Bundesgerichtshof:
Urteil vom 7. April 2016
Aktenzeichen: I ZR 237/14

(BGH: Urteil v. 07.04.2016, Az.: I ZR 237/14)

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 18. September 2014 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen.

Tatbestand

Die Klägerin, eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, war seit dem Jahr 2007 in Frankreich und Deutschland in der Arbeitnehmerüberlassung tätig und im Handelsregister mit der Firma "MT-PERFECT GmbH" eingetragen. Sie benutzte diese Firma in ihren Geschäftsunterlagen auch in der Schreibweise "mtperfect GmbH" und in Form des nachstehend abgebildeten Logos:

Die Beklagte zu 1 ist im Sommer 2011 durch die frühere Geschäftsführerin der Klägerin und den Beklagten zu 2 gegründet und am 17. August 2011 in das Handelsregister eingetragen worden. Seither ist die Beklagte zu 1 in der Arbeitnehmerüberlassung tätig. Ein Großteil der Kunden der Klägerin wechselte zur Beklagten zu 1. Die Beklagte zu 1 benutzt zur Bezeichnung ihres Geschäftsbetriebs die Zeichen "mt:pservice GmbH" und "MT:P-Service GmbH - Personal und Promotion" sowie das nachfolgend wiedergegebene Logo:

Die Klägerin hat behauptet, am 2. Oktober 2011 sei außer den vorgenannten Zeichen auch die Bezeichnung "mt:Perfect GmbH" auf der Homepage der Beklagten zu 1 abrufbar gewesen.

Die Klägerin beauftragte einen Büroservice in Frankfurt am Main mit der Durchführung der Außenkontakte und trat in der Folgezeit in erheblich reduziertem Umfang im Geschäftsverkehr auf. Sie hat vorgetragen, ihr Geschäftsbetrieb sei zwar im September 2011 nahezu zum Erliegen gekommen. Sie sei aber nach wie vor geschäftlich tätig und um einen Neuaufbau ihres Unternehmens bemüht gewesen. Sie habe versucht, neue Geschäftsräume anzumieten, ihre finanziellen und steuerlichen Verpflichtungen zu erfüllen und habe Schriftwechsel mit einem Softwareanbieter und einem Internetprovider geführt.

Mit einer Abmahnung vom 24. Januar 2012 beanstandete die Klägerin, die Beklagte habe durch die Verwendung der vorgenannten Bezeichnungen ihr Unternehmenskennzeichenrecht verletzt.

Das Landgericht hat die Beklagten antragsgemäß unter Androhung näher bezeichneter Ordnungsmittel verurteilt, es zu unterlassen (Ziffer 1 des Tenors), die Bezeichnungen "mt:Perfect GmbH" und/oder "mt:pservice GmbH" und/oder "MT:P Service GmbH - Personal und Promotion -" auch in der Form (...)

[Es folgt das oben abgebildete Logo]

für einen auf Personaldienstleistungen ausgerichteten Geschäftsbetrieb zu benutzen oder benutzen zu lassen und/oder die genannten Bezeichnungen im geschäftlichen Verkehr für Personaldienstleistungen zu benutzen.

Das Landgericht hat weiter den auf Schadensersatzfeststellung (Ziffer 2 des Tenors) und Auskunft (Ziffer 3 des Tenors) gerichteten Klageanträgen stattgegeben und der Klägerin einen Teil des geltend gemachten Abmahnkostenersatzes zugesprochen.

Gegen diese Entscheidung haben die Beklagten Berufung eingelegt, mit der sie ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiterverfolgt haben. Die Klägerin ist am 4. Juni 2013 wegen Vermögenslosigkeit im Handelsregister gelöscht worden. Daraufhin haben die Parteien den Rechtsstreit mit Wirkung ab dem 5. Juni 2013 übereinstimmend für in der Hauptsache erledigt erklärt. Die Klägerin hat in der Berufungsinstanz weiter erklärt, ihre Ansprüche in erster Linie auf das Geschäftsabzeichen (Logo), hilfsweise auf ihre Firma und weiter hilfsweise auf das Unternehmenskennzeichen "mt:perfect" zu stützen. Sie hat beantragt, die Berufung der Beklagten mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass der Unterlassungsausspruch gemäß Ziffer 1 des Tenors des Urteils des Landgerichts für die Zeit bis zum 4. Juni 2013 aufrechterhalten wird und der Feststellungsanspruch gemäß Ziffer 2 sowie der Auskunftsanspruch gemäß Ziffer 3 des Tenors des Urteils des Landgerichts auf Handlungen bis zum 4. Juni 2013 beschränkt werden.

