Bundespatentgericht:
Beschluss vom 12. Oktober 2005
Aktenzeichen: 28 W (pat) 149/04

(BPatG: Beschluss v. 12.10.2005, Az.: 28 W (pat) 149/04)

Tenor

Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Gegen die für

"Mineralische Nahrungsergänzungsmittel, Nahrungsergänzungsmittel auf der Basis von Aminosäuren und/oder Mineralien und/oder Spurenelementen; Nahrungsergänzungsmittel für medizinische Zwecke; Vitaminpräparate; diätetische Lebensmittel oder Nahrungsergänzungsmittel für nichtmedizinische Zwecke auf der Basis von Eiweißen, Fetten, Fettsäuren, unter Beigabe von Vitaminen, Mineralstoffen, Spurenelementen, entweder einzeln oder in Kombination, soweit in Klasse 29 enthalten; diätetische Lebensmittel oder Nahrungsergänzungsmittel für nichtmedizinische Zwecke auf der Basis von Kohlenhydraten, Ballaststoffen, unter Beigabe von Vitaminen, Mineralstoffen, Spurenelementen, entweder einzeln oder in Kombination, soweit in Klasse30 enthalten."

am 11. Februar 2003 eingetragene Wortmarke 302 47 819 Mineralfitist Widerspruch erhoben worden aus der seit 11. Januar 2002 unter der Nummer 301 38 426 für die Waren

"Fleisch, Fisch, Geflügel und Wild; Fleischextrakte; konserviertes, getrocknetes und gekochtes Obst und Gemüse; Gallerten (Gelees), Konfitüren, Fruchtmuse; Eier, Milch und Milchprodukte; Speiseöle und -fette; Kaffee, Tee, Kakao, Zucker, Reis, Tapioka, Sago, Kaffee-Ersatzmittel; Mehle und Getreidepräparate, Brot, feine Backwaren und Konditorwaren, Speiseeis; Honig, Melassesirup; Hefe, Backpulver, Salz, Senf; Essig, Saucen (Würzmittel); Gewürze; Kühleis; Biere; Mineralwässer, kohlensäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke, Fruchtgetränke und Fruchtsäfte; Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken"

eingetragenen Wortmarke Mineral Vital.

Die Markenstelle für Klasse 29 des Deutschen Patent- und Markenamts hat den Widerspruch durch einen Beamten des gehobenen Dienstes zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass selbst bei den vorliegend eng ähnlichen Waren die Abweichungen der Marken zur Verneinung einer Verwechslungsgefahr ausreichten, zumal die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke unterdurchschnittlich sei.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden mit dem sinngemäßen Antrag, den Beschluss der Markenstelle für Klasse 29 aufzuheben und die Marke 302 47 819 "Mineralfit" für alle gleichen und ähnlichen Waren im Markenregister zu löschen.

Sie hält insbesondere den vor dem Hintergrund identischer Waren erforderlichen Abstand der Marken für nicht ausreichend, denn die Marken seien angesichts weitgehend identischer Buchstabenfolgen klanglich und schriftbildlich verwechselbar ähnlich, zumal die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke keineswegs unterdurchschnittlich sei; jedenfalls werde der Gesamteindruck selbst von kennzeichnungsschwachen Elementen mitbestimmt. Auch mittelbar müsse eine Verwechslungsgefahr bejaht werden, da die Widersprechende über eine Reihe von ähnlich gebildeten Serienmarken verfüge.

Der Markeninhaber beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Er hält die Übereinstimmung im Anfangsbestandteil "Mineral" wegen seiner Kennzeichnungsschwäche und seiner häufigen Verwendung in Wortbildungen für irrelevant und weist darauf hin, dass sich die Marken durch die Abweichungen am Wortende in Schrift- und Klangbild hinreichend unterschieden; insbesondere Silbenfolge, Betonung, Vokalfolge und die Abweichung "IT/AL" sorgten für ein verändertes Klangbild. Zudem trage der ohne Weiteres erkennbare unterschiedliche Sinngehalt der Endsilben zum sicheren Auseinanderhalten der Marken bei. Die behaupteten Serienmarken seien belanglos, zumal im Register eine Vielzahl von Drittmarken mit dem Bestandteil "Mineral" in den Klassen 29 und 30 eingetragen seien.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die nach § 165 Abs 4 MarkenG zulässige Beschwerde der Widersprechenden ist nicht begründet. Auch nach Auffassung des Senats besteht zwischen der angegriffenen Marke und der Widerspruchsmarke keine Verwechslungsgefahr im Sinne des § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG.

Bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr ist von der Ähnlichkeit der Waren, der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke und der Ähnlichkeit der Marken auszugehen. Zwischen diesen Faktoren besteht eine Wechselwirkung, so dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Zeichen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Waren ausgeglichen werden kann und umgekehrt (BGH GRUR 2000, 506, 508 - ATTACHÉ/TISSERAND).

