Bundespatentgericht:
Beschluss vom 5. September 2007
Aktenzeichen: 26 W (pat) 91/05

(BPatG: Beschluss v. 05.09.2007, Az.: 26 W (pat) 91/05)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I Gegen die für die Waren und Dienstleistungen der Klassen 6, 9, 16, 20, 36, 38, 39 und 42

"Briefkästen aus Metall;

Computergeräte und -programme; gespeicherte Computerprogramme; Verteilerschränke (Elektrizität), Verteilertafeln (Elektrizität); Frankiermaschinen; Briefmarken; Briefkästen, weder aus Metall noch aus Mauerwerk;

Versicherungswesen; Finanzwesen;

Geldgeschäfte; Immobilienwesen, insbesondere Finanzanalysen, Einziehung von Außenständen, Ausgabe von Kreditkarten, Bankgeschäfte, Homebanking, Beleihen von Gebrauchsgütern, finanzielle Beratung; Übernahme von Bürgschaften und Kautionen;

Vergabe von Darlehen; Factoring; finanzielle Schätzungen (Versicherungs-, Bank-, Grundstücksangelegenheiten);

Finanzierungen; Vermittlung von Vermögensanlagen in Fonds;

Gebäudeverwaltung; Verpachtung, Verwaltung und Vermittlung von Immobilien; Investmentgeschäfte; elektronischer Kapitaltransfer;

Kreditvermittlung; Vermögensverwaltung (auch durch Treuhänder);

Telekommunikation; geschützte Signalübertragung; Auskünfte in Bezug auf Telekommunikation; elektronische Übertragung von Nachrichten und Informationen;

(gesicherte) Transporte; Transport- und Lagerwesen;

Post- und Versandwesen, nämlich Zustellung und Auslieferung von Briefen und Paketen; Verpackung von Waren;

Anmietung im Auftrag für Rechnung Dritter sowie Vermietung von Transportmitteln; Auskünfte in Bezug auf den Transport, die Beförderung, die Lagerung und die Verpackung von Waren;

Kurierdienste;

technische Beratung, Forschung und Entwicklung in Bezug auf Telekommunikation, Transport, Beförderung, Lagerung und Verpackung von Waren;

Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung; Konvertieren von Computerprogrammen und -daten (ausgenommen physische Veränderungen); Konvertieren von Daten oder Dokumenten von physischen auf elektronische Medien und umgekehrt"

eingetragene Wortmarke 303 08 716 EP InfoMailist Widerspruch eingelegt worden aus der für die Waren und Dienstleistungen der Klassen 9: mit Programmen versehene Datenträger aller Art; Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild; Magnetaufzeichnungsträger; CD's und DVD's; Datenverarbeitungsgeräte und Computer; Software- und Datenverarbeitungsprogramme.

16: Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien soweit in Klasse 16 enthalten; Druckereierzeugnisse; Schreibwaren; Handbücher, Bedienungsanleitungen und Broschüren für die elektronische Datenverarbeitung.

35: Werbung; Direktmarketing; Büroarbeiten; Zurverfügungstellung und Vermittlung von Adressen.

38: Sammeln, Liefern und Übermitteln von Nachrichten, Daten und Bildern auch online; Telekommunikation.

42: Erstellung und Pflege von Programmen für die Datenverarbeitung; technische Beratungeingetragenen Gemeinschaftsmarke 2 195 626

(eingetragen in den Farben gelb, rot, schwarz und grau).