Das Berufungsgericht hat das erstinstanzliche Urteil abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagten beantragen, verfolgt die Klägerin ihre zuletzt gestellten Klageanträge weiter.

Gründe

I. Das Berufungsgericht hat die Klage für unbegründet erachtet und hierzu ausgeführt:

Die Kennzeichenrechte der Klägerin seien im Zeitpunkt der von ihr geltend gemachten Verletzungshandlung am 2. Oktober 2011 bereits erloschen gewesen. Von einer nur vorübergehenden Benutzungsunterbrechung, die nicht zum Erlöschen der Kennzeichenrechte führe, könne nicht ausgegangen werden. Die Klägerin habe den Vortrag der Beklagten nicht bestritten, Inhaberin der für die gewerbliche Arbeitnehmerüberlassung erforderlichen behördlichen Genehmigung sei die bei der Klägerin im September 2011 ausgeschiedene Geschäftsführerin gewesen. Die von der Klägerin vorgelegten Unterlagen belegten eine nachfolgende Tätigkeit der Klägerin in diesem Sektor nicht. Die Klägerin habe nicht substantiiert dargetan, sich unverzüglich um eine neue behördliche Erlaubnis bemüht zu haben. Sie habe lediglich vorgetragen, eine solche Erlaubnis beantragt zu haben, die ihr im Oktober 2012 versagt worden sei, ohne den Zeitpunkt der Antragstellung zu nennen oder eine Kopie des Antrags vorzulegen. Den Beweisangeboten der Klägerin, gerichtet auf die Vernehmung von Zeugen, die Beiziehung der Verwaltungsakte der Agentur für Arbeit sowie die Einholung einer amtlichen Auskunft, sei nicht nachzugehen, da dies einer Ausforschung gleichkomme. Da mithin davon auszugehen sei, dass die Klägerin nicht zeitnah nach September 2011 die behördliche Erlaubnis beantragt habe, reiche es für einen Fortbestand des Unternehmenskennzeichens der Klägerin nicht aus, dass diese - wie im nachgelassenen Schriftsatz vom 31. Juli 2014 vorgetragen - versucht habe, neue Geschäftsräume anzumieten und ihre steuerlichen und finanziellen Verpflichtungen zu erfüllen, sowie Schriftwechsel mit ihrem Softwareanbieter und Internet-Provider geführt habe. Diese Aktivitäten hätten auch andere Geschäftsbereiche betreffen können als die Arbeitnehmerüberlassung.

II. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision der Klägerin hat Erfolg.

1. Zu Recht und von der Revision unbeanstandet hat das Berufungsgericht die Klage auch nach Löschung der Klägerin aus dem Handelsregister wegen Vermögenslosigkeit als zulässig angesehen.

Die Löschung einer vermögenslosen GmbH nach § 394 Abs. 1 FamFG hat allerdings zur Folge, dass die Gesellschaft ihre Rechtsfähigkeit verliert und damit nach § 50 Abs. 1 ZPO auch ihre Fähigkeit, Partei eines Rechtsstreits zu sein. Die Gesellschaft ist materiellrechtlich nicht mehr existent. Bestehen allerdings Anhaltspunkte dafür, dass noch verwertbares Vermögen vorhanden ist, bleibt die Gesellschaft trotz der Löschung rechts- und parteifähig. Dafür reicht bei einem Aktivprozess schon die bloße Tatsache, dass die Gesellschaft einen Vermögensanspruch geltend macht (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 25. Oktober 2010 - II ZR 115/09, NJW-RR 2011, 115 Rn. 22; Beschluss vom 20. Mai 2015 - VII ZB 53/13, NJW 2015, 2424 Rn. 19, jeweils mwN).