Da Benutzungsfragen nicht aufgeworfen sind, ist bei der Beurteilung der Warenähnlichkeit von der Registerlage auszugehen. Danach können sich die Waren zwar im Identitätsbereich begegnen, wie die Widersprechende vorträgt. Allerdings dürften die angegriffenen Waren eher im Bereich der Nahrungsergänzungsmittel/Vitaminpräparate und diätetischen Lebensmitteln angesiedelt sein, während dies bei den Widerspruchswaren nicht im Vordergrund steht, so dass insoweit nur eine mehr oder weniger ausgeprägte Warenähnlichkeit in Betracht käme. Richtig ist, dass es sich bei den Waren um Artikel des täglichen Verkehrs handelt, die auch von durchschnittlich informierten Verbrauchern häufig mit einer gewissen Flüchtigkeit erworben werden, so dass an den zur Vermeidung einer Verwechslungsgefahr zu stellenden Abstand der Marken durchaus strengere Anforderungen zu stellen sind, denen die angegriffene Marke aber schon deshalb noch genügt, weil die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke im Wortteil entgegen der Auffassung der Widersprechenden äußerst schwach ist und allenfalls noch als unterdurchschnittlich angesehen werden kann. Denn in Bezug auf die hier streitigen Waren stellt bereits der Begriff "VITAL" eine beschreibende Sachangabe dar, die sowohl in werblicher Verwendung wie als Bestandteil von Markennamen überaus beliebt ist. Das Gericht hat bereits mehrfach (zB 28 W (pat) 248/02 vom 19. November 03 - Provital/Provivo; 28 W (pat) 71/98 vom 30. Juni 99 - VitaPro/ Provital; 24 W (pat) 240/97 vom 14. Juli 98 - Vital; 32 W (pat) 171/01 vom 24. April 02 - APFEL VITAL Knäcke; 26 W (pat) 183/04 - Junior-Vital) darauf hingewiesen, dass das Wort "vital" in Alleinstellung ua im Bereich der Lebensmittel und insbesondere von Getränken der Schutzfähigkeit entbehrt, so dass die Widerspruchsmarke nur in ihrer konkret gewählten Sprachform als Kunstwort den Anforderungen an die für eine Eintragbarkeit erforderliche betriebskennzeichnende Unterscheidungskraft genügt.

Bei der Beurteilung der Markenähnlichkeit ist grundsätzlich auf den Gesamteindruck abzustellen, wobei die Widerspruchsmarke schriftbildlich durch ihre Worttrennung, Zeichenlänge und -endung deutliche Unterschiede aufweist. Aber auch klanglich reichen die Zeichenunterschiede aus, um eine relevante Verwechslungsgefahr zu verneinen.

Zwar stimmen die Markenwörter in ihren Anfangssilben, die in der Regel stärker beachtet werden, überein. Im vorliegenden Fall erhalten sie jedoch durch die Endsilben eine andere Betonung und auch ein anderes Klangbild, weil insbesondere in der Widerspruchsmarke die Endsilbe durch ihre Betonung deutlich zur Geltung kommt. Zudem ist hier die Besonderheit zu beachten, dass die bloße Übereinstimmung im Wortbestandteil "Mineral" für sich genommen schon aus Rechtsgründen nicht zu einer Verwechslungsgefahr führen kann, da sich diese im beschreibenden Bereich erschöpfen würde, der nicht vom Schutzumfang der Widerspruchsmarke gedeckt ist. Zwar können auch schutzunfähige Bestandteile für den Gesamteindruck mitberücksichtigt werden, aber dann müssen wenigstens die verbleibenden Bestandteile ausreichend kennzeichnungskräftig sein (vgl BGH GRUR 2004, 783 - NEURO-VIBOLEX). Im Grunde beschränkt sich der Verbietungsbereich beider Marken, deren Einzelbestandteile deutlich beschreibend sind, allein auf ihre konkrete Kombination. Auch wenn der Sinngehalt beider Marken in Richtung "fit (bzw) vital durch Mineralstoffe" weist, reicht die kleine, aber deutliche Abweichung angesichts der Kennzeichnungsschwäche ohne Weiteres aus. Damit liegen im Hinblick auf alle Ähnlichkeitsvarianten markenrechtlich hinreichende Unterschiede vor. Eine mittelbare Verwechslungsgefahr scheitert bereits daran, dass dem geltend gemachten Stammbestandteil "Mineral" kein Herkunftscharakter zugestanden werden kann, da die Benutzungslage der Serienmarken der Widersprechenden nicht liquide ist und auch keine sonstigen Umstände für den Hinweischarakter ersichtlich sind.

Die Beschwerde der Widersprechenden war daher zurückzuweisen, wobei eine Abweichung von der Kostenregelung gemäß § 71 Abs 1 S 2 MarkenG nicht veranlasst war.

Stoppel Schwarz-Angele Paetzold WA






BPatG:
Beschluss v. 12.10.2005
Az: 28 W (pat) 149/04


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