Bundespatentgericht:
Beschluss vom 26. Mai 2000
Aktenzeichen: 33 W (pat) 10/00

(BPatG: Beschluss v. 26.05.2000, Az.: 33 W (pat) 10/00)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Die Anmelderin hatte eine Marke mit dem Namen "PROGLAS" für verschiedene Waren und Dienstleistungen im Bereich Glas angemeldet. Das Patentamt hatte die Anmeldung jedoch aufgrund fehlender Unterscheidungskraft und als beschreibende Angabe zurückgewiesen. Die Markenstelle begründete ihre Entscheidung damit, dass "PROGLAS" lediglich auf professionelles Glas hinweise, das für jede Verwendung geeignet sei. Die Anmelderin hat daraufhin Beschwerde eingelegt und beantragt, die Entscheidungen des Patentamts aufzuheben.

Das Bundespatentgericht gab der Beschwerde der Anmelderin statt. Es argumentierte, dass "PROGLAS" eine Wortneuschöpfung sei, die keine sofortige Bedeutung im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen habe. Die Bezeichnung könne als Fantasiewort aufgefasst werden und benötige einige Überlegungen, um eine Aussage über die Produkte und Dienstleistungen zu erkennen. Es sei nicht eindeutig, dass "PROGLAS" unmittelbar mit "Profiglas" gleichgesetzt werde. Aufgrund der mehrdeutigen Bedeutung der Bezeichnung sei ihr sowohl betriebskennzeichnende Eigenart als auch eine sachliche Bedeutung im Sinne von "Glas vom Profi" oder "Glas für den Profi(abnehmer)" nicht abzusprechen. Das Bundespatentgericht verwies zudem auf ähnliche Entscheidungen in vergleichbaren Fällen und betonte, dass auch das Europäische Markenamt die Bezeichnung "PRO CARE" für medizinische Geräte als eintragbar angesehen habe.

Aufgrund dieser Argumentation hob das Bundespatentgericht die Entscheidungen des Patentamts auf und erklärte die Marke "PROGLAS" für eintragungsfähig.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 26.05.2000, Az: 33 W (pat) 10/00


Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelderin werden die Beschlüsse des Patentamts vom 9. März 1998 und vom 29. September 1999 aufgehoben.

Gründe

I Beim Patent ist die Bezeichnung

"PROGLAS"

für die Waren und Dienstleistungen

"Glasscheiben und Fensterglas, insbesondere Isolierglasscheiben und andere Funktionsgläser, jeweils als Halbzeug oder als Fertigerzeugnis für Bauzwecke und für die Fahrzeugverglasung; glastechnische Beratung für die Verarbeitung und den Vertrieb von Glasscheiben und Fensterglas, insbesondere Isolierglasscheiben und andere Funktionsgläser; Marketing und Durchführung von Werbemaßnahmen"

zur Eintragung als Marke angemeldet worden.

Die Markenstelle für Klasse 19 hat die Anmeldung in zwei Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie auf den Beanstandungsbescheid Bezug genommen, in dem ausgeführt worden ist, daß die angemeldete Bezeichnung "PROGLAS" aus einem beschreibenden Hinweis auf professionelles Glas bestehe, das für jede Verwendung uneingeschränkt geeignet sei. In bezug auf die beanspruchten Dienstleistungen bringe "PROGLAS" zum Ausdruck, daß sie sich professionell mit allen Fragen in Verbindung mit der Verarbeitung und dem Vertrieb von Glas befaßten.

Mit der hiergegen gerichteten Beschwerde beantragt die Anmelderin (sinngemäß) die Aufhebung beider Beschlüsse des Patentamts.

II Die Beschwerde ist begründet. Die angemeldete Marke entbehrt weder jeglicher Unterscheidungskraft noch ist sie als beschreibende Angabe zugunsten der Mitbewerber freizuhalten. Ihrer Eintragung stehen die Schutzhindernisse des § 8 Abs. 2 Nr 1 und 2 MarkenG daher nicht entgegen.

