Bundespatentgericht:
Beschluss vom 22. Juni 2004
Aktenzeichen: 17 W (pat) 16/03

(BPatG: Beschluss v. 22.06.2004, Az.: 17 W (pat) 16/03)

Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluß der Prüfungsstelle für Klasse G 11 B des Deutschen Patent- und Markenamts vom 30. September 2002 aufgehoben und das Patent erteilt.

Der Erteilung liegen folgende Unterlagen zugrunde:

Patentansprüche 1 - 8, Beschreibung Seiten 5, 5a, 6 - 9 und 1 Blatt Zeichnungen mit Figuren 1 - 3, allesamt überreicht in der mündlichen Verhandlung am 22. Juni 2004.

Gründe

I.

Die vorliegende Patentanmeldung mit der Bezeichnung:

"Ladeeinrichtung für Videokassetten"

ist am 21. Januar 1988 beim Deutschen Patent- und Markenamt unter Inanspruchnahme der Priorität der japanischen Voranmeldung JP P 011892/87 vom 21. Januar 1987 eingereicht worden.

Sie wurde von der Prüfungsstelle für Klasse G 11 B des Deutschen Patent- und Markenamts im Beschluss vom 30. September 2002 mit der Begründung zurückgewiesen, dass der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruhe.

Die Anmelderin hat Beschwerde eingelegt und stellt den Antrag, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und das Patent mit folgenden Unterlagen zu erteilen:

Patentansprüche 1 - 8 und Beschreibung Seiten 5, 5a, 6 - 9 sowie 1 Blatt Zeichnungen mit Figuren 1 - 3, allesamt überreicht in der mündlichen Verhandlung am 22. Juni 2004.

Der geltende Anspruch 1 lautet:

"Ladeeinrichtung zum Laden einer Magnetbandkassette mit Verschlußklappe (40) in ein Gehäuse (20) eines Aufnahme- und/oder Wiedergabegerätes, mit einem Halter (28) zum Aufnehmen und Halten der Kassette (23) in einem Aufnahmeraum und einem Dekkel (32) zur Abdeckung des Aufnahmeraums, welcher Halter (28) zwischen drei Stellungen bewegbar ist, und zwar einer ersten Stellung, in der der Aufnahmeraum zum Einsetzen oder Entnehmen der Kassette (23) zugänglich ist, einer zweiten Stellung als Übergangsstellung zur dritten Stellung, in der der Ladevorgang abgeschlossen ist, miteiner ersten Verstelleinrichtung (26, 27) zum Bewegen des Halters (28) zwischen der ersten Stellung und der zweiten Stellung, einer zweiten Verstelleinrichtung (21, 24) zum Verschieben des Halters (28) zwischen der zweiten Stellung und der dritten Stellung in einer im wesentlichen horizontalen Richtung, sowie miteiner Öffnungsrichtung (38), die beim Bewegen von der ersten in die zweite Stellung die Verschlußklappe (40) von ihrer geschlossenen Stellung, in der die vordere Öffnung der Kassette (23) verschlossen ist, in die geöffnete Stellung verschiebt, dadurch gekennzeichnet, dass der Halter (28) mit dem Deckel (32) fest verbunden und gemeinsam mit diesem in alle drei Stellungen bewegbar ist, dass der Halter (28) mit der Kassette (23) in allen drei Stellungen im wesentlichen horizontal ausgerichtet ist, dass die durch die erste Verstelleinrichtung (26, 27) dem Halter (28) mit dem Deckel (32) erteilte Bewegung zwischen der ersten Stellung und der zweiten Stellung ein im wesentlichen vertikaler Versatz ist unddass der Deckel (32) sich bei der Bewegung zwischen der zweiten und der dritten Stellung mit dem Gehäuse überlappt."