Danach ist die Klägerin im Hinblick auf die von ihr weiterhin verfolgten Ansprüche auf Schadensersatzfeststellung, Auskunft und Abmahnkostenersatz auch nach ihrer Löschung als parteifähig anzusehen.

2. Eine Unterbrechung des Rechtsstreits gemäß § 241 Abs. 1 ZPO ist durch die Löschung gleichfalls nicht eingetreten.

Nach § 241 Abs. 1 ZPO ist ein Verfahren unterbrochen, wenn eine nicht prozessfähige Partei keinen gesetzlichen Vertreter mehr hat. Dieser Fall ist mit der Löschung der Klägerin eingetreten, weil die Löschung zur Folge hat, dass der bisherige organschaftliche Vertreter seine Vertretungsbefugnis verliert und die GmbH prozessunfähig wird (vgl. BGH, Urteil vom 18. Januar 1994 - XI ZR 95/93, NJW-RR 1994, 542; Beschluss vom 8. Oktober 2013 - II ZR 269/12, juris Rn. 3). Nach § 246 Abs. 1 ZPO tritt jedoch eine Unterbrechung des Verfahrens im Falle des Verlustes der Prozessfähigkeit nicht ein, wenn die Partei durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten wurde. So verhält es sich im Streitfall.

3. Zu Recht und ebenfalls von der Revision nicht beanstandet hat das Berufungsgericht es als zulässig angesehen, dass die Klägerin ihren Unterlassungsantrag für die Zeit bis zum 4. Juni 2013 aufrechterhalten hat, nachdem die Parteien den Rechtsstreit mit Wirkung ab dem 5. Juni 2013 übereinstimmend für in der Hauptsache erledigt erklärt hatten.

Der Gläubiger kann seine Erledigterklärung auf die Zeit nach dem erledigenden Ereignis beschränken und damit verhindern, dass ein von ihm erwirkter Titel wegen der Erledigterklärung als Grundlage für Vollstreckungsmaßnahmen wegen Zuwiderhandlungen entfällt, die vor dem erledigenden Ereignis begangen worden sind. Über den prozessualen Anspruch kann dann weiterhin entschieden werden, soweit es um die Möglichkeit geht, das in einem bereits erwirkten Titel ausgesprochene Unterlassungsgebot für die Vergangenheit durchzusetzen (vgl. BGH, Beschluss vom 23. Oktober 2003 - I ZB 45/02, BGHZ 156, 335, 344 - Euro-Einführungsrabatt, mwN; Beschluss vom 20. Januar 2016 - I ZB 102/14, GRUR 2016, 421 Rn. 13 = WRP 2016, 477 - Erledigterklärung nach Gesetzesänderung).

4. Die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche (§§ 15, 19 MarkenG) setzen voraus, dass es sich bei dem Geschäftsabzeichen (Logo) der Klägerin oder (im Hinblick auf den ersten Hilfsantrag) der Firma der Klägerin oder (im Hinblick auf den weiteren Hilfsantrag) der Bezeichnung "mt:perfect" um ein geschütztes Unternehmenskennzeichen (§ 5 Abs. 2 MarkenG) handelt und die Beklagten ein ähnliches Zeichen im geschäftlichen Verkehr unbefugt in einer Weise benutzt haben, die geeignet ist, Verwechslungen mit der geschützten Bezeichnung hervorzurufen (§ 15 Abs. 2 MarkenG). Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung können die geltend gemachten Ansprüche nicht versagt werden.

a) Das Berufungsgericht hat keine Feststellungen zur Entstehung der von der Klägerin geltend gemachten Kennzeichenrechte getroffen. Deshalb ist auch in der Revisionsinstanz zugunsten der Klägerin zu unterstellen, dass diese Rechte entstanden sind.