Bei der angemeldeten Bezeichnung "PROGLAS" handelt es sich um eine Wortneubildung, der keine ohne weiteres verständliche Sachaussage über die beanspruchten Waren und Dienstleistungen entnommen werden kann. Entgegen der Ansicht der Markenstelle trifft es insbesondere nicht zu, daß der Wortbestandteil "PRO" von den angesprochenen Verkehrskreisen ausschließlich im Sinne von "Profi, professionell" aufgefaßt wird. Dabei ist zu berücksichtigen, daß "PRO im Deutschen in erster Linie als Ausdruck der Zustimmung für etwas bekannt und gebräuchlich ist (Pro und Contra, prowestlich). Ferner hat es die Bedeutung von "je, jeweils" (pro Jahr, pro Stück). Als Kurzform für "Profi" kommt dem Wort "PRO" dagegen jedenfalls im allgemeinen deutschen Sprachgebrauch eine eher untergeordnete Bedeutung zu. Auch wenn diese Kurzform nicht nur im Bereich des Sports als Bezeichnung für einen Profisportler üblich sein mag, zB Golfpro, Tennispro (so DUDEN, Das große Wörterbuch der deutschen Sprache, 3. Aufl., Bd 7, S 3012), sondern zum Teil auch in der Werbesprache ganz allgemein für eine Person verwendet werden mag, die ein Profi ist, dh eine Tätigkeit professionell ausübt und beherrscht, folgt daraus nicht, daß dem inländischen Verkehr "PRO" ebenso geläufig ist wie "Profi" und daß er diese Kurzform in allen beliebigen Wortzusammenhängen ohne weiteres dem Wort "Profi" gleichsetzt.

Unter diesen Voraussetzungen kommt der Wortkombination "PROGLAS" nicht die ohne weitere Überlegung eindeutig im Vordergrund stehende Bedeutung von "Profiglas" zu. Der angesprochene Verkehr, der über den möglichen Sinngehalt einer Kennzeichnung im allgemeinen keine weiteren analysierenden Betrachtungen anstellt, faßt "PROGLAS" im allgemeinen als Phantasiewort auf. Es bedarf schon einiger Überlegungen, um der Bezeichnung "PROGLAS" eine auf die Waren und Dienstleistungen bezogene Aussage zu entnehmen. Dabei wird der Verkehr dem Bestandteil "PRO" in erster Linie die bekannte Hauptbedeutung von "für, dafür" beimessen und mit "PROGLAS" möglicherweise die Vorstellung einer Aufforderung an den Käufer verbinden, sich für Waren aus dem Werkstoff Glas zu entscheiden, oder darin einen Hinweis des Herstellers auf seinen besonderen Einsatz für die Glastechnik im Bereich der Funktionsgläser sehen. Sofern er "PRO" als Kurzwort für "Profi" kennt, kann er "PROGLAS" bei einigem Nachdenken auch im Sinne von "Profiglas" auffassen, obwohl diese Deutung eher fernliegt, denn gerade bei den angemeldeten, in erster Linie für Fachabnehmer bestimmten Glasscheiben und sonstigen Funktionsgläsern handelt es sich nicht um Waren, die herkömmlicherweise mit der Bezeichnung "Profi" beworben werden, um den Käufer darauf hinzuweisen, daß es sich um qualitätsmäßig hochwertige, in jeder Hinsicht funktionstüchtige Waren handelt, wie sie (sogar) auch der Profi benutzt.

In Anbetracht des mehrdeutigen mögliche Assoziationen in verschiedener Richtung auslösenden Sinngehalts der angemeldeten Bezeichnung kann ihr nach anerkannter Rechtsprechung weder jegliche betriebskennzeichnende Eigenart abgesprochen werden noch bestehen tatsächliche Anhaltspunkte für die Annahme, daß die derzeit als beschreibende Angabe nicht nachweisbare Wortkombination "PROGLAS" zumindest künftig von den Mitbewerbern als Sachhinweis auf Glas vom Profi oder für den Profi(abnehmer) ernsthaft benötigt wird (vgl BGH GRUR 1995, 408 "PROTECH"; 1995, 269 "U-KEY"). Mit entsprechender Begründung hat das Bundespatentgericht im übrigen bereits zahlreiche vergleichbare Wortkombinationen als schutzfähig erachtet (vgl ua Mitt 1983, 238 "PRO LOCK"; ferner 27 W (pat) 92/97 vom 29.9.1998 "PRO Comfort" für Schuhwaren; 26 W (pat) 109/99 vom 1.9.1999 "PRO WAND" ua für Wandkonstruktionen; 28 W (pat) 179/98 vom 27.10.1999 "Pro Arte" für Musikinstrumente; 32 W (pat) 158/99 vom 15.12.1999 "ProChart" für ua Erstellen von EDV-Programmen). Auch das HABM hat mit Entscheidung vom 8.9.1999 die Bezeichnung "PRO CARE" für ua ärztliche Geräte als eintragbar angesehen (vgl PAVIS PROMA, Bender).

Winkler Pagenberg Dr. Schermer Cl






BPatG:
Beschluss v. 26.05.2000
Az: 33 W (pat) 10/00


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/c41090e15ced/BPatG_Beschluss_vom_26-Mai-2000_Az_33-W-pat-10-00




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