Oberlandesgericht München:
Beschluss vom 17. März 2011
Aktenzeichen: 31 Wx 68/11

(OLG München: Beschluss v. 17.03.2011, Az.: 31 Wx 68/11)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts Augsburg vom 17. Januar 2011 wurde vom Oberlandesgericht München zurückgewiesen. Es ging dabei um die Eintragung eines Teilgewinnabführungsvertrages zwischen einer GmbH und einem stillen Gesellschafter in das Handelsregister. Das Registergericht hatte die Anmeldung zur Eintragung abgelehnt, da ein Teilgewinnabführungsvertrag bei einer GmbH nicht eintragungsfähig sei. Die Beschwerde argumentierte, dass es sich um einen Gewinnabführungsvertrag handele und damit eine Eintragung notwendig sei. Das Oberlandesgericht entschied jedoch, dass ein Teilgewinnabführungsvertrag bei einer GmbH nicht in das Handelsregister eingetragen werden kann. Die Eintragung von Tatsachen im Handelsregister ist nur dann möglich, wenn sie gesetzlich angeordnet oder zugelassen ist. Andere Eintragungen sollten mit Zurückhaltung behandelt werden. Für Unternehmensverträge mit einer Aktiengesellschaft oder Kommanditgesellschaft auf Aktien ist eine Eintragung im Handelsregister gesetzlich vorgeschrieben. Für die GmbH fehlen jedoch ausdrückliche gesetzliche Bestimmungen zur Eintragung solcher Verträge. Nur Unternehmensverträge mit einer GmbH, die eine Beherrschungsvereinbarung und eine Gewinnabführungsverpflichtung enthält, müssen eingetragen werden. Bei einem Teilgewinnabführungsvertrag im Rahmen einer stillen Beteiligung an einer GmbH ist eine Eintragung hingegen nicht nötig. Der Vertrag hat nicht die gleiche rechtliche Wirkung wie ein Gewinnabführungs- und Beherrschungsvertrag und beeinträchtigt die Weisungskompetenz der Gesellschafterversammlung nicht. Die Beschwerde argumentierte zudem mit den vereinbarten Zustimmungserfordernissen im Vertrag, jedoch ändert dies nichts an der Beurteilung. Die Rechtsbeschwerde wurde nicht zugelassen.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

OLG München: Beschluss v. 17.03.2011, Az: 31 Wx 68/11


Tenor

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts Augsburg vom 17. Januar 2011 wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die beteiligte Gesellschaft ist eine GmbH, deren alleiniger Gesellschafter zugleich der Geschäftsführer ist. Zur Eintragung in das Handelsregister wurde angemeldet, dass zwischen der Gesellschaft und Herrn W. ein am 23.12.2010 abgeschlossener Teilgewinnabführungsvertrag (stille Beteiligung) bestehe; die Gesellschafterversammlung habe dem Vertrag zugestimmt.

Mit dem Vertrag über die "Stille Beteiligung an einer GmbH" beteiligt sich Herr W. mit einer Bareinlage von 60.000 € an dem Handelsgewerbe der GmbH als stiller Gesellschafter (§ 1) und nimmt an deren Gewinn mit 20 % teil, nicht jedoch an einem etwaigen Verlust (§ 2). Nach § 6 des Vertrages bedarf der Inhaber zu Änderungen der wesentlichen Grundlagen des Geschäftsbetriebs einschließlich der Beendigung, Veräußerung oder Verpachtung, der Änderung des Unternehmensgegenstandes oder der Unternehmensform und der gewinnabhängigen Beteiligung weiterer Personen der Zustimmung des im Übrigen nicht geschäftsführungsbefugten stillen Gesellschafters. Eine Beteiligung des stillen Gesellschafters an stillen Reserven und am Firmenwert findet nicht statt (§ 11).

Das Registergericht hat die Anmeldung zurückgewiesen mit der Begründung, bei einer GmbH sei ein Teilgewinnabführungsvertrag nicht eintragungsfähig. Mit der Beschwerde wird eingewendet, hier liege - anders als bei der Entscheidung des BayObLG vom 18.2.2003 - kein Darlehensvertrag, sondern ein Gewinnabführungsvertrag im engeren Sinne vor, was sich insbesondere aus den Zustimmungsvorbehalten in § 6 des Vertrages ergebe. Zumindest hinsichtlich solcher stillen Gesellschaftsverträge, die Zustimmungsvorbehalte enthielten, sei von der Eintragungsbedürftigkeit auszugehen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Zu Recht hat das Registergericht angenommen, dass ein Teilgewinnabführungsvertrag (hier im Rahmen einer stillen Beteiligung) bei der GmbH nicht in das Handelsregister eingetragen werden kann.

1. In das Handelsregister eintragbar sind Tatsachen, deren Eintragung gesetzlich angeordnet oder zugelassen ist. Andere Tatsachen können nur eingetragen werden, wenn Sinn und Zweck des Handelsregisters dies erfordern und damit ein erhebliches Bedürfnis des Rechtsverkehrs besteht. Mit Rücksicht auf die strenge Formalisierung des Registerrechts ist aber mit gesetzlich nicht vorgesehenen Eintragungen Zurückhaltung geboten (BGH NJW 1998, 1071). Derartige Eintragungen sind deshalb auf die Fälle der Auslegung gesetzlicher Vorschriften, der Analogiebildung sowie der richterlichen Rechtsfortbildung zu beschränken (BGH NJW 1992, 1452/1454).

