Bundespatentgericht:
Beschluss vom 17. Oktober 2008
Aktenzeichen: 20 W (pat) 12/04

(BPatG: Beschluss v. 17.10.2008, Az.: 20 W (pat) 12/04)

Tenor

Der Beschluss des Patentamts vom 2. Oktober 2003 wird aufgehoben.

Das Patent wird widerrufen.

Gründe

I.

Auf die am 27. Oktober 1998 eingereichte Patentanmeldung wurde das Patent 198 49 433 mit der Bezeichnung "Eintauch-Meßsonde zur Messung in Flüssigkeiten" erteilt. Die Patenterteilung wurde am 20. April 2000 im Patentblatt veröffentlicht. Das Patent umfasst insgesamt 11 Patentansprüche.

Der unabhängige Patentanspruch 1 lautet unter Hinzufügung einer Merkmalsnummerierung:

M1 Eintauch-Meßsonde zur Messung in Flüssigkeiten, insbesondere in Metallschmelzen, M2 mit einem Trägerrohr, M3 einem Meßkopf, der an einem Ende des Trägerrohres gehaltert ist, M4 wobei an dem Meßkopf Meßelemente sowie M5 Signalleitungen für die von den Meßelementen erzeugten Meßsignale angeordnet sind, M5.1 wobei die Signalleitungen länger sind als das Trägerrohr und M5.2 von dem dem Inneren des Trägerrohres zugewandten Ende des Meßkopfes ausgehend verlaufen und M5.3 wobei die Signalleitungen durch das Innere des Trägerrohres (1) verlaufen und M5.4 im Inneren des Trägerrohres (1) um dessen Längsachse herum aufgewickelt sind, dadurch gekennzeichnet, M5.5 daß die Signalleitungen mehrlagig gegen die Innenwand des Trägerrohres (1) gewickelt sind und M6 daß in Längsrichtung des Trägerrohres (1) an dem dem Meßkopf zugewandten Ende direkt vor der Wicklung der Signalleitungen ein Fixierstopfen (5) an den Wicklungen anliegend angeordnet ist mit mindestens einem Durchlaß für die Signalleitungen.

Bezüglich des Wortlauts der Unteransprüche 2 bis 11 wird auf die Patentschrift verwiesen.

Mit der patentgemäßen Lehre wird die Aufgabe gelöst, eine verbesserte Messsonde zu schaffen, die sehr einfach und sicher handhabbar ist und deren Handhabung leicht automatisiert werden kann (Sp. 1 Z. 51-54 der Patentschrift).

Gegen das Patent wurde am 20. Juli 2000 Einspruch erhoben, mit dem der vollständige Widerruf des Patents begehrt wurde. Der Einspruch stützt sich unter Verweis auf zwei Vorbenutzungshandlungen auf den Widerrufsgrund der fehlenden Patentfähigkeit (§ 21 Abs. 2 Nr. 1 PatG).

Hierzu führt die Einsprechende aus, sie habe vor dem Anmeldetag sogenannte Minco-Wurfsonden vom Typ BTT-18-75-26 an die Rautaruukki Oy, Raahe Steelworks, 92160 Raahe, Finnland, geliefert und in Rechnung gestellt. Diese Sonden, die auf den Zeichnungen E1 bzw. E1a dargestellt seien, hätten alle Merkmale des Gegenstands des Patentanspruchs 1 aufgewiesen, so dass dieser Gegenstand mangels Neuheit nicht patentfähig sei. Darüber hinaus seien von der MINCO Midwest Instruments Co., Inc., Lake Country Industrial Park, P.O.Box 80, 841 S. Industrial Drive, Hartland, Wisconsin 53029, USA, vor dem Anmeldetag sogenannte Minco-Wurfsonden vom Typ BTT-10 nach der Zeichnung E2 an die LTV Steel Company E. Chic, Steel Producing Door #402, 3001 Dickey Road, E Chicago, In., USA, geliefert und in Rechnung (E5) gestellt worden. Ausgehend von diesem Stand der Technik läge der Gegenstand des Patentanspruchs 1 für den Fachmann nahe.

