Bundespatentgericht:
Beschluss vom 20. Dezember 2005
Aktenzeichen: 32 W (pat) 246/03

(BPatG: Beschluss v. 20.12.2005, Az.: 32 W (pat) 246/03)

Tenor

I. Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.

II. Kosten werden nicht auferlegt.

Gründe

I.

Die am 28. August 1999 angemeldete Wortmarke 399 52 810 (eingetragen am 28. Dezember 1999, veröffentlicht am 27. Januar 2000)

Eichetti Candy-Landist für folgende Waren bestimmt:

feine Backwaren, Dauerbackwaren, Konditorwaren, Schokolade, Schokoladewaren, Zuckerwaren und Füllmassen für die vorgenannten Waren; Kakao, Honig.

Widerspruch erhoben hat die Inhaberin der prioritätsälteren deutschen Marke 892 592 (angemeldet am 17. Februar 1967)

Candylanddie seit 19. April 1972 für die Waren Schokolade, Schokoladewaren, Zuckerwaren, Back- und Konditorwaren, Dauerbackwaren; Schokolade- und Dauerbackwaren, zuckerwarenähnliche Lebensmittel - alles ohne Zuckerzusatz - für Diabetiker; sämtliche Waren für den Export bestimmt oder aus englischsprechenden Ländern eingeführteingetragen ist. Der Widerspruch richtet sich gegen alle Waren der jüngeren Marke.

Die Markeninhaberin hat eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke bestritten. Die Widersprechende hat eine eidesstattliche Versicherung des Geschäftsführers ihrer Komplementärgesellschaft vom 5. Oktober 2000 mit Angaben zu den im Zeitraum von 1990 bis 1999 verkauften Mengen (bezüglich mit Süßwaren gefüllter Dosen) sowie die Abbildung einer Dose vorgelegt. Die Markeninhaberin hat den Nichtbenutzungseinwand aufrechterhalten, u.a. mit der Begründung, es sei nicht eindeutig erkennbar, für welche konkreten Waren die Widerspruchsmarke benutzt sein solle.

Mit Beschluss der Markenstelle für Klasse 30 des Deutschen Patent- und Markenamts - Beamter des gehobenen Dienstes - vom 11. Juni 2003 ist der Widerspruch wegen fehlender Verwechslungsgefahr zurückgewiesen worden. "Candyland" sei kennzeichnungsschwach, der Bestandteil "Eichetti" der jüngeren Marke dürfe, auch wenn es sich um eine Herstellerangabe handeln sollte, nicht vernachlässigt werden.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Sie erstrebt die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und die Löschung der jüngeren Marke.

Ergänzend trägt sie vor, die Widerspruchsmarke werde nunmehr für einen neuen Artikel benutzt, nämlich für eine 1/4 Palette, bestehend aus sechs Steigen, von denen jede mit 16 Klarsicht-Runddosen Lollies und 17 Klarsicht-Runddosen Zuckerstangen gefüllt sei.

Die Markeninhaberin beantragt, die Beschwerde wegen offensichtlicher Unbegründetheit zurückzuweisen und der Widersprechenden die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Wegen sonstiger Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde der Widersprechenden ist - da vor dem 31. Dezember 2004 eingelegt - ohne vorherige Erinnerung statthaft und auch sonst zulässig (§ 66, § 165 Abs. 4 MarkenG). In der Sache hat sie aber keinen Erfolg, weil die Widersprechende ihrer Obliegenheit zur Glaubhaftmachung einer rechtserhaltenden Benutzung ihrer Marke nicht ausreichend nachgekommen ist (§ 43 Abs. 1 MarkenG).

Die seitens der Markeninhaberin bereits im Verfahren vor der Markenstelle abgegebene Erklärung, eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke werde bestritten, ist als zulässige Erhebung der beiden Nichtbenutzungseinreden gemäß § 43 Abs. 1 Sätze 1 und 2 MarkenG zu verstehen (Ströbele/Hacker, MarkenG, 7. Aufl., § 43 Rdn. 32, 35 m.w.N.; Kliems, GRUR 1999, 11, 14). In allen Fällen, in denen - wie hier - die Voraussetzungen einer Einrede nach § 43 Abs. 1 Satz 1 MarkenG gegeben sind (die sog. Benutzungsschonfrist der Widerspruchsmarke war bereits im April 1977 abgelaufen), sind zugleich auch die Voraussetzungen einer Einrede nach § 43 Abs. 1 Satz 2 erfüllt (vgl. BGH GRUR 1998, 938, 939 f - DRAGON; GRUR 1999, 54, 55 - Holtkamp).

