Bundespatentgericht:
Beschluss vom 7. Dezember 2004
Aktenzeichen: 27 W (pat) 36/03

(BPatG: Beschluss v. 07.12.2004, Az.: 27 W (pat) 36/03)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Gegen die am 10. Februar 2000 veröffentlichte Eintragung der Marke 399 65 175 RCF-comtronicsfür die Waren

"Registrierkassen, Rechenmaschinen, Datenverarbeitungsgeräte und Computer; Druckereierzeugnisse; Verpackung und Lagerung von Waren"

ist Widerspruch eingelegt worden aus der international registrierten Marke IR 565 816 die in Deutschland Schutz genießt für die Waren Appareils et instruments scientifiques, nautiques, geodesiques, electriques (y compris la T.S.F.), photographiques, cinematographiques, optiques, de pesage, de mesurage, de signalisation, de contr™le (inspection), de secours (sauvetage) et d'enseignement; appareils automatiques declenches par l'introduction d'une pièce de monnaie ou d'un jeton ; machines parlantes ; caisses enregistreuses, machines à calculer ; appareils extincteurs.

Die abschließende Mitteilung über die Schutzbewilligung ist dem Internationalen Büro am 12. Juni 1997 zugegangen. Die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts hat den Widerspruch mit Beschluss vom 3. September 2002, berichtigt durch Beschluss vom 25. November 2002, wegen mangelnder Verwechslungsgefahr zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, selbst wenn zugunsten der Widersprechenden angenommen werde, dass zwischen den sich gegenüberstehenden Waren Identität bzw. ein hoher Grad von Ähnlichkeit bestehe, hielten die Vergleichsmarken - ausgehend von einer normalen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke - den erforderlichen Abstand ein. Innerhalb der angegriffenen Marke komme dem Bestandteil "RCF", der allein für eine Kollisionsbegründung in Betracht komme, keine prägende Bedeutung zu. Diese Buchstabenfolge sei wegen der Verwendung eines Bindestrichs erkennbar mit dem weiteren Begriff "-comtronics" verbunden und stehe gleichwertig neben ihm. Die abschließende Mitteilung über die Schutzbewilligung ist dem Internationalen Büro am 12. Juni 1997 zugegangen. Es bestehe kein Anlass zu der Annahme, der Bestandteil -comtronics werde vernachlässigt, denn bei diesem handele es sich nicht um eine beschreibende Angabe, insbesondere sei nicht ohne weiteres ersichtlich, dass sie aus den englischen Begriffen "computer" und "electronics" zusammengesetzt sei.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Sie ist der Auffassung, die sich gegenüberstehenden Waren seien identisch. Der daher erforderliche große Abstand werde von der jüngeren Marke nicht gewahrt. Vielmehr werde die jüngere Marke nach der Lebenserfahrung auf "RCF" verkürzt, denn der Verkehr neige zu griffigen Abkürzungen und vernachlässige nicht unterscheidungskräftige und beschreibende Zusätze, wie hier -comtronics. Die Marken würden folglich identisch benannt. Daher bestehe Verwechslungsgefahr. Auf die von der Markeninhaberin in vollem Umfang bestrittene Benutzung macht sie geltend, sie habe ihre Marke rechtserhaltend für Lautsprecher, Stereoanlagen, Mikrofone, Verstärker, Konferenzsysteme, Videoprojektoren und Prüfinstrumente benutzt, und legt hierzu eine eidesstattliche Versicherung sowie ein Rechungskonvolut vor. Wegen der näheren Einzelheiten dieser Unterlagen wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

Die Widersprechende beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und die Löschung der Marke 399 65 175 anzuordnen.

Die Markeninhaberin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie ist der Auffassung, eine Verwechslungsgefahr sei nicht gegeben, weil die sich gegenüberstehenden Marken ohne weiteres von einander unterschieden werden könnten. Im übrigen hält sie die von der Widersprechenden zur Glaubhaftmachung der Benutzung der Marke vorgelegten Unterlagen nicht für ausreichend.