Zum Nachweis der geltend gemachten Vorbenutzungshandlungen hat die Einsprechende innerhalb der Einspruchsfrist folgende Dokumente vorgelegt:

E1 Zeichnung vom 18. Dezember 1997, darstellend eine Minco-Wurfsonde E2 Zeichnung vom 18. Juli 2000, darstellend eine Minco-Wurfsonde, wie sie laut Rechnung 67782 vom 24. Januar 1997 (Dokument E5) an die "LTV Steel" verkauft wurde (Minco-Wurfsonde BTT-10)

E3 Rechnung Nr. 976369 vom 29. September 1997 über die Lieferung einer Verpackungseinheit zu 70 Stück Minco-Wurfsonden des Typs BTT-18-75-26 durch die Einsprechende an die Rautaruukki Oy, Raahe Steelworks, 92160 Raahe, Finnland E4 Rechnung Nr. 976484 vom 21. Oktober 1997 über die Lieferung von 5 Verpackungseinheiten zu je 70 Stück (insgesamt 350 Stück) Minco-Wurfsonden des Typs BTT-18-75-26 durch die Einsprechende an die Rautaruukki Oy, Raahe Steelworks, 92160 Raahe, Finnland E5 Kopie einer Rechnung Nr. 67782 vom 24. Januar 1997 über eine Lieferung durch die MINCO Midwest Instruments Co., Inc., USA, an die LTV Steel Company E. Chic, Steel Producing Door #402, 3001 Dickey Road, E Chicago, In., USA, darunter von Wurfsonden des Typs BTT10-078/01.

Für den Gegenstand der Benutzungshandlungen hat die Einsprechende außerdem Zeugenbeweis angeboten.

Daneben nennt die Einsprechende die schon im Prüfungsverfahren in Betracht gezogenen Druckschriften:

E6 US 5,584,578 A E7 US 3,505,871.

Mit Schriftsatz vom 14. Oktober 2008 hat sie eine weitere Zeichnung E1a der Minkon-Wurfsonde BTT 18-75-26 vom 18. September 1997 eingereicht, auf die in der Zeichnung E1 mit dem unterhalb der Artikelbezeichnung angebrachten Vermerk "Ers. f. 18.9.1997" Bezug genommen sei.

Die Patentinhaberin hat dem Vorbringen der Einsprechenden widersprochen.

Das Deutsche Patent- und Markenamt - Patentabteilung 52 - hat das Patent mit Beschluss vom 2. Oktober 2003 im erteilten Umfang aufrechterhalten.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Einsprechenden, mit der sie ihren Einspruch weiterverfolgt.

Sie beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und das Patent zu widerrufen.

Die Patentinhaberin und nunmehrige Beschwerdegegnerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen, hilfsweise das Patent mit den Hilfsanträgen 1 und 2, überreicht in der mündlichen Verhandlung, beschränkt aufrechtzuerhalten.

Der unabhängige Patentanspruch 1 gemäß den Hilfsanträgen 1 und 2 lautet unter Hinzufügung einer Merkmalsnummerierung und Hervorhebung der Änderungen gegenüber dem Hauptantrag (kursiv; Änderung im Hilfsantrag 2 gegenüber dem Hilfsantrag 1 zusätzlich fett):

Hilfsantrag 1:

M1 Eintauch-Meßsonde zur Messung in Flüssigkeiten, insbesondere in Metallschmelzen, M2 mit einem Trägerrohr, M3 einem Meßkopf, der an einem Ende des Trägerrohres gehaltert ist, M4 wobei an dem Meßkopf Meßelemente sowie M5 Signalleitungen für die von den Meßelementen erzeugten Meßsignale angeordnet sind, M5.1 wobei die Signalleitungen länger sind als das Trägerrohr und M5.2 von dem dem Inneren des Trägerrohres zugewandten Ende des Meßkopfes ausgehend verlaufen und M5.3 wobei die Signalleitungen durch das Innere des Trägerrohres (1) verlaufen und M5.4 im Inneren des Trägerrohres (1) um dessen Längsachse herum aufgewickelt sind, dadurch gekennzeichnet, M5.5 daß die Signalleitungen mehrlagig gegen die Innenwand des Trägerrohres (1) gewickelt sind und M6 daß in Längsrichtung des Trägerrohres (1) an dem dem Meßkopf zugewandten Ende direkt vor der Wicklung der Signalleitungen ein Fixierstopfen (5) an den Wicklungen anliegend angeordnet ist mit mindestens einem Durchlaß für die Signalleitungen, M7 wobei in Längsrichtung des Trägerrohres (1) direkt hinter der Wicklung der Signalleitungen ein Fixierstopfen (6) an den Wicklungen anliegend angeordnet ist mit mindestens einem Durchlaß für die Signalleitungen.