Die Markenstelle für Klasse 39 des Deutschen Patent- und Markenamts hat den Widerspruch in zwei Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, mangels Verwechslungsgefahr zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, die sich gegenüberstehenden Marken unterschieden sich in ihrer Gesamtheit klanglich und schriftbildlich deutlich voneinander. Der Gesichtspunkt der Prägung greife nicht zugunsten der Widersprechenden durch, weil die angegriffene Marke nicht durch den Bestandteil "InfoMail" geprägt werde. Dieses Wort werde von den deutschen Verkehrskreisen ohne weiteres im Sinn von "Informations-Mail" verstanden. Es weise einen beschreibenden Anklang auf und sei daher nicht kennzeichnungsstärker als der weitere Bestandteil "EP". Eine unmittelbare Verwechslungsgefahr scheide selbst bei unterstellter Waren-/Dienstleistungsidentität aus, da ein identischer bzw. synonymer Begriffsgehalt zwischen den Vergleichsmarken insgesamt nicht gegeben sei. Ein beachtlicher Teil des Publikums werde insbesondere in "EP" nicht die Abkürzung für "Europost" erkennen; sofern dies doch der Fall sein sollte, ergebe sich ein von der Widerspruchsmarke divergierender Aussagegehalt, der auch eine begriffliche Verwechslungsgefahr ausschließe. Eine mittelbare Verwechslungsgefahr scheide ebenfalls aus, da die gegenüberstehenden Marken in der Art ihrer Bildung deutlich voneinander abwichen. Schließlich bestehe auch keine komplexe Ähnlichkeit, da diese ausscheide, wenn eine gemeinsame begriffliche Gesamtaussage nicht ohne weiteres ersichtlich sei oder sich auf einen beschreibenden und damit nicht betriebskennzeichnenden Hinweis beschränke. Aufgrund des Elements "EP" lasse sich eine gemeinsame begriffliche Gesamtaussage nicht ohne weiteres erkennen.

Hiergegen richtet sich die Widersprechende mit der Beschwerde. Sie macht geltend, die Identität der Dienstleistungen, für die die Kollisionsmarken jeweils eingetragen seien, erfordere einen großen Markenabstand, der nicht eingehalten werde. Sie vertritt unter Hinweis auf eine Anzahl von Beschlüssen verschiedener nationaler Gerichte, die Marken mit dem Bestandteil POST als verwechslungsfähig mit der Widerspruchsmarke zu 1) angesehen hätten, die Auffassung, das Wort "Post", dem neben seiner beschreibenden Bedeutung auch die Funktion eines Hinweises auf das Unternehmen der Widersprechenden zukomme, habe innerhalb der angegriffenen Marke eine selbständig kennzeichnende Stellung inne.

Sie ist der Auffassung, die Markenbestandteile "INFOPOST" einerseits und "Info-Mail" andererseits seien kollisionsbegründend, selbst wenn "InfoMail" und "INFOPOST" per se als kennzeichnungsschwach zu bewerten sein sollten, da diese Bestandteile die sich gegenüberstehenden Marken prägten. Der Begriff "Info Post" werde ohne weiteres als Kennzeichnung für die Dienstleistungen der Widersprechenden aufgefasst, wie dies aus den Ergebnissen durchgeführter Befragungen bei relevanten Verbänden u. a. der Postdienstleister, sowie der Werbe- und Direktmarketingunternehmen, Versicherungen, Verbänden, Versandhäusern und Unternehmen hervorgehe, die die Widersprechende zu den Akten gereicht hat. Die Markeninhaberin besitze eine Zeichenserie mit dem Bestandteil "EP", bestehend aus 10 weiteren Marken wie z. B. "EP EUROPOST", "EP EasyMail", "EP Letter", "EP Mail", "EP Magazine", "EP Press" etc. Das Firmenschlagwort "EP" werde daher vom Verkehr generell mit "Europost" gleichgesetzt. Zumindest sei aber eine assoziative bzw. komplexe Verwechslungsgefahr gegeben.

Die Widersprechende beantragt, die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle aufzuheben und die Löschung der angegriffenen Marke anzuordnen.

