Bundespatentgericht:
Beschluss vom 11. März 2008
Aktenzeichen: 27 W (pat) 103/07

(BPatG: Beschluss v. 11.03.2008, Az.: 27 W (pat) 103/07)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Gegen die am 12. März 2002 angemeldete und am 27. August 2002 für die Waren und Dienstleistungen

"09: Gespeicherte Computerprogramme für E-Business-Anwendungen;

35: Präsentation von Computerprogrammen und Kaufangebote für diese über einen Teleshop-Kanal;

38: Ausstrahlung von Fernsehprogrammen; Internetdienstleistungen, nämlich Bereitstellen von Informationen und Unterhaltungsprogrammen im Internet;

42: Erstellen von Computerprogrammen für das E-Business; Vermietung von Computersoftware; Lizenzierung von Computerprogrammen; Pflege und Installation von Software; Wartung von Computersoftware; Bereitstellung von Computerprogrammen in Datennetzen; Design von Software; Erstellen und Gestalten einer Internet-Seite, Dienstleistungen einer Multimedia-Agentur, nämlich Implementierung von EDV-Programmen in Netzwerkstrukturen; Zurverfügungstellung eines Zugangs zum Internet; Dienstleistungen eines Providers, nämlich Einrichtung, Aufrechterhaltung und Wartung von Internetzugängen und Einwahlknoten; Betrieb eines Mail- und Webservers sowie Registrierung; Konnektierung und Verwaltung von Internetdomains und E-Mail-Adressen; Erstellung von Programmen zur Lösung branchenspezifischer Probleme im Internet; Gestalten, Design und Bereitstellung von Homepages und WWW-Seiten; Dienstleistungen eines Providers und Netzwerkbetreibers, nämlich Vermittlung und Vermietung von Zugriffszeiten auf Mietbasis zu Datennetzen und Computerbanken, insbesondere im Internet; Einstellen von Webseiten ins Internet für Dritte (Webhosting); Design und Programmierung von Internetseiten für On- und Offlineauftritte"

eingetragene und am 27. September 2002 veröffentlichte Wortmarke 302 12 710 iXShopist Widerspruch eingelegt worden aus der am 28. September 2000 eingetragenen Wortmarke 300 47 618 iX geschützt für die Waren und Dienstleistungen

"9: Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild; Magnetaufzeichnungsträger, Schallplatten; Rechenmaschinen und Datenverarbeitungsgeräte;

16: Druckschriften, Zeitungen, Zeitschriften, Bücher;

41: Veröffentlichung und Herausgabe von Büchern und Zeitschriften;

42: Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung".

Der Widerspruch richtet sich gegen alle Waren und Dienstleistungen der angegriffenen Marke und wird auf alle Waren und Dienstleistungen der Widerspruchsmarke gestützt.

Die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts hat den Widerspruch mit Erstbeschluss vom 28. November 2006 wegen fehlender Verwechslungsgefahr zurückgewiesen. Die jüngere Marke halte wegen des Bestandteils "Shop" einen ausreichenden Abstand ein. Es sei kein Grund ersichtlich, weshalb der Verkehr bei dem zusammengeschriebenen Markenwort "iXShop" den Bestandteil "Shop" vernachlässigen sollte. Die Bestandteile "iX" und "Shop" verschmölzen zu einem einheitlichen Begriff, der ohne weiteres zusammenhängend und zusammengehörend ausgesprochen werde. Eine Verwechslungsgefahr durch gedankliches In-Verbindung-Bringen unter dem Gesichtspunkt von Serienmarken scheitere daran, dass der Bestandteil "iX" nicht Stammbestandteil einer Serienmarke sei. Er sei von Haus aus nicht kennzeichnungskräftig. Die klangliche Wiedergabe "X" stehe für das "X-Windows-System", das aus den 1980er-Jahren stamme und ein offenes crossplattform client/server-System darstelle. Die für die Widerspruchsmarke geschützten Waren und Dienstleistungen könnten die genannten Betriebssysteme zum Inhalt oder Thema haben. "X" sei auch die Abkürzung für "exchange" und in der Form von "IX" ein Hinweis auf "Internet exchange".

Die gegen diese Entscheidung eingelegte nicht begründete Erinnerung der Widersprechenden hat die Markenstelle mit Beschluss vom 30. Mai 2007 aus den Gründen des Erstbeschlusses zurückgewiesen.

Gegen diese Entscheidungen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden, die sie entgegen ihrer Vorankündigung nicht begründet hat.

Die Markeninhaberin hat mit Schriftsatz vom 4. Februar 2008, den Bevollmächtigten der Widersprechenden per Empfangsbekenntnis zugestellt am 11. Februar 2008, die Auffassung vertreten, die Marken seien nicht verwechselbar. Hierzu hat sich die Markeninhaberin auf den Beschluss der Markenstelle gestützt. Außerdem hat sie die Benutzung der Widerspruchsmarke für die Dienstleistung "Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung" bestritten.

Zu der mündlichen Verhandlung am 11. März 2008 sind die ordnungsgemäß geladenen Beteiligten nicht erschienen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet, weil die Widersprechende eine rechtserhaltende Benutzung ihrer Marke für die Dienstleistung "Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung" weder behauptet noch glaubhaft gemacht hat und weil die einander gegenüberstehenden Marken im Übrigen keiner Verwechslungsgefahr unterliegen.