Hilfsantrag 2:

M1 Eintauch-Meßsonde zur Messung in Flüssigkeiten, insbesondere in Metallschmelzen, M2 mit einem Trägerrohr, M3 einem Meßkopf, der an einem Ende des Trägerrohres gehaltert ist, M4 wobei an dem Meßkopf Meßelemente sowie M5 Signalleitungen für die von den Meßelementen erzeugten Meßsignale angeordnet sind, M5.1 wobei die Signalleitungen länger sind als das Trägerrohr und M5.2 von dem dem Inneren des Trägerrohres zugewandten Ende des Meßkopfes ausgehend verlaufen und M5.3 wobei die Signalleitungen durch das Innere des Trägerrohres (1) verlaufen und M5.4 im Inneren des Trägerrohres (1) um dessen Längsachse herum aufgewickelt sind, dadurch gekennzeichnet, M5.5 daß die Signalleitungen mehrlagig gegen die Innenwand des Trägerrohres (1) gewickelt sind und M6 daß in Längsrichtung des Trägerrohres (1) an dem dem Meßkopf zugewandten Ende direkt vor der Wicklung der Signalleitungen ein Fixierstopfen (5) an den Wicklungen anliegend angeordnet ist mit mindestens einem Durchlaß für die Signalleitungen, M7' wobei in Längsrichtung des Trägerrohres (1) direkt hinter der Wicklung der Signalleitungen ein Fixierstopfen (6) innerhalb des Trägerrohres an den Wicklungen anliegend angeordnet ist mit mindestens einem Durchlaß für die Signalleitungen.

Bezüglich des Wortlauts der Unteransprüche 2 bis 10 in der Fassung beider Hilfsanträge wird auf die Akte verwiesen.

Die Patentinhaberin widerspricht dem Vorbringen der Einsprechenden und hält die Beschwerde für unbegründet. Sie vertritt die Auffassung, dass der Patentgegenstand zumindest in der Fassung gemäß den Hilfsanträgen patentfähig sei und die Beschwerde auch insoweit unbegründet sei, denn der Stand der Technik und insbesondere die Minco-Wurfsonden vom Typ BTT-18-75-26 und BTT-10 nehmen die patentgemäße Eintauch-Messsonde weder neuheitsschädlich vorweg noch legten sie diese für den Fachmann nahe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Patentinhaberin wird auf den Inhalt der Akten verwiesen.

II.

1. Die zulässige Beschwerde führt zum Erfolg. Entgegen der Ansicht der Patentabteilung 52 ist das Patent in der erteilten Fassung wegen fehlender Patentfähigkeit zu widerrufen und kann auch in den hilfsweise beantragten beschränkten Fassungen keinen Bestand haben.

2. Der Senat erachtet den Einspruch in Übereinstimmung mit der Patentabteilung für zulässig. Die Einsprechende hat ihren auch ansonsten form- und fristgerecht erhobenen Einspruch auf den Widerrufsgrund des § 21 Abs. 1 Nr. 1 PatG gestützt und dabei insbesondere geltend gemacht, der Gegenstand des Patents sei nicht patentierbar, weil er gegenüber den im Einspruch genannten offenkundigen Vorbenutzungen nicht neu sei und/oder nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruhe. Die Tatsachen, die den Einspruch rechtfertigen, insbesondere die Umstände der Vorbenutzungshandlungen, wurden hinreichend detailliert dargelegt und in den Kontext der patentierten Erfindung gestellt.

3. Als zuständigen Fachmann sieht der Senat einen Ingenieur der Fachrichtung Elektrotechnik/Elektronik mit praktischen Kenntnissen auf dem Gebiet der Messtechnik, insbesondere der Entwicklung und Modifikation von Eintauch-Messsonden für die Probennahme aus und Messung in Metallschmelzen an.

4. Zum Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag Zur Überzeugung des Senats steht fest, dass die Einsprechende durch mindestens zwei Lieferungen an die Rautaruukki Oy, Raahe Steelworks, 92160 Raahe, Finnland, die sogenannte Minco-Wurfsonde vom Typ BTT-18-75-26 für den Fachmann offenkundig gemacht hat.