Die Markeninhaberin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie vertritt die Auffassung, die Widerspruchsmarke sei aus schutzunfähigen Bestandteilen zusammengesetzt und weise daher eine unterdurchschnittliche Kennzeichnungskraft auf. Die Schutzunfähigkeit der Bezeichnung "INFOPOST" sei vom Deutschen Patent- und Markenamt bereits rechtskräftig festgestellt worden, nachdem es die seitens der Widersprechenden vorgenommene Anmeldung einer derartigen Marke zurückgewiesen habe. Der Begriff "INFOPOST" beschreibe nichts anderes als eine Briefsendung mit (bestimmten) Informationen. Daran ändere auch die Bekanntheit des Begriffs "INFOPOST" als Nachfolgeprodukt der früheren "Drucksache" nichts. Die Widerspruchsmarke beziehe ihre Schutzfähigkeit daher allenfalls aus ihrer grafischen Gestaltung, die von der angegriffenen Marke nicht aufgenommen werde. Die von der Widersprechenden vorgelegten Befragungen ergäben keine andere Einschätzung, da die Antworten gelenkt gestellt worden seien und die Auswahl der Verkehrskreise nicht repräsentativ sei. Darüber hinaus wiesen Fragen nach Postdienstleistungen, für die die Widerspruchsmarke indes gar nicht geschützt sei, keinen vorliegend verwertbaren Aussagegehalt auf. Eine Verwechslungsgefahr bestehe nicht, da die sich gegenüberstehenden Waren und Dienstleistungen schon nicht durchgängig im Ähnlichkeitsbereich lägen. Aber auch die Vergleichszeichen seien weder schriftbildlich, klanglich noch begrifflich ähnlich. Neben erheblichen Unterschieden im Klang- und Schriftbild komme eine Gleichsetzung der Begriffe "Mail" und "Post" nicht in Betracht, zumal der Zeichenteil "Manager" in der älteren Marke und der Bestandteil "EP" in der jüngeren Marke nicht vernachlässigt werden dürften. Eine etwaige gedankliche Brücke zwischen "Post" und "Mail" könne sich nur auf "Postdienstleistungen" stützen, für die die Widerspruchsmarke aber nicht geschützt sei. "EP" stelle schließlich auch kein Firmenschlagwort der Markeninhaberin dar, da diese jedenfalls nunmehr unter "T... AG & Co. KG" firmiere.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die zwischen den Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Beide Beteiligten regen hilfsweise die Zulassung der Rechtsbeschwerde an.

II.

Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Die Markenstelle hat die Gefahr von Verwechslungen der Vergleichsmarken i. S. d. §§ 42, 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG zutreffend verneint.

Nach den genannten Vorschriften ist eine Marke zu löschen, wenn wegen ihrer Ähnlichkeit mit einer angemeldeten oder eingetragenen Marke mit älterem Zeitrang und der Identität oder der Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, einschließlich der Gefahr, dass die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden. Für die Frage der Verwechslungsgefahr gilt der Grundsatz einer Wechselwirkung zwischen allen in Betracht zu ziehenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der zu beurteilenden Marken, der Warennähe und der Kennzeichnungskraft der älteren Marke. Danach kann ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken oder durch eine gesteigerte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden und umgekehrt (st. Rspr.; vgl. BGH GRUR 2007, 235 - Goldhase; GRUR 2006, 859, 861 - Malteserkreuz; jeweils m. w. N.).

Nach diesen Grundsätzen ist eine Verwechslungsgefahr selbst bei Annahme einer bis zur Identität (z. B. hinsichtlich Computern, Computerprogrammen, Telekommunikation; Erstellung und Pflege von Programmen für die Datenverarbeitung; technische Beratung) reichenden Ähnlichkeit der jeweils geschützten Waren und/oder Dienstleistungen nicht zu bejahen, weil die angegriffene Marke den zu fordernden Abstand von der Widerspruchsmarke einhält.

Zugunsten der Widersprechenden kann der Widerspruchsmarke für die geschützten Waren und Dienstleistungen, zu denen "klassische" Postdienstleistungen (Zustellungen, Befördern von Briefen etc.) nicht gehören, jedenfalls in ihrer Gesamtheit, insbesondere aufgrund ihrer grafischen Gestaltung, eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft unterstellt werden. Auf die von der Widersprechenden vorgelegten, von Verbänden und Unternehmen eingereichten Antworten auf die ihnen gegenüber seitens der Widersprechenden vorgenommene Befragung, ob ihnen die Bezeichnung "INFOPOST" als Marke/Kennzeichnung für Werbe- und Beförderungsdienstleistungen der Widersprechenden bekannt sei oder ob sie diese Bezeichnung quasi als Gattungsbegriff ansehen würden, kommt es in diesem Zusammenhang nicht an, weil die Widerspruchsmarke für Beförderungs- und Postdienstleistungen der Klasse 39 nicht geschützt ist. Soweit die Marke für die im Waren-/Dienstleistungsverzeichnis geschützten Dienstleistungen "Werbung, Direktmarketing" jedenfalls gut benutzt ist, bleibt auch diese Tatsache im Ergebnis ohne Auswirkungen, weil für die angegriffene Marke weder identische noch ähnliche Dienstleistungen in Anspruch genommen werden.

