Bundespatentgericht:
Beschluss vom 5. Mai 2004
Aktenzeichen: 28 W (pat) 240/03

(BPatG: Beschluss v. 05.05.2004, Az.: 28 W (pat) 240/03)

Tenor

Die Beschwerden werden zurückgewiesen.

Gründe

I.

Gegen die am 11.November 1999 für eine Vielzahl von Waren und Dienstleistungen, u.a.

Klasse 35: Dienstleistungen eines Energiemaklers, nämlich die Vermittlung von Verträgen über den Kauf von Elektrizität und Gas;

Klasse 36: Projektplanung und Dienstleistungen eines Baubetreuers, nämlich Vorbereitung und Durchführung fremder Bauvorhaben in organisatorischer, finanzieller und technischer Hinsicht, Erstellung schlüsselfertiger Bauten für Energieübertragungs-, Energieverteilungs- und Energieerzeugungsanlagen; Finanzierung von Energieübertragungs-, Energieverteilungs- und Energieerzeugungsanlagen;

Klasse 37: Bau von Energieübertragungs-, Energieverteilungs- und Energieerzeugungsanlagen Klasse 39: Verteilung von Elektrizitäteingetragene und am 16.Dezember 1999 bekannt gemachte Wortmarke Lichtblickist aus der seit dem 7.Juni 1994 für

"Beleuchtungseinrichtungen; Planung und Installation von Beleuchtungseinrichtungen"

eingetragenen älteren Wortmarke LICHTBLICK Widerspruch erhoben worden, der ausdrücklich auf die von der angegriffenen Marke beanspruchten Dienstleistungen beschränkt ist.

Die Markenstelle für Klasse 11 des Deutschen Patent- und Markenamts hat unter Anerkennung der Glaubhaftmachung der vom Markeninhaber in zulässiger Weise bestrittenen Benutzung eine Verwechslungsgefahr bejaht und vor dem Hintergrund identischer Markenwörter die teilweise Löschung der angegriffenen Marke im Umfang der festgestellten Waren-/Dienstleistungsähnlichkeit angeordnet, und zwar für

"Projektplanung und Dienstleistungen eines Baubetreuers ..., nämlich Vorbereitung und Durchführung fremder Bauvorhaben in organisatorischer und technischer Hinsicht; Bau von Energieübertragungs-, Energieverteilungs- und Energieerzeugungsanlagen".

Den weitergehenden Widerspruch hat sie mangels Ähnlichkeit der verbliebenen Dienstleistungen zurückgewiesen.

Die Widersprechende hat gegen den Beschluss Beschwerde eingelegt, da nach ihrer Auffassung die Markenstelle den Ähnlichkeitsbereich der sich gegenüberstehenden Waren und Dienstleistungen zu eng gezogen habe. Der Verkehr könne nach der Liberalisierung des Strommarktes auch von einem Elektroinstallateur die Vermittlung eines kostengünstigen Energievertrages erwarten, wie das in der Praxis auch bereits angeboten werde.

Der Markeninhaber hat gegen den Beschluß zunächst Erinnerung eingelegt, diese später aber in eine Beschwerde umgewandelt, jedoch nur die Erinnerungsgebühr bezahlt. Nach seiner Ansicht ist der Widerspruch bereits mangels Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Waren-/Dienstleistungen zurückzuweisen, da es zwischen Stromerzeugern (bzw. dem Handel mit Strom) und dem Bereich der Stromverbraucher an regelmäßigen Berührungspunkten fehle; im übrigen sei ausschließlich Fachverkehr beteiligt, dem die Marktgepflogenheiten bestens bekannt seien.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss sowie auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die Beschwerden sind zulässig, was auch für das vom Markeninhaber erhobene Rechtsmittel gilt. Zwar hat er gegen den von einem Mitarbeiter des höheren Dienstes erlassenen Beschluß - wahrscheinlich in der irrigen Annahme, es handele sich um einen Fall des § 165 Abs 4, 5 MarkenG - lediglich Erinnerung eingelegt und auch nur die für die Erinnerung bestimmte Gebühr eingezahlt; diese Erklärung kann indes ohne weiteres als ersichtliche Falschbezeichnung in eine Beschwerde umgedeutet werden, allerdings mit der Maßgabe, dass es sich mangels Zahlung der Beschwerdegebühr nur um eine unselbständige Anschlussbeschwerde handeln kann.

Beide Beschwerden haben in der Sache jedoch keinen Erfolg.

Die Rechtsfrage, ob Verwechslungsgefahr vorliegt, erfordert eine Gewichtung der Faktoren Waren/Dienstleistungsidentität oder -ähnlichkeit, Markenidentität oder -ähnlichkeit und Kennzeichnungskraft der älteren Marke in dem Sinn, dass der höhere Grad einer der Faktoren durch den niederen Grad eines anderen Faktors ausgeglichen werden kann (st. Rspr zB BGH MarkenR 2003, 388 - AntiVir/-AntiVirus). Stehen sich wie hier identische Markenwörter gegenüber, kommt es für die Bejahung oder Verneinung einer Verwechslungsgefahr allein noch auf die Frage der Ähnlichkeit im beanspruchten Waren- und Dienstleistungsbereich an, wobei der Senat keine Veranlassung hat, die insoweit von der Markenstelle getroffenen Feststellungen und den von ihr gezogenen Ähnlichkeitsbereich zu beanstanden.

