern (Werbeagenturen, Marktforschungsinstituten) gegenüber ihren Kunden angeboten.

Darüberhinaus weisen die beiderseitigen Waren und Dienstleistungen verschiedene Zwecke auf. Bei Spirituosen handelt es sich um direkt konsumierbare Genussmittel, während Werbung, Marketing, Trendforschung oder Promotion der Förderung des Absatzes fremder Waren oder Dienstleistungen und "Zusammenstellen von Daten" der Aufbereitung von Informationen für den Auftraggeber dient.

Dass die beiderseitigen Waren und Dienstleistungen im Hinblick auf die Unkörperlichkeit der für die Markeninhaber eingetragenen Dienstleistungen auch keinerlei gemeinsame stoffliche bzw. Materialbeschaffenheit aufweisen können, versteht sich von selbst.

Zwischen den beiderseitigen Waren und Dienstleistungen sind auch keine funktionellen Zusammenhänge erkennbar. Weder ergänzen sich Spirituosen und Dienstleistungen der Klasse 35 in technischfunktioneller Hinsicht (anders z.B.: Videokassetten und Aufnahmegeräte) noch stehen sie in einem Konkurrenz- bzw. Alternativverhältnis zueinander (anders z.B.: Butter und Margarine).

Selbst völlig untergeordnete Kriterien, deren Vorliegen für sich alleine noch keine rechtlich erhebliche Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen begründen könnte, lassen sich hier nicht feststellen. So weisen die beiderseitigen Waren und Dienstleistungen keine gemeinsamen Abnehmerkreise auf, da Spirituosen von Konsumenten bzw. Endverbrauchern bezogen werden, während die Dienstleistungen der Klasse 35 von gewerblichen Warenherstellern oder Dienstleistungserbringern nachgefragt werden. Sie gehören auch nicht zu einem gemeinsamen überschaubaren Oberbegriff, wie etwa "Lebensmittel" oder "medizinische Dienstleistungen". Auch werden sie nicht in eine gemeinsame Waren- oder Dienstleistungsklasse eingeordnet.

Zwar können trotz der natürlichen Unterschiede zwischen Waren und Dienstleistungen gleichwohl besondere Umstände die Feststellung einer Ähnlichkeit nahe legen, wenngleich hier das Nichtvorliegen der anerkannten Ähnlichkeitskriterien bereits klar für das Gegenteil spricht. Maßgeblich ist dabei, ob bei den beteiligten Verkehrskreisen der Eindruck aufkommen kann, Ware und Dienstleistung unterlägen der Kontrolle desselben Unternehmens, sei es, dass das Dienstleistungsunternehmen sich selbstständig auch mit der Herstellung oder dem Vertrieb der Ware befasst, sei es, dass der Warenhersteller oder -vertreiber sich auch auf dem entsprechenden Dienstleistungsbereich selbstständig gewerblich betätigt. Nur wenn der Verkehr zu der Auffassung gelangt, die miteinander in Berührung kommenden Waren und Dienstleistungen könnten auf einer selbstständigen gewerblichen Tätigkeit desselben oder eines wirtschaftlich verbundenen Unternehmens beruhen (im Gegensatz zu einer unselbstständigen Nebenleistung oder -ware), kann er einer unzutreffenden Vorstellung über deren betriebliche Zuordnung unterliegen (vgl. Ströbele/Hacker, a.a.O.).