Unter Berücksichtigung der Wechselwirkung aller in Betracht kommenden Faktoren reicht die Zeichenähnlichkeit nicht aus, um die Gefahr einer Verwechslung der Marken begründen zu können. Bei der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr hinsichtlich der Ähnlichkeit der betreffenden Marken im Bild, im Klang oder in der Bedeutung ist auf den Gesamteindruck abzustellen, den die Marken hervorrufen, wobei insbesondere die sie unterscheidenden und dominierenden Merkmale zu berücksichtigen sind. Dabei ist entscheidend, wie die Marke auf den Durchschnittsverbraucher dieser Waren oder Dienstleistungen wirkt. Der Durchschnittsverbraucher nimmt eine Marke regelmäßig als Ganzes wahr. Bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr bedeutet die Beurteilung der Ähnlichkeit zweier Marken nicht, dass nur ein Bestandteil einer komplexen Marke zu berücksichtigen und mit einer anderen Marke zu vergleichen wäre. Vielmehr sind die fraglichen Marken jeweils als Ganzes miteinander zu vergleichen, was allerdings nicht ausschließt, dass unter Umständen ein oder mehrere Bestandteile einer komplexen Marke für den durch die Marke im Gedächtnis der angesprochenen Verkehrskreise hervorgerufenen Gesamteindruck prägend sein können (EuGH, GRUR 2005, 1042, 1044 - THOMSON LIFE; BGH GRUR 1996, 404; 2006, 513 - Malteserkreuz; jeweils m. w. N.).

Vorliegend weisen die sich gegenüberstehenden Marken weder in schriftbildlicher noch in klanglicher oder begrifflicher Hinsicht eine Ähnlichkeit auf, die die Gefahr unmittelbarer Verwechslungen der Marken begründen könnte. In ihrer Gesamtheit sind sie wegen der in der angegriffenen Marke enthaltenen Bestandteile "EP" und "mail", die in der Widerspruchsmarke keine Entsprechung finden, für den inländischen Durchschnittsverbraucher der fraglichen Dienstleistungen ohne weiteres zu unterscheiden. Gleiches gilt in visueller Hinsicht. Die in der Widerspruchsmarke verwendete Farbkombination rotgelbschwarz wird von der angegriffenen Marke ebenso wenig übernommen wie die übrige grafische Gestaltung der Widerspruchsmarke. Zudem weist die Widerspruchsmarke den Begriff "MANAGER" auf, der in der angegriffenen Marke keine Entsprechung findet.

Ohne Erfolg stellt die Widersprechende auf den Gesichtspunkt der Prägung der angegriffenen Marke durch den Wortbestandteil "Infomail", den sie als begrifflich identisch mit dem Wortbestandteil "InfoPost" der Widerspruchsmarke ansieht. Selbst wenn das Wort "Infomail" die angegriffene Marke prägen würde - woran angesichts der vorangestellten Abkürzung "EP" erhebliche Bedenken bestehen -, findet sich dieser Bestandteil jedenfalls nicht identisch in dem Wortbestandteil der Widerspruchsmarke. Insbesondere unterscheiden sich die Begriffe "Mail" und "POST" grundlegend insoweit, als der englische Ausdruck "Mail" nicht nur die (gegenständliche) Beförderung von Briefen und sonstigen Sendungen umfasst, sondern zugleich den elektronischen "Post"-Verkehr mittels Computer bzw. EDV (E-mail) bezeichnet. Dieser komplexe Sinngehalt führt von der Begrifflichkeit der Bezeichnung "Post" deutlich weg.

Die von der Widersprechenden für ihre Auffassung in Anspruch genommen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs "City Plus/D2-BestCityPlus" und des Bundespatentgerichts "T-LIFE/LIFE" sind insoweit vorliegend nicht einschlägig, als dort die jeweiligen Bestandteile identisch übernommen worden sind, was vorliegend nicht der Fall ist.