Bei den Wurfsonden handelt es sich um Sonden zur Messung der Temperatur in Metallschmelzen, die aus größerer Höhe in die flüssige Metallschmelze geworfen oder fallengelassen werden und die Messwerte über eine Netzleitung übertragen, mithin um Eintauch-Messsonden zur Messung in Flüssigkeiten, insbesondere in Metallschmelzen. Zu den mit dem Einspruch übersandten Rechnungskopien E3 und E4 hat die Einsprechende in der mündlichen Verhandlung Originalrechungen zu den Lieferungen vorgelegt, die vom 29. September 1997 bzw. 21. Oktober 1997 datieren. Schon die allgemeine Lebenserfahrung spricht dafür, dass die in den Rechnungen ausgewiesenen Waren jedenfalls vor der erst ein Jahr später erfolgten Anmeldung der Erfindung (27. Oktober 1998) beim Empfänger angekommen und damit offenkundig geworden sind. Hinzu kommt, dass beide Rechnungsoriginale einen handschriftlichen Vermerk vom 19. November 1997 aufweisen, der auf die Bezahlung der gelieferten Waren hinweist, die wohl nicht erfolgt wäre, wenn die in der Rechnung genannten Waren nicht tatsächlich beim Empfänger angekommen wären. Das Datum der Bezahlt-Vermerke liegt auch zeitlich in einem zur Lieferung passenden Abstand, so dass der Senat zu der Überzeugung gelangte, dass die Vorbenutzungshandlung in dem behaupteten Umfang und zeitlichen Rahmen tatsächlich stattgefunden hat. Auf den von der Einsprechenden angebotenen Zeugenbeweis kam es unter diesen Umständen nicht an.

Welchen Aufbau die seinerzeit gelieferten Wurfsonden haben, ergibt sich zur Überzeugung des Senats aus der von der Einsprechenden im Termin der mündlichen Verhandlung im Original vorgelegten Konstruktionszeichnung der Minco-Wurfsonde des Typs BTT-18-75-26 vom 18. September 1997 (Dokument E1a), bei der es sich um die Vorgängerzeichnung zu dem mit dem Einspruch überreichten Dokument E1 handelt. Der Darstellung nach E1a, die zeitlich vor der Lieferung erstellt worden ist und einen zusätzlichen Stempel "AV" (für "Arbeitsvorbereitung") trägt, der die Produktionsvorbereitung dokumentiert, kann in Verbindung mit der Stückliste eine Wurfsonde entnommen werden:

- mit einer aus "Tesa 50 mm breit" gebildeten schlauchförmigen Umhüllung (4),

- einem Temperatur-Messkopf (11), der an einem Ende der Umhüllung in einem Graugusskopf (5) gehaltert ist,

- wobei an dem Messkopf Messelemente - sowie Signalleitungen (8) für die von den Messelementen erzeugten Messsignale angeordnet sind,

- wobei die Signalleitungen ganz offensichtlich länger sind als die schlauchförmige Umhüllung und - von dem dem Inneren der schlauchförmigen Umhüllung zugewandten Ende des Messkopfes ausgehend verlaufen und - wobei die Signalleitungen durch das Innere der schlauchförmigen Umhüllung verlaufen und - im Inneren der Umhüllung um deren Längsachse herum aufgewickelt sind,

- wobei die Signalleitungen mehrlagig gegen die Innenwand der Umhüllung gewickelt sind und - dass in Längsrichtung der Umhüllung an dem dem Messkopf zugewandten Ende direkt vor der Wicklung der Signalleitungen und an dem dem Messkopf abgewandten Ende direkt hinter der Wicklung der Signalleitungen jeweils die Umhüllung direkt an den Wicklungen anliegend diese soweit umgreift, dass die Signalleitungen fixiert werden, jedoch durch einen Durchlass in dem Umgriff hindurch treten können.

Von einer solchen Wurfsonde unterscheidet sich der Gegenstand des Patentanspruchs 1 dadurch, dass - an Stelle der schlauchförmigen Umhüllung ein Trägerrohr vorgesehen ist und - an Stelle der Verlängerung der Umhüllung, die das Wicklungsende an dem Messkopf zugewandten Ende umgreift, ein Fixierstopfen vorgesehen ist.

Der Fachmann wird diese Merkmale jedoch ohne Weiteres bei der bekannten Wurfsonde vorsehen, da er damit lediglich eine Abwandlung der bekannten Wurfsonde mit Merkmalen vornimmt, die im sonstigen Stand der Technik bereits bekannt sind.

