Bundespatentgericht:
Beschluss vom 4. Juni 2003
Aktenzeichen: 32 W (pat) 280/02

(BPatG: Beschluss v. 04.06.2003, Az.: 32 W (pat) 280/02)

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Widersprechenden wird der Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts - Markenstelle für Klasse 28 - vom 3. Juli 2002 aufgehoben.

2. Die Marke 398 36 694 ist wegen des Widerspruchs aus der Marke 885 833 im Umfang der Waren "Spiele, Spielzeug, insbesondere Stofffiguren" zu löschen.

Gründe

I.

Die Beschwerdeführerin hat aus ihrer am 27. September 1971 für Spielfigureneingetragenen Marke 885 833 Burri Widerspruch gegen die am 28. September 1998 eingetragene Marke 398 36 694 URRI eingelegt, soweit diese für die Waren

"Spiele, Spielzeug, insbesondere Stofffiguren"

geschützt ist.

Die Markenstelle für Klasse 28 des Deutschen Patent- und Markenamts hat den Widerspruch wegen fehlender Verwechslungsgefahr mit Beschluss vom 3. Juli 2002 zurückgewiesen. Zur Begründung ist unter anderem ausgeführt, die zwischen den Markenwörtern am Wortanfang bestehende Abweichung sei so prägnant, dass selbst bei Anlegung strengster Maßstäbe keine Verwechslungsgefahr bestehe. Die Wortanfänge begründeten ein jeweils eigenständiges, klar erkennbar voneinander abweichendes Klangbild. Unterschiede am Wortanfang würden vom Publikum zudem erfahrungsgemäß ganz besonders beachtet. Schriftbildlich bestehe ebenfalls ein klarer Unterschied.

Gegen diese Entscheidung hat die Widersprechende Beschwerde eingelegt, zu deren Begründung sie u.a. vorträgt, der zusätzliche Konsonant "B" in der älteren Marke werde sehr weich ausgesprochen, so dass er von dem nachfolgenden "U" weitgehend übertönt werde und als selbständiger Buchstabe akustisch kaum in Erscheinung trete. Der Grundsatz, dass den Anfangsbestandteilen ein besonderes Gewicht beizumessen sei, sei hier unbeachtlich, weil der Wortanfang nicht nur aus dem ersten Buchstaben bestehe.

Die Widersprechende beantragt sinngemäß, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und die angegriffene Marke zu löschen.

Die Markeninhaberin hat sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert. Im Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt hat sie die Einrede der mangelnden Benutzung der Widerspruchsmarke erhoben. Zur Widerlegung dieser Einrede hat die Widersprechende eine eidesstattliche Versicherung des Leiters ihrer Marketingabteilung vorgelegt.

II.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Löschung der Marke 398 36 694, soweit diese durch den Widerspruch angegriffen wird.

1. Die Widersprechende hat die Benutzung ihrer Marke i.S.d. § 43 Abs. 1 Satz 1 MarkenG glaubhaft gemacht. Unter Zugrundelegung der vorgelegten eidesstattlichen Versicherung verwendet sie ihr Zeichen seit 29 Jahren für eine Spielfigur (Kater) und hat damit im maßgeblichen Fünfjahreszeitraum zwar keine großen, jedoch kontinuierliche Umsätze gemacht. Außerdem hat sie jedes Jahr für "BURRI"-Artikel in ihren Katalogen, die eine jährliche Auflage von ... Exempla- ren haben, geworben.

2. Nach § 9 Abs. 1 Nr. 2, § 42 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die Eintragung einer Marke im Falle eines Widerspruchs zu löschen, wenn und soweit wegen ihrer Ähnlichkeit mit einer eingetragenen Marke mit älterem Zeitrang und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, einschließlich der Gefahr, dass die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden. Die Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmen. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht zu ziehenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der mit ihnen gekennzeichneten Waren sowie der Kennzeichnungskraft der älteren Marke (st. Rspr; vgl. BGH GRUR 2002, 626, 627 - IMS).

Im vorliegenden Fall sind die Waren "Spiele, Spielzeug, insbesondere Stofffiguren" der jüngeren Marke und die "Spielfiguren" der Widerspruchsmarke, soweit es sich nicht um identische Waren handelt, einander ähnlich. Dies gilt auch für das Verhältnis der "Spielfiguren" der älteren Marke zu den "Spielen" der jüngeren; so können sich Spiele z.B. in ihrer Ausgestaltung an bekannte Spielfiguren anlehnen. Auszugehen ist ferner von durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke. Dementsprechend müsste die jüngere Marke, um Verwechslungen mit der Widerspruchsmarke mit der erforderlichen Sicherheit ausschließen zu können, einen deutlichen Abstand von dieser einhalten.

Dieser Anforderung wird sie in schriftbildlicher Hinsicht gerecht, weil das zusätzliche "B" am Anfang der Widerspruchsmarke bei visueller Wahrnehmung nicht unbemerkt bleiben wird. Jedoch wird dieser Buchstabe in klanglicher Hinsicht häufig nicht bemerkt werden. Dies ist in erster Linie darauf zurückzuführen, dass das gesprochene "B" als weicher, weil stimmhafter Laut deutlich schwächer zu vernehmen ist als die durch die übrigen Buchstaben "urri" vermittelten, sehr prägnanten Laute, die denen der jüngeren Marke vollkommen entsprechen. Soweit die Marken nicht gleichzeitig, sondern in zeitlichem Abstand klanglich in Erscheinung treten, liegt die Markennähe auch darin begründet, dass es sich bei beiden Wörtern um reine Fantasiebezeichnungen handelt, wodurch die Erinnerung an die vorhandene Abweichung erschwert wird. Dies gilt umso mehr, als übereinstimmende Merkmale in der Erinnerung regelmäßig stärker hervortreten als die vorhandenen Unterschiede (vgl. BGH GRUR 2000, 506, 509 - ATTACHÉ/-TISSERAND).

Angesichts der vorhandenen Warenidentität bzw. Warenähnlichkeit, der durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke und der klanglichen Ähnlichkeit der Marken ist die Gefahr von Verwechslungen festzustellen.

Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden; die Markeninhaberin hat keinen Antrag auf eine mündliche Verhandlung gestellt.

Winkler Viereck Rauch Hu






BPatG:
Beschluss v. 04.06.2003
Az: 32 W (pat) 280/02


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