2. Gesetzlich vorgeschrieben ist die Eintragung im Handelsregister für Unternehmensverträge mit einer Aktiengesellschaft oder Kommanditgesellschaft auf Aktien als beherrschter Gesellschaft (§ 294 i. V. m. §§ 291, 292 AktG). Dazu zählen auch Teilgewinnabführungsverträge (§ 292 Abs. 1 Nr. 2 AktG).

a) Für die GmbH fehlen ausdrückliche gesetzliche Bestimmungen zur Eintragung von Unternehmensverträgen im Handelsregister. Für den mit einer GmbH als abhängige Gesellschaft abgeschlossenen Unternehmensvertrag, der sowohl eine Beherrschungsvereinbarung als auch eine Gewinnabführungsverpflichtung enthält, wird nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung eine Eintragung in das Handelsregister der beherrschten Gesellschaft als notwendig angesehen. Inhalt und Wirkungen eines solchen Unternehmensvertrages gebieten eine entsprechende Anwendung der bei einer Änderung des Gesellschaftsvertrages einzuhaltenden Formvorschriften (§§ 53, 54 GmbHG), weil er kein schuldrechtlicher Vertrag, sondern ein gesellschaftsrechtlicher Organisationsvertrag ist, der satzungsgleich den rechtlichen Status der beherrschten Gesellschaft ändert. Diese Änderung besteht insbesondere darin, dass die Weisungskompetenz der Gesellschafterversammlung auf die herrschende Gesellschaft übertragen, der Gesellschaftszweck unter Aufhebung der unabhängigen erwerbswirtschaftlichen Teilnahme am Wirtschaftsverkehr bei einem in der Regel gleichbleibenden Unternehmensgegenstand am Konzerninteresse ausgerichtet und in das Gewinnbezugsrecht der Gesellschaft eingegriffen wird. Die Eintragung hat konstitutive Wirkung (vgl. BGHZ 105, 324/331; BGHZ 116, 37/39).

8b) Für die Eintragungsfähigkeit anderer Unternehmensverträge einer GmbH kommt es deshalb entscheidend darauf an, ob diese mit einer Satzungsänderung gleichzustellen und deshalb den dafür geltenden Formvorschriften zu unterwerfen sind. Das ist bei einem Teilgewinnabführungsvertrag - hier im Rahmen der stillen Beteiligung eines Dritten an der GmbH - zu verneinen. Während bei Abschluss eines Gewinnabführungs- und Beherrschungsvertrages der gesamte Gewinn der Gesellschaft abgeführt und die abhängige Gesellschaft unmittelbar den Weisungen der herrschenden Gesellschaft unterworfen wird, so dass der Gesellschaftszweck und die Zuständigkeitskompetenz der Gesellschafter bzw. ihr Gewinnrecht direkt beeinträchtigt wird, bleibt bei der Beteiligung des stillen Gesellschafters am Gewinn die Weisungskompetenz der Gesellschafterversammlung ebenso erhalten wie die Verfolgung des Gesellschaftszwecks. Auch das Gewinnrecht der Gesellschafter wird nicht in vergleichbarer Weise beeinträchtigt. Die dem stillen Gesellschafter eingeräumte Gewinnbeteiligung als Gegenleistung für die Erbringung seiner Einlage wirkt sich für die Gesellschafter - nicht anders als die für ein Darlehen aufzubringenden Zinsen - als gewinnschmälernder Kostenfaktor aus.

Einer Teilgewinnabführung im Rahmen einer stillen Beteiligung kommt deshalb keine einem Beherrschungs- und Ergebnisabführungsvertrag vergleichbare satzungsüberlagernde organisationsrechtliche Wirkung zu, die eine Anwendung der für die Satzungsänderung geltenden Vorschriften rechtfertigen könnte. Der Vertrag ist deshalb im Handelsregister nicht einzutragen (vgl. BayObLG NJW-RR 2003, 908/909; LG Darmstadt ZIP 2005, 402/404; Roth/Altmeppen GmbHG 6. Aufl. Anhang § 13 Rn. 113; Krafka/Willer/Kühn Registerrecht 8. Aufl. Rn. 1111; MünchKomm HGB K. Schmidt 2. Aufl. § 230 Rn. 114; für die stille Gesellschaft ebenso Ulmer/GroßKomm GmbHG § 53 Rn. 161 a.E.; a.A. Scholz/Emmerich GmbHG 10. Aufl. Anhang § 13 Rn. 214; Emmerich/Habersack Aktien und GmbH-Konzernrecht 6. Aufl. § 292 Rn. 37).

c) Soweit die Beschwerde auf die vereinbarten Zustimmungserfordernisse verweist, ergibt sich daraus keine andere Beurteilung. Die vertraglichen Vereinbarungen räumen dem stillen Gesellschafter nur die nach § 233 HGB typischen Informations- und Kontrollrechte sowie die Mitspracherechte ein, die der stillen Gesellschaft ohnehin immanent sind (vgl. dazu BGH NJW 2003, 3412/ 3414; Baumbach/Hopt HGB 34. Aufl. Rn. 13-15). Es liegt eine typische stille Beteiligung vor, bei der dem stillen Gesellschafter weder Weisungs- oder Geschäftsführungsbefugnisse noch eine Beteiligung an den stillen Reserven oder dem Firmenwert eingeräumt werden. Die von der Beschwerde angeführte Entscheidung des hessischen Finanzgerichts vom 5.9.2006 betraf hingegen eine atypisch stille Beteiligung an einer GmbH, bei der die Frage der Mitunternehmerschaft im Vordergrund stand.

III.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nicht vor.






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