Die Widersprechende traf mithin die Obliegenheit, eine rechtserhaltende Benutzung ihrer Marke für beide maßgeblichen Benutzungszeiträume - hier Januar 1995 bis Januar 2000 und Dezember 2000 bis Dezember 2005 - glaubhaft zu machen. Glaubhaftmachungsunterlagen (eidesstattliche Versicherung und Abbildung der Warenpackung) hat sie aber nur hinsichtlich des ersten Benutzungszeitraums, nämlich für die Jahre 1995 bis 1999, vorgelegt. Ob die genannten Verkaufszahlen, die sich von den registrierten Produkten her nur auf "Zuckerwaren" beziehen, für die Annahme einer ernsthaften, d.h. wirtschaftlich sinnvollen Benutzung ausreichend sind, kann (nunmehr) dahingestellt bleiben. Denn für den zweiten Benutzungszeitraum fehlt es an jeglichen Glaubhaftmachungsunterlagen i.S.v. § 294 ZPO. Die in der Beschwerdeschrift enthaltene bloße schriftsätzliche Behauptung einer Benutzung ohne Vorlage von Glaubhaftmachungsmitteln ist rechtlich unbeachtlich (Ströbele/Hacker, a.a.O., § 43 Rdn. 64). In Anbetracht des im Rahmen des Benutzungszwangs herrschenden Beibringungsgrundsatzes war der Senat daran gehindert, die Widersprechende auf die Notwendigkeit einer Glaubhaftmachung (auch) für den zweiten maßgeblichen Benutzungszeitraum hinzuweisen (Ströbele/Hacker, a.a.O., § 43 Rdn. 71 bis 75).

Eines Eingehens auf die Frage, ob die sich gegenüberstehenden Marken - ganz oder bezüglich einzelner Waren - der Gefahr einer Verwechslung im Verkehr unterliegen (gem. § 42 Abs. 2 Nr. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG), bedarf es nicht.

Der Beschwerde war mithin der Erfolg zu versagen.

Die seitens der Markeninhaberin beantragte Kostenauferlegung zu Lasten der Widersprechenden hält der Senat nicht für geboten. Grundsatz im markenrechtlichen Widerspruchsverfahren einschließlich der Beschwerdeinstanz ist, das jede Beteiligte ihre eigenen Kosten selbst trägt und eine Kostenüberbürdung nur ausnahmsweise, bei Vorliegen von Billigkeitsgründen, stattfindet (§ 71 Abs. 1 MarkenG; vgl. für das patentamtliche Verfahren die entsprechende Regelung in § 63 Abs. 1 MarkenG). Derartige Billigkeitsgesichtspunkte liegen hier nicht vor. Auf die bereits im patentamtlichen Verfahren im Jahre 2000 erhobene Nichtbenutzungseinrede hin hat die Widersprechende zeitnah Benutzungsunterlagen eingereicht, die - nach damaligem Verfahrensstand - auch für den zweiten Benutzungszeitraum von Bedeutung waren. Die anwaltlich nicht vertretene Widersprechende hat - möglicherweise - das Verhältnis der beiden Einredetatbestände des § 43 Abs. 1 MarkenG nicht voll erkannt oder übersehen, dass der zweite Benutzungszeitraum, da er an dem Zeitpunkt der Entscheidung über den Widerspruch gekoppelt ist, im Laufe des Verfahrens "mitwandert". Dieses Versäumnis ist nicht mit dem Fall gleichzustellen, dass auf eine zulässige Nichtbenutzungseinrede hin überhaupt kein Glaubhaftmachungsversuch erfolgt und der Widerspruch gleichwohl aufrechterhalten wird (vgl. Ströbele/Hacker, a.a.O., § 71 Rdn. 34).

Der Senat kann ohne mündliche Verhandlung, die nur seitens der Markeninhaberin hilfsweise beantragt, ist, entscheiden, weil das von der Widersprechenden in der Hauptsache eingelegte Rechtsmittel der Beschwerde zurückzuweisen ist, während es sich bei der Entscheidung über den Kostenantrag der Markeninhaberin um eine Nebenentscheidung handelt (vgl. Ströbele/Hacker, a.a.O. § 69 Rn. 19).

Prof. Dr. Hacker Kruppa Viereck Hu






BPatG:
Beschluss v. 20.12.2005
Az: 32 W (pat) 246/03


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