Die Anmelderin führt aus, dass in der japanischen Patentanmeldung 60-113782 bzw der im Prüfungsverfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt genannten korrespondierenden EP 0 203 784 A2 eine Ladeeinrichtung der in Rede stehenden Art beschrieben sei. Diese bekannte Ladeeinrichtung weise jedoch einen äußeren und einen inneren Halter zum Aufnehmen der Kassette auf und sei auf Grund dieses Konstruktionsprinzips für eine Miniaturisierung nicht geeignet. Mit der beanspruchten Ladeeinrichtung solle ein kompakterer Aufbau gelingen. Die hierzu genannten Maßnahmen seien auch durch die weiteren entgegengehaltenen Druckschriften nicht nahegelegt, so dass die Patentfähigkeit der Ladeeinrichtung nach dem geltenden Anspruch 1 anzuerkennen sei.

II.

Die in rechter Frist und Form erhobene Beschwerde ist zulässig und auch begründet, da der Gegenstand des nachgesuchten Patents nach den §§ 1 bis 5 PatG patentfähig ist.

Aus der in der Beschreibungseinleitung genannten japanischen Patentanmeldung 60-113782 bzw der im Prüfungsverfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt genannten korrespondierenden EP 0 203 784 A2 ist eine Ladeeinrichtung für Kassetten mit den Merkmalen des Oberbegriffs des Patentanspruchs 1 bekannt. Diese Ladeeinrichtung weist einen zweistückigen Halter (3) auf, der aus einem äußeren Halter (10) mit einem Deckel (14) und einem dagegen verschiebbaren inneren Halter (11) mit einem Aufnahmeraum für die Kassette besteht. In einer ersten (Lade-) Stellung ist der Aufnahmeraum (4) für die Kassette (1) frei zugänglich, so dass ein Einsetzen oder Entnehmen der Kassette möglich ist (vgl Fig 1 mit Beschreibung S 4, Z 9 - S 5, Z 21). Durch Niederdrücken wird der Halter in eine zweite (Übergangs-) Stellung gebracht, aus der er dann durch Einschieben in das Gehäuse des Gerätes in eine dritte Stellung gebracht wird, in der die an der Kassette angebrachte Verschlussklappe (1a) geöffnet und ein Abspielen möglich ist (vgl Fig 2 u S 5, Z 22 - S 6, Z 10). Zur Ausführung dieser Bewegungen dient eine erste Verstelleinrichtung (11, 11X), mit der der Halter aus der Ladestellung in die Übergangsstellung verschwenkt, und eine zweite Verstelleinrichtung (6), mit der der Halter aus der Übergangsstellung in die Abspielstellung verschoben werden kann. Das Öffnen der Verschlussklappe der Kassette erfolgt durch eine Öffnungseinrichtung (36, vgl S 6, Z 5 - 8). Bei der vorgeschlagenen Konstruktion ergibt sich in der Ladestellung ein Lücke (E), die zu einem fehlerhaften Einführen der Kassette führen kann. Als Abhilfe wird das Vorsehen einer zusätzlichen Abdeckplatte (50) vorgeschlagen (vgl Fig 9 mit S 7, Z 35 - S 8, Z 11).

Wie in der Beschreibungseinleitung der Anmeldung ausgeführt, erfordert die bekannte Konstruktion mit innerem und äußerem Kassettenhalter eine große Bemessung des Innenraums für den Kassettenhalter.

Zur Verringerung des Raumbedarfs schlägt der neue Patentanspruch 1 vor, die bekannte Konstruktion des Halters mit sich gegeneinander verschiebbaren inneren und einem äußeren Halterteilen zu verlassen und den Halter mit dem Deckel fest zu verbinden. Weiterhin sollen die Verstelleinrichtungen so gestaltet sein, dass der Halter in allen drei Stellungen im wesentlichen horizontal ausgerichtet ist und zwischen der ersten (Lade-) Stellung und der zweiten (Übergangs-) Stellung im wesentlichen nur ein vertikaler Versatz ist. Hierdurch wird, wie die Anmelderin ausführt, nicht nur ein weites Ausschwenken des Halters vermieden, sondern auch das Auftreten einer Lücke, die zu einem fehlerhaften Einführen der Kassette verleiten kann. Weiterhin soll der Deckel in der Weise auf dem Halter angebracht sein, dass er in der dritten (Abspiel-)Stellung mit dem Gehäuse des Gerätes überlappt.

