Bundespatentgericht:
Beschluss vom 8. September 2004
Aktenzeichen: 32 W (pat) 369/02

(BPatG: Beschluss v. 08.09.2004, Az.: 32 W (pat) 369/02)

Tenor

1. Auf die Beschwerde werden die Beschlüsse des Deutschen Patent- und Markenamtes - Markenstelle für Klasse 41 - vom 3. Juni 2002 und vom 29. August 2002 insoweit aufgehoben, als die Anmeldung für die Dienstleistungen

"Dienstleistungen eines Internet-Providers, nämlich das Bereitstellen von Informationen im Internet, Internet-Dienstleistungen, nämlich das Sammeln, Liefern und Bereitstellen von Informationen und Unterhaltungsprogrammen im Internet; Dienstleistungen einer Multimedia-Datenbank, nämlich das Sammeln, Speichern und Zurverfügungstellen von Software, Daten, Bildern, Audio- und/oder Videoinformationen"

zurückgewiesen worden ist.

2. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Anmeldung der Wortmarke Kulturherbstist vom Deutschen Patent- und Markenamt zunächst durch Beschluss vom 3. Juni 2002 in vollem Umfang und durch den im Erinnerungsverfahren ergangenen Beschluss vom 29. August 2002 teilweise und zwar hinsichtlich der Waren und Dienstleistungen Druckschriften, Zeitungen und Zeitschriften, Bücher; Dienstleistungen eines Internet-Providers, nämlich das Bereitstellen von Informationen im Internet, Internet-Dienstleistungen, nämlich das Sammeln, Liefern und Bereitstellen von Informationen und Unterhaltungsprogrammen im Internet; Dienstleistungen einer Multimedia-Datenbank, nämlich das Sammeln, Speichern und Zurverfügungstellen von Software, Daten, Bildern, Audio- und/oder Videoinformationenwegen fehlender Unterscheidungskraft der Marke zurückgewiesen worden. Das Kombinationswort Kulturherbst sei nicht neu, sondern bezeichne vielerorts kulturelle Veranstaltungsreihen, die im Herbst stattfinden. Für die zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen wirke die Marke wie ein inhaltsbeschreibender Titel bzw. eine Themenangabe.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde des Anmelders. Der Marke komme keine klare eingrenzbare Bedeutung zu, wobei zu beachten sei, dass der Begriff Kulturherbst in einschlägigen Enzyklopädien nicht aufzufinden sei.

II.

Die zulässige Beschwerde ist zum Teil begründet.

1. Soweit die Marke hinsichtlich der im Tenor genannten Dienstleistungen zurückgewiesen wurde, steht der begehrten Eintragung in das Markenregister weder das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG), noch das einer Produktmerkmalsbezeichnung gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen.

a) Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Hauptfunktion der Marke ist es, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Produkte und Angebote zu gewährleisten. Bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft ist grundsätzlich von einem großzügigen Maßstab auszugehen. Kann einer Wortmarke kein für die fraglichen Waren (entsprechendes gilt für Dienstleistungen) im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden und handelt es sich auch sonst nicht um ein gebräuchliches Wort der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache, das vom Verkehr - auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so gibt es keinen tatsächlichen Anhaltspunkt dafür, dass ihr jegliche Unterscheidungseignung und damit jegliche Unterscheidungskraft fehlt (st. Rspr.; vgl. BGH BlPMZ 2002, 85 - Individuelle).

Für die zurückgewiesenen Dienstleistungen "Dienstleistungen eines Internet-Providers, nämlich das Bereitstellen von Informationen im Internet, Internet-Dienstleistungen, nämlich das Sammeln, Liefern und Bereitstellen von Informationen und Unterhaltungsprogrammen im Internet; Dienstleistungen einer Multimedia-Datenbank, nämlich das Sammeln, Speichern und Zurverfügungstellen von Software, Daten, Bildern, Audio- und/oder Videoinformationen" ist Kulturherbst ersichtlich keine im Vordergrund stehende Sachangabe. Der Begriff Kulturherbst ergibt in Bezug auf die vorstehend genannten Dienstleistungen für breite Abnehmerkreise, an die sich die beanspruchten Dienstleistungen richten, keinen naheliegenden unmittelbar im Vordergrund stehenden Sinngehalt, denn das Bereitstellen der beanspruchten technischen Dienste ist unabhängig vom Inhalt der abrufbaren Daten.

b) Die Marke ist auch nicht für die im Tenor genannten Dienstleistungen gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen, denn Kulturherbst ist nicht geeignet, im Verkehr zur Bezeichnung von Merkmalen dieser Dienstleistungen zu dienen. Dem steht nicht etwa entgegen, dass die Marke im Zusammenhang mit im Herbst stattfindenden kulturellen Veranstaltungen häufig verwendet wird, wie den dem Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamtes nachgehefteten Internetausdrucken vom 28. August 2002 zu entnehmen ist. Der Anmelder beansprucht hier nämlich mit den zurückgewiesenen Dienstleistungen keinen Schutz für kulturelle Veranstaltungen, sondern für mit dieser Dienstleistung überhaupt nicht im Zusammenhang stehende Dienstleistungen. Da die Markenstelle einen aktuellen beschreibenden Gebrauch der Bezeichnung Kulturherbst für die im Tenor genannten Dienstleistungen nicht belegt hat und es auch dem Senat nicht möglich war, entsprechende Verwendungsformen zu ermitteln, fällt die Marke insoweit nicht unter die Regelung des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG. Ausreichende Anhaltspunkte für eine zukünftige deskriptive Verwendung der Marke auf den maßgeblichen Dienstleistungssektoren liegen ebenfalls nicht vor.

2. Eine andere Beurteilung ist hinsichtlich der Waren "Druckschriften, Zeitungen und Zeitschriften, Bücher" angezeigt. Der Eintragung dieser Waren steht das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen, da Kulturherbst in bezug auf diese Waren geeignet ist, den Gegenstand der Berichterstattung zu bezeichnen, nämlich kulturelle Veranstaltungen, die im Herbst stattfinden. Wie den dem Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamtes nachgehefteten Internet-Belegen vom 28. August 2002 zu entnehmen ist, wird der Begriff Kulturherbst durch unterschiedliche Anbieter im Inland auch bereits beschreibend verwendet. So finden vielerorts kulturelle Veranstaltungen im Herbst statt, über die in Druckschriften, Zeitungen und Zeitschriften oder Büchern berichtet wird. Wegen der nachgewiesenen Verwendung des Begriffs Kulturherbst ist diese Bezeichnung im Interesse der Allgemeinheit freizuhalten.

Ob der beantragten Anmeldung in Bezug auf die zurückgewiesenen Waren auch das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG) entgegensteht, kann dahingestellt bleiben.

Winkler Viereck Kruppa Hu






BPatG:
Beschluss v. 08.09.2004
Az: 32 W (pat) 369/02


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