Dem Vortrag des Widersprechenden lassen sich jedoch keine zureichenden Gründe entnehmen, warum hier trotz des Nichtvorliegens sämtlicher anerkannter Ähnlichkeitskriterien dennoch eine auch nur geringe Ähnlichkeit festgestellt werden könnte. Soweit er auf von ihm in Kopie vorgelegte Entscheidungen des Patentamts und -gerichts verweist, so betreffen diese Widerspruchsverfahren, in denen jüngere Marken mit dem Bestandteil "BALLERMANN" aufgrund des Widerspruchs aus der auch hier gegenständlichen Widerspruchsmarke zwar für Getränke und Getränkezubereitungen gelöscht worden sind, zugleich sind die Widersprüche jedoch hinsichtlich anderer Waren oder Dienstleistungen der jüngeren Marken teilweise zurückgewiesen worden. So hat die Markenstelle für Klasse 9 in ihrer Entscheidung vom 23. April 2003 (Anlage I zur Beschwerdebegründung vom 29. Oktober 2003) die Löschung der angegriffenen Marke nur für aus Waren der Klasse 30 hergestellte alkoholische oder alkoholfreie Getränke angeordnet, den Widerspruch im übrigen aber zurückgewiesen. Wie aus den Registerdaten der angegriffenen Marke 395 41 643 ersichtlich ist, handelt es sich bei diesen Waren um medizinisch orientierte Waren der Klassen 5 und 10, technische Waren der Klasse 9 und Genuss- sowie Nahrungsmittel der Klassen 30 und 34. Bemerkenswert ist dabei, dass selbst Getränkezubereitungsmittel wie Kaffee, Tee, Kakao, Kaffee-Ersatzmittel und "aus den vorgenannten Waren der Klasse 30 hergestellte Präparate" von der Teilzurückweisung des Widerspruchs mit erfasst waren, so dass sich die Löschungsanordnung auf daraus hergestellte Getränke beschränkte.

Auch aus dem als Anlage II zur Beschwerdebegründung vorgelegten Beschluss des 26. Senats des Bundespatentgerichts vom 14. November 2001 (26 W (pat) 207/00) geht hervor, dass die Vorinstanz zwar die Löschung der angegriffenen Marke für verschiedene alkoholhaltige Getränke und alkoholische Präparate für die Zubereitung von Getränken der Klasse 33 angeordnet hat, den Widerspruch jedoch hinsichtlich der Waren "Turn- und Sportbekleidungsstücke" sowie den Dienstleistungen "Veranstaltung und Vermittlung von Reisen, Veranstaltung von Stadtbesichtigungen, Reisebegleitung" zurückgewiesen hat. Gegen diese Entscheidung hatte der Widersprechende kein Rechtsmittel, auch keine Anschlusserinnerung oder -beschwerde, eingelegt, so dass das Bundespatentgericht auf die Beschwerde der Markeninhaberin nur noch über die (offensichtlich gegebene) Ähnlichkeit zwischen Spirituosen und alkoholischen Getränken bzw. deren Zubereitungsmittel zu befinden hatte. Wie sich aus den o.g. Entscheidungen ergeben soll, "dass im Einzelfall der Warenähnlichkeitsbereich weit über den Bereich der Getränke und alkoholischen Produkte ausgedehnt" werden könne (Beschwerdebegründung vom 29. Oktober 2003, S. 3), ist für den Senat schlicht nicht nachvollziehbar. Die Teilzurückweisung des Widerspruchs für die Dienstleistungen "Veranstaltung und Vermittlung von Reisen, Veranstaltung von Stadtbesichtigungen, Reisebegleitung", die bekanntlich häufig mit dem Ausschank oder sonstigen Konsum alkoholischer Getränke verbunden sind, spricht eher für das Gegenteil.

Ein anderes Ergebnis ergibt sich auch nicht aus der vom Widersprechenden weiter genannten Entscheidung BGH GRUR 1999, 586 - White Lion. Darin hat der Bundesgerichtshof festgestellt, dass die Annahme des Bundespatentgerichts nicht beanstandet werden könne, Spirituosen und sonstige alkoholhaltige Getränke seien mit der Dienstleistung "Beherbergung und Verpflegung von Gästen" angesichts "gewisser Überschneidungen im Vertrieb der Waren und bei der Erbringung der Dienstleistungen" ähnlich. Auch nach Ansicht des Senats wird zwischen diesen Waren und Dienstleistungen eine Ähnlichkeit kaum verneint werden können, da die Erzeuger alkoholischer Getränke vielfach die bei ihnen produzierten Getränke selbst ausschenken (Bier-, Weinkeller, Probierstuben o.Ä.), während wiederum bestimmte alkoholische Getränke, wie etwa Cocktails, direkt vor dem Servieren frisch zubereitet werden müssen, was einem Herstellungsvorgang gleichkommt. Insoweit können gewisse Überschneidungen bei den Herstellungs- und Erbringungsbetrieben nicht verneint werden. Wie aus dem Tatbestand der o.g. Entscheidung des Bundesgerichtshofs hervorgeht, nahm das Bundespatentgericht als Vorinstanz im übrigen nur eine entfernte Ähnlichkeit zwischen diesen Waren und Dienstleistungen an, was der Bundesgerichtshof ebenfalls unbeanstandet ließ.

