Bundespatentgericht:
Beschluss vom 18. Juli 2001
Aktenzeichen: 26 W (pat) 76/01

(BPatG: Beschluss v. 18.07.2001, Az.: 26 W (pat) 76/01)

Tenor

Auf die Beschwerde des Anmelders werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 39 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 10. März 2000 und 19. Februar 2001 aufgehoben, soweit die Anmeldung zurückgewiesen wurde.

Gründe

I.

Die Markenstelle für Klasse 39 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die für die Waren und Dienstleistungen

"Mit Computerprogrammen versehene Datenträger, Vorstellen und Anpreisen von Automobilherstellern, Autozubehör- und Ersatzteillieferanten, insbesondere der Automobilindustrie, Werbung für Dritte, insbesondere für Automobilhersteller, Autozubehör- und Ersatzteillieferanten, in digitalen Kommunikationsnetzen; Vorstellen und Anbieten von Mitfahrgelegenheiten; Herausgabe und Veröffentlichung von Internet-Zeitschriften und Internet-Seiten, insbesondere für Angehörige der Automobilbranche"

angemeldete Wortmarkecar onlinegem § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG wegen des Bestehens eines Freihaltebedürfnisses in vollem Umfang zurückgewiesen.

Auf die Erinnerung des Anmelders hat die Markenstelle den Erstbeschluß aufgehoben, soweit durch ihn die Anmeldung für die Dienstleistungen "Vorstellen und Anbieten von Mitfahrgelegenheiten" zurückgewiesen wurde. Die Erinnerungsprüferin hat ihre Entscheidung im wesentlichen damit begründet, daß die Bezeichnung "car online" für die vorgenannten Dienstleistungen nicht unmittelbar beschreibend und noch hinreichend unterscheidungskräftig sei, denn der Verkehr wähle Mitfahrgelegenheiten vorrangig nach Reiseziel und Reisezeit aus, so daß die Anmeldung für diese Dienstleistungen noch phantasievoll sei.

Hinsichtlich der übrigen beanspruchten Waren und Dienstleistungen habe die Erinnerung jedoch keinen Erfolg, da "car online" dafür eine freihaltebedürftige beschreibende Angabe sei, der zudem jegliche Unterscheidungskraft fehle (§ 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG).

Für die Dienstleistungen "Vorstellen und Anpreisen von Automobilherstellern, Autozubehör- und Ersatzteillieferanten, insbesondere der Automobilindustrie, Werbung für Dritte, insbesondere für Automobilhersteller, Autozubehör- und Ersatzteillieferanten, in digitalen Kommunikationsnetzen; Herausgabe und Veröffentlichung von Internet-Zeitschriften und Internet-Seiten, insbesondere für Angehörige der Automobilbranche" bringe die angemeldete Marke zum Ausdruck, daß sich diese Dienstleistungen auf das Thema Auto bezögen, das auch die auch die für die Autos bestimmten Ersatzteile und Zubehör umfasse, und diese Dienstleistungen auch online angeboten würden. Für die Waren "Mit Computerprogrammen versehene Datenträger", sei "car online" ebenfalls beschreibend, da Datenträger Autos zum Gegenstand haben und die Datenträger auch ein Zugriffsprogramm enthalten könnten. Entgegen der Auffassung des Anmelders sei der Begriffsinhalt der angemeldeten Marke "car online" nicht so unscharf, daß sie zur Beschreibung im Verkehr ungeeignet sei. Unerheblich sei auch, daß es sich bei "car online" um eine aus englischen Begriffen zusammengesetzte Bezeichnung handle. Sowohl "car" als auch "online" seien den deutschen Verkehrskreisen geläufige Wörter. Das englische Wort "car" (= "Auto") gehöre zum Grundwortschatz der englischen Sprache und auch "online" (= Datenübertragungsverbindung) sei bereits in den deutschen Sprachschatz eingegangen. Die Verwendung verständlicher englischsprachiger Begriffe sei insbesondere im Internet so üblich, daß die deutschen Verkehrskreise eine beschreibende Bezeichnung nicht als Herkunftshinweis auffaßten, sie seien deshalb auch für die entsprechenden Dienstleistungen für die Mitbewerber freizuhalten. Einer derartigen beschreibenden Aussage fehle auch die erforderliche Unterscheidungskraft.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Anmelders, der die Anmeldung nunmehr mit folgendem Warenverzeichnis weiter verfolgt:

