Bundespatentgericht:
Beschluss vom 17. September 2003
Aktenzeichen: 26 W (pat) 32/02

(BPatG: Beschluss v. 17.09.2003, Az.: 26 W (pat) 32/02)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Gegen die Eintragung der farbigen Marke 399 09 120 siehe Abb. 1 am Endefür die Waren

"Wein, Spirituosen; Biere, Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer, Fruchtgetränke und Fruchtsäfte; Fleisch, Fisch, Geflügel und Wild"

ist Widerspruch erhoben worden aus der für die Waren

"9 Verkaufsautomaten, elektrisch gesteuerte Münz- und Chip-Automaten für Speisen- und Getränkeausgabe; Teile und Bestandteile für alle vorstehend genannten Waren.

30 Nichtdiätetische Zuckerwaren; Eis, Eiscreme, gefrorene Süßwaren; Bonbons; Aromastoffe für Getränke (andere als ätherische Öle).

32 Alkoholfreie Getränke; Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer; Sirupe, Fruchtsäfte; Präparate für die Zubereitung vorstehend genannter Getränke"

eingetragenen prioritätsälteren Gemeinschaftsmarke 120.402 VIMTO.

Der Widerspruch richtet sich lediglich gegen die Waren "Wein, Spirituosen; Biere, Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer, Fruchtgetränke und Fruchtsäfte" der angegriffenen Marke. Die Markenstelle für Klasse 33 hat auf die Erinnerung der Widersprechenden die Löschung der angegriffenen Marke antragsgemäß im angegriffenen Umfang angeordnet. Zur Begründung hat sie ausgeführt, zwischen den Marken bestehe im Umfang des Widerspruchs Verwechslungsgefahr iSd § 9 Abs 1 Nr MarkenG, weil die angegriffene Marke bei Identität bzw Ähnlichkeit der Waren mit der normal kennzeichnungskräftigen Widerspruchsmarke in ihrem maßgeblichen Gesamteindruck jedenfalls in klanglicher Hinsicht erhebliche Ähnlichkeit aufweise. Es bestünden nicht nur Übereinstimmungen in der Silbenanzahl und in der Betonung, sondern auch weitreichende Gemeinsamkeiten in der Vokal- und Konsonantenfolge. Insgesamt wirkten sich die wenigen Abweichungen auf das Gesamtklangbild der Markenwörter nicht nachhaltig aus.

Hiergegen wendet sich der Markeninhaber mit der Beschwerde, die er nicht begründet hat. Auch die Widersprechende hat auf die ihr zugestellte Beschwerde des Markeninhabers keine Stellungnahme abgegeben.

II.

Die zulässige Beschwerde des Markeninhabers ist unbegründet. Zwischen den Marken 399 09 120 und EU 120 402 besteht die Gefahr klanglicher Verwechslungen iSd § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG in dem von der Widersprechenden angegriffenen Umfang.

Die Frage der Verwechslungsgefahr ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen (EuGH GRUR 1998, 387, 389 - Sabèl/Puma). Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen sowie der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke. Insbesondere kann ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden und umgekehrt (EuGH GRUR 1998, 922, 923 - Canon; BGH GRUR 2000, 506, 508 - ATTACHÉ/TISSERAND).

Die Waren "Wein, Spirituosen; Biere, Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer, Fruchtgetränke und Fruchtsäfte" der angegriffenen Marke, die vom Widerspruch angegriffen worden sind und für die die Löschung angeordnet worden ist, sind den Waren der Klasse 32 "Alkoholfreie Getränke; Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer; Sirupe, Fruchtsäfte; Präparate für die Zubereitung vorstehend genannter Getränke" der widersprechenden Gemeinschaftsmarke teils identisch und im übrigen ähnlich (Richter/Stoppel, Die Ähnlichkeit von Waren und Dienstleistrungen, 12. Aufl, S. 47 f; vgl auch BGH GRUR 99, 245 - LIBERO; 2001, 507 - EVIAN/REVIAN). Damit ist von der Möglichkeit einer Benutzung der Marken für die gleichen Waren auszugehen. Dieser Umstand erfordert bei weiterer Berücksichtigung der von Haus aus normalen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke in jeder maßgeblichen Richtung einen deutlichen Abstand der Marken, um eine Verwechslungsgefahr iSd § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG verneinen zu können. Diesen Abstand hält die angegriffene Marke von der Widerspruchsmarke nicht ein, weil die Marken zumindest in klanglicher Hinsicht eine deutliche Ähnlichkeit aufweisen.