b) Das Berufungsgericht hat angenommen, die Unternehmenskennzeichenrechte der Klägerin seien im Zeitpunkt der beanstandeten Zeichenverwendung am 2. Oktober 2011 bereits erloschen gewesen. Es hat hierzu ausgeführt, es sei davon auszugehen, dass die Klägerin nicht zeitnah nach September 2011 die behördliche Erlaubnis beantragt habe. Sie habe nicht vorgetragen, in der Zeit nach September 2011 auf die gewerbliche Arbeitnehmerüberlassung gerichtete Tätigkeiten entfaltet zu haben. Deshalb reichten die Versuche der Klägerin, neue Geschäftsräume anzumieten und ihre finanziellen und steuerlichen Verpflichtungen zu erfüllen, sowie ihr mit einem Softwareanbieter und Internet-Provider geführter Schriftwechsel für einen Fortbestand des Unternehmenskennzeichens nicht aus. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

aa) Der Schutz des Unternehmenskennzeichens entfällt regelmäßig mit Aufgabe des hierdurch bezeichneten Betriebs. Einer Betriebsaufgabe steht eine wesentliche Änderung des Betriebs gleich, die dazu führt, dass der Verkehr den neuen Betrieb nicht mehr als Fortsetzung des alten ansieht (vgl. BGH, Urteil vom 14. Mai 1957 - I ZR 50/56, GRUR 1957, 550, 552 f. - Tabu II). Ausnahmsweise geht der Schutz nicht verloren, wenn der Geschäftsbetrieb nur zeitweise stillgelegt wird, jedoch in seinem für die Wiedereröffnung wesentlichen Bestand erhalten bleibt und die Absicht sowie die Möglichkeit bestehen, ihn innerhalb eines solchen Zeitraums fortzusetzen, dass die Stilllegung nach der dafür maßgeblichen Verkehrsauffassung noch als vorübergehende Unterbrechung erscheint (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 24. Februar 2005 - I ZR 161/02, GRUR 2005, 871, 872 = WRP 2005, 1164 - Seicom; Urteil vom 27. März 2013 - I ZR 93/12, GRUR 2013, 1150 Rn. 29 = WRP 2013, 1473 - Baumann I). Die Frage, ob eine nur vorübergehende Nutzungsunterbrechung vorliegt, ist nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalls zu entscheiden. Hierfür sind der Zeitraum, der Umfang und die Umstände der vorherigen Verwendung der Kennzeichnung sowie die Dauer und der Grund der Unterbrechung von Bedeutung (BGH, Urteil vom 2. Mai 2002 - I ZR 300/99, GRUR 2002, 972, 974 = WRP 2002, 1156 - FROMMIA) sowie der Umstand, ob sich der Fortsetzungswille in entsprechenden Handlungen manifestiert hat oder aufgrund besonderer Umstände für den Verkehr nahelag (BGH, Urteil vom 5. Juni 1997 - I ZR 38/95, BGHZ 136, 11, 21 f. - L'Orange).

An die für die Aufrechterhaltung eines Unternehmenskennzeichenrechts im Sinne des § 5 Abs. 2 Satz 1 MarkenG erforderliche Zeichenbenutzung sind keine höheren Anforderungen zu stellen als an die für seine anfängliche Entstehung erforderlichen Benutzungshandlungen. Das Unternehmenskennzeichenrecht entsteht im Falle einer originär kennzeichnungskräftigen Bezeichnung durch ihre tatsächliche namensmäßige Benutzung, die auf den Beginn einer dauerhaften wirtschaftlichen Betätigung schließen lässt, ohne dass das Zeichen schon ein bestimmtes Maß an Anerkennung im Verkehr gefunden haben muss (BGH, Urteil vom 5. Februar 1969 - I ZR 134/66, GRUR 1969, 357, 359 = WRP 1969, 235 - Sihl; Urteil vom 2. April 1971 - I ZR 41/70, GRUR 1971, 517, 519 = WRP 1971, 323 - Swops; Urteil vom 20. Februar 1997 - I ZR 187/94, GRUR 1997, 903, 905 = WRP 1997, 1081 - GARONOR; Urteil vom 24. April 2008 - I ZR 159/05, GRUR 2008, 1099 Rn. 36 = WRP 2008, 1520 - afilias.de). Die Entstehung des Unternehmenskennzeichenrechts setzt nicht voraus, dass das Unternehmen bereits gegenüber allen Marktbeteiligten oder auch nur seinen künftigen Kundenkreisen in Erscheinung getreten ist (BGH, GRUR 2008, 1099 Rn. 36 - afilias.de). Liegt eine nach diesem Maßstab hinreichende tatsächliche Benutzung des Zeichens vor, scheitert die Begründung eines Unternehmenskennzeichenrechts nicht daran, dass es an einer auf den Gegenstand des Geschäfts bezogenen behördlichen Erlaubnis fehlt. Auch für die Aufrechterhaltung des Kennzeichenrechts sind damit tatsächliche Benutzungshandlungen hinreichend, sofern sie auf eine dauerhafte wirtschaftliche Betätigung schließen lassen.