1. Die im Schriftsatz der Markeninhaberin vom 4. Februar 2008 - den Bevollmächtigten der Widersprechenden zugestellt per Empfangsbekenntnis am 11. Februar 2008 - erhobene Nichtbenutzungseinrede gegen die Dienstleistung "Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung ist gemäß § 43 Abs. 1 Satz 2 MarkenG zulässig, nachdem die fünfjährige sog. Benutzungsschonfrist der am 28. September 2000 eingetragenen Widerspruchsmarke abgelaufen war. Die Widersprechende traf mithin die Obliegenheit, eine rechtserhaltende Benutzung ihrer Marke im maßgeblichen Benutzungszeitraum - hier März 2003 bis März 2008 - glaubhaft zu machen. Sie hat aber weder die Erklärung abgegeben, dass die Widerspruchsmarke überhaupt benutzt werde, noch irgendwelche Benutzungsunterlagen vorgelegt. In Anbetracht des im Rahmen des Benutzungszwangs herrschenden Beibringungsgrundsatzes war der Senat daran gehindert, die Widersprechende auf die Notwendigkeit einer Glaubhaftmachung der Benutzung für den maßgeblichen Zeitraum hinzuweisen (Ströbele/Hacker, MarkenG, 8. Aufl., § 43 Rdn. 37).

2. In Bezug auf die übrigen Waren und Dienstleistungen der Widerspruchsmarke unterliegen die einander gegenüberstehenden Marken keiner Gefahr der Verwechslung nach § 42 Abs. 2 Nr. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG.

Die Frage der Verwechslungsgefahr ist nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesgerichtshofs unter Beachtung aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen. Von maßgeblicher Bedeutung sind insoweit die Identität oder Ähnlichkeit der zum Vergleich stehenden Marken sowie der von den Marken erfassten Waren oder Dienstleistungen. Darüber hinaus ist die Kennzeichnungskraft der älteren Marke und - davon abhängig - der dieser im Einzelfall zukommende Schutzumfang in die Betrachtung einzubeziehen. Dabei besteht eine gewisse Wechselwirkung zwischen den genannten Faktoren (vgl. EuGH GRUR 1998, 387, 389 (Nr. 22) - Sabel Puma; GRUR Int. 2000, 899, 901 (Nr. 40) - Marca/Adidas; GRUR 2006, 237, 238 (18 f.) - PICASSO; BGH GRUR 2005, 513, 514 - MEY/Ella May; GRUR 2006, 859, 860 - Malteserkreuz; GRUR 2007, 321, 322 - COHIBA). Nach diesen Grundsätzen kann eine Verwechslungsgefahr im vorliegenden Fall nicht festgestellt werden.

Die Computerprogramme und die im Zusammenhang damit beanspruchten Dienstleistungen in den Klassen 35, 38 und 42 der jüngeren Marke sind mit den zugunsten der Widerspruchsmarke eingetragenen "Datenverarbeitungsgeräten" hochgradig ähnlich und mit den übrigen Waren der Klassen 9 und 16 zum Teil durchschnittlich ähnlich.

Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke "iX" ist wegen beschreibender Anklänge geschwächt. Die klangliche Wiedergabe des "X" steht u. a. für das aus den 80er-Jahren stammende "X-Windows-System", was jedenfalls den von den Waren angesprochenen Fachkreisen bekannt sein wird (ebenso BPatG 25 W (pat) 252/03 - ix/iX-era und 30 W (pat) 13/05 - iX/iXDomain).

Den danach erforderlichen durchschnittlichen Abstand hält die jüngere Marke aufgrund des zweiten Bestandteils "Shop" ein. Schriftbildlich wird dieser Bestandteil nicht übersehen werden.

Auch klanglich besteht keine relevante Markenähnlichkeit, da man den Bestandteil "Shop" bei mündlicher Wiedergabe nicht weglassen wird. Dagegen spricht bereits die Zusammenschreibung und die prägnante Kürze der angegriffenen Marke. Von einer Vernachlässigung des Bestandteils "Shop" bei der Benennung der Marke kann nicht ausgegangen werden; der Verkehr hat hierfür - generell und auch im vorliegenden Einzelfall - keine ernsthafte Veranlassung.

Als bei Waren und Dienstleistungen der vorliegenden Art kennzeichnungsschwacher Bezeichnung kommt "iX" auch nicht die Eignung zu, als Stamm einer Zeichenserie aufgefasst zu werden; mithin unterliegen die einander gegenüberstehenden Marken auch nicht der Gefahr, gedanklich miteinander in Verbindung gebracht und unter diesem Gesichtspunkt verwechselt zu werden (Ströbele/Hacker, a. a. O., § 8 Rdn. 327).

Für die Auferlegung von Verfahrenskosten gemäß § 71 Abs. 1 MarkenG besteht kein Anlass.

Dr. Albrecht Dr. van Raden Kruppabr/Me






BPatG:
Beschluss v. 11.03.2008
Az: 27 W (pat) 103/07


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