Bundespatentgericht:
Beschluss vom 24. Februar 2003
Aktenzeichen: 30 W (pat) 205/01

(BPatG: Beschluss v. 24.02.2003, Az.: 30 W (pat) 205/01)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Zur Eintragung in das Markenregister angemeldet ist das Zeichen ECOCAM nach Beschränkung im Beschwerdeverfahren noch für die Waren:

"elektronisch gesteuerte optische (electronically controlled optical) Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild ausschließlich zum Einsatz in der medizinischen Endoskopie".

Die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat die Anmeldung durch Beschluss einer Beamtin des höheren Dienstes wegen Bestehens eines Freihaltebedürfnisses zurückgewiesen. Begründend ist ausgeführt, unter der Bezeichnung verstünden die angesprochenen Verkehrskreise eine "ökologische" beziehungsweise "ökonomische" Kamera, da die angemeldete Bezeichnung sprachüblich aus den gebräuchlichen Abkürzungen "ECO" und "CAM" gebildet sei. Auf eine Mehrdeutigkeit der einzelnen Bestandteile könne sich die Anmelderin nicht berufen, da jede der in Frage kommenden Bedeutungen die Ware beschreibe.

Die Anmelderin hat Beschwerde erhoben und damit begründet, "ECO" stehe bei der Anmelderin für "Electronically Controlled Optical" und nicht für ökologisch oder ökonomisch beziehungsweise die entsprechenden Substantive. Der weitere Bestandteil "CAM" sei mit "Nocke" beziehungsweise "Nockenwelle" zu übersetzen, weshalb in bezug auf die betroffenen Waren die von der Markenstelle angenommene Bedeutung nicht vorliege. Mangels eines im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalts habe das Zeichen auch Unterscheidungskraft.

Die Anmelderin beantragt, den angefochtenen Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 10. September 2001 aufzuheben.

II.

Die Beschwerde der Anmelderin ist zulässig, in der Sache jedoch unbegründet. Die Markenstelle hat die Anmeldung zu Recht wegen Bestehens eines Freihaltebedürfnisses im Sinne von § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG zurück gewiesen.

Von der Eintragung als Marke sind solche Kennzeichnungen ausgeschlossen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr ua zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit oder der Bestimmung der Waren dienen können (§ 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG). Das gebietet die Versagung der Eintragung auch dann, wenn die fragliche Angabe zwar noch nicht allgemein als Sachangabe bekannt ist, eine solche Verwendung aber jederzeit erfolgen kann (st Rspr, zB BGH MarkenR 2001, 209 - Test it). Das ist hier gegeben.

Der Zeichenbestandteil "Eco" ist die Abkürzung der englischen Substantive und Adjektive "ecology" beziehungsweise "economy" (vgl Langenscheidts Handwörterbuch Englisch-Deutsch, S. 212; BPatG 32 W (pat) 150/96 - eco lift; 32 W (pat) 194/96 - eco LINE; 24 W (pat) 228/98 - ECO; alle PAVIS PROMA, Knoll). Diese Bedeutung wird sowohl von den allgemeinen Verkehrskreisen, insbesondere aber von dem hier in erster Linie angesprochenen Fachpublikum verstanden.

"Cam" ist zwar das englische Wort für "Nocke" beziehungsweise "Nockenwelle". Im Zusammenhang mit den hier in Rede stehenden Waren liegt aber dieser Sinn so abseits, dass nur die Abkürzung des Wortes "Camera" in Betracht kommt, wie sie sich etwa in Camcorder, Digicam oder Webcam wiederfindet und dem Verkehr auch allgemein geläufig ist (vgl 30 W (pat) 181/97 - Handycam, PAVIS PROMA, Kliems).

Die angemeldete Wortfolge "ECOCAM" stellt sich daher als sprachüblich gebildete und ohne weiteres verständliche Aussage über eine wirtschaftliche und/oder umweltfreundliche Kamera dar und beschreibt damit wesentliche Faktoren der von der Anmeldung betroffenen Waren.

Anders als in der Entscheidung PROTECH (BGH BlPMZ 1995, 193, 195) handelt es sich bei dem Zeichen auch nicht um eine Verbindung zweier Abkürzungen zu einem Wort, die als hinreichend eigenwillig gesehen werden könnte. Die Beispiele, in denen sowohl eco wie auch cam mit anderen Wörtern oder auch Abkürzungen zu neuen beschreibenden Kunstwörtern verbunden sind (hierzu wird auf die oben angeführten Entscheidungen Bezug genommen), belegen hinreichend, dass die Verbindung von eco und cam zu einem einheitlichen Begriff keine bloße theoretische Möglichkeit einer zukünftigen Entwicklung darstellt, sondern sich zwanglos in die etwa durch Webcam oder Digicam aufgezeigte Linie einreiht.