"Mit Computerprogrammen versehene Datenträger, Werbung für Dritte in digitalen Kommunikationsnetzen;

Vorstellen und Anbieten von Mitfahrgelegenheiten;

Herausgabe und Veröffentlichung von Internet-Zeitschriften und Internet-Seiten".

Seiner Ansicht nach könne der Mehrwortmarke "car online" nicht jegliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden, denn sie sei lexikalisch nicht nachweisbar. Vielmehr werde die Anmeldung bereits im Internet in Verbindung mit dem Kauf und Verkauf von Autos genutzt. Wenn daher völlig andere Waren und Dienstleistungen unter der Mehrwortmarke durch den Anmelder angeboten würden, könne ihr nicht jegliche Eignung als Herkunftsmittel abgesprochen werden. Ebenso sei die Marke als Ganzes nicht freihaltebedürftig, denn ihr Aussagegehalt: "Auto in direkter Verbindung mittels EDV-Anlagen" beschreibe die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht unmittelbar. Die Interpretation der Markenstelle: "online-Betrieb zum Thema Auto" beruhe auf einer unzulässigen, analysierenden Betrachtungsweise. Die Mehrwortmarke "car online" assoziiere in ihrer Gesamtheit nicht einmal Datenträger bzw Computerprogramme, sondern den direkten Zugriff auf Daten. Die Tätigkeit der Herausgabe oder Veröffentlichung von Internet-Zeitschriften oder Internet-Seiten lasse sich der Mehrwortmarke "caronline" nicht entnehmen. Ein Blick ins Internet mache ohnehin deutlich, daß dieser oder ähnliche Begriffe bisher ausschließlich als Links zu einem Gebrauchtwagenmarkt bzw für einen Automarkt eingesetzt würden.

Der Anmelder beantragt sinngemäß, die angefochtenen Beschlüsse aufzuheben.

Hilfsweise schränkt er das Dienstleistungsverzeichnis weiter ein.

II.

Die zulässige Beschwerde erweist sich in der Sache als begründet, denn im Umfang des nunmehr geltenden Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses stehen der begehrten Eintragung die Schutzhindernisse des § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG nicht entgegen, so daß es auf den Hilfsantrag nicht mehr ankommt.

1. Nach § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG sind nur Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr ua zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder der Bezeichnung sonstiger Merkmale der in Frage stehenden Waren dienen können. Dabei ist davon auszugehen, daß ein Eintragungshindernis auch dann besteht, wenn eine Benutzung als Sachangabe bisher noch nicht erfolgt ist, eine solche jedoch nach den gegebenen Umständen erfolgen wird (vgl BGH GRUR 1995, 408, 409 - PROTECH). Zu den nach § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG vom Markenschutz ausgeschlossenen Angaben zählen allerdings nicht nur die ausdrücklich aufgeführten, sondern auch solche, die für den Warenverkehr wichtige und für den umworbenen Abnehmerkreis irgendwie bedeutsame Umstände mit konkretem Bezug auf die betreffenden Waren oder Dienstleistungen selbst beschreiben (vgl BGH GRUR 1998, 813 - CHANGE; BlPMZ 1999, 410 - FOR YOU). Zu diesen Angaben oder Umständen gehört die angemeldete Bezeichnung "car online" jedoch nicht.