Eine Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen ist zu bejahen, wenn diese unter Berücksichtigung aller erheblichen Faktoren, die ihr Verhältnis zueinander kennzeichnen - insbesondere ihrer Beschaffenheit, ihrer regelmäßigen betrieblichen Herkunft, ihrer regelmäßigen Vertriebs- oder Erbringungsart, ihrem Verwendungszweck und ihrer Nutzung, ihrer wirtschaftlichen Bedeutung, ihrer Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Produkte und Leistungen oder anderer für die Frage der Verwechslungsgefahr wesentlicher Gründe - so enge Berührungspunkte aufweisen, dass die beteiligten Verkehrskreise der Meinung sein können, sie stammten aus demselben oder gegebenenfalls wirtschaftlich verbundenen Unternehmen, sofern sie mit identischen Marken gekennzeichnet sind, wobei vom größten Schutzumfang der älteren Marke auszugehen ist (BGH GRUR 2002,545 Bank 24; 2004,241 GeDIOS; Ströbele/Hacker, Markengesetz, 7. Aufl, § 9 Rdn 57). Für die Annahme dieser Ursprungsidentität kommt es dabei weniger auf die Feststellung örtlich identischer Herkunftsstätten an; entscheidend ist vielmehr, ob der Verkehr erwarten kann, dass die beiderseitigen Waren/Dienstleistungen unter der Kontrolle desselben Unternehmens hergestellt oder vertrieben bzw erbracht werden, welches für ihre Qualität verantwortlich ist (Ströbele/Hacker, Markengesetz, 7. Aufl, § 9 Rdn 58). Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hat die Markenstelle für die gelöschten Dienstleistungen eine Ähnlichkeit zutreffend bejaht und im übrigen den Widerspruch zurecht zurückgewiesen.

Bei der Widerspruchsmarke ist die Markenstelle zutreffend vom eingetragenen Waren- und Dienstleistungsverzeichnis ausgegangen, nachdem die Widersprechende eine rechtserhaltende Benutzung ihrer Marke für die dort aufgeführten Waren und Dienstleistungen hinreichend glaubhaft gemacht hat, was vom Markeninhaber letztlich auch nicht mehr substantiiert bestritten worden ist. Danach wird die Widerspruchsmarke auf den Waren in Form von Aufklebern verwendet und für die Dienstleistungen in Prospekten, Rechnungen und sonstigen Materialien, wobei in den hier relevanten Zeiträumen zB in den Jahren 1999/2000 Umsätze von rund 200.000 DM für die Waren bzw. 150.000 DM mit den Dienstleistungen erzielt wurden. Damit hat die Widersprechende ausreichend dargetan, dass sie ihre Marke wirtschaftlich sinnvoll einsetzt und benutzt.

Auf Seiten der angegriffenen Marke sind mit dem Widerspruch allein die beanspruchten Dienstleistungen angegriffenen, die sich weitgehend als Leistungen aus dem Bereich der Stromerzeugung und Stromverteilung darstellen mit dem Schwerpunkt der Tätigkeit eines Energiehändlers bzw. Energiebrokers. Dieser Gesamtkomplex steht mit den für die Widersprechende im Rahmen von Beleuchtungseinrichtungen geschützten Leistung in keinerlei sachlichem oder wirtschaftlichen Zusammenhang, was erst recht für die Waren der Klasse 11 gilt. Ohnehin übersieht die Widersprechende, dass die von ihr erbrachten Dienstleistungen nicht generell die Planung oder Installation von Elektroanlagen oder elektrischen Leitungsnetzen umfassen, sondern sich ganz gezielt auf Beleuchtungseinrichtungen beschränken, mithin - wenn überhaupt - allein Ausstrahlung auf die Planung und Durchführung solcher Installationen etwa in Bauvorhaben haben können, weshalb die Markenstelle insoweit zurecht alle Dienstleistungen der angegriffenen Marke gelöscht hat, die sich ebenfalls mit Bauleistungen befassen, da insoweit noch geringe Überschneidungen vorliegen können. Weitergehende regelmäßige Berührungspunkte lassen sich hingegen nicht feststellen, auch wenn die Widersprechende versucht hat, durch Vorlage von Internet-Auszügen nachzuweisen, dass Anbieter von Lichtanlagen auch als Energiebroker tätig sind. Hierbei handelt es sich ersichtlich um Einzelfälle, die nicht verallgemeinert werden können und (noch) nicht den Gepflogenheiten des Elektro- bzw. Energiemarktes entsprechen, wie das zB auch in der vom Markeninhaber initiierten Verkehrsbefragung zum Ausdruck kommt.

Die Markenstelle hat die Sach- und Rechtslage mithin zutreffend beurteilt, so dass die Beschwerde der Widersprechenden wie die Anschlussbeschwerde des Markeninhabers zurückzuweisen waren.

Eine Kostenentscheidung war nicht veranlasst, § 71 Abs 1 Satz 2 Markengesetz.

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BPatG:
Beschluss v. 05.05.2004
Az: 28 W (pat) 240/03


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