bb) Danach kann im Streitfall mit der Begründung des Berufungsgerichts ein Erlöschen der Unternehmenskennzeichenrechte der Klägerin nicht angenommen werden.

(1) Die Revision beanstandet allerdings ohne Erfolg, das Berufungsgericht widerspreche sich selbst, wenn es einerseits auf die tatsächlichen Feststellungen im landgerichtlichen Urteil Bezug nehme und andererseits in den Entscheidungsgründen seines Urteils hiervon abweichende Feststellungen treffe. Das Landgericht hat festgestellt, der Geschäftsbetrieb der Klägerin sei nach dem Wechsel eines Großteils der Kunden zur Beklagten zu 1 im September 2011 nahezu vollständig zum Erliegen gekommen und die Klägerin sei in der Folgezeit - wenn auch in erheblich reduziertem Umfang - im Geschäftsverkehr aufgetreten. Hierzu steht die Annahme des Berufungsgerichts, die Klägerin habe sich nach September 2011 nicht ernsthaft um eine Fortsetzung ihres Geschäftsbetriebs bemüht, nicht in Widerspruch. Das Berufungsgericht hat nicht angenommen, die Klägerin habe sich nicht um eine Fortsetzung ihres Geschäftsbetriebs bemüht, sondern es hat diese Bemühungen lediglich als nicht ernsthaft gewertet.

(2) Mit Erfolg rügt die Revision, das Berufungsgericht habe bei seiner Beurteilung zu strenge Anforderungen an die für eine Aufrechterhaltung des Unternehmenskennzeichenrechts erforderlichen Nutzungshandlungen gestellt und infolgedessen verfahrensfehlerhaft entscheidungserhebliches und unter Beweis gestelltes Vorbringen der Klägerin außer Acht gelassen.

Die Klägerin hat vorgetragen, sie habe im Oktober 2011 ihren Sitz nach Frankfurt am Main verlegt, dort einen Büro-Service beauftragt, am 19. November 2011 einen Nachsendeauftrag gestellt und im April 2012 einen Maklerauftrag zur Erlangung neuer Geschäftsräume erteilt. Ferner habe sie im Dezember 2011 und Februar 2012 finanzielle Forderungen aus ihrer Tätigkeit der Arbeitnehmerüberlassung verfolgt, in der Zeit von November 2011 bis Januar 2012 mit ihrer Bank korrespondiert und sich um ihre steuerrechtlichen Angelegenheiten gekümmert. Im Dezember 2011 und Januar 2012 habe sie Beschaffungsvorgänge für Software und Internetversorgung eingeleitet. Auch die am 6. Februar 2012 erfolgte Einreichung der vorliegenden Klage stehe im Zusammenhang mit der Ausübung ihrer geschäftlichen Tätigkeit.