Die Widerspruchsmarke ist zwischenzeitlich auf die Mackie Designs (Italy) S.p.A. umgeschrieben worden. Für dieses Unternehmen hat der Verfahrensbevollmächtigte der ehemaligen Markeninhaberin mit Schriftsatz vom 15. Januar 2004 mitgeteilt, dass in Italien über das Vermögen der jetzigen Markeninhaberin das Insolvenzverfahren eröffnet worden sei. Für die Vertretung der jetzigen Markeninhaberin in diesem Verfahren hat der Verfahrensbevollmächtigte der ehemaligen Markeninhaberin mit Schriftsatz vom 14. April 2004 eine von dem legitimierten Masseverwalter der jetzigen Markeninhaberin unterzeichnete Verfahrensvollmacht, datierend vom 6. April 2004, eingereicht. Mit Schriftsatz vom 24. Mai 2004 hat der Verfahrensbevollmächtigte der jetzigen Markeninhaberin mitgeteilt, das Verfahren werde vorerst nicht aufgenommen. Auf den Antrag der Markeninhaberin im Schriftsatz vom 26. Juli 2004 ist Termin zur mündlichen Verhandlung anberaumt worden, zu dem der Verfahrensbevollmächtigte der jetzigen Markeninhaberin ordnungsgemäß geladen worden ist. Er ist im Termin zur mündlichen Verhandlung entsprechend seiner vorherigen schriftlichen Ankündigung nicht erschienen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet.

1. Der Senat ist an einer verfahrensbeendenden Entscheidung nicht gehindert, obwohl die jetzige Inhaberin der Widerspruchsmarke sich nach Lage der Akten noch in Insolvenz befindet. Die durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens in Italien nach § 240 ZPO, Art. 102 Abs. 1 EGInsO (vgl. BGH NJW 1998, 928) iVm § 82 Abs. 1 MarkenG eingetretene Unterbrechung des Verfahrens vor dem Senat hat geendet, nachdem der Verfahrensbevollmächtigte der jetzigen Markeninhaberin aufgrund der von ihm eingereichten Vollmacht des Masseverwalters erklärt hat, das Verfahren werde nicht aufgenommen, und der Gegner, die Markeninhaberin, daraufhin die Anberaumung eines Termins zur mündlichen Verhandlung beantragt und damit das Verfahren aufgenommen hat. Das Verfahren ist daher ordnungsgemäß fortzusetzen.

2. Der Widerspruch ist von der Markenstelle zu Recht zurückgewiesen worden. Es kann dahinstehen, ob die Markenstelle die Gefahr von Verwechslungen der Vergleichsmarken i.S.d. §§ 42, 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG zutreffend verneint hat. Jedenfalls greift die im Beschwerdeverfahren von der Markeninhaberin gemäß § 43 Abs. 1 Satz 2 MarkenG zulässig erhobene Einrede der Nichtbenutzung der Widerspruchsmarke durch.