Auch die vom Widersprechenden wiederholt vorgetragene Möglichkeit, dass sich die hier gegenüberstehenden Waren und Dienstleistungen tatsächlich bei der Bewerbung von Spirituosen begegnen können, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Zwar schließen die nicht spezifizierten Dienstleistungen der jüngeren Marke auch die Absatzförderung von Spirituosen mit ein, wobei die mangelnde Spezifizierung dieser häufig angemeldeten und eingetragenen Oberbegriffe übrigens nicht gegen die - vom Senat im vorliegenden Verfahren ohnehin nicht zu überprüfende - Eintragbarkeit spricht. Daher ist es selbstverständlich, dass der Verkehr einerseits davon ausgeht, dass eine Werbeagentur auch im Auftrag eines Spirituosenherstellers Absatzförderung betreiben kann. Andererseits werden die beteiligten Verkehrskreise auch davon ausgehen, dass ein Spirituosenhersteller auch Absatzförderung für sein eigenes Produkt betreiben kann. Im letztgenannten Fall ist es jedoch für den Verkehr ebenso selbstverständlich, dass der Spirituosenhersteller dabei nur "Eigenwerbung" macht, also gerade nicht entgeltlich für Dritte tätig wird und somit keine Dienstleistung im Sinne des Markenrechts erbringt (s.o.). Ebenso ist dem Verkehr bewusst, dass Werbeagenturen oder sonstige Erbringer der für die jüngere Marke eingetragenen Dienstleistungen nicht selbst Spirituosen herstellen oder (als Händler) verkaufen.

Bei der gebotenen generalisierenden Betrachtungsweise unter Beachtung der objektiven Branchenverhältnisse, die die Markenstelle entgegen der Auffassung des Widersprechenden zu Recht zugrunde gelegt hat (vgl. Ströbele/Hacker, a.a.O.), werden die beteiligten Verkehrskreise daher nicht in einem entscheidungserheblichem Umfang davon ausgehen, dass die Warenhersteller und die Dienstleistungsunternehmer sich jeweils auch auf dem anderen Gebiet eigenständig gewerblich betätigen.

Ohne dass es bei der gebotenen generalisierenden Betrachtungsweise also entscheidungserheblich darauf ankommt, sieht der Senat im Übrigen selbst im (möglichen) Fall der Bewerbung von "Ballermann"-Spirituosen durch eine "Ballermann"-Werbeagentur keine zureichenden Gründe, die zu einer Fehlvorstellung des Verkehrs über die Branchenverhältnisse führen könnten. Denn bei der Absatzförderung wird gegenüber dem Endverbraucher naturgemäß das beworbene Produkt und seine Kennzeichnung herausgestellt, während die Kennzeichnung der Werbeagentur zu entfallen oder zumindest völlig in den Hintergrund zu treten hat. Letztere wird bei der Produktwerbung also gerade nicht markenmäßig benutzt, sondern bei anderen Gelegenheiten gegenüber dem Warenhersteller als möglichem Kunden der Werbeagentur herausgestellt. Dies gilt auch für Probiergrößen, wie etwa die vom Widersprechenden genannten 0,02 l - Flaschen. Der Widersprechende hat weder darlegen können, dass solche Flaschen auch die Kennzeichnung der Werbeagentur aufweisen, noch sind dem Senat derartige Kennzeichnungen von Probierwaren bekannt.