Zum Stand der Technik gehört nämlich auch die Wurfsonde BTT-10, die durch eine Lieferung der MINCO Midwest Instruments Co., Inc., USA, an die LTV Steel Company E. Chic, Steel Producing Door #402, 3001 Dickey Road, E Chicago, In., USA, offenkundig geworden ist. Die Lieferung vor dem Anmeldetag ist durch die in Kopie vorgelegte Rechnung Nr. 67782 vom 24. Januar 1997 (Dokument E5) zur Überzeugung des Senats nachgewiesen. Anhaltspunkte dafür, dass die Lieferung tatsächlich nicht erfolgt sein könnte, sind nicht erkennbar.

Der Aufbau der insoweit bekannten Sonde vom Typ BTT-10 ist aus der im Original vorgelegten Zeichnung (Dokument E2) ersichtlich. Danach und insbesondere auch unter Berücksichtigung der Materialangabe "CARDBOARD" im Schriftfeld der Zeichnung ist eine Wurfsonde bekannt, bei der unter anderem:

- ein aus Pappe bestehendes Trägerrohr vorgesehen ist, gegen dessen Innenwand die Signalleitungen gewickelt sind, wobei das Trägerrohr zusätzlich messkopfseitig mit einem Klebeband verstärkt ist ("reinforced tape"),

- messkopfseitig an dem Trägerrohr eine an den Windungen der Signalleitungen anliegende Kappe zur Fixierung der Signalleitung vorgesehen ist ("end cap / cable retainer").

Auch wenn sich, wie von der Patentinhaberin geltend gemacht, die einzelnen Figuren der Zeichnung E2 im Detail unterscheiden mögen, so kommt diesen Unterschieden im konkreten Fall keine Bedeutung zu. Insbesondere kommt es nämlich auf eine bestimmte Wicklungsrichtung des anscheinend aus einem Pappstreifen gewickelten Trägerrohrs ebenso wenig an, wie auf den Umstand, dass das Trägerrohr einmal mit und einmal ohne Fixierkappe dargestellt ist.

Diese oben genannten Merkmale der Wurfsonde BTT-10 auf eine Wurfsonde des Typs BTT-18-75-26 zu übertragen, liegt für den Fachmann nahe, da er ohne Weiteres erkennt, dass deren schlauchförmige Umhüllung nach der Freigabe der ersten Wicklungen der Signalleitung nicht mehr die gewünschte Stabilität bietet. Der Fachmann wird im Interesse einer stabilen Lösung nach bekannten Alternativen suchen und diese im Rahmen seines üblichen Handelns bei ihrer Eignung zur Beseitigung eines erkannten Nachteils einsetzen (vgl. BPatGE 45, 18 - Selbstbedienungs-Chipkartenausgabe). Er wird vorliegend im Rahmen fachgemäßer Überlegungen die schlauchförmige Umhüllung der Sonde BTT-18-75-26 durch das an sich bekannte Trägerrohr der Sonde BTT-10 ersetzen. Dabei kann sich der Fachmann auch auf die aus der Druckschrift US 3,505,871 (E7) bekannte Messsonde stützen, die gleichfalls ein Trägerrohr (28) vorsieht, in dessen Inneren die Signalleitung (17) aufgewickelt ist (Fig. 2; Sp. 3, Z. 10-13; Anspruch 1, Merkmal a). Nachdem mit der schlauchförmigen Umhüllung auch die fixierenden Verlängerungen der Umhüllung wegfallen, wird der Fachmann zwangsläufig auch Vorkehrungen treffen, die die fixierende Wirkung der Umhüllung im Bereich der die Wicklungen umgreifenden Enden ersetzen. Dies gelingt in Ansehung des im Dokument E2 dargestellten Trägerrohres besonders einfach in Verbindung mit der dort ebenfalls vorgesehenen fixierenden Kappe. Die zusätzlich vorgenommene kinematische Umkehr der die Wicklungen fixierenden Kappe ("end cap / cable retainer") in einen Stopfen ("Fixierstopfen") liegt zur Überzeugung des Senats als fachübliche Alternativlösung im Griffbereich des Fachmanns. Bei dieser Übertragung ist unerheblich, dass der Fixierstopfen nicht mehr integraler Bestandteil der Umhüllung, sondern ein von dieser getrenntes Bauteil ist.