Eine derartige Abänderung der Ladeeinrichtung ist dem Fachmann, einem langjährig auf dem Gebiet des Elektronikgerätebaus tätigen Konstrukteur, auch aus den anderen im Prüfungsverfahren entgegengehaltenen Druckschriften nicht nahegelegt.

Die DE 34 20 270 A1 befasst sich mit Einzelheiten der Öffnung des Kassettendekkels bei einer Ladeeinrichtung für Magnetbandgeräte. Zum Kassettenladen wird, wie in Fig 4 dargestellt, in der ersten (Lade-) Stellung die Kassette in den Kassettenhalter 30 eingeführt (Richtung A), dieser niedergedrückt, wobei er ohne Übergangsstellung an zwei Stangen gelagert eine Schwenkbewegung in die Abspielstellung vollzieht (Fig 8). Eine Anregung, die Verstelleinrichtung für den Halter in der Weise auszugestalten, dass dieser in allen Stellungen im wesentlichen horizontal ausgerichtet ist oder dass ein Teil der Verstellbewegung allein in einem vertikalen Versatz besteht, kann dieser Druckschrift nicht entnommen werden. Weiterhin weist diese Ladeeinrichtung, wohl aufgrund einer anderen Einbausituation in das Gerät, keinen mit dem Halter fest verbundenen Deckel auf, der sich mit dem Gehäuse überlappt.

Eine Abwandlung der aus der EP 0 203 784 A2 bekannten Ladeeinrichtung in Hinsicht auf die im Patentanspruch 1 genannten Merkmale ist auch durch die DE 34 35 006 A1 nicht nahegelegt. Das dort beschriebene Aufzeichnungs- und Wiedergabegerät soll eine verminderte Gehäusehöhe aufweisen (vgl S 7, Z 27 - 29). Dieses Gerät weist als Ladeeinrichtung einen motorisch bewegbaren Abschnitt nach Art einer Schublade ohne Deckel auf. Im ausgefahrenen Zustand schwenkt ein Halter 4 aus, in den eine Kassette eingelegt werden kann (Fig 4). Im eingefahrenen Zustand (Fig 5) kann die Kassette, nach Öffnen und Bandladen, abgespielt werden. Aus dieser Druckschrift erhält der Fachmann zwar die Anregung, den Halter für die Kassette in einem Stück auszubilden. In Hinsicht auf die beanspruchten Verstelleinrichtungen unterscheidet sich die hier vorgeschlagene Ladeeinrichtung aber nicht nur dadurch, dass lediglich eine Bewegung zwischen zwei Stellungen stattfindet, sondern insbesondere dadurch, dass der Halter nicht stets horizontal ausgerichtet ist.

Der entgegengehaltene Stand der Technik kann daher eine Ladeeinrichtung mit den Merkmalen des Patentanspruch 1 nicht nahelegen. Der Anspruch 1 ist daher gewährbar.

Die auf den Anspruch 1 rückbezogenen Ansprüche 2 - 8 enthalten zweckmäßige Ausgestaltungen der Ladeeinrichtung und sind daher ebenfalls gewährbar. In der Beschreibung wurde lediglich die Würdigung einer weiteren Druckschrift zum Stand der Technik ergänzt und einige redaktionelle Änderungen vorgenommen.

Dr. Fritsch Dr. Schmitt Richter Bertl ist ander Unterschrift ge-

hindert, da er nach Beschlußfassung als LRD ans DPMA ge-

wechselt hat.

Dr. Fritsch Prasch Pü






BPatG:
Beschluss v. 22.06.2004
Az: 17 W (pat) 16/03


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