Die Erhebung der Nichtbenutzungseinrede begründet die prozessuale Obliegenheit der Widersprechenden zur Glaubhaftmachung der rechtserhaltenden Benutzung (BPatG Mitt. 1997, 25, 27 - LAILIQUE/LALIQUE). Nachdem die fünfjährige Benutzungsschonfrist der Widerspruchsmarke im Zeitpunkt der Veröffentlichung der Eintragung der angegriffenen Marke (10. Februar 2000) noch nicht abgelaufen war - der Zugang der Mitteilung über die Schutzbewilligung der Widerspruchsmarke an das Internationalen Büro erfolgte erst am 12. Juni 1997 (§§ 43 Abs. 1 Satz 1, 26 Abs. 5 MarkenG iVm § 115 Abs. 2 Halbs 2 MarkenG) -, oblag es der Widersprechenden, eine rechtserhaltende Benutzung für den sich aus § 43 Abs. 1 Satz 2 MarkenG ergebenden Zeitraum von fünf Jahren vor der Beschwerdeentscheidung (7.12.1999 - 7.12.2004) glaubhaft zu machen (vgl BGH GRUR 1999, 54, 55 - Holtkamp; GRUR 1999, 995, 996 - HONKA). Die eingereichte eidesstattliche Versicherung des James Trevor Engen, der versichert hat, die Widerspruchsmarke sei permanent in der Vergangenheit für Lautsprecher, HiFi-Gehäuse, Mikrophone, Tonverstärker, HiFi-Autozubehör, Konferenzsysteme für Hotels und Simultandolmetschen, Videoprojektoren, Mess- und Test-Audioinstrumente für den Vertrieb der Geräte in Deutschland benutzt worden, genügt indessen nicht für eine hinreichende Glaubhaftmachung der Benutzung. Der Erklärende ist ausweislich der von ihm abgegebenen Erklärung nicht Vertreter der jetzigen Markeninhaberin, sondern C.E.O. der Mackie Designs Inc. in Woodinville, Washington, USA. Anhaltspunkte dafür, dass er für die jetzige Markeninhaberin rechtsverbindliche Erklärungen abgeben dürfte, sind nicht ersichtlich. Selbst wenn man annehmen wollte, die jetzige Markeninhaberin habe sich die in Frage stehende eidesstattliche Erklärung durch die Einreichung bei Gericht inhaltlich zu eigen gemacht und sie wolle inhaltlich für die Richtigkeit der Erklärung die volle Verantwortung übernehmen, genügte der Inhalt der Erklärung nicht für die Annahme einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit hinsichtlich der Benutzung der Widerspruchsmarke. Aus der Erklärung geht lediglich hervor, dass das US-Unternehmen Mackie Designs Inc., das mit der jetzigen Markeninhaberin nicht identisch ist, die oben erwähnten Waren von 1998 bis 2003 nach Deutschland vertrieben habe. Angaben über die Abnehmer dieser Waren enthält die Erklärung nicht. Anhand der weiteren eingereichten Unterlagen lässt sich aber auch nicht eindeutig verifizieren, dass die Waren in dem fraglichen Zeitraum von 7. Dezember 1999 - 7. Dezember 2004 auf den deutschen Abnehmermarkt gebracht worden sind. Aus den von der Widersprechenden eingereichten Rechnungen aus den Jahren 1996 - 2000 lässt sich entnehmen, dass die dort genannten Waren in dem maßgeblichen Benutzungszeitraum (seit Anfang Dez. 1999) praktisch ausnahmslos von der ehemaligen Markeninhaberin an die M... GmbH in E... ausgeliefert worden sein sollen. Das genügt aber nicht, um insoweit die Ware als gemäß § 26 MarkenG im Inland benutzt anzusehen. Es spricht angesichts des gleichen Namensstamms der Unternehmen der M... ein erster Anschein dafür, dass die M... GmbH eine Tochtergesellschaft der M... in U..., ist und die ehemalige Markeninhaberin zu diesem Konzern gehörte, denn die jetzige Markeninhaberin weist den gleichen Namensstamm M... auf und hat ausweislich des Akteninhalts den identischen Firmensitz wie zuvor die ehemalige Markeninhaberin. Diesen Anschein der Konzernzugehörigkeit der genannten Unternehmen hat die jetzige Markeninhaberin nicht entkräftet. Demnach ist davon auszugehen, dass die Verbringung der gekennzeichneten Waren an die deutsche Tochtergesellschaft eine Warenbewegung darstellt, die sich der trotz rechtlicher Selbständigkeit der einzelnen Konzernunternehmen wirtschaftlich ausschließlich als interne Warenverteilung und damit als innerbetrieblichen Vorgang darstellt (vgl. BGH GRUR 1979, 551, 552 - lamod - unter Hinweis auf BGH GRUR 1969, 479, 480 - Colle de Cologne). Eine Verwendung der Marke außerhalb des eigentlichen geschäftlichen Verkehrs, die den innerbetrieblichen Bereich des Zeichenbenutzers wie hier nicht verlässt, stellt aber keine rechtserhaltende Benutzung iSv § 26 MarkenG dar (Ströbele/Hacker, MarkenG, 2. Aufl., § 26 Rn. 31).

Soweit eine Rechnung vom 22. Mai 2000 und zwei weitere nahe am Benutzungszeitraum liegende Rechnungen vom 4. November 1999 mit anderen Empfängern als die Mackie-Designs Deutschland GmbH eingereicht worden sind, könnte daraus zwar auf eine Benutzung im Inland geschlossen werden. Jedoch ist nicht glaubhaft gemacht, dass die in diesen Rechnungen erwähnten Waren nämlich Lautsprecher, Mikrofone, Equalizer, Verstärker und Zubehör, mit der Widerspruchsmarke gekennzeichnet waren. Insoweit ist die eidesstattliche Versicherung Engen völlig unbestimmt und viel zu pauschal, um eine überwiegende Wahrscheinlichkeit der Benutzung feststellen zu können. Eine Zuordnung der dort genannten Produkte zu den in dem eingereichten Katalog der ehemaligen Markeninhaberin abgebildeten Produkten ist ebenfalls nicht möglich, da keine übereinstimmenden Produktbezeichnungen feststellbar sind. Im übrigen sind die in den Rechnungen ausgewiesenen Umsätze auch zu gering, um eine vom Umfang her ernsthafte Benutzung der Widerspruchsmarke im Inland bezogen auf den maßgeblichen Benutzungszeitraum vom Dezember 1999 - Dezember 2004 annehmen zu können.

III.

Es sind keine Gründe ersichtlich, von dem Grundsatz des § 71 Abs. 1 S. 2 MarkenG abzuweichen, dass jeder Beteiligte seine Kosten selbst trägt.

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BPatG:
Beschluss v. 07.12.2004
Az: 27 W (pat) 36/03


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