Nach alledem kann lässt sich eine auch nur geringe, noch rechtlich erhebliche Ähnlichkeit der beiderseitigen Waren und Dienstleistungen nicht feststellen. Selbst bei Identität der Marken und der hier zugrunde zu legenden normalen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke muss damit eine Verwechslungsgefahr verneint werden. Die Beschwerde war damit in der Hauptsache zurückzuweisen.

2. Auch die Kostenentscheidung der Markenstelle ist nicht zu beanstanden. Zwar ist vom Grundsatz auszugehen, dass jeder Verfahrensbeteiligte seine Kosten selbst trägt (§ 63 Abs. 1 Satz 3 MarkenG), dennoch können besondere Umstände, eine Kostenauferlegung zu Lasten des Widersprechenden aus Billigkeitsgründen rechtfertigen. Dies ist entgegen dem Vortrag des Widersprechenden, der hierzu die Entscheidung BPatG GRUR 2001, 744, 748 - "S 100" angeführt hat, keineswegs nur bei bösgläubigen, rechtsmissbräuchlichen oder sittenwidrigen Widerspruchserhebungen der Fall (die genannte Entscheidung betraf den Fall einer bösgläubigen Anmeldung i.S.d. § 50 Abs. 1 Nr. 4 MarkenG a.F. und enthält zur Kostenauferlegung bei Widersprüchen keinerlei Ausführungen). Vielmehr sind Kosten aus Billigkeitsgründen u.A. dann aufzuerlegen, wenn ein Verfahrensbeteiligter in einer nach anerkannten Beurteilungsgesichtpunkten aussichtlosen oder zumindest kaum Aussicht auf Erfolg versprechenden Situation sein Interesse am Erhalt oder Erlöschen des Markenschutzes durchzusetzen versucht (vgl. Ströbele/Hacker, a.a.O., § 63, Rdnr. 16, § 71, Rdnr. 25 m.w.N.). Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn Widerspruch trotz ersichtlich fehlender Ähnlichkeit der Marken oder (hier:) der Waren bzw. Dienstleistungen erhoben wird (Ströbele/Hacker, a.a.O., § 71, Rdnr. 30).

Wie bereits aus den Ausführungen unter Ziff. 1 hervorgeht, war hier eine Waren- bzw. Dienstleistungsähnlichkeit nicht erst nach Prüfung der anerkannten Ähnlichkeitskriterien (Herstellungs-/Erbringungsbetriebe, Art u. Zweck der Verwendung der Waren/Dienstleistungen, ...) unter Abwägung der für und gegen die Ähnlichkeit sprechenden Gesichtpunkte zu verneinen. Vielmehr ist vorliegend kein einziges Ähnlichkeitskriterium erfüllt, was auch noch ohne Weiteres ersichtlich war. Dass eine Ähnlichkeit auch nicht unter dem Gesichtspunkt konstruiert werden kann, dass sich bei der Bewerbung von Spirituosen zwangsläufig Berührungspunkte ergeben, musste jedenfalls für einen anwaltlich vertretenen Inhaber der älteren Marke ebenfalls offensichtlich sein. Denn folgte man diesen Erwägungen, so würde dies dazu führen, dass Dienstleistungen wie Werbung, Marketing usw. mit jeder Ware oder Dienstleistung ähnlich wären, die irgendwie Gegenstand von entgeltlich erbrachter Absatzförderung sein kann. Gleiches müsste bei anderen Waren oder Dienstleistungen gelten, die sich bei ihrer Anwendung oder Erbringung inhaltlich bzw. gegenständlich auf irgend eine andere entgeltlich produzierte, verkaufte oder erbrachte Ware oder Dienstleistung beziehen. So wären z.B. Messedienstleistungen mit den von ihnen präsentierten Waren oder Dienstleistungen (Kraftfahrzeuge, Tourismus usw.) ähnlich, Bücher oder Dienstleistungen eines Redakteurs mit allen Waren oder Dienstleistungen, über die berichtet wird, Verpackungsmaterialien mit allen Waren, die darin verpackt werden können, usw. Damit wäre eine derart uferlose Ausweitung der Ähnlichkeit der Waren bzw. Dienstleistungen verbunden, dass dieses Kriterium jeglichen Sinn als eigenständiger Faktor der Verwechslungsgefahr und vor allem als Abgrenzungskriterium zwischen den Tatbeständen des § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG und § 9 Abs. 1 Nr. 3 MarkenG verlieren würde. Dies ist, wie auch die Eingrenzung der im Widerspruchsverfahren anwendbaren Tatbestände des § 9 Abs. 1 MarkenG zeigt (vgl. § 42 Abs. 2 MarkenG), ersichtlich nicht mit dem Gesetz zu vereinbaren.