Eine Verwendung der um Schutz nachsuchenden Bezeichnung als beschreibende Angabe hat die Markenstelle nicht belegt. Auch der Senat hat keine entsprechenden Nachweise ermitteln können. Insbesondere eine Internet-Recherche hat keine Hinweise auf eine aktuelle Verwendung von "car online" als beschreibende Angabe für die versagten Waren und Dienstleistungen ("...Datenträger, Werbung für Dritte..., Herausgabe und Veröffentlichung von Internet-Zeitschriften...") ergeben. Von einem auf gegenwärtige Benutzung als Sachangabe beruhenden Freihaltebedürfnisses kann deshalb nicht ausgegangen werden. Ebenso wenig liegen hinreichende Anhaltspunkte dafür vor, daß im Zusammenhang mit den versagten Waren und Dienstleistungen in Zukunft eine Benutzung der Marke als Sachangabe erfolgen könnte. Zwar ist mit der Markenstelle davon auszugehen, daß den angesprochenen deutschen Verkehrskreisen die Bedeutungen der beiden englischsprachigen Bestandteilen, aus denen die Anmeldung gebildet ist, weitgehend geläufig sind und sie deshalb der Anmeldung "car online" in ihrer Gesamtheit etwa die Bedeutung "Online - zum Thema Auto (im Internet)" beimessen. Damit enthält die angemeldete Wortfolge jedoch keine konkret warenbezogene beschreibende Sachaussage, die auf bestimmte für den Verkehr bedeutsame Eigenschaften der beanspruchten Waren und Dienstleistungen selbst Bezug nimmt. Die Annahme, unter "car online" würden Datenträger vertrieben, die den Zugriff zu Informationen zum Thema Auto ermöglichen, läßt zB völlig offen, zu welchen der vielen denkbaren Themen rund ums Auto die betreffenden Datenträger einen Zugang ermöglichen könnten. Entsprechendes gilt für die von dem Anmelder beanspruchten Dienstleistungen "Werbung für Dritte in digitalen Kommunikationsnetzen" sowie die "Herausgabe... von Internet-Zeitschriften und Internet-Seiten".

2. Ebenso wenig kann der Marke jegliche Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG abgesprochen werden. Unterscheidungskraft im Sinne dieser Vorschrift ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die der Anmeldung zugrundeliegenden Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefaßt zu werden. Hierbei ist grundsätzlich ein großzügiger Maßstab anzulegen, dh jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um dieses Schutzhindernis zu überwinden, zumal der Verkehr eine als Marke verwendetes Zeichen in aller Regel so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt und er es keiner analysierenden Betrachtungsweise unterzieht. Kann demnach einer Wortmarke kein für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden und handelt es sich auch nicht um ein so gebräuchliches Wort der deutschen oder einer sonst im Inland geläufigen Sprache, daß vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung (vgl BGH WRP 1998, 495 - Today) - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, gibt es keinen tatsächlichen Anhalt dafür, daß einem als Marke verwendeten Wortzeichen die Unterscheidungseignung und damit jegliche Unterscheidungskraft fehlt (vgl BGH MarkenR 1999, 349 - YES).

Hiervon ausgehend kann der Wortfolge "car online" nicht die erforderliche Unterscheidungseignung abgesprochen werden: Eine warenbeschreibende Sachaussage, die auf bestimmte Inhalte oder Merkmale der in Frage stehenden Datenträger oder Dienstleistungen selbst Bezug nimmt, stellt diese Bezeichnung - wie dargelegt - nicht dar. Ebenso wenig liegen Anhaltspunkte dafür vor, daß der Verkehr etwa durch eine Verwendung der angemeldeten Bezeichnung in der Werbung als schlagwortartige Aussage daran gewöhnt sein könnte, in ihr keine Marke mehr zu sehen. Für ein Verständnis als Herkunftshinweis spricht vielmehr, daß die Bezeichnung "car online" eher als schlagwortartige Aussage wirkt, da sie völlig offen läßt, welche der zahlreichen Aspekte zum Thema Auto unter dieser Kennzeichnung angesprochen werden.

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BPatG:
Beschluss v. 18.07.2001
Az: 26 W (pat) 76/01


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