Es besteht auch nicht die Gefahr von Verwechslungen unter dem Gesichtspunkt der gedanklichen Verbindung nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 MarkenG.

Diese Art der Verwechslungsgefahr hat zur Voraussetzung, dass der Verkehr, der die Unterschiede der Marken wahrnimmt und sie deshalb nicht unmittelbar verwechselt, auf Grund von Gemeinsamkeiten in der Markenbildung oder in prägenden Einzelteilen Anlass hat, die jüngere Marke (irrtümlich) der Inhaberin der älteren Marke zuzuordnen oder auf Grund dieser Umstände auf sonstige wirtschaftliche oder organisatorische Verbindungen zwischen den Markeninhabern, vor allem im Sinne einer gemeinsamen Produktverantwortung zu schließen. Ausschließlich assoziative Gedankenverbindungen, die zwar zu behindernden, rufausbeutenden oder verwässernden Wirkungen, nicht jedoch zu eigentlichen Herkunftsverwechslungen führen können, werden von § 9 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 MarkenG nicht erfasst (EuGH GRUR 1998, 387, 389, Nr. 18 - Sabèl/Puma; BGH GRUR 2000, 886, 88 - Bayer/BeyChem; GRUR 2002, 544, 547 - BANK 24). In erster Linie hat der Verkehr dann Anlass, eine jüngere Kennzeichnung dem Inhaber einer älteren Marke zuzuordnen, wenn dieser den Verkehr durch die Benutzung einer Markenserie mit einem wiederkehrenden Stammbestandteil bereits daran gewöhnt hat, diesen Stammbestandteil als Hinweis auf sein Unternehmen zu verstehen. Diesbezüglich hat die Widersprechende zwar auf die Benutzung der für sie eingetragenen Marken "GLOBAL MAIL" und "Euromail" verwiesen. Diese Marken weisen aber keinen mit der Widerspruchsmarke gemeinsamen Stammbestandteil auf und stellen daher keine Serienzeichen im rechtlichen Sinne dar.

Eine komplexe Verwechslungsgefahr bzw. Verwechslungsgefahr im weiteren Sinn ist ebenfalls zu verneinen. Auch hierfür müssen besondere Umstände vorliegen, die auf eine irgendwie geartete wirtschaftliche oder organisatorische Verbindungen der Hersteller bzw. Anbieter schließen lassen (vgl. BGH GRUR 2001, 507, 509 - EVIAN/REVIAN). Soweit die Widersprechende ausführt, "bei ausländischer Tätigkeit" verwende sie Marken mit dem Bestandteil "mail", so z. B. "Euromail" oder die Wort-/Bildmarke "GLOBAL MAIL", ist daraus nicht ersichtlich, dass die Widersprechende den inländischen Verkehr, auf den abzustellen ist, an die Verwendung des Wortes "mail" anstelle von "POST" gewöhnt hat. Daher bleibt der weitere Vortrag der Widersprechenden, für den Verkehr liege die Übertragbarkeit einer Erfolgsmarke "InfoPost" im Inland auf eine Marke "Infomail" im Ausland nahe, ohne Einfluss auf das Ergebnis.

III.

Es sind keine Gründe ersichtlich, von dem Grundsatz des § 71 Abs. 1 S. 2 MarkenG abzuweichen, nach dem jeder Beteiligte seine Kosten selbst trägt.

Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen. Der Senat hat nicht über eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung (§ 83 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG), sondern auf der Grundlage der einschlägigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesgerichtshofs über einen Einzelfall zu entscheiden. Die Zulassung der Rechtsbeschwerde ist auch nicht zur Rechtsfortbildung oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 83 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG) erforderlich, weil nicht von Entscheidungen anderer Senate des Bundespatentgerichts oder anderer nationaler Gerichte abgewichen worden ist, sondern eine Einzelfallentscheidung getroffen worden ist, die mit den tatsächlichen Gegebenheiten, die in anderen, von der Widersprechenden zur Stützung ihrer Rechtsauffassung angeführten Entscheidungen, ganz oder teilweise nicht vergleichbar sind.

Dr. Fuchs-Wissemann Reker Prietzel-Funk Bb






BPatG:
Beschluss v. 05.09.2007
Az: 26 W (pat) 91/05


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