Für die Beurteilung der Ähnlichkeit von Marken ist auf deren jeweiligen Gesamteindruck abzustellen (EuGH aaO - Sabèl/Puma; BGH Mitt 2000, 65 - RAUSCH/ELFI RAUCH). Das schließt aber nicht aus, daß einem einzelnen Zeichenbestandteil unter Umständen eine besondere, das Gesamtzeichen prägende Kennzeichnungskraft beizumessen ist. Voraussetzung hierfür ist jedoch stets, daß dem fraglichen Zeichenbestandteil in der kombinierten Marke eine selbständig kennzeichnende Stellung zukommt und er deshalb geeignet ist, die Erinnerung an das Gesamtzeichen wachzurufen, während die weiteren Elemente der Marke nur eine eher untergeordnete Bedeutung haben (BGH aaO - RAUSCH/ELFI RAUCH).

Der Gesamteindruck der angegriffenen Marke wird, wie die Markenstelle zutreffend angenommen hat, von dem Wort "vintro" geprägt, weil der weitere Wortbestandteil "Weinversand" eine nur beschreibende und damit untergeordnete Bedeutung hat. Damit weisen die Bezeichnungen "vintro" und "VIMTO" zumindest in klanglicher Hinsicht, die wegen der mündlichen Bestellungen von Getränken in Restaurants und anderen gastronomischen Betrieben eine erhebliche Bedeutung hat, eine große Ähnlichkeit auf.

Für den maßgeblichen klanglichen Gesamteindruck einer Marke kommt es weniger auf einzelne Laute als vielmehr auf die Silbenzahl, die Silbengliederung und die Vokalfolge an. In diesen das Gesamtklangbild in erster Linie prägenden Punkten stimmen die beiderseitigen Marken überein, was die Silbenzahl betrifft, bzw überwiegen die Übereinstimmungen deutlich gegenüber den Abweichungen. Die bei den Konsonanten "n" und "M" sowie "r" bestehenden Unterschiede treten jedoch im Gesamtklangbild der Marken gegenüber den Übereinstimmungen nicht deutlich genug in Erscheinung, weil sich die Konsonanten "n" und "M" klanglich kaum unterscheiden und dem Konsonanten "r" aufgrund seiner Stellung nach dem klangstarken Konsonanten "t" keine eigenständige klangliche Wirkung zukommt. Zudem finden sich diese Unterschiede in den Wortmitten, während die klanglich in der Regel eher ins Gewicht fallenden und mehr beachteten Wortanfänge und -endungen beider Markenwörter gleich sind. Die bestehenden Abweichungen sind unter Berücksichtigung des Umstandes, daß sich die Marken erfahrungsgemäß nicht unmittelbar nebeneinander begegnen werden und der Verkehr deshalb eher auf das unsichere und ungenaue Erinnerungsbild angewiesen ist (EuGH GRUR Int. 1999, 734, 736 - Lloyd; BGH GRUR 2000, 506, 508 - ATTACHÉ/TISSERAND), auch für einen aufmerksamen Käufer nicht ausreichend, um die Gefahr von Verwechslungen auszuschließen. Die Marken weisen auch keinen Begriffsgehalt auf, der die Gefahr klanglicher Verwechslungen entscheidungserheblich reduzieren könnte.

Für eine Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen (§ 71 Abs 1 S 1 MarkenG) bestand keine Veranlassung.

Kraft Reker Eder Na Abb. 1 http://agora/bpatgkollision/docs/26W(pat)32-02.1.3.gif






BPatG:
Beschluss v. 17.09.2003
Az: 26 W (pat) 32/02


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