Auch der Vortrag der Patentinhaberin, dass mit dem Austausch der schlauchförmigen Umhüllung gegen das Trägerrohr möglicherweise eine Änderung der Technologie zur Herstellung der Eintauch-Messsonde einhergehe, geht ins Leere. Verfahrenstechnische Aspekte, insbesondere bestimmte Verfahrensschritte zur Herstellung der patentgemäßen Sonde sind nämlich nicht Gegenstand des Sachanspruchs. Ebenso wenig ist die Verwendung irgendwelcher besonderer Werkzeuge oder Vorrichtungen zur Herstellung der Sonde beansprucht.

Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 mag angesichts der Unterschiede zur Wurfsonde BTT-18-75-26 zwar neu sein, er beruht aber jedenfalls nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Soweit ausgehend von der Wurfsonde BTT-18-75-26 zum Auffinden der anspruchsgemäßen Lehre mehrere gedankliche Schritte notwendig waren, so erschöpfen sich diese insgesamt in Routinearbeiten (vgl. BGH, Urteil vom 3. Mai 2006 - X ZR 24/03 - Mikrotom, Tz. 34 m. w. N.), die das Vorliegen erfinderischer Tätigkeit nicht begründen.

5. Zum Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 Das gegenüber dem Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag hinzutretende Merkmal M7 des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1, dass "in Längsrichtung des Trägerrohres direkt hinter der Wicklung der Signalleitungen ein (weiterer) Fixierstopfen an den Wicklungen anliegend mit mindestens einem Durchlaß für die Signalleitungen angeordnet ist", kann das Vorliegen erfinderischer Tätigkeit nicht begründen. Denn der Fachmann stand beim Austausch der schlauchförmigen Umhüllung gegen das Trägerrohr ohnehin schon vor dem Problem der beidseitigen Fixierung der Signalleitung in dem Trägerrohr. Denn auch die Signalleitung bei der Wurfsonde BTT-18-75-26 (Dokument E1a) war beidseitig durch den Umgriff der schlauchförmigen Umhüllung fixiert. Nachdem schon messkopfseitig eine Fixierkappe bzw. ein Fixierstopfen zum Einsatz kommt, wie er von der Wurfsonde BTT-10 (Dokument E2) bekannt ist, wird der Fachmann dergleichen auch am messkopfabgewandten Ende des Trägerrohres vorsehen und so zur Lehre des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1 gelangen. Auch hier kann der Fachmann ergänzend die Druckschrift US 3,505,871 (E7) berücksichtigen, aus der am messkopfabgewandten Ende des Trägerrohres (28) eine Schutzkappe (28b) vorgesehen ist, die das Kabel (17) in dem Trägerrohr fixiert (Fig. 2; Sp. 3, Z. 17-19). Hierin findet der Fachmann eine weitere Anregung, zur Fixierung der Signalleitungen am messkopfabgewandten Ende des Trägerrohres. Die kinematische Umkehr der Kappe in einen Stopfen ist in diesem Zusammenhang gleichfalls als naheliegend zu bewerten.

Damit beruht aber auch der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1 nicht auf erfinderischer Tätigkeit.

6. Zum Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 Soweit im Merkmal M7' des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 2 gegenüber dem Merkmal M7 des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1 noch hinzutritt, dass der messkopfabgewandte Fixierstopfen im Inneren des Trägerrohres angeordnet ist, so ist das trivial, da es für die Verwendung eines Stopfen geradezu charakteristisch ist, dass er (zumindest teilweise oder auch vollständig) im Inneren eines Hohlkörper, hier des Trägerrohres, anzuordnen ist.

Insoweit besteht kein sachlicher Unterschied zwischen den Merkmalen M7 und M7', so dass die Lehre des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 2 ebenso naheliegt, wie die Lehre des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1, und das unter II.5 Ausgeführte in analoger Weise gilt.

7. Nachdem sich der Hauptanspruch weder in der Fassung gemäß Hauptantrag noch in den Fassungen gemäß den beiden Hilfsanträgen als rechtsbeständig erweist, kann die antragsadäquate vollständige bzw. beschränkte Aufrechterhaltung des Patents nicht erfolgen. Das Patent ist unter diesen Umständen vollständig zu widerrufen (BGH, Beschluss vom 27. Februar 2008 - X ZB 10/07, im Internet abrufbar unter www.bundesgerichtshof.de - Installiereinrichtung, Tz. 22 m. w. N.).

Dr. Hartung Martens Gottstein Kleinschmidt Pü






BPatG:
Beschluss v. 17.10.2008
Az: 20 W (pat) 12/04


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/02c5a6186678/BPatG_Beschluss_vom_17-Oktober-2008_Az_20-W-pat-12-04




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