Damit war die Beschwerde insgesamt zurückzuweisen.

3. Dem Widersprechenden sind nach § 71 Abs. 1 MarkenG auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen. Dabei kann im Wesentlichen auf die Gründe zu Ziff. 2 verwiesen werden, da die Kostenentscheidung nach § 71 Abs. 1 MarkenG unter den gleichen Billigkeitsgesichtpunkten zu treffen ist, wie die Kostenentscheidung im patentamtlichen Verfahren nach § 63 MarkenG (vgl. Ströbele/Hacker, a.a.O., § 63, Rdnr. 16). Die Weiterverfolgung des von vornherein offensichtlich aussichtslosen Widerspruchs mit der Beschwerde rechtfertigt bereits als solche die Kostenauferlegung, zumal der Widersprechende im patentamtlichen Verfahren bereits mit zwei Beschlüssen auf diese Problematik aufmerksam gemacht worden ist, und daher Anlass und Gelegenheit zur nochmaligen Prüfung der Erfolgsaussichten des Widerspruchs unter dem Gesichtspunkt der zwingend erforderlichen Ähnlichkeit der Waren bzw. Dienstleistungen hatte. Da der Widersprechende im Laufe des Beschwerdeverfahrens auch selbst die Entscheidung GRUR 1999, 586, 587 - White Lion zitiert hat, in der eine Zurückhaltung bei der Annahme einer Ähnlichkeit zwischen Waren und Dienstleistungen deutlich zum Ausdruck kam, muss ihm die Problematik auch bewusst gewesen sein.

Im Übrigen deuten die auf Seite 5 der Beschwerdebegründung enthaltenen Ausführungen des Widersprechenden, in denen er das Verhalten der Inhaber der angegriffenen Marke als Versuch der Rufausbeutung und unlauter bewertet, darauf hin, dass die Einlegung der Beschwerde zumindest auch der Verfolgung rechtlicher Ziele diente, die im Rahmen der registerrechtlichen Prüfung der Verwechslungsgefahr nach §§ 42 Abs. 2 Nr. 1 bis 3, 9 Abs. 1 Nr. 1 und 2 (nicht Nr. 3!) MarkenG gerade nicht verfolgt werden können.

4. Dem erst mit Schriftsatz vom 23. Juni 2005 im Beschwerdeverfahren gestellten Antrag des Widersprechenden auf Erstattung der Widerspruchsgebühr konnte schon deshalb nicht entsprochen werden, weil das Bundespatentgericht hierüber nicht erstinstanzlich entscheiden darf. Anträge nach § 63 Abs. 2 MarkenG sind zunächst beim Patentamt zu stellen. Erst wenn dieses den Antrag durch Beschluss zurückweist, kann das Gericht auf die zulässige Beschwerde des zurückgewiesenen Beteiligten hierüber entscheiden. Insbesondere enthält § 63 Abs. 2 MarkenG keine dem § 63 Abs. 1 Satz 3 MarkenG entsprechende Vorschrift, nach der eine (mit der Beschwerde automatisch mit angefochtene) Kostenentscheidung auch dann vorliegt, wenn ein Entscheidungsausspruch hierüber unterblieben ist.

Ohne vorgreiflich auf die (hier allerdings offensichtliche) Frage des Erfolgs oder Nichterfolgs eines solchen Antrags einzugehen, bleibt es dem Widersprechenden unbenommen, den Erstattungsantrag nochmals vor der Markenstelle zu stellen.

Dr. Hock Kruppa Kätker Cl






BPatG:
Beschluss v. 26.07.2005
Az: 33 W (pat) 285/03


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