Die Mehrdeutigkeit von eco führt hier nicht zur Schutzfähigkeit des Zeichens. Die Frage ist zunächst, ob das Zeichen auch dann noch mehrdeutig ist, wenn es in Verbindung mit der Ware auftaucht. Dabei dürfte bei medizinisch eingesetzten Endoskopen die Bedeutung ökonomisch Im Vordergrund stehen, da dem Senat nicht geläufig ist, inwieweit bei Aufnahmegeräten zur medizinischen Endoskopie der Ökologie besondere Bedeutung zukommt. Dies zeigt auch der von der Anmelderin vorgelegte Prospekt, in dem die EcoCAM V mit "an economic price level" beworben wird. Eine Betonung der ökonomischen Gesichtspunkte wird aufgrund der anhaltenden Diskussion über die Kostenexplosion im Gesundheitswesen auch mehr und mehr in den Vordergrund rücken.

Inwieweit daneben auch ökologische Gesichtspunkte, die bei der ursprünglich mit beanspruchten technischen Endoskopie im Vordergrund stehen dürften (etwa bei Leitungsüberprüfungen, wo zB das Aufspüren von Sickerstellen in Frisch - wie erst recht in Abwasserleitungen für die Umwelt sehr wesentlich ist), eine Rolle spielen können, mag dahin gestellt bleiben.

Selbst wenn aber durch die Ware selbst eco nicht in einem bestimmten Sinn nahegelegt werden sollte, führt dies hier nicht zur Schutzfähigkeit. Soweit nämlich nach der Rechtsprechung eine weder durch die näheren Umstände noch durch die Waren beseitigte Mehrdeutigkeit eines Ausdrucks das Freihaltebedürfnis entfallen läßt, steht dabei jeweils der Gesichtspunkt im Vordergrund, dass eine solche Mehrdeutigkeit dem Ausdruck in aller Regel die Fähigkeit nimmt, eine im Zusammenhang mit den Waren maßgebliche Eigenschaft klar und prägnant auszudrücken. An unklaren Formulierungen habe aber der Mitbewerber in aller Regel kein Interesse (vgl etwa BGH aaO S. 195; bzw 192, 193 U-KEY). Das ist anders, wenn eine gewisse Doppeldeutigkeit entweder unvermeidbar oder aber sogar unter werbetechnischen Gesichtspunkten erwünscht ist. Das ist hier der Fall. Ökologie und Ökonomie sind nämlich speziell heute beides Begriffe, auf die die Werbung besonderen Wert legt. In vielen Bereichen ist ein ökonomisches Produkt gleichzeitig auch unter ökologischen Gesichtspunkten zu begrüßen, wie zB beim Energieverbrauch, der auch bei den hier beanspruchten Geräten eine nicht unerhebliche Rolle spielt. In diesen Fällen liegt keine Doppeldeutigkeit im eigentlichen Sinn vor, sondern das Kürzel eco weist nur gleichzeitig auf beide Faktoren hin.

Ohne Bedeutung ist, dass die Zeichenfolge "ECO" nach der Behauptung der Anmelderin nicht für eine Abkürzung von "economy" oder "ecology" stehen, sondern die Wortfolge "electronically controlled optical" in abgekürzter Form wiedergeben soll, da diese rein subjektiv gewählte Abkürzung in der gewählten Markenform für den Verkehr nicht erkennbar ist. Insbesondere ist "electronically controlled optical" ebensowenig wie dessen im Warenverzeichnis angegebene deutsche Version "elektronisch gesteuerte optische" kein auch in Alleinstellung verständlicher Begriff, so dass sich schon von daher die Annahme nicht rechtfertigen lässt, das Publikum werde in eco nicht die ihm bekannten Abkürzungen, sondern diese unvollständige Wortfolge erkennen. Für das Interesse der Mitbewerber, die eingeführte Abkürzung eco beschreibend verwenden zu können, ist dieser Gesichtspunkt ohnehin ohne Bedeutung.

Soweit die Anmelderin in der mündlichen Verhandlung angeboten hat, ein demoskopisches Gutachten zur Bekanntheit der Marke innerhalb der beteiligten Verkehrskreise vorzulegen, rechtfertigt dies kein weiteres Hinausschieben der Entscheidung. Die Anmelderin hat noch nicht einmal den konkreten Umfrageauftrag vorgelegt und auch keine sonstigen Anknüpfungstatsachen mitgeteilt, die eine Verkehrsdurchsetzung möglich erscheinen lassen könnten (vgl hierzu Althammer/Ströbele, MarkenG, 6. Aufl. § 8 Rdn 211). Soweit der Anmelder in der mündlichen Verhandlung eine Verkehrsbekanntheit von 20 % als ausreichend ansieht, vermag dem der Senat nicht zu folgen. Die in Bezug genommene Fundstelle bei Fezer (Markenrecht, 3. Aufl. § 8 Rdn 34 a) bezieht sich nur auf die Frage der Unterscheidungskraft nicht beschreibender Ausdrücke und berücksichtigt im übrigen auch nicht, dass auch bei der Frage der Unterscheidungskraft nicht auf prozentu- ale Verhältnisse der angesprochenen Verkehrskreise abzustellen ist, sondern eine wertende Betrachtung erforderlich ist (vgl hierzu Althammer/Ströbele, aaO § 8 Rdn 32 f.).

Dr. Buchetmann Schramm Hartlieb Hu






BPatG:
Beschluss v. 24.02.2003
Az: 30 W (pat) 205/01


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