Diese von der Klägerin vorgetragenen Benutzungshandlungen sind zur Aufrechterhaltung ihrer Unternehmenskennzeichenrechte geeignet, weil sie gegebenenfalls nach dem Verständnis des angesprochenen Verkehrs auf eine Fortsetzung der dauerhaften wirtschaftlichen Betätigung der Klägerin schließen lassen, auch wenn die Klägerin zwischenzeitlich nicht über eine behördliche Erlaubnis zur gewerblichen Arbeitnehmerüberlassung verfügt hat und sich - wie das Berufungsgericht angenommen hat - nicht unverzüglich um deren Verlängerung bemüht haben sollte. Das Bemühen um eine für den Geschäftsbetrieb erforderliche behördliche Erlaubnis kann zwar für die Begründung oder Fortdauer eines Unternehmenskennzeichenrechts sprechen. Das Fehlen einer für den Geschäftsbetrieb erforderlichen behördlichen Erlaubnis oder mangelndes Bemühen um ihre Erlangung lassen hingegen für sich genommen nicht den Schluss zu, es liege keine dauerhafte wirtschaftliche Betätigung vor, die zur Entstehung oder Aufrechterhaltung eines Unternehmenskennzeichenrechts im Sinne des § 5 Abs. 2 Satz 1 MarkenG führt. Die von der Klägerin geltend gemachten Benutzungshandlungen - Verlegung des Firmensitzes, Verfolgung von Forderungen sowie Korrespondenz mit Banken, einem Makler und Dienstleistungsunternehmen der Internet- und Computerbranche sowie die Erhebung der vorliegenden Klage - sprechen für ein Fortdauern der wirtschaftlichen Betätigung unter Verwendung der hier in Rede stehenden Unternehmenskennzeichen bis zum Zeitpunkt der Löschung der Klägerin aus dem Handelsregister am 4. Juni 2013.

Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist in diesem Zusammenhang nicht von Bedeutung, dass die von der Klägerin vorgetragenen Benutzungshandlungen auch andere Geschäftsbereiche als die gewerbliche Arbeitnehmerüberlassung hätten betreffen können. Die Klägerin hat geltend gemacht, diese Handlungen hätten ihrem auf Personaldienstleistungen bezogenen Geschäftsbetrieb gedient. Anhaltspunkte dafür, dass die von der Klägerin behaupteten Benutzungshandlungen einem andersartigen Geschäftsbetrieb gegolten haben, sind weder festgestellt noch ersichtlich. Unter diesen Umständen ist davon auszugehen, dass die Klägerin die Zeichen weiterhin für den bereits zuvor ausgeübten Geschäftsbetrieb genutzt hat.

5. Auf der Grundlage der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen kann auch nicht festgestellt werden, dass sich das Berufungsurteil aus anderen Gründen - wegen Fehlens der Verwechslungsgefahr - als richtig darstellt (§ 561 ZPO). Das Revisionsgericht kann zwar die Verwechslungsgefahr prüfen, wenn der hierzu erforderliche Sachverhalt feststeht und weiterer Sachvortrag der Parteien nicht zu erwarten ist (BGH, Urteil vom 21. Oktober 2015 - I ZR 23/14, GRUR 2016, 197 Rn. 40 = WRP 2016, 199 - Bounty). Im Streitfall erlauben die Feststellungen des Berufungsgerichts eine solche Prüfung allerdings nicht. Dies gilt hinsichtlich des an dritter Stelle geltend gemachten Unternehmenskennzeichens "mt:perfect" schon deshalb, weil die Beklagten geltend gemacht haben, ihre Internetseite sei nie öffentlich zugänglich gewesen.

III. Danach ist das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). In der wiedereröffneten Berufungsinstanz wird dem Vortrag der Klägerin über Benutzungshandlungen nach September 2011 nachzugehen sein, deren Vornahme dafür sprechen dürfte, dass es sich bei der vorherigen Einstellung der Geschäftstätigkeit der Klägerin nach der Verkehrsanschauung nur um eine vorübergehende Unterbrechung gehandelt hat, die das Fortbestehen der Kennzeichenrechte der Klägerin nicht berührt.

Koch Schaffert Löffler Schwonke Feddersen Vorinstanzen:

LG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 27.03.2013 - 2-6 O 232/12 -

OLG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 18.09.2014 - 6 U 97/13 -






BGH:
Urteil v. 07.04.2016
Az: I ZR 237/14


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